Stenographisches Protokoll

136. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Freitag, 17. Juli 1998

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

136. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode                         Freitag, 17. Juli 1998


Dauer der Sitzung

Freitag, 17. Juli 1998: 9.05 – 15.41 Uhr

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen ............................................................................................... 15

Ordnungsrufe ............................................................................................. 18, 20

Feststellung des Präsidenten MMag. Dr. Willi Brauneder betreffend Fernbleiben des Abgeordneten Peter Rosenstingl von dieser Sitzung ......................................................................... 89

Geschäftsbehandlung

Mitteilungen des Präsidenten Dr. Heinz Fischer im Zusammenhang mit der weiteren 30tägigen Abwesenheit des Abgeordneten Peter Rosenstingl ............................................. 15

Einwendungen der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Ge­nossen gegen die Tagesordnung der 136. Sitzung des Nationalrates gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........... 17

Durchführung einer Debatte gemäß § 50 (1) der Geschäftsordnung ...................... 17

Redner:

Mag. Johann Ewald Stadler ...................................................................... 17

Dr. Peter Kostelka ..................................................................................... 19

Dr. Andreas Khol ...................................................................................... 19

Mag. Dr. Heide Schmidt ............................................................................ 20

Dr. Michael Krüger ................................................................................... 20

MMag. Dr. Madeleine Petrovic .................................................................. 21

Dr. Harald Ofner ........................................................................................ 22

Einwendungen finden keine Mehrheit ................................................................. 23

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer betreffend Versuch der Übergabe von Petitionen in der Sitzung .......................................................................................................... 18

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung betreffend geschäftsordnungs­gemäßen Fristenlauf für die Behandlung einer Dringlichen Anfrage:

Mag. Johann Ewald Stadler ...................................................................... 24

Dr. Peter Kostelka ..................................................................................... 24

Dr. Andreas Khol ...................................................................................... 24

Mag. Dr. Heide Schmidt ............................................................................ 24

Ersuchen des Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler um Klärung der Handhabung der Bestimmung des § 93 Abs. 1 GOG ............................................................................................ 24

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer zum Ersuchen des Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler ........................................................................................................... 25

Unterbrechungen der Sitzung .................................................................... 43, 86

Einwendungen der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen gegen die Tagesordnung der 137. Sitzung des Nationalrates gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung                      74

Durchführung einer Debatte gemäß § 50 (1) der Geschäftsordnung ...................... 74

Redner:

Dr. Peter Kostelka ..................................................................................... 75

Dr. Alois Pumberger ................................................................................. 75

Dr. Brigitte Povysil .................................................................................... 76

Dr. Volker Kier .......................................................................................... 77

Mag. Herbert Haupt ................................................................................... 78

Dr. Andreas Khol ...................................................................................... 79

Einwendungen finden die Mehrheit..................................................................... 88

Einwendungen der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Ge­nossen gegen die Tagesordnung der 137. Sitzung des Nationalrates gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........... 74

Durchführung einer Debatte gemäß § 50 (1) der Geschäftsordnung ...................... 80

Redner:

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................. 80

Dr. Peter Kostelka ..................................................................................... 81

Dr. Brigitte Povysil .................................................................................... 82

MMag. Dr. Madeleine Petrovic .................................................................. 83

Mag. Dr. Heide Schmidt ............................................................................ 84

Mag. Johann Ewald Stadler ...................................................................... 84

Andreas Wabl ........................................................................................... 86

Dr. Andreas Khol ...................................................................................... 87

Einwendungen finden keine Mehrheit ................................................................. 88

Aufforderung des Präsidenten MMag. Dr. Willi Brauneder, zur Sache zu sprechen        84, 86

Aktuelle Stunde (28.)

Thema: „Europafit durch Flexibilisierung – Arbeit für mehr Menschen“

Redner:

Mag. Dr. Heide Schmidt ............................................................................ 26

Bundesministerin Eleonora Hostasch ........................................................ 28

Dr. Volker Kier .......................................................................................... 30

Friedrich Verzetnitsch ............................................................................... 32

Dr. Gottfried Feurstein............................................................................... 33

Mag. Herbert Haupt ................................................................................... 34

Karl Öllinger ............................................................................................. 36

Maria Schaffenrath ................................................................................... 37

Heidrun Silhavy ........................................................................................ 38

Mag. Dr. Josef Trinkl ................................................................................ 39

Hermann Böhacker ................................................................................... 41

MMag. Dr. Madeleine Petrovic .................................................................. 42

Ausschüsse

Zuweisungen ................................................................................................... 16

Unvereinbarkeitsangelegenheiten

Zwölfter Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses ............................................. 17

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Brennermaut (4717/J) .............................................. 44

Begründung: Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch ....................................................... 45

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner .......................................................... 47

Debatte:

Mag. Helmut Kukacka .............................................................................. 49

Kurt Eder .................................................................................................. 51

Ing. Walter Meischberger .......................................................................... 52

Mag. Thomas Barmüller ........................................................................... 54

Ing. Monika Langthaler ............................................................................. 56

DDr. Erwin Niederwieser ........................................................................... 59

Mag. Reinhard Firlinger ............................................................................ 60

Maria Schaffenrath ................................................................................... 61

MMag. Dr. Madeleine Petrovic .................................................................. 63

Dr. Martin Graf .......................................................................................... 65

Herbert Scheibner ..................................................................................... 66

Anton Blünegger ...................................................................................... 67

Edith Haller .............................................................................................. 68

Andreas Wabl ........................................................................................... 69

Günther Platter ......................................................................................... 71

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner ..................................................... 72

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen betreffend Einführung eines Lkw-Nachtfahrverbots auf der Brenner und Inntal Autobahn – Ablehnung . 58, 73

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen betreffend „Maut-stretching“ – Ablehnung .............................................................................. 58, 73

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Walter Meischberger und Genossen betreffend Brennermaut – Ablehnung .............................................................................................. 61, 73

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Walter Meischberger und Genossen betreffend Schaffung eines einheitlichen Verkehrsministeriums – Ablehnung .................................. 69, 73

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch, DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend Brennermaut – Annahme (E 136) .................................. 72, 73

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ..................................................................................... 16

1159: Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hoch­schulbereich in der europäischen Region

1356: Gesetzesantrag der Bundesräte Peter Rieser und Kollegen vom 3. Juli 1998 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz (BGBl. I Nr. 120/1997) geändert wird

1357: Atomhaftungsgesetz 1999 – AtomHG

Anträge der Abgeordneten

Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozial­ver­sicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (845/A)

Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (846/A)

Andreas Wabl und Genossen betreffend den Bau der Bundesstraße B 67b, Kalvariengürtel, Kalvarienbrücke – Grabenstraße (Nordspange Graz) in Graz, Steier­mark, Aufhebung der Verordnung (847/A) (E)

Dr. Volker Kier und Genossen betreffend geschlechtsspezifische Gestaltung von Paßformularen (848/A) (E)

Ing. Walter Meischberger und Genossen betreffend Brennermaut (849/A) (E)

Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Sicherstellung der Erweiterung der Technischen Universität Wien durch einen Neubau der Fakultät für Maschinenbau (850/A) (E)

Karl Smolle und Genossen betreffend Ratifizierung der Europäischen Charta über den Schutz der Regional- und Minderheitensprachen (851/A) (E)

Dr. Andreas Khol, Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem die Europawahlordnung geändert wird (852/A)

Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Volksbegehrengesetz 1973 geändert wird (853/A)

Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 geändert wird (854/A)

Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (855/A)

Dr. Andreas Khol, Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung 1992 geändert wird (856/A)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz – FSG 1997) geändert wird (857/A)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend Einführung eines Gutpunkte­führerscheins (858/A) (E)

Dr. Volker Kier und Genossen betreffend lohnsummenabhängigen Dienstgeber­beitrag in der Sozialversicherung (859/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Franz Riepl und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegen­heiten betreffend Aufforderung zur Diskriminierung durch den stellvertretenden Vorsteher des Fachverbandes Gastronomie in der Wirtschaftskammer Österreich, FP-Kammerrat Helmut M. (4702/J)

Dr. Andreas Khol und Genossen an den Bundeskanzler betreffend zukünftige Vorgangsweise bei der Bestellung von Mitgliedern der Volksgruppenbeiräte im Lichte der jüngsten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (4703/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend das Vorgehen von „NEWS“ und Herrn Rechtsanwalt Dr. Zanger im Zusammenhang mit der Causa „Rosenstingl“ (4704/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Forschungsauftrag zur Multiplen Chemischen Sensibilität (4705/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Verkehr betreffend Novellierung des Tierversuchsgesetzes (4706/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend EU-Richtlinie für die Tierhaltung im biologischen Landbau (4707/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Leukotomie/Psychochirurgie in Österreich (4708/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Verbot von Frischzellenkuren in Deutschland (4709/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Verdachtsfläche „Sportplatz Wiener Neudorf“ und Verdachtsfläche im Grundwasserschongebiet Feldkirchen bei Graz nach dem AltlastensanierungsG (4710/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Behebung von Altlasten nach dem Wasserrechtsgesetz in Wiener Neu­dorf (SCS Erlebniswelt) und Feldkirchen bei Graz (4711/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend NATO-Truppenstatut; Seilbahnunglück in Cavalese (4712/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für aus­wärtige Angelegenheiten betreffend NATO-Truppenstatut; Seilbahnunglück bei Cavalese (4713/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Organisationschaos bei Impfaktion (4714/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend mangelnde psychologische Beratung bei In-vitro-Fertili­sation (4715/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Zulassung von Viagra (4716/J)

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen gemäß § 93 Abs. 1 GOG an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Brennermaut (4717/J)

Dr. Günther Kräuter und Genossen an den Bundeskanzler betreffend parteipo­litischen Mißbrauch des steirischen Fußballsports durch die ÖVP-Steiermark (4718/J)

Johann Schuster und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Familienfeindlichkeit der Schenkungssteuer (4719/J)

Mag. Dr. Josef Höchtl und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Projekt „Umfahrung Klosterneuburg B 14“ (4720/J)

Mag. Dr. Josef Höchtl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Regionalisierung der Telefonbücher (4721/J)

Werner Amon und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Förderung der verbandlichen Jugendarbeit (4722/J)

Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Pflichten eines Staatskommissärs (4723/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Programm der österreichischen EU-Präsidentschaft (4724/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend § 14 BHG (4725/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Körperschaftsteuervorauszahlung der OeNB (4726/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Steuerzahlung durch die Nordex GmbH (4727/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegen­heiten betreffend drohenden Verlust von 210 Arbeitsplätzen durch die Absiedelung der „Volvo Austria GmbH – Bus“ von Wien-Simmering nach Polen (4728/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend drohenden Verlust von 210 Arbeitsplätzen durch die Absiedelung der „Volvo Austria GmbH – Bus“ von Wien-Simmering nach Polen (4729/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend EU-Ratspräsidentschaft (4730/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundeskanzler betreffend EU-Ratsprä­sidentschaft (4731/J)

Franz Lafer und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend EU-Ratspräsidentschaft (4732/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angele­genheiten betreffend EU-Ratspräsidentschaft (4733/J)

Franz Lafer und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend EU-Ratspräsidentschaft (4734/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend EU-Ratspräsidentschaft (4735/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend EU-Ratspräsidentschaft (4736/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend EU-Ratspräsidentschaft (4737/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend EU-Ratspräsidentschaft (4738/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend EU-Ratspräsidentschaft (4739/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend EU-Ratspräsidentschaft (4740/J)

Franz Lafer und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend EU-Ratspräsidentschaft (4741/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend EU-Ratspräsidentschaft (4742/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Aufhebung bestimmter „Beneš-Dekrete“ und des Amnestiegesetzes von 1946 durch die Tschechische Republik und bestimmter „AVNOJ-Beschlüsse“ durch Slowenien (4743/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Auf­hebung bestimmter „Beneš-Dekrete“ und des Amnestiegesetzes von 1946 durch die Tschechische Republik und bestimmter „AVNOJ-Beschlüsse“ durch Slo­wenien (4744/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend einige eigenartige Begründungen im Bescheid der Bezirkhauptmann­schaft Wels-Land zu Sich01-111-1998-P/ZE; Sich-8009/1963 vom 24. April 1998, die unter anderem die Person des Schriftstellers und zeitweiligen freien Mitarbeiters beim ORF, Konrad Windisch, betreffen (4745/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Programm der österreichischen EU-Präsidentschaft (4746/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundes in den Wochenmagazinen „NEWS“ und „TV Media“ (4747/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an die Bundesministerin für Frauen­angelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundes in den Wochenmagazinen „NEWS“ und „TV Media“ (4748/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundes in den Wochenma­gazinen „NEWS“ und „TV Media“ (4749/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für wirt­schaftliche Angelegenheiten betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundes in den Wochenmagazinen „NEWS“ und „TV Media“ (4750/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundes in den Wochenmagazinen „NEWS“ und „TV Media“ (4751/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundes in den Wochenmagazinen „NEWS“ und „TV Media“ (4752/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundes in den Wochenmagazinen „NEWS“ und „TV Media“ (4753/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundes in den Wochenmagazinen „NEWS“ und „TV Media“ (4754/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundes in den Wochenma­gazinen „NEWS“ und „TV Media“ (4755/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundes in den Wochenma­gazinen „NEWS“ und „TV Media“ (4756/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Öffentlichkeitsarbeit des Bundes in den Wochenmagazinen „NEWS“ und „TV Media“ (4757/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend den Verstoß gegen das Staatsgrundgesetz, die Euro­päische Menschenrechtskonvention, das Bundesgesetz über die äußeren Rechts­verhältnisse der Evangelischen Kirchen, das Konkordat sowie Falschauskunft an das Bundesminister für Landesverteidigung (4758/J)

Edith Haller und Genossen an den Bundeskanzler betreffend ökologische Steuer­reform (4759/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend „stranded investments“ der E-Wirt­schaft (4760/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Deutschkurse für Ausländer (4761/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vorhaben im Bereich Inneres während der österreichischen EU-Präsi­dentschaft (4762/J)

Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Programm der österreichischen EU-Präsi­dentschaft (4763/J)

Edith Haller und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Programm der österreichischen EU-Präsidentschaft (4764/J)

Karl Smolle und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Neukonstituierung des Beirates für die slowenische Volksgruppe beim Bundeskanzleramt (4765/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend europäischen Solidaritätsausgleich für Flüchtlinge und Vertriebene (4766/J)

Karl Smolle und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Ausschüttung der Volksgruppenförderung für das Jahr 1997 und 1998 (4767/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Besetzung des EU-Büros in Bratislava (4768/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundeskanzler betreffend öster­reichische Positionen zu EU-Finanzierungs- und Strukturförderungsmaßnahmen im Rahmen der Vorsitzführung (4769/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend österreichische Positionen zu EU-Finanzierungs- und Strukturförderungsmaßnahmen im Rahmen der Vorsitzführung (4770/J)

Andreas Wabl und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend EU-Richtlinie für die Tierhaltung im biologischen Landbau (4771/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die verzö­gerte Verlautbarung von VfGH-Erkenntnissen durch das Bundeskanzleramt II (4772/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend einen Einsatz der Gendarmerie Feldkirchen bei Graz am 3. April 1998 (4773/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Frauenanteil und politische Vertretung in diversen Beiräten, Fachgremien, Kom­missionen, Diskussionsgruppen u. ä. (4774/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Frauen­angelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Frauenanteil und politische Vertretung in diversen Beiräten, Fachgremien, Kommissionen, Diskussionsgruppen u. ä. (4775/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für aus­wärtige Angelegenheiten betreffend Frauenanteil und politische Vertretung in diver­sen Beiräten, Fachgremien, Kommissionen, Diskussionsgruppen u. ä. (4776/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für wirt­schaftliche Angelegenheiten betreffend Frauenanteil und politische Vertretung in diversen Beiräten, Fachgremien, Kommissionen, Diskussionsgruppen u. ä. (4777/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Frauenanteil und politische Vertretung in diversen Beiräten, Fachgremien, Kommissionen, Diskussionsgruppen u. ä. (4778/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Frauenanteil und politische Vertretung in diversen Beiräten, Fach­gremien, Kommissionen, Diskussionsgruppen u. ä. (4779/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Frauenanteil und politische Vertretung in diversen Beiräten, Fach­gremien, Kommissionen, Diskussionsgruppen u. ä. (4780/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Frauenanteil und politische Vertretung in diversen Beiräten, Fach­gremien, Kommissionen, Diskussionsgruppen u. ä. (4781/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung betreffend Frauenanteil und politische Vertretung in diversen Beiräten, Fachgremien, Kommissionen, Diskussionsgruppen u. ä. (4782/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Frauenanteil und politische Vertretung in diversen Beiräten, Fachgremien, Kommissionen, Diskussionsgruppen u. ä. (4783/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Frauenanteil und politische Vertretung in diversen Beiräten, Fachgremien, Kommissionen, Diskussionsgruppen u. ä. (4784/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Frauenanteil und politische Vertretung in diversen Beiräten, Fachgremien, Kommissionen, Diskussionsgruppen u. ä. (4785/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Frauenanteil und politische Vertretung in di­versen Beiräten, Fachgremien, Kommissionen, Diskussionsgruppen u. ä. (4786/J)

Dr. Elisabeth Hlavac und Genossen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend Frauenförderungsplan des Rechnungshofes (4787/J)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Abgeordneten

Arnold Grabner und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Öffnung des Akademieparkes Wiener Neustadt für Radfahrer (4565/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Ma­deleine Petrovic und Genossen (4089/AB zu 4456/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Günther Platter und Genossen (4090/AB zu 4505/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (4091/AB zu 4411/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (4092/AB zu 4369/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (4093/AB zu 4419/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (4094/AB zu 4420/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (4095/AB zu 4427/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (4096/AB zu 4451/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (4097/AB zu 4482/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Günther Kräuter und Genossen (4098/AB zu 4607/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (4099/AB zu 4359/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (4100/AB zu 4351/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Arnold Grabner und Genossen (4101/AB zu 4511/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (4102/AB zu 4439/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (4103/AB zu 4357/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler und Genossen (4104/AB zu 4368/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler und Genossen (4105/AB zu 4367/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (4106/AB zu 4407/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen (4107/AB zu 4398/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (4108/AB zu 4355/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (4109/AB zu 4375/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (4110/AB zu 4430/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (4111/AB zu 4363/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen (4112/AB zu 4365/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (4113/AB zu 4431/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (4114/AB zu 4408/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (4115/AB zu 4410/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (4116/AB zu 4415/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen (4117/AB zu 4449/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen (4118/AB zu 4476/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (4119/AB zu 4360/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (4120/AB zu 4377/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (4121/AB zu 4362/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (4122/AB zu 4381/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abge­ordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (4123/AB zu 4390/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abge­ordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (4124/AB zu 4391/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abge­ordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (4125/AB zu 4392/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abge­ordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (4126/AB zu 4393/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abge­ordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (4127/AB zu 4394/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abge­ordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (4128/AB zu 4395/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abge­ordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (4129/AB zu 4396/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (4130/AB zu 4428/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (4131/AB zu 4353/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (4132/AB zu 4379/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (4133/AB zu 4429/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (4134/AB zu 4462/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen (4135/AB zu 4397/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (4136/AB zu 4472/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abge­ordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen (4137/AB zu 4352/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abge­ordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (4138/AB zu 4370/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4139/AB zu 4383/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abge­ordneten Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen (4140/AB zu 4401/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abge­ordneten Franz Kampichler und Genossen (4141/AB zu 4437/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (4142/AB zu 4417/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abge­ordneten Johann Schuster und Genossen (4143/AB zu 4433/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abge­ordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (4144/AB zu 4442/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4145/AB zu 4445/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (4146/AB zu 4416/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abge­ordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (4147/AB zu 4409/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abge­ordneten Karl Öllinger und Genossen (4148/AB zu 4444/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (4149/AB zu 4413/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (4150/AB zu 4473/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (4151/AB zu 4435/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Murauer und Genossen (4152/AB zu 4434/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (4153/AB zu 4441/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac und Genossen (4154/AB zu 4496/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (4155/AB zu 4495/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Blünegger und Genossen (4156/AB zu 4594/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeord­neten Klara Motter und Genossen (4157/AB zu 4448/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (4159/AB zu 4498/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (4160/AB zu 4443/J)

 

Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsi­dent MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich be­grüßen und erkläre die 136. Sitzung des Nationalrates für eröffnet.

Die Amtlichen Protokolle der 134. Sitzung vom 8. und 9. Juli 1998 sowie der 135. Sitzung vom 9. Juli 1998 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Ing. Nußbaumer, Mag. Peter, Dr. Gabriela Moser und Dr. Haider.

Mitteilungen im Zusammenhang mit der weiteren 30tägigen Abwesenheit des Abgeordneten Peter Rosenstingl


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Darüber hinaus darf ich dem Hohen Haus mitteilen, daß der Abgeordnete Rosenstingl weitere 30 Tage zu den Sitzungen des Nationalrates nicht erschienen ist.

Am 15. Juli 1998 langte in der Parlamentsdirektion ein Schreiben des Rechtsanwaltes Dr. Man­fred Ainedter ein, in dem dieser mitteilte, daß er anstelle von Herrn Dr. Georg Zanger die rechts­freundliche Vertretung des Herrn Abgeordneten Peter Rosenstingl übernommen habe, und in dem er die Abwesenheit des Herrn Abgeordneten Rosenstingl mit der andauernden Ausliefe­rungshaft des Abgeordneten Rosenstingl in Brasilien zu rechtfertigen versucht hat.

Das erwähnte Schreiben des Rechtsanwaltes habe ich vervielfältigen und an alle Mitglieder des Nationalrates verteilen lassen.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates wird ein Abgeordneter seines Mandates unter anderem dann verlustig, wenn er durch 30 Tage ohne einen vom Nationalrat anerkannten triftigen Grund von den Sitzungen des Nationalrates ausgeblieben ist und der nach Ablauf der 30 Tage an ihn öffentlich und im Nationalrat gerichteten Aufforderung des Präsiden­ten, binnen weiterer 30 Tage zu erscheinen oder seine Abwesenheit zu rechtfertigen, nicht Folge geleistet hat und der Verfassungsgerichtshof über einen daraufhin gestellten Antrag entspre­chend entschieden hat.

Ich rufe in diesem Zusammenhang in Erinnerung, daß der Nationalrat bereits am 16. Juni 1998 einstimmig die Triftigkeit der vom Rechtsvertreter des Abgeordneten Rosenstingl angeführten Gründe verneint hat.

Über den im Art. 141 Abs. 1 lit. c der Bundesverfassung vorgesehenen Antrag hat gleichfalls der Nationalrat zu beschließen. Ein solcher Beschluß wäre gemäß § 2 Abs. 2 der Geschäftsordnung vom Hauptausschuß vorzubereiten.

Zu diesem Zweck wird am heutigen Tage eine Sitzung des Hauptausschusses stattfinden. Wir haben uns darauf geeinigt, daß wir den Hauptausschuß für die Zeit in der voraussichtlich not­wendigen Unterbrechung der Sitzung des Nationalrates, allenfalls für nach Ende dieser Sitzung des Nationalrates einberufen werden. Die genaue Uhrzeit wird später noch bekanntgegeben.

Einlauf und Zuweisungen


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungs­saal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 4702/J bis 4716/J.

Zurückziehung: 4565/J.

2. Anfragebeantwortungen: 4089/AB bis 4157/AB sowie 4159/AB und 4160/AB.

3. Regierungsvorlage:

Atomhaftungsgesetz 1999 – AtomHG 1999 (1357 der Beilagen).

4. Gesetzesanträge des Bundesrates:

Gesetzesantrag der Bundesräte Peter Rieser und Kollegen vom 3. Juli 1998 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Führerscheingesetz (BGBl. I Nr. 120/1997) geändert wird (1356 der Bei­lagen).

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuß:

Antrag 840/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Bericht der Bundesregierung an den Nationalrat über die Ergebnisse des Europäischen Rates;

Budgetausschuß:

Antrag 843/A der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz 1986 geändert wird;

Gesundheitsausschuß:

Antrag 841/A (E) der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend Verbesserung und Ausweitung der HIV Meldepflicht;

Ausschuß für innere Angelegenheiten:

Antrag 842/A der Abgeordneten Anton Leikam, Paul Kiss und Genossen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997 – AsylG), BGBl. I Nr. 76, geändert wird;

Wirtschaftsausschuß:

Antrag 844/A (E) der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen betreffend die Notwendigkeit von Marketingaktivitäten in Hinblick auf die Bewerbung Klagenfurts um die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 2006;

Ausschuß für Wissenschaft und Forschung:

Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäi­schen Region (1159 der Beilagen).

*****


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ferner teile ich mit, daß der Zwölfte Bericht des Unvereinbar­keitsausschusses an die Mitglieder des Nationalrates vorliegt.

Einwendungen gegen die Tagesordnung


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Weiters teile ich mit, daß Abgeordneter Mag. Stadler im Sinne des § 50 der Geschäftsordnung schriftlich Einwendungen gegen die schriftlich mitgeteilte Tages­ordnung der heutigen Sitzung erhoben hat.

Die schriftlichen Einwendungen betreffen eine Ergänzung der heutigen Tagesordnung um die Justizvorlagen.

Ich nehme an, daß damit auch eine Debatte verbunden ist. – Nach § 50 der Geschäftsordnung beschränke ich die Redezeit in dieser Debatte auf 5 Minuten und die Zahl der Redner pro Klub auf maximal drei.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Die Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

9.09


Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Die österreichische Öffentlichkeit beziehungsweise, wie ich glaube, die gesamte europäische Öffent­lichkeit ist durch einen gestern bekanntgewordenen neuerlichen grauenhaften Fall von Kindes­mißbrauch in Holland geschockt. Sie können in den heutigen Tageszeitungen darüber lesen. Einige haben es auf der Titelseite, andere behandeln es so, wie die Koalitionsparteien Kinder­schändung behandeln wollen, nämlich ganz weit hinten. Einige finden die Geschichte erst auf Seite 14 berichtenswert.

Meine Damen und Herren! Kinderschändung ist etwas, was nicht nur die Menschen in Europa, sondern auch die Menschen in Österreich besonders bewegt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Es ist daher in Wirklichkeit eine Mißachtung dieses Problems, daß heute geplant ist, das Problem Kinderschändung erst gegen Mitternacht, zur Geisterstunde, in diesem Haus debattieren zu wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wir haben heute einen Gast eingeladen. Es ist dies Frau Deriego aus Tirol, die ich herzlich begrüßen möchte. Sie ist selbst ein Opfer von Kinder­schändung geworden und selbst mißbraucht worden. Diese Dame hat insgesamt rund 180 000 Unterschriften gesammelt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Alles in allem sind 211 821 Unterschriften zusammengekommen, die unterstreichen sollen, daß das Thema Kin­derschändung an medial prominenter Stelle behandelt werden soll. (Abgeordnete der Freiheitli­chen kommen nach und nach mit den in Geschenkkartons verpackten Unterschriften zur Regie­rungsbank und stellen sie dort ab.)

Herr Präsident! Sie werden diese Unterschriften heute von mir im Rahmen einer Petition erhal­ten. 211 821 Österreicherinnen und Österreicher – davon sind 1 500 Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 14 und 18 Jahren – sind der Meinung, daß man das Thema Kinderschändung endlich und vorrangig im Parlament behandeln muß und daß man in diesem Bereich viel zu lange säumig gewesen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Das, was ich jetzt sage, richtet sich insbesondere an die beiden Regierungsparteien. Welche Gesinnung steckt in Parteien, die nur dann bereit sind, über eine Verschärfung der Strafbestimmungen und eine Verlängerung der Verjährungsfristen zu verhandeln, wenn man gleichzeitig das Schutzalter für Kinder herabsetzt, wie dies die SPÖ verlangt hat? Welche Gesinnung steckt in einer solchen Partei, Herr Kollege Kostelka? (Abg. Leikam: Sind da Schuldscheine in den Paketen drinnen?)

Welche Gesinnung steckt in einem Klubobmann, der im Zusammenhang mit einer Debatte über Verschärfung von Strafbestimmungen zur Kinderpornographie sagt: Mißtraut all jenen, in denen der Trieb zu strafen mächtig ist!? Welche Gesinnung steckt in einer Partei, die heute mit einer lächerlichen Dringlichen Anfrage, die nur eine halbe Seite lang ist, versucht, und zwar erfolgreich ver­sucht, im Einklang mit der Geschäftsordnung, die Behandlung des Themas Kinderporno­graphie, das wir mit einem Dringlichen Antrag heute behandelt wissen wollten, auf die Mitter­nachtsstunde zu verschieben, Herr Kollege Khol? Welche Gesinnung steckt in einer solchen Partei? – Das ist die Gesinnung der Surfer im Internet, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Präsident! Für uns Freiheitliche – das sollen diese 211 000 Unterschriften, die Ihnen heute hier überreicht werden, ...


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Herr Abgeordneter Stadler! Mir werden bei einer Sitzung keine Petitionen überreicht. Ich habe den Vorsitz zu führen und nicht Petitionen entgegenzunehmen. (Abg. Mag. Stadler: Sie werden heute nicht umhinkommen, 211 000 Unterschriften zur Kenntnis zu nehmen!)

Ich bitte die Beamten des Hauses, nach der Rede des Herrn Abgeordneten Stadler das von der Regierungsbank zu entfernen. (Heftiger Widerspruch bei den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Stadler ist am Wort.


Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler¦ (fortsetzend): Das ist die Gesinnung, die seit Jahren verhindert, daß in diesem Land eine Verschärfung der Bestimmungen hinsichtlich der Kinderpornographie zustande kommt, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Der Herr Präsident sagt, er nehme diese Petition nicht entgegen. Ich ...


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Herr Abgeordneter Stadler! Wir fangen mit der Sitzung so an, wie wir es uns in der Präsidiale ausgemacht haben. Und ich verbitte mir Kritik an der Vorsitzführung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)


Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler¦ (fortsetzend): Herr Präsident! An Ihrer Stelle würde ich heute sehr selbstkritisch mit den Unterschriften dieser ...


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Herr Abgeordneter! Ich rufe Sie zum ersten Mal zur Ordnung! (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Sie sind kein Präsident, Sie sind ein ...!) – Herr Abgeordneter Dkfm. Bauer! Ihnen erteile ich keinen Ordnungsruf, denn das zahlt sich nicht aus. – Bitte setzen Sie fort, Herr Abgeordneter Mag. Stadler. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)


Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler¦ (fortsetzend): Herr Präsident! Sie zeigen heute, wie Sie die Unterschriften dieser Bürger mißachten. Sie zeigen heute, daß Ihnen – ganz im Verein mit Ihrer eigenen Fraktion – Kinderschändung in Wirklichkeit kein Anliegen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Grabner: Wo ist denn der Haider? Wo ist denn der Haider? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

211 000 Unterschriften sind es Ihnen nicht wert, über Kinderschändung an prominenter Stelle zu debattieren, sondern erst zu mitternächtlicher Stunde, wenn kein Medienvertreter mehr im Hause ist. (Abg. Leikam: Ist der Haider auch dieser Ansicht? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.) Daher verlangen wir, daß über diese Problematik zu Beginn der ersten Sitzung dieses Hauses am heutigen Tag debattiert wird. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler begibt sich zum Präsidenten und überreicht ihm eine Petition mit den Worten: Herr Präsident! Ich mache von meinem verfassungsmäßigen Recht Gebrauch, Ihnen eine Peti­tion zu überreichen!)

9.15


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Über den Antrag, den Herr Abgeordneter Stadler soeben gestellt hat, nämlich die Tagesordnung zu ergänzen, wird am Ende dieser Debatte abgestimmt werden.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte. (Abg. Dr. Karlsson: Wo ist der Führer? – Abg. Dr. Nowotny: Wo ist der Haider? – Abg. Grabner: Wo ist denn der Haider? – Abg. Leikam: Alles Ablenkungsmanöver! Gaunerpartei!)

9.15


Abgeordneter Dr. Peter Kostelka¦ (SPÖ): Herr Mag. Stadler! Meine Damen und Herren von der freiheitlichen Fraktion! (Abg. Dr. Karlsson: Wo ist denn der Führer? – Rufe bei der SPÖ: Wo ist der Rosenstingl?) Der Antrag, den Sie gestellt haben, und die Aktion, die Sie hier gesetzt haben, sind nur allzu durchsichtig. Jene Fraktion, die bei der Verjährungsfrist im Zusammenhang mit sexuellem Mißbrauch von Kindern eine schwächere Regelung durchsetzen wollte und der es mit dem Scheinargument der Rechtssicherheit darum gegangen ist, noch gestern im Ausschuß eine kürzere Verjährungsfrist zu beschließen (Abg. Dr. Graf: Aber ist doch gar nicht wahr!), hat es im Augenblick sehr eilig, diese Frage im Plenum des Nationalrates zu diskutieren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Leikam: Das hätte ich schon gerne gehabt, daß der Hauptakteur da ist!)

Herr Kollege Stadler! Sie haben einen öffentlich bekannten Kindesmißhandler mit dem Hinweis: Lassen Sie diesen alten Mann in Ruhe!, verteidigt, als bereits bekannt war, daß untersuchungs­würdige Tatbestände vorliegen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Rufe bei der SPÖ: Pfui! Pfui! – Abg. Leikam: Ein freiheitlicher Funktionär!)

Die Doppelbödigkeit Ihrer Moral wird im Zusammenhang mit dem Aktionismus nur allzu deutlich. (Ruf bei den Freiheitlichen: Kennen Sie den Herrn Mühl?) Ihnen geht es nicht darum, ein rascheres Inkrafttreten dieser Bestimmung zu erreichen. Mit Ihrer Zustimmung tritt das, was heute beschlossen wird, am 1. Oktober und keine Stunde früher in Kraft, weil die entsprechende Legisvakanz für die Umsetzung durch die Gerichte notwendig ist.

Ihnen geht es nur um folgendes: sicherzustellen, daß der Antrag auf ein Verfahren zur Mandats­aberkennung beim Verfassungsgerichtshof Ihres Abgeordneten Rosenstingl nicht heute nach­mittag, sondern irgendwann mitten in der Nacht diskutiert wird. (Abg. Leikam: Jawohl, so ist es!) Das ist eine durchsichtige Argumentation. Wir werden daher dem Antrag nicht zustimmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.17


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. Gleiche Rede­zeit. – Bitte. (Rufe: Wo ist der Haider? Wo ist der Haider?)

9.17


Abgeordneter Dr. Andreas Khol¦ (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Volks­partei lehnt entrüstet jegliche Art von Kindesmißbrauch und jegliche Art von Begünstigung von Kindesmißbrauch entschieden ab und bedauert alle Opfer zutiefst. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Jung: Dann tun Sie was!)

Ich unterstelle keiner Fraktion in diesem Haus, daß sie diese Meinung nicht teilt. Ich kenne keinen Abgeordneten in diesem Haus, in keiner Fraktion, der sich in irgendeiner Weise mit Kin­derschändern solidarisieren würde und der diese Verbrechen an unseren Kleinsten und Schutz­bedürftigsten nicht mit Entschiedenheit ablehnen würde. (Beifall bei ÖVP, SPÖ sowie beim Libera­len Forum.)

Wir haben die Vereinbarung getroffen, daß wir in dieser ersten Sitzung heute die Causa Rosen­stingl abhandeln. Diese Vereinbarung ist von den Freiheitlichen aus taktischen Gründen abge­sagt worden. (Abg. Mag. Stadler: Die Regierungsparteien waren das, nicht wir!) Wir haben eine Dringliche Anfrage bezüglich der Maut in Tirol eingebracht, die für uns eine wichtige Frage ist. (Abg. Mag. Stadler: Sie haben wie üblich ein schlechtes Erinnerungsvermögen!) Wir werden heute mit Entschiedenheit und Entschlossenheit aber auch all jene gesetzlichen Maßnahmen so treffen, daß diese zum frühestmöglichen Zeitpunkt Geltung erlangen können, um gegen den Kindesmißbrauch aufzutreten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Herr Kollege Stadler! Wie ernst Ihnen diese Angelegenheit ist, bezeugt die Tatsache (Abg. Mag. Stadler: 211 000 Unterschriften bezeugen das!), daß Ihr Klubobmann es vorgezo­gen hat, heute in den Vereinigten Staaten zu weilen und nicht hier zu sein. (Abg. Leikam: Saue­rei! Schweinerei! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Ich glaube, daß die Öffentlichkeit ein Recht darauf hat, zu erfahren, daß für Sie diese Angele­genheiten und das Parlament nur ein Spiel und keine ernste Angelegenheit sind. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.19


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Leikam für den Ausdruck „Saue­rei“ einen Ordnungsruf.

Am Wort ist Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. – Bitte.

9.20


Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich halte es für völlig verrückt, daß wir hier einander versichern müssen, alles tun zu wollen, um gegen Kindesmißbrauch aufzutreten. Ich schließe mich der Meinung des Herrn Ab­geordneten Khol an, daß dies wohl außer Streit steht. (Beifall beim Liberalen Forum, bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich habe daher auch gar nicht die Absicht, eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung für eine derartige Debatte zu nutzen, weil ich das nicht nur für mißbräuchlich halte (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was ist bei dir „mißbräuchlich“?), sondern auch für pharisäerhaft. (Beifall beim Liberalen Forum, bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich bin wirklich entsetzt (Abg. Mag. Stadler: Über Kindesmißbrauch bin ich entsetzt, nicht über das, was Sie zum besten geben!), daß es kein Thema gibt – und sei es noch so ernst und tief­greifend wie gerade dieses –, bei dem sich die Freiheitlichen nicht davor scheuen, es für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. (Beifall beim Liberalen Forum, bei SPÖ und ÖVP sowie bei Ab­geordneten der Grünen.)

Es kann niemanden geben, der das ernst nimmt. Es kann niemanden geben, der glaubt ... (Abg. Mag. Stadler: Wo waren Sie gestern im Justizausschuß, Frau Kollegin Schmidt?) – Ich habe nicht die Absicht, mich mit Ihnen auseinanderzusetzen. Wir werden diesem Antrag selbst­verständlich nicht zustimmen! (Beifall beim Liberalen Forum, bei SPÖ und ÖVP.)

9.21


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte. (Abg. Mag. Barmüller: Der hat es notwendig!)

9.21


Abgeordneter Dr. Michael Krüger¦ (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ganz einfach unrichtig, hier zu behaupten, daß außer Streit gestellt wird, daß alle Fraktionen in diesem Haus alle erdenklichen Maßnahmen gegen Kinderschändung ergrif­fen. Ich frage mich, was Sie dazu bewegt, schon derart abgehoben zu agieren, daß Sie den Wünschen der Bevölkerung, die Frage der Kinderschändung umfassend zu diskutieren, ganz einfach nicht nachkommen und diese Debatte an den Schluß der Verhandlungen setzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Schmidt! Da hier von Scheinheiligkeit die Rede war, muß ich Ihnen schon einmal in aller Öffentlichkeit vorhalten (Abg. Mag. Barmüller: Krüger, nicht du! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), daß Sie als Justizsprecherin des Liberalen Forums kein einziges Mal eine Sitzung des Justizausschusses besucht haben – und hier vergießen Sie Krokodilstränen! Das ist eine Scheinheiligkeit und eine Doppelmoral der Sonderklasse! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Thema ist Ihnen unangenehm. (Abg. Dr. Karlsson: Wo ist der Führer? – Weiter Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Jeder, der gestern im Justizausschuß war, konnte das schlechte Gewissen in den Augen der Abgeordneten der Koalitionsparteien erkennen. (Abg. Mag. Barmüller: Krüger, du hast selber dagegen gestimmt, als es darum gegangen ist, Schutzmechanismen für Familien vorzusehen!) Denn Sie sind dafür verantwortlich, daß Kinderschänder, die heute minderjährige und unmündige Kinder zu Tode malträtieren, nicht mit lebenslanger Strafe bedroht werden! Sie sind dafür verantwortlich! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Ober­haidinger.)

