Stenographisches Protokoll

156. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 20. Jänner 1999

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

156. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode               Mittwoch, 20. Jänner 1999


Dauer der Sitzung

Mittwoch, 20. Jänner 1999: 9.01 – 24.00 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Sonderbericht des Rechnungshofes über das Eisenbahnprojekt Sem­mering-Basistunnel

2. Punkt: Bericht über den Antrag 986/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen über ein Bundesgesetz betreffend die Über­nahme einer Garantie für eine von der Oesterreichischen Nationalbank gegen­über der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (“BIZ”) einzugehenden Haf­tung

3. Punkt: Blutsicherheitsgesetz 1999 – BSG 1999

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird

5. Punkt: Bericht über den Antrag 970/A der Abgeordneten Mag. Walter Guggen­berger, Maria Rauch-Kallat und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste – MTF-SHD-G geändert wird

6. Punkt: Bericht über den Antrag 820/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumber­ger und Genossen betreffend Ausbildungsstandard und Berufsbild von Arzthelferin­nen und Zahnarzthelferinnen

7. Punkt: Grüner Bericht 1997

8. Punkt: Österreichischer Waldbericht 1996

9. Punkt: Bericht über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (26d Vr 10719/98) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Jörg Haider

10. Punkt: Bericht über das Ersuchen des Landesgerichtes Klagenfurt (17 EVr 2163/98, 17 Hv 176/98) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeord­neten zum Nationalrat Heinz Anton Marolt

*****

Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht der Abgeordneten Dr. Christa Krammer ................................. 30

Angelobung der Abgeordneten Verena Dunst .................................................. 30

Personalien

Verhinderungen ............................................................................................... 30

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeant­wortung 4835/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ...................................................................................... 49

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsord­nung                  114

Redner:

Reinhart Gaugg ....................................................................................... 114

Bundesministerin Eleonora Hostasch ...................................................... 117

Annemarie Reitsamer .............................................................................. 119

Dr. Gottfried Feurstein ............................................................................. 120

Mag. Herbert Haupt.................................................................................. 121

Dr. Volker Kier ........................................................................................ 122

Karl Öllinger ........................................................................................... 124

Antrag der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen, dem Bautenausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 118/A (E) betreffend Novellierung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes zur Absenkung der Genossenschaftsmieten auf den Erhaltungsbeitrag gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 24. April 1999 zu setzen               49

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................... 49

Redner:

Mag. Reinhard Firlinger .......................................................................... 125

Kurt Eder ................................................................................................ 127

Dr. Walter Schwimmer ............................................................................ 129

Dr. Jörg Haider ....................................................................................... 130

Karl Smolle.............................................................................................. 131

MMag. Dr. Madeleine Petrovic ................................................................ 132

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ............................................................. 134

Antrag der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen, dem Wirtschaftsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 428/A (E) zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen erleichtern gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 22. März 1999 zu setzen ...................................................................................................................... 49

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................... 49

Redner:

Mag. Helmut Peter .................................................................................. 134

Dr. Kurt Heindl ........................................................................................ 136

Ing. Leopold Maderthaner ....................................................................... 138

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................ 139

Dr. Volker Kier ........................................................................................ 140

Ing. Monika Langthaler ........................................................................... 142

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ............................................................. 143

Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen, dem Ausschuß für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 504/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Karenzurlaubszuschußgesetz und das Karenz­geldgesetz geändert werden, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsord­nung eine Frist bis 23. Feber 1999 zu setzen ................................. 49

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................... 49

Redner:

Karl Öllinger ........................................................................................... 143

Heidrun Silhavy ...................................................................................... 146

Dr. Sonja Moser-Starrach ........................................................................ 147

Edith Haller ............................................................................................. 148

Dr. Volker Kier......................................................................................... 149

Mag. Doris Kammerlander ...................................................................... 150

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ............................................................. 152

Anträge der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen, dem Wirt­schafts­ausschuß zur Berichterstattung über die Anträge 607/A (E), 608/A (E), 609/A (E), 610/A (E), 611/A (E), 612/A (E), 613/A (E), 614/A (E), 615/A (E) und 513/A gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 22. März 1999 zu setzen – Ablehnung ............................................................................  50, 233

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt, MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der politischen Verantwortlichkeit der Bundesregierung (insbesondere des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten, des Bundesministers für Inneres und des Bundesministers für Justiz) sowie vermuteter rechtswidriger Einflußnahme durch politische Funktionsträger in Zu­sammenhang mit den Ermittlungen zu den Morden an drei Kurden am 13. 7. 1989 und der Verfolgung von drei dieser Tat dringend Verdächtigten, die trotz Vorliegen eindeutiger Indizien Österreich unbehelligt verlassen konnten, gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung          ........................................................................................................... 235

Bekanntgabe .................................................................................................. 50

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG ................................................................................................... 50

Redner:

Mag. Dr. Heide Schmidt .......................................................................... 236

MMag. Dr. Madeleine Petrovic ................................................................ 238

Ablehnung des Antrages ................................................................................ 239

Absehen von der 24stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Aus­schußberichtes 1584 d. B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung .......................................................................... 50

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung ........................................................................................... 52

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................... 152

Aktuelle Stunde (35.)

Thema: “Umsetzung des Frauenvolksbegehrens – Verbesserung der Karenzmöglichkeiten”

Redner:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic .................................................................. 30

Bundesministerin Mag. Barbara Prammer ..........................................  32, 47

Mag. Doris Kammerlander .................................................................. ..... 34

Dr. Elisabeth Hlavac .................................................................................. 35

Maria Rauch-Kallat.................................................................................... 36

Edith Haller .............................................................................................. 38

Maria Schaffenrath ................................................................................... 39

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein ...................................................... 40

Karl Öllinger ............................................................................................. 42

Dr. Ilse Mertel ........................................................................................... 43

Rosemarie Bauer ...................................................................................... 44

Dr. Jörg Haider.......................................................................................... 46

Klara Motter .............................................................................................. 48

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ....................................................................................... 49

Ausschüsse

 Zuweisungen .................................................................................................. 51

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Heinz Anton Marolt .................................................. 51

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Sonder­bericht des Rechnungshofes (III-155 d. B.) über das Eisenbahnprojekt Sem­mering-Basistunnel (1582 d. B.) ................ 53

Redner:

Mag. Karl Schweitzer ................................................................................ 53

Mag. Helmut Kukacka .............................................................................. 56

Dr. Gabriela Moser .................................................................................... 59

Otmar Brix ................................................................................................ 61

Mag. Reinhard Firlinger............................................................................. 64

Bundesminister Dr. Caspar Einem ............................................................. 65

Mag. Thomas Barmüller ........................................................................... 68

MMag. Dr. Madeleine Petrovic .................................................................. 73

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch ..................................................................... 75

Anneliese Klein ........................................................................................ 76

Josef Edler ............................................................................................... 77

Franz Stampler.......................................................................................... 79

Gabriele Binder ........................................................................................ 80

Franz Kampichler ..................................................................................... 82

Anton Leikam ........................................................................................... 83

Mag. Franz Steindl ................................................................................... 85

Kurt Wallner ............................................................................................. 86

Rechnungshofpräsident Dr. Franz Fiedler ................................................. 88

Mag. Kurt Gaßner...................................................................................... 91

Robert Sigl ............................................................................................... 92

Dr. Günther Kräuter .................................................................................. 93

Karl Smolle .............................................................................................. 95

Georg Wurmitzer ...................................................................................... 97

Mag. Herbert Haupt ................................................................................... 99

Kenntnisnahme des Berichtes III-155 d. B. ....................................................... 101

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Ge­nos­sen betreffend Semmering-Basistunnel – Ablehnung .........................................................................  56, 101

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karl Smolle und Genossen be­treffend Schaffung des österreichischen Bundesverkehrswegeplans – Ab­lehnung ...........................  95, 101

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genos­sen betreffend Arbeitsmarktwirksamkeit öffentlicher Investitionen – Ableh­nung ...................  99, 101

2. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 986/A der Abge­ord­neten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen über ein Bundesgesetz betreffend die Übernahme einer Garantie für eine von der Oesterreichischen Nationalbank gegenüber der Bank für Inter­na­tionalen Zahlungsausgleich (“BIZ”) einzugehenden Haftung (1575 d. B.) ...................................................... 102

Redner:

Mag. Reinhard Firlinger .......................................................................... 102

Dr. Alfred Gusenbauer ............................................................................ 103

Dr. Alexander Van der Bellen .................................................................. 106

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................... 108

Ing. Wolfgang Nußbaumer....................................................................... 109

Mag. Helmut Peter .................................................................................. 110

Bundesminister Rudolf Edlinger ............................................................. 111

Reinhart Gaugg ....................................................................................... 113

Susanne Rieß .......................................................................................... 152

Mag. Dr. Josef Höchtl .............................................................................. 153

Mag. Gilbert Trattner ............................................................................... 154

Annahme des Gesetzentwurfes in 1575 d. B. ................................................... 156

3. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1430 d. B.): Blutsicherheitsgesetz 1999 – BSG 1999 (1577 d. B.) ........................................ 156

Redner:

Dr. Elisabeth Pittermann ......................................................................... 156

Johann Schuster ..................................................................................... 157

Mag. Herbert Haupt ................................................................................. 158

Klara Motter ............................................................................................ 160

Theresia Haidlmayr.................................................................................. 161

Mag. Johann Maier ................................................................................. 163

Dr. Brigitte Povysil .................................................................................. 164

Anna Huber ............................................................................................ 166

Dr. Alois Pumberger................................................................................ 167

Bundesministerin Eleonora Hostasch ...................................................... 168

Annahme des Gesetzentwurfes in 1577 d. B. ................................................... 170

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genos­sen betreffend ausländische Blutkonserven und Blutprodukte – Patientensi­cher­heit – Ablehnung ...........  165, 170

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1544 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird (1578 d. B.) ........................................ 170

5. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 970/A der Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger, Maria Rauch-Kallat und Genos­sen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Rege­lung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste – MTF-SHD-G geändert wird (1579 d. B.) .............................................................................. 170

6. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 820/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend Ausbil­dungs­standard und Berufsbild von Arzthelferinnen und Zahnarzthelferinnen (1580 d. B.) ...................................................................... 170

Redner:

Dr. Alois Pumberger ............................................................................... 171

Mag. Walter Guggenberger ..................................................................... 173

Klara Motter ............................................................................................ 174

Dr. Günther Leiner .................................................................................. 175

Theresia Haidlmayr.................................................................................. 177

Manfred Lackner ..................................................................................... 180

Dr. Brigitte Povysil .................................................................................. 181

Dr. Erwin Rasinger .................................................................................. 181

Dr. Martina Gredler ................................................................................. 182

Ing. Erwin Kaipel .................................................................................... 184

Dr. Gerhard Kurzmann............................................................................. 186

Ridi Steibl................................................................................................ 186

Hannelore Buder ..................................................................................... 187

Bundesministerin Eleonora Hostasch ...................................................... 188

Annahme der Gesetzentwürfe in 1578 und 1579 d. B. ....................................... 190

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1580 d. B. .......................................... 191

Entschließungsantrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genos­sen betreffend Neuregelung der Ausbildung und Schaffung eines Berufs­bil­des für Rettungssanitäter – Ablehnung  179, 191

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Be­richt der Bundesregierung (III-149 d. B.) über die Lage der öster­reichi­schen Landwirtschaft 1997 gemäß § 9 Landwirtschaftsgesetz 1992 (Grüner Bericht 1997) (1533 d. B.) ................................................................... 191

Redner:

Anna Elisabeth Aumayr .......................................................................... 191

Rudolf Schwarzböck ............................................................................... 194

Karl Smolle ............................................................................................. 196

Heinz Gradwohl ...................................................................................... 199

MMag. Dr. Madeleine Petrovic................................................................. 200

Jakob Auer ............................................................................................. 202

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer .................................................. 204

Robert Wenitsch ..................................................................................... 208

Karl Donabauer (tatsächliche Berichtigung) ............................................... 210

Sophie Bauer .......................................................................................... 210

Franz Koller ............................................................................................ 211

Katharina Horngacher ............................................................................. 212

Dr. Stefan Salzl........................................................................................ 213

Arnold Grabner ....................................................................................... 215

Mag. Dr. Josef Trinkl .............................................................................. 215

Matthias Achs ......................................................................................... 217

Kenntnisnahme des Berichtes III-149 d. B. ....................................................... 218

Annahme der dem schriftlichen Ausschußberichte 1533 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Einführung eines Sockelbetrages (E 154) ......................................................... 218

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend Finanzierung der Renationalisierung – Ablehnung ........................................................  193, 218

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Darstellung der Verteilung der Agrarförderungen im Grünen Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft – Ab­lehnung ....................................................................  200, 218

