6639/J XX.GP
der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie
betreffend „Werbekampagne“ im Auftrag des Familienministeriums sowie Streichungen von
Mitteln für Frauenberatungsstellen
In den letzten Wochen war und ist man/frau in den verschiedensten Medien mit seltsam
anmutenden Schwarz - Weiss - Plakaten bzw. Inseraten mit Kleinkindern darauf konfrontiert,
denen Sätze in den Mund gelegt sind wie „Ich bin die Chefin“ bzw. „Ich bin der Chef“ oder
„Mein Chef macht in die Hose“. Näheren Angaben auf diesen Plakaten/Inseraten kann man
entnehmen, dass diese im Auftrag des Familienministeriums angebracht wurden und dass
damit eine Botschaft zum Thema „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ vermittelt werden
soll. Auch eine Telefonnummer des Familienministeriums wird darauf bekanntgegeben. Der
tiefere Sinn dieser Plakate bleibt aber - unserem Eindruck nach - den meisten
BetrachterInnen (so auch uns) verborgen.
Weiters wurde in den letzten Wochen in der Öffentlichkeit bekannt, dass das
Familienministerium Mittel, die bisher Frauenberatungsstellen zur Verfügung gestellt
wurden, gestrichen hat. Konkret handelt es sich beispielsweise um die Beratungsstelle
DANAIDA in Graz, die Deutsch - und Alphabetisierungskurse für Frauen mit begleitender
Kinderbetreuung anbietet. Die Finanzierung dieser begleitenden Kinderbetreuung, die seit
mehreren Jahren vom Familienministerium übernommen worden war, wurde heuer -
unerwarteterweise und nachdem in Erwartung dieser Finanzierung bereits
Kinderbetreuungsarbeit geleistet worden war - nicht mehr bewilligt. Die Streichung dieses
Geldes hatte die sofortige Kündigung einer Mitarbeiterin sowie eine Reduzierung des
Angebotes zur Folge. Eine der Begründungen für die Nichtbewilligung dieser Mittel war,
dass das Familienministerium heuer „andere Schwerpunkte, nämlich die Vereinbarkeit von
Beruf und Familie“ hätte. Auch andere Frauenprojekte sind von der Streichung von Geldern
des Familienministeriums betroffen.
Es liegt für uns daher der Verdacht nahe, dass - unter anderem - diese Gelder zu
Finanzierung der oben angesprochenen Kampagne verwendet wurden, da ansonsten von
Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie von seiten des
Familienministeriums nicht viel zu bemerken war und ist. Überdies wäre es interessant zu
erfahren, ob das Familienministerium das Ziel der besseren Vereinbarkeit von Beruf und
Familie nur für Frauen anstrebt oder ob es auch im Interesse des Familienministeriums
liegt, ebenso wie Müttern den Vätern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu
ermöglichen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. a. Von welcher Agentur wurde die gegenständliche Kampagne konzipiert?
b. Von wann bis wann läuft diese Kampagne?
c. Wie hoch sind die Kosten dafür (bitte eine detaillierte Darstellung: Kosten für
Plakate, Inserate, Agentur, etc.)?
d. Woher kommen diese Mittel bzw. welche Umschichtungen gab es zur Finanzierung
der Kampagne? Wurden Mittel für andere Projekte, Maßnahmen etc. gestrichen, um
diese Kampagne zu finanzieren? Wenn ja, welche Projekte etc. waren von den
Streichungen betroffen?
2. a. Welche Ziele verfolgen Sie mit dieser Kampagne, was soll den RezipientInnen
damit vermittelt werden?
b. Fürchten Sie nicht, dass Ihnen unterstellt werden könnte, diese Kampagne nur
deshalb durchzuführen, um in der Vorwahlzeit Ihr Ministerium auffällig in den
Blickpunkt zu rücken? Was antworten Sie auf solche Unterstellungen?