Herr Kollege Jarolim, der neue Justizsprecher der SPÖ, hat gestern gesagt, daß es bei einer Rückfallsquote zwischen 60 und 80 Prozent durchaus diskussionswürdig ist, eine lebenslange Führungsaufsicht für Kinderschänder zu verlangen. Aber eine Abstimmung darüber wurde nicht zugelassen. – So schaut es in diesem Hohen Haus aus! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie streuen der Bevölkerung Sand in die Augen. Wenn Sie sagen, daß Sie für eine Verdoppe­lung der Strafdrohung eintreten, ist das nicht richtig, weil Sie lediglich einen bestehenden Miß­stand beseitigen, aber alle anderen Strafdrohungen für Delikte gegen die Sittlichkeit von Kindern nicht verschärfen wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Leikam: Sagen Sie etwas über den Rosenstingl!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Thema ist so wichtig ... (Abg. Dr. Mertel: Wo ist der Herr Haider?) – Frau Mertel! Sie haben es notwendig. 210 000 Unterschriften sind für ein massives Auftreten gegen Kinderschändung gesammelt worden, und dann stellt sich der Klub­obmann der ÖVP, Dr. Khol, zum Rednerpult und sagt, es wäre viel wichtiger, über die Maut zu diskutieren, und nicht über Fragen der Verschärfung des Strafausmaßes bei Kinderschändung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin! Sind Ihnen die Beispiele, die tagtäglich in den Zeitungen stehen, nicht Warnung genug, daß in Österreich alles zu unternehmen ist, um die Strafen zu verschärfen? (Abg. Dr. Nowotny: Wir sind ja da, wir nehmen es ja ernst! Nur der Herr Haider nimmt es nicht ernst!) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Rückfallsrisiko haben nach Ihrer Geset­zes­vorlage nicht der Rückfallstäter, sondern die Gesellschaft und die unmündigen Kinder zu tra­gen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Wo ist der Herr Haider bei diesem wichti­gen Thema?)

Meine Damen und Herren! Das Restrisiko, ob sich jemand, der schon mehrfach verurteilt wurde, wider Erwarten im Gefängnis bekehren läßt und dann keine Kinderschändungen mehr begeht oder aber erneut zum Täter wird, bleibt bestehen. Dieses Restrisiko lassen Sie nach wie vor die Kinder in Österreich tragen. Ich habe gestern im Justizausschuß gesagt – dazu stehe ich; es mag in Zeiten wie diesen vielleicht archaisch klingen, dies zu verlangen –, daß Kinderschänder weggesperrt gehören. Wir bekennen uns dazu, daß diese weggesperrt gehören. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.25


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Gleiche Rede­zeit.

9.25


Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic¦ (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Ab­geordneter Krüger! Nein, dieses Thema ist diesem Haus nicht unangenehm. Ich bin sehr froh darüber, daß spät, aber doch eine im Prinzip schon lange akkordierte Neuregelung im Sinne eines besseren Schutzes der Opfer zustande kommt.

Herr Abgeordneter Krüger! Was unangenehm ist, ist Ihr Auftreten, ist diese Art des Redens, ist diese Verzerrung von Tatsachen. Sie wissen offenbar über diese Sache sehr wenig Bescheid. Es gibt vorbeugende Maßnahmen. Es gibt neben dem System der Strafen bei gefährlichen Rückfallstätern, bei geistig abnormen Rechtsbrechern ein Instrumentarium von vorbeugenden Maßnahmen. Sie wollen hier bewußt ein Spektakel inszenieren. (Beifall bei den Grünen, bei SPÖ und ÖVP.)

Sinn dieses Spektakels ist zweierlei. Zum einen gibt es eine einzige Partei in diesem Hohen Haus, die gerade auch im Zusammenhang mit dem Thema Pornographie selbst Belastungen auf sich geladen hat. (Abg. Leikam: So ist es!) Es waren zwei amtierende niederösterreichische Abgeordnete der Freiheitlichen Partei aus dem Bezirk Ternitz, die als Pornodarsteller aufgetre­ten sind. (Ah-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Mühl! Mühl! Ihre Gesinnung!)

Es war ein gewisser Herr Rumpold, der einen oberösterreichischen Anwalt sexuell tätlich attackiert hat und in erster Instanz dafür verurteilt wurde. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheit­lichen.) Und es war ein geschäftsführender Klubobmann Stadler, der einerseits eine Kartei der bloß Verdächtigen verlangt hat, sich andererseits aber immer wieder, gerade wenn Verdachts­momente auch gegen prominente Leute aus der katholischen Kirche aufgekommen sind, dage­gen verwahrt hat, wenn eine Untersuchung verlangt wurde. So viel Inkonsequenz an einem Platz ist wohl einzigartig! (Beifall bei den Grünen, bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Der zweite Grund dafür, daß Sie heute in diesem Haus in dieser Art und Weise eine Debatte führen – und in dieser Materie wird es heute zu einer Beschlußfassung kommen –, ist der, daß Sie von der Causa Rosenstingl ablenken wollen. Sie versuchen dies mit Paketen von Unter­schriften und dergleichen mehr. Die Unterschriften werden entgegengenommen werden, und die Materie wird heute erledigt werden. Sie mißbrauchen diese Auftritte, um von der Causa Rosen­stingl abzulenken! (Abg. Mag. Stadler: Aber geh! Aber geh!)

Wissen Sie, ich halte das wirklich ... (Abg. Mag. Stadler: Der interessiert schon niemand mehr! Außer Ihnen interessiert der keinen mehr!) – Ich denke schon, daß er viele interessiert. Vor allem, wenn Ihre Partei den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern Schaden zufügt, wenn Sie in Ihrem eigenen Bereich, dort, wo Ihre politische Verantwortung im ureigensten Sinn gegeben gewesen wäre, versagt haben, dann werfe ich Ihnen meiner Meinung nach mit Fug und Recht vor, daß Sie die Kindesmißbrauchsdebatte mißbrauchen, um von Ihrem Mißbrauch öffentlicher Gelder und von Ihrem Mißbrauch des Begriffes der politischen Kontrolle abzulenken! (Abg. Mag. Stadler: Brennermaut! Brennermaut! – Beifall bei den Grünen, bei der SPÖ, beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.29


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Gleiche Rede­zeit.

9.29


Abgeordneter Dr. Harald Ofner¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Der Ruf von Mit­gliedern dieses Hohen Hauses: „Wo ist der Haider?” bestätigt mich in der Annahme, daß viele von Ihnen der Meinung sind: Ohne Haider geht nichts mehr in dieser Republik und damit auch nicht in diesem Parlament! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Schwimmer: Der Ofner war schon lustiger! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Es ist aber wirklich nicht verständlich: Ein Fall der professionellen Kinderschändung jagt in unse­ren Tagen den anderen. Gestern ist ein professioneller Kinderschänder in Oberösterreich zur derzeit geltenden Höchststrafe von fünf Jahren verurteilt worden. (Abg. Mag. Stadler: Danach kriegt er das Burgtheater!) Gleichzeitig ist ein ungeheuer umfangreicher und grauenhafter Fall von Kinderschändung in Holland ans Tageslicht gebracht worden, bei dem Säuglinge und Klein­kinder gefoltert, Babys vergewaltigt wurden und irgendein Beteiligter, dem man vielleicht unter­stellt, daß er die Sache den Behörden zur Kenntnis gebracht habe, ermordet wurde.

Das scheint mir in gewissem Sinne eine geographische Fortsetzung des Kinderschänderskan­dals in Belgien zu sein, der uns Jahre hindurch befaßt hat.

Vor diesem Hintergrund stellen Sie die Diskussion über dieses wichtige Thema nicht nur hinter die Problematik Rosenstingl, sondern auch hinter die Frage des Zahnersatzes zurück. Ich frage mich wirklich, was die Bevölkerung für wichtiger erachtet: daß auf diesem Sektor zu einer Tageszeit, die der Bedeutung des Anlasses entspricht, beraten wird oder daß es um die Zahn­kronen geht? (Abg. Koppler: Nein, da geht es um mehr! Da gibt es mehr Novellen! – Zwischen­ruf des Abg. Öllinger.)

Die meisten von uns werden irgendwann einmal Zahnkronen haben. Ich kann mir ja gar nicht vorstellen, daß das absichtlich geschieht, aber offenbar fehlt es an jedem Fingerspitzengefühl dahin gehend, welche Bedeutung das eine und welche das andere Thema hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Bevölkerung in Österreich ist ob der Häufung der Kinderschändungsdelikte im Lande und über seine Grenzen hinaus zutiefst beunruhigt. Man erkennt, daß es einen Zusammenhang zwi­schen den technischen – vor allem den kommunikationstechnischen – Möglichkeiten und dem Steigen der Zahl der professionellen Kinderschändungen gibt. (Abg. Öllinger: Der Anwalt der ...!) Früher hat man ja gar nicht die Möglichkeit gehabt, solch ein Geschäft daraus zu machen, wie das heute der Fall ist. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Und Ihnen ist die Diskussion darüber nicht wichtiger als die Debatte über die Zahnkronen! Sie verstehen einfach nicht, daß der Bürger ein Recht darauf hat, daß ein so wichtiges Thema hier in diesem Haus – vom wichtigsten Rednerpult der Republik aus, wie Ermacora einmal ge­sagt hat – zu einer würdigen Stunde behandelt wird und nicht erst um 2 Uhr früh, Herr Kollege Öllinger! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen noch etwas zur Problematik Rosenstingl (Abg. Öllinger: Ja, bitte!): Diese inter­essiert nur mehr einige Zeitungen und Politiker, sonst locken Sie damit keinen Menschen mehr hinter dem Ofen hervor! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich bin vor einigen Tagen Zeuge eines Wortwechsels – eines sehr freundschaftlichen Wort­wechsels – zwischen einem Mitglied dieses Hauses und einem in Wien akkreditierten Diploma­ten geworden. Das Mitglied des Hohen Hauses hat dem Diplomaten erläutern wollen, daß es heute unter anderem um Rosenstingl gehen werde, und der in Wien akkreditierte Diplomat hat gefragt: Who is Mr. Rosenstingl? – Der war überhaupt nicht informiert, worum es da geht! (Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten.)

Sie alle glauben – oder manche von Ihnen wollen es gerne so –, daß sich die Welt um Rosen­stingl dreht. Aber: Nur die Leser mancher Zeitungen glauben das, und Wunschdenken ist auch dabei – aber der Bevölkerung ist das nicht mehr wichtig! Das ist dem einen oder anderen von Ihnen wichtig! Sie verkennen, daß es für die Bevölkerung, für deren Wohl, für deren Interessen wesentlichere Themen gibt, aber Sie ziehen daraus nicht die Konsequenz bei der Zusammen­stellung der Tagesordnung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.33


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte ge­schlossen.

Wir stimmen ab über die Einwendungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag des Kollegen Stadler Folge leisten wollen, wo­nach die vom Justizausschuß fertiggestellten fünf Justizvorlagen, die er erwähnt hat, als Gegen­stand in die Tagesordnung der jetzigen Sitzung aufgenommen werden sollen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Damit gibt es keine Veränderung in der Tagesord­nung. (Abg. Mag. Stadler: Anstand gegen Mehrheit!)

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ich gebe bekannt, daß die Abgeordneten Dr. Lukesch und Ge­nossen das Verlangen gestellt haben, die am Beginn der Sitzung eingebrachte schriftliche An­frage 4717/J der Abgeordneten Dr. Lukesch, Mag. Kukacka und Genossen an den Herrn Bun­desminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Brennermaut dringlich zu behandeln.

Die Behandlung einer Dringlichen Anfrage hat nach Erledigung der Tagesordnung, spätestens aber um 15 Uhr, frühestens jedoch drei Stunden nach Eingang in die Tagesordnung stattzufin­den.

Da wir in der jetzigen Sitzung keine Tagesordnung haben und die Sitzung voraussichtlich nach der Aktuellen Stunde unterbrochen werden wird, möchte ich den Aufruf der Dringlichen Anfrage für 12.35 Uhr vorsehen. (Abg. Mag. Stadler: Zur Geschäftsbehandlung!) – Bitte, Herr Abgeord­neter.

9.34


Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler¦ (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Es ist nicht nur im Einklang mit der Geschäftsordnung, sondern auch bisher geübte Praxis gewesen, daß der Fristenlauf für die geschäftsordnungsmäßige Dreistundenfrist erst nach der jeweiligen Aktuellen Stunde zu laufen beginnt.

Daher ersuche ich Sie, die Frist von drei Stunden so zu bemessen, daß sie beginnt, wenn die Aktuelle Stunde für beendet erklärt wurde. (Abg. Schieder: Damit alles noch später ist! – Weitere Zwischenrufe.)

9.35


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Kollege Dr. Kostelka.

9.35


Abgeordneter Dr. Peter Kostelka¦ (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Wenn es eines Beweises bedurft hätte, daß es der FPÖ ausschließlich darum geht, die Entscheidung über Rosenstingl in die Nacht zu verschieben, dann hat ihn Herr Abgeordneter Stadler jetzt er­bracht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie beim Liberalen Forum.)

Die Dreistundenfrist dient ausschließlich der Vorbereitung des Regierungsmitgliedes auf die ihm gestellte Dringliche Anfrage. Es ist mir neu, daß sich die freiheitliche Fraktion um die diesbezüg­lichen Interessen der Regierungsmitglieder so viele Sorgen macht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Haben wir immer schon gemacht!)

9.36


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Khol gemeldet.

9.36


Abgeordneter Dr. Andreas Khol¦ (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Da es sich hier um eine generelle Frage handelt, Herr Präsident, verweise ich auf das, was wir in der Präsidialsitzung diesbezüglich beraten haben: Wir haben mitgeteilt, daß wir beabsichtigen, eine Dringliche Anfrage einzubringen. Es wurde von Ihnen zusammengefaßt, daß sie um 9 Uhr eingebracht und drei Stunden später durch den Herrn Minister beantwortet werden wird.

Da es keine Tagesordnung gibt, trete ich Ihren Enunziationen bei. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

9.36


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Dr. Schmidt.

9.36


Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt¦ (Liberales Forum) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ungeachtet der Tatsache, daß es Sache der Vorsitzführung ist, die Anberaumung der Dringlichen Anfrage festzusetzen, möchte ich im Einklang mit Kollegen Khol darauf verweisen – das zu hören scheint mir wichtig für die anwesenden Abgeordneten und vielleicht auch für die anwesenden Gäste –, daß diese Frage gerade im Zusammenhang mit dem Fristenlauf in der Präsidiale in Anwesenheit des Herrn Abgeordneten Stadler besprochen wurde und daß er das, was er jetzt als Wortmeldung zur Geschäftsordnung gesagt hat, in dieser Präsidiale nicht rele­viert hat. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei SPÖ und ÖVP.)

9.37


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Kollege Stadler! Wir machen immer nur eine Runde Geschäfts­behandlung (Abg. Mag. Stadler: Ich hätte nur einen Antrag zu stellen!), aber wenn Sie einen An­trag stellen wollen, dann erteile ich Ihnen das Wort.

9.37


Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler¦ (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Unter Hinweis auf § 93 Abs. 1 ersuche ich Sie – da die Frage, die heute zu klären ist, von grundsätzlicher Bedeutung ist, weil wir dann in Zukunft auch entsprechende Dringliche An­fragen bereits vor Beginn der Aktuellen Stunde einbringen werden, um sie auch entsprechend früher aufrufen zu lassen –, diese grundsätzliche Frage entweder hier im Rahmen einer Steh-Präsidiale oder in der Präsidialkonferenz klären zu lassen. (Abg. Dr. Kostelka: Zeitschinder!)

9.38


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Meine Damen und Herren! Das ist eine reine Rechtsfrage, und ich möchte dazu folgendes sagen: Die Geschäftsordnung möchte, daß Dringliche Anfragen so früh wie möglich verhandelt werden – daher nicht erst nach Erledigung der Tagesordnung, son­dern spätestens um 15 Uhr.

Wir haben aber im Geschäftsordnungskomitee Übereinstimmung dahin gehend erzielt, daß das befragte Regierungsmitglied eine Mindestfrist für die Vorbereitung haben muß, und diese Frist haben wir mit drei Stunden festgesetzt. – Diese beiden Aspekte müssen wir behandeln.

Normalerweise gibt es Dringliche Anfragen in Sitzungen, die mit einer Tagesordnung ausgestat­tet sind, und es ist während der Zeit zwischen der Eröffnung der Sitzung und dem Eingang in die Tagesordnung möglich, Dringliche Anfragen einzubringen. Die Möglichkeit, eine Dringliche An­frage einzubringen, endet mit dem Eingang in die Tagesordnung.

Da wir in der jetzigen Sitzung keine Tagesordnung haben, endet die Möglichkeit, eine Dringliche Anfrage einzubringen, mit dem Ende dieser ersten Sitzung. Die Dringliche Anfrage liegt aber schon vor, und es gibt daher wirklich gute Gründe, zu sagen: Behandlung zum frühestmöglichen Zeitpunkt, aber eben nach Ende der Mindestfrist von drei Stunden.

Es kommt noch hinzu, daß eine andere Auslegung zur Folge hätte, daß das Thema Strafrechts­reform, dessen Dringlichkeit gerade betont wurde, um weitere ein oder zwei Stunden später verhandelt werden würde. – Aber das ist eine materielle Frage, und das ist für mich kein Ent­scheidungsgesichtspunkt.

Wichtig ist mir, daß wir in der Präsidialsitzung folgendes festgelegt haben: „Nach Wiederauf­nahme der 136. Sitzung wird mit der Behandlung einer (allenfalls eingebrachten) Dringlichen An­frage fortgesetzt. (Der Präsident verweist darauf, daß für diese Sitzung zunächst keine Tages­ordnung vorgesehen wurde, und regt daher an, als Beginn der dreistündigen Frist gemäß § 93 Abs. 1 GOG nicht den „Eingang in die Tagesordnung“, sondern die „Einbringung der Dringlichen Anfrage“ anzunehmen, sofern nicht als Ergebnis von Einwendungen gemäß § 50 GOG doch noch eine Tagesordnung zustande kommt.)“ – Darüber haben wir abgestimmt. Es ist keine Tagesordnung zustande gekommen.

Ich möchte folgendes vorschlagen: Ich nehme mir vor, die unterbrochene Sitzung, wie gesagt, um 12.35 Uhr wiederaufzunehmen. Ich enunziere aber jetzt nicht den Beginn der Verhandlung der Dringlichen Anfrage für diesen Zeitpunkt, obwohl das diesem Protokoll entsprechen würde, weil wir uns ohnehin heute noch eine Präsidialsitzung nach Schluß der Haussitzung vorgenom­men haben. Wir können dann darüber noch einmal nachdenken, und wenn wir zu einer von diesem Präsidialprotokoll abweichenden Meinung kommen, dann werden wir dementsprechend vorgehen.

Das heißt, es wird jetzt in die Aktuelle Stunde eingegangen, und es besteht die Absicht, die Sit­zung zum genannten Zeitpunkt, nämlich um 12.35 Uhr, wiederaufzunehmen. Die Enunziation über den Zeitpunkt der Behandlung der Dringlichen Anfrage behalte ich mir vor. Damit ist Gele­genheit gegeben, darüber in der Präsidiale zu sprechen.

Aktuelle Stunde


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wir kommen jetzt zur Aktuellen Stunde. Das Thema lautet:

„Europafit durch Flexibilisierung – Arbeit für mehr Menschen“

Zu Wort gemeldet ist Frau Dr. Schmidt. – Bitte sehr.

9.41


Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesmini­ster! Hohes Haus! Die Liberalen haben die heutige Aktuelle Stunde zum Thema „Europafit durch Flexibilisierung – Arbeit für mehr Menschen“ beantragt, weil wir glauben, daß die Aktualität dieses Themas aus mehreren Gründen gegeben ist: einerseits aufgrund der innerösterreichi­schen Situation, aufgrund der mangelnden Fortschritte in Richtung Flexibilisierung, in Richtung Reformierung verschiedenster Arbeitszeit- und vergleichbarer Gesetze, andererseits aber vor allem auch deshalb, weil Österreich derzeit die Präsidentschaft im EU-Rat innehat. Wir meinen, daß diese Präsidentschaft ein Ausmaß an Chance einerseits, aber auch an Risiko andererseits in sich birgt, sodaß hier in diesem Hohen Haus eine Abwägung erfolgen sollte.

Ich weiß nicht, wer von Ihnen den Bericht in CNN über die Übernahme der Präsidentschaft durch Österreich gesehen hat. Es war dies ein Bericht, der das alte Klischee Österreichs in einer Form fortgeschrieben und festgeschrieben hat, wie es uns und, wie ich hoffe, manchen von Ihnen auch nicht angenehm sein kann. Es geht jetzt nicht darum, daß man gewichtet, wie wich­tig unsere traditionellen Kulturereignisse sind, ich meine aber, daß es bedauerlich ist, wenn nur eine Seite Österreichs gezeigt wird und man so tut, als wären wir irgendwann einmal – liebens­wert, soll sein – irgendwo steckengeblieben.

Das ist eine formale Seite, wenn Sie so wollen, aber es besteht das Risiko, daß dieses Stecken­gebliebensein, diese Art des Zudeckens, diese Art der Behübschung weiterhin unsere Visiten­karte bleibt, wenn so vorgegangen wird, wie das die österreichische Koalitionsregierung jetzt bei den ersten beiden informellen Ministertreffen schon getan hat. Sie brauchen sich nur die Pro­grammgestaltung anzuschauen. Frau Ministerin, ich muß das auch über die Programm­gestaltung der Sozial- und FrauenministerInnen sagen.

Aber noch ärger ist die Programmgestaltung der Umweltminister. Ich habe mir die reine Arbeits­zeit ausgerechnet: Von den zweieinhalb Tagen der Zusammenkunft, die jetzt in Graz stattfindet, sind fünfeinhalb Stunden Arbeitszeit. Nun bin ich weit davon entfernt, nicht auch andere Dinge wie Öffentlichkeitsarbeit als Arbeit zu bewerten, aber wenn Sie sich anschauen, wieviel Zeit auf­gewendet wird, um Sachprobleme zu diskutieren, und wieviel Zeit der Herr Umweltminister auf­wendet, um sich selbst zu inszenieren und um die „Arbeit“ – unter Anführungszeichen – dieser Bundesregierung zu inszenieren, so erkennen Sie eine Verzerrung, die unerträglich ist und die zu einem Image Österreichs beiträgt, das sich eben von der Behübschung, von der Ablenkung nicht weiterentwickelt hat.

Das heißt: Ablenkungsmanöver, zudecken, schöne Worte, schönen Rahmen schaffen. Das ist das, was übrigbleiben wird, und deshalb meine ich, daß wir jetzt und nicht im nachhinein, wenn wir es dann beklagen werden, darüber reden sollten, wie diese Chance anders genützt werden könnte. Auf diese Weise wird ja ein solcher Arbeitsstil auch offenkundiger, als er es bislang war, denn bisher haben nur wir davon gewußt, aber jetzt werden es dann alle wissen, nämlich durch den Transport über die Medien, ob es nun Printmedien oder elektronische Medien sind.

Ich denke, daß das aber auch eine Chance wäre, die wir für unser Image nach außen wie nach innen ergreifen müßten; nach außen, weil die Reputation, die wir jetzt erwerben, auch unseren Stellen­wert und daher unser Gewicht in der Europäischen Union maßgeblich bestimmt, und nach innen, weil wir die richtigen Weichen stellen müssen. Reputation können wir nur erwerben, wenn wir klare Positionen beziehen, aber nicht nur in Form von Bekenntnissen, Frau Minister, denn die Bekenntnisse stehen uns allen bis hier heroben.

Wir haben erst kürzlich erlebt, wie es ist, wenn man sich mit Bekenntnissen begnügen möchte, wie zum Beispiel beim Artikel 7 – Sie wissen, wovon ich rede –, wo in dieser Koalitionsregierung nichts anderes drinnen war als ein laues Bekenntnis zur Gleichbehandlung. Bitte, wer bekennt sich nicht zur Gleichbehandlung? Der Widerstand dagegen, sie als Aufgabenstellung zu definie­ren, zeigt, daß man sich ganz bewußt auch für die Zukunft auf das Lippenbekenntnis zurück­ziehen will. Daher sind auch jene Bekenntnisse, von denen Sie gesprochen haben, meiner Mei­nung nach nicht viel mehr wert als das Papier, auf dem sie stehen, denn in der Sache selbst ändert sich nichts. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Daher muß Handlungsfähigkeit bewiesen werden. Wenn aber die Handlungsfähigkeit darin liegt, daß Herr Bartenstein jetzt nicht mehr „Kinderbetreuungsscheck“, sondern „Kinderbetreuungs­geld“ sagt und meint, dieses wäre insbesondere Frauen betreffend ein Beitrag zur Arbeitsmarkt­politik, dann schaut es schlecht aus, denn das ist ja nichts anderes, als daß er die Frauen dafür bezahlen will, daß sie nur ja zu Hause bleiben und somit den angespannten Arbeitsmarkt ent­lasten. (Beifall beim Liberalen Forum und bei der SPÖ.)

Das sind offenbar die Weichenstellungen, die sich die ÖVP vorstellt. Die Kammerpartei ÖVP denkt nicht daran, die Zügel zu lockern oder gar loszulassen, um Arbeitsplätze zu schaffen, son­dern zieht nach ihrer Vorstellung lieber die Zügel an, denn der Kammerstaat, von der ÖVP domi­niert, soll bestehen bleiben, also schaut sie lieber, daß die anderen draußen bleiben, und in dem Fall sind das die Frauen. Die Frauen sind es auch deshalb, weil es Realität ist – ich muß eigent­lich diese Zahlen nicht noch einmal wiederholen, denn sie sind bekannt –, daß die Arbeits­losigkeit der Frauen EU-weit um 12 Prozent höher ist als jene der Männer und daß die Beschäf­tigungsquote um 20 Prozent geringer ist.

Nun sage ich noch etwas zur Beschäftigungsquote. Ich weiß, daß sie jetzt gestiegen ist, nur muß man auch wissen, wie sie gestiegen ist und warum sie gestiegen ist. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.) Und was mich an den Statistiken in diesem Zusam­menhang, aber auch im Zusammenhang mit unserer Arbeitslosigkeit schlechthin so stört, ist, daß man die Augen vor unserem Pensionssystem verschließt, davor, welche Praxis wir haben, was das Gleiten in die Frühpension betrifft.

Wir leben heute – man kann das alles nachlesen – um vier Jahre länger, wir arbeiten um acht Jahre weniger, und wir erhalten um neun Jahre länger unsere Pension. Das ist die Situation, von der durch Statistiken abgelenkt wird, wenn es heißt, daß wir insgesamt in Europa ganz gut da­stehen.

Ich weiß, wenn ich dann von Arbeitszeitflexibilisierung reden werde, daß all das Langzeitprojekte sind, aber es gibt konkrete Dinge, die jetzt zu machen wären, und zwar Anreize für Unterneh­mensgründungen zu schaffen, Anreize dafür zu geben, daß auch dort Arbeitsplätze geschaffen werden – und ich sage jetzt noch dazu: mit einer zusätzlichen Qualifikation zum Beispiel für Frauen Arbeitsplätze zu schaffen. Das geht nur über steuerliche Anreize, und daher müßte dies Teil einer Steuerreform sein. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das geht nur, indem wir die Stärkung des Eigenkapitals forcieren. Es geht um die Besteuerung nichtentnommener Gewinne, es geht insgesamt um die Besteuerung, darum, daß Fremdkapital nicht bessergestellt ist als Eigenkapital. Das ist ein alter Hut, ich weiß es, aber das ist kein Lang­zeitprojekt, sondern das ist sofort umsetzbar. Das heißt, es wäre umsetzbar, wenn jene Steuer­reform, von der schon so lange geredet wird, in die Tat umgesetzt werden würde. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Erster konkreter Punkt: Steuerreform. Es ist mir völlig klar, daß diese Steuerreform nur dann funktionieren kann, wenn die Ausgabenseite des Staates reduziert wird. Auch das ist ein alter Hut, eine Binsenweisheit, nur: Das Darüberreden nützt nichts, wenn keine konkreten Maßnah­men getroffen werden. Das bedeutet aber auch Bürokratieabbau. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Da wende ich mich wieder an die ÖVP: Ihre Gewerbeordnungsnovellen haben den Titel Reform nie verdient. Wir brauchen eine radikale Reform der Gewerbeordnung, um auf diese Weise den Einstieg ins selbständige Berufsleben direkt zu ermöglichen.

Ich komme aber schon zum Schluß: Frau Ministerin! Die Arbeitszeitverkürzung, wie sie unter anderem vom Herrn Präsidenten forciert wird – Sie haben die 35-Stunden-Woche in Ihrer „Pressestunde“ durchaus differenzierter betrachtet –, muß meiner Meinung nach anders stattfin­den. Sie muß in einem Lebensverlauf stattfinden. Das heißt, es muß möglich sein, Zeitspar­konten zu errichten, Zeitsparkonten für Karenzen, für Bildungsfreistellungen, für Pflegefreistel­lungen. (Abg. Verzetnitsch: Das haben wir beschlossen!) – Aber nicht generell. Wir brauchen eine ganz andere Flexibilität und Möglichkeit ... (Abg. Verzetnitsch: Sie haben es mitbeschlos­sen!) – Unausreichend, wie Sie wissen.

Dazu – das ist meine letzte Bemerkung – muß man noch etwas sagen: Eine Diskussion, die noch lange dauern wird, die Sie aber bisher in der Sache selbst verweigert haben, ist notwendig, um die Arbeitszeitverkürzung auch lebbar zu machen. Wir haben nichts davon, wenn sie nur auf dem Papier steht, sie muß lebbar sein. Und für die Lebbarkeit brauchen wir eine Grundsiche­rung. Diese Grundsicherung – das ist meine feste Überzeugung – ist eine der wesentlichsten Weichenstellungen (Beifall beim Liberalen Forum), und zwar nicht nur, um den sozialen Zusam­menhalt einer Gesellschaft zu gewährleisten, sondern auch, um eine andere Verteilung der Arbeit zu ermöglichen, denn das Ziel muß sein: Arbeit für mehr Menschen! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

9.52


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zum Gegenstand zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundes­ministerin. – Bitte, Frau Bundesministerin.

9.52


Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch¦: Sehr geschätz­ter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, zu dem Thema, das das Libe­rale Forum zum Gegenstand dieser Aktuellen Stunde gemacht hat, aus meiner Sicht Stellung zu nehmen und einige Positionierungen dazu einzubringen, wobei ich mich auf den Bereich, der sich mit der Arbeitszeit befaßt, konzentrieren möchte.

Die Frau Abgeordnete hat sehr viele Themen ausführlich angesprochen, wobei jedes für sich wesentlich mehr Zeit erfordern würde, um darauf vertiefend einzugehen. Ich glaube, es wäre un­befriedigend, nur kursorisch zum einen oder anderen Punkt, angefangen bei der Steuer- bis zur Gewerbeordnung, Position zu beziehen. Daher bitte ich um Verständnis dafür, daß ich versu­chen möchte – um auch konkreter zu sein –, mich auf einen Themenbereich bezüglich der Frage Flexibilisierung zu konzentrieren.

Europa steht an der Schwelle zum dritten Jahrtausend vor großen Herausforderungen. In der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt sind Entwicklungen im Gange, die nach neuen Denk­mustern und nach zeitgemäßen Strategien verlangen. Die Internationalisierung der Produktions­weisen und neuartige technologische Entwicklungen machen auch vor der heimischen Industrie, vor der heimischen Wirtschaft und vor dem österreichischen Arbeitsmarkt nicht halt. Die öster­reichische Wirtschaft und der heimische Arbeitsmarkt müssen sich den neuen Rahmenbedin­gungen stellen. Alte Denkmuster sind kritisch zu hinterfragen, alteingesessene Traditionen zu überdenken.

17 Millionen Arbeitslose in Europa und über 200 000 in Österreich sind kein Ruhekissen. Be­schäftigung zu erhalten und neue Arbeitsplätze zu schaffen muß daher unser zentrales poli­tisches Credo in allen Politikbereichen sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! In diesem Bemühen müssen wir auch für neue Modelle der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit offen sein. Damit aber gleichzeitig auch grundle­gende soziale Standards über Bord zu werfen, wäre meiner Überzeugung nach und, ich glaube, auch vieler, die hier im Raum sind, mit Sicherheit der falsche Weg. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Feurstein.)

Es ist unleugbar, daß für die Konkurrenzfähigkeit der österreichischen Wirtschaft im internatio­nalen Wettbewerb neue Arbeitszeitmodelle wichtig sind, die sowohl die Bedürfnisse der einzel­nen Betriebe als auch die Interessen der Arbeitnehmer berücksichtigen. In diesem Sinne möchte ich klar und deutlich feststellen: Eine Flexibilisierung ist nur dann annehmbar, wenn sie keine Einbahnstraße ist. Neue Ansätze müssen gleichermaßen Arbeitgebern und Arbeit­nehmern zugute kommen.

Österreich ist mit dem Arbeitszeitgesetz 1997 den neuen Anforderungen offensiv begegnet, sehr geschätzte Frau Abgeordnete! In diesem Gesetz haben wir Modernität und sozialen Schutz in einer, wie ich glaube, sehr guten Form zusammengeführt. Derzeit können zum Beispiel mittels Kollektivvertrag langfristige Durchrechnungen der Normalarbeitszeit zugelassen werden. Damit wären auch Jahresarbeitszeitmodelle und sogar Modelle, die über eine Jahreszeit hinausgehen, möglich.

Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, daß zum Beispiel in der eisen- und metallverarbei­tenden Industrie, aber auch in zahlreichen anderen Wirtschaftsbereichen eine wesentliche Flexi­bilisierung der Arbeitszeit stattgefunden hat. Nunmehr liegt es an den Betrieben, für ihre Bedürf­nisse – unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Arbeitnehmer – maßgeschneiderte Arbeits­zeitmodelle zu entwickeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wurde aus diesem Grunde festgelegt, daß die Durchrechnungsmodelle mittels Kollektivver­träge zugelassen werden müssen, da auf diesem Weg die Gegebenheiten der jeweiligen Branche am besten geregelt werden können.

Darüber hinaus stellt das Gesetz den Grundsatz auf, daß Arbeitszeitmodelle umso flexibler sein können, je längere zusammenhängende Freizeiträume für die Arbeitnehmer und Arbeitnehme­rinnen entstehen.

Und schließlich wurde die grundlegende Regelung getroffen, daß die Arbeitszeit zu vereinbaren ist und Abweichungen nur in Sonderfällen – und auch dann nur mit einer entsprechenden Voran­kündigungsfrist – möglich sind.

Dadurch wurde sichergestellt, daß die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ihre familiären und sozialen Interessen mit ihrer Berufstätigkeit vereinbaren können und sogar, so möchte ich aus der Praxis sagen, besser vereinbaren können. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Feur­stein.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Nicht nur die betriebliche Arbeitszeit, sondern auch das Arbeitsleben wird in Zukunft immer flexibler gestaltet werden. Phasen der Erholung und der Weiterbildung sind nicht nur für das berufliche Fortkommen wichtig, sondern schaffen auch Arbeitsplätze für Arbeitslose. Einen wichtigen Beitrag dazu lieferte das Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 1997. Dieses hervorragende Gesetz wurde in diesem Hause beschlossen und enthält Regelungen über die Bildungskarenz, die Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgeltes, das Solidaritätsprämienmodell sowie auch neue Möglichkeiten zur Herabsetzung der Normal­arbeitszeit.

Mit diesen Modellen zur Umverteilung der Arbeit werden neben beschäftigungspolitischen auch gesellschaftspolitische Ziele verfolgt. Ich würde mir wünschen, sehr geschätzte Damen und Herren, daß diese Optionen, diese Angebote noch offensiver und noch mehr genützt werden, und ich bitte Sie in diesem Zusammenhang auch um Ihre Unterstützung. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Regelungen eröffnen Optionen. Und es ist wichtig, darauf hinzuweisen, daß diese Möglich­keiten der flexiblen Gestaltung der Lebensarbeitszeit auf freiwilliger Basis in Anspruch genom­men werden sollen und müssen, weil, wie ich glaube, nur so die Akzeptanz dieser Modelle gegeben sein wird. Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen wird es ermöglicht, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, und das frei werdende Arbeitsvolumen steht dann arbeitsuchenden Menschen zur Verfügung.

Flexibilisierung kann jedoch keinesfalls bedeuten, daß Arbeitnehmerschutznormen aufgeweicht oder womöglich sogar abgeschafft werden. Allen derartigen Vorstößen – dies wurde in diesem Haus bereits mehrfach betont – müßten wir gemeinsam entgegentreten.

Der Schutz der Arbeitnehmer vor einer übermäßigen Inanspruchnahme der Arbeitskraft und vor gesundheitlichen Schäden muß stets Priorität haben. Zu diesen schutzwürdigen Interessen zählt auch die Wochenend- und insbesondere die Sonn- und Feiertagsruhe.

Mit der letzten Novelle zum Arbeitsruhegesetz wurde es zwar ermöglicht, daß durch Kollektivver­trag Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe zugelassen werden, solche Ausnah­men sind jedoch nur dann erlaubt, wenn dies zur Verhinderung eines wirtschaftlichen Schadens, eines Nachteils, sowie zur Sicherung der Beschäftigung unbedingt notwendig ist.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Wir hatten Bedenken, wie die Akteure mit dieser neuen gesetzlichen Regelung umgehen werden. Aufgrund meiner bisherigen Erfahrung kann ich sagen, daß die Sozialpartner mit diesem Regelungsinstrument sehr verantwortungsbewußt um­gegangen sind und Ausnahmen nur in wenigen Fällen zugelassen haben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Feurstein.)

Der Grundsatz der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen bleibt als wesentliche sozialpolitische Errungenschaft unangetastet. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte abermals an diesem Ort feststellen, daß der Sonntag kein normaler Arbeitstag ist. Er dient der Erholung, er dient dem Zusammensein mit der Familie, er dient der Vertiefung von Freundschaften und damit auch dem gesellschaftlichen Zusammenhalt. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Lassen Sie mich noch ganz kurz auf die Frage der Umver­teilung von Arbeit aufgrund von Arbeitszeitverkürzung zu sprechen kommen. Wenn auch die Einschätzungen nach den möglichen Effekten auseinandergehen, so stehe ich hinter den Initia­tiven, in deren Rahmen neue Modelle – seien es die österreichischen Modelle wie in der Metall­branche oder generelle wie in Italien oder in Frankreich – umgesetzt werden können. Man sollte nicht übersehen, sehr geschätzte Damen und Herren – wir sollten unser Licht nicht unter den Scheffel stellen –, daß wir in Österreich die gleiche Regelung, die Frankreich unter dem Titel 35-Stunden-Woche anstrebt, bereits seit Jänner des heurigen Jahres haben. Ich glaube, das ist viel zu wenig bekannt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn in einem Unternehmen oder in einer Branche die Arbeitszeit zur Arbeitsplatzsicherung und Arbeitsplatzbeschaffung verkürzt wird, gibt es einen Zuschuß des Arbeitsmarktservice. Wir müssen jetzt alles unternehmen, um die rechtlichen Möglichkeiten zum Zwecke der Beschäfti­gungssicherung und der Beschäftigungsausweitung auch in der Praxis zu nutzen. Anordnung von oben, sehr geschätzte Damen und Herren, bringt wenig. Die Mitwirkung und die Akzeptanz der Akteure vor Ort, der Sozialpartner sind unverzichtbar. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Feurstein.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Wir werden im Rahmen unserer Präsidentschaft in der Europäischen Union die internationalen Erfahrungen aufmerksam verfolgen und uns diese Er­fahrungen auch zunutze machen.

Noch einmal: Flexibilisierung darf keine einseitige Sache sein. Flexibilität und Innovation sind eine neue Herausforderung, aber auch eine Herausforderung an die Unternehmerschaft, neue Produkte zu entwickeln, neue Märkte zu erschließen und damit auch dem Wirtschaftsstandort Österreich eine entsprechende Zukunft zu geben.

Sehr geschätzte Damen und Herren! In diesem Sinne möchte ich mich dafür bedanken, daß wir viele rechtliche Grundlagen geschaffen haben, um dieser Flexibilität auch in Zukunft Rechnung tragen zu können. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Feurstein.)

10.03


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke, Frau Bundesministerin.

Wir gehen in die Debatte ein. Die Redezeiten betragen jeweils 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte sehr.