Entschließungsantrag der Abgeordneten Robert Wenitsch und Genossen betreffend Wettbewerbsnachteile österreichischer Landwirte – Ablehnung ...................................................  209, 218

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Ge­nossen betreffend Umsetzung der bisher nicht erfüllten Empfehlungen der § 7-Kommission – Ablehnung ........  214, 218

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den österreichischen Waldbericht 1996 (III-139/1532 d. B.) ......................................................................................... 218

Redner:

Robert Wenitsch ..................................................................................... 219

Georg Schwarzenberger ......................................................................... 219

Dr. Gabriela Moser .................................................................................. 220

Rainer Wimmer........................................................................................ 221

Dr. Stefan Salzl........................................................................................ 222

Karl Smolle ............................................................................................. 223

Ing. Monika Langthaler............................................................................ 225

Josef Schrefel ......................................................................................... 226

Franz Koller ............................................................................................ 227

Emmerich Schwemlein ........................................................................... 227

Willi Sauer .............................................................................................. 228

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller.............................................................. 229

Karl Freund ............................................................................................. 230

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer .................................................. 231

Kenntnisnahme des Berichtes III-139 d. B. ......................................................  232

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genos­sen betreffend Sicherung des Waldes als Erholungsgebiet – Ableh­nung ................................................  221, 232

Entschließungsantrag der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genos­sen betreffend Verringerung der Emission von Luftverunreinigungen – Ableh­nung .......................................  225, 232

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (26d Vr 10719/98) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Jörg Haider (1569 d. B.) ........................................................................................ 232

10. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Lan­desgerichtes Klagenfurt (17 EVr 2163/98, 17 Hv 176/98) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Heinz Anton Marolt (1584 d. B.) ..................................................................     233

Annahme der Ausschußanträge in 1569 und 1584 d. B. .................................... 233

Eingebracht wurden

Petition ......................................................................................................... 51

Petition betreffend “Einheitswerterhöhung – Nein, danke!” (Ordnungsnum­mer 55) (überreicht von den Abgeordneten Dr. Gottfried Feurstein, Karlheinz Kopf, Manfred Lackner und Ing. Wolfgang Nußbaumer)

Bürgerinitiative ............................................................................................. 51

Bürgerinitiative betreffend “Antrag an den Nationalrat im Sinne des BGBl. Nr. 410/1975 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 720/1988” (Ord­nungsnummer 18)

Regierungsvorlagen ..................................................................................... 50

1524: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation der erdölexportierenden Länder über soziale Sicherheit

1552: 3. Dienstrechts-Novelle 1998

1558: Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur zweiten Wiederauffüllung des Globalen Umweltfazilität-Treuhandfonds (GEF 2)

1559: Bundesgesetz über die Leistung weiterer Beiträge zur Weltbank-Kon­sul­tativgruppe für internationale landwirtschaftliche Forschung (CGIAR) für die Jahre 1999 bis 2001

1568: Bundesgesetz, mit dem das Schülerbeihilfengesetz 1983 geändert wird

1570: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Maßnahmen anläßlich der Ausgliederung der Wiener Stadtwerke erlassen und das Allgemeine So­zial­versicherungsgesetz geändert wird

1574: Bundesgesetz über Sicherheit und Gesundheitsschutz der in Dienst­stellen des Bundes beschäftigten Bediensteten (Bundes-Bediensteten­schutz­gesetz – B-BSG) und mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Bundes-Perso­nalvertretungsgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979 und das Arbeit­neh­merInnenschutzgesetz geändert werden

1576: Bundesgesetz über Änderungen des Handelsgesetzbuchs, des Bank­wesengesetzes, des Wertpapieraufsichtsgesetzes und des Versicherungs­aufsichtsgesetzes betreffend die Anwendung international anerkannter Rech­nungslegungsgrundsätze bei Konzernabschlüssen – Konzernab­schluß­gesetz (KonzaG)

1581: Strafprozeßnovelle 1999

Bericht........................................................................................................... 51

III-163: Kunstbericht 1997; Bundesregierung

III-165: Bericht betreffend das auf der 84. Tagung der Internationalen Ar­beits­konferenz angenommene Übereinkommen (Nr. 180) über die Arbeits­zeit der Seeleute und die Besatzungsstärke der Schiffe und die Empfehlung (Nr. 187) betreffend die Heuern und die Arbeitszeit der Seeleute und die Besatzungsstärke der Schiffe; Bundesregierung

III-166: Bericht über die Anwendung der EMAS-V (EWG-Verordnung 1836/93) und die Vollziehung des UGStVG (BGBl. Nr. 622/1995); BM f. Um­welt, Jugend und Familie

III-167: Bericht betreffend den Bericht des Österreichischen Bundes­theater­verbandes 1997/98; Bundeskanzler

III-168: Gemeinsamer Bericht über die Vollziehung des Gleichbehandlungs­ge­setzes, insbesondere über die Tätigkeit und Wahrnehmung der Anwalt­schaft für Gleichbehandlungsfragen, die Verfahren vor der Kommission und die sonstige Tätigkeit der Kommission gemäß § 10a Gleichbehandlungs­ge­setz, 1997; BM f. Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz und BM f. Arbeit, Gesundheit und Soziales

III-169: Bericht über die Entwicklung eines bundeseinheitlichen Berufsbildes für Tageseltern aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 16. April 1998, E 115-NR/XX. GP; BM f. Arbeit, Gesundheit und Soziales

III-170: Bericht über die durchschnittlichen Einkommen 1996/1997 gemäß Artikel 1 § 8 Abs. 4 Bezügebegrenzungsgesetz; Rechnungshof

III-171: Bericht über die Vollziehung des Umweltverträglichkeitsprüfung­gesetzes (UVP-G); BM f. Umwelt, Jugend und Familie

III-172: Bericht über die soziale Lage 1997; BM f. Arbeit, Gesundheit und Soziales

Anträge der Abgeordneten

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Schaffung eines gesetzlichen Ent­schädigungsfonds für die in Zusammenhang mit Blut- oder Blutprodukten geschä­digten Personen (1000/A) (E)

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Abschluß einer Versicherung für den Schutz von Blut- und Plasmaspendern (1001/A) (E)

Klara Motter und Genossen betreffend Änderung des Fortpflanzungsmedizin­gesetzes (BGBl. Nr. 275/1992) (1002/A)

Maria Schaffenrath und Genossen betreffend Verabreichung von Mifegyne durch niedergelassene Fachärztinnen und Fachärzte (1003/A) (E)

Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Beteiligungsscheck für Jungunter­nehmerInnen (1004/A) (E)

Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über Beruf und Ausbildung der Sanitäter – SanG, Bundesgesetz zur Änderung des Bundesge­setzes über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste – MTF-SHD-G sowie Bundesgesetz zur Änderung des Bundes­gesetzes, mit dem die Ausbildung zu Tätigkeiten, die durch Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Gesundheitswesens geregelt sind, hiezu nicht berechtigten Ein­richtungen untersagt wird (Ausbildungsvorbehaltsgesetz) (1005/A)

Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 geändert wird (1006/A)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend stufenweise Beseitigung der Anrechnung des fiktiven Ausgedinges (1007/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Gertrude Brinek und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Ver­kehr betreffend “Experimentarium”, Finanzierung aus Forschungsmitteln (5453/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundeskanzler betreffend den Förderungs­bericht 1997 (5454/J)

Ute Apfelbeck und Genosse an den Bundesminister für auswärtige Angelegen­heiten betreffend den Förderungsbericht 1997 (5455/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angele­gen­heiten betreffend den Förderungsbericht 1997 (5456/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend den Förderungsbericht 1997 (5457/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend den Förderungsbericht 1997 (5458/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den Förderungsbericht 1997 (5459/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend den Förderungsbericht 1997 (5460/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend den Förderungsbericht 1997 (5461/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für Forst- und Landwirtschaft betreffend den Förderungsbericht 1997 (5462/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend den Förderungsbericht 1997 (5463/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend den Förderungsbericht 1997 (5464/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend den Förderungsbericht 1997 (5465/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundeskanzler betreffend direkte Förderun­gen im Jahr 1997 (5466/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegen­heiten betreffend direkte Förderungen im Jahr 1997 (5467/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angele­genheiten betreffend direkte Förderungen im Jahr 1997 (5468/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend direkte Förderungen im Jahr 1997 (5469/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend direkte Förderungen im Jahr 1997 (5470/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend direkte Förderungen im Jahr 1997 (5471/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend direkte Förderungen im Jahr 1997 (5472/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend direkte Förderungen im Jahr 1997 (5473/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend direkte Förderungen im Jahr 1997 (5474/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend direkte Förderungen im Jahr 1997 (5475/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend direkte Förderungen im Jahr 1997 (5476/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend direkte Förderungen im Jahr 1997 (5477/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend System der Streitschlichtung der Genfer Welthandels­organisation (5478/J)

Anna Elisabeth Aumayr und Genossen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend AMA-Beitrag und Mehrwertsteuer (5479/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Justiz be­treffend ein Strafverfahren gegen den niederösterreichischen ÖVP-Landesrat Wolf­gang Sobotka (5480/J)

Mag. Reinhard Firlinger und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die öffentliche Vergabe von Bauaufträgen (5481/J)

Maria Schaffenrath und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kul­tu­relle Angelegenheiten betreffend illegale Drogentests an der Pädagogischen Aka­demie Wien (5482/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stellen­einsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Burgen­land (5483/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Plan­stel­len­einsparungen im Bereich des Gendarmeriezentralkommandos und der Gendar­merie­zentralschule (5484/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Linz (5485/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Wien (5486/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Klagenfurt (5487/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­­leneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Villach (5488/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich der Sicherheitsdirektion Kärnten (5489/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich der Sicherheitsdirektion Tirol (5490/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich der Sicherheitsdirektion Burgenland (5491/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich der Sicherheitsdirektion Salzburg (5492/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich der Sicherheitsdirektion Niederösterreich (5493/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich der Sicherheitsdirektion Oberösterreich (5494/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­len­einsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos Vorarlberg (5495/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Kärnten (5496/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Salzburg (5497/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos Steiermark (5498/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Leoben (5499/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich der Sicherheitsdirektion Steiermark (5500/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Steyr (5501/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Niederöster­reich (5502/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Schwechat (5503/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Wiener Neustadt (5504/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion St. Pölten (5505/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Wels (5506/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Oberöster­reich (5507/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Graz (5508/J)

Dr. Harald Ofner und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kul­turelle Angelegenheiten betreffend anonymer Versuch an einer Pädagogischen Aka­demie, festzustellen, ob und mit welcher Verläßlichkeit aus Harnproben auf Dro­gen­konsum geschlossen werden könne (5509/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Überwachungsmaßnahmen gegen den Journalisten Karl Wendl (5510/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Überwachungsmaßnahmen gegen den Journalisten Karl Wendl (5511/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angele­gen­heiten betreffend Straßenschäden an der B 72 im Bereich Umfahrung Weiz durch Altlast (5512/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für auswärtige An­gele­genheiten betreffend die Mißhandlung von polnischen Staatsbürgern am 19.12.1997 (5513/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Dr. Hein­rich Gross (5514/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betref­fend die Mißhandlung von polnischen Staatsbürgern am 19.12.1997 (5515/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Situation von chronisch kranken beziehungsweise behinderten InsassInnen in Straf­anstalten (5516/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Situation von chronisch kranken beziehungsweise behin­der­ten InsassInnen in Strafanstalten (5517/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Verkehr betreffend Ausbau der Pottendorfer Linie im Hinblick auf die Errichtung des Magna Globe Ressort Parks (5518/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für wirt­schaftliche Angelegenheiten betreffend Straßenausbau im Zuge der Errichtung des Magna Globe Ressort Parks (5519/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kul­turelle Angelegenheiten betreffend gesetzliche Verhinderung von Projektunterricht (5520/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Objektivierung der Stellenbesetzung und Umsetzung des Frauenförde­rungs­planes an der Forstlichen Bundesversuchsanstalt Wien (5521/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche An­ge­le­genheiten betreffend “Reisebüroschlichtungsstelle oder umfassende Service­stelle im Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten” (5522/J)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Verkehrsüberwachung (5523/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Einführung eines dreigliedrigen Studiensystems (Bakka­laureat) an österreichischen Universitäten (5524/J)

Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen an den Bundesminister für Finanzen be­tref­fend BH-Skandal in Bregenz (5525/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundeskanzler betreffend das Regional­radiogesetz (5526/J)

Mag. Dr. Josef Trinkl und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend verbotene Veröffentlichungen (5527/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, Pri­vat­radios, Tageszeitungen, Wochenzeitschriften und Monatsmagazinen (5528/J)

Paul Kiss und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Bluttat in Deutschberg bei Bodensdorf (5529/J)

