ANFRAGE

des Abgeordneten Wabl, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Landesverteidigung

betreffend Jubiläumsbroschüre Martinekkaserne

 

Im April 1996 wurde eine "Festschrift 1956-1996, „40 Jahre Martinekkaserne" vom Bundesministerium für Landesverteidigung herausgegeben.  Die Festschrift wurde unter anderem auch von Badens Bürgermeister an die Gemeinderäten offiziell übergeben.

 

Unter anderem findet sich unter dem Titel "Generalfeldmarschall Hermann Göring im Bezirk Baden" auf der Seite 25 dieser Broschüre ein Text über den Spatenstich im Mai 1938:

 

"Nach der Überreichung einer Fahne an die Luftwaffeneinheit am Fliegerhorst KOTTINGBRUNN traf GÖRING am 1 1. Mai 1938 um 1 1 00 Uhr auf dem Baugelände der Flak-Kaserne in BADEN ein.  Hornsignale, - eine Ehrenkompanie des Flakregiments präsentierte.  Zwei kleine Mädchen überreichten Biedermeierblumensträuße vor den anwesenden Stadtvätern, den Vertretern der Bezirkshauptmannschaft, der NSDAP und den Ehrengästen.  Bürgermeister SCHMID, erstmals in Uniform eines SA-Sturmbannführers, begrüßte den Generalfeldmarschall und überreichte ein auf Pergament gemaltes Aquarell.

 

Endlich konnte Hauptmann LINDENBERG die ausgerückte Ehrenkompanie des FlakRegiments melden.  GÖRING dankte dem Offizier und mit einem Blick auf die wunderschöne Landschaft sprach dieser lächelnd.  "Ihr habt ja mehr Glück als Verstand ... da möchte ich gleich noch einmal junger Leutnant sein in einer solchen schönen Garnison.  "

 

Das Geleitwort zu der "Festschrift" verfaßte Minister Dr. Werner Fasslabend.  Sie Herr Minister bemerkten darin:

 

"Ich halte es für wichtig, daß die Menschen, die in der MARTINEK-Kaserne Dienst versehen, auch zu deren Tradition und Geschichte eine persönliche Beziehung haben und wünsche ihnen auf diesem Weg für die Zukunft alles Gute.

 

Die Auffettung der Festschrift "40 Jahre Martinekkaserene" mit der verherrlichenden Beschreibung des Göring-Besuches vor bereits 58 Jahren, läßt die Traditionspflege im Bundesheer in einem Licht erscheinen, das Kontinuität und beschönigende Harmonie zwischen nationalsozialistischer Politik, Deutscher Wehrmacht und Österreichischem Bundesheer der 2.Republik herstellt.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1)      Inwiefern gehört Ihrer Meinung nach der Göring-Besuch vor 58 Jahren und seine sentimentale Schilderung in eine Festschrift zum Thema 40 Jahre Martinekkaseme?

 

2)      Halten Sie Herr Minister den zitierten Text auch für einen "Versuch der Darstellung, wie es eben damals war" wie das Mjr Hifinger gegenüber der Badener Zeitung getan hat oder tendieren Sie zu meiner Wahrnehmung, daß "Generalfeldmarschall Hermann GÖRING im Bezirk BADEN" (S.25) ein den NSDAP-Politiker verklärender Text ist

"...mit einem Blick auf die wunderschöne Landschaft sprach dieser lächelnd.-... "da möchte ich gleich noch einmal junger Leu sein in einer solchen schönen Garnison....„?

 

3)      War Ihnen bekannt, daß in einer Broschüre, deren Medieninhaber das Verteidigungsministerium ist, ein derartiger Text erscheint?

 

4)      Wenn nein: wer ist dafür verantwortlich?

 

5)      Wenn ja: wie können Sie das mit dem Grundsatzerlass "Politische Bildung im

          Heer" vereinbaren?

 

6)      War Ihnen der Text bekannt, als Sie Ihr Geleitwort zur ob. bezeichneten "Festschrift" formulierten?

 

7)      Wenn nein: Wer trägt die Verantwortung für das Erscheinen Ihres Geleitwortes

in diesem Kontext?

 

8)      Wenn ja: Haben Sie sich mit der Aussage, daß "die Menschen, die in der

Martinek-Kaserne Dienst versehen, auch zu deren Tradition und Geschichte eine persönliche Beziehung haben", auch auf Görings Spatenstich bezogen?

 

9)      Halten Sie die Festschrift zur Martinekkaserne mit sentimentalem Blick auf den Bauursprung derselben für ein geglücktes Beispiel der Traditionspflege im Heer?

 

10)    Halten Sie das Bild einer durch Nichts - auch nicht durch Nationalsozialismus und Angriffskrieg der Wehrmacht - gebrochenen Soldatengeschichte in Broschüren des Verteidigungsministeriums für einen angemesssenen Umgang mit der österreichischen Geschichte?