10.03


Abgeordneter Dr. Volker Kier¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Das Wichtigste ist, so glaube ich, daß wir uns in bezug auf das Ziel einig sind, Frau Bundesministerin! Der Untertitel unserer Aktuellen Stunde heißt „Arbeit für mehr Men­schen“. Wir dürfen in der Diskussion nicht ausschließlich bei den Instrumenten steckenbleiben. Sie haben selbst zu Recht gesagt, die Sache darf nicht von oben verordnet werden, sondern sie muß in den Unternehmen entstehen und möglich sein. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das ist richtig! Wir wollen nicht, daß es von oben verordnet wird, darin sind wir uns einig. Wir wollen jedoch, daß die Ordnungsräume, die von oben kommen, unten mehr möglich machen, und das bedeutet Flexibilisierung. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Frau Bundesministerin! Sie haben dann gemeint: Wir werden uns dagegen wehren, daß Stan­dards über Bord geworfen werden und die soziale Sicherheit aufgeweicht wird. – Diese Aussage weise ich deswegen zurück, weil damit unterstellt wird, daß jemand, der Reformen will, die selbstverständlich Veränderung bedeuten, dann Standards aufweichen und über Bord werfen will.

Etwas anderes an die Stelle des Bisherigen zu setzen, heißt immer von irgendeiner liebge­wonnen Gewohnheit Abschied nehmen. Die Frage ist nur: Ist das andere besser geeignet für die Zielerreichung, adäquater für den einzelnen Menschen und überhaupt dem Gesamtanliegen entsprechend? – Darüber muß man diskutieren und nicht darüber, ob das Bisherige vor 100, 50, 30 oder vor 20 Jahren wacker erstritten wurde. Darüber, ob das, was wir eigentlich brau­chen, nicht vielleicht etwas anderes ist, muß diskutiert werden.

Ich verstehe die Verhandlungsposition, daß man so lange am bereits Erworbenen festhält, so­lange man das Neue noch nicht ausverhandelt hat – das verstehe ich. Aber das ist auch eine Frage des Tempos, denn die Probleme, über die wir heute diskutieren, liegen nicht erst seit heute auf dem Tisch, Frau Bundesministerin! Sie werden, so fürchte ich, auch noch in den nächsten Jahren auf Ihrem Tisch liegen.

Sie haben gemeint, Sie könnten nicht auf alles eingehen. Das ist richtig! Aber wir werden diesen Tagesordnungspunkt auf der Agenda halten. Sie werden neuerlich Gelegenheit dazu bekom­men, auf diese Sache einzugehen – nur dann vielleicht in einem anderen Zusammenhang.

Die Frage, wie man mehr Menschen Arbeit ermöglicht, ist sowohl sozialpolitisch als auch wirt­schaftspolitisch als auch gesellschaftspolitisch eine der Schlüsselfragen. Das ist eine Frage des Zusammenhaltes der Gesellschaft schlechthin, und es ist auch die Frage der Überlebensab­sicherung der gesamten Gesellschaften. Sie können soziale Systeme nur in einer Gesellschaft entwickeln, die insgesamt leistungsfähig genug und dazu bereit ist, diese auch darzustellen. Sie dürfen auch nicht dadurch, daß sie teilweise zu restriktiv und zu wenig flexibel sind, bewirken, daß die Leute zu verweigern beginnen, denn das wäre das Übelste, was uns passieren kann.

Obwohl Sie dafür nicht unmittelbar zuständig sind, gibt es natürlich noch eine entscheidende zentrale Frage: Wie schafft man eine Neuorganisation, eine Flexibilisierung und eine zeitge­mäßere Gestaltung des öffentlichen Dienstes? – Das ist nämlich auch eine Arbeitswelt, aber leider eine Arbeitswelt, die im Regelfall nach antiquierten Regeln abläuft. Dort wird nach wie vor an der Pragmatisierung in einem unverhältnismäßigen Ausmaß festgehalten, dort wurde bis jetzt eine Neudefinition der Aufgaben versäumt so wie auch eine Neuorganisation der Form der Wahrnehmung der öffentlichen Aufgaben. Öffentliche Aufgaben können auch delegiert werden, sie müssen nicht nur von der öffentlichen Hand unmittelbar und allein gemacht werden. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Nowotny spricht mit Frau Bundesministerin Hostasch.)

Frau Bundesministerin! Zur Frage der sozialen Absicherung. Kollege Nowotny beschäftigt sich gerade mit Ihnen und lenkt Sie ab. Herr Kollege Nowotny! Ich würde Sie herzlich bitten, erst beim nächsten Redner mit der Frau Bundesministerin zu sprechen, da stört es mich weniger, denn das wird Kollege Verzetnitsch sein, bei dem Sie vielleicht schon wissen, was er sagen will.

Frau Bundesministerin! Sie begrüßen Flexibilisierung, daher begrüßen Sie auch Teilzeitarbeit, doch Sie steigen nicht gleichzeitig fundamental in die Diskussion ein. Uns ist wichtig, wie man die sozialen Ansprüche von Menschen, die in Teilzeit arbeiten, absichert. Möglicherweise reicht der bei Teilzeitarbeit erzielte Lohn nicht aus, um ein Leben zu führen, das man sich wünschen würde. Wie schaffen wir eine Komponente im sozialen System, die Teilzeitarbeit viel leichter möglich macht als heute, indem man eben nicht ausschließlich auf Teilzeitarbeit angewiesen ist? – Das ist einer der fundamentalen Ansprüche, den wir über die Grundsicherung gehoben haben.

Ich mahne diese Diskussion ein. Wir müssen diese Diskussion führen, sonst wird es nur noch eine Form der Arbeitszeitverkürzung geben, die hundertprozentige Verkürzung, nämlich die Arbeits­losigkeit. Das ist die Sackgasse, wenn wir nicht flexibler werden und nicht gleichzeitig die sozia­len Systeme umbauen. Und das steht noch aus. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.08


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fritz Verzetnitsch. – Bitte.

10.08


Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Kier! Vielleicht hören Sie etwas Neues, ich werde mich zumindest be­mühen. Ich werde möchte auch gerne auf ein paar Argumente eingehen.

Frau Abgeordnete Schmidt hat, wenn ich sie richtig verstanden habe, die Steuerreform einge­mahnt und einen Zusammenhang mit der Beschäftigung hergestellt. Das ist sicherlich richtig. Ich möchte sie aber – vielleicht ist das jetzt neu – auf die Erfahrungen, die man in Belgien mit der Reduzierung der Steuer in lohnintensiven Branchen gemacht hat, verweisen. Diese sind lei­der negativ. Die Beschäftigung ist überhaupt nicht gestiegen. Daher glaube ich, daß es wichtiger denn je ist, auch über dieses Thema in Diskussionen zu bleiben, um den Effekt zu sehen.

Wenn Sie zu Recht den Vorschlag des Bundesministers Bartenstein im Zusammenhang mit dem Kinderbetreuungsscheck kritisiert haben, dann, muß ich sagen, stellt sich diese Frage auch bei der Grund­sicherung. Haben wir dann den Effekt, daß wir sagen, die Frauen bekommen so­wieso die Grundsicherung, warum wollen sie dann eigentlich in Beschäftigung stehen? – Ich glaube daher, daß es wichtiger denn je ist, sich mit den Fragen Arbeit für mehr Menschen, welche Arbeit und unter welchen Umständen wird das eigentlich gemacht, intensiver auseinan­derzusetzen. Das ist das Entscheidende. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben in Ihrer Begründung für diese Aktuelle Stunde die Flexibilität angesprochen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Zusammenhang möchte ich Sie auf eine Entwick­lung hinweisen, die gepriesen worden ist: mehr Flexibilität. Ich spreche hier ganz konkret einen Bereich an, nämlich den Handel. Es gab im Jahre 1996 im Handel 92 000 Teilzeitbeschäftigte und im Jahre 1997 um 18 000 mehr Teilzeitbeschäftigte. Es gab 1996 29 000 geringfügig Be­schäftigte und 1997 um 6 000 mehr geringfügig Beschäftigte. Es gab 1996 392 000 Vollzeitbe­schäftigte und 1997 um 18 000 weniger Vollzeitbeschäftigte.

Sie sehen also deutlich, daß eine Flexibilisierung eintritt, die eben nicht den Wünschen der Be­treffenden entspricht, denn es entsteht ein Trend, daß Teilzeitarbeit zur Normalarbeit wird – mit weniger Einkommen, mit dem man in der Regel als alleinstehende Person nicht auskommen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man, meine sehr geehrten Damen und Herren, von Flexibilisierung spricht, dann sollten wir uns darüber im klaren sein, daß wir in Wirklichkeit in Österreich rahmenrechtlich alle Mög­lichkeiten haben.

Ich zitiere sehr bewußt noch einmal: Ausdehnung von Betriebszeiten, Teilzeitarbeit, geringfügige Beschäftigung, Frauennachtarbeit, Flexibilisierung generell – mit Kollektivvertrag auf den Betrieb abstimmbar –, Bandbreitenmodelle, Jahresarbeitszeitmodelle, Gleitpensionen, Solidarpensio­nen, Solidarprämienmodelle, Bildungskarenz. Das gesamte Bouquet Teilzeitarbeit – Flexibilisie­rung ist hier angeführt.

Es ist aber meines Erachtens unbestritten – auch wenn Sie sagen, Sie wüßten schon, was ich sagen werde –, daß Arbeitszeitverkürzung in diesem Zusammenhang mit ein Element ist. (Bei­fall bei der SPÖ.) Wer glaubt, die europäische Beschäftigungssituation damit angehen zu können, indem die Diskussion über die Arbeitszeitverkürzung links liegen gelassen wird, ist sicher auf dem falschen Weg. Es zeigen genügend Modelle auf europäischer, aber auch auf österreichischer Ebene, daß eine Kombination der Arbeitszeitverkürzung mit anderen Formen durchaus zu mehr Beschäftigung und zu wünschenswerter Beschäftigung führt.

Daher glaube ich, daß wir nicht in Lieder einstimmen sollten, die uns da oder dort immer wieder vorgehalten werden, das sei ein Altmodell, Arbeitszeitverkürzung sei ein historisches Modell, mehr Arbeit sei angesagt. Ich formuliere das gerne um: Mehr Arbeit für jene, die Arbeit suchen, ist nur dann möglich, wenn wir Arbeitszeitverkürzung als Ziel nicht aus dem Auge verlieren! (Bei­fall bei der SPÖ.)

Es ist richtigerweise auch in einer gemeinsamen Studie der Sozialpartner angeführt: Arbeitszeit­verkürzung als Möglichkeit, das vorhandene Volumen auf mehr Menschen aufzuteilen, wird weiter Bestandteil des Repertoires der Arbeitszeitpolitik sein. Sie können davon ausgehen, daß wir, die Sozialdemokraten, aber auch im besonderen die Gewerkschaften von diesem Thema nicht abgehen werden, auch wenn man uns immer wieder als Ewiggestrige darstellt, denn ich meine, in Wirklichkeit ist das das einzige Zukunftsmodell, wenn es um mehr Beschäftigung geht. (Beifall bei der SPÖ.)

10.13


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. – Bitte.

10.13


Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Arbeit für alle, Flexibilität – das sind tatsächlich aktuelle Themen. Ich bin daher sehr dankbar, daß dies heute zum Thema der Aktuellen Stunde gemacht wurde, denn es bietet die Möglichkeit, wiederum darauf hinzuweisen, wie wichtig uns die Beschäftigungspolitik in der EU und in Österreich ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nicht von ungefähr hat Österreich zu Beginn seiner Präsidentschaft dieses Thema zu einem der zentralen Themen in den nächsten sechs Monaten gemacht. Wir wollen und werden uns in Europa mit diesem Thema auseinandersetzen und dazu beitragen, daß die Dinge, die immer wieder propagiert worden sind, auch umgesetzt werden, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Es gibt vier Grundpfeiler für die Beschäftigungspolitik, auf denen wir unsere Überlegungen auf­bauen.

Der erste Grundpfeiler ist die Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit, und dazu zählt die Flexibilisierung. Ich bin sehr froh darüber, daß die Frau Bundesministerin hier einige Dinge auf­gezeigt hat, die weitergehend sind, die gegenüber dem, wie die Lage in Österreich heute ist, neue Aspekte eröffnen.

Aber der zweite Punkt ist für uns genauso wichtig, der zweite Grundpfeiler der EU-Beschäfti­gungspolitik, nämlich die Entwicklung eines besseren Unternehmergeistes, meine Damen und Herren! Es ist ganz wichtig, daß wir jungen Leuten vermehrt die Möglichkeit bieten, selbständig zu werden, Unternehmen zu gründen.

Dazu ist eine Reihe von Maßnahmen notwendig. Ich nenne auch die Lohnsteuerreform und die Einkommensteuerreform, die nun in Ausarbeitung sind. Ich bin sehr froh darüber, daß der Finanz­minister klare Vorgaben gemacht hat: Jawohl, wir müssen zur Schaffung von mehr Arbeits­plätzen das Ganze auf die Beschäftigungspolitik ausrichten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Ofner: Ein positiver Zwischenruf: Zu ändern sind die Bestim­mungen über die fahrlässige Krida!) – Ja, das ist auch ein Punkt.

Wichtig ist mir die Frage der Einkommensteuerreform, damit die Betriebsüber­gabe ermöglicht, erleichtert und verbessert wird.

Ein weiterer wichtiger Punkt, meine Damen und Herren, ist die Stärkung von Maßnahmen, die die Chancengleichheit für Frauen und Behinderte auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Wenn einige Redner vor mir an dieses Pult getreten sind und das Modell von Minister Bartenstein, nämlich einen Kinderbetreuungsscheck für Mütter mit Kindern bis zu deren drittem Lebensjahr einzuführen, in Abrede gestellt haben, so muß ich dem ganz entschieden entgegen­treten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir Chancengleichheit für Mütter wollen, dann brauchen wir diese auch in den ersten drei Jahren der Kindererziehung, und diese Chancengleichheit werden wir nur dann verwirklichen, wenn dieser Kinderbetreuungsscheck eingeführt wird – so, wie das Minister Bartenstein vorge­schlagen hat, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich appelliere insbesondere auch an die SPÖ, an die Familiensprecherin der SPÖ, die gemeint hat, man brauche diesen nicht. Wir von der ÖVP stehen dafür ein und werden Minister Barten­stein diesbezüglich voll unterstützen, meine Damen und Herren! Wir erwarten, daß das so bald wie möglich umgesetzt wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Vierter Punkt der Leitlinien der EU-Beschäftigungspolitik: Verbesserung der Anpassungsfähig­keiten von Unternehmern und von Arbeitnehmern. Was heißt das? – Das heißt in erster Linie Bil­dung. Das heißt Ausrichten auf die neuen Technologien von jungen Menschen, aber auch von älteren Arbeitnehmern, das heißt ständige Fortbildung. Wir haben deshalb die Bildungskarenz eingeführt. Wir werden dafür eintreten, daß es noch mehr Flexibilisierung geben wird, wie das die Frau Ministerin aufgezeigt hat.

Letzter Punkt: Wir können uns aber nicht auf die EU verlassen. Wir müssen bei uns in Öster­reich genauso tätig werden und müssen genauso die notwendigen Maßnahmen setzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meiner Meinung nach ist es positiv – damit möchte ich schließen –, daß die jüngsten Meldungen des Arbeitsmarktservice bestätigen, daß in den nächsten Monaten 5 500 offene Lehrstellen zu erwarten sind. Meine Damen und Herren! Das sind um 22 Prozent mehr als im letzten Sommer. Die Maßnahmen basieren auf Initiativen der Regierungsparteien. Wir haben oft mit der SPÖ kämpfen müssen, um diese durchzusetzen, das möchte ich auch einmal anmerken. Diese Maß­nahmen haben Wirkung gezeigt, und ich bin davon überzeugt, daß das Lehrlings­paket, das wir vor kurzem beschlossen haben, weiterhin erfolgreich sein wird.

Mein Schlußsatz, Herr Präsident: Reden wir mehr vom Positiven, sagen wir den Menschen, was sie erwartet, reden wir nicht vom Negativen, und malen wir nicht immer schwarz! Schwarz­malerei bremst die Beschäftigungspolitik! (Beifall bei der ÖVP.)

10.19


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte.

10.19


Abgeordneter Mag. Herbert Haupt¦ (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die heutige Debatte erscheint mir im Hinblick auf den letzten Auftritt des Herrn Bundesministers Schüssel in Brüssel besonders wichtig, denn die Worte, die dort auch von seiten der Kommission und der Europaparlamentarier gefallen sind, nämlich daß die Frage der Beschäftigung überhaupt die essentielle Frage der Zukunft Europas in allen Bereichen darstellt, sind, so glaube ich, vollinhaltlich zu unterstützen.

Ich möchte den Debattenbeiträgen des Herrn Kollegen Feurstein und des Herrn Kollegen Verzetnitsch unsere freiheitlichen Thesen gegenüberstellen. Unser erstes freiheitliches Credo ist die Entlastung des Faktors Arbeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Alle Unternehmungen in Rich­tung 35-Stunden-Woche, alle Überlegungen hin zur Flexibilisierung, alle Überlegungen in die­sem Bereich werden nur dann erfolgreich sein und werden die Nettorechnungen, die angestellt werden, auch in der Praxis durch mehr Beschäftigung untermauern können, wenn vorher die wichtigste Hausaufgabe dieser Bundesregierung erledigt wurde, nämlich den Faktor Arbeit deut­lich zu entlasten.

Denn was wird sonst passieren? – Wenn die 35-Stunden-Woche ohne Entlastung des Faktors Arbeit in Kraft tritt, werden die Betriebe das, was sich langfristig besser rentiert, durchführen, nämlich die Rationalisierung. Es wird sich also aus der 35-Stunden-Woche kein Beschäftigungs­effekt, sondern in kurzer Zeit ein neuer Wegrationalisierungseffekt ergeben.

Der Faktor Arbeit ist auch in den neuen Dienstleistungen – europaweit gesehen – in Österreich zu hoch angesetzt. Die Initiativen für die notleidende Tourismusindustrie, in diesem Bereich end­lich auch mit ihren europäischen Mitanbietern kompatible Steuersätze zu erreichen, sind im Rahmen der Bundesregierung schlicht und einfach „verhallt“. Wenn man sich die Steuersätze etwa in Italien, in der Schweiz oder in anderen Tourismuskonkurrenzländern im Verhältnis zu den Dienstleistungen im österreichischen Fremdenverkehr ansieht, dann stellt man fest, bei uns sind diese um 30 bis 50 Prozent höher.

Dieser Faktor ist nicht durch Freundlichkeit, durch positive Stimmung, durch schönes Wetter, sondern nur durch eine ordentliche Steuerreform wettzumachen. Frau Abgeordnete Schmidt hat richtigerweise gesagt, daß der alte Hut des nichtentnommenen Gewinnes nach wie vor ein „neuer Hut“ ist und immer noch nicht umgesetzt ist. Wir Freiheitlichen fordern das, wenn ich mich recht entsinne, schon seit mehr als 13 Jahren. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Die Ent­lastung der Klein- und Mittelbetriebe in dieser Republik ist nicht erfolgt.

Man darf sich aber auch nicht wundern, daß das Schulsystem in Österreich immer mehr in Miß­kredit kommt. Ich darf etwa an die HBLAs für wirtschaftliche Frauenberufe erinnern, an die vor­maligen Frauenberufsschulen. Es gab diesbezüglich vier Namensänderungen innerhalb von zehn Jahren und den Verlust von fünf Konzessionen, die man ehemals im Rahmen der Matura erreicht hat. Wie funktioniert das, daß man unser einerseits Schulsystem europareif machen will, aber dann andererseits den Abgängern der berufsbildenden Schulen jene Berufsbefähigun­gen, die sie erlangt haben, wegnimmt und meint, das wäre mehr Flexibilität?

Das ist nicht mehr Flexibilität; das ist das Verhindern von jenem Unternehmergeist, Herr Kollege Feurstein, von dem Sie gerade gesprochen haben! Das ist es, was die Leute verdrießt, nämlich daß man ihnen trotz bestimmter Voraussetzungen, die sie erfüllen, die Konzessionen noch wäh­rend der Schulzeit und auch nach der Matura weitere Konzessionen weggenommen hat. Man bildet sich dann ein, daß man damit mehr Unternehmer bekommen wird! (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

Auch schon von meinen Vorrednern wurde diese zögerliche Haltung betreffend Reformen aller unserer Berufsbilder kritisiert. Die neuen Berufsbilder, gerade im Dienstleistungsbereich, führen heute schon eher dazu, daß wir überqualifiziert sind. Wenn sich früher eine Krankenschwester in der Praxis bewährt hat, konnte sie eine breite Palette von Berufen ergreifen. Heute gibt es nur die Möglichkeiten der Behindertenbetreuer und der Pfleger, deren Tätigkeit mit den Tätig­keiten in der Landwirtschaft zu vergleichen sind. All diese neuen Berufsbilder engen das ehema­lige Be­rufsbild ein, statt es aufzubauen. Man sollte endlich eine Aufbauausbildung ermöglichen, auf­grund derer sich jeder einzelne in entsprechender Form diversifizieren kann. Es kann doch nicht in einem Staat Sinn und Zweck sein, eine Regulierung einzuführen und immer das Schlag­wort der Deregulierung auf den Lippen zu tragen!

Ich glaube, sehr geehrte Frau Bundesministerin, Sie haben es sich heute etwas zu einfach ge­macht, indem Sie sich auf den Bereich der Sozialpartnerschaft und Ihres Ministeriums be­schränkt haben. Ich gebe Kollegen Feurstein recht, Bewußtseinsbildung ist wichtig. Aber die Bewußtseinsbildung im Rahmen unserer Bundesregierung erfolgt nicht so, wie es die plakativen Überschriften ankündigen, sondern so, wie sie heute oft in den Zeitungen dargestellt wird: Unter einer plakativen Überschrift steht der legistische Text, der nichts mit dem zu tun hat, was in der Überschrift steht. Das ist es, was die Leute in diesem Staat verdrießt, Herr Kollege Feurstein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Machen Sie keine Gewerbereform, die wieder neue Regulierungen bringt und nicht im interna­tionalen Gleichklang erfolgt! Machen Sie keine Schulreform, die wieder mehr Regulierung bringt und nicht mehr Freiheit!


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ich bitte um den Schlußsatz!


Abgeordneter Mag. Herbert Haupt¦ (fortsetzend): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich meine, wenn Österreich nicht endlich umdenkt und die Headlines zum Inhalt der Gesetze macht, wer­den wir in einem Jahr wieder über das gleiche diskutieren, nämlich über zu wenig Beschäfti­gung und mehr Hemmnisse in der Wirtschaft. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.24


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

10.24


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (Grüne): Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Werter Herr Prä­sident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Schmidt! Ich teile Ihre Kritik an den informellen Gipfeln, sosehr ich auch davon überzeugt bin, daß es notwendig ist, infor­melle Gipfel zu veranstalten. Frau Bundesministerin! Aber von der Warte aus, wie das präsen­tiert wurde und welchen Eindruck die Menschen dabei haben mußten – angesichts der dringen­den Themen wie Arbeit oder Umwelt –, wenn man sieht, die Minister sind auf Reisen, auf Visite, auf Besichtigungstour, war das nicht gut. – Soweit zu diesem Punkt.

Aber, Frau Abgeordnete Schmidt, das war mir auch zuwenig. Das Thema lautete: Arbeitszeit­flexibilisierung als Chance für Europa, Arbeit für alle. (Abg. Dr. Schmidt: Das war nur der Ein­stieg!) – Dann sollte noch das Thema Steuer und Grundsicherung gestreift werden, aber zum Thema selbst – das war nicht nur Ihr Beitrag, sondern auch der Beitrag von einigen Nachred­nern; Herrn Abgeordneten Verzetnitsch nehme ich in diesem Zusammenhang aus – hörte man nur allgemeine Stehsätze. Ich bin wieder Ihrer Meinung, Frau Abgeordnete Schmidt, wenn Sie sagen, die Bekenntnisse stehen mir schon bis da her. Aber es wäre auch notwendig und wün­schenswert gewesen, von seiten des Liberalen Forums etwas zu hören, was man sich darunter vorstellt.

Der amerikanische Sozialwissenschafter Richard Sennet hat ein Buch geschrieben, das 1998 erschienen ist und den Titel hat: „Der flexible Mensch“ – damit bin ich beim Thema –, in dem er sich mit Ursachen und Wirkungen der Arbeitszeitflexibilisierung und der Flexibilisierung ganz allgemein auseinandersetzt. Er beschreibt dabei, daß es für die Menschen sehr wohl möglich ist und sie diese Arbeitszeitflexibilisierung auch als Chance wahrnehmen, um vorwärtszukommen, um sich in diesem Konkurrenzkampf durchzusetzen.

Aber – das ist das entscheidende bei Richard Sennet – er sagt, die Menschen machen zwar mit, aber sie sind nicht so biegsam – ein Wortspiel mit der Flexibilität –, wie es die Wirtschaft sein kann, weil das Leben des Menschen nicht nur die Arbeit ist, sondern auch etwas darüber hin­aus. Diese Beziehungen des Menschen lassen sich nicht nach den Imperativen der Wirtschaft allein gestalten.

Das ist der Grund dafür – das führt mich eigentlich zur anfänglichen Debatte, die furchtbar und erschreckend war –, warum die Menschen nicht mehr zurechtkommen, weil sie auf der einen Seite in der Wirtschaft bei sich immer stärker verändernden Bedingungen und Anforderungen Flexibilisierungswünschen nachlaufen müssen und versuchen mitzuhalten und auf der anderen Seite in ihrem privaten Leben keine Zeit mehr für ihre Beziehungen, für ihre Kinder, für die anderen Menschen haben, die es auch noch gibt. Deshalb suchen sie nach autoritären Lösungen, nach starren Lösungen, nach Lösungen der Vergangenheit und schlagen vor, die Kinder so zu erziehen, wie das vor 100, 200 oder 300 Jahren gemacht wurde – aus Angst, mit diesem Leben anders nicht mehr zurechtzukommen.

Das ist aber der Punkt, der im Zusammenhang mit der Arbeitszeitflexibilisierung wichtig wäre. Auch die Grundsicherung wäre wichtig und ernsthaft zu diskutieren. Das Wichtige dabei ist aber, daß wir die Menschen nicht aus dem Auge verlieren dürfen, die Menschen, die den sich immer ständig verändernden Bedingungen in der Wirtschaft, in der Arbeitswelt hinterherlaufen müssen, die versuchen, das einzuholen, dem nachzukommen, das zu erfüllen, aber in ihrem ganzen Leben, das nicht nur aus Arbeit besteht, daran zerbrechen und autoritäre Lösungen einfordern, weil sie glauben, so könnten sie besser damit zurechtkommen.

Das ist es, was mir bei den immer wieder stark betonten Forderungen nach noch mehr Flexibili­sierung und bei Aussagen wie: Wir wollen alles machen, damit nur irgendwie die Menschen damit zurechtkommen!, Angst macht, nämlich daß wir dabei die Menschen aus den Augen verlieren. Denn es geht nicht darum, daß die Wirtschaft oder die Menschen zuwenig flexibel wären. Millionen Überstunden werden pro Woche in Österreich gemacht. 20 Millionen Überstun­den! Ist das zuwenig? Oder ist das nicht eher zuviel? Brauchen wir mehr Nachtarbeit, brauchen wir noch mehr Sonntagsarbeit, etwa für die Bankangestellten, wie das auf europäischer Ebene verhandelt wird? Sollen diese auch am Sonntag arbeiten, damit man dann am Sonntag ein­kaufen kann? Oder geht es nicht eher darum, daß man dabei das Leben auch im Auge behält, daß die Menschen nicht an ihren Arbeitsverhältnissen zerbrechen, sondern daß sie in ihren Arbeitsverhältnissen – Kurzzeit oder wie auch immer sie gestaltet sind – auch etwas verdienen, und zwar genügend Geld?

Denn das Thema Grundsicherung ohne Arbeit kommt nur deswegen in die Debatte, weil die Menschen durch die Arbeit nichts mehr verdienen. Wenn sie aber durch die Arbeit nichts mehr verdienen, weil das Einkommen zu gering ist, dann stelle ich die Frage, ob das Einkommen ohne Arbeit ausreichen wird, um ihnen eine Perspektive zu bieten.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ich bitte um den Schlußsatz!


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (fortsetzend): Deshalb denke ich, es ist wichtig, die Arbeit im Auge zu behalten, aber bitte vergessen wir dabei nicht das Leben der Menschen! (Beifall bei den Grünen.)

10.30


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte.

10.30


Abgeordnete Maria Schaffenrath¦ (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Mini­sterin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Verzetnitsch – aber ich kann es auch in Ihre Richtung sagen, Frau Sozialministerin –, ich meine, es ist gut und schön, hier von dieser Stelle aus aufzuzählen, was es denn nicht schon alles Neues an Modellen gebe – vom Solidari­tätsprämienmodell über Bildungskarenz hin bis zur Gleitpension. Was aber immer wieder dazu­zusagen vergessen wird, ist, wie wenige Menschen eigentlich diese neuen von Ihnen initiierten Modelle in Anspruch nehmen. Das scheint schon auch daran zu liegen, daß diese sehr bürokra­tisch sind, daß sie schwer abwickelbar sind. Es scheint vor allem daran zu liegen, daß es Ihnen bisher nicht gelungen ist, den Menschen diese Modelle näherzubringen.

Es tut mir besonders leid, daß Herr Kollege Verzetnitsch nicht mehr da ist, weil ausgerechnet er als Sozialdemokrat unser Modell der Grundsicherung ... (Abg. Verzetnitsch: Ich bin hier!) – Ich bin ja froh, daß ich Sie sehe, denn Ihnen muß ich das besonders erklären, weil ausgerechnet Sie unser Modell der Grundsicherung einem Kinderbetreuungsscheck gleichstellen, zumindest haben Sie eine bedeutende Ähnlichkeit damit nicht von sich aus in Abrede gestellt.

Eines möchte ich Ihnen schon sagen: Wir haben nie behauptet, die Grundsicherung wäre ein reines frauenpolitisches Instrument. Wir haben immer gesagt, es geht uns um die existentielle Absicherung aller Menschen. Es geht uns darum, die Basis für eine Neuverteilung von Arbeit, auch für eine Neuverteilung von Arbeit zwischen Männern und Frauen zu schaffen, und es geht uns darum, die Basis zu schaffen, flexiblere Arbeitszeitmodelle, Bildungskarenz und so weiter auch lebbar zu machen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Der Kinderbetreuungsscheck geht in eine ganz andere Richtung, Herr Kollege Verzetnitsch. Er hat eine ganz andere Zielsetzung. Da geht es auch um eine Umverteilung von Arbeit, nämlich von Frauenarbeit zur Männerarbeit. Da geht es darum, die Frauen aus dem Arbeitsmarkt zu ver­drängen. Herr Kollege Feurstein hat ja gesagt, dann können die Mütter zu Hause bleiben, und das wäre Chancengleichheit. – Das ist keine Chancengleichheit! Alle Studien belegen, daß immer dann, wenn es um Familienförderung geht, die Männer mehr Geld, die Frauen aber Er­werbstätigkeit wollen, weil das in unserem jetzigen sozialen System leider immer noch die einzige Chance auf eine sozialrechtliche grundlegende Absicherung ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ganz so einfach, wie das in einem Artikel dargestellt ist, den ich der heutigen Ausgabe des „Kurier“ entnehme – „Aus eins mach’ zwei“ –, wird es mit den Halbtagsbeschäftigungen nicht funktionieren können. Ich meine, wenn hier der Herr Staatssekretär und die Frauenministerin gutmeinend sagen, damit könnten viele Arbeitsplätze geschaffen werden und man könnte insbe­sondere auf die Bedürfnisse von Frauen und von jungen Familien besser Rücksicht nehmen, dann trügt der Schein.

Wir wissen, welche Nachteile mit dieser klassischen 20-Stunden-Halbtagsarbeit verbunden sind. Wir wissen, daß sie nur in niedrigen Hierarchien angeboten wird – Schreibkräfte, D-Posten, primär von Frauen besetzt –, wir wissen, welche Auswirkungen das auf eine Karriere hat, daß dadurch bei einem Wiedereinstieg in den Vollerwerb Karriereplanungen unwahrscheinlich er­schwert werden, und Sie, Frau Sozialministerin, wissen insbesondere, daß bei 35 Jahren Teil­zeitarbeit mit einem durchschnittlichen Einkommen, das in etwa bei 8 000 S liegt, eine Pension von 4 500 S zu erzielen ist. Das ist in letzter Konsequenz der Beleg dafür, daß der größte Teil der AusgleichszulagenbezieherInnen jedenfalls Frauen sind.

Die Frauen wählen nicht freiwillig Teilzeitarbeit, sie haben nur – ich spreche hier von diesen 20-Stunden-Jobs – keine andere Alternative aufgrund der gesellschaftlichen Realität, daß Betreu­ungsarbeit so gut wie ausschließlich den Frauen zugewiesen wird. Frauen sind auf Teilzeitarbeit angewiesen, allerdings können sie davon kaum leben. Insbesondere für diese Problematik möchte ich Ihnen noch einmal unser Grundsicherungsmodell ans Herz legen, denn gerade die ...


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte um den Schlußsatz!


Abgeordnete Maria Schaffenrath¦ (fortsetzend): Ich komme zum Schluß, Herr Präsident. – Ge­rade die Armutsstudie in Tirol hat bewiesen, daß Frauen mit Teilzeitarbeit in besonderem Maße betroffen sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie Flexibilisierung, wenn Sie andere Arbeits­zeitmodelle, eine Neuverteilung von Arbeit, Arbeit für mehr Menschen wollen, sollten Sie sich einer Diskussion der Grundsicherung nicht weiterhin so beharrlich, wenn auch unverständlicher­weise, verschließen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.35


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Abgeordnete Silhavy ist die nächste Rednerin, auch wenn Kollege Kiss zum Rednerpult strebt. (Abg. Kiss: Nein, nein! Ich durchquere nur den Raum!)

10.36


Abgeordnete Heidrun Silhavy¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! „Europafit durch Flexibilisierung – Arbeit für mehr Menschen“ lautet das Motto der heutigen Aktuellen Stunde. Und ähnlich wie die Freiheitlichen heute auf erschütternde, menschenver­achtende Weise demonstriert haben (lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen), daß kein menschliches Leid, sei es noch so groß und so unfaßbar, davor geschützt ist, von dieser Partei für die Geschäftsordnungsdebatte mißbraucht zu werden, ähnlich wie diese schlimme Erfah­rung, die wir heute wieder mit dieser Partei machen mußten (Abg. Böhacker: Dieser Satz ist be­reits vorgedruckt in Ihrem Manuskript!), verwendet die Wirtschaft seit Jahren Schlagworte wie Konkurrenzfähigkeit, Deregulierung durch Flexibilisierung und ähnliches undifferenziert dazu, gegen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerrechte und gegen Schutzbestimmungen aufzutre­ten. (Beifall bei der SPÖ.)

Anpassen! Biegsam sein! – Wenn eine Maschine eine Woche steht, weil Material zu knapp wurde, bedeutet das Anpassen, daß Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dafür zu einem anderen Zeitpunkt Nachtschichten einlegen müssen, um den Produktionsausstoß zu halten. An­passen, weil eine Just-in-time-Produktion nicht zeitgerecht geliefert wurde, bedeutet, daß die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Hause geschickt werden, aber dafür später mehr Stunden – wenn es geht, rund um die Uhr – arbeiten müssen, um auch da die Produktivität auf­rechtzuerhalten.

Diese Formen der Anpassung, meine Damen und Herren, schaffen keinerlei neue Arbeitsplätze. Flexibilisierung kann nicht ausschließlich die unternehmerische Risikoüberwälzung auf Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer bedeuten.

Die Wirtschaft hat kein Problem mit Flexibilisierung, wenn sie, wie im Handel, immer mehr Men­schen in Teilzeit- und geringfügige Beschäftigung drängt, dafür immer mehr Vollzeitarbeitsplätze abbaut – Kollege Verzetnitsch hat uns ja deutlich die Zahlen vor Augen geführt –, diese gleiche Wirtschaft ist aber starr und inflexibel, wenn es um das Recht auf Teilzeitarbeit nach der Karenzzeit für Mütter geht.

Der Kinderbetreuungsscheck, Herr Kollege Feurstein, hat mit Chancengleichheit aber schon überhaupt nichts zu tun (Abg. Dr. Feurstein: Für Frauen schon!), der Kinderbetreuungsscheck soll eine Lenkungsmaßnahme sein, Frauen wieder in die Reservearmee zurückzudrängen. Wenn man sie nicht braucht, läßt man sie daheim, und wenn man sie braucht, holt man sie wieder auf den Arbeitsmarkt. (Beifall bei der SPÖ.)

Eines, glaube ich, ist unbestritten: und zwar daß Arbeitszeitverkürzung eine wichtige von mehre­ren Maßnahmen darstellt, die Beschäftigungsquote zu erhöhen. Aber diese Arbeitszeitverkür­zung muß derart gestaltet sein, daß sie dem Ziel der existenzsichernden Vollzeitarbeit und der Annäherung an die Vollbeschäftigung entspricht. (Beifall bei der SPÖ.)

Nur dann werden wir wirklich europafit sein, denn Europa wird nur fit sein, wenn in diesem Europa der Mensch im Mittelpunkt steht, wenn der arbeitende Mensch den Mittelpunkt Europas ausmacht.

Mit dem letzten Sozialrechtsänderungsgesetz haben wir zukunftsorientierte neue Modelle, die heute schon angesprochen worden sind, beschlossen. Diese sind aber individuell wahrnehmbar. Nun werden wir gefordert sein, die allgemeine Arbeitszeitverkürzung voranzutreiben. Es geht nicht, daß Arbeitszeitverkürzung nur auf dem Rücken gewisser Personengruppen ausgetragen wird. Teilzeitarbeit ist ein Beispiel. Kollegin Schaffenrath hat ja auch darauf hingewiesen, daß überwiegend Frauen davon betroffen sind und daß diese Teilzeitarbeit meistens nicht existenz­sichernd ist.

Hinsichtlich der Grundsicherungsmodelle, meine Damen und Herren vom Liberalen Forum, be­fürchte ich – auch wenn ich denke, daß man über alles diskutieren soll –, daß es ähnlich sein wird wie bei anderen Maßnahmen, die nur in Unternehmensförderungen gegangen sind. Sie dienen nicht dazu, Vollzeitarbeitsplätze, sondern noch mehr McJobs zu schaffen, von denen wir alle miteinander nicht leben können. (Abg. Dr. Schmidt: Sie müssen nicht davon leben!) Das heißt, das gesellschaftliche Risiko wird vom Unternehmertum, vom Kapital, wieder auf den ein­zelnen arbeitenden Menschen übertragen. Das ist nicht unser Ziel! (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenruf des Abg. Dr. Grollitsch.) Es ist ja gut, daß Sie den Namen Marx wenigstens schon einmal gehört haben. Vielleicht trägt das etwas zu Ihrer Weiterbildung bei. Ich hoffe es! (Neuer­licher Beifall bei der SPÖ.)

Der Mensch im Mittelpunkt – das bedeutet Europafitneß. Und dazu gehört auch, daß wir ein Vor­antreiben der generellen Arbeitszeitverkürzung anstreben, um das Risiko nicht auf einzelne Per­sonengruppen abzuwälzen, sondern um ein soziales Europa zu haben. (Beifall bei der SPÖ.)

10.40


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Trinkl. – Bitte.

10.40


Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Der Wirtschaftsstandort Österreich ist erfolgreich. Viele Kennzahlen untermauern dies. Die Exportwirtschaft boomt, und unsere Betriebe sind europafit. Unsere Mitarbeiter sind auf­grund ihrer guten Ausbildung bestens für Europa gerüstet. Die Zahlen sprechen dafür, daß diese Bun­desregierung hervorragende Arbeit leistet und daß es gelungen ist, positive Akzente für den Wirtschaftsstandort Österreich zu setzen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich erwähne ganz bewußt die Gewerbeordnung. Das Land braucht Unternehmer, denn nur sie schaffen Arbeitsplätze. Und die neue Gewerbeordnung, Frau Kollegin Schmidt, ist so konzipiert, daß das Gewerberecht für einen potentiellen Unternehmensgründer kein Hindernis mehr dar­stellt – wenn Sie das nicht wissen, dann müssen Sie sie genau studieren (Abg. Dr. Schmidt: Weiß das auch Kollege Stummvoll?) –, auch wenn ich zugebe, daß wir beispielsweise im Be­reich der Teilgewerbe gerne einen größeren Schritt gemacht hätten. Mir ist unverständlich, daß zwar einerseits von weiterer Liberalisierung der Gewerbeordnung gesprochen wird, daß man aber andererseits von ungewollter Selbständigkeit redet oder die Gefahr des Outsourcing sieht oder daß kollektivvertragliche Bedenken ein Teilgewerbe verhindern, Herr Präsident Verzet­nitsch.