Günter Platter und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Amok­lauf in Graz (5530/J)

Paul Kiss und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vollzug der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung (5531/J)

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen an den Bundesminister für Justiz be­treffend Verleumdungsaktion der Grünen gegen den Kufsteiner Unternehmer Josef K. (5532/J)

Ridi Steibl und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und So­ziales betreffend Durchführung des Seminarprogramms 1999 für Träger der Behin­dertenintegration des Bundessozialamtes durch die ÖSB (5533/J)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen an den Bundesminister für Justiz betref­fend Gehaltsexekutionen bei Verkehrsstrafen (5534/J)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Gehaltsexekutionen bei Verkehrsstrafen (5535/J)

Klara Motter und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Fami­lie betreffend Rückgang der Mutter-Kind-Paß-Untersuchungen (5536/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ertei­lung von Reisevisa für Nicht-EU-Staatsbürger (5537/J)

Dr. Gottfried Feurstein und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Einreise mit Mietwagen aus der Schweiz nach Vorarlberg (5538/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegen­heiten und Verbraucherschutz betreffend Mifegyne und Schwangerschaftsabbruch (5539/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Mifegyne und Schwangerschaftsabbruch (5540/J)

Anton Blünegger und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Ange­le­gen­heiten betreffend Errichtung eines Bundesamtsgebäudes in Kitzbühel (5541/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundeskanzler betreffend objekti­ve Richterbestellung beim Verfassungsgerichtshof (5542/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend veruntreuter Anwaltsgelder zwecks Finanzierung des Landtagswahl­kampfes der ÖVP-Niederösterreich sowie der Finanzierung der Parteikasse der ÖVP-Wiener Neustadt (5543/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Antrag auf Exportgarantie über Staudammprojekte in Indien und der Türkei (5544/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Antrag auf Exportgarantie über Staudammprojekte in Indien und der Türkei (5545/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung be­treffend Ankauf von Flächen und der ehemaligen Molkerei in Güssing durch das Bundes­heer (5546/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung be­treffend Landschaftsschutz und militärische Übungen am Kulm (5547/J)

Andreas Wabl und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend pauschale Anerkennung von Mehrdienstleistungen für freigestellte Personalvertreter (5548/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres be­tref­fend Erfassung der DNA-Profile von Opfern des § 209 StGB (5549/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betref­fend § 209 StGB und die Diskriminierung homosexueller Männer durch die Sicher­heits­behörden (5550/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend § 209 StGB und die Diskriminierung homosexueller Männer durch die Justizbe­hörden (5551/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angele­genheiten betreffend Bilanz des österreichischen EU-Vorsitzes aus Sicht der in Wien akkreditierten Botschafter der EU-Staaten (5552/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend “Ärztliche Ausbildung in Österreich” (5553/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den Sicherheitsbericht 1997 (5554/J)

Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend “Europäische Sternwarte” ESO (5555/J)

Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Ange­le­genheiten betreffend österreichisch-slowenisches Kulturabkommen (5556/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Rechtsqualität von Erlässen (5557/J)

Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen an die Bundesministerin für Frauen­angele­genheiten und Verbraucherschutz betreffend Schadstoffe in Textilien (5558/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Eisenstadt (5559/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Klagenfurt (5560/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich der Sicherheitsdirektion Vorarlberg (5561/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Salzburg (5562/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Innsbruck (5563/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstel­leneinsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos Tirol (5564/J)

Elfriede Madl und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Bericht der Bundesregierung betreffend den Abbau der Be­nachteiligungen von Frauen (III-150 d. B.) (5565/J)

Elfriede Madl und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Fa­milie betreffend Bericht der Bundesregierung betreffend den Abbau der Benach­teiligungen von Frauen (III-150 d. B.) (5566/J)

Elfriede Madl und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Mit­wir­kungsrechte der Personalvertretung bei der Erstellung der Diensteinteilung für Schulveranstaltungen (5567/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Zusatzpensionsversicherungen (5568/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Kältetherapie bei apoplektischen Insulten (5569/J)

Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Verkehr betreffend Konzessionen im Linienverkehr für Autobusse in Vorarl­berg (5570/J)

Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangele­gen­heiten und Verbraucherschutz betreffend PVC-Kinderspielzeug mit Weichma­chern (Phtalaten) (5571/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Presseförderung (5572/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (5573/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an die Bundesministerin für Frauenange­le­gen­heiten und Verbraucherschutz betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (5574/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Ange­le­genheiten betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (5575/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche An­gelegenheiten betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (5576/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesund­heit und Soziales betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (5577/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (5578/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (5579/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Ver­tretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (5580/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Landesver­teidi­gung betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (5581/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirt­schaft betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und anderen Gremien (5582/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und ande­ren Gremien (5583/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kul­turelle Angelegenheiten betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kom­missionen und anderen Gremien (5584/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Ver­kehr betreffend Vertretung in Aufsichtsräten, Beiräten, Kommissionen und ande­ren Gremien (5585/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Auslands­dienst­reisen (5586/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegen­heiten und Verbraucherschutz betreffend Auslandsdienstreisen (5587/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegen­heiten betreffend Auslandsdienstreisen (5588/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Ange­legen­heiten betreffend Auslandsdienstreisen (5589/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Auslandsdienstreisen (5590/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Aus­­landsdienstreisen (5591/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Aus­lands­dienstreisen (5592/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Aus­landsdienstreisen (5593/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betref­fend Auslandsdienstreisen (5594/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirt­schaft betreffend Auslandsdienstreisen (5595/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Fa­milie betreffend Auslandsdienstreisen (5596/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kul­turelle Angelegenheiten betreffend Auslandsdienstreisen (5597/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Ver­kehr betreffend Auslandsdienstreisen (5598/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend schulpsychologische Betreuung im Schul­bezirk Innsbruck-Land (5599/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Aussage des Tiroler Kinder- und Jugend­an­waltes über “gewalttätige Lehrpersonen” (5600/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Ange­legenheiten betreffend Bauinvestitionen im Bundesland Tirol (5601/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Zahl der Sonder­urlaube (5602/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegen­heiten und Verbraucherschutz betreffend Zahl der Sonderurlaube (5603/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegen­heiten betreffend Zahl der Sonderurlaube (5604/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angele­gen­heiten betreffend Zahl der Sonderurlaube (5605/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Zahl der Sonderurlaube (5606/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zahl der Sonderurlaube (5607/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zahl der Sonderurlaube (5608/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Zahl der Sonderurlaube (5609/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung be­tref­fend Zahl der Sonderurlaube (5610/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirt­schaft betreffend Zahl der Sonderurlaube (5611/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Fa­milie betreffend Zahl der Sonderurlaube (5612/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kul­turelle Angelegenheiten betreffend Zahl der Sonderurlaube (5613/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Ver­kehr betreffend Zahl der Sonderurlaube (5614/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundeskanzler betreffend großzügige Dau­er­urlaube für Gewerkschaftsfunktionäre (5615/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Frauenan­gele­gen­heiten und Verbraucherschutz betreffend großzügige Dauerurlaube für Gewerk­schafts­funktionäre (5616/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegen­heiten betreffend großzügige Dauerurlaube für Gewerkschaftsfunktionäre (5617/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angele­gen­heiten betreffend großzügige Dauerurlaube für Gewerkschaftsfunktionäre (5618/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend großzügige Dauerurlaube für Gewerkschaftsfunktionäre (5619/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend groß­zügige Dauerurlaube für Gewerkschaftsfunktionäre (5620/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend groß­zügige Dauerurlaube für Gewerkschaftsfunktionäre (5621/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend großzügige Dauerurlaube für Gewerkschaftsfunktionäre (5622/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung be­tref­fend großzügige Dauerurlaube für Gewerkschaftsfunktionäre (5623/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirt­schaft betreffend großzügige Dauerurlaube für Gewerkschaftsfunktionäre (5624/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend großzügige Dauerurlaube für Gewerkschaftsfunktionäre (5625/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kul­turelle Angelegenheiten betreffend großzügige Dauerurlaube für Gewerkschafts­funktionäre (5626/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Ver­kehr betreffend großzügige Dauerurlaube für Gewerkschaftsfunktionäre (5627/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Neben­beschäfti­gung von Bediensteten (5628/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegen­heiten und Verbraucherschutz betreffend Nebenbeschäftigung von Bediensteten (5629/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegen­heiten betreffend Nebenbeschäftigung von Bediensteten (5630/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angele­gen­heiten betreffend Nebenbeschäftigung von Bediensteten (5631/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Ne­benb­e­schäftigung von Bediensteten (5632/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ne­ben­beschäftigung von Bediensteten (5633/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Ne­benbeschäftigung von Bediensteten (5634/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung be­treffend Nebenbeschäftigung von Bediensteten (5635/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft betreffend Nebenbeschäftigung von Bediensteten (5636/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Fa­milie betreffend Nebenbeschäftigung von Bediensteten (5637/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturel­le Angelegenheiten betreffend Nebenbeschäftigung von Bediensteten (5638/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Ver­kehr betreffend Nebenbeschäftigung von Bediensteten (5639/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Nebenbeschäftigung von Bediensteten (5640/J)

Elfriede Madl und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Bericht der Bundesregierung betreffend den Abbau der Benachteiligungen von Frauen (III-150 d. B.) (5641/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend N.N. (5642/J)

Anna Elisabeth Aumayr und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft betreffend Inverkehrbringen von cadmiumhältigen Düngemitteln (5643/J)

