41/JPR XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde
an den Nationalratspräsidenten
betreffend Bundesimmobiliengesellschaft (BIG); ergänzende Anfrage zu 44051AB/XX
In der Anfragebeantwortung 4405/AB wird festgestellt, daß “mit der Errichtung der BIG keine
speziellen ökologischen städtebaulichen oder sozialpolitischen Zielsetzungen verbunden
waren und sind.” Allein diese Feststellung scheint aus der Sicht der unterfertigten
Abgeordneten problematisch, da öffentliches Eigentum stets mit der Erreichung allgemeiner
gesellschaftlicher Ziele (Ökologie, Sozialpolitik, städtebauliche bzw. kulturpolitische
Akzente) verbunden sein sollte. Es ist als politisches Versäumnis zu betrachten, daß der BIG
keine derartigen Vorgaben gemacht worden sind, da eine Tätigkeit mit einer verkürzten
ökonomischen Zielsetzung nicht die Einrichtung einer Bundesgesellschaft rechtfertigen
würde.
Ferner wird in der genannten Anfragebeantwortung auf zwei Berichte des Rechnungshofes
verwiesen, in welchen “die Tätigkeit der BIG sehr positiv” beurteilt worden sei. Dabei handelt
es sich offenbar um “Prüfungsberichte” an die zuständigen Ressorts, nicht um
“Tätigkeitsberichte” an den Nationalrat. Dem Vernehmen nach sind zwar einige
Arbeitsbereiche als recht zufriedenstellend bewertet worden, es gibt jedoch massive Kritik in
den Hauptbereichen der Tätigkeit der BIG:
1. Die Verwaltungskosten der von der BIG verwalteten Wohnhäuser sind mit über S 50,-/m2
und Jahr wesentlich höher als die Durchschnittskosten, die bei den
Bundesgebäudeverwaltungen auftraten bzw. auftreten (ca. S 41,-/m2 und Jahr ohne
Baudirektion Wien). Ebenso gibt es überhöhte Verwaltungskosten bei den
Fruchtgenußobjekten (Schulen, Amtsgebäude), wo der Rechnungshof im Bericht ca. S
55,4/m2 und Jahr festgestellt hat. Eine Angleichung an Verhältnisse der Privatwirtschaft -
wie es das Gesetz vorsieht - wird bei weitem nicht erreicht, eher das Gegenteil.
Die für gewerbliche Hausverwalter gültigen und lt. § 22 MRG gesetzlichen
Verwaltungshonorare (für das Jahr 1995 z.B. S 32,80/m2 und Jahr) werden deutlich
überschritten und ebenso im Vergleich die Verwaltungskostenpauschale für
Gemeinnützige Wohnbaugesellschaften lt. der Entgeltrichtlinienverordnung 1986 des
Wirtschaftsministeriums.
2. Der Fruchtgenußrahmenvertrag zwischen dem Bund und der BIG wird in dem
wesentlichsten Punkt 2.4. seit 1994 nicht eingehalten. Demnach sollten die von der BIG
neu errichteten Gebäude
dem Eigentum des Bundes zuwachsen, was bis dato nicht erfolgt
ist. Bis zum Jahre 1997 errichtete die BIG Neubauten im Wert von ca. S 9,3 Mrd. und
leistete Anzahlungen für Bauten in Höhe von ca. 5 1,3 Mrd.
3. Die BIG hat diese Vermögenswerte in ihrer Bilanz undifferenziert als Eigenvermögen
(Bauten auf fremden Grund) aktiviert, um sie für ihre Kreditlinie usw. zu verwenden. Als
Fruchtnießerin ist sie aber dazu nicht berechtigt, da sie weder zivilrechtliche
Eigentümerin bzw. lt. eindeutigen Entscheidungen des OGH bei gleichen Fällen auch
nicht wirtschaftliche Eigentümerin ist.