Ich appelliere an den Koalitionspartner und auch an den Sozialpartner, denn wir müssen uns klar darüber werden: Wollen wir Unternehmensgründungen oder wollen wir sie nicht? Wenn ja, dann werden sich die Kollektivverträge an den Berufsfeldern zu orientieren haben und nicht umgekehrt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein zweites Beispiel für einen Bereich, in dem wir erfolgreich waren, ist das Betriebsanlagen­recht. Wir freuen uns darüber, daß seit der Novelle 90 Prozent der Verfahren innerhalb von drei Monaten beendet werden. Wir bedanken uns bei den Behörden, die unsere Botschaft verstan­den haben.

Ein dritter Bereich ist das Lehrlingsrecht. Kollege Feurstein hat bereits darauf hingewiesen. Wir haben die Rahmenbedingungen so gesetzt, daß wir tatsächlich neue Betriebe gewinnen konnten, die bereit sind, der Jugend neue Chancen zu geben. Wenn im letzten Jahr 31 neue Lehrberufe verordnet wurden, so bedeutet das: neue Berufe, neue Chancen. Trotzdem müssen wir danach trachten, das Zulassungsverfahren zu beschleunigen. Ich wundere mich, daß in den letzten Wochen bei 20 Berufen die schon gegebene Einvernehmenszusage zurückgenommen wurde. Die Wirtschaft ändert sich täglich, und sie ändert sich rasch. Der Gesetzgeber ist gefor­dert, dieses Tempo ebenfalls zu halten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Verzetnitsch: Der Markt­verkäufer ist aber nicht das Ziel!)

Man verhindert immer noch, Herr Präsident Verzetnitsch, Tausende Jugendarbeitsplätze, indem man dem Gastgewerbe nicht die Chance gibt, Lehrlinge bis 23 Uhr auszubilden und arbeiten zu lassen. (Abg. Verzetnitsch: Das ist doch widersprüchlich!) Ich bitte Sie darum, von Ihrem Standpunkt ein wenig abzugehen, weil hier wirklich Chancen verbaut werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Wichtig ist mir aber eine Feststellung: Wenn wir flexible und wettbewerbsfähige Rahmenbedin­gungen für die österreichische Wirtschaft schaffen wollen, so geht das nur unter einer Voraus­setzung: Wir müssen uns trennen von dem Mißtrauen, mit dem wir vielen österreichischen Unternehmen heute noch gegenüberstehen. Auf der einen Seite brauchen und wollen wir Unter­nehmer, auf der anderen Seite begegnen wir dem Unternehmer mit Mißtrauen und überschütten ihn mit Vorschriften, mit Maßregeln, in denen er letztendlich versinkt.

Gefragt ist mehr Vertrauen auf der betrieblichen Ebene, besonders auch auf dem Gebiet des Arbeitsrechtes und bei der Umsetzung des Arbeitnehmerschutzes. Wir sollten uns wieder an der Mehrheit orientieren und nicht Gesetze für Einzelfälle machen.

Ich darf Ihnen auch hiefür ein Beispiel nennen: Keiner von uns goutiert illegale Beschäftigung, keiner redet der Schwarzarbeit das Wort; die Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse im vor­hinein bewirkt in diesem Zusammenhang allerdings gar nichts. Wir bestrafen damit die Menge, das Gros der Unternehmen, und derjenige, der illegal beschäftigen will, wird diese Anmeldung auch in Zukunft nicht vornehmen.

Daher zusammenfassend: Wir sind europafit, wir sind erfolgreich, unser EU-Präsidentschafts­antritt – ich darf mit großem Vergnügen den Auftritt unseres Außenmi­nisters in den letzten Tagen erwähnen (Abg. Dr. Schmidt: „Auftritt“ ist das richtige Wort!) – zeigt, daß wir in Europa noch viel bewegen können.

Wenn Sie mich, Herr Präsident, den Abschlußsatz so formulieren lassen: Schon vor langer Zeit hatte Österreich großen Einfluß in Europa. Damals entstand die berühmte Formel: AEIOU. Eine moderne, zeitgemäße Form könnte heute vielleicht lauten: Alle Europäer inspiriert Österreichs Unternehmergeist. (Beifall bei der ÖVP.)

10.45


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hermann Böhacker. – Bitte.

10.46


Abgeordneter Hermann Böhacker¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Die Rede meines Vorgängers könnte man zusammenfassen (Abg Kiss: Vorredner, nicht Vorgänger! Vorredner!) – Vorredner – unter dem Titel: „Willkommen im Paradies“ – aber das mit einer Augenbinde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Silhavy! Sie haben natürlich wieder, wie bei jeder Ihrer Reden, zuerst gleich einmal die freiheitliche Fraktion „angeschüttet“ ob ihrer menschenverachtenden Politik. Das dürfte wahrscheinlich schon in Ihrer Redeunterlage vorgedruckt gewesen sein, sonst hätten Sie es vielleicht vergessen. Aber jetzt werde ich Ihnen eines sagen: Wissen Sie, was menschenver­ach­tende Politik ist? (Abg. Silhavy: Ja, das was Sie machen! Genau das ist es!) – Das ist jene Poli­tik, die Sie machen (Beifall bei den Freiheitlichen), die bewirkt, daß heute in Österreich arbeitsfä­hige Menschen mit 50 und 52 Jahren keine Arbeit mehr bekommen. Das ist eine menschen­verachtende Politik! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Sagen Sie das der Wirt­schaft!)

Menschenverachtende Politik, Frau Kollegin Silhavy, ist es aber auch, wenn es Tausende Jugendliche in Österreich gibt, die die Schule ordentlich absolviert haben und keine Arbeit be­kommen – ob Ihrer schlechten Politik, die Sie in dieser Bundesregierung betreiben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen nur eines, Frau Kollegin: Ich habe für meine Kanzlei eine junge Mitarbeiterin ge­sucht. Ich habe 80 Zuschriften bekommen von 80 ordentlichen, jungen Menschen, die die Han­delsakademie beziehungsweise die Handelsschule erfolgreich beendet haben. Diese suchen seit Monaten eine Stelle und bekom­men keine. Das ist Ihre menschenverachtende Politik in Österreich! (Beifall bei den Freiheit­lichen. – Abg. Silhavy: Kollege Böhacker, warum haben Sie keine 50- oder 52jährige gesucht?)

Herr Kollege Präsident Verzetnitsch, Sie haben – aber vielleicht habe ich es nur falsch verstan­den – unter dem Hinweis auf Belgien gemeint, die Senkung der Lohnnebenkosten (Abg. Verzet­nitsch: Mehrwertsteuer! Mehrwertsteuersenkung!) – nicht Mehrwertsteuer, Sie haben lohnab­hängige Kosten gesagt – würde nichts bringen. Heißt das, Sie verabschieden sich von einer Senkung der lohnsummenabhängigen Steuern und Abgaben, oder bleiben Sie bei Ihrer Forde­rung? (Abg. Verzetnitsch: Lohnsteuersenkung ja, aber das belgische Finanzministerium hat die Mehrwertsteuer gesenkt, um den Effekt zu verstärken!)

Herr Präsident Verzetnitsch! Sie fahren hier einen Zickzackkurs, den ich nicht ganz verstehe. Wenn Sie die Arbeitszeitverkürzung als einziges zielführendes Modell betrachten (Abg. Verzet­nitsch: Das habe ich nicht gesagt!), dann ist das eindimensional und wird das Problem der Arbeitslosigkeit in Österreich sicherlich nicht lösen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Bundesminister! Es ist schon erstaunlich, wie locker das Wort „Flexibilisierung“ über Ihre Lippen kommt. Es ist gar nicht so lange her, daß, wie man weiß, in der Arbeiterkammer, in der Gewerkschaft das Wort „Flexibilisierung“ ein Reizwort war. Wer das Wort „Flexibilisierung“ in den Mund genommen hat, war ein Kapitalist, ein Ausbeuter. Heute – und das zeugt von Ihrer Lernfähigkeit – wissen Sie, daß Flexibilisierung notwendig ist.

Ich gebe Ihnen recht, Frau Bundesminister, Flexibilisierung darf keine Einbahnstraße sein, Flexi­bilisierung darf nicht allein auf dem Rücken der Arbeitnehmer ausgetragen werden – da gebe ich Ihnen völlig recht –, wiewohl uns bewußt sein muß, daß die österreichische Wirt­schaft, daß die österreichischen Unternehmer dann produzieren, dann arbeiten müssen, wenn entspre­chende Nachfrage besteht. Und da ist Flexibilisierung auf dem Arbeitnehmer-, aber auch auf dem Unternehmersektor notwendig.

Was heißt denn eigentlich flexibel? – Ich habe im Duden nachgeschaut. (Abg. Verzetnitsch: Biegsam! Anschmiegsam!) Biegsam, biegbar, nachgebend, beweglich, anpassungsfähig, ge­schmeidig. Wen wollen Sie biegen, Frau Bundesminister? Wer soll sich anpassen? Wer muß geschmeidig sein?

Ich sage Ihnen eines: Als erste Maßnahme müßte eine Flexibilisierung in der öffentlichen Ver­waltung eintreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir brauchen in Österreich eine geschmeidige, schlanke öffentliche Verwaltung, denn nur dann werden auch die entsprechenden Budgetmittel zur Verfügung stehen, damit Lohnsteuersenkungen, wie Sie und Herr Kollege Feurstein sie gefordert haben, durchgeführt werden können.

Noch ein Punkt, meine beiden Herren Kollegen Abgeordnete: Sie sprechen immer von Lohn­steuersenkungen. Warum führen Sie sie nicht durch? Warum tun Sie es nicht? – Wir Freiheitli­chen haben ein entsprechendes Modell ausgearbeitet. Sie versprechen nur, etwas zu tun, aber Sie handeln nicht. Das ist Ihre schlechte Politik, die Sie auf dem Rücken der Arbeitnehmer betreiben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen!


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte um den Schlußsatz!


Abgeordneter Hermann Böhacker¦ (fortsetzend): Um Arbeitsplätze zu schaffen, ist eine rasche und effiziente Steuersenkung notwendig. Das Motto lautet: Steuer senken und Arbeit schaffen für Österreichs Arbeitnehmer. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.51


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort gelangt Frau Dr. Petrovic. – Bitte.

10.51


Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic¦ (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Worte „Flexibilität“ beziehungsweise „Flexibilisierung“ sind Worte, bei denen man oder „frau“ sehr genau dazusagen muß, was denn damit gemeint ist. Flexibilität und Flexi­bilisierung können etwas sehr Positives im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer so­wie der Unternehmungen sein. Flexibilisierung kann aber auch die Perfektionierung eines Aus­beutungssystems sein.

Insofern, so glaube ich, kann man in diesem Zusammenhang nicht nur mit bloßen Platitüden und Worthülsen arbeiten, sondern es ist notwendig, dazuzusagen was eigentlich gemeint ist. Dabei verhält es sich so ähnlich wie mit dem Wort „Solidarität“, das – jedenfalls bisher – meistens mit sozialer Solidarität gleichgesetzt wurde, in letzter Zeit aber immer mit Waffenbrü­derschaft verwechselt wird, wenn es um die NATO geht.

Flexibilität, die nach Meinung der Grünen sinnvoll ist oder sein kann, darf nicht einseitig sein. Was derzeit abläuft, ist aber ziemlich einseitig. Flexibilität setzt nämlich voraus, daß es eine soziale Grundsicherung gibt – auch in materieller Hinsicht. Die Grünen schlagen vor, daß es so etwas wie einen Mindestsockel in den Systemen der sozialen Sicherheit geben soll. Es muß sichergestellt werden, daß durch Teilzeitarbeit und Wochenendarbeit nicht ein Phänomen ein­tritt, das als „working poor“ bezeichnet wird. Dabei handelt es sich um Menschen, die zwar aus den Systemen der sozialen Sicherheit kommen, aber zuwenig verdienen, um davon leben zu können. Das sind in erster Linie Frauen; und dann ist Flexibilisierung nichts Positives mehr.

Ich meine, einen Punkt sollten wir nicht aus den Augen verlieren: Solange nicht die Wochen-, Jahres- oder Lebensarbeitszeit pro Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer verkürzt wird, ist mit Sicherheit kein positiver Arbeitsplatzeffekt zu erwarten. In diesem Zusammenhang richte ich ins­besondere ein dringendes Ersuchen an die Sozialdemokratie.

Frau Kollegin Silhavy hat gesagt, vieles, was auf den Märkten passiere, sei menschenverach­tend. – Ja das stimmt; nur frage ich Sie schon: Wie haben Sie Ihre Macht als stärkste Fraktion in diesem Hause eingesetzt, damit diese Phänomene nicht auftreten? Haben die soziale Infra­struktur, die Kindergärten und die Betreuungseinrichtungen mit den Ladenöffnungszeiten Schritt gehalten? Sehen Sie, Frau Kollegin Silhavy, nicht auch oftmals bei den Registrierkassen der Supermärkte nach 17.00 Uhr Kinder herumstehen, deren Mütter dort arbeiten und nicht wissen, was sie mit ihren Kindern tun sollen? – Das sind Phänomene, die ich für sehr bedenklich halte.

Ich meine, wir sollten nach der Einführung der Regelung über die Ladenöffnungszeiten, die von mir und von großen Teilen der Grünen abgelehnt wurde, einmal Bilanz ziehen. Was hat diese Regelung gebracht? – Einen Punkt hat Kollege Verzetnitsch ja angesprochen: Der Anteil der prekären, schlecht entlohnten Arbeitsverhältnisse hat dramatisch zugenommen. Die Antwort darauf sollte Mindestsockel heißen.

Ich denke, daß man noch etwas in Betracht ziehen muß. Man muß, und zwar von der Arbeitneh­merInnenseite her, eine Flexibilisierung im Sinne von Bildungsfreistellungen zulassen – im Sinne von Auszeiten überhaupt, um zum Beispiel auch dem „Burn-out-Syndrom“ entgegenzuwirken. Das wäre eine sinnvolle Flexibilisierung.

Ich ersuche Sie daher: Evaluieren Sie doch die vorgenommene Änderung bei den Laden­öffnungszeiten! Ich behaupte, das, was hier passiert ist, ist das Modell Mariahilfer Straße und Shopping City Süd. Das, was man aber wahrscheinlich wollte und was sinnvoll wäre, nämlich den kleinen Geschäften mit kleiner Verkaufsfläche, mit wenigen bis gar keinen Arbeitneh­merInnen eine Steigerung der Attraktivität zu ermöglichen – auch durch Flexibilisierung –, ist nicht passiert. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Diese Geschäfte sterben weiter vor sich hin.

Ich ersuche Sie wirklich – ich glaube, der ÖGB und die Arbeiterkammern hätten auch die Mög­lichkeit dazu –: Evaluieren Sie das, was passiert ist, und arbeiten wir gemeinsam an einem sinn­vollen Modell von Flexibilisierung! (Beifall bei den Grünen.)

10.56


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich werde nun die Sitzung bis 12.30 Uhr unterbrechen. Nach Wiederaufnahme der Sitzung wird die dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage 4717/J stattfinden, sofern wir in der Prä­sidialkonferenz nicht zu einem anderen Ergebnis gelangen.

Bevor ich die Sitzung unterbreche, gebe ich bekannt, daß unmittelbar nach Sitzungsunterbre­chung im Lokal VI eine Sitzung des Hauptausschusses stattfindet, also in 3 Minuten, und nach Beendigung der Sitzung des Hauptausschusses die vereinbarte Präsidialkonferenz stattfinden wird.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 10.57 Uhr unterbrochen und um 12.38 Uhr wiederaufgenommen.)


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦ (den Vorsitz übernehmend): Meine Damen und Herren! Ich nehme jetzt – um 12.38 Uhr – die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Dieter Lukesch, Mag. Helmut Kukacka und Kollegen an den Bun­desminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Brenner-Maut (4717/J)


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Wir kommen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen An­frage 4717/J. Diese Anfrage ist in der Zwischenzeit an alle Abgeordneten verteilt worden, sodaß sich eine Verlesung durch die Schriftführerin erübrigt.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

„Die Europäische Kommission hat Ende Juli 1997 formell beschlossen, Österreich wegen der ihrer Ansicht nach überhöhten Mauten für Lastkraftwagen am Brenner vor dem Europäischen Gerichtshof zu klagen.

Zuvor hatte Österreich die EU-Kommission am 31. Mai 1995 und am 17. Jänner 1996 über Er­höhungen der Maut am Brenner informiert, wogegen die Kommission am 9. April 1996 formell Einspruch erhob. Im Rahmen des Vorverfahrens des Vertragsverletzungsverfahrens gelang es Österreich trotz intensiver Bemühungen nicht, die Kommission davon zu überzeugen, daß es mit den derzeit geltenden Brenner-Maut-Tarifen nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen hat. Auch die Antwortschreiben und Kompromißvorschläge der österreichischen Bundesregierung auf die begründete Stellungnahme der Kommission konnten diese nicht zufriedenstellen, wes­halb nun die Europäische Kommission Anfang Juni 1998 beim Europäischen Gerichtshof tat­sächlich eine Klage gegen die Republik Österreich wegen der Mauttarife auf der Brenner Auto­bahn eingereicht hat.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für wirtschaftliche Ange­legenheiten folgende

Anfrage:

1) Was ist Inhalt der Klage der EU-Kommission gegen die Republik Österreich und worauf ist sie gerichtet?

2) Welche Maßnahmen Österreichs haben zur Klagserhebung durch die Europäische Kommis­sion geführt und aus welchen Gründen wurden diese Maßnahmen seitens Österreichs gesetzt?

3) Welche Schritte werden von Österreich zur Abwehr der Klage gesetzt?

4) Wie werden die weiteren Schritte Österreichs in diesem Verfahren sein?

5) In wessen Verantwortungsbereich fällt die Behandlung der Klage?

6) Welche Rolle spielt die sogenannte Wegekostenrichtlinie der EU im Zusammenhang mit der Klage?

7) Wie ist der derzeitige Stand der Verhandlungen um eine neue Wegekostenrichtlinie?

8) In welchem Stadium befinden sich die Verkehrsverhandlungen der EU mit der Schweiz der­zeit?

9) Was ist mit dem sogenannten „stretching“ der Brenner-Maut gemeint, und in welchem Zusam­menhang steht das „stretching“ mit der Brenner-Klage?

10) Was hat zu diesen Überlegungen geführt und wann sind diese erstmals angestellt worden?

11) Welche Forderungen stellt die Europäische Kommission an Österreich bezüglich des soge­nannten „Maut-stretchings“?

12) Welche Lösungsvorschläge wurden von Österreich bisher dazu entwickelt?

13) Was beinhaltet die Infrastrukturkostenrechnung für den Brenner-Korridor, und gibt es ver­gleichbare Rechnungen in anderen Ländern?

14) Welche Mauttarife gelten auf den dem Brenner vergleichbaren Alpenquerungen in Frank­reich, Schweiz und Italien?

In formeller Hinsicht wird beantragt, diese Anfrage gemäß § 93 Abs. 1 GOG dringlich zu be­handeln und dem Erstunterzeichner Gelegenheit zur Begründung zu geben.“

*****


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Wir beginnen die Debatte mit den Ausführungen des Abgeord­neten Dr. Lukesch. Ich erteile ihm als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. Die Redezeit ist mit 20 Minuten begrenzt. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Lukesch: 10 Minuten, bitte!)

12.39


Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Freiheitliche Partei hat am Beginn der heutigen Sitzung diese Dringliche An­frage betreffend die Brenner-Maut und die Brenner-Maut-Klage als nicht so dringlich bezeichnet. Der stellvertretende geschäftsführende Klubobmann Mag. Stadler hat von einem taktischen Manöver der ÖVP gesprochen. (Abg. Scheibner: So ist es!)

Meine Damen und Herren von der FPÖ! Herr Kollege Scheibner! Ich frage Sie: Was hätte die ÖVP für ein Interesse daran, die Diskussion um den Politskandal Rosenstingl auf die späteren Stunden dieses Tages zu verschieben? – Ich versichere Ihnen: Wir haben kein Interesse daran! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Leikam: Den freiheitlichen Skandal! Den blauen Skandal!)

Es geht uns vielmehr um die dringliche Situation nach der Klage gegen die Brenner-Maut, die wir noch in den nächsten Wochen beantworten müssen. (Abg. Mag. Schweitzer: ... reden wir nicht miteinander!) Es geht um ein dringliches Anliegen der österreichischen und der Tiroler Be­völkerung. Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Gerade nach der Übernahme der Ratspräsidentschaft durch Österreich erwartet sich die öster­reichische Bevölkerung selbstverständlich eine kräftige inhaltliche Politik, die ein zentrales Pro­blem Europas, nämlich das Straßenverkehrsproblem, im gemeinsamen europäischen Geist zu einer Lösung bringt und dabei effiziente Maßnahmen im Interesse der Bevölkerung setzt. Darum geht es! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie haben immer gesagt, Sie erwarten sich von der Ratspräsidentschaft auch Inhalte. Ich darf Ihnen versichern, daß auch wir von der ÖVP uns Inhalte erwarten. Ein zentraler Inhalt ist selbstver­ständlich die Frage der Lösung des Verkehrsproblems.

Es gibt verschiedenste Anlässe, bei denen dies thematisiert werden kann. Zum Wochenende wird unter der Vorsitzführung von Minister Bartenstein ein Umweltgipfel, ein Umweltrat stattfin­den. (Abg. Ing. Langthaler: Nicht zum Verkehr!) Frau Kollegin Langthaler! Verkehr und Umwelt hängen selbstverständlich – das brauche ich Ihnen ja nicht zu sagen – sehr eng zusammen. Es wird auch dort die Gelegenheit geben, auf die Umweltfragen verkehrsbedingter Art entspre­chend hinzuweisen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Situation um die Brenner-Maut-Klage ist einiger­maßen verwirrend. Diese Klage hängt nach einem Grundsatzbeschluß der Europäischen Kom­mission jetzt schon seit ungefähr einem Jahr – wie ein Damoklesschwert, könnte man sagen – über Österreich. Sie wurde aber erst im Juni dieses Jahres aktiviert und eingebracht. Österreich hat – das sollte die Öffentlichkeit auch wissen – jetzt noch etwa vier Wochen Zeit, um gegenüber dem EuGH Stellung zu nehmen.

An dieser Klage scheint mir einiges faul zu sein. Erstens stützt sie sich auf die alte Wegekosten­richtlinie, die der Europäische Gerichtshof bereits vor drei Jahren für nichtig erklärt hat und die nur noch aus formellen Gründen in Kraft ist. Die alte Wegekostenrichtlinie der EU ist natürlich auch inhaltlich überholt, und zwar durch einen Akt der Europäischen Kommission selbst, näm­lich durch das Grünbuch für faire und effiziente Preise im Verkehr, dem zufolge auch externe Kosten des Verkehrs einzuberechnen wären. (Abg. Mag. Schweitzer: Es hört Ihnen kaum jemand zu!)

Eine wesentliche Voraussetzung für die Lösung des Alpentransitproblems ist natürlich das Land­verkehrsabkommen mit der Schweiz, das erst vor einigen Wochen am Widerspruch Deutsch­lands gescheitert ist. Insofern ist die Klage tatsächlich paradox und kaum zu verstehen. Dieses Schweizer Landverkehrsabkommen ist aber die Voraussetzung dafür, daß etwa ein Drittel des Transitverkehrs, der die Alpen überschreitet, wieder dorthin zurückverlagert wird, wohin er ge­hört: auf den verkehrsgeographisch günstigsten und kürzesten Weg. Einerseits in dieser Hin­sicht die Lösungsvoraussetzungen zu verhindern, auf der anderen Seite aber eine Klage einzu­bringen, das scheint mir paradox zu sein.

Herr Bundesminister! Die ersten fünf Fragen, die ich an Sie gerichtet habe, haben den Inhalt, die österreichischen Reaktionen auf diese Vorgangsweise, die ich in gewisser Hinsicht nur als totale Paradoxie bezeichnen kann, zu klären. Eines muß uns ebenfalls klar sein: Eine – wie offenbar durch die Klage verlangte – Senkung der Brenner-Maut würde selbstverständlich den Straßen­gütertransportanteil gegenüber der Eisenbahn noch weiter ansteigen lassen. Ein solcher Vor­gang wäre aber gegen den Buchstaben des Transitverkehrsabkommens, das Österreich mit der EU geschlossen hat und das Inhalt und Gegenstand des Primärrechts der Europäischen Union ist. Darin heißt es, daß koordinierte Maßnahmen zugunsten des Eisenbahnverkehrs, zugunsten der Bevölkerung und zugunsten der Umwelt zu setzen sind. Man darf doch nicht durch eine kon­terkarierende Maßnahme diese Zielsetzungen des EU-Primärrechts in Frage stellen.

Herr Bundesminister! Die Frage 6 geht auf die Überlegungen zur alten Wegekostenrichtlinie ein, in der die Infrastrukturkosten als wesentlicher Bestandteil von Bemautungen hervorgehoben worden sind. Da sieht man auch recht gut, was Infrastrukturkosten und Umweltkosten eigentlich sind. Herr Bundesminister! Ich bin vollauf davon überzeugt: Wenn wir etwa die dringend notwen­digen Lärmschutzmaßnahmen im Interesse der Anrainerbevölkerung in Tirol im Rahmen eines Bauprojekts ausarbeiten würden, dann wäre die derzeitige Maut ohne Probleme auch infrastruk­turell zu rechtfertigen. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister! Die Fragen 9 bis 12 beziehen sich auf das sogenannte „Maut-stretching“. Das ist ein neueingeführter Terminus, es geht dabei um eine Erweiterung der Mautberechnung auf den gesamten Tiroler Transitkorridor. Ich ersuche Sie hier um eine klare Positionierung. Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Tiroler Wirtschaft mit einer derartigen Sondermaut belastet wird. Das würde wahrscheinlich auch Probleme mit dem Artikel 4 der Bundesverfassung – der Einheitlichkeit des Wirtschafts- und Währungsgebietes Österreich – nach sich ziehen.

Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Verkehrspolitik den LKW-Verkehr wieder auf das nieder­rangige Straßensystem abdrängen wollte. Auch das wäre völlig unverständlich und letztlich ebenfalls dem europäischen Geist widersprechend. Denn in Zeiten eines Binnenmarktes wieder neue Mautstellen an allen Auffahrten zur Autobahn auf der Inntalstrecke zu errichten, wäre wahrlich paradox.

Worauf wir bestehen können, ist ein virtuelles „Maut-stretching“ mit Inkasso am Schönberg. Das können wir uns vorstellen, aber keine Belastung der Tiroler Wirtschaft und Bevölkerung durch den Umwegverkehr.

Darüber hinaus geht es auch um eine Vergleichsrechnung. Man sollte einmal tatsächlich die Zahlen darüber auf den Tisch legen, wie hoch die alpenquerenden Transitkosten auf anderen Strecken, also in der Schweiz und in Frankreich, tatsächlich sind. Wir Tiroler, wir Österreicher sind sicherlich nicht – so wie das aus deutschen Medien zu entnehmen ist – die Wegelagerer der EU! Wir wollen aber auch nicht – und das sollen diese Länder zur Kenntnis nehmen – der billige Jakob in der Transitpolitik und im Transitverkehr sein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Schluß kommend: Fragen des Transits betreffen die Bevölkerung unmittelbar. Angesichts des Zeitplanes, der mit dieser Klage verbunden ist, sind das sehr dringliche Fragen. Wir brauchen ein sehr viel stärkeres Engagement der EU im Hin­blick etwa auf die Eisenbahnlösungen. Wir brauchen aber kaum diese paradoxe Klage der Euro­päischen Kommission!

Ich begrüße daher die Festlegungen unseres Außenministers und Ratspräsidenten Wolfgang Schüssel, der bei dieser Frage standfest bleiben möchte und vorschlägt, keine neuen Kompro­misse anzubieten. Wir haben die Menschen, wir haben die Umwelt auf unserer Seite! (Beifall bei der ÖVP.)

12.49


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Die Beantwortung dieser Anfrage erfolgt durch Herrn Bundes­minister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Farnleitner. Herr Minister, Ihre Redezeit soll nach Möglichkeit 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

12.49


Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner¦: Herr Präsi­dent! Hohes Haus! Zunächst eine kurze Vorbemerkung zur Geschichte dieses Konfliktes: Am 17. Mai 1995 hat der Tiroler Landtag den Beschluß gefaßt, daß empfohlen wird, die Mehrfahrter­mäßigungen zu streichen, die Tarife mit 1 150 S für Euro- und 1 500 S für Non-Euro-Fahrzeuge festzulegen, den Nachttarif zu verdoppeln und Ausnahmen vom Nachtfahrverbot auf lärm- und schadstoffarme Fahrzeuge einzuschränken.

In der Folge hat am 16. November 1995 dieses Hohe Haus einen entsprechenden Entschlie­ßungsantrag beschlossen, der dann von der Bundesregierung am 9. Jänner mit einer Erhöhung der Brenner-Maut per 1. 2. 1996 umgesetzt wurde.

Am 9. 4. dieses Jahres erreichte uns in dieser Sache ein Mahnschreiben der EU, und wir haben jetzt, am 29. Mai 1998, die Klage erhalten. Ich gehe jetzt über alle Zwischenschritte hinweg. Wesentlich ist aber, daß sich die Situation Österreichs im Streitfall mit der Europäischen Union in den letzten Jahren aus mehreren Gründen deutlich verbessert hat.

Der erste Punkt: Durch die Verhandlungen mit der Schweiz hat sich gezeigt, daß die Schweiz errei­chen könnte, daß ein Mitgliedsland schlechter behandelt würde als sie selbst. Daher wurde von Österreich ein Abschluß dieser Verhandlungen blockiert, und es macht Sinn, diese Haltung zu verfolgen.

Zweiter Punkt: Wir haben in meinem Haus nachgerechnet: Die von der Schweiz in Kalkulations­ansätzen gebrachten Wegekosten für die Alpentransitierung würden im österreichischen Fall be­deuten, daß wir für den Brenner einen Tarif von etwa 84 ECU ermitteln könnten. Und das hat die Voraussetzungen für unsere Gespräche mit der Kommission geändert.

Es war mein Bestreben über die beiden Jahre hinweg, eine Klage zu vermeiden, weil wir wissen, daß eine Klage und allfällige spätere Schadenersatzklagen nicht unbedingt das sind, was sich ein Land beziehungsweise ein Wirtschaftszweig wünschen können. Die in der Zwischenzeit ein­gebrachte Klage bringt uns jedoch in folgendes Problem: Wir haben bis 20. August Zeit, die Klage zu beantworten. Jeder weitere Kompromißvorschlag, den wir in der Zwischenzeit einbrin­gen, schwächt unsere Position vor dem Europäischen Gerichtshof. Daher kann es nur so sein, daß wir zwar die Gespräche mit der Kommission auf Expertenebene fortsetzen, in der Klagebe­antwortung selbst jedoch eine harte Linie einnehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

Es ist auch klar, daß wir uns nach dem Studium der Klage, die wegen Diskriminierung und we­gen einer die zurechenbaren Kosten übersteigenden Maut eingebracht wurde, ohneweiters auch bemü­hen können – damit beantworte ich eine der Subfragen des Herrn Abgeordneten Lu­kesch –, durch Baumaßnahmen an der Brenner Autobahn – ich denke etwa an Einhausungen von Inns­bruck bis zum Brenner –, die Infrastrukturkosten so zu verteuern, daß wir gegenüber der EU weit höhere Kosten nachweisen können, als wir das im Augenblick in der Lage sind. (Abg. Schaffenrath: Ist das sinnvoll?) Daher arbeitet die Zeit eindeutig für uns: Wir denken auch daran, bei anderen sensiblen Teilen dieser Straße mit ähnlichen Maßnahmen vorzugehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zu den einzelnen Fragen in der gebotenen Kürze:

Zu den wesentlichen Schritten, die wir jetzt vorhaben, gehört die Klagebeantwortung, für die das Bundeskanzleramt zuständig ist. Ich habe schon darauf hingewiesen, auf welchen Grundüberle­gungen unsere Beantwortung aufbaut. Es muß jedenfalls klar sein, daß wir keinesfalls ein Prä­judiz in Zwischenverhandlungen setzen dürfen.

Zu den Fragen 3 und 4:

Wenn wir unsere Antwort erteilt haben, gibt es nochmals die Möglichkeit der Kommission zu einer Stellungnahme und einer neuerlichen Antwort Österreichs, dann wird der Generalanwalt der Europäischen Union eine Stellungnahme vorbereiten.

Ich gehe davon aus, daß EU-Kommissar Kinnock seine Position folgendermaßen geändert hat: Man sei kompromißbereit, man könne sich auch vorstellen, die Klage zurückzuziehen, wenn zwei Dinge passieren: wenn der Gesamtpreis auf der Strecke 84 ECU beträgt und wenn das Stretching – das schon zu einigen weiteren Folgefragen – erfolgt, das Ausdehnen der Bemau­tung auf die Strecke von Kufstein bis zum Brenner.

Wobei wir da mit folgendem Grundsatzproblem konfrontiert sind – ich sage das jetzt generell, damit ich es nicht zu jeder Frage gesondert beantworten muß –: Die Kommission hat im Zuge der letzten Wochen ihre Position offenbar auch unter dem Eindruck der Beeinflussung durch nördliche Nachbarn stark verhärtet. Es wird jetzt ein Tarifverhältnis betreffend die Strecke Bren­ner – Innsbruck/Kufstein von etwa 70 : 30 oder aber von 60 : 40 argumentiert; das würde ein Verhältnis von etwa 700 S zu 500 S bedeuten. Das ist für die Tiroler Wirtschaft, für die Tiroler Bevölkerung absolut inakzeptabel. Ich habe in dieser Richtung Stellungnahmen aller Tiroler Mit­glieder der Landesregierung – einschließlich des Landesrates Dr. Lugger. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir haben Kompromißvorschläge unterbreitet, darüber gab es einen Expertenbericht der Bun­desregierung, der zwei mögliche Kompromißvarianten vorschlug: zum einen eine generelle Ab­senkung der Brenner-Maut um den Betrag der Strabag von 80 S – das wurde bei dem Ge­spräch, das ich jüngst gemeinsam mit Herrn Minister Einem mit Herrn Kinnock hatte, von diesem als nicht hinreichend abgelehnt –, und der zweite Vorschlag war die Errichtung eines sehr einfachen Mauthütten-Systems auf der Strecke Kufstein – Innsbruck. Ich habe selbst zu dieser Lösung gesagt: Das kann nur jemand vorschlagen, der die Strecke nicht kennt; wir würden dort den ärgsten Umgehungsverkehr haben, den man sich vorstellen kann. Die Bundesstraßen wären wahrscheinlich blockiert, und wir müßten dann diese Maut­hütten an jeder Abfahrt anbringen, dadurch hätten wir gleich ein Maut-System.

Zum zweiten: Es besteht mit allen Experten der ASFINAG Einvernehmen darüber, daß ein Stretching-Modell – wie immer es ist – und ein Road-Pricing-Modell für die Inntal-Strecke, wann immer es umgesetzt wird, im österreichischen Gleichschritt vollzogen werden müßte und 2 S je Kilometer betragen könnte. Das waren die ursprünglichen Überlegungen. Die Kommission geht etwa von dem dreifachen Betrag aus. Das scheint uns absolut nicht vertretbar.

Ein nächster Punkt: Wenn Maut-stretching umgesetzt wird, dann muß es eine Österreich-kom­patible Lösung sein. Sämtliche befragte Experten sagen dazu, daß ein Stretching ebenso wie das österreichische Mautmodell nach dem ebenfalls in der Regierung beschlossenen Trans-Route-System etwa 2001 technisch möglich sein wird.

Insgesamt kann man daher sagen: In den nächsten Wochen wird es darum gehen, die Klage mit der entsprechenden Eindeutigkeit zu beantworten, sich auf den Standpunkt zu stellen, daß wir mit denselben kalkulatorischen Ansätzen arbeiten können wie die Schweiz – dazu haben wir von der Kommission trotz ursprünglich positiver Signale bis jetzt eher negative Antworten gehört.

Zur letzten Frage, welche Mauttarife sonst gelten: Mautpflicht wie am Brenner besteht am Großen-St.-Bernhard-Tunnel, am Mont-Blanc-Tunnel und am Frejus-Tunnel. Für LKW mit drei Achsen gelten als Tarife am Brenner 1 150 S je Euro- beziehungsweise 1 500 S je Non-Euro-Fahrzeug, am St. Bernhard 1 200 S und 1 250 S für Vierachs- und Fünfachszüge und am Mont Blanc 1 980 S. Mit Rückfahrkarten verbilligt sich die Maut am St. Bernhard auf 960 S bezie­hungsweise 1 000 S und am Mont Blanc auf 1 600 S; am Brenner gibt es diese Möglichkeit nicht. Die günstigsten Varianten mit Vielfahrrabatt sind am St. Bernhard 660 S beziehungsweise 960 S im Vierachs- und Fünfachsbereich, und am Mont Blanc werden für Vielfahrer lediglich längerfristige Zahlungsmöglichkeiten im nachhinein geboten, jedoch keine Rabatte.

Herr Präsident! Hohes Haus! Es wird sich in den nächsten Wochen zeigen, daß es wahrschein­lich die bessere Strategie ist, der Klage entgegenzusehen und eine harte Argumentation zu ver­treten. Auf keinen Fall dürfen wir jetzt nachgeben und dabei der Falle erliegen – und das hat Herr Abgeordneter Lukesch auch dargestellt –: Je mehr Fahrzeuge auf einer Strecke fahren, umso billiger – das ist die EU-Philosophie – muß der Tarif sein.

Bei den kommenden Verhandlungen über eine neue Richtlinie für diesen Bereich wird man auf diese Dinge Rücksicht nehmen müssen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.58


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Danke, Herr Bundesminister.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein. Gemäß der Geschäftsordnung darf kein Redner länger als 10 Minuten sprechen, jeder Klub hat eine Gesamtredezeit von 25 Minuten.

Zu Wort gemeldet hat sich als erster Redner Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.59


Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Antwort des Bundesministers hat gezeigt: Österreich hat eine klare Linie, die Bundes­regierung weiß, was sie will (ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen), Österreich zieht gegen­über der Europäischen Union an einem Strang – und diese Haltung verdient auch die Unterstüt­zung dieses Hauses. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir – damit meine ich Österreich – haben uns in dieser Frage auch in der Vergangenheit nicht unter Druck setzen lassen, sind auch früher gegenüber der EU in dieser Frage nicht in die Knie gegangen (Abg. Jung: Wie beim Sparbuch!), und wir haben auch jetzt keinen Anlaß dazu, in die Knie zu gehen. (Anhaltende Zwischenrufe der Abg. Haller und Jung.) Ich plädiere deshalb auch jetzt – angesichts der EU-Klage – für entsprechende Gelas­senheit, im übrigen auch bei Ihnen von der Opposition. Denn ich sehe in dieser Frage keinen besonderen Anlaß für vorauseilenden Gehorsam oder für unnötige Nachgiebigkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich sehe aber auch kein besonderes Problem darin, wenn dieser Rechtsstreit vor dem Europäischen Gerichtshof ausgetragen und dort entschieden wird. Höchst­gerichte – auch auf europäischer Ebene – sind nun einmal dazu da, Rechtsstreitigkeiten über verschiedene Rechtspositionen einer endgültigen Entscheidung zuzuführen. Inzwischen – und das sehe ich in diesem Zusammenhang positiv – kommen wir dem Jahr 2001, mit dem die fahr­leistungsabhängige LKW-Maut eingeführt werden soll, übrigens wieder näher.

Im übrigen erinnere ich daran, daß entgegen verschiedener Unkenrufe der letzten Zeit Öster­reich im EU-Vergleich die wenigsten Konflikte mit der EU-Kommission bei der Anwendung des EU-Rechtes hatte. Wir sind sozusagen Musterschüler in der EU gewesen. Wenn wir es in die­sem Fall nicht sind – und etwa auch nicht beim anonymen Sparbuch –, so sind wir deshalb noch lange keine schlechten Europäer, sondern wir versuchen, gegründet auf unsere Argumente, unsere Rechtsposition durchzusetzen. Und das ist unser legitimes Recht! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Jung.)