3. a. Glauben Sie nicht, dass das Geld, das für diese Kampagne ausgegeben wurde,
sinnvoller eingesetzt wäre, wenn Sie damit beispielsweise Kinderbetreuungsplätze
oder andere Maßnahmen, die eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie tatsächlich
erleichtern, finanzieren würden?
b. Können Sie sich vorstellen, dass Eltern über Ihre Kampagne erbost sind, weil in
der Realität Kinderhaben und Berufstätigkeit nur unter den größten Schwierigkeiten
vereinbar sind und sich an dieser Situation in Ihrer Zeit als Familienminister nichts
verbessert hat?
4. Wie erklären Sie unbeteiligten Personen, dass eine solche Kampagne aus öffentlichen
Mitteln finanziert wird?
5. a. Ist das „Familientelefon“, auf das auf den Plakaten hingewiesen wird, bei Ihrem
Ministerium eingerichtet? Wenn nein, wo sonst?
b. Seit wann gibt es das „Familientelefon“?
c. Was ist der genaue Zweck dieses "Familientelefons“? Wird dort beispielsweise
Rechtsberatung erteilt?
d. Wieviele Personen bedienen das „Familientelefon“ und welche Ausbildung haben
Sie jeweils? Wurden diese Personen zu diesem Zweck neu angestellt?
e. Wie stark wird diese Telefonnummer frequentiert und was sind die häufigsten
Fragen/Wünsche/Beschwerden der AnruferInnen?
6. Obwohl das Thema „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ in Schreiben Ihres
Ministeriums als „zentrales Schwerpunktthema des Familienministeriums“ bezeichnet
wird, ist das einzige Projekt, das in diesem Zusammenhang in der Öffentlichkeit
bekannt wurde, das sog. „Audit Familie und Beruf“. Stellen Sie dieses Projekt bitte
detailliert dar (Kosten, Ziele, Dauer, wurden die Ziele erreicht, welche Unternehmen
sind beteiligt, genaue Vorgaben an diese, etc.).
7. Was haben Sie in der nun zu Ende gehenden Legislaturperiode sonst noch getan, um
Eltern
die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erleichtern? Stellen Sie alle
weiteren größeren Projekte, die zur Erreichung dieses Zieles auf Ihre Initiative
durchgeführt wurden, dar (Kosten, Ziele, Dauer, wurden die Ziele erreicht, etc.)?
8. Haben Sie sich jemals dafür eingesetzt, dass die Gesetzeslage derart verändert wird,
dass es tatsächlich zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Eltern
kommt? Wenn ja: Wann und wie? Was waren die Ergebnisse Ihrer diesbezüglichen
Bemühungen?
9. a. Haben Sie als Familienminister je irgendwelche Maßnahmen gesetzt, um eine
bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie für AlleinerzieherInnen - die
bekanntermaßen besonders von Armut bedroht sind - zu ermöglichen?
b. Sind AlleinerzieherInnen und ihre Kinder für Sie vollständige Familien?
10. Wie Sie vielleicht wissen, übernehmen die - gesellschaftlich unbedankte - Aufgabe der
Kinderbetreuung nach wie vor in den allermeisten Fällen Frauen. Daher treffen die
Schwierigkeiten der Vereinbarkeit von Beruf und Familien in erster Linie sie. Was
haben Sie in Ihrer Zeit als Familienminister bisher getan, um Frauen in dieser
Situation zu unterstützen?
11. a. Halten Sie den von Ihnen in der Öffentlichkeit unterbreiteten Vorschlag
„Karenzgeld für alle“ für eine Maßnahme zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf
und Familie? Wenn ja, erläutern Sie dies bitte.
b. Zum Vorschlag „Karenzgeld für alle“: Finden Sie es fair, dass die derzeit
vorhandenen Überschüsse im Familienlastenausgleichsfonds - die größtenteils durch
Lohnverzicht von ArbeitnehmerInnen entstanden sind bzw. durch Maßnahmen im
Zuge der Sparpakete, die ebenfalls primär ArbeitnehmerInnen betroffen haben (de -
facto - Verkürzung der Karenzzeit, etc.) - an alle Eltern von Kleinstkindern verteilt
werden sollen und damit eine Umverteilung von Erwerbstätigen zu nicht
Erwerbstätigen stattfindet?
