Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 127. Sitzung / 22

Meine Damen und Herren! Die Spirale, die diese Bundesregierung zu verantworten hat, dreht sich weiter. Das Transfervolumen steigt mit der Gießkanne, die nicht zentral auf die Menschen, die es brauchen, gerichtet ist. Das direkte Steuerniveau ist hoch, das indirekte Steuerniveau läßt die Kaufkraft in das Ausland abfließen. Gebühren und Abgaben sind auf einem "Allzeithoch", die Stempelgebühren werden verdoppelt. Die Kanalgebühren in Österreich sind nicht mehr leistbar. Und Bagatellsteuern haben wir ebenfalls noch.

Lassen Sie das Wirtschaften zu, und lösen Sie sich von dem falschen Satz, Sie müßten zuerst Beschäftigung schaffen, um dann Steuern senken zu können. Sie werden nur dann Beschäftigung schaffen - Sie haben es zwar gesagt, nur falsch interpretiert -, wenn Sie Standortpolitik betreiben und damit Wirtschaften zulassen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Van der Bellen. - Bitte.

11.52

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlich reden die Regierungsparteien ungern über die Abgabenquote in Österreich. Es ist nun einmal unbestreitbar, daß es in jüngster Zeit die höchste der Zweiten Republik geworden ist. Und diese Abgabenquote - auch das hören die Regierungsparteien ungern - ist nicht einfach passiert, sondern war eine Folge der Belastungspakete 1996/1997. Diese wiederum sind auch nicht vom Himmel gefallen, sondern waren eine Folge der verfehlten Politik von 1993 bis 1995 - um einmal nur diese Jahre herauszugreifen.

Die Aussage von Landeshauptmann Pühringer, die ich letztlich in der Zeitung gelesen habe, daß all diese Belastungspakete nur aufgrund der Kreiskyschen Politik der siebziger Jahre notwendig waren, ist natürlich absurd, das ist keine Frage. Aber daß die Regierungsparteien, ÖVP und SPÖ, für die Politik der beginnenden neunziger Jahre mit all ihren Konsequenzen und Folgen verantwortlich sind, das ist wohl unbestreitbar.

Daß die Abgabenquote zu hoch ist, das finden auch die Grünen. Daß die Abgaben vor allem auf dem Faktor Arbeit zu hoch sind, das finden auch die Grünen. Wenn man dieses Problem ernsthaft angehen will, dann ist es wahrscheinlich zu wenig, wie Kollege Haider gemeint hat, nur von der Kürzung der Subventionen ganz allgemein zu reden. Herr Stummvoll, der diese Äußerung kritisiert hat, hat aber mit keinem Wort andere Maßnahmen erwähnt. Er ist mit keiner einzigen Äußerung ins Detail gegangen oder auf seine Vorstellungen eingegangen oder darauf, wie er sich die Gegenfinanzierung vorstellt. (Abg. Böhacker: Das macht er immer so, der Stummvoll!)

Daß die Besteuerung der Arbeit zu hoch ist, ist auch im letzten OECD-Bericht über Österreich nachzulesen, dessen Lektüre ich insbesondere den Kollegen von der SPÖ empfehle. Das ist eine unverfängliche Quelle, und dort ist namentlich - das ist vielleicht für Sie besonders unangenehm - davon die Rede, daß nicht nur die Besteuerung der Arbeit zu hoch ist, sondern daß im Vergleich dazu auch die Besteuerung des Kapitals erstaunlich niedrig ist. Auch das ist nicht passiert, all das haben Sie mit Ihren Gesetzen in den letzten zehn Jahren beschlossen.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf das Phänomen der Lohnsummenbesteuerung in Österreich besonders hinweisen, die - Kollege Nowotny weiß das natürlich genauso wie ich - ungefähr 80 Milliarden Schilling pro Jahr ausmacht. Und das ist im Bereich der Steuerstruktur innerhalb der Europäischen Union etwas völlig Atypisches. Eine Lohnsummenbesteuerung in diesem Ausmaß gibt es sonst nirgends in der EU.

Das ist deswegen interessant, weil wir einen Hebel hätten, den wir in Bewegung setzen könnten, wenn man den politischen Willen dazu hätte, einen Hebel, um - aus Sicht der Unternehmer - die Arbeitskosten zu senken, ohne dabei die Löhne zu senken. Sobald man nämlich von der Senkung von Lohnnebenkosten redet und so weiter, habe ich die Erfahrung gemacht, daß sich viele Leute ängstigen und glauben, daß damit die Senkung der Löhne gemeint ist. Das ist natürlich in keiner Weise notwendig. Die Schere zwischen Brutto- und Nettolöhnen kann man auf ganz andere Weise schließen.


Vorherige SeiteNächste Seite
Seite 1