Herr Kollege! Was wir in dieser Frage brauchen, das ist Festigkeit und Standhaftigkeit und vor allem auch die Akzeptanz der Bevölkerung. Für uns von der Österreichischen Volkspartei ist klar: Das Transitproblem muß auch in Zukunft im Einvernehmen mit der Bevölkerung gelöst werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Jung.)

Aber auch das sage ich dazu: Unsere Transitpolitik – Herr Kollege, hören Sie zu! – steht auf dem Boden der Rechtsstaatlichkeit, der gültigen Vereinbarungen des Transitübereinkommens und des geltenden EU-Rechtes. Das ist unsere Position, und bei der werden wir auch in Zukunft bleiben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Volkspartei steht auch weiterhin auf dem Boden der Beschlüsse des Hauptausschusses vom 13.6.1997, was die Rückverlagerung des Schweizer Umwegtransits im Rahmen der Ver­handlungen der EU mit der Schweiz über das Verkehrsabkommen betrifft. Österreich kann selbstbewußt auftreten, weil die EU aufgrund der erforderlichen Einstimmigkeit die Position Österreichs in dieser Frage berücksichtigen muß.

Meine Damen und Herren! Der Hauptausschuß hat klar festgehalten: Die Sonderabkommen im Verkehrsbereich mit der Schweiz dürfen nicht ohne Einigung über den Alpentransit abgeschlos­sen werden. (Abg. Dr. Khol: Das ist wichtig!) Österreich akzeptiert keine Schlechterstellung der Transite – insbesondere beim Brenner – gegenüber der Schweiz. Das heißt, wir drängen auf dieselben Rahmenbedingungen, wie sie auch der Schweiz eingeräumt wurden und möglicher­weise werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ohne ausreichendes Kontingent der Schweiz für die 40-Tonnen-LKW gibt es auch keine Zustim­mung Österreichs. Auch die Verkehrswirkungen der derzeitigen Mautsätze müssen erhalten bleiben. Diese Grundsätze, meine Damen und Herren, müssen jedenfalls auch in Zukunft bei den Verhandlungen der Europäischen Union mit der Schweiz bestehenbleiben, und darauf wer­den wir auch beharren.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Experten der EU-Kommission gehen davon aus, daß derzeit für jährlich rund 600 000 Fahrten über den Brenner der kürzeste Weg durch die Schweiz führen würde. Wenn die Schweizer nun ein Kontingent von 120 000 Fahrten für die 40-Tonnen-LKW eröffnen, so könnte Österreich mit einer theoretischen Entlastung von bis zu 20 Prozent rechnen. Ab 2005, wenn die Durchfahrt für 40-Tonner in der Schweiz ganz freigege­ben wird, sollte der umweltbelastende Verkehr in Österreich überhaupt versiegen. Meine Damen und Herren! Das ist eine Perspektive, der wir beruhigt und positiv entgegensehen können. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Angesichts der Tatsache, daß beim Brenner-Transit die LKW-Fahrten von 850 000 im Jahr 1990 auf derzeit 1,2 Millionen angestiegen sind – das ist eine Steigerung von rund 40 Pro­zent –, wissen wir natürlich, daß Handlungsbedarf gegeben ist, Handlungsbedarf beim Straßen­verkehr, Handlungsbedarf vor allem aber auch bei der Schiene. Bedauerlich ist dabei, daß der Eisen­bahngüterverkehr über den Brenner im Vergleich zum Straßenverkehr nur geringfügig ge­stiegen ist. Der Zuwachs auf der Straße liegt fast siebenmal so hoch wie jener auf der Schiene. (Abg. Böhacker: Warum?)

Im Tiroler Bericht der Landesregierung zur Verkehrspolitik, meine Damen und Herren, heißt es: Zwischen 1991 und 1997 blieb das Frachtvolumen der Bahn praktisch konstant, während im gleichen Zeitraum das Güterverkehrsaufkommen auf der Straße um mehr als die Hälfte ange­stiegen ist. – Es ist also keine Frage, daß der Ausbau des Schienenweges über den Brenner be­schleunigt werden muß (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ), daß wir eine große und wichtige Aufgabe vor uns haben und daß es einer nationalen Anstrengung bedarf, dieser Aufgabe gerecht zu werden.

Meine Damen und Herren! Es gibt in dieser Frage auch Kritik an Österreich. Ich erinnere daran, daß der CSU-Verkehrssprecher Dinglreiter anläßlich der letzten Brenner-Blockade gesagt hat, der Güterverkehr auf der Schiene über den Brenner sei unnötig langsam und teuer. So könnte der Straßengüterverkehr über den Brenner sofort um 100 000 Tonnen pro Jahr reduziert wer­den, wenn die Bahn den Transport von Frischgütern für den Münchner Großmarkt zu festge­setzten Terminen garantieren könnte, was derzeit nicht der Fall ist. Er meinte auch, daß die Österreichischen Bundesbahnen viel höhere Trassen- und Traktionspreise als die Deutschen Bundesbahnen verlangen und daß die Fahrzeiten für die 460 Kilometer lange Strecke von München nach Verona noch immer viel zu lang seien.

Meine Damen und Herren! Das ist eine wichtige Herausforderung. Diese Kritik muß ernstge­nommen werden. Mit dieser Kritik müssen sich auch die Österreichischen Bundesbahnen aus­einandersetzen. Sie muß rasch beseitigt werden, damit die Bahn auch tatsächlich einen Beitrag zur Lösung der Transitprobleme über den Brenner leistet. (Beifall bei der ÖVP.)

Es gibt aber auch positive Entwicklungen zu berichten. Ich verweise darauf, daß die Rollende Landstraße Brenner auf dem richtigen Weg ist. Seit 15. Februar wurden von der ÖKOMBI, also von der gemeinsamen Gesellschaft von Bahn, Spediteuren und Frächtern, die Tarife deutlich gesenkt. Mit Beginn der mit Hilfe des Verkehrsministeriums geförderten Rabattaktion auf der Rollenden Landstraße – und das erwähne ich positiv – stieg die Auslastung der Rollenden Land­straße auf über 90 Prozent. Wesentliche Erfolgsfaktoren dieser Aktion waren die billigeren RoLa-Preise und die dichteren Abfahrzeiten im Zwei-Stunden-Takt, die den Frächtern den Um­stieg auf die umweltfreundliche Schiene schmackhaft gemacht haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das ist es, was wir auch in Zukunft brauchen, das ist der richtige Weg, dieser Weg muß konsequent fortgeführt werden. An diesem Weg müssen und sollen sich auch die Österreichischen Bundesbahnen ein Beispiel nehmen, denn dort sind Preise und Fahr­zeiten offensichtlich noch nicht optimal genug. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Aber, meine Damen und Herren – und damit bin ich am Ende meiner Ausführungen –, alle diese verkehrspolitischen Maßnahmen, die wir setzen und setzen müssen, die wir unterstützen und fordern, werden wir auch mit Hilfe der österreichischen Präsidentschaft ein Stück weiterbringen. (Präsident Dr. Neisser gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Lösung der österreichischen, aber auch der europäischen Verkehrsprobleme. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.10


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. 5 Minuten Rede­zeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.10


Abgeordneter Kurt Eder¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Dringliche Anfrage der Abgeordneten Lukesch und Kukacka empfinde ich durchaus als gerechtfertigt. Ich sehe auch die Problematik, die wir diskutieren, als gegeben und dringlich an. Aber meiner Meinung nach sollte man die Dringlichkeit dieser Anfrage auch dahin gehend betrachten, daß wir im Jahr 1996 ein Bundesstraßenfinanzierungsgesetz beschlossen haben, aus dem hervorgeht, daß Road-Pricing für LKWs bereits Ende dieses Jahres hätte ein­geführt werden sollen. Wäre dies so durchgeführt worden, wie es im Bundesstraßenfinanzie­rungsgesetz 1996 vorgesehen war, dann hätten wir heute wahrscheinlich keine Diskussion dar­über, denn dann würde sich die Frage, über die wir heute so dringlich diskutieren, nicht mehr stellen. (Abg. Böhacker: Und wer blockiert hier?)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es war aber in bezug auf die gesamte Abwicklung und tech­nische Machbarkeit letztendlich so, daß die Entwicklung eines funktionierenden Road-Pricing-Systems mehr Zeit als geplant in Anspruch genommen hat. Ich muß leider das bestätigen, was Kollege Kukacka vorhin gesagt hat: Wir kommen dem Jahr 2001 näher, aber wir sind noch lange nicht soweit.

Vielleicht lagen die Gründe dafür, daß es nicht so rasch kommen konnte, nicht nur im techni­schen Bereich, sondern vielleicht hat man auch zu sehr auf die Stimmen jener, die das Ganze nicht haben wollten, gehört. Ich glaube aber, es ist wichtig und notwendig, daß meine Fraktion dieses Vorhaben vehement auch weiterhin unterstützt, sodaß wir letztendlich zu einem guten und vernünftigen Road-Pricing-System kommen und sich solche Fragen, wie wir sie heute hier diskutieren, im Rahmen der Europäischen Integration nicht mehr stellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf eine zweite, meines Erachtens sehr wichtige Situation hinweisen: Es gibt einen Entwurf, wonach die ÖSAG und die ASFINAG verschmolzen werden sollen. Darin wird die ASG, die Alpenstraßengesell­schaft Tirol, nicht erwähnt. Wenn große Gesellschaften wie die Trans-Route in Frankreich ohne weiteres ein hochrangiges Straßennetz mit einer Länge von 1 600 bis 1 700 Kilometern von einer Gesellschaft aus bewirtschaften können, dann müßte es meines Erachtens nicht nur sinn­voll, sondern auch notwendig sein, daß wir in Österreich ebenfalls eine Sonderstraßengesell­schaft haben, die das gesamte hochrangige Straßennetz so bewirtschaftet, daß eine völlige Inte­gration im Bereich der Technik, die angewendet wird, in der gesamten Kostenstruktur und auch in der gesamten Politik, die wir mit der Straßenbewirtschaftung machen wollen, gegeben wäre.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich darf Sie ersuchen – ich weiß, wie schwierig die Umset­zung ist –, trotz allem nicht aufzugeben und die Überlegung doch durchzusetzen, daß wir zu einer vernünftigen Bundesstraßengesellschaft kommen. Ich glaube, daß nur das der Weg sein kann, den wir gehen sollten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einige Anmerkungen zu den derzeitigen Aktivitäten, die im Rahmen der ASFINAG stattfinden, machen. Auch diesbezüglich ist es nach wie vor notwendig – ich habe das schon bei der Finanz- und Wirtschaftsdebatte ge­sagt und möchte es heute wiederholen –, daß möglichst bis zum Jahr 2001 die gesamten Vor­bereitungen so weit gediehen sind, daß in dem genannten Jahr die Möglichkeit besteht, mit dem Road-Pricing-System für LKWs in den Probebetrieb zu gehen. Dazu ist noch eine Reihe von Vorbereitungsarbeiten notwendig. Vor allem handelt es sich dabei um die Mautstellen-Verord­nungsentwürfe, die von der ASFINAG derzeit ausgearbeitet werden. Damit diese ausgearbeitet werden können und auch die entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen bestehen, ist es meines Erachtens notwendig, daß wir im Bundesstraßenfinanzierungsgesetz eine Reparatur jenes Paragraphen vornehmen, der durch den Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde. Es ist eine klarere Determinierung, um welche Straßenzüge es sich dabei handelt, notwendig.

Erst wenn das geklärt ist, ist es möglich, daß eine endgültige Verordnung erlassen wird. Aufgrund dieser Verordnung können dann die rund 24 Hauptmautstellen und 70 Nebenstellen errichtet werden. Dies bringt mit sich, daß rund 3,5 Milliarden Schilling an Investitionen in die Wirtschaft fließen. Das halte ich für ganz besonders wichtig.

Auf der Einnahmenseite sieht es dann folgendermaßen aus: Wenn zu den rund 6,2 Milliarden Schilling aus dem neuen Titel noch etwa 2,5 Milliarden Schilling an zusätzlichen Einnahmen bei der ASFINAG hereinkommen werden, wird es möglich sein – ich habe gestern den Geschäfts­bericht der ASFINAG in die Hand bekommen –, die geplanten Lückenschlüsse mit diesen Mit­teln entsprechend zu finanzieren. Ich bin bereit, dabei mitzuhelfen und mitzuarbeiten. – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.16


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Abgeordneter Ing. Meischberger hat sich zu Wort gemeldet. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.16


Abgeordneter Ing. Walter Meischberger¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das Herumgerede und „Herumgejeiere“ der großen Koalition in Fragen des Tran­sitverkehrs in Tirol ist schon nicht mehr anzuhören. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Auer: Meischberger, sei nicht so vorlaut ...!) Die Ohnmacht der großkoalitionären Verkehrspolitik gip­felt in einer Anfrage von Abgeordneten der ÖVP an ihren eigenen Minister. Anscheinend besteht innerhalb der Koalition nicht mehr die Möglichkeit, vernünftig zu reden oder eine Lösung zu finden.

Man hört vom Abgeordneten Kukacka seit Jahren dieselbe Rede zu diesem Thema – mit null Lösungskompetenz, mit null Lösungsansätzen. Die einzig entscheidende Sache ist, daß geredet und geredet und seit Jahren den Tirolern Sand in die Augen gestreut wird, ohne daß im Transit­bereich irgendwelche Maßnahmen getroffen werden, die für die Bevölkerung den Lebensraum wieder lebenswert machen. Faktum ist, daß es täglich mehr Fahrten, mehr Belastung gibt und daß es täglich schlimmer wird. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Jetzt bestätigen auch Sie die Dringlichkeit!)

In dieser Situation passiert ein Politspektakel mit einer Dringlichen Anfrage, in der Abgeordneter Lukesch den eigenen Wirtschaftsminister ernsthaft fragt, was „Stretching“ sei. Jeder Tiroler, der die „Tiroler Tageszeitung“ liest, bekommt fast täglich diesen Ausdruck in eigenen Rubriken dar­gelegt, und jeder weiß darüber Bescheid. Nur hier verwendet man eine Dringliche Anfrage an den eigenen Minister, um derartige Begriffe zu klären. Das ist für mich der Offenbarungseid der großkoalitionären Verkehrspolitik. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kern der Problematik, von dem wir heute spre­chen, ist der Transitvertrag von anno dazumal. Wenn wir daran denken, daß Verkehrsminister Streicher der Tiroler Bevölkerung bereits 1987 von diesem Platz aus versprochen hat, bis 1992 das Transitaufkommen zu halbieren, und wir heute, sechs Jahre danach, fast eine Verdoppe­lung des Wertes von 1987 haben, dann wissen wir, wohin das Ganze führt.

1994 aber kam, was den Transitverkehr in Tirol betrifft, der absolute Overkill, die absolute Kata­strophe. Diese hat niemand anderer zu verantworten als der heutige Bundeskanzler und dama­lige Verkehrsminister Klima, der damals in großkoalitionärer Zusammenarbeit im Rahmen der Beitrittsverhandlungen zur EU unter Beifall der gesamten Bundesregierung die Interessen der Tiroler Bevölkerung und des Landes Tirol beinhart am Altar der EU-Interessen geopfert hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben zwei Punkte zu erwähnen, die für das Land Tirol wirklich unzumutbar sind: Einerseits ist das die Gesundheitsbelastung, ist das die Einschränkung des Lebensraumes an der Transit­linie selbst und andererseits – darüber ist heute noch nicht gesprochen worden, aber das ist für den Wirtschaftsminister vielleicht doch auch interessant – die absolute Beschädigung des Tourismuslandes Tirol, und dies nachhaltig. Früher hat es schöne Berge gegeben, Schirennen, Werbebilder von Tirol im Ausland. Heute sind es nur mehr Bilder vom Brenner, entweder vom Stau oder von irgendeiner Demonstration, jedenfalls Bilder eines Chaos. Ganz Europa muß meinen, daß dieses Tirol praktisch nicht mehr zu besuchen ist.

Herr Wirtschaftsminister! Das sollte bei Ihnen besonders die Alarmglocken schrillen lassen. Es ist hier wirklich dringendst etwas zu unternehmen. Was aber macht die Koalition? – Die SPÖ verabschiedet sich überhaupt aus der Debatte, und die ÖVP wurstelt weiter, streut der Bevöl­kerung weiter Sand in die Augen und versucht, Zeit zu gewinnen – Zeit, die wir schon lange nicht mehr haben.

Der Landeshauptmann von Tirol spricht immer von seinen „Luftschloßbauten“ wie dem Brenner-Basistunnel. Ich darf nur an seine Grundsatzerklärung im Tiroler Landtag erinnern. Liebe Kolle­gen von der ÖVP! In dieser Erklärung hat Ihr Landeshauptmann davon gesprochen, daß er sich nicht mit Teillösungen zufriedengebe, daß das komplette Projekt der Brenner-Bahn fertig finan­ziert werden müßte, ansonsten würde es keine Zustimmung für einen EU-Beitritt von Tirol geben. Er hat vollmundig gesagt: Wir stellen der EU nicht den Lebensraum unserer Bürger zur Verfügung, sondern höchstens das Innere unserer Berge dem Verkehr.

Was ist passiert? – Alles „Schneck’n“! Von einer unterirdischen Trasse ist überhaupt nicht mehr die Rede. Von einer Finanzierung ist weit und breit nichts zu sehen. Von einer Obergrenze der Anzahl an LKW-Fahrten – Herr Lukesch, da können Sie schon den Kopf schütteln – ist nicht mehr die Rede, sondern diese Obergrenze ist explodiert. Das ist die Wahrheit.

Auf das Fiasko um die Öko-Punkte möchte ich aus Zeitgründen gar nicht näher eingehen. Es ist in diesem Haus darüber debattiert worden.

Herr Bundesminister! Sie haben das Chaos noch verstärkt und weiter dazu beigetragen. Sie haben noch am 4.10.1996 in einer Sendung des ORF-Tirol – ich habe sogar den Pressedienst da – der Tiroler Bevölkerung versprochen, daß es von der Brenner-Maut kein Abweichen gebe. Danach kamen die Kompromisse: Sie haben die Maut um 80 S gesenkt. Natürlich protestierte daraufhin die Bevölkerung aus Angst vor Überlastung. Dann gab es diese Stretching-Ge­schichte, die fatale Auswirkungen auf die Tiroler Wirtschaft hätte. Die Tiroler Wirtschaft müßte durch eine einzigartige Diskriminierung in der EU die Rechnung dafür bezahlen, daß die Bun­desregierung nicht in der Lage ist, eine ansprechende Verkehrspolitik zu machen. – Es gäbe noch viele andere Punkte.

Zum Abschluß: Ihr Bundesparteiobmann hat gestern in der „Tiroler Tageszeitung“ den Vogel ab­geschossen, indem er meinte, daß wir dieser Klage locker entgegenblicken könnten. Wir hätten jeden Raum für Klagen, da wir ja bisher der Musterschüler der EU gewesen sind. Herr Kukacka hat das hier noch wiederholt und dieses Musterschüler-Syndrom der ÖVP gegenüber der EU bestätigt. Das ist ja unglaublich! Darf ich Ihnen noch eines sagen: Klage hin oder her – die Rechte der Tiroler Bevölkerung sind abzusichern! Um dies zu erreichen, wäre ich gerne das Sorgenkind der EU, wäre Tirol gern das Sorgenkind der EU und Österreich das Sorgenkind der EU. Wir können mit Ihrem Musterschüler-Syndrom im Ratsvorsitzrausch leider nichts anfangen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dieser Ratsvorsitzrausch wird sich spätestens bei den Landtagswahlen 1999 in einen fürchter­lichen Kater ummünzen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Für die FPÖ in Tirol! – Abg. Dr. Khol: Den Meischberger müßte man fragen, wer in Tirol Verkehrs­landesrat ist! Das ist nämlich ein Freiheitlicher!)

13.22


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gemeldet ist jetzt Herr Abgeordneter Mag. Bar­müller. – Bitte.

13.23


Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Lukesch, die vorliegende Anfrage ist die mit Abstand eigentümlichste Dringliche Anfrage, die ich je in diesem Hause erlebt habe. Ich gestehe Ihnen schon zu, daß diese ganze Problematik dringlich und auch wichtig ist. Das ist sie allerdings nicht erst, seit die EU dazu eine Klage geführt hat, sondern selbstverständlich schon wesentlich länger, etwa schon seit damals, als die österreichische Bundesregierung im Na­tionalen Umweltplan festgelegt hat, daß sie in Österreich die Kostenwahrheit auch im Verkehr durchsetzen wolle. Seit damals ist dieses Problem dringlich. In den Verhandlungen über die neue Wegekostenrichtlinie wäre es doch wohl notwendig gewesen, daß man von österreichi­scher Seite wesentlich stärker als bisher die Kostenwahrheit betont hätte.

Ich sehe nur eine ÖVP, die zwischen der Bundesebene auf der einen Seite und der Landes­ebene auf der anderen Seite hin- und hergerissen ist. Sie ist hin- und hergerissen zwischen einem Landeshauptmann, der – wenn man schon von Tourismusschädigung hier reden will – sagt, Tirol den Tirolern, und alle anderen sollen bitte draußen bleiben, es kommt uns keiner her­ein, und durchfahren darf sowieso keiner, und einer an der Bundesregierung beteiligten ÖVP, die unter dem Druck der Frächterlobby steht und nicht weiß, wohin sie sich drehen und wenden soll. Als Ergebnis davon kommt es zu einer solchen Dringlichen Anfrage, mit der Sie uns heute hier konfrontieren. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Lukesch: Die Kommission nicht, Herr Kollege, ...!)

Der Herr Bundesminister hat zu Beginn seines Statements gesagt, daß er zuerst ein paar allge­meine Ausführungen machen wolle. Ich habe mir dabei gedacht: Interessant! Als er dann mit den allgemeinen Ausführungen fertig war, hat er sich wieder niedergesetzt, ohne etwas zu den einzelnen Fragen gesagt zu haben. Mich würde allerdings schon interessieren – die gestellten Fragen sind ja nicht uninteressant –, wie es denn wirklich mit Forderungen der Europäischen Kommission an Österreich in bezug auf das sogenannte Maut-stretching aussieht. Weiters würde mich wirklich interessieren, welche Lösungsvorschläge von Österreich diesbezüglich ent­wickelt und auch kommuniziert worden sind. Das habe ich vom Herrn Bundesminister nicht gehört. (Abg. Mag. Kukacka: Da haben Sie nicht aufgepaßt! Das hat der Herr Minister alles er­klärt! Sie müssen aufpassen!)

Und wissen Sie, was er vor allem nicht gesagt hat? Er hat vor allem nicht gesagt, welche Infra­strukturkostenrechnung es für den Brenner-Korridor gibt und welche vergleichbaren Rechnun­gen in anderen Ländern vorliegen. Infrastrukturkostenvergleichsrechnungen – eine hochwichtige Frage!

Herr Abgeordneter Lukesch, bei mir bleibt der Eindruck zurück, daß Sie heute – und das geht insbesondere aus der Rede von Herrn Abgeordneten Kukacka hervor – die ... (Abg. Dr. Lu­kesch: Er hat auf ein wichtiges Problem aufmerksam gemacht!) Ich sage Ihnen, was er wollte: Herr Abgeordneter Kukacka hat hier herunten breit und mächtig ausgeführt, wie standhaft Österreich in dieser Frage sein wird. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Mächtig ist er nicht!) Man werde sich überhaupt nichts gefallen lassen. Ich garantiere Ihnen: Die EU zittert schon. Neil Kinnock in Brüssel steht nach dieser Rede von Herrn Abgeordneten Kukacka bereits der Angstschweiß auf der Stirn. Abgeordneter Kukacka sagte das in dem Wissen, daß die österreichische Bevölke­rung, insbesondere die Tiroler Bevölkerung, die sich natürlich vom Transitvertrag einiges erwar­tet hat, heute zur Kenntnis nehmen muß, daß ihr die Bundesregierung nicht die Wahrheit gesagt hat. Und das wird auch in dieser Frage so bleiben.

Daran leidet die EU-Politik und die Akzeptanz der EU in Österreich: daß man offenbar nicht be­reit ist, das, was man im Inland selbst versprochen hat, auch wirklich durchzusetzen, daß man vor einzelnen Lobbies in die Knie geht und daß man dann in weiterer Folge die EU für etwas verantwortlich machen will, wofür sie nicht verantwortlich ist. (Abg. Dr. Lukesch: Lesen Sie ein­mal den Transitvertrag! Dann werden Sie sehen, wo die Versäumnisse der EU sind!) Denn wahr ist, Herr Abgeordneter Lukesch, daß vom Rat klargelegt werden muß, daß die gesamte – die gesamte! – Verkehrsproblematik nur mit der Kostenwahrheit im Verkehr bewältigt werden kann.

Es ist interessant, daß in dieser Frage offenbar völlig unterschiedliche Auffassungen in der Bun­desregierung bestehen. Als es um die Vorstellungen der österreichischen Präsidentschaft in Sachen Verkehr gegangen ist, hat Herr Bundesminister Einem auf dieses Grünbuch (zeigt es), das von den fairen und effizienten Preisen im Verkehr handelt, Bezug genommen. Er hat ge­sagt, das werden wir weiterentwickeln, und da werden wir die nötigen Umsetzungsschritte set­zen. In diesem Grünbuch sind auch alle anderen Fragen erwähnt, man braucht nur nachzu­lesen, das kann man sich alles anschauen. Nur: Das stimmt nicht mit dem überein, was Sie hier gesagt haben. (Abg. Dr. Lukesch: Selbstverständlich!) Das stimmt nicht mit dem überein, was Herr Abgeordneter Kukacka gesagt hat, und es stimmt insbesondere nicht mit dem überein, was Herr Landeshauptmann Weingartner in Tirol macht.

Man kann daran erkennen, daß diese Bundesregierung in der Verkehrsproblematik in Wahrheit nicht mehr ein und aus weiß. Und genau damit konfrontieren Sie die Österreicherinnen und Österreicher, nämlich mit einer völlig durchlöcherten, inkonsistenten Verkehrspolitik. Das sind die Früchte davon. Sie müssen endlich zur Kenntnis nehmen, daß das geändert werden muß. Solange Sie das nicht ändern, so lange bleiben diese Probleme aufrecht. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn es auf europäischer Ebene Regeln gibt, wie eine Maut zu bemessen ist, dann wird es nach diesen Regeln gemacht werden. Herr Kommissär Kinnock hat schon einmal unserem Herrn Bundesminister gesagt: My dear friend, law is law! – Und so ist es auch: Gesetz ist Ge­setz! Daran kommt man nicht vorbei, und da kann Österreich nicht sagen, reden wir ein bißchen hintenherum und handeln wir dann irgendwie anders. (Abg. Dr. Lukesch: Und das Grünbuch ist dann irrelevant oder wie?) Es ist nicht irrelevant, sondern es müßte seine Umsetzung vorange­trieben werden. Es müßten die Grundsätze, die im Grünbuch und auch im Nationalen Umwelt­plan enthalten sind und zu deren Einhaltung sich die Bundesregierung verpflichtet hat, endlich in der Politik Platz greifen. Das tun sie aber nicht! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Mit der Aussage, wenn unsere Maut nicht hält, dann werden wir sagen, wir machen eine Einhau­sung, und werden wir viel höhere Infrastrukturkosten vorrechnen, als wir derzeit vorrechnen können – das waren die Worte des Herrn Bundesministers –, ist doch in Wahrheit eingestan­den, daß heute die Infrastrukturkosten der Maut nicht entsprechen. Damit ist völlig klar, daß wir das Problem auf europäischer Ebene haben. Und noch einmal: Gesetz ist Gesetz, und Berech­nungsregeln sind Berechnungsregeln. Wenn man sich nicht grundsätzlich zu einer Neuorientie­rung bekennt, dann werden wir noch öfter hier in diesem Hause solche hilflosen Debatten, von unserer Bundesregierung angezettelt, erleben. An der Verkehrsproblematik wird sich damit nichts ändern. Das, Herr Bundesminister und Herr Abgeordneter Lukesch, wird sicherlich nicht die Zustimmung der Liberalen finden. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.29


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.29


Abgeordnete Ing. Monika Langthaler¦ (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Diese Dringliche Anfrage bietet vor allem für zwei Bereiche eine gute Möglichkeit zur Diskussion: Einerseits kann man das absolute Scheitern der Verkehrspolitik der Bundesre­gierung am Beispiel dieser EU-Klage aufzeigen, und andererseits zeigt sich, daß Sie tatsächlich nach wie vor nicht wissen, wie Europapolitik funktioniert.

Herr Abgeordneter Kukacka! Es ist beeindruckend, Ihnen zuzuhören (Abg. Mag. Kukacka: Danke!) und zu glauben, daß Sie das, was Sie sagen, ernst meinen. Ich hoffe wirklich, daß Sie das, was Sie heute hier gesagt haben, selbst nicht ernst nehmen. Ansonsten wäre es wirklich ein Zeugnis dafür, daß Sie nicht wissen, wie die Europäische Union funktioniert, wann und zu welchem Zeitpunkt eine Klage überhaupt erst eingebracht wird.

Jetzt diese sture Position einzunehmen – das sei auch an Sie gerichtet, Herr Minister –, offenbar ohne sich Strategien zu überlegen, ohne Rahmenbedingungen zu schaffen für den Fall, daß diese Klage tatsächlich Erfolg hat – und Sie wissen genau, Herr Minister, daß es nicht ganz so ab­wegig ist, daß diese Klage Erfolg hat –, das ist unverantwortlich! Ihre Anfragebeantwortung, Herr Minister, war in diesem Sinne ebenfalls unverantwortlich, genauso wie die Reden von seiten der ÖVP. (Beifall bei den Grünen.)

In einem gebe ich der ÖVP ja recht: Diese Anfrage ist dringlich, das Thema ist absolut dringlich. (Abg. Dr. Khol: Darum haben wir die Dringliche ja auch eingebracht!) Ich möchte Ihnen daher zu Beginn meiner Ausführungen nochmals in Erinnerung rufen, wie die Verkehrssituation in Österreich generell aussieht.

Ich habe hier einen offiziellen Bericht des Landes Tirol. Herr Abgeordneter Lukesch, Herr Abge­ordneter Khol, Sie sind doch sicher auch interessiert an diesem Thema, da es Ihr Bundesland betrifft. Ich darf Ihnen einen aktuellen Bericht aus dem Jahr 1997 zeigen: Verkehrsentwicklung in Österreich 1980 bis 1997. (Die Rednerin zeigt ein Diagramm.) Es ist zu einer Verdoppelung gekommen, Herr Klubobmann Khol! Eine Verdoppelung der Verkehrsbelastung in Österreich passiert aber nicht zufällig, dazu kommt es, weil keine entsprechende Politik stattfindet. Das passiert dann, wenn zwei Minister Verkehrspolitik machen, die nicht miteinander, sondern gegeneinander agieren, was bewirkt, daß es zu einem doppelten Ausbau der Infrastruktur kommt, wie zum Beispiel beim Semmering. Dieses Thema haben wir ja oft genug hier diskutiert. Der eine will einen Tunnel für die Bahn bauen, der andere daneben einen Tunnel für die Straße. Das geht völlig aneinander vorbei und zeigt ganz, ganz deutlich, daß es keine Koordination gibt, keine Strategie, keine Planung. Und dann wundert man sich offensichtlich, daß die EU – wie eben bei der Brenner-Maut – einmal ernst macht und auch, wie angekündigt, eine Klage vorbe­reitet und einbringt. (Beifall bei den Grünen.)

Lassen Sie mich Ihnen ein zweites Diagramm zeigen, das einmal mehr aufzeigt, was davon zu halten ist, wenn Sie davon reden, daß es notwendig ist, den Verkehr endlich verstärkt auf die Schiene zu bringen, daß das gerade im sensiblen Alpenbereich notwendig ist. Schauen Sie sich das an, ein offizieller Bericht vom Land Tirol (die Rednerin zeigt neuerlich ein Diagramm): Wenn Sie die Entwicklung des Güterverkehrs auf der Straße und auf der Bahn vergleichen, dann sehen Sie ein Dokument Ihres Scheiterns in der Verkehrspolitik (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Schaffenrath), ein Dokument des Landes Tirol, das Ihnen aufzeigt, wohin die Ver­kehrspolitik der Bundesregierung uns geführt hat.

Es ist zu einer Zunahme der Belastung für die Bevölkerung gekommen – es ist unzumutbar, wie es den Leuten dort geht –, aufgrund einer enormen zusätzlichen Belastung mit Kohlendioxid, mit Stickoxiden, mit anderen Schadstoffen, einer enormen Zunahme der Lärmbelastung, einer ent­sprechenden Minderung der Lebensqualität. Der Hinweis auf den Tourismus ist da zweifellos zu­treffend, aber ich möchte im besonderen darauf verweisen, daß Menschen 365 Tage im Jahr dort leben müssen und daß diese permanente und zunehmende Verkehrsbelastung für diese Leute unerträglich ist.

Nicht nur vom Land Tirol gibt es diese Dokumente einer gescheiterten Verkehrspolitik, auch von der OECD. Es gibt einen OECD-Bericht, worin sehr deutlich darauf hingewiesen wird, daß Österreich seine Verkehrspolitik ändern muß, daß es seine Politik mehr in Richtung umweltver­trägliche Verkehrspolitik ändern muß. Österreich hat nach Griechenland betreffend den Zu­wachs das stärkste Verkehrsaufkommen im gesamten westeuropäischen Raum. Wir sind da Spitzenreiter, und das nicht zufällig, sondern aufgrund des politischen Versagens dieser beiden Minister, die gegeneinander arbeiten, auch in Fragen der Brenner-Maut, und selbstverständlich auch aufgrund der unglaublichen Kostenentwicklung, nämlich einer permanenten Verbilligung des LKW-Verkehrs.

Ich möchte Ihnen anläßlich dieser Debatte nur eine Zahl nennen, mit der man wunderbar zeigen kann, wie billig mittlerweile der LKW-Verkehr in diesem Land geworden ist. Noch vor wenigen Jahren betrugen die Einnahmen aus der Straßenbenützungsgebühr 3,5 Milliarden Schilling. Heute, Herr Abgeordneter Lukesch – Sie werden das wissen, nehme ich an –, sind es 900 Mil­lionen Schilling.

Die Konsequenzen sind logisch. Die kurze Zeitperiode, in der man tatsächlich versucht hat, die Güter auf die Bahn zu bekommen, ist vorbei. (Abg. Wabl: Das ist die Verkehrspolitik der ÖVP!) Die Zunahme im LKW-Verkehr auf der Straße ist aufgrund dieser völlig falschen Kostenent­wicklung passiert und nicht zufällig!

Meine Damen und Herren! Wir wissen seit langem, daß die EU die Brenner-Maut beeinsprucht. Wir wissen seit langem, daß es notwendig ist, da Rahmenbedingungen zu schaffen, und ich bin wirklich entsetzt, Herr Minister, daß Sie genau die gleiche Position einnehmen wie in den letzten Monaten und offenbar tatsächlich glauben, daß, wenn man stur bleibt, die Kommission ihre Meinung schon ändern wird.

In der Verkehrspolitik sind nicht nur klare Änderungen in Richtung Förderung des öffentlichen Verkehrs, Ausbau der Bahn, Verteuerung des Verkehrs nötig, sondern es muß im besonderen der LKW-Verkehr verteuert werden. Der Vorschlag der Bundesregierung, den Sie auch heute hier wiederholt haben, Herr Minister, lautet: 2 S pro Kilometer. Das ist inakzeptabel! Sie wissen genau, daß es eine Untersuchung der EVA im Auftrag des Verkehrsministeriums gibt, in der Ihnen, der Bundesregierung, nachgewiesen wird, daß das nicht zu einer Änderung des Ver­kehrsaufkommens führen wird. Dieser Betrag ist viel zu niedrig. Die Frächter haben in den letzten zwei, drei, vier Jahren so viel gewonnen, daß sie diese Erhöhung von 2 S pro Kilometer locker wegstecken, das ändert überhaupt nichts an der Zunahme des LKW-Verkehrs.

Unser Ziel ist, daß es in ganz Österreich, besonders aber im sensiblen Alpenbereich zu einer massiven Verringerung der Verkehrsbelastung kommt, und dazu bedarf es entsprechender öko­nomischer Rahmenbedingungen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich bringe in dieser Debatte zwei Entschließungsanträge ein, und ich bin gespannt, wie sich ins­besondere die Tiroler Abgeordneten dazu verhalten werden. Beide Anträge sind dahin gehend ausgerichtet, daß man Vorkehrungen treffen muß für den Fall, daß diese Klage erfolgreich ist. Die Vorbereitungen darauf und die Strategie müssen jetzt in Angriff genommen werden. Herr Abgeordneter Lukesch, ich weiß genau, was passieren wird: Wenn die Klage erfolgreich sein wird, dann werden Sie hier am Rednerpult stehen und sagen: Oje, sie war erfolgreich! Leider müssen wir jetzt mit der Maut heruntergehen, leider müssen wir die Schleusen völlig auf­machen! Böse EU! Wir wären ja so musterschülerhaft gewesen, aber leider, leider – die böse EU ist schuld.

Sie fördern damit eine Stimmung in der Bevölkerung, die gegen Europa insgesamt gerichtet ist, die zeigt, daß man ohnmächtig ist, die die Leute auf die Straße bringt und die zu einer Radikali­sierung beiträgt. Und das kann doch wirklich nicht in Ihrem Sinne sein!

Ich bin überrascht, daß die ÖVP eine solche Politik verfolgt, gerade in diesem sensiblen Bereich. Deshalb bringe ich zwei Anträge ein, um die Höhe der Maut sicherzustellen, Herr Abgeordneter Lukesch, so wie sie jetzt in Tirol gilt. (Abg. Dr. Lukesch: Da treffen Sie die Tiroler Wirtschaft mitten ins Herz!)

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Langthaler, Freundinnen und Freunde betreffend „Maut-stretching“

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten sowie der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr werden aufgefordert, so rasch wie technisch möglich die Bemautung der Brenner-Strecke vom Bereich Schönberg – Brennersee auf den Bereich Kufstein – Brennersee auszudehnen. Die Maut für LKW ist in der derzeitigen Höhe beizubehalten.“

*****

Der zweite Entschließungsantrag, der ebenfalls besonders dann wesentlich würde, wenn die Klage erfolgreich wäre, lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Langthaler, Freundinnen und Freunde betreffend Einführung eines LKW-Nachtfahrverbots auf der Brenner und Inntal Autobahn

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten sowie der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr werden aufgefordert, in Abstimmung mit dem Landeshauptmann von Tirol sicherzustellen, daß es im Falle einer gegebenenfalls not­wendigen Absenkung der Mauttarife für LKW in den Nachtstunden zur sofortigen Einführung eines Nachtfahrverbotes für LKW kommt, um die Tiroler Bevölkerung vor den Belastungen des LKW-Nachtverkehrs zu schützen.“ (Abg. Dr. Lukesch: Das ist vorauseilender Gehorsam!)

*****

Meine Damen und Herren! Eine sture, völlig inkompetente Haltung wird wohl nicht genügen, um in dieser sensiblen Causa erfolgreich zu sein. Ich hoffe, die ÖVP hat mehr zu bieten als bei der heutigen Debatte! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.38


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Beide Entschließungsanträge, die Frau Abgeordnete Ing. Langthaler soeben vorgetragen hat, sind geschäftsordnungsgemäß überreicht worden, aus­reichend unterstützt und werden in die Verhandlung mit einbezogen.

Der nächste Redner ist jetzt Abgeordneter DDr. Niederwieser. 3 Minuten freiwillige Redezeitbe­schränkung.

13.39


Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich denke, bei dieser Diskussion ist vor allem eines gefordert, nämlich eine gewisse Ehr­lichkeit: Ehrlichkeit gegenüber der Europäischen Union, aber auch Ehrlichkeit gegenüber unse­ren Bürgern.

Ich möchte gleich damit beginnen, Ihnen, Kollegin Langthaler, von hier aus zu sagen, wie ich be­ziehungsweise wie wir stimmen werden, nämlich mit Nein.