Anna Elisabeth Aumayr und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Nichtauszahlung von ÖPUL-Mitteln (5644/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend den Verdacht, daß der stellvertretende Sicherheitsdirektor für das Bun­des­­land Oberösterreich, Hofrat Dr. Kurt Hickisch, es unterlassen hat, ihm bekannt­gewordene strafbare Handlungen der StA zur Anzeige zu bringen (5645/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Bezahlung der Aussendung einer gesetzwidrigen Aussage des Bundesministers für Inneres, Mag. Karl Schlögl, über den Originaltext-Service (OTS) der Austria Presse Agentur (APA) am 24. April 1998; 10:39 Uhr zu OTS088 (5646/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den fatalen Beweiszwang, dem der Bundesminister für Inneres derzeit unter­liegt (5647/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Desavouierung der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (5648/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die strafrechtliche Beurteilung des Inhaltes von Medienwerken (5649/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (4754/AB zu 5089/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Günter Platter und Genossen (4755/AB zu 5113/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen (4756/AB zu 5075/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Kampichler und Genossen (4757/AB zu 5131/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (4758/AB zu 5137/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Günter Kiermaier und Genossen (4759/AB zu 5148/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Eder und Genossen (4760/AB zu 5180/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (4761/AB zu 5138/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen (4762/AB zu 5314/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (4763/AB zu 5135/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (4764/AB zu 5058/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Ma­ximilian Hofmann und Genossen (4765/AB zu 5060/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen (4766/AB zu 5080/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Anton Blünegger und Genossen (4767/AB zu 5061/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (4768/AB zu 5095/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeord­neten Theresia Haidlmayr und Genossen (4769/AB zu 5065/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeord­neten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (4770/AB zu 5070/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfra­ge der Abgeordneten Karl Gerfried Müller und Genossen (4771/AB zu 5108/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Helmut Haigermoser und Genossen (4772/AB zu 5124/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (4773/AB zu 5140/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (4774/AB zu 5088/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karlheinz Kopf und Genossen (4775/AB zu 5200/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen (4776/AB zu 5078/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen (4777/AB zu 5074/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (4778/AB zu 5146/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Hermann Böhacker und Genossen (4779/AB zu 5167/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (4780/AB zu 5143/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4781/AB zu 5247/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (4782/AB zu 5059/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (4783/AB zu 5066/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (4784/AB zu 5083/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Gerfried Müller und Genossen (4785/AB zu 5109/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen (4786/AB zu 5111/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (4787/AB zu 5136/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Martina Gredler und Genossen (4788/AB zu 5147/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Freund und Genossen (4789/AB zu 5116/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Klara Motter und Genossen (4790/AB zu 5118/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen (4791/AB zu 5125/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen (4792/AB zu 5181/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeord­neten Gabriele Binder und Genossen (4793/AB zu 5073/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (4794/AB zu 5175/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abge­ord­neten Reinhart Gaugg und Genossen (4795/AB zu 5079/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (4796/AB zu 5085/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Johann Maier und Genossen (4797/AB zu 5191/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (4798/AB zu 5086/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (4799/AB zu 5192/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (4800/AB zu 5145/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die An­frage der Abgeordneten Dkfm. Holger Bauer und Genossen (4801/AB zu 5153/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (4802/AB zu 5229/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (4803/AB zu 5064/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (4804/AB zu 5072/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Murauer und Genossen (4805/AB zu 5093/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (4806/AB zu 5106/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (4807/AB zu 5150/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (4808/AB zu 5151/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (4809/AB zu 5171/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (4810/AB zu 5185/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karlheinz Kopf und Genossen (4811/AB zu 5182/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (4812/AB zu 5134/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (4813/AB zu 5107/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (4814/AB zu 5142/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (4815/AB zu 5174/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (4816/AB zu 5176/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (4817/AB zu 5084/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (4818/AB zu 5087/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (4819/AB zu 5103/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (4820/AB zu 5117/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (4821/AB zu 5123/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisa­beth Aumayr und Genossen (4822/AB zu 5162/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (4823/AB zu 5226/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Ge­nossen (4824/AB zu 5102/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Emmerich Schwemlein und Genossen (4825/AB zu 5128/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Elfriede Madl und Genossen (4826/AB zu 5121/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Preisinger und Genossen (4827/AB zu 5120/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Preisinger und Genossen (4828/AB zu 5104/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (4829/AB zu 5149/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (4830/AB zu 5141/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen (4831/AB zu 5187/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (4832/AB zu 5105/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen (4833/AB zu 5161/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Holger Bauer und Genossen (4834/AB zu 5189/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen (4835/AB zu 5077/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (4836/AB zu 5326/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (4837/AB zu 5160/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (4838/AB zu 5165/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Trinkl und Genossen (4839/AB zu 5241/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (4840/AB zu 5127/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (4841/AB zu 5194/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (4842/AB zu 5159/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen (4843/AB zu 5163/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abge­ordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (4844/AB zu 5206/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (4845/AB zu 5169/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (4846/AB zu 5179/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (4847/AB zu 5154/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (4848/AB zu 5098/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gottfried Feurstein und Genossen (4849/AB zu 5091/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Dr. Gün­ter Stummvoll und Genossen (4850/AB zu 5092/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Leopold Maderthaner und Genossen (4851/AB zu 5115/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen (4852/AB zu 5119/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Franz Steindl und Genossen (4853/AB zu 5130/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Gerfried Müller und Genossen (4854/AB zu 5158/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Gerfried Müller und Genossen (4855/AB zu 5156/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Tho­mas Barmüller und Genossen (4856/AB zu 5139/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (4857/AB zu 5173/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer und Genossen (4858/AB zu 5183/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gottfried Feurstein und Genossen (4859/AB zu 5186/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abge­ord­neten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (4860/AB zu 5068/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abge­ord­neten Franz Koller und Genossen (4861/AB zu 5152/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abge­ord­neten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen (4862/AB zu 5155/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeord­neten Karl Gerfried Müller und Genossen (4863/AB zu 5157/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeord­neten Karl Freund und Genossen (4864/AB zu 5096/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (4865/AB zu 5144/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ord­neten Hermann Böhacker und Genossen (4866/AB zu 5168/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Gisela Wurm und Genossen (4867/AB zu 5132/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Gisela Wurm und Genossen (4868/AB zu 5133/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen (4869/AB zu 5178/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen (4870/AB zu 5110/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (4871/AB zu 5170/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abge­ord­neten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (4872/AB zu 5164/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4873/AB zu 5067/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Ing. Walter Meischberger und Genossen (4874/AB zu 5099/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Ing. Walter Meischberger und Genossen (4875/AB zu 5100/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Jörg Haider und Genossen (4876/AB zu 5101/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen (4877/AB zu 5177/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (4878/AB zu 5188/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Dkfm. Josef Mühlbachler und Genossen (4879/AB zu 5199/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abge­ord­neten Mag. Herbert Haupt und Genossen (4880/AB zu 5172/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (4881/AB zu 5112/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Jörg Haider und Genossen (4882/AB zu 5253/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (4883/AB zu 5291/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Matthias Ellmauer und Genossen (4884/AB zu 5195/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4885/AB zu 5203/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abge­ord­neten Edith Haller und Genossen (4886/AB zu 5255/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4887/AB zu 5205/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Hans Helmut Moser und Genossen (4888/AB zu 5271/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (4889/AB zu 5286/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (4890/AB zu 5224/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (4891/AB zu 5278/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen (4892/AB zu 5292/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (4893/AB zu 5213/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abge­ord­neten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (4894/AB zu 5276/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen (4895/AB zu 5236/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Michael Krüger und Genossen (4896/AB zu 5277/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Gertrude Brinek und Genossen (4897/AB zu 5453/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Johann Maier und Genossen (4898/AB zu 5196/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Wolfgang Großruck und Genossen (4899/AB zu 5198/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4900/AB zu 5211/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeord­neten Rosemarie Bauer und Genossen (4901/AB zu 5240/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Leiner und Genossen (4902/AB zu 5235/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (4903/AB zu 5348/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Johann Maier und Genossen (4904/AB zu 5197/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Herbert Haupt und Genossen (4905/AB zu 5305/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (4906/AB zu 5270/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Meisinger und Genossen (4907/AB zu 5298/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Ma­de­leine Petrovic und Genossen (40/ABPR zu 41/JPR)

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (41/ABPR zu 42/JPR)



Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Prä­sident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie alle sehr herzlich begrüßen und bitte Sie, die Plätze einzunehmen, damit wir zur anberaumten Zeit die 156. Sitzung des Nationalrates eröffnen können, was hiermit geschieht.

Die Amtlichen Protokolle der 154. Sitzung vom 16. und 17. Dezember sowie der 155. Sitzung vom 17. Dezember 1998 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und ohne Einspruch ge­blieben; sie gelten damit als genehmigt.

Für den heutigen Sitzungstag als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Haigermoser, Hans Helmut Moser, Dr. Ofner, Koppler, Mentil und Verzetnitsch.

Mandatsverzicht und Angelobung


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, daß Frau Abgeordnete Dr. Christa Krammer auf ihr Mandat verzichtet hat und an ihrer Stelle Frau Abgeordnete Verena Dunst in den Nationalrat berufen wurde.

Da der Wahlschein bereits vorliegt und die Genannte im Hause anwesend ist, werde ich so­gleich die Angelobung von Frau Abgeordneter Verena Dunst vornehmen.

Nach der Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Reitsamer, wird die Mandatarin ihre Angelobung mit den Worten “Ich gelobe” zu leisten haben.

Ich darf nunmehr die Frau Schriftführerin um die Verlesung der Gelöbnisformel bitten.


Schriftführerin Annemarie Reitsamer¦: “Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Ge­setze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.”


Abgeordnete Verena Dunst¦ (SPÖ): Ich gelobe.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ich begrüße Frau Abgeordnete Verena Dunst sehr herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Aktuelle Stunde


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

“Umsetzung des Frauenvolksbegehrens – Verbesserung der Karenzmöglichkeiten”

Als erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Ich mache darauf aufmerksam: Redezeit 10 Minuten, Stellungnahme von einem Mitglied der Bundesregierung und dann weite­re Diskussionsbeiträge von 5 Minuten.

Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Petrovic.

9.03


Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic¦ (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Bundesministerin, ich habe mir in Vorbereitung dieser Aktuellen Stunde Ihre Presseaussendungen und Statements seit der Zeit der Vorbereitung des Frauen-Volksbegehrens im April 1997 angeschaut. Frau Bundesministerin! Wenn Sie selbst einmal vergleichen, was Sie seit Anfang 1997, als klar war, daß es ein Frauen-Volksbegehren geben wird, in den Medien den österreichischen Frauen versprochen haben, dann werden auch Sie die gewaltige Diskrepanz erkennen, die da zu dem besteht, was tatsächlich geschehen ist.

Sie haben sich zusammen mit etlichen Politikerinnen und Politikern der SPÖ sehr klar und ein­deutig hinter sämtliche elf Forderungen des Frauen-Volksbegehrens gestellt. Sie haben gesagt, daß eine Gleichstellung in Österreich nur mit Druck umzusetzen sein wird, das heißt: gegen politische Widerstände. Sie haben immer wieder betont, es braucht die ökonomische Gleich­stellung der Frauen und es braucht die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

In Wirklichkeit aber, Frau Bundesministerin, ist etwas ganz anderes passiert – und Sie wissen es –: Die Kluft der Einkommen zwischen Männern und Frauen wächst. Die Kinderbetreu­ungs­möglichkeiten entsprechen bei weitem nicht dem Bedarf, und zwar sowohl was Quantität und Qualität, vor allem bei der Nachmittagsbetreuung, betrifft. Die Zahl arbeitsloser Frauen steigt viel mehr als die der Männer, und die Langzeitarbeitslosigkeit konzentriert sich auf Frauen. Die Sparpakete haben überproportional die Frauen betroffen, und eine Initiative Ihrerseits zur Rück­gängigmachung dieser Effekte ist nicht zu bemerken.

Frau Bundesministerin! Wir vermissen von Ihrem Ressort überhaupt klare Gesetzesvorlagen, um endlich einmal eine Offensive zu starten. Es ist uns klar, daß die SPÖ einen Koalitions­partner hat, der ein anderes gesellschaftspolitisches Bild der Frau vor Augen hat. Nur: Warum Sie dauernd eine Defensivdebatte führen, Frau Bundesministerin, ist nicht einzusehen. (Beifall bei den Grünen.)

Im Rahmen des Frauen-Volksbegehrens im Zusammenhang mit der Verbesserung der Si­tuation berufstätiger Mütter wurde verlangt, daß – ausreichend in Quantität und Qualität – Kinderbetreuungseinrichtungen geschaffen werden. Es wurde verlangt, daß es zwei Jahre Karenzzeit für Alleinerzieherinnen geben soll. Es wurde ein Anspruch auf Teilzeitarbeit für El­tern bis zum Schuleintritt der Kinder verlangt; ebenso eine Ausdehnung der Behaltefrist am Arbeitsplatz nach der Karenzzeit auf 26 Wochen.

Frau Bundesministerin! Wo ist Ihre Offensive? Sie hätten nämlich Unterstützung. Es gibt ein Frauennetzwerk – nur gibt es keinen Vorstoß der Frauenministerin. Nein, es gibt ganz andere Vorstöße: Es gibt Vorstöße einzelner Bischöfe, die Fristenlösung rückgängig zu machen, Straf­barkeit anzudrohen. Es gab eine unselige und unsinnige Debatte und eine Realisierung, was Frauen beim Bundesheer betrifft, und es gibt eine Gewaltdiskussion, die sich mittlerweile auf die Bekanntgabe von Telefonnummern beschränkt – was zwar nicht schlecht ist, aber den Frauen nicht wirklich hilft. Der beste Schutz gegen Ausbeutung, gegen Gewalt ist die ökono­mische Gleichstellung der Frauen, aber diesbezüglich, Frau Bundesministerin, sind Sie alles schuldig geblieben! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Im Parlament wird nur mehr über konservative und reaktionäre Vorstöße debattiert, und in den Medien schafft es offenbar ein Bischof, die gesamte öffentliche Debatte zu bestimmen. Frau Bun­desministerin! Bischof Laun hat nicht die Sparpakete geschnürt, Bischof Laun ist nicht verantwortlich für die Quotenpolitik. Ich frage Sie: Warum machen Sie es den Frauen auch in den anderen Fraktionen so schwer, auch nur eine Forderung des Frauen-Volksbegehrens, zum Beispiel im Zusammenhang mit den Verbesserungen der Karenzmöglichkeiten – Verbesse­rungen, nicht Verlängerungen meine ich damit –, umzusetzen? Wenn Sie nicht in die Offensive gehen, wenn Sie immer nur sagen, was Sie nicht wollen, welche Vorschläge Sie ablehnen, dann haben wir diesen Effekt, der derzeit zu verzeichnen ist, nämlich eine schleichende, eine fortwährende Aushöhlung von Frauenrechten.

Frau Bundesministerin! Sie haben in einigen Ihrer Statements gesagt, der Koalitionspartner sei schuld. – Ich wage das in aller Form zu bezweifeln. (Abg. Dr. Khol: Ich auch, Frau Kollegin Petrovic!) Herr Klubobmann Khol, Sie haben ein anderes Frauenbild (Abg. Dr. Khol: Richtig!), eines, das nicht das meine ist und das insbesondere die Frauen sehr stark in Abhängigkeiten zu drängen versucht. Ich habe mir das angesehen: Es ist in Ihren Ressorts nicht besser, aber von den ÖVP-Ministern habe ich mir auch nichts erwartet. Sehr wohl aber habe ich mir etwas anderes von der Sozialdemokratie erwartet. (Abg. Dr. Khol: Warum, Frau Kollegin Petrovic?) Weil das zumindest programmatisch einer Forderung der Sozialdemokratie entspricht, aber offenbar nicht umgesetzt wird.

