Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 119. Sitzung / 81

nellen Versammlung werden die Vereinigten Staaten von Europa geschaffen, sondern Schritt für Schritt in einem demokratischen Prozeß, oft mühsam, Ausdauer erfordernd, aber letztlich immer mit Erfolg.

So wird es auch bei der sogenannten Erweiterung um die Länder aus Osteuropa und Zentraleuropa sein. Es wird schwieriger werden, als wir es uns vorstellen und als diese Länder es sich vorstellen, es wird länger dauern, als sie es sich vorstellen und als wir Österreicher es uns wünschen, aber es wird notwendig sein. Wir sollten es aktiv betreiben.

Meine Damen und Herren! Gerade dann, wenn wir kein Lohndumping wünschen, brauchen wir in diesen Ländern die gleichen Bedingungen wie bei uns. Solange die Differenz in den Lebens- und Produktionsbedingungen so groß ist wie jetzt zwischen Österreich und den Nachbarstaaten, so lange wird die junge Generation sich immer wieder verzweifelt bemühen, herüberzukommen und auf dem Schwarzmarkt angeworben zu werden sowie unter Umständen auch das Lohnniveau zu drücken. Wenn aber dort unter dem gleichen Wettbewerbsdruck wie bei uns produziert werden muß, dann wird es so sein, daß diese Immigration weitgehend wegfällt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dort, wo konkrete Interessen bestehen, werden Übergangslösungen gefunden werden. Das war bisher schon so und wird auch weiterhin so sein. Aber diese Länder auszuschließen, würde sowohl der moralischen Solidaritätsverpflichtung als auch den konkreten wirtschaftlichen Interessen nicht entsprechen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir sollten auch in diesem Fall das Rezept befolgen, das sich in den letzten Jahrzehnten bewährt hat: Etwas mehr Zuversicht, etwas mehr Optimismus! Die Österreicher sind besser, als sie selbst gelegentlich glauben. So werden wir auch diesen Prozeß, diesen Friedensprozeß der Erweiterung um neue Länder, sicherlich bewältigen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.24

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Frau Abgeordnete, Sie haben noch eine Redezeit von 18 Minuten zur Verfügung. - Bitte.

23.24

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Mock! In aller Kürze: Was die inhaltliche Beurteilung des Amsterdamer Vertrages und die Frage der Osterweiterung betrifft, wird es meiner Ansicht nach viel zu sagen geben. Aus unserer Sicht gehört dazu sehr viel Kritik am Amsterdamer Vertrag. Zu etlichen Argumenten, die Sie hier im Zusammenhang mit der Osterweiterung geäußert haben, teile ich Ihre Einschätzung, nur ist das heute noch nicht das Thema. (Abg. Dr. Karlsson: Genau!)

Heute geht es um die Schaffung der verfassungsmäßigen Grundlage für die Übernahme des Vertrages. In dieser Hinsicht teile ich die Meinung der anderen Oppositionsparteien: Dieses Verfahren ist nicht nur nicht korrekt, sondern auch gefährlich. Gefährlich ist es vielleicht nicht hier und heute in einer - so schätzen wir sie ein - trotz einiger Turbulenzen und Skandalereignisse doch gefestigten Demokratie, aber man sollte keine Gesetze machen, die unter geänderten Rahmenbedingungen vielleicht zum Bumerang werden könnten.

Zum ersten: Frau Abgeordnete Karlsson hat bereits die nicht nur unglückliche, sondern in Österreich wirklich unmögliche Bezeichnung des Gesetzes erwähnt: Von "Ermächtigungsgesetzen" sollte man in diesem Land die Finger lassen!

Zweitens wurde argumentiert, man wolle dasselbe Verfahren wie 1994 wählen. Aber das ist es bitte nicht! 1994 gab es eine Volksabstimmung und ein Verfassungsgesetz. Diesmal läßt man den einen Teil - nämlich die Volksabstimmung - weg und spricht trotzdem von demselben Verfahren. Das ist nicht der Fall.


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