Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 63

Ich kann daher nicht nachvollziehen, aus welchem Grund Herr Abgeordneter Schwimmer behauptet, wir hätten nichts eingebracht. Sollte der Antrag nicht im Bericht stehen, dann liegt damit meiner Ansicht nach ein Versäumnis vor, das man wird klären müssen. - Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.10Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Brauneder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. - Bitte, Herr Abgeordneter.

12.10Abgeordneter MMag. Dr. Willi Brauneder (Freiheitliche): Sehr verehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! (Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP, dem Liberalem Forum sowie Grünen.) Ich kann verstehen, daß die Wogen weiterhin hoch gehen und Diskussion stattfindet - zwar nicht im Sinne der Geschäftsordnung, aber sicherlich aus guten Gründen. Denn diese Gespräche zeigen - wie ähnliche vorher -, daß tatsächlich berechtigterweise ein Unbehagen darüber besteht, wie Mittel der direkten Demokratie im Hohen Haus behandelt werden. Mir ist klar, daß Volksbegehren nicht eins zu eins umzusetzen sind und umgesetzt werden können. Allerdings sind Argumente wie etwa jenes, man müsse die Meinung der 4 Millionen Wahlberechtigten ebenfalls berücksichtigen, die sich nicht geäußert haben, relativ schwierig nachzuvollziehen. Denn offenbar ist es nicht direkt Sache eines Ausschusses, nicht geäußerte Meinungen zu berücksichtigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir gedenken in diesem Jahr stolz der Tatsache, daß vor 150 Jahren der Parlamentarismus in Österreich begonnen hat. Ich weiß allerdings nicht, ob jene, die 1848 große Hoffnungen in den Parlamentarismus gesetzt haben, das, was hier - nicht nur in Sachen Volksbegehren - geschieht, mit Freude sehen würden und ob sie sich nicht vielmehr in ihren zum Teil komfortablen Ehrengräbern auf dem Zentralfriedhof mehrfach umdrehen würden. Es hat ja ein Minister dieses Gedenkjahr mit der schönen Feststellung eingeleitet - zumindest war sie auf diese Weise interpretierbar -, daß man Metternichsche Spitzel auf den Universitätsboden schicken soll. Eigentlich macht dieses Haus - ich korrigiere mich: die Mehrheit dieses Hauses - zu diesem 150-Jahr-Jubiläum von 1848 etwas Ähnliches. Aber ich korrigiere mich noch einmal: Diese Mehrheit fängt nicht an, zu mißachten, was 1848 gewollt war, sondern sie fährt damit fort, nämlich mit einer Haltung dem Parlamentarismus gegenüber, die mit Sicherheit nicht den Erwartungen von 1848 entspricht.

Diese Banalität möchte ich erwähnen: Wir haben im Prinzip eine Regierungsgesetzgebung und keine Gesetzgebung durch das Parlament. Wenn ich mich an manche Ausschußsitzungen erinnere, in denen den Mitgliedern im letzten Augenblick Papiere über Papiere hingelegt werden und vor allem die Oppositionsparteien keine Gelegenheit mehr haben, sich ein Bild über die letzte Fassung der Abänderung eines Gesetzes zu machen, dann muß ich sagen: Das hat mit Parlamentarismus wenig zu tun! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bestenfalls, meine Damen und Herren - auch von der Regierungsmehrheit -, sind wir hier der Radiergummi, der ausbessert, was in der Regierungsvorlage doch noch falsch übriggeblieben ist. Damit korrespondiert völlig die Gesetzesflut, die beklagt wird. Denn was wird gemacht? - Die Bürokratie macht sich ihre eigenen Gesetze, nicht wir schaffen die Richtlinien für die Bürokratie und die Verwaltung. Daher ist es kein Wunder, daß die Gesetzesflut sich oft als eine Ansammlung interner Vollzugsanweisungen für die Beamten darstellt, die sich diese selbst machen. Damit korrespondiert leider auch das mehrfach beklagte Aufs-Eis-Legen von Oppositionsvorschlägen in den Ausschüssen, die Verschleppung von Oppositionsvorschlägen und - wie das erst jetzt wieder klar zutage gekommen ist - schlicht und einfach das Vergessen von Gesetzesvorschlägen seitens der Opposition.

Dazu zählt auch die Verkürzung der Kontrollrechte. Ich will nur auf eines neuerlich hinweisen, weil man nicht müde werden darf, darauf aufmerksam zu machen, nämlich daß Österreich in dieser Hinsicht weit unter dem europäischen Standard liegt: Das Einsetzen von Untersuchungsausschüssen ist - entgegen jeder parlamentarischen Gepflogenheit - in Österreich kein Minderheitsrecht! (Abg. Mag. Posch: Was hat das mit der Gentechnik zu tun? - Abg.


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