Aber zunächst zum Inhaltlichen. Sie sagen, die Bundesregierung hat dieses Maut-stretching so­fort vorzunehmen. Das wäre doch mehr als ungeschickt! Es ist nach wie vor Teil einer Verhand­lungsposition – einer Verhandlungs­position, die im Gegenzug die Zurücknahme der Klage erforderlich macht. Wenn wir jetzt sagen, wir dehnen die Maut aus, mit allen negativen Begleit­erscheinungen, und die Klage bleibt trotz­dem an uns hängen, dann hätten wir mit diesem Antrag wirklich überhaupt nichts gewonnen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Zum Nachtfahrverbot. Bundesminister Einem hat sich – das ist mir jedenfalls deutlich in Erinne­rung – bereits darauf festgelegt, daß, wenn es tatsächlich dazu kommen sollte, daß die Klage oder das Verfahren in zwei Jahren in diesem Sinne ausgeht, auch die Möglichkeit eines Nacht­fahrverbots für LKWs gegeben ist.

Ich würde es aber in der jetzigen Situation für unfair halten – ich sage das hier ganz offen –, von der Transportwirtschaft zu verlangen, um teures Geld die LKWs nach und nach umzustellen, umzurüsten auf lärmarme und schadstoffarme LKWs, wenn noch nicht klar ist, ob es, wenn die Flotte umgerüstet ist, nicht vielleicht zu einem Nachtfahrverbot kommt. So etwas darf man ohne wirklich dringenden Grund nicht machen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Die Brisanz des Themas wurde hier schon erwähnt. Ich denke, wenn die Bundesregierung eine Frist hat bis zur Stellungnahme, dann müssen wir die Chance nützen, dieses Thema hier zu dis­kutieren. Damit komme ich noch einmal auf Kollegin Langthaler zurück. Sie haben gemeint, Österreich müsse die Verkehrspolitik ändern. Da gebe ich Ihnen bis zu einem bestimmten Punkt durchaus recht. Aber es wäre wirklich ein Belügen der Bevölkerung, würden wir den Eindruck er­wecken, wir könnten auf der Strecke von Kufstein bis zum Brenner die Kosten für den europäi­schen Transitverkehr regeln. Das ist unmöglich! Wir können unmöglich auf dieser kurzen Strecke die Kostenwahrheit herbeiführen. Das ist nur mit der Wegekostenrichtlinie der EU für alle Strecken der EU möglich. (Abg. Ing. Langthaler: Ich verteidige nicht die Wegekostenricht­linie!) Das wissen Sie ganz genau! Daher ist die Verhandlungsposition in jedem Fall, unsere Interessen bei dieser Wegekostenrichtlinie massiv einzubringen. Das ist das wichtigste! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir wollen die Anlastung der externen Kosten, wir wollen selbstverständlich die sensiblen Korri­dore, und wir wollen auch die Querfinanzierungsmöglichkeiten. Wir wissen, daß die Europäische Union in diesem Zusammenhang auf den ersten Blick säumig ist. Seit 1995 ist die geltende Wegekostenrichtlinie aufgehoben, gilt aber noch so lange, bis eine neue kommt. Nur, wer sind denn eigentlich die Gegner einer neuen Wegekostenrichtlinie? – Es wäre falsch, zu sagen, es ist die EU oder die EU-Kommission. Die EU-Kommission hat sich sehr wohl bemüht, einen ver­nünftigen Vorschlag zu machen – Sie wissen, daß sich Neil Kinnock sehr eingesetzt hat –, aber einzelne Mitgliedsländer sind dagegen.

Minister Farnleitner hat von einem nördlichen Nachbarland geredet. Sagen wir ganz offen, wer das ist: Es ist Deutschland (Abg. Ing. Langthaler: Bayern!), das sehr massiv sowohl den Vertrag mit der Schweiz blockiert als auch unsere Maut bekämpft. Aber auch da muß man noch­mals differenzieren. Es ist nur fair, nicht einfach zu sagen, Deutschland ist das, sondern es ist die derzeitige deutsche Bundesregierung, die diese Position vertritt. Wir wissen aus der Diskus­sion im Deutschen Bundestag, daß die Sozialdemokraten diesbezüglich eine andere Position einnehmen, die unseren Intentionen wesentlich stärker entgegenkommen würde.

Herr Bundesminister! Ich denke daher, daß wir diese Position der Bundesregierung, die Sie er­wähnt haben, sehr wohl unterstützen, daß es aber wichtig ist, der Europäischen Union auch ent­gegenzuhalten, daß sie bei der Einhaltung ihrer Versprechungen in unserem Transitvertrag das eine oder andere – ich denke da an den Anhang bezüglich Infrastrukturmaßnahmen – noch zu erledigen hat. Auch das gehört zu einer Vereinbarung, daß beide Teile ihre Verpflichtungen ein­halten. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.44


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. 5 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.44


Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Die Dringliche Anfrage der Österreichischen Volkspartei ist, wenn man genau analysiert, welche Worte in der Beantwortung gefunden wurden, und wenn man die Stellungnahmen des Kollegen Kukacka und anderer ÖVP-Parlamentarier hört, nichts anderes als eine Zumutung (Beifall bei den Freiheitlichen), ein Eingeständnis, daß man die Probleme nicht bewältigen kann.

Meine Damen und Herren! Ich nehme mit Verwunderung zur Kenntnis, daß ein Abgeordneter der SPÖ in diesem Zusammenhang das Wort „Ehrlichkeit“ in den Mund nimmt. Ich glaube, beim Thema Ehrlichkeit, Herr Kollege Niederwieser, ... (Abg. Dr. Khol: Sagt der Firlinger!) Ja, das sage ich, ganz genau! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: „Ehrlich“ sagt der Firlin­ger!) Herr Kollege Khol! Das kann ich mir leisten, im Gegensatz zu Ihnen.

Um auf Herrn Kollegen Niederwieser zurückzukommen (Abg. Schwarzenberger: Einfach ehr­lich, einfach Rosenstingl!): Die Ehrlichkeit der Regierungsfraktionen (Rufe bei der ÖVP: Rosen­stingl!), diese Ehrlichkeit ist schon im Vorfeld der EU-Beitrittsverhandlungen völlig auf der Strecke geblieben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kukacka: Sie waren ja schon in jeder Fraktion ehrlich!) Meine Damen und Herren! Sie haben den Österreicherinnen und Öster­reichern vorgemacht, die Transitprobleme würden wir mit dem Transitvertrag in den Griff be­kommen. – Nichts davon, meine Damen und Herren, ist eingetreten! Sie haben sich vor den Österreicherinnen und Österreichern und auch vor der EU peinlichst blamiert, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Auer: Firlinger redet von Ehrlichkeit! Da muß man Schmidt fragen, wie ehrlich er war!)

Herr Abgeordneter Kukacka hat gemeint, es gebe nicht viele Rechtsverletzungen, nur einige wenige kleine. – Wir haben gravierende Probleme mit der Europäischen Union, Herr Kukacka, nehmen Sie das endlich einmal zur Kenntnis! Anonymität, Transitvertrag – ist das nichts, frage ich Sie! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, es hat keinen Sinn, den Kopf weiterhin in den Sand zu stecken. Das wird das Problem nicht lösen. Es hat auch keinen Sinn, zu spekulieren, ob es irgendwann einmal zwischen der EU und der Schweiz zu einer Lösung kommen wird. Ich glaube, man sollte die Rechnung auch nicht ohne den Wirt machen, denn so dumm sind die Schweizer, die Eidgenossen, bei Gott nicht, daß sie die Fehler, die die österreichische Regie­rung vor dem EU-Beitritt gemacht hat, noch einmal wiederholen werden. Man soll nicht immer andere für dumm erklären! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lukesch: Der hat keine Ahnung!)

Meine Damen und Herren! Die Probleme müssen durch eine offensive Strategie gelöst werden. Wir haben im Zuge der Debatte am 16. November 1994 auch darauf hingewiesen, daß es nicht ausreicht, nur die Maut zu erhöhen und zu warten, was passiert, sondern daß es auch Maßnah­men bedarf, baulicher Maßnahmen beispielsweise. Ich habe vom Herrn Bundesminister ver­nommen, daß er das vorhat. – Herr Bundesminister! Nur Ankündigungen sind mir zu wenig, Sie müssen es auch in die Tat umsetzen.

Ich glaube auch, daß wir hier den Kostennachweis erbringen müssen. Das ist wie bei einem Wirtschaftsunternehmen, das eine Abschreibung in seiner Bilanz hat. Wenn es keine Abschrei­bungen mehr tätigt, wird das Unternehmen weniger wert, und dann kann es dem Kunden auch weniger verrechnen. Ich glaube, genau das gleiche müssen wir aus volkswirtschaftlicher Sicht bei baulichen Maßnahmen tun.

Daher werde ich mir jetzt erlauben, einen Entschließungsantrag einzubringen, der genau in diese Richtung zielt. Ich darf auch die Vertreter der Regierungsparteien höflich ersuchen, diesen Antrag, wenn das alles ernst gemeint war, gebührend zu unterstützen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Meischberger, Mag. Firlinger und Kollegen betreffend Brenner-Maut

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Hinblick auf die Klage gegen Österreich den zustän­digen Organen der EU den Standpunkt darzulegen, daß Österreich sich genötigt sieht, umfang­reiche Bauarbeiten (Einhausungen und Trassenverlegungen in den Berg, wie dies im Bereich der Unterinntal-Bahntrasse vorgesehen ist) im Bereich der Brenner Autobahn zum Schutz der Anrainer und der Umwelt zu beginnen, falls es nicht möglich sein sollte, eine deutliche Reduk­tion des Transitverkehrs auf dieser Strecke durch entsprechende Gestaltung der Mautgebühren zu erzielen.“ (Abg. Dr. Lukesch: Aha! Meischberger zuhören!)

*****

Meine Damen und Herren! Das ist nichts anderes, als die Europäische Union, die Kommission klar vor die Alternative zu stellen: Entweder es gibt Neuverhandlungen über den Transitbereich, Neuverhandlungen im österreichischen Interesse, was die Wegekostenrichtlinie betrifft, oder wir werden halt die Maut nochmals verteuern, aber diesmal durch bauliche Maßnahmen. Diese klare Sprache muß man ausformulieren, das muß auf den Tisch – und nicht Schönwetter­parolen, wie wir sie von den Kollegen Regierungsvertretern gehört haben. (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

13.49


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Der von Abgeordnetem Mag. Firlinger vorgetragene Entschlie­ßungsantrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte.

13.49


Abgeordnete Maria Schaffenrath¦ (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Mini­ster! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister, Sie haben eingangs Ihrer Anfragebeant­wortung einen kurzen Rückblick auf die Gegebenheiten in Tirol gemacht, und Sie haben eigent­lich beim 17. Mai 1995 begonnen oder aufgehört, je nachdem, aus welcher Richtung man das sehen will. Da muß ich dem Abgeordneten Meischberger schon recht geben, daß die Ursache für die jetzige Problematik eigentlich viel weiter zurückliegt. (Eine Person versucht unter lauten Rufen in den Sitzungssaal einzudringen, wird jedoch von den Bediensteten des Hauses daran gehindert.)


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Entschuldigen Sie, Frau Abgeordnete! – Bitte, die Türe zu schließen! – Bitte, Frau Abgeordnete, setzen Sie fort.


Abgeordnete Maria Schaffenrath¦ (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! – Herr Abgeordneter Meischberger! Sie haben schon darauf hingewiesen, daß die Problematik der Transitbelastung viel weiter zurückreicht und eigentlich schon im Transitvertrag begründet liegt. Ich meine, daß wir nicht vergessen sollten, daß dieser Transitvertrag beziehungsweise dieses Transitüberein­kommen von den jetzigen Regierungsparteien ausgehandelt wurde, daß die Werte, die man da festsetzte, sehr großzügig, möchte ich sagen, angenommen wurden und daß es da noch einen weiteren Schritt in Richtung Verschlechterung im Rahmen der Beitrittsverhandlungen zur EU gegeben hat.

Da kommt noch hinzu, daß der Landeshauptmann von Tirol im Wissen um die Problematik bei diesem Transitvertrag denselben verteidigt hat, das Ganze noch mit Drohgebärden gegen Wien garniert und so geradezu eine Umsetzung der vorhersehbaren Mängel und Problemlagen für die Tiroler und Tirolerinnen eingefordert hat.

Und es ist jetzt genau dieser Landeshauptmann Weingartner – für den Herr Abgeordneter Lukesch hier schwache Wahlkampftöne angeschlagen hat –, der sich zu den Blockierern auf den Schönberg stellt, ohne den eigenen politischen Handlungsspielraum, nämlich jenen Bereich, für den er Kompetenzen hat und immer noch hätte, auszunützen.

Die Kosten für den Transit sind die eine Seite, aber es gibt noch eine zweite Komponente, und da stellt sich die Frage: Wo gibt es in Tirol langfristige, durchdachte Verkehrslenkungsmaßnah­men wie zum Beispiel Überholverbote, Geschwindigkeitsbeschränkungen für LKW? – Das gibt es in Tirol nicht! Vor allem gibt es keine Kontrolle, obwohl die Kompetenz dafür ausschließlich beim Landeshauptmann liegt, weil er die Gendarmerie entsprechend einteilen kann, weil er entschei­den kann, wo in Tirol kontrolliert wird, ob Ruhezeiten eingehalten werden, ob die Gewichte ein­gehalten werden, ob Ausnahmeregelungen notwendig sind.

Wo gibt es in Tirol, Herr Abgeordneter Lukesch, die Kontrolle von Reifenprofilen? (Abg. Dr. Lu­kesch: Dafür haben wir einen Verkehrslandesrat!) Das liegt in der Kompetenz des Landes­hauptmannes, aber er nützt dafür seinen politischen Handlungsspielraum nicht aus. Er macht die Tiroler Autobahn für den Transit geradezu noch zusätzlich attraktiv. Das wissen Sie genau­sogut wie ich.

Sprechen wir doch auch noch die verfehlte Raumordnungspolitik der Tiroler ÖVP in der Vergan­genheit an! Es ist wahr, daß Raumordnung für Verkehrspolitik ein wesentliches Instrument ist, wenn man es zukunftsweisend und langfristig oder gut überlegt einsetzt. Doch diesbezüglich haben wir einiges in der Vergangenheit zu beklagen, und dafür gibt es eindeutige politische Ver­antwortlichkeiten.

Herr Kollege Lukesch! Sie sagten heute hier, das Damoklesschwert der EU-Klage hänge über uns und dieser Umstand sei der Anlaß für diese Ihre Dringliche Anfrage. Da gebe ich Ihnen recht! Aber wir sollten schon einmal bedenken, warum es denn dazu gekommen ist.

Herr Wirtschaftsminister! Sie haben gemeinsam mit den anderen Regierungsmitgliedern am 10.3. die Ausweitung der Maut beziehungsweise Maut-stretching vereinbart. Es gab am 18.3. eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem Verkehrsminister und der Europäischen Kommission. Das war beschlossene Sache. Sie haben aber aus meiner Meinung nach falsch verstandener Rücksichtnahme gegenüber dem Landeshauptmann von Tirol in letzter Konse­quenz anders entschieden. Sie haben die Möglichkeit versäumt, diese Klage noch abzuwenden. Sie haben die Umsetzung der Mautausweitung von Kufstein bis zum Brenner auf das Jahr 2001 verschoben, obwohl es möglich gewesen wäre – und das sieht auch der Herr Verkehrsminister so –, das innerhalb eines Jahres abzuwickeln.

Damit gehen Sie ein großes Risiko ein. Sie gehen das Risiko ein, daß Österreich einen Scha­denersatz in Milliardenhöhe zu bezahlen haben könnte, und die Bezahlung dieses Schadener­satzes würde sich jedenfalls zu Lasten der österreichischen Wirtschaft und auch zu Lasten der österreichischen Steuerzahler und Steuerzahlerinnen auswirken. Herr Minister Farnleitner! Sie werden das sicherlich korrigieren. Ich habe jedenfalls am 6.7. in der APA gelesen – und das ist meiner Ansicht nach eine falsche Information der Bevölkerung –, daß Österreich noch bis 8.8. eine Frist zur Abwendung der Klage hätte. Die Sprecherin von Kinnock hat von dieser Frist noch überhaupt nichts gehört, sie kennt nur eine Frist, nämlich den 20.8., und innerhalb dieser Frist sollte Österreich auf die EU-Klage entsprechend reagieren.

Außenminister Schüssel hat dem Ganzen noch die Krone aufgesetzt, indem er meinte – und der Herr Kollege Lukesch unterstützt ihn dabei und ruft ihn auf, weiterhin standhaft zu bleiben –, es wäre ja geradezu positiv, von der EU geklagt zu werden. Sie, Herr Minister Farnleitner, meinen, es wäre doch immerhin noch ein Zeitraum von zwei Jahren sozusagen gewährleistet, innerhalb dessen wir uns noch etwas einfallen lassen könnten.

Das halte ich wirklich für eine Politik, die ich nur mit dem Ausdruck „Den-Kopf-in-den-Sand-Stecken“ bezeichnen kann. Das ist aus meiner Sicht vielmehr ein untauglicher Versuch, sich über EU-Wahlen, über Landtagswahlen und vielleicht sogar noch über Nationalratswahlen hin­wegzuschwindeln. (Beifall beim Liberalen Forum und der Abg. Ing. Langthaler.)

Herr Minister Farnleitner! Sie haben heute die Überlegung in die Diskussion gebracht, die Auto­bahn von Innsbruck bis zum Brenner einzuhausen. Da muß ich Sie fragen, ob Sie die Autobahn von Innsbruck bis zum Schönberg nicht kennen. Ist das Ihre Überwindung der Mautproblematik auf der Brenner Autobahn? Wenn ja, dann zweifle ich jedenfalls ganz stark daran, daß sich Österreich inhaltlich stark und kompetent in EU-Fragen und in Fragen der EU-Verkehrspolitik positioniert.

Was ich von Ihrer Seite vermißt habe, sind klare Aussagen in Richtung Kostenwahrheit auf Österreichs Straßen, Kostenwahrheit auch für österreichische Frächter – wir unterscheiden nicht zwischen guten österreichischen und schlechten europäischen Frächtern – und auch klare Aus­sagen in Richtung Verkehrsvermeidung, Verkehrsreduzierung, und zwar österreichweit. Das be­dauere ich – auch im Namen aller Tiroler und Tirolerinnen – sehr. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.57


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.57


Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic¦ (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Problem, vor dem wir in Sachen Verkehrspolitik europa­weit stehen, liegt darin begründet, daß der freie Warenverkehr grundrechtlich abgesichert ist und notfalls mit Klagen durchgesetzt werden kann, während ein Grundrecht auf Gesundheit, ein Grundrecht auf eine intakte Umwelt und ein Grundrecht auf Bewahrung der Lebensgrundlagen nach wie vor weder ausformuliert noch verbrieft sind. Vor diesem Hintergrund ist es nicht ver­wunderlich, daß die Bevölkerung, deren Gesundheit bereits belastet beziehungsweise angegrif­fen ist, keine andere Möglichkeit hat, als auf die Straße zu gehen. Sie kann nicht auf ein Recht pochen, weil die Spielregeln unfair formuliert sind.

Vor diesem Hintergrund agiert auch die österreichische Bundesregierung. Nur: Es gäbe weit mehr Spielräume, die sie ausschöpfen könnte, als sie tatsächlich nützt.

Es gab einmal einen österreichischen Bundeskanzler, der beklagt hat, daß Erdäpfel aus Deutschland nach Italien auf der Straße transportiert werden, damit sie dort gewaschen werden, und dann zum Konsum wieder nach Deutschland zurücktransportiert werden.

Meine Frage ist: Was hat die Bundesregierung seither getan? – Es gibt eine Fülle von Konzep­ten, ein Bündel von Maßnahmen, die zum Inhalt haben, wie man nach und nach der Verkehrs­lawine auf der Straße beikommen könnte. Meine Kollegin Monika Langthaler hat die wichtigsten Maßnahmen schon kurz angesprochen. Ich möchte sie hier genauer anführen.

Erstens: Selbstverständlich muß der Straßenverkehr, insbesondere der LKW-Verkehr, der die Straßen übermäßig belastet und schädigt, verteuert werden.

Zweitens: Es muß der öffentliche Verkehr attraktiver gemacht werden und so lange, als es noch keine Kostenwahrheit gibt, auch gestützt und öffentlich gefördert werden.

Drittens: Wir müssen neue Konzepte für eine allgemeine kilometerabhängige Bemautung des Straßenverkehrs erarbeiten, und zwar nicht nur auf besonders stark befahrenen Strecken.

Viertens: Man muß beim Neubau der Infrastruktur ausschließlich – ich betone: ausschließlich, Herr Bundesminister! – den öffentlichen Verkehr stärken und ausbauen und darf nicht mehr den Individualverkehr fördern. Solange unfaire Spielregeln angewendet werden – und dies ist der Fall – und beide Infrastrukturen in gleichem Maße ausgebaut werden, so lange geschieht fol­gendes: daß ganz klar nur der Straßenverkehr davon einen Vorteil hat und auf der Bahn, auch wenn man dort investiert, keine Vorteile lukriert werden können. Das ergibt sich aufgrund der Spielregeln fast wie ein Naturgesetz.

Aber die Bundesregierung reagiert nicht in der erforderlichen Art und Weise. Es gab einen kur­zen Knick in der diesbezüglichen Scherenkurve: Das war die Einführung des Straßenverkehrs­beitrages. Doch seither ist das Gegenteil passiert – Sie können es an den Statistiken ablesen (die Rednerin zeigt eine Graphik vor) –: Zu Beginn der sechziger Jahre erfolgten 85 Prozent des Verkehrs auf der Schiene. Jetzt finden 75 Prozent des Verkehrs auf der Straße statt. Aber das ist auf kein Naturgesetz, das da seine Wirkung gezeitigt hätte, zurückzuführen, sondern auf das politische Versagen dieser Bundesregierung. (Beifall bei den Grünen.)

Nun auch ein Wort an die Adresse der Freiheitlichen. Es ist schon klar, daß die Verkehrspolitik auf der Bundesebene von der Bundesregierung gemacht wird, aber einen gewissen Anteil an dieser Entwicklung hat wohl auch der FPÖ-Landesrat in Sachen Verkehr in Tirol, und auch er hat seine Möglichkeiten nicht zur Gänze ausgeschöpft.

Es hat von dieser Stelle aus einer meiner Vorredner behauptet, man könne dieses Problem – vor allem, was die Belastung der Bevölkerung betrifft – einerseits durch bauliche Maßnahmen in den Griff bekommen und andererseits dadurch, daß man die Kosten, die verursacht werden, auf Mauten umlegt. Dazu muß ich sagen: Das halte ich wohl für einen völlig verkehrten Ansatz! (Bei­fall bei den Grünen sowie der Abg. Smolle und Hans Helmut Moser.)

Das Problem des ausufernden Straßenverkehrs ist nicht technologisch, sondern nur politisch lösbar. Doch dazu braucht es Mut, und diesen haben Sie offenbar nicht. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen und des Abg. Hans Helmut Moser.)

Noch etwas, Herr Bundesminister: Als Österreich vor dem EU-Referendum stand, haben Vertre­ter der Regierungsparteien hoch und heilig versprochen, daß die Umweltstandards nicht ange­tastet werden. Ich glaube, daß diese Graphik (die Rednerin zeigt eine Graphik vor) eindeutig be­weist, daß das Gegenteil eingetreten ist: Damals gab es eine Belastung von etwa 70 000 S pro schwerem LKW und Jahr. Das ist auf etwa ein Viertel heruntergegangen. Da kann man wohl nicht von gleichen Umweltstandards reden.

Was haben Sie seither getan? – Der einzige Staat in Europa, in welchem die Bevölkerung mit einem Referendum begonnen hat, eine wirklich effiziente Verkehrspolitik einzuleiten, ist die Schweiz. Aber sie hat Österreich nicht als Verbündeten, sondern als erbitterten Gegner in Brüssel. Die Schweizer Bevölkerung hat dem Schwerverkehr auf der Straße durch Tonnagen­limits und andere Beschränkungen einen Riegel vorgeschoben, und für den Herbst steht dort auch ein Referendum über eine allgemeine, kilometerabhängige Maut bevor.

Wie sieht, Herr Bundesminister, das Verhalten der österreichischen Bundesregierung in Brüssel aus? – Der einzige Stehsatz, den ich immer wieder höre, lautet, daß die Schweiz nicht besser behandelt werden darf.

Was heißt „besser behandelt werden“? Heißt „besser behandelt“ höhere Umweltstandards? Soll die Schweiz diese nicht einhalten dürfen? Sollten nicht auch wir für unsere Bevölkerung diese bessere Behandlung beanspruchen?! (Beifall bei den Grünen. – Präsident Dr. Brauneder über­nimmt den Vorsitz.)

Ist es wirklich die österreichische Linie, dem einzigen Staat, in welchem von der Bevölkerung bereits eine effiziente Gegenstrategie entworfen worden ist, in den Rücken zu fallen? Kann es die österreichische Linie sein, zu sagen, daß im Alpenraum alle auf die schlechteren Limits ge­drückt werden müssen?

Herr Bundesminister, das ist doch keine sinnvolle Vorgangsweise! Österreich sollte doch froh sein, einen Nachbarstaat zu haben, der, aus welchen Gründen auch immer, noch nicht der Wegekostenrichtlinie unterworfen ist und der dazu einen Gegenentwurf entwickeln konnte. Ich frage Sie: Sollten wir nicht diesem Staat und seiner Bevölkerung den Rücken stärken und versu­chen, diese höheren Umweltstandards, nämlich Schutznormen für die Gesundheit der Bevölke­rung, auch für uns zu gewinnen?!

Herr Bundesminister! Ich bin über die Politik dieser Bundesregierung wirklich bitter enttäuscht, und ich glaube, daß es leider einer realistischen Beurteilung entspricht, daß Österreich in Wahr­heit bei der Huldigung des freien Warenverkehrs zu Lasten der Gesundheit, bei diesem Tanz um das goldene Kalb mitmacht und daß Sie eigentlich nur darauf warten, daß die EU ein Urteil spricht, das die österreichischen höheren Mauten aufheben wird, damit Sie dann sagen können: Wir waschen unsere Hände in Unschuld, es ist nicht an uns gelegen! Sie können dann den Herren Maderthaner und Stummvoll mitteilen, daß die höheren Belastungen gefallen sind und daß auch in Österreich das goldene Kalb und der freie Warenverkehr triumphieren. Sehr traurig für Österreich! (Beifall bei den Grünen.)

14.07


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.07


Abgeordneter Dr. Martin Graf¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Diese Dringliche Anfrage ist – gestatten Sie mir diesen saloppen Ausdruck – echt ein Witz! Eigentlich habe ich, als das Thema angekündigt wurde, erwartet, daß eine scharfe Ab­rechnung seitens der Abgeordneten dieses Hauses, vielleicht auch einiger der Regierungspar­teien, hinsichtlich der unsäglichen und unglücklichen Transitvereinbarungen, die Österreich ge­troffen hat, kommen wird.

Doch keine Rede davon, überhaupt kein Wort davon! Es ist keine Rede davon, wer die Verant­wortung für den heutigen Zustand trägt. Es gibt keine Kritik am derzeitigen Bundeskanzler, der als seinerzeitiger Verkehrsminister das, was wir heute zu Recht zu beklagen haben, zu verant­worten hat.

Es werden in dieser Dringlichen Anfrage auch keine sonstigen materiell wichtigen Fragen ge­stellt. Die Fragen sind nur Gemeinplätze. So fragt der Abgeordnete Lukesch zum Beispiel, was die weiteren Schritte Österreichs in diesem Verfahren sein werden. – Alles schön und gut. Das wird man doch in einem persönlichen Gespräch mit dem Herrn Minister klären können.

Weiters fragen Sie, welche Schritte von Österreich zur Abwehr der Klage gesetzt werden. – Ge­hört haben wir davon bisher relativ wenig.

Den Gipfelpunkt der Dringlichen Anfrage bildet aber die Frage, in welchen Verantwortungsbe­reich die Behandlung der Klage fällt.

Herr Kollege Lukesch! Ich weiß, Sie sind einer derjenigen, die in der ÖVP dazu auserkoren sind, Nebelgranaten zu werfen. Wenn es gilt, von einem wirklich wichtigen Thema abzulenken, dann schickt man Sie hier heraus zum Rednerpult. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.) Das haben wir bei der Debatte um die Kunsthochschule schon erlebt, und das erleben wir auch heute wie­der. In Wirklichkeit dient diese Anfrage nur dazu, vom eigentlichen Thema abzulenken. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die einzigen, die wirklich Interesse daran haben, von der Causa Rosenstingl abzulenken – wenn Sie es schon sagen, gebe ich Ihnen eine Antwort darauf –, sind doch Sie mit Ihrem Wirtschafts­bund, der mit Rosenstingl Vereinbarungen geschlossen hat. In Wirklichkeit ist Rosenstingl mit Ihnen in einem Boot gesessen und niemals mit den Freiheitlichen! Das müssen Sie zur Kennt­nis nehmen! In Wahrheit wollen Sie nicht, daß das geklärt wird. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen. – Lebhafte ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Khol.)

Meine Damen und Herren! Es gibt tatsächlich ein großes Transitproblem in Österreich, und das ist nicht nur auf Tirol beschränkt. Aber der Kollege Edler aus meinem Wahlkreis – er ist schon wieder nicht da, wenn es darum geht; das tut mir leid – hat darüber kein Wort verloren. (Abg. Grabner: Wo ist Haider?!)

Ich sage es noch einmal: Tatsächlich gibt es ein Transitproblem in ganz Österreich und nicht nur in Tirol. Ich habe mich hier auch deshalb zu Wort gemeldet, weil ich darauf hinweisen wollte, daß auch in Wien bereits ein Transitproblem besteht, und das verdient genauso Aufmerksam­keit. Es ist an der Zeit, daß auch dieses Problem endlich hier im Hohen Haus behandelt wird.

Die Südosttangente, die meistbefahrene Straße Österreichs, ist bei diesen Themen immer aus­geklammert. Es fehlen die Nordostumfahrung und die Südostumfahrung von Wien, um tatsäch­lich einmal jene Wohngebiete, in denen Massen von Menschen wohnen, von dem erstickenden Verkehr zu befreien. Dazu wurde von Ihnen kein Wort gesagt. Wenn es um den Transit geht, dann wird man aber nicht darum herumkommen, auch die Verkehrsproblematik im Osten Österreichs endlich zu regeln. Da hätten Sie tatsächlich Handlungsbedarf, und der Mini­ster ist aufgefordert, auch endlich Konzepte dafür vorzulegen. – Danke. (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

14.10


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte, Herr Abgeordneter. Gleichfalls 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

14.10


Abgeordneter Herbert Scheibner¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Daß die ÖVP ihre eigene Dringliche Anfrage nicht als sehr wichtig erachtet, sieht man schon an der Zusammensetzung der Rednerliste. Wir warten nach den ersten zwei Rednern einmal, daß hier noch weitere Stellungnahmen von Ihrer Partei folgen, vielleicht auch weitere Stellungnahmen zu jenen Aussagen des Herrn Landeshauptmannes Weingartner, der sich noch vor der EU-Volksabstimmung dafür verbürgt hat, daß er keine Zustimmung geben wird, wenn nicht eine klare Regelung für den Transitvertrag und für den Transitverkehr, für die Lösung dieses Problems, gefaßt wird. – Danach hat man nichts mehr davon gehört.

Die Bedenken, die wir Freiheitlichen schon damals beim Transitvertrag eingebracht haben, haben sich leider bestätigt. Unsere Voraussagen sind leider eingetroffen. Wir haben damals ge­sagt, daß in diesem Transitvertrag, der ja dann nicht einmal in die Europäische Union mit ein­gebracht werden konnte, bereits die prognostizierten Steigerungsquoten mit einberechnet wor­den sind. Keine Rede ist von einer Beschränkung des Transitverkehrs gewesen, sondern man hat die Türen für den LKW- und PKW-Transit in Tirol weit geöffnet. Nichts hat man da von einer starken Vertretung der Interessen der Bevölkerung gesehen.

Meine Damen und Herren! Auch ich möchte hier für die Lösung der Verkehrsprobleme in der Ostregion eintreten, so wie es mein Kollege Martin Graf gemacht hat. Es ist zwar selbstver­ständlich wichtig und notwendig, daß man der geplagten und bedrängten Bevölkerung im Westen, vor allem in Tirol, Hilfestellungen gibt. Aber, Herr Wirtschaftsminister, wir würden uns wirklich erwarten, daß Sie endlich auch Maßnahmen ergreifen, um die gravierenden Verkehrs­probleme in der Ostregion einer Lösung zuzuführen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn, meine Damen und Herren: So bedenklich die Zahlen von 30 000 PKW pro Tag, von 5 000 LKW pro Tag auf der Brenner Autobahn auch sind, noch viel bedenklicher sind folgende Zahlen, und umso rascher müßte man gemäß diesen Zahlen entsprechende Maßnahmen setzen: Herr Wirtschaftsminister! Meine Damen und Herren! Hier sind die Zahlen der Südost­tangente: 17 000 LKW pro Tag! 17 000 LKW, die durch dicht verbautes Stadtgebiet fahren. 150 000 PKW fahren pro Tag auf der Südosttangente, in Spitzenzeiten sogar bis zu 180 000 PKW! Im Jahr sind das durchschnittlich 5,4 Millionen Fahrzeuge.

Ähnlich hohe Zahlen gibt es auf dem Gürtel, ähnlich hohe auf der Westautobahn. Und es wer­den keine Maßnahmen dagegen ergriffen. Da steht halt auch leider keine laute Lobby dahinter, es gibt noch keine Demonstrationen, und deshalb passiert auch nichts. Sie haben verabsäumt, bereits in der Vergangenheit entsprechende Gegenmaßnahmen zu setzen.

Warum hat man, als die Ostöffnung bereits absehbar gewesen ist, noch Schienenstränge in Richtung Slowakei abgebaut? Warum hat man Milliardenbeträge in den Ausbau der Westbahn gesteckt, mit dem Resultat, daß die Fahrzeit zwischen Wien und Salzburg jetzt um 5 oder 10 Mi­nuten länger ist als vorher? – Das sind doch keine Maßnahmen, die geeignet sind, die Leute da­zu zu bewegen, vom Auto auf die Schiene zu wechseln.

Meine Damen und Herren, vor allem von der Volkspartei! Sie sind in Wien jetzt in einer Koali­tion, Sie stellen den Planungsstadtrat. Wo sind denn Ihre Konzepte, um endlich einmal auch vom Planungsablauf her die Entflechtung der Verkehrsströme zu schaffen, Kollege Lukesch? Was wird getan, damit nicht am Stadtrand, ohne öffentliche Verkehrsanbindung, Wohnsiedlun­gen gebaut werden? Dadurch zwingt man doch die Leute geradezu, sich ins Auto zu setzen und Verkehrsstaus zu produzieren! – Das sind die Fragen, die sich vor allem für die Ostregion stel­len und die Sie endlich einmal in Angriff nehmen sollten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.15


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Blünegger.  Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.15


Abgeordneter Anton Blünegger¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren Abgeordneten! Als Tiroler Abgeordneter, Kollege Lukesch, hat mich diese Dringliche Anfrage von Ihnen wirklich gewundert, denn ich muß sagen: Diese Dringliche Anfrage kann ja eigentlich nur in die Hosen gehen oder ist sogar schon nach hinten losgegangen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lukesch: Sie müßten doch dafür sein!)

Denn, Kollege Lukesch, diese doppelzüngige Moral der ÖVP-Abgeordneten in diesem Haus, diese Doppelzüngigkeit ist durch folgende Haltung gekennzeichnet: Im Land Tirol redet man anders als hier als Abgeordneter, hier bringt man wiederum andere Argumente und hält der Re­gierung die Stange, obwohl sie den Fehler gemacht hat, daß sie in der Transitfrage eben über­haupt zu wenig getan hat.

Kollege Lukesch! Können Sie sich an die Geschichte im Jahr 1994 erinnern, an die Zeit vor der Abstimmung über den EU-Beitritt, als der Transitvertrag vorgelegt worden ist? Was hat da Ihr Landeshauptmann gesagt, bevor er in den Flieger eingestiegen und nach Wien geflogen ist? Was hat er damals gesagt? – Er hat gesagt, er wird diesen Transitvertrag so ändern, daß er für die Bevölkerung, für Tirol, zum Besten ist. – Aber nicht einmal ein Beistrich war verändert, als er wieder zurückgekommen ist! Das ist eine Tatsache, Herr Kollege Lukesch. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die ÖVP scheut sich wirklich davor, bei der Wahrheit zu bleiben, denn die EU-Beitragslüge droht ja zusammenzubrechen. Ich würde sagen: Sie droht zusammenzubrechen. Denn was hat der Verkehrssprecher der Tiroler Freiheitlichen im Tiroler Landtag gesagt? – „Unerträgliche Ver­zögerungstaktik im Streit um die Brenner-Maut.“

Ich zitiere Herrn Kollegen Dr. Horst Wendling (Abg. Dr. Khol: Wen? Wie heißt er?): „Es han­delt sich um Alleingänge der Regierung. Sämtliche Beschlüsse, die im Landtag gefaßt wurden, sind ignoriert worden auf seiten der Bundesebene. Aber im Tiroler Landtag wurden sie ein­stimmig beschlossen.“ – So der Verkehrssprecher Dr. Horst Wendling. (Abg. Dr. Khol: Ach so! Ein Freiheitlicher! Ein Parteikollege vom Rosenstingl!) Ja freilich, ein Freiheitlicher, aber ein guter Freiheitlicher. Der hat das gesagt.

Heute sind wir in der Situation, daß wir vor eine andere Möglichkeit gestellt werden. Für uns Freiheitliche kommt es sicher nicht in Frage, daß es zu einer Senkung der Brenner-Maut kommt. Für uns Freiheitliche kommt es auch sicher nicht in Frage, daß es zu einer Ausdehnung der Maut im Unterinntal kommt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Schwimmer.)

Kollege Schwimmer! Ich habe über Sie schon so viel gehört, daß ich folgendes sagen muß: Als so großer Privilegienritter, wie Sie einer sind, möchte ich gar nicht in diesem Haus sitzen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Schwimmer: Jetzt sind wir auf der Stadler-Linie!)

Aber wieder zurück zum Thema. Meine sehr geschätzten Damen und Herren von der Regie­rungskoalition! Beides, sowohl die Senkung der Brenner-Maut als auch die Ausdehnung der Maut im Tiroler Unterland, führt zu Nachteilen für die Tiroler Bevölkerung und führt auch zu Nachteilen für den Wirtschaftsstandort Tirol, Herr Kollege Lukesch. Das sollte hier wirklich ernst­genommen werden.

Die ÖVP scheut sich vor dieser Wahrheit, und ihre Beitragslügen will sie ja nicht zugeben. Es ist sicher so, daß die Regierung aus der Sicht von uns Freiheitlichen schlecht verhandelt hat. Wegen der Tiroler Landtagswahlen wird natürlich ein kleiner Kniefall vor der EU praktiziert, und das doppelte Spiel der Regierung habe ich schon erwähnt. Aber wir Tiroler Freiheitlichen werden das der Bevölkerung schon richtig beibringen und ihr auch sagen, daß wir sie nicht täuschen. Täuschen tut sie die ÖVP! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.19


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haller.  Restredezeit des freiheitlichen Klubs: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.19


Abgeordnete Edith Haller¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Als letzte Rednerin unserer Partei möchte ich kurz zusammenfassen: Ein ÖVP-Abgeordneter, ein Universitätsprofessor aus Tirol – und es wundert mich wirklich, daß er sich dafür hergibt! –, stellt eine Dringliche Anfrage an seinen eigenen Minister. Ein Sprecher der ÖVP, und zwar der Verkehrssprecher, nimmt dazu Stellung und hält eine Rede, die er im glei­chen Wortlaut vor zwölf Jahren hätte halten können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Von der anderen Regierungspartei, die genauso am Debakel schuld ist wie die ÖVP, meldet sich auch ein Sprecher dazu. Aber bezüglich der echten Probleme, die wir in Tirol mit dem Tran­sitvertrag haben, gibt es null Lösungsansatz.

Es drängt sich uns natürlich schon die Frage auf, warum man diese Anfrage stellt. Es muß eine Alibihandlung sein, so wie viele Dinge, die die ÖVP macht, um von der eigenen Doppel­strategie und von Versäumnissen abzulenken. Oder fehlt Ihnen wirklich innerhalb der eigenen Partei die Gesprächsbasis mit dem Minister?!