12. Wie stellen Sie sich die soziale Absicherung von Eltern von Kleinkindern
(insbesondere solcher Eltern, die nicht erwerbstätig waren) nach Ende des
Karenzgeld - für - alle - Bezuges vor?
13. Nach eigenen Aussagen ist Ihnen die „freie Wahlmöglichkeit“ für Mütter, ob sie mit
Kind erwerbstätig sein wollen oder ihr Kind zuhause betreuen wollen, sehr wichtig.
Väter haben diese Wahlmöglichkeit derzeit nicht, da von verschiedener Seite Druck
auf sie ausgeübt wird, weiter berufstätig zu sein.
a. Ist es für Sie im Rahmen der von Ihnen geforderten „freien Wahlmöglichkeit“
genauso wichtig, dass auch Väter die freie Wahl haben, zuhause zu bleiben und ihr
Kind zu betreuen oder berufstätig zu sein?
b. Welche Maßnahmen könnten Ihrer Ansicht nach gesetzt werden, um Vätern diese
Wahlfreiheit wirklich zu ermöglichen?
c. Welche Maßnahmen haben Sie als Familienminister in diesem Sinne gesetzt oder
wo haben Sie sich für solche Maßnahmen eingesetzt? Was war der Erfolg?
d. Glauben Sie, dass ein einkommensabhängiges Karenzgeld eine Maßnahme in Sinne
der Wahlfreiheit für Väter sein könnte? Wenn nein, wieso glauben Sie das nicht?
14. a. Begründen Sie bitte genau, weshalb Sie der Beratungsstelle DANAIDA die Mittel
für begleitende Kinderbetreuung - die bereits mehrere Jahre von Ihrem Ministerium
übernommen worden waren - 1999 nicht bewilligt haben.
b. Warum haben Sie der Beratungsstelle DANAIDA dies nicht bereits am
Jahresanfang mitgeteilt, da Sie doch wußten, dass die Beratungsstelle mit diesen
Mitteln
rechnete?
15. Wissen Sie, dass die Beratungsstelle DANAIDA aufgrund der Nichtbewilligung dieses
Geldes zur sofortigen Kündigung einer Mitarbeiterin gezwungen war? Wissen Sie
auch, dass Folge der Nichtbewilligung dieses Geldes ist, dass viele in Österreich
lebende Frauen nicht mehr deutschen Sprachunterricht in Anspruch nehmen können,
obwohl sie daran Interesse haben? Wie bringen Sie dies mit Ihrer - bei Ablehnung der
Gelder der Beratungsstelle als Schwerpunkt genannten - dezidierten Absicht in
Einklang, Beschäftigung zu schaffen?
16. Stellen Sie bitte detailliert dar, welche Mittel, die bisher von Seiten Ihres
Ministeriums Frauenberatungsstellen bzw. Frauenprojekten zur Verfügung gestellt
wurden, im Jahr 1999 insgesamt genau gestrichen wurden - welche Leistungen sind
davon betroffen, welche Frauenberatungsstellen in welchen Bundesländern sind davon
betroffen und in welcher Höhe wurden Gelder gestrichen?
17. Begründen Sie bitte im Detail die Nichtbewilligung dieser Gelder.
18. Wie werden diese Mittel stattdessen verwendet? Stellen Sie bitte konkret dar, wofür
(für welche Projekte, etc.) dieses Geld nun anderweitig verwendet wird.
19. a. Halten Sie es für wichtig, dass Frauenberatungsstellen eine fixe finanzielle Basis
haben und nicht jedes Jahr erneut um die Bewilligung von Geldern zittern müssen
(manchmal, wie im vorliegenden Fall, zurecht)?
b. Werden Sie sich in diesem Sinne für die Beschlussfassung über ein
„Frauenberatungsfinanzierungsgesetz“ einsetzen, wie es entsprechendes für die
Familienberatungsstellen schon lange gibt?