Frau Bundesministerin! Wenn Sie es ernst meinen mit Frauenförderungsplänen, mit der Gleich­stellungspolitik zum Beispiel in den SPÖ-Ressorts, muß ich Ihnen sagen: Dort ist es damit sehr, sehr schlecht bestellt. Ich nenne als Beispiel nur das Sozialministerium, und zwar das Gremium, das für die Berufschancen der Frauen verantwortlich zeichnet, das Arbeits­marktservice. Frau Bun­desministerin! Da können Sie sich nicht ausreden auf den Koalitions­partner. Wenn ich mir dort die Zahlen anschaue: Vorstand des AMS: null Prozent Frauen; Verwaltungsrat: von 18 Mit­gliedern drei Frauen; Landesgeschäftsführer: null Frauen.

Auch in den sozialdemokratisch bestimmten Bundesländern werden keine Frauen in die Lei­tungsgremien entsandt. Was erwarten Sie von einem Gremium, das die Berufschancen gerade auch von Frauen mit Betreuungspflichten verbessern soll, wenn nicht einmal in diesem Gre­mium Frauen ein Chance haben, eine faire Chance auf eine gleiche Besetzung von Spitzen­funktionen? Das ist nicht der Fall! Das lag großteils im Einflußbereich der Sozialdemokratischen Partei – aber es ist diesbezüglich nichts geschehen. Offenbar haben Sie, beide Frauen Bundes­ministerinnen, bei den Spitzen der Sozialdemokratie für Ihre Forderungen keinen Rückhalt.

Nächstes Beispiel: Bundeskanzleramt, das sozialdemokratische Ressort schlechthin, dem auch Sie, Frau Bundesministerin, angehören. – Wenn ich mir etwa den Verwaltungsakademie-Beirat ansehe, was Weiterbildungsmöglichkeiten anlangt: Ich finde da keine einzige Frau, und das bestimmt die Chancen der Frauen im Bundesdienst. – Ich könnte diese Liste noch sehr, sehr lange fortsetzen.

Frau Bundesministerin! Sie haben am 20. März 1997 gesagt, Sie hätten als Frauenministerin mit dem Frauen-Volksbegehren ein “Einstandsgeschenk” bekommen. In der Tat war das ein Koope­ra­tions­angebot von 640 000 Menschen – überwiegend Frauen – in Österreich an Sie, in die Offen­sive zu gehen.

Und dann, Frau Bundesministerin, haben Sie erklärt, die Umsetzung des Frauen-Volks­begeh­rens wäre für Sie das “schönste Muttertagsgeschenk”. – Prammer am 10. Mai 1997. – Frau Bundesministerin, wenn Sie als zuständige, als sozialdemokratische Ministerin Frauenpolitik in der Form betreiben, daß Sie warten, daß die österreichischen Frauen “Muttertagsgeschenke” bekommen, dann, glaube ich, können wir lange warten. 25 Jahre und länger Sozialdemokratie in der Spitzenfunktion in Österreich – und diese “Resultate”! Sie werden vergeblich auf Ge­schenke warten, und wenn Sie nicht mit Ihren Verbündeten auf die Barrikaden steigen, dann tragen Sie die Hauptverantwortung dafür, daß die Umsetzung des Frauen-Volksbegehrens nicht stattfindet. – Und das ist ein trauriger Befund. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Dr. Schmidt.)

9.14


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort gelangt die Frau Bundesministerin. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Frau Bundesminister.

9.14


Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer¦: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich kann von dieser Stelle aus nur wiederholen: Ich habe mich damals, vor zwei Jahren, zu allen inhaltlichen Punkten des Frauen-Volksbegehrens bekannt, und ich tue das auch heute. Ich nehme ganz einfach nicht zur Kenntnis, wenn jetzt gesagt wird, daß in keinem der Punkte Fortschritte erzielt worden seien. – Ganz im Gegenteil: Wir haben einiges auf den Weg gebracht, wenngleich ich keinen der Punkte wirklich als erledigt ansehen möchte oder damit zufrieden sein kann.

Ich möchte auf ein paar dieser Punkte eingehen, weil es darum ja auch heute im Rahmen der Aktuellen Stunde geht.

Zur Frauenförderung. – Ich weiß, ja wir alle oder zumindest viele wissen, wie notwendig es ist, daß Frauen entsprechende Förderungen in der Erwerbstätigkeit, in der Berufstätigkeit erhalten. Und es ist eben schon ein Unterschied, ob zumindest ein Teil der Regierungsressorts Frau­enförderpläne hat, die verbindlich sind, die per Verordnung entsprechend kundgemacht wurden, andere aber eben noch immer nicht. Das ist bedauerlich, aber ich habe in meinen Reihen versucht, dies tatsächlich voranzutreiben und umzusetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich kann mich noch sehr gut an die Debatte vor dem Frauen-Volksbegehren erinnern, als von Teilen der Öffentlichkeit gesagt wurde, im Frauen-Volksbegehren sei ein Punkt unrealistisch, nämlich die Vereinbarkeit von öffentlicher Auftragsvergabe und Frauenfördermaßnahmen. – Frau Abgeordnete Petrovic! Ich werde Ihnen in den nächsten 14 Tagen unsere Erlässe zur Verfügung stellen, die zeigen, wie sich sozialdemokratische Regierungsressorts bemüht haben, auch das zu verbinden. Ich habe dadurch den Beweis geführt, daß es geht. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich werde diese Unterlagen natürlich auch allen anderen zur Verfügung stellen, weil ich hoffe, daß diese Maßnahmen auch woanders eingeführt beziehungsweise umgesetzt werden: na­türlich in allen Regierungsressorts, natürlich auch bei den Landesregierungen, natürlich auch in den Kommunen, genauso im halböffentlichen Bereich. Das heißt, es ist tatsächlich möglich, Unternehmen auch entsprechend zu motivieren, Frauenfördermaßnahmen zu setzen, und ihnen gleichzeitig auch einen entsprechenden Anreiz im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe zu geben.

Ein weiterer – für mich sehr wichtiger – Punkt sind natürlich all jene Bereiche, in denen es um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, um die Vereinbarkeit von Beruf und Kind geht. Es ist eben Tatsache – und das haben wir zur Kenntnis zu nehmen –, daß die Einkommensschere zwi­schen Männern und Frauen größer wird. Ein wesentlicher Grund dafür, daß das so ist, sind die Berufsunterbrechungen der Frauen. Es müssen daher die Berufsunterbrechungen der Frauen entsprechend verkürzt werden, wenn wir wollen, daß sich die Einkommensschere wieder mehr schließt und nicht noch weiter öffnet. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Daher ist es ganz wesentlich, alles daranzusetzen, Kinderbetreuungseinrichtungen zu for­cieren und wirklich auch jene Kinderbetreuung anzubieten, die die Frauen – und es handelt sich eben fast ausschließlich um Frauen – brauchen, was die Öffnungszeiten, was die Flächen­deckung und natürlich auch was die Qualität betrifft.

Ich bin deshalb schon sehr froh darüber, daß der Bund jetzt zum zweiten Mal 600 Millionen Schilling zur Verfügung stellt, um in diesem Bereich Motivationsarbeit zu leisten, denn Sie alle wissen, daß im Rahmen der Aufgabenteilung, wie wir sie in Österreich haben, da die Länder und die Kommunen zuständig wären, sie aber bis dato – zumindest ein Großteil der Bun­desländer – viel, viel zuwenig getan haben.

Ein weiterer meiner Ansicht nach sehr wichtiger Punkt sind auch jene Maßnahmen, die gewähr­leisten, daß Frauen, wenn sie Kinder haben, wenn sie Kinder bekommen, auch nach wie vor sozusagen den Fuß in der Tür – sprich: in ihrem Job, in ihrer Berufstätigkeit – haben. Deshalb sind Anreizsysteme gerade auch für Teilzeitkarenz ganz besonders wichtig. Sie kennen die einzelnen Punkte, und ich möchte Ihnen nur sagen – weil diesbezüglich in den letzten zwei Tagen in den Medien sehr viel davon die Rede war –, seitens der Sozialdemokratie wird unter dem Titel “Frauenministerin” auch im Rahmen der Regierungsklausur all das wieder auf die Ta­gesordnung gesetzt werden: die Behaltefrist von 26 Wochen, das Recht auf Teilzeit, das Recht auf Teilzeitkarenz. Das heißt, ich verschließe diese Punkte nicht in der Schublade, sondern ich bringe diese nach wie vor auf die Tagesordnung, und ich hoffe, daß diese Punkte durch diese kontinuierliche Arbeit auch schön langsam umgesetzt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein für mich sehr, sehr wichtiger Punkt ist auch die Flexibilisierung, die bessere, flexiblere Regelung während der Karenz oder eigentlich noch vor der Karenz, sodaß Eltern auch tatsächlich die Wahlmöglichkeit haben, nicht nur 14 Tage nach der Geburt oder im Rahmen der Schutzfrist in Karenz zu gehen, sondern noch viel, viel später einmal der Vater, einmal die Mutter in Karenz gehen kann, wo sie tauschen können, wo auch noch Tausch zwischen Vollzeit­karenz und Teilzeitkarenz möglich ist und vieles andere mehr und wo natürlich auch gewisse Karenz­zeiten bis in ein höheres Alter des Kindes mitgenommen werden können, bis, wie es auch die Elternkarenz-Richtlinie vorsieht, zum achten Lebensjahr des Kindes.

Das sind Maßnahmen, die tatsächlich gesetzt werden müssen, die schnell gesetzt werden müssen. Da gebe ich Ihnen hundertprozentig recht.

Für mich ist das Frauen-Volksbegehren, sind die Punkte des Frauen-Volksbegehrens nicht alles, das sage ich auch – und ich habe das damals schon gesagt –, weil noch vieles dazu nötig wäre, aber für mich sind die Punkte des Frauen-Volksbegehrens aktueller denn je. Es geht wirklich darum, eine öffentliche Debatte darüber zu führen, wie Frauen in dieser Situation, näm­lich berufstätig zu sein und Kinder zu haben, bessergestellt – und nicht ausgegrenzt werden.

Der Weg in die andere Richtung wird bedauerlicherweise viel zu oft in den Medien dargestellt. Es geht tatsächlich auch um einen Blick in die richtige Richtung. Wir wissen, daß Frauen die Ver­ein­barkeit von Beruf und Familie wollen. Wir wissen, daß junge Frauen sehr oft gerade diese Möglichkeit, beides unter einen Hut zu bringen, auch brauchen, um sich für ein Kind ent­schei­den zu können.

Was die Beschäftigungsmöglichkeiten angeht, bin ich sehr sehr froh darüber, daß die Sozial­ministerin jetzt durch ihre Richtlinien bis zum Jahre 2001 ganz massiv Qualifizierungs­maß­nahmen für arbeitslose Frauen wieder in den Mittelpunkt gestellt hat. Sie können sicher sein: Ich werde auch darauf achten, daß diese Qualifizierungsmaßnahmen umgesetzt werden – zum Wohle der Frauen, weil sie es dringend brauchen und weil sie es zu Recht von der Gesellschaft erwarten können. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

9.22


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wir gehen jetzt in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Kammerlander. Die Redezeiten sind bekannt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

9.22


Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander¦ (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, Sie haben wieder einmal das gemacht, was Sie eigentlich schon seit Ihrem Amtsantritt machen: Ankündigungen kundtun, aber wenig Kon­kretes vorlegen. Und genau das ist unser Vorwurf.

Wenn wir in der Art und Weise, wie Sie es praktizieren, vor 20 Jahren mit der Frauenpolitik begonnen hätten, daß wir nämlich gute Ratschläge, Meinungen, Ankündigungen von uns geben, aber dann immer wieder beteuern, was in der Koalition oder in der Umsetzung nicht geht, dann hätten wir heute nicht einmal ein Gleichbehandlungsgesetz. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Wir hätten nicht einmal das Grundgerüst der Frauenpolitik, wenn wir in dieser Art und Weise vorgegangen wären, wenn wir uns nicht getraut hätten, manchmal auch etwas an Gesetz­entwürfen, an konkreten Initiativen auf den Tisch zu legen, wenn wir uns nicht manchmal ge­traut hätten, auch Unpopuläres beziehungsweise Dinge zu formulieren, die entweder in einer Koalition oder bei einer Mehrheit der Männer zu Unruhe geführt haben.

Aber Sie, Frau Ministerin – und das ist unser konkreter Vorwurf – machen eine sehr, sehr angepaßte Politik, angepaßt an die Linien und die offensichtlichen Vereinbarungen in dieser Koalition. Sie wagen es nicht, aufgrund des Frauen-Volksbegehrens konkrete Vorschläge auf den Tisch zu legen. Und wenn Sie jetzt wieder sagen: Ja, wir haben in unseren eigenen Reihen die Ministerien angehalten, auf die Frauenförderung bei der öffentlichen Auftragsvergabe ganz besonders zu achten!, und daß Sie uns einen Bericht vorlegen werden, wie das funktioniert, so frage ich mich: Was, bitte, hat denn diese SPÖ-Regierung und dieses SPÖ-Frauenministerium die letzten 20 Jahre getan? Sie hätten das nach dem Gleichbehandlungsgesetz längst tun können! Und Sie hätten dazu kein Frauen-Volksbegehren gebraucht! (Beifall bei den Grünen. – Widerspruch bei der SPÖ.)