Damit entsprechen die Bilanzen der BIG nicht den gesetzlichen Vorschriften betreffend
Bilanzwahrheit und Schutz der GläubigerInnen. Auch die Grundsätze ordnungsgemäßer
Buchführung werden durch derartige Praktiken verletzt. Die Frage eines möglichen
Haftungsdurchgriffes auf Gebäude, die dem Bund gehören, stellt sich.
4. Infolge der Nichtaktivierung der Neubauten beim Bund stimmt die Vermögensrechnung
des Bundes seit dem Jahre 1994 nicht mehr, wodurch ein Verstoß gegen das
Bundeshaushaltsgesetz vorliegt. Die Baudirektion Wien darf lt. Finanzministerium die
von der BIG gemeldeten Bauwerte nicht in die Bestandsrechnung aufnehmen, anstatt der
BIG ihre Bilanzierungsform als Eigentümerin zu untersagen. Damit stellt sich die Frage
der Verletzung der Budgethoheit des Nationalrates gem. Art. 42 und 51 B - VG.
5. In ihrer Mietenkalkulation für die Bundesnutzerlnnen setzt die BIG einen 2 - 3 % höheren
fiktiven Zinssatz ein, als sie für die aufgenommenen Kredite (z.B. Schweizer Franken
Kredit) tatsächlich den Banken bezahlt.
Über die Laufzeit von 20 Jahren ergeben sich bei der Annuität (die über die Mieten der
Nutzerlnnen rückbezahlt wird) extrem hohe Sondergewinne (z.B. beim Projekt SOWI
Innsbruck + 180 Mio. 5 usw.) für die BIG, denen keine Leistung gegenübersteht. In
Zeiten der Budgetrestriktionen ist diese Vorgangsweise absolut unverständlich und
unhaltbar.
6. Einer ökologischen Bauweise und dem Einbau von sparsamen Energiesystemen in die
Neubauten (Energiesparhäuser) wird von der BIG wenig Bedeutung zugemessen. Im
Vordergrund stehen “günstige Mietkosten” und niedrige Investitionen zu Baubeginn. Die
Folgekosten des späteren Betriebes bzw. die Energiekosten sind für die BIG anscheinend
relativ uninteressant, da diese sowieso der/die spätere BundesnutzerIn bezahlen muß;
somit stellt sich die Frage der Einhaltung des Gebotes der wirtschaftlichen Sparsamkeit
bzw. der Maximierung des volkswirtschaftlichen Nutzens (§14 ff BHG).
7. Dem Vernehmen nach soll bei mehreren Ausschreibungen den anbietenden Firmen
ausdrücklich die Verwendung halogenfreier Datenkabel (das sind PVC - freie Kabel)
untersagt worden sein. Abgesehen von der ökologischen Schädlichkeit von PVC ist
spätestens seit dem Düsseldorfer Flughafenbrand die Frage der Verwendung
halogenfreier Datenkabel auch eine Frage der Sicherheit für Personen (Gefährdung
flüchtender Personen durch korrosive Gase) sowie eine Frage der Gebäudesicherheit und
der Wirtschaftlichkeit (Zerstörung auch von nicht brennenden Gebäudeteilen). Es ist
daher völlig unverständlich, daß die BIG explizit die anbietenden Firmen verpflichtet,
gegen Erfordernisse der Sicherheit und der Wirtschaftlichkeit zu verstoßen. Ferner
widerspricht diese
Verhaltensweise auch der einschlägigen DIN - Norm.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Nationalratspräsidenten folgende
ANFRAGE:
1. Halten Sie es angesichts der kolportierten Mißstände im Bereich der BIG wünschenswert,
daß dem Nationalrat ein umfassender Tätigkeitsbericht betreffend die Aufgabenbereiche
der BIG zugeleitet wird?
2. Werden Sie mit dem Präsidenten des Rechnungshofes in der Angelegenheit Kontakt
aufnehmen, damit der Nationalrat die Möglichkeit einer umfassenden Evaluierung der
Tätigkeit der BIG auf Basis von Daten und Fakten erhält?