Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 46

10.58

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Herren Bundesminister! Ich hatte ja immer schon den Verdacht, daß Frau Langthaler in heiklen Situationen nur die halbe Wahrheit sagt - um höflich zu bleiben. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.) Umso dankbarer bin ich dem Herrn Bundesminister dafür, daß er den zweiten Teil der Wahrheit jetzt betont hat.

Frau Langthaler! Sie haben Adorno zitiert, ich werde Ihnen ein Zitat eines anderen Philosophen entgegenhalten (Abg. Dr. Haselsteiner: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen! - weitere Zwischenrufe): In einer Situation, in der die Zukunft unsicher erscheint, ist der schlechteste aller Ratgeber die Angst. - Genau auf dieser Ebene hat sich jedoch die Diskussion in der Öffentlichkeit abgespielt. (Abg. Ing. Langthaler: Wer schürt denn die Angst mit den Arbeitsplätzen? - Sie tun das doch die ganze Zeit!) Wobei aber diese Zukunft, meine Damen und Herren, eigentlich nur das Nachholen eines Diskussionsprozesses ist, der in anderen Ländern - in den USA, aber auch in anderen europäischen Ländern (Abg. Ing. Langthaler: Weil Sie die Diskussion fünf Jahre verweigert haben!) - vor 10, 15 Jahren abgelaufen ist und dort - das muß man heute auch sagen - anders als in unserem Lande ausgegangen ist, da wir mit dem Vorsorgeprinzip wesentlich stärker in die gentechnische Forschung und Entwicklung eingegriffen haben, als das in anderen Ländern der Fall war. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Ich kann sagen: Wir präsentieren heute ein Ergebnis, das die Sorgen der Wählerinnen und Wähler, die das Volksbegehren unterschrieben haben, sehr ernst nimmt. Es ist schon gesagt worden - und wurde von Ihnen von der Opposition nicht widerlegt; auch von Ihnen nicht, Herr Kollege Schweitzer! -, daß Österreich heute jenes Land ist, das von allen Ländern der Erde die strengsten Vorschriften und Auflagen sowie die breitesten Mitwirkungsrechte der Bevölkerung in Fragen der Gentechnik und Biotechnologie hat. Daran führt kein Weg vorbei, und das sollten Sie auch anerkennen. (Beifall bei der ÖVP.)

Natürlich kann man einwenden, daß die Forderungen der Betreiber des Volksbegehrens, so wie sie formuliert worden sind, nicht 1:1 umgesetzt wurden. Aber dazu möchte ich schon sagen - und ich zitiere aus der heutigen Ausgabe der "Kronen-Zeitung" -, daß auch Frau Dr. Sima von "Global 2000" gemeint hat, daß auch ihr klar war, daß diese Forderungen nicht 1:1 umzusetzen gewesen sind. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hätten wir das getan, hätten wir die Forderungen wirklich 1:1 umgesetzt, besonders die drei wesentlichen Forderungen, dann hätten wir uns von einem der zukunftsträchtigsten Zweige der Wissenschaft, der Forschung, aber auch der wirtschaftlichen Anwendung und Umsetzung abgekoppelt. Das kann doch nicht unser Ziel sein! (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Kollegin Langthaler! Entschuldigen Sie: Mir als Tiroler - und neben Ihnen sitzt der Kollege Van der Bellen, der auch sehr viel mit Tirol zu tun hat (Abg. Dr. Khol: Ein Tiroler!) - ist es eben nicht egal, ob die Firma Biochemie in Kundl mit ihren 2 000 Arbeitsplätzen in Tirol bleibt und produziert oder ob sie abwandert. (Beifall bei der ÖVP.) Das ist doch die Alternative, die Sie einfach leugnen! (Abg. Ing. Langthaler: Nein! Das ist Ihre Angstmache!) Dort geht es um 2 000 qualitativ hochwertige Arbeitsplätze, das ergibt mit den Familien etwa 8 000 Menschen. Die wollen Sie aus unserem Land vertreiben! Da machen wir nicht mit! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin auch froh darüber, daß im Nationalen Aktionsplan zur Beschäftigung, so wie er gestern von der Bundesregierung beschlossen und nach Brüssel gesandt wurde, gerade auch hinsichtlich der Gentechnik und der Biotechnologie ein Zukunftsfeld definiert worden ist, das es im Interesse der Arbeitsplatzentwicklung, Arbeitsplatzsicherung und Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft zu fördern gilt. Diesbezüglich hat die Bundesregierung die richtigen Akzente gesetzt.

In der Diskussion mit den Betreibern des Volksbegehrens hatte ich allerdings bei vielen Detailfragen den Eindruck, daß es ihnen gar nicht so sehr um die Umsetzung der einzelnen Forderungen geht, sondern vielmehr um eine prinzipielle, fundamentale Ablehnung der Gentechnik und Biotechnologie - so, wie wir das auch schon im Jahre 1994 erlebt haben, als wir ein sehr klares, sehr transparentes und stringentes Gentechnikgesetz beschlossen haben. (Abg. Ing. Langthaler: Genau! Ohne Bürgerbeteiligung!)


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