Ich gestehe Ihnen zu, Sie haben die Initiative ergriffen und machen das jetzt. Mag sein, aber bitte proklamieren Sie das nicht als einen “Erfolg” und proklamieren Sie das nicht als konkrete Umsetzung des Frauen-Volksbegehrens! Es ist ein Maßnahme, die Sie getroffen haben, aber es ist keine konkrete Umsetzung des Frauen-Volksbegehrens. Das ist der Unterschied!

Bleiben wir einmal bei der Frauenförderung in den Betrieben. Wir haben immer wieder die Frage der Frauenberatungsstellen, die Finanzierung der Frauenberatungsstellen thematisiert, die einen wesentlichen Bereich im Rahmen der Qualifizierungsmaßnahmen einnehmen. – Bis heute haben Sie kein Gesetz vorgelegt, durch das die Frauenberatungsstellen abgesichert werden. Sie kündigen ein solches seit zwei Jahren in diversen Anfragebeantwortungen an, aber es ist bis jetzt nicht vorhanden. Wo ist es?! Wo sind Ihre Schwerpunkte, wenn es darum geht, Frauen ins Berufsleben, Frauen ins Arbeitsleben zu bringen, wenn es um konkrete Geset­zes­vorschläge geht? Bringen Sie diese doch ins Haus, lassen Sie uns darüber diskutieren, aber treffen Sie nicht die Entscheidungen in einem großkoalitionären Raum, wo wir von der Op­position und wo viele Frauen hier herinnen, auch Abgeordnete in Ihren eigenen Reihen, keine Möglichkeit haben, darüber zu diskutieren und zu entscheiden, ob wir das wollen, ob wir das für gut befinden oder wie wir es gerne anders hätten.

Sie treffen solche Entscheidungen in einer Art und Weise, mit der Sie das Parlament zu einem großen Teil entmündigen, weil wir gar nicht mehr die Möglichkeit haben, über Gesetzentwürfe zu diskutieren, weil Sie – in einer Absprache wahrscheinlich zwischen Khol und Kostelka oder in der Bundesregierung – entscheiden, was überhaupt dem Parlament “zugemutet” werden soll oder nicht.

Das ist das Problem bei der Umsetzung, und wir könnten das jetzt beliebig lang fortsetzen. Ich könnte auf die Karenzfragen eingehen, ich könnte Sie daran erinnern, daß Karenz in ganz besonderen Situationen auch so etwas wie Grundsicherung für Frauen ist, wo es auch um die Erwerbstätigkeit geht, wo es auch, wie Sie richtig sagen, um die Vereinbarkeit geht. Wo sind da Ihre konkreten Gesetzesvorschläge, wo es um die Verbesserung geht, wo es um die zwei Jahre geht, wo es um das erhöhte Karenzgeld geht, wo es um die Väterkarenz geht und so weiter?

Sie bringen immer wieder die Teilkarenz zur Sprache. Ja, wo sind denn Ihre Vorschläge? Was ist mit der Elternkarenz? Sie lassen Ihren Präsidenten der Arbeiterkammer hier immer wieder zwar mediale Vorstöße machen, aber wo sind Ihre konkreten Gesetzesvorschläge? Sie fehlen, sind nicht vorhanden.

Und wo ist der Knackpunkt in der Frauenpolitik, die Grundsicherung im Alter? (Beifall bei den Grünen.) Wir wissen, es ist einer der sensibelsten Bereiche, daß Frauen nicht abgesichert sind im Alter, daß sie in die Armut gedrängt werden, daß sie keinen eigenen Pensionsanspruch haben. Wo sind da die konkreten Gesetzesvorschläge?

Sie von der SPÖ haben 20 Jahre lang Zeit gehabt, und Sie haben jetzt seit zwei Jahren Zeit, Frau Ministerin Prammer, Ihren Worten auch Taten folgen zu lassen. Taten sind jedoch ausgeblieben. (Beifall bei den Grünen.)

9.27


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. Gleiche Redezeit. – Bitte.

9.27


Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mit­glieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Die SPÖ bekennt sich zur Eigenständigkeit der Frauen und hat dabei auch eine Reihe von wichtigen Erfolgen erzielt. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie sagen immer wieder, daß wir keinen Punkt des Frauen-Volksbegehrens umgesetzt hätten. – Das kann man so wirklich nicht sagen. Wir haben in einigen Bereichen sehr wohl Erfolge zu verbuchen. Ich verweise auf die Novelle in der Bundesverfassung – nicht ganz die For­mulie­rung, die wir uns gewünscht haben, aber doch ein eindeutiger Erfolg, ein Signal dafür, daß die Frauenförderung erwünscht ist und daß es Aufgabe des Staates ist, da tätig zu werden.

Wir haben eine Regelung für die geringfügig Beschäftigten getroffen, und wir warten jetzt auf den ersten Bericht der Sozialministerin darüber, wie sich das ausgewirkt hat; ich hoffe, positiv. Ich hoffe, daß dadurch tatsächlich eine Möglichkeit geschaffen wurde, daß Frauen Pen­sions­ansprüche erwerben. Es gibt eine Studie über die Neubewertung der Arbeit, ein Bereich, in dem zweifellos noch viel geschehen muß, denn die Frauenlöhne sind niedrig – und die Schere geht auseinander. Das ist offensichtlich, und da muß zweifellos etwas geschehen.

Wir haben Teilzeitregelungen im öffentlichen Dienst getroffen, die wirklich frauenfreundlich sind. Ich konnte erst vor kurzem feststellen, daß es im Sozialministerium sogar eine Abteilungsleiterin gibt, die teilzeitbeschäftigt ist. Es zeigt sich also, daß das funktioniert. Und die Frau Ministerin hat soeben sowohl die 600 Millionen Schilling für die Kinderbetreuung als auch ihre Initiative bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen angesprochen.

Das alles sind Schritte in die richtige Richtung, Schritte zur Verwirklichung des Frauen-Volks­begehrens, und diesen Weg wollen wir auch fortsetzen.

Sie haben von der Frau Bundesministerin Gesetzesvorlagen verlangt. Wie Sie wissen, gibt es Gesetzentwürfe, die von uns – also von den Abgeordneten – eingebracht wurden. Es ist ja nicht immer notwendig, daß die Bundesregierung etwas vorlegt. Wir Abgeordnete können ja initiativ werden, und wir haben dies auch getan.

IIch möchte weiters daran erinnern, daß wir einen Antrag zur Behaltefrist – 26 Wochen – ein­gebracht haben, auch ihr habt einen vorgelegt. Allerdings werden wir gemeinsam dafür keine Mehrheit finden, obwohl ich das für sehr wichtig hielte, denn es wäre von großer Bedeutung, wenn die Frauen, wenn sie sich für ein Kind entscheiden, auch sicher sein könnten, daß sie in ihren Beruf zurückkehren können. Daher ist das eine Forderung, deren Realisierung nach wie vor ganz vorne auf unserer Wunschliste steht, und ich wäre sehr froh, wenn wir uns darüber einigen könnten.

Ähnliches gilt für Teilzeitarbeit für Eltern mit Kleinkindern, daß also Eltern von Kleinkindern die Möglichkeit erhalten, für eine bestimmte Zeit Teilzeit zu arbeiten, danach aber wieder in Vollzeit zu arbeiten. Von uns liegen Anträge im Hinblick auf Karenzgeld für AlleinerzieherInnen und erhöh­tes Karenzgeld für Alleinerzieherinnen, die den Vater nicht nennen können, vor. Das heißt also, es gibt eine Reihe von Maßnahmen, die wir zu treffen bereit wären, für die wir allerdings hier eine Mehrheit suchen müssen.

Unser Standpunkt ist nach wie vor folgender: Wir wollen, daß Frauen Beruf und Familie vereinbaren können. Wir wollen, daß Frauen eigenständig und selbständig in der Gesellschaft bestehen können, daß sie nicht weiter benachteiligt werden. Es gibt eine Reihe von Schritten, die in diese Richtung gehen. (Abg. Haller: Tun Sie einmal etwas!)

Ich möchte auch die Maßnahmen der Sozialministerin erwähnen, die sich sehr bemüht, Frauen ganz gezielt zu fördern. Wir wissen, daß Frauen im Augenblick auf dem Arbeitsmarkt besonders benachteiligt sind. Diesbezüglich werden sehr viele Maßnahmen gesetzt, wobei die Qualifika­tionsoffensive besonders zu erwähnen ist. Daher bin ich zuversichtlich, daß wir zwar nicht von heute auf morgen, aber schrittweise zu einer wirklich qualifizierten Verbesserung der Lage der Frauen kommen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

9.33


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. – Bitte.

9.33


Abgeordnete Maria Rauch-Kallat¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Die Österreichische Volkspartei konnte sich von Beginn an mit dem Ziel des Frauen-Volksbegehrens identifizieren (Rufe bei der SPÖ: Oh!), nämlich die Situation der Frauen zu verbessern. Sie konnte sich allerdings nur in zwei Punkten mit den Wegen iden­tifizieren, und zwar deshalb, weil wir meinen, daß in diesem Frauen-Volksbegehren auch For­derungen enthalten waren, deren Realisierung Frauen aus dem Arbeitsmarkt drängen könnten, wie zum Beispiel das Recht auf Teilzeitarbeit bis zum sechsten Lebensjahr des Kindes. Dies ist zwar aus familienpolitischer Sicht sehr zu begrüßen, aber aus arbeitsmarktpolitischer Sicht könnten aufgrund dieser Schutzbestimmung wie auch aufgrund anderer Schutzbestimmungen die Frauen vom Arbeitsmarkt gedrängt werden.

Die Realisierung der Forderung, daß öffentliche Förderungen und Aufträge nur an Betriebe vergeben werden dürfen, die auf allen hierarchischen Ebenen einen Frauenanteil von 50 Pro­zent haben, würde zum Beispiel eine Lahmlegung des österreichischen Arbeitsmarktes nach sich ziehen. Es würde mich interessieren, ob diese Bestimmung der Beschäftigungs­verträg­lichkeitsprüfung der SPÖ standhalten würde.

Zum Unterschied von der SPÖ, von Bundeskanzler und Frauenministerin Prammer, die den Frauen medienwirksam versprochen haben, das Frauen-Volksbegehren auf Punkt und Beistrich umzusetzen, haben wir das ehrlich von Anfang an klargelegt. (Beifall bei der ÖVP.) Wir haben unsere Position ganz klar dargelegt, und das ist auch die Position, die wir in unserer parla­mentarischen Frauenarbeit vertreten.

Liebe Frau Kollegin Petrovic! Wenn Sie meinen, die ÖVP habe ein ganz anderes Frauenbild, dann muß ich sagen, Sie haben recht. Und wir bekennen uns zu diesem anderen Frauenbild! (Beifall bei der ÖVP.) Das ist ein Frauenbild, das sich nicht an links-linken Ideologien orientiert, sondern an den Bedürfnissen der Frauen in Österreich, und zwar ausschließlich an den Be­dürfnissen der Frauen in Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist ein Frauenbild, das die gut ausgebildeten jungen Frauen, die Beruf und Karriere und Karriere und Familienleben vereinbaren wollen, genauso miteinschließt wie die Bäuerin, die im Nebenerwerb oder als Betriebsführerin ihren Hof führt. Das ist ein Frauenbild, das die Top­managerin genauso miteinbezieht wie die Hausfrau, die eine bestimmte Phase ihres Lebens der Familienarbeit widmen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir werden es nicht zulassen, daß die Frauen gegeneinander ausgespielt werden, daß zwischen “guten” und “schlechten” Frauen unterschieden wird (Beifall bei der ÖVP), zwischen den “guten” Frauen, die ausschließlich in Berufstätigkeit ihr Heil finden, und den “bösen” Frau­en, die berufstätig sind und vielleicht als “Rabenmütter” bezeichnet werden, weil sie ihre Kinder alleine lassen, oder “böse” Frauen, die nichts zum Volkserwerb beitragen, weil sie sich aus­schließlich der Kindererziehung widmen. (Abg. Dr. Khol: Ein wichtiger Beitrag!) Wir werden das sicherlich nicht zulassen! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben daher in einem umfassenden Frauenprogramm auch unsere Ziele formuliert. Eines der wichtigsten Ziele – gerade die Diskussion in den letzten Tagen und Wochen hat das wieder gezeigt – ist für uns das “Karenzgeld für alle”. Es ist für uns ganz wesentlich, daß alle Mütter in den Genuß dieser Leistung kommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich kann nicht einsehen, Frau Bundesministerin, daß eine SPÖ-Gewerkschafterin sagt, das sei ein “soziales Verbrechen”. Und ich kann nicht hinnehmen, daß Karenzgeld für Studentinnen, für geringfügig Beschäftigte, für Hausfrauen Unrecht sein soll. Es handelt sich nicht um die Frauen der Reichen, sondern um jene Frauen, die nach dem ersten oder zweiten Kind zu Hause blei­ben, weil sie sich ihren Kindern widmen wollen, und somit beim dritten Kind keinen Anspruch auf Karenzgeld mehr haben. Es sind die Pendlerinnen, die keinen Arbeitsplatz finden und zu Hause bleiben. Das sind Familien, die das Karenzgeld wirklich brauchen. Und wir von der ÖVP werden für dieses Ziel kämpfen! (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte die Redezeit beachten, Frau Abgeordnete! Den Schlußsatz bitte!