Oder wollten Sie eigentlich diese Anfrage an Herrn Verkehrsminister Einem stellen und haben sich aus Koalitionsräson nicht getraut? – Dann hätte es nämlich gepaßt. Deshalb werde ich auch einen entsprechenden Entschließungsantrag stellen.

Ich möchte aber abschließend noch darauf hinweisen, daß es freiheitliche Abgeordnete waren, die schon im Jahr 1987 von diesem Rednerpult aus auf die drohende Entwicklung im Bereich des Transits aufmerksam gemacht haben und damals auch ein umfangreiches Paket zur Lösung vorgelegt haben.

Oder: Im Jahr 1991, im Land Tirol, hat es ein Memorandum der Tiroler Freiheitlichen gegeben, in dem wir Lösungsansätze für einen wirksamen Transitvertrag vorgeschlagen haben. Wo war da die ÖVP? Was hat die ÖVP gemacht? – Sie hat einen an und für sich richtigen Lösungsan­satz, wie es der Transitvertrag war, zu einem zahnlosen Instrument umfunktioniert beziehungs­weise einem solchen zugestimmt. Und es war diese ÖVP, die heute hier sitzt, die letztlich Tirol und die Tiroler an die EU verkauft hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte auf die Äußerungen Weingartners gar nicht mehr eingehen. Das, was Weingartner macht, grenzt nach meinem Dafürhalten an etwas sehr Unschönes. Wenn ich nicht hier stehen würde, dann würde ich das wirklich als Heuchelei bezeichnen.

Wenn man dann zur Beruhigung der Bevölkerung Aktionen setzt, wie zum Beispiel, daß man eine höhere Nachtmaut einführt, dann aber keine anderen Lösungsansätze einbringt, obwohl man weiß, daß das vor der EU nicht halten wird, dann muß ich schon fragen: Wie weit hat uns diese Verkehrspolitik der ÖVP gebracht? – Da weiß offenbar die Linke nicht, was die Rechte tut, aber das scheint das System in der ÖVP zu sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich bringe ...


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Frau Kollegin! Bitte rasch im letzten Satz den Antrag einzubringen.


Abgeordnete Edith Haller¦ (fortsetzend): Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Meischberger, Scheibner, Dr. Graf und Kollegen betreffend Schaffung eines einheitlichen Verkehrsministeriums

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, durch eine Änderung der Kompetenzaufteilung auf die einzelnen Ministerien sicherzustellen, daß alle verkehrsrelevanten Agenden, also jene des der­zeitigen Verkehrsministeriums, die Straßenbaukompetenzen und die Zuständigkeit für die ver­bliebenen staatseigenen Verkehrsunternehmen in Hinkunft in einem Ressort vereinigt sind.“

*****

Dann wüßten Sie vielleicht besser, an wen Sie das nächste Mal eine Anfrage richten sollten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.23


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Das ist jetzt wohl ein langer Schlußsatz gewesen.

Der soeben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entspre­chend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist als nächster Redner Herr Abgeordneter Wabl. Restredezeit des grünen Klubs: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.23


Abgeordneter Andreas Wabl¦ (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Die Situation in Tirol ist eine derart katastrophale, daß offensichtlich alle hier in diesem Haus der Meinung sind, daß es sich bei der Verkehrsentwicklung um eine sehr dramatische Entwicklung handelt und daß gehandelt werden muß. Meine Damen und Herren und Herr Pro­fessor Lukesch! Ich frage Sie: Wer sind die Gegner? (Abg. Dr. Lukesch: Die EU-Kommission!)

Ja, natürlich, die EU! Jetzt haben wir den Gegner gefunden. Das ist genau Ihre Politik. Jetzt endlich hat die ÖVP, die immer für die großräumigen Lösungen plädiert hat, einen Gegner ge­funden. Jetzt, wo es opportun erscheint, wo es reinpaßt in ihr populistisches Konzept, jetzt ist es plötzlich die EU. Ich habe gedacht, Sie verhandeln mit der EU! Sie haben den Transitvertrag ausgehandelt, Sie haben doch die Vereinbarungen geschlossen! Sie haben doch gewußt, was Sie unterschreiben, Herr Professor Lukesch!

Meine Damen und Herren! Ich will aber auf etwas ganz anderes hinaus. Wir haben in Tirol bitter lernen müssen, was es bedeutet, wenn die offizielle Politik, die damals von Wallnöfer gepredigt und auch realisiert worden ist, lautet: „Verkehr ist Leben. Die Straßen sind die Adern einer Ge­sellschaft, und sie müssen breit und schön angelegt werden, damit der Verkehr gut fließen kann.“

Aber, Herr Abgeordneter Lukesch, Sie sind ja nicht bereit, aus diesem Fehler zu lernen! Denn wir sehen in der Steiermark, im Ennstal, wo es auch ein Transitproblem gibt, welche Antworten Sie dort finden. Daher möchte ich Ihnen ein Zitat des Herrn Landesrates für Naturschutz – man beachte: Landesrat für Naturschutz! – vorlesen, aus dem hervorgeht, was er über das Verkehrs­problem Transit denkt.

„Landesrat Dr. Gerhard Hirschmann stellt zu der Bemerkung des Abgeordneten Wabl, daß man vom Vermeiden immer nur in Sonntagsreden spreche, fest, daß die Mobilität eine der größten Errungenschaften der Menschheit sei. Daß die Menschen so denken, werde etwa durch die Autokäufe Tag für Tag dokumentiert. Daher handle es sich wirklich nur um Sonntagssprüche und Doppelzüngigkeit, wenn man von Verkehrsvermeidung spricht.“ – Hirschmann, Originalzitat 1998.

Von Verkehrsvermeidung zu sprechen sind also ausschließlich Sonntagssprüche und Doppel­züngigkeiten! Und weiter heißt es hier: „Damit erreiche man nicht einmal, daß auch nur ein ein­ziges Auto weniger gekauft und gefahren wird.“ – Und dann folgt der Lösungsansatz von Herrn Hirschmann – ich zitiere –:

„Daher müsse für das Ennstal ...“ – Herr Kröll, Sie sollten sich das vergegenwärtigen, damit Sie wissen, worüber Sie dann in zehn Jahren hier lamentieren werden und wie Sie wieder gegen die EU wettern werden, wenn im Ennstal die vierspurigen Straßen, die Sie jetzt schon wieder planen, nicht mehr ausreichen!

Ich zitiere: „Daher müsse für das Ennstal eine für alle tragbare Lösung für den Durchzugsver­kehr gefunden werden. Und das Transitproblem könnte gelöst werden“ – und jetzt sind die eigentlichen Gegner da, meine Damen und Herren! –, „wenn die Grünen bereit wären, die Um­setzung der entsprechenden baulichen Maßnahmen zuzulassen.“ – Ende des Zitats.

Meine Damen und Herren! Das ist das Weltbild der ÖVP! Wir könnten die Transitprobleme lösen, wenn die Grünen die baulichen Maßnahmen zulassen würden.

Herr Abgeordneter Zweytick! Herr Abgeordneter Maitz! Das ist nicht nur letztklassig, das ist schlimmer. Sie kennen sicher den schönen Spruch: „Ein Esel geht nur einmal aufs Eis.“ Sie hin­gegen gehen zweimal, dreimal, viermal aufs Eis, und wenn Sie dann einbrechen, dann schreien Sie: Die EU ist schuld, die in Brüssel sind die Bösen! Wir lassen uns jetzt klagen, und dann können wir uns hinstellen und sagen – der Herr Farnleitner wird das sicher sagen –: Wir haben alles getan, aber wir wurden leider vom Europäischen Gerichtshof dazu verdonnert, diese Maß­nahmen wieder zurückzunehmen! – Das ist letztklassig. Sie unterstützen mit Ihrer fahrlässigen Politik den Transitterror. (Abg. Dr. Maitz: Die Grünen sind die ewigen Verhinderer!)

Herr Maitz, Herr Kröll, Herr Zweytick, Herr Khol, Herr Lukesch! Das ist genau Ihre Art der Politik. Sie wissen ganz genau, daß das Transitproblem im Ennstal nicht mit baulichen Maßnahmen zu lösen ist, auch nicht auf die Art, wie Sie es vorschlagen. Denn da kommt ja schon der nächste Bürgermeister, der sagt: Bitte schön, die Ennstrasse ist nicht ausreichend. Wir müssen eine vierspurige Straße bauen. – Herr Kröll! Sie sind ja dabei gesessen bei dieser Art von Verkehrs­politik, und Sie beharren darauf, daß die Fehler, die in Tirol gemacht worden sind, wieder ge­macht werden. (Abg. Kröll: Sie sagen die Unwahrheit!)

Herr Kröll! Wenn Sie 1998 noch immer nicht begreifen, daß mehr Straßen mehr Verkehr bedeu­ten, dann, Herr Abgeordneter Kröll, sollten Sie einfach von der politischen Bühne der Verkehrs­politik abtreten und endlich sagen, Sie sind nicht in der Lage, dieses Problem zu lösen! (Beifall bei den Grünen. – Zwi­schenruf des Abg. Kröll.)

Herr Kröll! Ja, das war auch in Tirol so. Und der Wallnöfer wurde immer wieder gewählt. Der Herr Landeshauptmann Wallnöfer wurde immer wieder gewählt mit seinen wunderschönen Plänen, mit den Plänen von den Autobahnen durch das Land Tirol. Immer wieder hat es Mehr­heiten gegeben. Aber heute, 1998, Herr Kröll, sollten Sie aus diesen Fehlern lernen! Und Sie sollten sich überlegen, wer Ihre wahren Gegner sind.

Sie meinen noch immer, Ihre Gegner sind die Grünen. Sie glauben, die Grünen sind die Ver­hinderer von korrekten Transitlösungen. Das ist die Perfidie, das ist letztklassig! Herr Kröll! Sie sollten derartige Anfragen wirklich unterlassen. Das ist nämlich eine Bankrotterklärung Ihrer Ver­kehrspolitik. Der Khol hätte es besser zusammengebracht! (Beifall bei den Grünen. – Zwischen­ruf des Abg. Kröll.)

14.30


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Platter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.30


Abgeordneter Günther Platter¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den Wortmeldungen der einzelnen Abgeordneten, glaube ich, muß man aus Sicht der ÖVP doch etwas sagen.

Meine Damen und Herren! Das, was sich die Freiheitlichen heute hier bei dieser Dringlichen An­frage erlaubt haben, war zweifellos ungeheuerlich! (Abg. Dr. Graf: Die habt ja ihr gestellt!) Lieber Abgeordneter Meischberger! Weißt du überhaupt, wer für den Verkehr im Land Tirol zu­ständig ist? Wer ist dort für den Verkehr zuständig? (Rufe bei den Freiheitlichen: Weingartner!) – Der freiheitliche Landesrat Dr. Lugger! Das vergeßt ihr immer wieder! (Beifall bei der ÖVP.)

Lieber Abgeordneter Meischberger! Du kritisierst permanent Landeshauptmann Weingartner, der wirklich an der Lösung des Transitproblems interessiert ist, der hart bleibt, der Linie hat, aber der freiheitliche Verkehrs-Landesrat ist überhaupt nicht zu sehen! Wenn es brenzlig wird, geht der freiheitliche Landesrat immer wieder in Deckung. Das ist die Politik der Freiheitlichen! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Lieber Abgeordneter Meischberger! Deine Vorstellung war peinlich, deine Vorstellung war unge­heuerlich. (Abg. Haller: Ausgezeichnet war das!) Man sieht, wie ernst ihr die Sorgen der Tiroler Bevölkerung nehmt!

Geschätzte Frau Abgeordnete Haller! Was finden Sie eigentlich schlecht daran, wenn Herr Dr. Lukesch an den Herrn Minister eine Dringliche Anfrage stellt? Ich bin der Überzeugung, daß diese Dringliche Anfrage äußerst notwendig war. Ihnen geht es um parteipolitisches Kleingeld, aber nicht um die Lösung der Probleme. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf bei den Freiheit­lichen.)

Meine Damen und Herren! Zu den beiden Entschließungsanträgen der Grünen. Geschätzte Frau Abgeordnete Langthaler! Wir gehen davon aus, daß wir die Klage nicht verlieren werden. Das Verhalten von Kommissär Kinnock ist für mich zweifellos nicht nachvollziehbar. So kann man mit uns nicht umgehen! Aber jetzt schon Vorkehrungen zu treffen für den Fall, daß man eventuell die Klage verliert, das wäre ein voreiliges Nachgeben. Da sind wir nicht mit dabei. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Langthaler: Dann ist es aber vielleicht zu spät!)

Meine Damen und Herren von den Grünen! Zu Ihrem Entschließungsantrag betreffend die Aus­dehnung der Bemautung der Brennerstrecke bis nach Kufstein: Der Herr Minister hat bereits ge­sagt, daß hier eine gesamtösterreichische Lösung geplant ist. Eine eigene Lösung für Tirol ist nicht denkbar. Wir Tiroler lassen uns nicht schlechterstellen! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Und nun zu den Liberalen. Frau Abgeordnete Schaffenrath ist nicht mehr im Saal. Sie redet von Dingen, die sie entweder nicht versteht oder nicht verstehen will. Sie sagt unglaubliche Dinge. So behauptet sie, daß in Tirol der Verkehr auf der Transitstrecke nicht ordentlich kontrolliert wird. Wissen Sie eigentlich, daß Tirol diesbezüglich Spitzenreiter ist? In Tirol wird äußerst viel kontrolliert, manche glauben sogar, daß zuviel kontrolliert wird. Also, Frau Abgeordnete Schaffenrath, davon haben Sie wirklich keine Ahnung. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich unsere Position rund um die Brenner-Maut auf den Punkt bringen:

Erstens: Die bestehenden hohen Mauten sind gerechtfertigt.

Zweitens: Es kann nicht sein, daß ein Mitgliedsland schlechtergestellt wird als ein Nicht-Mit­gliedsland.

Drittens: Die Einnahmen aus der Brenner-Maut sind für die Eisenbahnstruktur bereitzustellen.

Meine Damen und Herren! Daher möchte ich abschließend folgenden Entschließungsantrag ein­bringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Lukesch, DDr. Niederwieser, Platter, Mag. Wurm und Kollegen betreffend Brenner-Maut

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Hinblick auf die Klage gegen Österreich den zustän­digen Organen der EU den Standpunkt darzulegen, daß Österreich plant, umfangreiche Bau­arbeiten (Einhausungen und sonstige geeignete Umweltschutzmaßnahmen) im Bereich der Brennerautobahn zum Schutz der Anrainer und der Umwelt zu beginnen, sollte es durch ent­sprechende Vereinbarungen nicht gelingen, den Umweg- und den Transitverkehr auf dieser Strecke zu minimieren.“

*****

Herr Minister! Ich ersuche Sie, gemeinsam mit Herrn Landeshauptmann Dr. Wendelin Wein­gartner diese Linie beizubehalten, damit die Interessen unserer belasteten Bevölkerung gewahrt bleiben. (Beifall bei der ÖVP.)

14.35


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Farnleitner. – Bitte, Herr Bundesminister.

14.35


Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner¦: Herr Präsi­dent! Hohes Haus! Da sich die Beamten meines Ressorts, des Verkehrsministeriums und des Bundeskanzleramtes in den nächsten Tagen sehr eingehend mit der Klagebeantwortung aus­einandersetzen müssen, war die heutige Diskussion – wenn ich das persönlich feststellen darf – in vielen Dingen durchaus hilfreich für das, was wir in den nächsten Wochen mit der Kommis­sion zu diskutieren haben werden. Denn die Kommission hat eindeutig Signale in Richtung Kom­promiß gesendet – eindeutig! –, bevor in einer ungewöhnlichen Koinzidenz von Erklärungen eines bayerischen Verkehrsministers und einen Tag später erfolgender Klagseinbringung diese Strategie praktisch zusammengebrochen ist. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Es ist ungewöhnlich: Die EU klagt uns ja nicht auf einen bestimmten Betrag, son­dern sie klagt uns auf die derzeitige Rechtswidrigkeit der Festlegung einer Maut auf der Basis einer Richtlinie, die vom Gerichtshof selbst bedingt aufgehoben wurde.

Dritter Punkt: Es gibt eine ähnliche Verurteilung in Frankreich in einer Mautsache, in der nicht auf Höhe eines Betrages, sondern auf Rechtswidrigkeit geklagt wurde. Frankreich hat die Kosten ersetzt und nicht reagiert – und die EU hat nicht darauf reagiert. Und mit diesem Wissen sollen wir es jetzt in Kauf nehmen, einseitig nachzugeben und genau diese Diskussion auszu­lösen, von der ja oft die Rede war?

Vierter Punkt: Gleichzeitig gibt es in der EU eine neue Richtliniendebatte, in der der Alpenkorri­dor zur Diskussion steht und in der gerade die jetzige Mauthöhe für die Gesamtstrecke akzep­tiert würde. Und ich bitte Sie, Frau Abgeordnete Langthaler, mir über EU-Strategien keine Vorle­sungen zu halten: Die EU müßte langsam auch wissen, was in ihrem Bereich passiert.

Und der letzte Punkt, der in diesem Zusammenhang interessant ist: Wir wollen nicht, daß die Schweiz schlechte Bedingungen bekommt. Wir wollen die gleichen Bedingungen wie die Schweiz haben, denn das würde den Umwegeverkehr drastisch reduzieren. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer.) – Die Schweiz führt keine Beitrittsverhandlun­gen, junger Mann. (Abg. Mag. Schweitzer: Nein, wir! Österreich!)

Und eine abschließende Bemerkung: Ich habe genau mit jenen Zahlen, die heute hier FPÖ-Ab­geordnete vorgebracht haben, in den westlichen Bundesländern auf die Notwendigkeit von infra­strukturlichen Baumaßnahmen in Ostösterreich hingewiesen. Ich habe die B 301 deblockiert, und wir betreiben das Umweltverträglichkeitsverfahren gegen alle Proteste. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir haben in Wien deblockiert, daß die Nord-Ost-Spange einmal durchgeplant und freigege­ben wird. (Beifall des Abg. Edler.) Wir diskutieren den großzügigen Kreis Wien – Tulln – Wien. Daher, bitte: Diese Regierung ist im Hinblick auf ein Verkehrskonzept Ost in keiner Weise säu­mig! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.38


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zu einigen Abstimmungen. Ich bitte daher die Damen und Herren, ihren je­weiligen Platz einzunehmen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Langthaler und Genossen betreffend Einführung eines LKW-Nachtfahrverbotes auf der Brenner und Inntal Autobahn.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Langthaler und Genossen betreffend „Maut-stretching“.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt. (Rufe und Gegenrufe zwischen einzelnen Abgeordneten.)

Meine Damen und Herren! Wir sind in keiner Debatte, wir sind in einem Abstimmungsverfahren, und auch da sollte es möglichst wenige Zwischenrufe geben.

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Meischberger und Genossen betreffend Brenner-Maut.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt durch die Minderheit. Abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Meischberger und Genossen betreffend Schaffung eines einheitlichen Verkehrsministe­riums.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Lukesch, DDr. Niederwieser und Genossen betreffend Brenner-Maut.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen. (E 136.)

Damit ist das Abstimmungsverfahren beendet.

Ich stelle fest, daß die nächste Sitzung des Nationalrates gleich im Anschluß an diese Sitzung einberufen werden wird.

Die Tagesordnung dieser folgenden Sitzung ist der im Sitzungssaal verteilten schriftlichen Mittei­lung zu entnehmen. (Abg. Dr. Kostelka: Einwendungen!)

Einwendungen gegen die Tagesordnung


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Kostelka und Dr. Khol schriftliche Einwendungen erhoben, wonach die Tagesordnung der 137. Sitzung um den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 802/A der Abgeordneten Dr. Leiner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz geändert wird, er­gänzt werden soll.

Weiters wurden Einwendungen von Herrn Abgeordnetem Stadler in schriftlicher Form erhoben, nämlich:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die nachstehenden auf der Tagesordnung der 137. Sitzung des Nationalrates vorgesehenen Tagesordnungspunkte werden als TOP 1 bis 6 in Verhandlung genommen. Die restlichen Tagesordnungspunkte erhalten eine entsprechend neue Bezeichnung, nämlich wie folgt:

1.) Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozeßordnung, das Bankwesengesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert werden (Strafrechtsän­derungsgesetz 1998) (1230 der Beilagen)

2.) Bericht des Bundesministers für Justiz betreffend Schutz unserer Kinder aufgrund der Ent­schließung des Nationalrates vom 19. September 1996 (III-74 der Beilagen)

3.) Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (329/A)

4.) Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betref­fend Maßnahmenpaket zum umfassenden Schutz der Kinder (464/A) (E)

5.) Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Strafgesetzbuch, BGBl. 1974/60, geändert wird, BGBl. 1997/I 12 (667/A)

6.) Antrag der Abgeordneten Mag. Schweitzer, Dr. Krüger, Ing. Meischberger und Genossen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch 1974 geändert wird (336/A)

*****

Gemäß § 50 wurde von fünf Abgeordneten eines Klubs, nämlich des freiheitlichen, der Antrag auf getrennte Debatte dieser Anträge gestellt. Diesem Verlangen ist daher stattzugeben.

Gemäß § 50 der Geschäftsordnung trete ich diesen Einwendungen nicht bei, sodaß der Natio­nalrat zu entscheiden hat.

Ich habe schon gesagt, daß eine getrennte Debatte durchzuführen ist, und in den gemäß § 50 der Geschäftsordnung stattfindenden beiden Debatten beschränke ich die Redezeit pro Redner auf 5 Minuten und die Zahl der Redner pro Klub auf drei.

Wir kommen nun zur ersten Debatte.

Hiezu ist Herr Klubobmann Dr. Kostelka zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Klubobmann.

14.42


Abgeordneter Dr. Peter Kostelka¦ (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Gesundheitsausschuß hat heute in den Morgenstunden eine Vorlage fertiggestellt. Dieses Haus will arbeiten, und daran wird es niemand, auch nicht die freiheitliche Fraktion, hindern. Ich beantrage daher, den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 802/A betreffend das Apothekengesetz als Tagesordnungspunkt 23 auf die Tagesordnung zu setzen. Daß ich dies in einer eigenen Debatte zu erklären habe, verdanken wir alle der mißbräuchlichen und willkürlichen Interpretation der Geschäftsordnung durch die Freiheitlichen. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: Wer hat sie denn beschlossen, die Geschäftsordnung? – Abg. Mag. Schweitzer: War das gegen die Geschäftsordnung oder im Sinne der Geschäftsord­nung? Von wem stammt die Geschäftsordnung? Wer hat sie beschlossen?)

14.43


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet hat sich für diese erste De­batte Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.43


Abgeordneter Dr. Alois Pumberger¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute sehr überraschend um 8.30 Uhr einen Gesund­heitsausschuß einberufen (Ruf bei der SPÖ: Wer hat ihn einberufen?), und ich habe als Ob­mann des Gesundheitsausschusses dem auch zugestimmt und das auch ermöglicht, denn ein lange diskutiertes und sehr wichtiges Thema, nämlich die ärztliche Versorgung und auch die Versorgung mit Arzneimitteln auf dem Lande, sollte endlich einmal einer befriedigenden Rege­lung zugeführt werden.

Man muß sagen, es ist wirklich in letzter Minute eine Ausschußsitzung zustande gekommen, und ich möchte, wie ich es schon im Ausschuß getan habe, Herrn Abgeordneten Rasinger dan­ken, daß er sich die Mühe gemacht hat, diesbezüglich noch eine Regelung zustande zu bringen, wenngleich diese Regelung, wie sie heute vom Gesundheitsausschuß vorgelegt wurde, nicht den Intentionen der FPÖ entsprochen hat.

Wir Freiheitlichen haben immer erklärt, daß das VGH-Erkenntnis anzuerkennen ist und daß die Liberalisierung der Apothekenniederlassung vom VGH eindeutig und klar ausgedrückt wurde. Aber wir haben auch gesagt, daß es zu keiner Gefährdung der Arzneimittelversorgung der länd­lichen Bevölkerung kommen darf, weil da ja viele Details mit inbegriffen sind.

Herr Kollege Guggenberger kratzt sich an der Nase. – Die Körpersprache gibt Ihren Gefühlen deutlich Ausdruck, Herr Kollege Guggenberger. Sie haben ja auch Bedenken gehabt und mit Bauchweh dieser Lösung zugestimmt, wenngleich Sie aus ganz anderen Gründen Bauchweh gehabt haben als ich zum Beispiel, der ich seit 17 Jahren selbst eine Hausapotheke betreibe (ironische Rufe des Erstaunens bei der SPÖ) und weiß, daß gerade in einer entlegenen Land­gemeinde, wo es keine öffentlichen Verkehrsmittel gibt, chronisch Kranke und sozial Schwache darauf angewiesen sind, möglichst gleich beim Arzt die Arzneimittel zu bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Dort ist es wichtig, daß eine Regelung dahin gehend getroffen wird, daß die Arzneimittelversorgung genauso bequem und unkompliziert vonstatten geht wie bisher.

Wenn Kollege Leiner im Ausschuß gesagt hat, die vorletztbeste Lösung wurde heute getroffen, dann möchte ich entgegnen: die vorvorvorletztbeste Lösung. Und diese heutige Lösung kam ja auch nur deswegen zustande, weil man einen Konnex mit den Zahnkronen hergestellt hat, weil die ÖVP – Herr Kollege Feurstein, schütteln Sie nicht den Kopf, es war so! – gesagt hat: Wenn die Zahnambulatorien jetzt Zahnkronen machen dürfen – etwas, was die SPÖ will, die ÖVP aber nicht –, dann muß für uns auch etwas herausschauen, dann möge man die Hausapotheken­frage im Sinne der ÖVP regeln. – Daher kam es zu einer Husch-Pfusch-Regelung in letzter Minute.

Die ÖVP hat schon vor Wochen, genau am Vorabend des Aktionstages der Ärztekammer, einen Antrag eingebracht, in dem sie verlangt hat: Bis zur Pensionierung des Arztes kann die Haus­apotheke auch bei Eröffnung einer öffentlichen Apotheke aufrechterhalten werden. Dann hat sie sich Scheibchen für Scheibchen nach der Salamitaktik herunterschneiden lassen: zuerst bis auf 15 Jahre, dann bis auf 10 Jahre, und schließlich kam sogar noch ein Vorschlag von seiten der SPÖ, daß nur Hausapotheken bis zu einem Umsatz von 1 Million Schilling in Frage kämen. Das war wirklich keine durchdachte Lösung.

Und folgendes möchte ich auch noch kritisieren, weil immer vorgegeben wird, Konsens zu suchen: Sie haben in der Frage Zahnkronen beispielsweise den Gewerkschaften freien Lauf ge­lassen. Die Kammern wollten Sie zwar miteinbeziehen, aber unter Dominanz der Gewerkschaft. Bei der Hausapothekenfrage hat man auch immer zu gleichen Teilen die Ärztekammer und die Apothekerkammer befragt. Gestern wurde eine sehr schnelle Lösung durchgezogen, und heute tagte der Gesundheitsausschuß. Und jetzt habe ich erfahren, daß man die Vertreter der Apothe­kerkammer in die Gespräche, die gestern stattgefunden haben, nicht mehr eingebunden hat. Das halte ich für eine Vorgangsweise, die nicht zu akzeptieren ist.

Ich bekenne mich dazu – das sage ich hier in aller Öffentlichkeit –, daß die medikamentöse Ver­sorgung im ländlichen Raum aufrechterhalten werden muß, und zwar dort, wo es möglich und notwendig ist, durch die ärztliche Hausapotheke. (Zwischenruf des Abg. Ing. Gartlehner.) Ich bin auch für eine Verlängerung der Frist, wenn es verfassungsrechtlich möglich wäre, sogar bis zur Pensionierung des Arztes.

Aber das alles hätte noch viel mehr ausgehandelt werden müssen. Es bleibt im Sommer noch Zeit für Gespräche. Bereits erfolgte Anträge brauchen über den Sommer nicht behandelt zu wer­den. Im Herbst haben wir dann eine gesunde Basis für eine neue gesetzliche Regelung. Bis da­hin können wir warten. Daher müssen wir diesen Punkt nicht unbedingt heute auf die Tagesord­nung setzen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.48


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.48


Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Kostelka, ich freue mich, daß Sie in Ihrer Rede betonen, daß dieses Haus arbeiten will. Ich denke, das wollen wir alle. Schön, daß Sie das so extra betonen. Arbeiten wollen wir alle, nur wollen wir keine Scheinlösungen unter Druck und in kürzester Zeit produzie­ren. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Rufe bei der SPÖ: Wo ist der Haider?)

Wir wollen keine Scheinlösungen, die eigentlich keine Berechtigung haben, sondern nur dazu da sind, um schnell noch einen politischen Deal über die Runden zu bringen, nämlich den politi­schen Deal „Zahnkronen versus Hausapotheken“. Der einen Berufsgruppe, die zwar zahlen­mäßig nicht so groß, aber doch von der Reputation her relativ wichtig ist, geben wir schnell ein politisches Zuckerl, und den anderen erlauben wir dafür, ihre medizinische Ideologie durchzu­ziehen.

Das sind Entscheidungen, die man eigentlich so nicht treffen wollte. Man hat sie auch nicht ge­troffen, denn man hat sich über die Liberalisierung nicht einigen können. Man hat sie ganz ein­fach für weitere zehn Jahre auf die lange Bank geschoben, man hat sie hinausgeschoben, so­daß man jetzt keine wirklich gute politische Lösung treffen mußte.

Man hat sich auch über die Patienten keine Gedanken gemacht. Denn was ist mit den bett­lägerigen Patienten? Was ist mit den immobilen Patienten? Was ist mit denen, die viele Kinder haben? – Für sie ist es eine massive Erschwernis – und damit wende ich mich insbesondere an die Abgeordneten der Sozialdemokratie –, künftig ihre Medikamente von einer Apotheke holen zu müssen. Wie soll denn das Ihrer Meinung nach gehen? Wie soll denn das dann sein? – Jetzt kann der Arzt zu ihnen kommen und ihnen alle Medikamente bringen.

Meine Damen und Herren! Wir alle sind an Arbeit interessiert. Wir alle sind an Arbeit in diesem Haus interessiert, aber nicht unter Druck und nicht, wenn es darum geht, Gesetze mit Schein­lösungen durchzupeitschen, die nicht unserer Art von Politik entsprechen. (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

14.51


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.51


Abgeordneter Dr. Volker Kier¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! In dieser Ein­wendungsdebatte geht es doch wohl um die Frage, ob es parlamentarisch Sinn machen kann, daß ein Gesundheitsausschuß, mehr als kurzfristig angesetzt, heute um 8.30 Uhr stattfindet und eine an und für sich schon ergänzte Tagesordnung, die relativ steil zustande gekommen ist – nehmt alles nur in allem –, dann noch einmal um einen Punkt ergänzt wird, dem jede Dringlich­keit fehlt und für den außerdem noch von der Aufliegefrist würde abgesehen werden müssen. Ich bin der Meinung, daß das über die Grenzen des Zumutbaren hinausgeht. (Beifall beim Libe­ralen Forum sowie bei Abgeordneten der Grünen und der Freiheitlichen.)

Die Tatsache, daß diese Ausschußsitzung zustande gekommen ist, ist gesondert erörterungs­bedürftig wegen der Art und Weise, wie die Mitglieder des Ausschusses dazu gebeten wurden. Das lasse ich jetzt außen vor. Aber wenn selbst der Vorsitzende des Ausschusses heute hierher gehen und sagen muß, daß er zwar der Meinung war, daß die Ausschußsitzung stattfinden soll, und wenn er in seiner Selbstbetroffenheit als Arzt sagt, daß das heute nicht endgültig beschlos­sen werden soll, ... (Abg. Mag. Guggenberger: Weil ihm das zuwenig ist, was hier beschlossen wird!)

Herr Kollege Guggenberger! Ich möchte hier – im Unterschied zu den Vorrednern – keine inhalt­liche Debatte führen, weil ich der Meinung bin, daß sich eine Einwendungsdebatte nicht um den Gegenstand, sondern um den Ablauf kümmern sollte, um die Frage, was heute Sache ist. (Bei­fall beim Liberalen Forum.)

Ich habe daher nicht inhaltlich bewertet, sondern nur folgendes festgehalten: Wenn sogar der Ausschußvorsitzende der Meinung ist, daß die Materie der Aufliegefrist bedürftig ist (Abg. Dr. Schmidt: Warum hat er dann überhaupt einberufen? – Abg. Dr. Mertel: Um zu verzö­gern!) – obwohl der Ausschuß seine Beschlüsse gefaßt hat, sodaß der Ausschußbericht an sich schon feststeht –, dann wird es wohl auch möglich sein, darüber erst im Herbst zu verhandeln. Ich halte es für einen für die Selbsthygiene des Parlaments notwendigen Schritt, diesen Punkt heute nicht abzuhandeln. (Abg. Nürnberger: Ich habe schon eine andere Meinung!)

Das halte ich für wesentlich. Denn wenn es darum geht, daß Sie irgendwelche Absprachen ein­halten müssen – das halte ich für möglich –, dann haben Sie diese Absprachen durch die Aus­schußsitzung ja schon erfüllt. Es geht jetzt nur noch darum, ob auch das Plenum es beschließt.

Wenn Sie die Sorge haben, daß Sie vielleicht im September keine Mehrheit für den Ausschuß­bericht mehr haben werden, dann müssen Sie ihn heute auf die Tagesordnung setzen. Wenn Sie aber glauben, daß Sie im September noch eine Mehrheit haben werden, die den Ausschuß­bericht zustimmend zur Kenntnis nimmt, dann können Sie es auch erst im September machen.

Weil ich nicht damit einverstanden bin, daß man das heute nur den lobbyistischen Ärzten zu­liebe tut, verweigere ich einen derartigen Grenzgang im Rahmen der Geschäftsordnung. Er ist allerdings möglich, das räume ich Ihnen ein. (Abg. Dr. Fischer: Mit Ihrer Zustimmung ist der Ausschuß für heute früh einberufen worden, und jetzt sind Sie dagegen!)

Herr Präsident! Es freut mich, daß Sie sich zu Zwischenrufen entschließen. Sie wissen ganz ge­nau, daß die Tatsache, daß man an einem Ausschuß teilnimmt, nicht heißt, daß man auch auf die Aufliegefrist verzichten wird. Das wissen Sie ganz genau. (Abg. Dr. Fischer: Sie waren be­reit, an einem Plenumstag einen Ausschuß zu machen! Sie haben gesagt: Heute um 8.30 Uhr!) Das ist nicht automatisch damit verbunden. Ich habe Ihnen schon gesagt: Die Art und Weise, wie und von wem die Abgeordneten informiert wurden, ist ein besonderes Kapitel, das ich hier nicht erörtern möchte. (Zwischenruf des Abg. Schieder.) Ich halte es daher nicht für unfair, wenn ich auf der Einhaltung der Aufliegefrist insistiere. (Abg. Dr. Fischer: Erst einem Ausschuß­tag zustimmen und das dann kritisieren!) Darauf insistiere ich, und das halte ich für fair. (Abg. Dr. Fischer: Hätten Sie am Schluß der Ausschußsitzung darauf aufmerksam gemacht, hätten Sie das Problem nicht gehabt!)

Herr Präsident! Das wird uns nicht mehr sehr geneigt machen, beim einvernehmlichen Zustan­dekommen von Ausschußsitzungen die bisherige Konzilianz walten zu lassen. Glauben Sie mir, das wird es nicht mehr tun! (Beifall beim Liberalen Forum.) Denn wenn Sie der Minderheit des Hauses vorhalten ... (Zwischenruf des Abg. Schieder.) Herr Kollege Schieder! Sie stören mich beim Reden. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Wenn Sie der Minderheit des Hauses vorhalten, daß sie, wenn sie A gesagt hat, dann zwingend auch B sagen muß, dann geht das meiner Ansicht nach ein bißchen zu weit. (Abg. Dr. Fischer: Ich verlange nur Logik!) Dann berufen Sie sich einmal auf die Usancen und ein andermal auf die Geschäftsordnung. Dieses Pingpongspiel machen wir nicht mit! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Dr. Fischer: Die Gesetze der Logik sollten auch für die Liberalen gelten!)

14.56


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.56


Abgeordneter Mag. Herbert Haupt¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, daß mein Vorredner das heutige Procedere schon sehr ein­drucksvoll geschildert hat.

Der Gesundheitsausschuß wurde in die Verhandlungen zur Vorbereitung der Materie mit keiner einzigen Sitzung eingebunden. Ein Abänderungsantrag und ein Abänderungsantrag zum Abän­derungsantrag waren das Substrat ohne Begutachtung. Die Beschlußfassung wurde von der Opposition ermöglicht, indem wir heute, überraschenderweise mit Telegramm zur frühen Mor­genstunde eingeladen, eine entsprechende Sitzung zugelassen haben, um in der Substanz zu diskutieren.

Die einzig entscheidende Frage, die von mir gekommen ist – warum man nunmehr eine Zehn­jahresfrist hat und nicht die 15 Jahre, die laut Verfassungsgerichtshof möglich wären, und war­um man auch nicht das, was sich die Apotheker gewünscht haben, nämlich überhaupt keine Übergangsfrist, heute in entsprechender Form erledigt –, wurde mit dem lapidaren Satz „Das ist eben ein Kompromiß“ und mit dem dazugehörigen Nicken abgesegnet.

Herr Kollege Kostelka! Was Sie heute hier machen wollen, ist keine Umgehung der Geschäfts­ordnung – es ist auch kein Mißbrauch der Geschäftsordnung durch die Opposition –, sondern es ist nichts anderes als der Versuch von Ihnen, von den Regierungsparteien, hier eine Junktimie­rung, die man im Vorfeld der Beschlußfassung auf dem Rücken des Parlaments, auf dem Rücken der Glaubwürdigkeit des Parlaments, unter Hintansehung der Aufliegefrist und auch un­ter Hintansehung der Begutachtungsfrist abgefaßt hat, durchzupeitschen. (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

Für die Öffentlichkeit sollte auch gesagt werden: In der Substanz geht es um ein Gesetz, das im Jahr 2008 Auswirkungen haben wird. Herr Kollege Kostelka! 2008 wird dieses Gesetz dann zur Schließung von Hausapotheken führen, und diejenigen, die aufgrund des Verfassungsgerichts­hofsentscheides heute um Apotheken ansuchen – wie etwa zwei Werber in meiner Gemeinde, in Spittal an der Drau –, werden ein Begutachtungsverfahren der Gemeinde, ein Begutachtungs­verfahren der Apothekerkammer, ein Begutachtungsverfahren der Interessenverbände, der Ver­treter der Parteienstellung der Patienten, der bestehenden Apotheken und der Hausapotheken­ärzte haben.

Sie wissen, daß beim österreichischen Fristenlauf der Bezirksverwaltungsbehörden in diesem Sinne bis zur Einholung der einzelnen Stellungnahmen ein halbes Jahr eine gute Frist ist, und ein dreiviertel Jahr bis ein Jahr zur Entscheidung ist immer noch eine ausgezeichnete Frist. Denn ich habe auch Kenntnis von Entscheidungen, die von den Bezirksverwaltungsbehörden nach drei Jahren noch immer nicht gefällt waren.

Herr Kostelka! Da wollen Sie uns jetzt vormachen, das steht unter Zeitdruck, das muß heute sein, weil es sonst größte Versäumnisse und Verzögerungen gibt, und die Opposition sei arbeitsunwillig? – Herr Kostelka! Ich sage Ihnen eines: Sie von seiten der Regierung waren arbeitsunwillig! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: Jawohl!)

Sie haben die Opposition nicht rechtzeitig in die Verhandlungen eingebunden. Sie haben die Opposition sowohl im Ausschuß für Soziales als auch im Ausschuß für Gesundheit immer wie­der einberufen und dann wieder nach Hause fahren lassen, ohne in der Substanz zu verhan­deln. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel.) Nunmehr – und das darf ich auch Ihnen sagen, Frau Kollegin Mertel – haben Sie in der Präsidiale nicht einmal die Zustimmung gegeben, daß der Kollege den Ausschuß einberufen kann, weil das einstimmig geschehen muß. Dort haben Sie blockiert, und nunmehr wollen Sie den Vorsitzenden herausziehen! (Beifall bei den Freiheit­lichen.) Frau Kollegin Mertel! Das ist mehr als vordergründig, um nicht ein anderes Wort zu verwenden, das mir womöglich einen Ordnungsruf einbringen würde.

