Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 212

einzelne durchsetzen kann. Das, was die Regierung heute vorhat, ist ein juristisches Novum, das aber zu Lasten der Frauen gehen wird! Da hat Kollege Brauneder völlig recht. Wenn man das ganz genau untersucht, dann sieht man, daß man den Frauen damit nicht nur keinen guten Dienst erweist, sondern unter Umständen sogar schadet. (Abg. Tichy-Schreder: Wenn Männer sagen, daß etwas zu Lasten der Frauen geht, dann stimmt etwas nicht!) Frau Kollegin! Sie haben doch die Möglichkeit, es juristisch besser zu argumentieren, als Frau, wenn Sie glauben, daß Sie gute Argumente für Ihr Bekenntnis in der Bundesverfassung haben.

Wir sagen: Es muß einen Auftrag an die Gebietskörperschaften geben. Diesen Auftrag bringt nun der Antrag der Grünen und der Liberalen zum Ausdruck. Das haben Sie verpaßt! Das ist das Problem dabei, und daher werden wir heute bei der namentlichen Abstimmung diesem Antrag der Liberalen und der Grünen zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen, beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

22.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. - Bitte.

22.43

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Stadler! Der Antrag auf Beschluß einer diesbezüglichen Verfassungsbestimmung, den Sie jetzt gerade angesprochen und referiert haben, liegt im Haus. Das will ich nur richtigstellen.

Frau Kollegin Horngacher hat in ihrem Debattenbeitrag gemeint, daß sich sehr wohl etwas geändert habe. Frau Kollegin! Ich gebe Ihnen recht. Ich glaube, ich habe Sie richtig verstanden, wenn Sie meinten, daß sich die gesellschaftspolitische Einstellung zur Frau und auch die gesellschaftspolitische Einstellung der Frau grundsätzlich geändert hat. Ich glaube, da sind wir sicherlich auf dem gleichen Weg.

Wenn wir die Forderungen des Volksbegehrens bündeln, dann würde ich diese so deuten, daß sich sehr wohl etwas geändert hat: Denn die Frauen von heute können und wollen - das ist ein Ausdruck des Begehrens - individuelle Personen sein, individuelle Personen werden und eine eigene Identität annehmen, das heißt, sie wollen nicht nach bestimmten Vorbildern oder Leitbildern leben müssen. Wir leben heute vielfach noch - so sehe ich das auch bei uns draußen - nach Bildern, die durchwegs noch aus dem 19. Jahrhundert stammen. Ich meine das jetzt nicht abwertend, aber das Idealbild in vielen Köpfen ist noch immer: Mutter und Kind zu Hause, Vater in der Arbeit. Und eine Frau, die arbeiten gehen will oder arbeiten gehen muß - auch das soll es geben -, muß Schuldgefühle haben.

Ich meine das jetzt nicht negativ, denn es soll wirklich jeder die Möglichkeit haben, so zu leben, wie er leben will. Auf jeden Fall ist es aber wichtig, daß wir unseren jungen Frauen die bestmögliche Ausbildung mitgeben. Daran sind wir alle interessiert. Und wenn man sie fragt - ich befrage sehr viele Mädchen im Rahmen der Berufsberatung darüber -, dann bekommt man häufig die Antwort: Ich möchte einen guten Beruf haben und Familie und Beruf vereinbaren können.

Wenn es Wirtschaftsdynamik und Wirtschaftswachstum gibt, dann haben auch alle eine Chance zu arbeiten. Es geht darum, die Arbeit gerecht zu verteilen, und ich meine, Arbeitsmarktprobleme sollen und dürfen nicht auf dem Rücken der Frauen ausgetragen werden.

Ein Schlagwort, das sehr häufig gebraucht wird, ist "Flexibilität". Die Flexibilität ist heute schon einige Male angesprochen worden. Flexibilität wird von den Arbeitnehmern in allen Lebenslagen verlangt. Und wenn wir wollen, daß alle Mitglieder der Gesellschaft am Wirtschaftsleben teilnehmen können, dann darf man es meiner Ansicht nach nicht als Hürde sehen, wenn bestimmte gesetzliche Rahmenbedingungen, auf die ich noch eingehen werde, kommen. Ich betrachte das vielmehr auch als Möglichkeit der Wirtschaft. Ich sehe das Recht auf Teilzeitarbeit nicht als Hürde und als besondere Erschwernis für die Wirtschaft. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sagen Sie, wovon reden Sie eigentlich?) Es ist dies eine Gewöhnungssache: Wenn sich jeder Arbeitnehmer an die Flexibilisierung zu gewöhnen hat, sich umzustellen und auf neue Situationen einzustellen


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