Abgeordnete Maria Rauch-Kallat¦ (fortsetzend): Wir werden selbstverständlich auch die ande­ren Ziele des Frauen-Volksbegehrens zur Verbesserung der Situation verfolgen. Dessen kön­nen Sie sicher sein. (Beifall bei der ÖVP.)

9.38


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haller. – Bitte.

9.38


Abgeordnete Edith Haller¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­mini­sterin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Daß das Frauen-Volksbegehren kein Erfolg war, dar­über sind sich, glaube ich, alle Frauen, die hier im Hohen Hause sind, einig. (Abg. Mag. Barmüller: Das Frauen-Volksbegehren war schon ein Erfolg! – Die Umsetzung war schlecht!) Trotz vieler Sitzungen, in denen es immer wieder Ansätze zu Annäherungen gegeben hat, ist nichts ge­schehen. Wenn heute beziehungsweise vor einigen Tagen die Frauenmini­sterin anläßlich der Prä­sentation ihrer zweijährigen Erfolgsbilanz diese schwammige Verfas­sungsänderung, die das einzige Ergebnis des Frauen-Volksbegehrens war, als ihren “Erfolg” bezeichnet hat, kann ich nur sagen: Ich finde das erbärmlich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist wirklich kein Wunder, daß sich ein Frauennetzwerk gebildet hat, allerdings nur aus Ver­treterinnen von vier Parlamentsparteien, wozu man zwar auch Kommunistinnen eingeladen hat, aller­dings nicht die Freiheitlichen, und zwar mit der Bemerkung, daß die Freiheitlichen ein ande­res Frauenbild haben.

Zu dieser Aussage: Erstens wird dadurch ein Bild Ihrer “Toleranz” und Ihres Demokratie­verständnisses gezeichnet, und zwar ein genaues Bild. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zweitens möchte ich schon daran erinnern, daß es in den Sitzungen des Unterausschusses betreffend Behandlung des Frauen-Volksbegehrens vor allem die ÖVP war, aber auch die SPÖ, die Lösungen unmöglich gemacht haben. Diese sind aber jetzt im Frauennetzwerk vertreten.

Drittens bin ich stolz darauf – und dazu bekenne ich mich –, daß wir Freiheitlichen, wenn Sie so wollen, ein anderes Frauenbild haben. Wir Freiheitlichen haben nämlich immer dafür gekämpft, Frauen eine Wahlmöglichkeit zuzugestehen, sie nicht in eine bestimmte Schublade hineinzu­pressen. So, wie wir für eine Wahlmöglichkeit zum Beispiel bei den Pensionen eintreten, wo wir sagen, man soll zwischen Beiträgen und einem Splitting wählen können, treten wir vor allem für eine Wahlmöglichkeit bei der Kinderbetreuung ein. Das ist doch ganz klar: Die Frauen, die ihre Kinder selbst betreuen wollen, sollen diese Möglichkeit haben und endlich dafür auch honoriert werden. Oder wenn sie arbeiten wollen, sollen sie die Möglichkeit haben, qualifizierte Kinderbe­treuung einzukaufen. Sie wissen, wovon ich spreche: Ich spreche vom Kinderbetreuungs­scheck.

Seit 1992 propagieren wir Freiheitlichen dieses Modell, und ich meine, wir haben es trotz unserer Oppositionsrolle eigentlich schon sehr weit gebracht. Denn wenn Familienminister Bar­tenstein in der Sitzung des Familienausschusses vom 4. Juli vergangenen Jahres zugestehen mußte (Bundesminister Dr. Bartenstein: Was heißt “zugestehen”?), daß aufgrund der Studie der Kinderbetreuungsscheck machbar und finanzierbar ist, wenn man ihn politisch machen will, dann, muß ich sagen, können alle Argumente dagegen nicht mehr den entsprechenden Erfolg haben.

Folgendes steht auch fest: Die erste Stufe dieses Kinderbetreuungsschecks nach Ansicht von uns Freiheitlichen war immer das “Karenzgeld für alle”. Ich freue mich, daß Herr Minister Bar­tenstein und die ÖVP das heute übernehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesminister Dr. Bartenstein: Also bitte!) Natürlich!

Wenn derzeit Überlegungen angestellt werden – Frau Mertel hat das gestern gesagt –, die in die Richtung gehen, daß man vielleicht sogar den Studentinnen eine Art Karenzgeld zuge­stehen sollte und die Finanzierung zwischen Bund und Ländern aufzuteilen wäre, sage ich: Frau Mertel, das haben wir Freiheitlichen immer gesagt, und zwar als es um die Finanzierung unseres Kinderbetreuungsschecks ging. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel.) Also nichts Neues unter der Sonne.

Es gibt jetzt dieses “Netzwerk”, und dazu möchte ich sagen: Dieses “Netzwerk”, zu dem Frauen von vier Parlamentsparteien gehören, will den österreichischen Frauen diese Wahlfreiheit nicht zuerkennen. Sie sind es, die Frauen in die Berufstätigkeit, in die Abhängigkeit zwingen wollen!

Ich glaube schon, daß Sie uns da nicht dabei haben wollen: Sie haben ja Angst davor, daß das den österreichischen Frauen einmal richtig bewußt wird! Heute ist es doch schon so, daß sich nach einer empirischen Umfrage 71 Prozent der Österreicher durch die Einführung des Kinder­betreuungsschecks eine Verbesserung erwarten, sogar 84 Prozent der Alleinerzieherinnen.

Sie, Frau Bundesministerin Prammer, haben letztes Jahr in Kärnten bei einer Tagung der Landesfrauenreferentinnen gesagt, Sie seien gegen den Kinderbetreuungsscheck, auch wenn sich dadurch die Situation der Frauen verbessern würde. – Dazu sage ich: Es geht hier, bei diesem “Netzwerk” – leider! – nicht um echte Verbesserungen für ...


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte die Redezeit zu beachten!


Abgeordnete Edith Haller¦ (fortsetzend): Ich bin schon beim Schlußsatz, Herr Präsident. – Es geht um die Verfestigung der linken Ideologie in diesem Bereich, und da ist es schon sehr pikant, daß die ÖVP-Frauen da mitmachen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.44


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte.

9.44


Abgeordnete Maria Schaffenrath¦ (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Mir wäre es ja eigentlich viel lieber, wenn heute hier auf der Regierungsbank die Sozialministerin säße, da wir in diesem Bereich ein deutliches Signal an Frauen setzen könnten, nämlich dahin gehend, daß uns die sozial­recht­liche Absicherung der Frau – nämlich die eigenständige sozialrechtliche Absicherung der Frau – und offensive Arbeitsmarktpolitik für die Frau wesentliche Anliegen sind.

Ich würde mir wünschen, daß auch die Unterrichtsministerin an dieser Sitzung teilnähme, damit sie endlich ein klares Bekenntnis zu einer Bildungsoffensive für Frauen, zu einer Verbesserung der Chancen für Frauen heute in die Diskussion einbringen könnte.

Vor allem würde ich mir aber heute hier die Präsenz des Herrn Bundeskanzlers wünschen, der das Thema Beschäftigung Tag für Tag in den Medien predigt. Aber das Thema “Beschäftigung für Frauen” ist für ihn noch keine klare Zielsetzung. Wenn er heute hier wäre, würde er hören, daß Beschäftigung für Frauen faire Teilung der Erwerbsarbeit und der Betreuungsaufgaben zwischen Männern und Frauen bedeutet. Diesbezüglich könnte er heute hier ein Signal setzen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist Tatsache, daß die Forderungen des Frauen-Volks­begehrens in keinem einzigen Punkt erfüllt wurden. Wir wissen auch, daß es ideologische Barrieren zwischen ÖVP und SPÖ gibt. Wir wissen, daß das Familienbild auf ÖVP-Seite sehr konservativ ist. Herr Familienminister, Sie sitzen heute hier, um auch in diese Richtung ein Signal zu geben. Sie sehen die Frau als Teil der Familie, und Sie sehen die Frau immer noch mit einer, wie ich glaube, überkommenen Rollenzuteilung in unserer Gesellschaft. (Bundes­minister Dr. Bartenstein: Ist die Frau nicht Teil der Familie?) Die Frau wird Teil der Familie sein, Herr Minister, aber wenn Sie sie ausschließlich als Teil der Familie und ausschließlich im Bereich der Sozialpolitik definieren – wie das Herr Klubobmann Khol schon gemacht hat – und das jetzt durch Ihre Positionen noch verstärken, dann, muß ich sagen, entspricht das nicht dem liberalen Bild von Frauenpolitik. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Tatsache ist: Es gibt keinen Fortschritt in der Frauenpolitik und keinen in Frauenfragen. Was wir haben, sind sowohl von SPÖ- als auch von ÖVP-Seite in den Medien laufend vorgebrachte Forderungen nach Maßnahmen in diesem Bereich. Das dient in Wahlkampfzeiten vermutlich der Profilschärfung.

Frau Rauch-Kallat hat in den Medien eine Neubewertung der Arbeit gefordert. – Die Liberalen haben das im Rahmen der Behandlung des Frauen-Volksbegehrens als Antrag eingebracht. – Abgelehnt.

Auf dieser Seite wird Flexibilisierung der Meldefristen im Bereich Karenz gefordert. Dies­bezüglich wurde ein Antrag der Liberalen eingebracht. – Abgelehnt.

Die Grünen haben im Rahmen der Behandlung des Frauen-Volksbegehrens einen Antrag eingebracht, in dem zwei Jahre Karenz für Alleinerzieherinnen gefordert werden. – Abgelehnt. Es ließen sich noch genügend weitere Beispiele hier anführen.

Noch einmal in Richtung ÖVP: Sie wollen Mut zu Kindern machen. (Abg. Schwarzenberger: Ist das etwas Schlechtes?) Herr Familienminister, ich halte dies für verantwortungslos, da die ak­tuellen Zahlen in diesem Bereich eine deutliche Sprache sprechen. Sie können nämlich bei Ihrer jetzigen Politik entsprechende Bedingungen für Frauen nach der Kinderpause nicht sicher­stellen. Es gibt Notstandshilfeempfängerinnen in übergroßer Zahl, es gibt immer mehr arbeits­lose Frauen, die auch immer länger arbeitslos sind. Sie stellen nach wie vor den größten Anteil unter den Ausgleichszulagenbeziehern dar. Frauen haben kaum Chancen auf den Wieder­einstieg.

Daher: Mit Geld allein werden Sie nicht Mut zu Kindern machen können. Geld gibt es jetzt schon. Sorgen Sie dafür, daß Vereinbarkeit zwischen Familienarbeit und Erwerbstätigkeit für Frauen selbstverständlich wird! Sorgen Sie dafür, daß Frauen eigenständig sozialrechtlich abgesichert sind! Sorgen Sie dafür, daß Frauen nicht in der Abhängigkeit der traditionellen Familie bleiben müssen! Dann werden Sie auch bei anderen Frauen ein offenes Ohr finden. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

9.49


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner im Rahmen dieser Debatte ist der Herr Bun­desminister. – Bitte.

9.49


Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein¦: Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Kollegin Prammer! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Frau Abgeordnete Schaffenrath, ich nehme Ihren Vorwurf zur Kenntnis: Sie werfen der ÖVP vor, daß nach ihrem Frauenbild Frauen Teil der Familie sind. – Das nehme ich zur Kennt­nis, und dem stimme ich zu: Ja, Frauen sind Teil der Familie – und sollen es auch sein (Beifall bei der ÖVP), genauso wie Männer und Väter Teil der Familie sind und genauso wie vor allem Kinder Teil von Familien sein sollen.