Herr Kollege Kostelka! Ich kann in der Substanz nur eines feststellen: Was Sie heute vorhaben, ist schlicht und einfach ein Mißbrauch dieses Parlaments im Interesse und auf dem Altar der verbundenen Materien, die die große Koalition untereinander abgehandelt hat. Hier Zahnkronen-Regelung, da Hausapotheken-Regelung, und so geht es mit der Junktimierung von Äpfeln und Birnen munter weiter. Die fröhlichen Urständ’ der großen Koalition erster Prägung – von 1945 bis 1966 – beginnen offensichtlich wieder zu wirken.

Hier werden Dinge auf dem Rücken des Parlaments, auf dem Rücken der Interessengruppen, auf dem Rücken der Patienten junktimiert und durchgepeitscht. Offensichtlich haben Sie zuein­ander nicht einmal das Vertrauen, daß Sie, wenn Sie einander heute eine Zustimmung für Herbst geben, diese auch einhalten werden. Das ist die Bankrotterklärung der Handschlagquali­tät innerhalb der Regierungsparteien! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.00


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort ist weiters Herr Klubobmann Dr. Khol ge­meldet. – Bitte, Herr Klubobmann.

15.00


Abgeordneter Dr. Andreas Khol¦ (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Volks­partei steht ohne jeglichen Vorbehalt hinter diesem Antrag – er ist von mir mit unterzeichnet – des Abgeordneten Kostelka, weil wir für die Hausapotheken stehen, weil wir eine Versorgung des ländlichen Raumes, der Täler und Ortschaften, in denen es keine öffentliche Apotheke gibt, mit Hausapotheken gewährleisten wollen. Und wir bedanken uns bei jenen, die Hausapotheken führen. (Beifall bei der ÖVP.)

Warum mußte das Gesetz noch vor dem Sommer beschlossen werden? – Das ist sehr einfach: Aufgrund eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes ist eine Automatik eingetreten, der zufolge dort, wo eine öffentliche Apotheke errichtet wird, die Hausapotheken in einem bestimm­ten Umkreis schließen müssen. Es gibt derzeit über 50 Ansuchen auf Errichtung von öffent­lichen Apotheken. Frau Bundesminister Hostasch steht unter der Verpflichtung des Verwal­tungsverfahrensrechtes, sodaß diese Angelegenheiten im September zu entscheiden sind. Sie muß dann öffentliche Apotheken dort zulassen, wo 13 oder mehr Hausapotheken schließen müssen. Das aber wollen wir nicht haben, sondern wir wollen haben, daß die Hausapotheken eine gewisse Zeitlang weiterbestehen, denn auch die Ärzte haben ein Recht auf den Vertrauens­schutz. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte Ihnen eines sehr deutlich sagen: Ich bedanke mich beim Abgeordneten Pumberger dafür, daß er – da er gewußt hat, wie wichtig dies ist – den Gesundheitsausschuß einberufen hat. Ich bedanke mich bei den Fraktionen – den Grünen, den Liberalen, der Volkspartei und den Sozialdemokraten –, daß sie auch jenseits des Theaterdonners, der hier veranstaltet wird, wissen, wie wichtig die Hausapotheken für die Versorgung des ländlichen Raumes sind, und daß sie diesen Ausschuß heute in der Früh haben tagen lassen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Kollege Kier! Eines möchte ich Ihnen noch sagen, denn das unterscheidet uns von Ihnen: Wir stehen hinter den Sozialpartnern, wir suchen den Konsens, auch wenn es mühsam ist. Sie aber wagen den Konflikt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.03


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese erste Einwendungsdebatte geschlossen.

*****

Wir kommen nun zur zweiten Einwendungsdebatte. Sie betrifft die Einwendung des Herrn Abge­ordneten Mag. Stadler.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.03


Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé¦ (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Wir haben heute in der ersten Sitzung schon eine Einwendungsdebatte geführt. In dieser haben Sie eine Reihe von Vermutungen darüber angestellt, aus welchem Grund wir eine Um­reihung der Tagesordnung haben wollen, der zufolge das Thema Kindesmißhandlung vor dem Sozialpaket an die Reihe kommt.

Wider besseres Wissen haben Sie uns vorgeworfen, wir würden die Geschäftsordnung miß­brauchen, weil wir diese Umreihung der Tagesordnung wollen. Das ist ja immer so, darüber könnte man ständig dieselben Reden halten: Immer dann, wenn die Freiheitlichen irgendeine Meinung äußern, die anders ist als jene, die Sie befürworten, dann heißt es, daß wir Mißbrauch treiben. Da höre ich immer schon vorher, je nach politischem Lager: Sie seien konsterniert, Sie seien schockiert, Sie seien betroffen – nur deshalb, weil wir etwas anderes für wichtiger erach­ten, als Sie das tun. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: ... als den Rosenstingl!)

Ich sage, „wider besseres Wissen“ haben Sie diese Vermutungen geäußert, weil Sie aus vielen unserer Aktionen im Parlament wissen, daß uns die Bekämpfung des Kindesmißbrauchs ganz besonders wichtig ist. (Abg. Dr. Leiner: Woher sollen wir das wissen?) Sie wissen das aus vie­len Debattenbeiträgen, aus vielen Anträgen und vielen Anfragebeantwortungen (Abg. Schwar­zenberger: Warum verzögern Sie es dann so?), und auch aus unseren Stellungnahmen im Ausschuß wissen Sie, daß uns die Bekämpfung des Kindesmißbrauchs ungeheuer wichtig ist. Das stört Sie offensichtlich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie kommen mit wirklich unbegründeten Unterstellungen. Sie argwöhnen, wir würden die De­batte Rosenstingl verzögern wollen. (Ironische Nein-Rufe bei SPÖ und ÖVP.) Das stimmt wirklich nicht. Diese Unterstellung ist absolut unbegründet. (Ah-Rufe bei SPÖ und ÖVP.)

Zur Sache Rosenstingl ist zu sagen, daß wir in dieser Hinsicht eine ganz klare Lösung getroffen haben (Beifall bei den Freiheitlichen – neuerliche Ah-Rufe bei SPÖ und ÖVP), als wir gesehen haben, daß wir uns im Abgeordneten Rosenstingl getäuscht haben. Als wir von seinen Manipu­lationen erfahren haben (Abg. Müller: Im November!), haben wir sofort Konsequenzen gezogen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Ganz im Gegensatz zu Ihnen. Wir trennen uns von Abgeordneten, die eines strafbaren Verhal­tens verdächtig sind. Bei Ihnen ist das nicht so, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Was ist dann mit dem Meischberger? Er ist in erster Instanz verurteilt! – Weitere Zwischenrufe.)

Wenn so etwas in Ihren Reihen passiert – das haben wir schon x-mal erlebt –, dann wird ge­mauert, dann wird zugedeckt, dann werden keine Konsequenzen gezogen. Das ist der große Unterschied zwischen Ihnen und uns, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Daß Sie sich nicht schämen! Schämen Sie sich! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir haben diese Einwendungsdebatte wieder beantragt und Einwendungen erhoben, weil wir geglaubt haben, daß Sie endlich vernünftiger werden. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Wir haben geglaubt, daß Sie einsehen, daß die Öffentlichkeit ein wirkliches Interesse an der Debatte über den Kindesmißbrauch hat. Sie müssen sich doch einmal vor Augen führen, daß die parla­mentarischen Sitzungen öffentliche Sitzungen sind. (Abg. Dr. Schwimmer: Wir haben Sie zur Rede gezwungen!) Und dadurch, daß Sie diese Debatte für Mitternacht oder noch später anset­zen, nehmen Sie der Bevölkerung die Möglichkeit, daran teilzunehmen. (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

Aber das gehört wahrscheinlich zu Ihrem Plan. Denn das, was Sie heute hier vorlegen, ist in Wirklichkeit nur ein Reförmchen. Die wirklich großen Dinge zur Bekämpfung des Kindesmiß­brauchs haben Sie nicht in Angriff genommen. Sie haben damit wieder einmal bewiesen, daß es Ihnen mit diesem Thema nicht ernst genug ist und daß Sie in Wirklichkeit keine ernsthaften Konsequenzen ziehen wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheit­lichen.) Deshalb wollten wir die Debatte vorziehen, damit sich die Öffentlichkeit einmal von Ihrer wahren Gesinnung überzeugen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.08


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Kostelka. – Bitte, Herr Klubobmann.

15.08


Abgeordneter Dr. Peter Kostelka¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Kollegin Partik-Pablé! Daß der Abgeordnete Meischberger Ihnen bei Ihren Ausführungen keinen Applaus gezollt hat, ist verständlich. Er ist nämlich in erster Instanz bereits verurteilt, und Sie haben sich von ihm – wie auch von einer Reihe anderer – in keiner Weise verabschiedet. Das ist Doppelbödigkeit! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: Aber uns Vorwürfe machen! Schämen Sie sich! Eine Richterin!)

Meine Damen und Herren! Ich kann es mir ersparen, auf die klägliche doppelbödige Moral in Ihrer Argumentation einzugehen. Ich liefere Ihnen jetzt nur ein kleines Beispiel dafür, wie Frei­heitliche handeln, und damit auch den Beweis dafür, daß Sie anders handeln, als Sie in Wirk­lichkeit denken.

Wenn jemand interessiert in die Homepage der Freiheitlichen Partei einsteigt, dann hat er eine Reihe von Möglichkeiten. (Der Redner hält ein großformatiges Blatt Papier in die Höhe, auf dem eine Internet-Titelseite mit der Überschrift „FPÖ“ abgebildet ist.) Dazu gehört unter anderem auch, sich zu den einzelnen Landesorganisationen weiterzuhanteln, zum Beispiel zu „Wien und Bund“ oder zu „Burgenland“. (Der Redner zeigt ein Blatt Papier mit der entsprechenden Internet-Seite.) Hohes Haus! Uns interessiert in diesem Zusammenhang insbesondere die Freiheitliche Partei Oberpullendorf. (Abg. Kiss: Oh!) Wir nehmen uns also die Freiheitliche Partei Ober­pullendorf vor und haben da verschiedenste Möglichkeiten, uns das eine oder andere anzu­schauen. (Der Redner zeigt ein weiteres Blatt Papier.)

Wir interessieren uns – weil wir uns darunter nichts vorstellen können – unter „IBIZA-Online“ für einen ganz bestimmten Link. In diesem Zusammenhang haben wir die Möglichkeit zwischen Spanisch, Englisch und Deutsch. (Abg. Mag. Stadler: International!) Weil wir bei der Freiheit­lichen Partei sind, entscheiden wir uns selbstverständlich für „Deutsch“. (Abg. Dr. Graf: Das an­dere können Sie nicht lesen!) Da haben wir die Wahl zwischen „Immobilien“, „Booten“ oder zum Beispiel „Essen und Trinken“. (Der Redner zeigt das entsprechende Blatt Papier.) Es ist etwas eigenartig, daß ausgerechnet im freiheitlichen Bereich solche Geschäfte vermittelt wer­den. Aber sei’s drum: FPÖ und private Geschäfte haben – wie wir wissen – eine gewisse Tradition.

Aber das, was wir uns anschauen wollen, ist „Nightlife“. (Der Redner hält ein Blatt mit der Über­schrift „VIP’P“ in die Höhe.) Meine Damen und Herren! Wir gehen also in den Bereich von „Nightlife“, und was sich uns da in bewegender Form zeigt, sind vier Schmollmünder. Schmoll­münder, die folgendes hauchen: In gemütlicher, ungezwungener Atmosphäre findest du hier deine Traumbegleitung. (Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP.) Hier wirst du die schönsten Momente auf dieser magischen Insel erleben. – Es wird auch gehaucht: Wir folgen dir, wohin du möchtest, und sorgen für ein unvergeßliches Abenteuer. Laß dich von uns verwöhnen! (Heiter­keit bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Dann kommt die einzige politische Aussage: Wähle uns! (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wenn man dann weitergeht, hat man die Wahl. Meine Damen und Herren! Zumindest in diesem lasziven und libidinösen Zusammenhang kann man den Freiheitlichen wirklich nicht Fremden­haß vorwerfen: Nationalität: polnisch, Nationalität: tschechisch. In diesem Zusammenhang zu­mindest zeigen sie eine entsprechende Bereitschaft, auf die Völkerverständigung einzugehen. Das ist freiheitliche Realität, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Der Redner zeigt ein Blatt Papier, auf dem zwei Fotografien abgebildet sind, welche die Köpfe von zwei stark ge­schminkten Frauen zeigen. – Lebhafte Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Das ist Doppelbödigkeit, meine Damen und Herren! So handeln Sie in Wirklichkeit. Sie behaup­ten, daß Ihnen die Bekämpfung der Sexualität in ihren mißbräuchlichen Formen ein Anliegen ist. – (Auf die vorgezeigten Blätter deutend:) Das ist Ihre Realität!

Sie haben noch viel zu tun, um hier überhaupt eine glaubwürdige Stellungnahme abgeben zu können. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

15.12


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet als nächste ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Leikam: Schweitzer, das ist ein Wahnsinn! – Abg. Nürnberger: Wie ist das jetzt mit Oberpullendorf? – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

15.12


Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Lassen Sie mich bitte zuerst tatsächlich berichtigen und die Träume des Abgeordneten Dr. Kostelka, die er uns hier mitgebracht hat, ein bißchen relativieren: Wir bekämpfen die Sexualität nicht. Das ist etwas ganz Natürliches, Herr Abgeordneter! (Lebhafte Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte jetzt laut und deutlich eines sagen – und ich hoffe, daß das in Ihren Köpfen ist oder in Ihre Köpfe hineingeht –: Sexualität hat nichts mit sexuellem Mißbrauch zu tun, nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich brauche heute nur mit dem Beginn meiner letzten Rede anzufangen. (Anhaltende lebhafte Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) – Meine Damen und Herren! Seien Sie bitte ruhig, damit ich ordentlich reden kann!

In meiner letzten Rede habe ich gesagt: Kinder haben keinen Vorrang. – Genau das ist es. Das ist so geblieben, das hat sich nicht geändert. Kinder haben bei Ihnen keinen Vorrang! Denn heute stehen wir hier und debattieren über die Wertigkeit von Zahnkronen-Ideologie versus sexuellen Mißbrauch. Was ist wertvoller? Was ist wichtiger? Welches ist das Thema, das die Menschen heutzutage berührt, die Zahnkronen oder der sexuelle Mißbrauch? (Beifall bei den Freiheitlichen.)


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦ (das Glockenzeichen gebend): Meine Damen und Herren! Ich bitte um etwas mehr Ruhe. Wir haben heute schließlich noch eine Sitzung vor uns. – Bitte, Frau Abgeordnete.


Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil¦ (fortsetzend): Gesundheitliche Randthemen werden hochge­peitscht, meine Damen und Herren: die Zahnkronen-Ideologie, die Hausapotheken! Das, was wirklich die Gesundheitspolitik betrifft und was wirklich zu reformieren sein wird, wird gar nicht angegangen – nein, das wird sogar verhindert: Nehmen wir nur den gesamten niedergelassenen und ambulanten Bereich, wo absolut überhaupt nichts getan wird! (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

Aber beim Thema Mißbrauch, beim Thema Mißhandlung wird keiner von Ihnen müde, aus­schweifend rhetorisch zu beteuern, daß ihm diese Materie wichtig und die Menschen wertvoll sind. Sogar Frau Abgeordnete Dr. Petrovic, die ich sonst in ihrer Argumentation sehr schätze, hat heute eine eindeutige Entgleisung in ihrer Rhetorik erkennen lassen. Sie hat sexuellen Miß­brauch verglichen mit der Unhöflichkeit oder mit dem unmöglichen Verhalten des Herrn Rumpold, der seinem Kontrahenten – nennen wir es einmal so – an die Männlichkeit gegriffen hat. Ein unmögliches Verhalten dieses Herrn, überhaupt keine Frage – aber wo ist der Konnex mit sexuellem Mißbrauch, wo denn, meine Damen und Herren? (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Smolle: Es geht um die Glaubwürdigkeit, Frau Kollegin! – Weitere Zwischenrufe.)

Da ist dieses Grölen aus Ihren Reihen – ich muß es wirklich Grölen nennen  (Abg. Smolle: Es geht um Ihre Glaubwürdigkeit in der Frage!) –, wenn wir von sexuellen Handlungen reden, die Sie offensichtlich alle sehr erheitern, aber bei sexuellem Mißbrauch werden Sie leise, da schauen Sie weg! Da tun Sie nichts, da reden Sie nur ausschweifend von Ihren Träumen! (Abg. Rauch-Kallat: Frau Povysil! Ist das bei Ihnen normal? – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Das ist eine Scheinheiligkeit sondergleichen! Zeigen Sie einmal Ihre Wertschätzung dieser Thematik! Zeigen Sie sie, indem Sie hier und jetzt die Tagesordnung umstellen und sagen: Der sexuelle Mißbrauch, die sexuelle Mißhandlung von Kindern, dieses Thema ist uns wirklich etwas wert. (Abg. Smolle: Schluß mit dem Populismus!)

Herr Abgeordneter! Populismus können Sie mir in dieser Frage überhaupt nicht unterstellen! (Abg. Smolle: Beschäftigen Sie sich mit ernsten Themen! – Weitere Zwischenrufe.) Ich habe absolut jeden Tag mit diesen Kindern zu tun. Also hören Sie auf, mir hier Populismus zu unter­stellen! Das ist eine schlimme Sache. Diese Kinder schreien nicht, die sind still! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diskutieren Sie einmal sachlich unseren 31-Punkte-Katalog zu diesem Thema, der wirklich sämtliche Begleitmaßnahmen enthält! Aber wenn Ihnen schon meine Meinung nicht wichtig ist, beachten Sie bitte folgendes: Es sind über 200 000 Unterschriften von der Bevölkerung gesam­melt worden, die wir Ihnen heute hier präsentiert haben. Nehmen Sie die Bevölkerung nicht wichtig? – Es ist ein Gast hier, eine selbst Betroffene, die dies alles mitgemacht hat, wogegen Sie hier argumentieren und grölen. Nehmen Sie diese Frau nicht wichtig? (Abg. Dr. Trinkl: Die habt ihr mißbraucht! – Zwischenruf der Abg. Silhavy. – Weitere Zwischenrufe.)

Ich sage Ihnen eines: Geben Sie alle, die Sie hier sind, endlich den Menschen die Wertigkeit, die sie verdienen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.17


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist als nächste Frau Dr. Petrovic. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.17


Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic¦ (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bin froh darüber, daß wir dem Kern dieser Auseinandersetzung über politisches Klima und politische Verantwortung im Rahmen dieser Einwendungsdebatte vielleicht ein wenig näher kommen.

Da Frau Abgeordnete Povysil sich dagegen verwahrt hat, daß es hier immer wieder zu Vermi­schungen kommt zwischen erlaubter, gewollter, von niemandem inkriminierter Sexualität, Porno­graphie, Kindesmißbrauch, Mißbrauch von Abhängigkeitsverhältnissen und vielleicht auch noch der Frage der Artikulation im Rahmen des Kunst- und Kulturbetriebes, möchte ich Sie folgendes fragen, Frau Primaria: Wer hat denn die Vermischung in dieses Haus gebracht?

Ich erinnere mich sehr gut an eine wirklich nicht sehr hochstehende Dringliche Anfrage, die von Ihnen eingebracht worden ist und in der genau diese Vermischung geradezu kultiviert worden ist. Darin ist genau diese Vermischung erfolgt, weil darin der Mißbrauch von Abhängigkeitsver­hältnissen, ein Nebel rund um Pornographie jeder Art und dann die notorische Attacke auf die Freiheit der Kunst und Kultur in einem bunten Sammelsurium vorgekommen sind.

Es war doch Ihr Dringlicher Antrag betreffend Kindesmißbrauch, der dann darin gegipfelt hat, daß sämtlichen Personen, Institutionen und Organisationen, die irgend etwas mit Pornographie zu tun haben oder diese verbreiten, sämtliche Förderungsmittel abzudrehen sind. Das hätte damals, wie gesagt, insbesondere auf die Freiheitliche Partei Niederösterreich zugetroffen. Im nachhinein betrachtet, wäre es ein großer Segen gewesen, schon damals den Förderungshahn zuzudrehen, denn das hätte vielleicht den Schaden minimiert.

Aber Sie waren jene, die bewußt und – ich sage es so – mit politischer Motivation diese Verball­hornungen und Verdrehungen immer wieder gesucht haben, indem Sie all das – Pornographie, Kindesmißbrauch, die angebliche Förderung der Regierung für eine Kunst, die Ihnen nicht behagt (Abg. Mag. Stadler: Angeblich? Mühl heißt der Mann!) und die Sie lieber verbieten würden – in einen Topf geworfen haben. Das ist Ihr Stil!

Wenn Sie nun an diesen Maßstäben gemessen werden, dann seien Sie bitte nicht so weinerlich und so wehleidig! (Beifall bei den Grünen, der SPÖ und dem Liberalen Forum.)

15.21


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Meine Damen und Herren! Der Verlauf vor allem dieser zweiten Einwendungsdebatte scheint mir eine Richtung zu nehmen, die mich dazu veranlaßt, darauf hinzuweisen, daß es sich um eine Einwendungsdebatte handelt. Ich gewinne bei der einen oder anderen Wortmeldung den Eindruck, daß ein Tagesordnungspunkt der zweiten Sit­zung, die uns heute noch bevorsteht, vorweggenommen wird.

Ich bitte Sie – ohne Blick auf die weitere Rednerliste –, das zu berücksichtigen.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.22


Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt¦ (Liberales Forum): Ich schließe mich der Beurteilung des den Vorsitz führenden Präsidenten durchaus an. Wie man weiß, geht es den Freiheitlichen auch gar nicht um eine Einwendungsdebatte, und ich behaupte, auch nicht um die Sache an sich, da man mit dieser Art der Polemik der Sache nichts Gutes erweisen kann.

Frau Abgeordnete Povysil! Eine Ihrer Aussagen lasse ich von diesem Rednerpult aus nicht un­widersprochen – und ich verwahre mich gegen die Unverschämtheit Ihrer Wortmeldung –, näm­lich die, daß eine betroffene Frau in diesem Saal säße, die, wie Sie wörtlich sagten, das mitge­macht habe, wogegen wir alle polemisierten. Das ist der Gipfelpunkt der Unterstellung, der Un­verschämtheit und der Unseriosität! Damit haben Sie für mich jede Glaubwürdigkeit in dieser Sache verloren! (Beifall beim Liberalen Forum, bei SPÖ und ÖVP sowie bei den Grünen.)

15.23


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Es gibt jetzt eine Wortmeldung des Herrn Abgeordne­ten Mag. Stadler. – Bitte. (Rufe bei SPÖ und ÖVP: Nein! – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Was ist?)

15.23


Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Kollegin Schmidt hätte sich ihre Empörung sparen können. Denn Sie, Frau Kollegin Schmidt, haben sich, als Kollegin Apfelbeck zum ersten Mal klubintern gezeigt hat, wie mißbrauchte Kinder ausschauen, dagegen verwahrt, daß so etwas hergezeigt wird, denn man kümmert sich nicht darum. Damals war Frau Schmidt noch Abgeordnete des freiheitlichen Klubs! Ich bin froh darüber, daß Sie diesen Klub mittlerweile verlassen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Angesichts Ihres damaligen Verhaltens wäre ich an Ihrer Stelle daher sehr selbstkritisch, Frau Schmidt. (Abg. Dr. Fekter: Wir zeigen sie aber nicht wie eine Trophäe!)

Aber das, was Herr Kostelka heute geliefert hat, ist wohl der Gipfelpunkt! Das zeigt, daß dieser Mann nicht einmal mehr fähig ist, sich zu schämen. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Man sieht, er amüsiert sich, er schämt sich gar nicht. Sie haben es verlernt, Herr Kollege, sich zu schämen! (Abg. Dr. Mertel: Ist das eine Einwendung?)

Meine Damen und Herren! Mit einem Appell an die Lustigkeit von weiblichen Darstellungen – alle Feministinnen haben sich zurückgehalten, haben sich noch auf die Schenkel geklopft, als sie irgendwelche lasziven weiblichen Darstellungen gesehen haben –, mit einem Appell an die Prüderie und an die Verklemmtheit des einen oder anderen Abgeordneten, der sich gefreut hat, daß er endlich einmal unverdächtig hinschauen darf, mit einem solchen Appell Kinderpornogra­phie erklären zu wollen, ist schämenswürdig! Sie sollten sich schämen, Herr Kollege Kostelka! Sie sollten sich schämen, weil ein Vater sich nicht so verhält. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was immer sich erwachsene Leute anschauen, was immer erwachsene Leute mit ihrer Sexua­lität machen, ist, solange es nicht Kinder betrifft, nichts und mit nichts vergleichbar. (Zwischenruf der Abg. Dr. Karlsson.) Nehmen Sie das zur Kenntnis, wenn Sie schon nicht mehr in der Lage sind, sich zu schämen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Petrovic hat heute von einem Anschlag auf die Freiheit der Kunst gesprochen! Das hat ein Kinderschänder gemacht. (Der Redner zeigt Plakate mit Werken Otto Mühls.) Der bekannteste Kinderschänder Österreichs hat das gemacht, er ist jahrelang dafür gesessen. (Abg. Dr. Maitz: Einwendungsdebatte!) Die Opfer hat man nicht in Museen auftreten lassen. Das hat einer der bekanntesten Kinderschänder Österreichs gemacht.

Hat das jemanden von Ihnen gestört? – Niemanden hat das gestört! Und Sie haben nicht fünf Minuten an die Opfer gedacht. (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller.) Sie haben in all Ihren Reden bisher keinen einzigen Satz des Bedauerns für die Opfer des Herrn Mühl verloren. Keinen einzigen Satz bisher! Und dafür sollten Sie sich als Mutter schämen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Österreichische Volkspartei, deren Ministerin diese Dinge ver­öffentlicht und Ausstellungen darüber eröffnet hat, deren Außenminister diese Ausstellung ge­sponsert hat, sammelt nun Unterschriften gegen Kindesmißbrauch. (Abg. Dr. Kostelka: Wo ist denn die Einwendung?) Frau Horngacher hat sich, wie ich schon einmal erwähnt habe, in dieser Sache verdient gemacht, heute aber unterstützt sie ihre eigene Fraktion mit einer lächerlichen Dringlichen Anfrage, die der eigenen Partei nicht einmal eine volle Rednerliste wert war, um das Thema Kindesmißbrauch von der Tagesordnung zu verdrängen. Das nenne ich – verzeihen Sie mir, Frau Kollegin Horngacher – Heuchelei, nackte Heuchelei! Ich würde mich dafür schämen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Pfui! Nehmen Sie das zurück!)

Ich würde mich ebenso schämen, wenn es, auf welcher Ebene auch immer, Freiheitliche gäbe, die im Internet surfen, um Kinderpornographie zu sehen. Es geht mir nicht darum, jemandem zu verbieten, sich Darstellungen nackter Frauen oder nackter Männer anzuschauen. Das interes­siert mich nicht. Aber bei Kinderpornographie ist Sensibilität angesagt! (Zwischenruf der Abg. Dr. Karlsson.) Herrn Kostelka für das Herzeigen weiblicher Darstellungen Applaus zu zollen und sich gierig auf die Schenkel zu klopfen, zeugt nicht von Sensibilität, Herr Kollege Kukacka. Das sollten Sie sich ins Stammbuch schreiben und nicht applaudieren! Sie sollten sich für Ihren Koalitionspartner schämen, das wäre angezeigt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sollten sich auch für Ihre Ministerin schämen, die es zuläßt, daß diese pornographischen Darstellungen – Herr Kollege Kostelka, Sie würden es Blasphemie nennen! Pardon, Kollege Khol! Die siamesischen Zwillinge bringt man schon durcheinander! – blasphemischen Inhalts von einem Kinderschänder in den öffentlichen Museen dieses Landes zum besten gegeben wer­den. Das ist der eigentliche Skandal! Diesen Skandal haben Sie als Regierungspartei mitzuver­antworten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese Regierung fördert nachweislich derartige Dinge, nicht nur Herrn Mühl, sondern etwa auch Herrn Allemann. – Ihr Landeshauptmann hat dafür gesorgt, daß das Stück von Urs Allemann „Babyficker“ in einem öffentlichen Theater aufgeführt werden durfte! Ihr Landeshauptmann in Oberösterreich ist dafür verantwortlich. Ihre Regierung ist dafür verantwortlich, daß Kinder im Jahr eins nach den belgischen Vorgängen, gleichzeitig mit den holländischen Vorgängen, wo einjährige Kinder nahezu zu Tode gebracht wurden – es ist noch nicht erwiesen, ob nicht Kinder dabei auch zu Tode kamen –, zum sexuellen Mißbrauch gedient haben ...


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Den Schlußsatz bitte, Herr Abgeordneter, beziehungs­weise den Schlußsatz zu Ende bringen. (Rufe bei der ÖVP: Einwendung!)


Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler¦ (fortsetzend): Da Sie nicht mehr in der Lage sind, sich zu schämen, haben wir keine Hoffnung mehr, daß Sie unserem Antrag auf Umreihung der Tagesordnung zustimmen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.28


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Meine Damen und Herren! Ich unterbreche nun kurz die Sitzung und bitte die Damen und Herren Klubobleute kurz zu mir auf das Präsidium.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 15.28 Uhr unterbrochen und um 15.30 Uhr wiederaufgenommen.)


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich habe mit den Damen und Herren Klubobleuten den von mir vorhin bereits angeschnittenen Punkt näher besprochen und bitte noch einmal inständig, auch im Sinne eines normal ablaufen­den Parlamentarismus, bei einer Einwendungsdebatte eben Einwendungen, in diesem Fall gegen die Tagesordnung, zu machen.

Wir setzen nun in der Rednerliste fort.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wabl. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Jung: Wehret den Anfängen!)

15.31


Abgeordneter Andreas Wabl¦ (Grüne): Herr Präsident! Wir treten diesen Einwendungen der freiheitlichen Fraktion nicht bei, und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Es konnte nicht plausibel gemacht werden, was es, liebe Kolleginnen und Kollegen – ich möchte Sie einmal so freundlich anreden (Abg. Dr. Graf: Das ist aber verdächtig!) –, an den gesellschaftlichen Zustän­den ändert, wenn Sie alle anderen Fraktionen in einer Art und Weise, auf die ich noch näher ein­gehen werde, beschimpfen, indem Sie sagen, daß sie eigentlich für Pornographie und für Kin­desmißbrauch seien. Der Bundeskanzler selbst wurde von Ihnen bezichtigt, daß er den Kindes­mißbrauch fördere. (Abg. Mag. Stadler: Das können wir beweisen! – Abg. Nürnberger: Sie haben keine Beweise!)

Herr Kollege Stadler! Wenn es darum ginge, daß die ÖVP oder die SPÖ eine Debatte im Hohen Haus unterdrücken möchte, die in der Öffentlichkeit noch nicht vorhanden ist, die verschwiegen wird, wäre es noch zu verstehen. Aber es sind alle Zeitungen voll davon, die Debatte wird überall geführt, es werden Gesetze dagegen beschlossen. In den Zeitungen sind die Schlagzeilen ein­deutig und klar. Ihr Versuch ist offensichtlich auch eindeutig und klar. Worüber ich noch nicht ganz Klarheit habe, ist, was Menschen veranlaßt, mit einer derartigen Emotion ununterbrochen über ein Thema in dieser Art und Weise zu reden! (Abg. Mag. Stadler: Die Empörung!)

Herr Kollege Stadler! Ich nehme einmal an, daß die Empörung echt ist. Aber was veranlaßt Sie, bei jeder Veranstaltung, die Sie im Zusammenhang mit Kindesmißbrauch in diesem Saal insze­nieren, ununterbrochen die meines Erachtens billigen Werke des Herrn Mühl zu propagieren? (Abg. Mag. Stadler: Die Kulturförderung der Regierung!) Es gibt keine andere Person in diesem Haus, die diese Bilder ununterbrochen und in dieser Art und Weise präsentiert! (Abg. Mag. Stadler: Wieso stellt man ihm die Museen zur Verfügung? Burgtheater, Museum für ange­wandte Kunst, Sezession!)

Herr Kollege Stadler! Wenn es tatsächlich so schlimm ist, dann reicht es doch schon, daß diese Werke in einem öffentlichen Museum hängen. Warum müssen Sie nun auch noch im Hohen Haus ununterbrochen in einer Art und Weise (Abg. Mag. Stadler: Helfen Sie, es abzustellen!) wie der Pornojäger ... (Abg. Dr. Stippel: Machen Sie Werbung!) Alle kennen diese Bilder be­reits. Sie aber bringen diese Bilder immer wieder mit sichtlichem Genuß – mit ekelhaftem Ge­nuß natürlich, Sie sind ja richtig angewidert (Abg. Dr. Partik-Pablé: Es wird nicht reagiert darauf!) – und zeigen der Öffentlichkeit und diesem Haus immer wieder, wogegen Sie kämpfen. (Abg. Mag. Stadler: Solange der Mühl gefördert wird, werde ich das weiter tun!)

Das wissen wir, Herr Stadler, aber Ihr Eifer und Ihr Geifer sind bemerkenswert! Ich habe Herrn Humer im Fernsehen gesehen und war überrascht, als dieser Mann sich plötzlich vor der Kamera ausziehen wollte, obwohl es keinen Grund dafür gab. (Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP.) Ich bin auch immer wieder überrascht, mit welcher Heftigkeit Sie immer wieder diese Plakate her­zeigen (Abg. Dr. Graf: Was wollen Sie damit sagen?), daß Sie und Ihre Fraktion sich ununter­brochen an diesen Plakaten erregen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aus Empörung! Weil nichts ge­schieht!)

Frau Partik-Pablé! Es ist evident, daß die Gesellschaft über diese Sachverhalte unisono empört ist. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nicht die Sozialisten! Nicht die Volkspartei!) Es ist evident, daß die Öffentlichkeit ununterbrochen dagegen auftritt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nicht dieses Hohe Haus!) Es gibt keine Interessen – weder von der Bundesregierung noch von irgendeiner Partei in diesem Haus (Abg. Dr. Partik-Pablé: Der Bundeskanzler hat sich dafür nicht einmal entschul­digt!) – an der Pornographie. Es gibt einzelne Abgeordnete innerhalb der FPÖ, die Interesse an der Pornographie haben, aber es gibt keine Interessen dieses Hauses! Das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ, der ÖVP und des Liberalen Forums.)

Herr Kollege Stadler! Wissen Sie, was an Ihrer merkwürdigen Rechtsauffassung so bedrohlich ist? (Abg. Mag. Stadler: Sie sind ja noch peinlicher als der Kostelka! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Es ist ja dumm, was Sie sagen!) – Ich nehme Ihnen Ihre Erregung ab! Aber ich nehme Ihnen nicht mehr ab, daß es Ihnen hier um die Sache geht. (Abg. Dr. Graf: Haben Sie Kinder?) – Herr Abgeordneter! Ich habe Kinder. (Abg. Dr. Graf: Es geschieht ja nichts!)

Wenn Herr Mühl die Absicht gehabt hätte, einen gesellschaftlichen Zustand zu demaskieren – was ich nicht annehme; er hat sich nur selbst demaskiert –, dann ist ihm das bei der FPÖ gelun­gen. (Beifall bei den Grünen und dem Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: So ein Topfen! So ein Blödsinn!)

15.35


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Khol. – Bitte, Herr Klubobmann. (Abg. Dr. Graf: Und deswegen muß man weiterfördern!)

15.35


Abgeordneter Dr. Andreas Khol¦ (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte in dieser Einwendungsdebatte das wiederholen, was ich bereits heute früh gesagt habe: Nie­mand in diesem Haus unterstützt Kinderschänder! Im Gegenteil. Alle in diesem Haus, alle Fraktionen, sind gegen diese unmenschlichen und widerlichen Verbrechen. (Abg. Mag. Stadler: Wer ist denn für das Burgtheater verantwortlich?) Wir haben heute in diesem Haus ein Gesetz zu beschließen, durch das alle diese Verbrechen stärker als bisher bestraft werden. Und das ist richtig so! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Ich glaube, in Ihrer aller Namen zu sprechen, wenn ich sage, daß wir tiefstes Mitgefühl für alle haben, die von Kinderschändern mißbraucht wurden, und daß wir alle alles tun wollen, damit der­artige Verbrechen schärfstens verfolgt werden und den Opfern derartiger Verbrechen geholfen wird. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, dem Liberalen Forum und den Grünen.)

Ich trete den Einwendungen gegen die Tagesordnung namens meiner Fraktion nicht bei, denn wir haben unsere Prioritäten klar geordnet (Abg. Mag. Stadler: Das sieht man!), nämlich daß Kinderschänder natürlich (Abg. Mag. Stadler: Am Schluß!) verbrecherische Handlungen bege­hen, und wir haben ... (Abg. Mag. Stadler: Um Mitternacht!) – Wenn es um Mitternacht statt­fände – es wird nicht so sein (Abg. Mag. Stadler: Hinter dem Zahnersatz!) –, dann wären zum Großteil Sie, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, mit Ihren heutigen Filibuster­debatten daran schuld. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, dem Liberalen Forum und den Grünen. – Abg. Mag. Stadler: Hinter den Zahnkronen!)

Ich sage Ihnen jetzt: Wir werden uns bei allen Debatten sehr zurückhalten, damit die Debatte über das Strafrechtsänderungsgesetz zu einer vernünftigen Zeit, das heißt, zu einer Zeit, zu der man im Fernsehen noch verfolgen kann, was im Hohen Haus geschieht, geführt wird.

Da es in einer Einwendungsdebatte keine tatsächliche Berichtigung gibt, möchte ich im Rahmen meiner Wortmeldung die Behauptungen des Abgeordneten Stadler richtigstellen, der gemeint hat, die Frau Bundesministerin für Unterricht habe die Ausstellung mit diesen verwerflichen Bil­dern gefördert.

Mir liegt eine amtliche Mitteilung des Bundesministeriums für Unterricht vor. (Abg. Mag. Stadler: Das Museum für angewandte Kunst ressortiert doch zur Frau Gehrer!) Denn, Herr Stadler, ich kenne meine Pappenheimer. (Zwischenruf der Abg. Dr. Petrovic.)

Darin teilt Frau Gehrer mit: „Die Ausstellung mit dem Mühl-Bild in der Wiener Sezession wurde nicht vom BMUK gefördert. Gefördert wurde aus Anlaß des 100jährigen Jubiläums der Sezes­sion ausschließlich die Aufarbeitung der Archivbestände. Das BMUK unterstützt aufgrund der Kompetenzlage keine Ausstellungsprojekte der Sezession.“

Ihre Wortmeldung, Herr Stadler, war also, wie in so vielen Fällen, nicht richtig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Alles, was Sie tun wollen, ist, von Ihrer tiefen Verstrickung in den Skandal um die Causa Rosenstingl abzulenken – ganz nach dem Motto: Reden wir von etwas anderem! Auch Ihr Herr Haider, der zwei Dringliche Anträge gegen Kin­desmißbrauch formuliert hat, hat heute deutlich unter Beweis gestellt, was ihm wichtig ist: nicht die Kinder, sondern New York, the happy life in the States. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.39


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese zweite Einwendungsdebatte geschlossen.

Wir kommen nun zu den Abstimmungen, und zwar über beide Debattenanträge getrennt.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über die Einwendung der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol betreffend die Ergänzung der Tagesordnung der 137. Sitzung um den Bericht des Ge­sundheitsausschusses 1381 der Beilagen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Somit wird die Tagesordnung der anschließenden 137. Sitzung um den Punkt 23, nämlich den Antrag 802/A, ergänzt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über die Einwendung des Abgeordneten Mag. Stadler auf Umreihung der Tagesordnung der 137. Sitzung.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Die Reihung der Tagesordnung bleibt damit unverändert.

Einlauf


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Ich gebe bekannt, daß in dieser Sitzung die Selbständi­gen Anträge 845/A bis 859/A (E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 4717/J bis 4787/J eingelangt.

Feststellung betreffend die Abwesenheit eines Abgeordneten


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Ich stelle ferner fest, daß Abgeordneter Rosenstingl auch zu dieser Sitzung nicht erschienen ist.

*****

In Kürze beginnt die nächste Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 15.41 Uhr

 

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