Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 203

Wörtchen "Maßnahmen" interpretiert wurde! - Das Wort "Maßnahmen" in diesem Sinne ist ein unbestimmter Gesetzesbegriff und aufladbar mit allen möglichen Dingen!

Schließlich - und das ist schädlich -: Wenn man aus dem Wort "Maßnahmen" herausliest, daß eine Quotenregelung geboten ist, dann widerspricht dieser - ich will ihn einmal so bezeichnen - kollektive Gleichheitsgrundsatz dem bisher individuellen Gleichheitsgrundsatz. Denn es könnte der Fall eintreten, daß man unter Bewerbern beider Geschlechter, verteilt auf mehrere Personen, einen bevorzugt, um eine Quote aufzufüllen, und den Besserqualifizierten, weil er nicht in die Quote fällt, nicht in Betracht zieht, was in diesem speziellen Fall gleichheitswidrig ist. Und wer sich zu unserem Grund- und Freiheitsrechten als individuelle Rechte und nicht als kollektive Rechte bekennt, der müßte dafür ein besonders geschärftes Auge haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Drittens: Im Volksbegehren wurde unter anderem begehrt, daß die tatsächliche Gleichstellung durch gesetzliche Maßnahmen herzustellen ist. Dafür gibt es einen ganzen Katalog, und dieser Katalog ist in dieser Form nicht umgesetzt worden. - Ich habe heute schon einmal gesagt: Volksbegehren müssen von uns als Auch-Souverän nicht eins zu eins umgesetzt werden. Aber wenn man die Einführung dieser Verfassungsbestimmung sozusagen als Trost für jene wertet, die das Volksbegehren unterschrieben haben, dann muß ich das, auch wenn ich jetzt das Wort "Mißbrauch der Verfassung" nicht benützen will, doch als ein starkes Stück bezeichnen. Es ist ein starkes Stück, etwas in die Verfassung hineinzuschreiben, was legistisch dort überhaupt keinen Platz hat! - Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.00

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Mag. Wurm zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. - Bitte.

22.00

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich hatte einen Traum. Ich hatte einen Traum, daß Frauen und Männer in diesem Staat tatsächlich gleichberechtigt leben werden, und zwar nicht erst 2020 oder gar erst 2050, wenn all das vielleicht endlich historisch gewachsen ist, sondern bereits in dieser Legislaturperiode. Ich hoffte, daß wir jetzt schon die Weichen stellen können. Ich hatte die Hoffnung, daß dieses vor zirka einem Jahr eingebrachte Volksbegehren, dieses 12 Punkte umfassende Frauenmanifest, die nötige Schubkraft bringen würde, damit Maßnahmengesetze beschlossen werden, mit welchen diese Forderungen umgesetzt werden, damit die konkrete Lebenssituation der Frauen in diesem Staat grundlegend zum Besseren verändert wird, die Benachteiligungen abgebaut und in weiterer Folge beseitigt werden. Für die Schaffung einer Geschlechterdemokratie - Kollege Kier hat das heute schon einmal angesprochen -, was etwas mit Gleichbehandlungs­ und Gleichstellungspolitik und Gerechtigkeit zu tun hat, seine Kraft einzusetzen und darauf hinzuarbeiten, das lohnt sich allemal! (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hatte einen Traum, nämlich daß sich die Frauen über die Parteigrenzen hinweg solidarisieren, daß sie sich bei den Männern ihrer Klubs durchsetzen und daß wir so die wesentlichen Punkte der Forderungen umsetzen werden können. Bei den Diskussionen im Unterausschuß sah es anfangs so aus und Frau konnte Hoffnung schöpfen, daß es funktionieren könnte, daß wir Parlamentarierinnen in einigen Punkten gemeinsam agieren, gemeinsam marschieren, kämpfen und auch einiges umsetzen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir wollen einiges umsetzen für eine gemeinsame und gerechte Sache. (Heiterkeit der Abgeordneten Dr. Krüger und Meischberger. - Abg. Dr. Karlsson, in Richtung der Freiheitlichen: Sie haben wohl schon zu tief ins Glas geguckt!) Jawohl, ich hatte diesen Traum, auch wenn Sie lachen! Doch dann kam die Ernüchterung: Frauenpolitik trennt die Parteien offenbar mehr als anderes. Die Trennlinien werden dabei klar und sichtbar. Es wurde klar, daß die konservative Mehrheit und die Sozialdemokratinnen Welten trennen. Es wurde klar, daß fortschrittliche Politikpositionen der ÖVP-Frauen, die es gab, im ÖVP-Klub nicht die Mehrheit finden konnten, sondern daß sich die diejenigen - das ist meine Beurteilung - durchgesetzt


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