Wir wollen Mut zum Kind machen, und wir wollen das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt unserer Familienpolitik stellen. Das Wohl des Kindes steht im Mittelpunkt unserer Politik. Unser Ziel ist es, dem zu dienen, und das streben wir an. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Abgeordnete Schaffenrath! Sie haben auch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf eingefordert. Dazu stehe ich auch. In diesem Bereich gehört eine Fülle von Maßnahmen gesetzt. Wenn wir heute über eine Verbesserung von Karenzmöglichkeiten sprechen, dann sollte es, so meine ich, insbesondere auch um Verbesserungen in diesem Bereich gehen, Ver­besserungen, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter optimieren. Und dazu gehört das “Karenzgeld für alle”.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die derzeitige Karenzgeldregelung stellt ein halbes Berufsverbot dar. Frauen haben nicht die Wahlmöglichkeit, entweder weiter beruflich tätig zu sein oder sich – und sei es auch nur zum Teil – der Kindererziehung zu widmen. Sie müssen eine Entscheidung treffen. Wir möchten das besser vereinbar machen. (Abg. Dr. Petrovic: Wann? – Abg. Öllinger: 14 Jahre hätten Sie dazu Zeit gehabt!) Das “Karenzgeld für alle” ist ein Schritt dahin.

Das “Karenzgeld für alle”, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Frau Abgeordnete Fuchs, Sie haben in einem Zwischenruf gefragt, wie viele Frauen davon betroffen wären und ob das die Norm sei. – In diesem Fall geht es nicht unbedingt um eine Normfrau. Es geht zum Beispiel um nicht weniger als 132 000 Frauen, die laut Dezember-Statistik geringfügig Beschäftigte waren, die 3 899 S oder weniger pro Monat verdient haben, die Karenzgeld dringend bräuchten, aber keinen Anspruch darauf haben.

Betroffen sind Studierende. Es gibt 100 000 Studentinnen in Österreich, die unbeabsichtigt schwanger werden könnten, aber meist keinen Anspruch auf Karenzgeld haben. Diese sind bestimmt sozial nicht besonders gutgestellt. Denen sollte man helfen, ebenso Schülerinnen. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Gerade in der Debatte der letzten Tage mußten wir hören, daß Caritas, daß “Aktion Leben” und andere wichtige Organisationen junge Frauen, die ungewollt schwanger geworden sind, für ein paar Wochen oder Monate anstellen, damit sie einen Karenzgeldanspruch erwerben können. Diese Frauen wissen sonst keinen anderen Ausweg, um ihr finanzielles Auskommen zu sichern. Wollen wir denn da länger zuschauen?

Auch im Hinblick darauf, wie wir vielen jungen Frauen den Gewissenskonflikt ersparen können, der sich an der Frage entzündet, ob sie sich das werdende Kind auch leisten können, gibt unser Vorschlag die Richtung an. Auch darauf ist das “Karenzgeld für alle” eine Antwort. (Beifall bei der ÖVP.)

Das “Karenzgeld für alle” ist finanzierbar; es wird kein drittes Sparpaket zur Folge haben. Das müssen wir uns vom Koalitionspartner nicht sagen lassen! Denn schließlich waren wir es, die jene Maßnahmen gesetzt haben, um Österreich dorthin zu bringen, wo wir stehen, und zwar auch in budgetsanierungspolitischer Hinsicht. (Beifall bei der ÖVP.) Unser Vorschlag bedeutet also kein drittes Sparpaket, sondern ist mit einem Mehraufwand von 700 bis 800 Millionen Schilling pro Jahr gut finanzierbar.

Folgendes noch, da immer wieder von der Wichtigkeit der Senkung der Lohnnebenkosten die Rede ist: Das “Karenzgeld für alle” mit einer hundertprozentigen Übernahme der heute zu drei Vierteln ohnehin schon von den Familien aus dem Familienfonds finanzierten Leistung ermög­licht letztlich auch eine Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge, weil es dort zu einer Entlastung um 2,3 Milliarden Schilling kommt. Dadurch wäre eine Senkung der Lohnneben­kosten um 0,3 Prozent möglich. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Das ist nicht das einzige, was wir in diesem Bereich anzubieten ha­ben. Frau Minister Prammer hat mehr Flexibilität bei der Behandlung des Themas Karenz gefor­dert. Richtig! Reden wir über das Karenzzeit-Konto, reden wir über diejenigen – theoretisch auch Männer, zu 99 Prozent sind es aber heute noch die Frauen –, die die vollen 18 Monate nicht gleich zu Beginn beanspruchen, sondern stattdessen lieber einige Monate für die Kinder­gartenphase oder den Schuleintritt des Kindes ansparen wollen. Darüber kann man mit uns reden.

Reden wir doch endlich darüber – ich glaube, die Regierungsklausur in Bad Aussee, die morgen und übermorgen stattfinden wird, wäre eine gute Gelegenheit dafür –, daß das, was Frau Kolle­gin Prammer und ich schon längst vereinbart haben, auch umgesetzt wird. Nach vier Jahren ist es bereits überfällig, das Karenzgeld endlich wieder einmal zu valorisieren, es mit 1. Jän­ner 2000 auf 6 000 S zu erhöhen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selbstverständlich ist das zu wenig, um allein davon leben zu können. Es ist aber ein wichtiger Schritt, es wären 8 Prozent mehr als bisher. Wenn es um konkrete Verbesserungen im Karenzbereich geht, dann sollte man das tun. Und wenn eine Re­gie­rungs­klausur stattfindet, sollte man die Sache auch zu einem Abschluß bringen, insbeson­dere dann, wenn man sich ohnehin in der Sache einig ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

9.55


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

9.55


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ankündigungen, Versprechungen, Vertrö­stungen, Täuschungen: Das sind die Reaktionen der Regierungsparteien auf das Frauen-Volks­begehren. Das gilt auch für den Bereich Karenzgeld. Das ist alles, was Sie zu bieten haben. Es werden keine konkreten Maßnahmen gesetzt.

Da Kollegin Hlavac davon gesprochen hat, daß Verbesserungen nicht von heute auf morgen verwirklicht werden können, sondern schrittweise entwickelt werden müssen, möchte ich dem schon entgegenhalten: Wenn dieser schrittweise Prozeß beispielsweise bei der Anpassung von Frauenlöhnen so weitergeht wie bisher, dann bedeutet das in wenigen Jahren eine deutliche Verschärfung der Kluft zwischen Männer- und Frauenlöhnen. Die Differenz ist nämlich in den letzten 20, 25 Jahren nicht eingeebnet worden, sondern sogar größer geworden.

Angesichts dessen kann es nicht darum gehen, schrittweise einen Prozeß in Gang zu setzen. Da stimme ich schon eher der Frau Bundesministerin zu, die gesagt hat, Reformen müßten rasch umgesetzt werden.

Frau Bundesministerin Prammer! Sie, Ihre Partei, die ÖVP, alle Parteien im Parlament haben heute noch die Gelegenheit dazu, da wir wieder einmal den Fristsetzungsantrag einbringen werden, daß alleinerziehenden Müttern, die den Namen des Kindesvaters nicht angeben, erhöhtes Karenzgeld gewährt werden soll. Und wir werden uns wieder anschauen müssen, wie SPÖ und ÖVP kneifen werden, und wir werden wieder hören: Wir hätten das zwar gerne gemacht, aber können nicht.

Frau Abgeordnete Rauch-Kallat sagt, sie unterstützt dieses Anliegen. Herr Minister Barten­stein – jetzt ist er leider weg – unterstützt es auch, Frau Bundesministerin Prammer unterstützt es sowieso. Woran scheitert dann aber die Umsetzung? Da sitzt Herr Khol – er befindet sich im Moment nicht auf seinem Platz – mit seinem etwas anderen, schiefen Frauenbild und ist der Meinung, Frauen, die allein erziehen und die den Namen des Kindesvaters nicht angeben, seien sowieso ganz besonders schlimm. (Abg. Dr. Khol: Das stimmt so nicht!)

Selbstverständlich trifft das zu! Uns liegen Debattenbeiträge der ÖVP zu diesem Thema vor, aus denen hervorgeht, daß das eigentlich unerwünscht ist. Heute, Herr Abgeordneter Khol, haben Sie, haben SPÖ und ÖVP die Möglichkeit, ihre Haltung in dieser Frage zu dokumen­tieren. Wir wissen, fast alle Abgeordnete sind für diesen Antrag, für diese konkrete Verbes­serung beim Karenzgeld. Vier Fünftel der 183 Abgeordneten hier sind dafür; vielleicht sind es sogar 180. Herr Khol ist dagegen, das wissen wir; Herr Feurstein möglicherweise auch. Vielleicht finden sich auch noch einige andere ÖVP-Männer, die dagegen sind. Trotzdem: Wir könnten den Antrag mit einer satten Mehrheit beschließen; rasch könnten wir das umsetzen. Aber es wird nicht umgesetzt, weil Ihnen, der ÖVP, eine abstrakte Koalitionsdisziplin wichtiger ist als das Wohl der Frauen, um die es gehen sollte. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister Bartenstein hat heute gesagt, arm seien die Frauen, er habe das kürzlich gehört, sie müßten von der Caritas oder von anderen Hilfsorganisationen angestellt werden, damit sie mit dem Kind finanziell über die Runden kommen können. Diese Frauen werden sozusagen zum Schein angestellt – früher für acht Wochen, das geht eben nicht mehr, jetzt also für längere Zeit –, damit sie in den Genuß des Karenzgeldes kommen.

Ja waren es nicht Sie, meine Damen und Herren von ÖVP und SPÖ, die diese An­stel­lungsmöglichkeit für Frauen eingeschränkt und versucht haben, diese Frauen vom Karenz­geldbezug auszuschließen? Und jetzt behaupten beide Regierungsparteien, sie seien für die Frauen, für Verbesserungen beim Karenzgeld. – Das ist doch eine verlogene Politik! (Beifall bei den Grünen.)

Was wir erwarten, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, sind nicht Ankündi­gungen, nicht Versprechungen, nicht einmal mehr Täuschungen im Hinblick auf den bevor­stehenden Wahlkampf, die dem Sie alle beide, nämlich die Familien und die Frauen, in Geisel­haft nehmen. Wir erwarten konkrete Verbesserungen! Was hindert Sie denn daran, den Allein­erziehenden diese Verbesserungen wirklich zuzugestehen? Was hindert Sie daran – in diesem Punkt gehe ich absolut konform mit Kollegin Mertel –, den Studierenden Karenzgeld zuzu­ge­stehen? Selbstverständlich, tun wir das! Was hindert Sie daran, all diese Versprechungen, die­se Vorhaben umzusetzen? – Es ist ausschließlich Ihre Koalitionsdisziplin (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), ausschließlich Ihre Unfähigkeit, ausschließlich die Tatsache, daß Sie lieber Wahlkampf führen, als den Frauen zu helfen. (Beifall bei den Grünen.)

10.01


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte.

10.01


Abgeordnete Dr. Ilse Mertel¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Wir haben heute wieder­holt gehört, wie verschieden die Frauenbilder sind; jeder beansprucht für sich, ein eigenes zu haben. Da muß ich mich etwas verwirrt umsehen. Was Herr Khol will, wissen wir ja aus seinen Aussagen. Wir wissen, daß er ein Bild der Flora von der Frau hat. Wie dies bei der FPÖ aussieht, wissen wir ebenfalls. Da hat man einmal festgestellt, daß der eine der Nehmende und der andere der Gebende ist.

Wir von der SPÖ sehen das schon differenzierter. Wir sehen uns bei der Neuregelung der Karenzzeit mit Kernfragen konfrontiert, nämlich: Welche Bedürfnisse haben Kinder, Mütter und Väter? Welche Lösungen sind die besten für diese Betroffenen? Wie sozial gerecht sind die Maßnahmen? Darüber hinaus sehen wir natürlich auch die Finanzierungsfrage: Wie lassen sich Regelungen finanzieren, ohne daß wir in kürzester Zeit weitgehende und umfangreiche Spar­pakete provozieren? (Abg. Rosemarie Bauer: Nein, nicht schon wieder!) Nicht schon wieder – das ist vollkommen richtig.

Ausgangspunkt war für die SPÖ, als wir im September des Vorjahres unsere Vorstellungen hinsichtlich der Flexibilisierung der Karenzzeit vorgestellt haben, die Grundüberlegung, ... (Abg. Kiss lächelt.) – Sie können noch so mitleidig lächeln, Herr Kiss, es dürfte Ihnen noch in Erinne­rung sein, daß wir zwei Sparpakete – Sie nennen sie vielleicht “Konsolidierungspakete” – ge­schnürt haben (Rufe bei der ÖVP: Ja warum denn? Warum denn?), die zu Lasten der Frauen und zu Lasten der Familien gegangen sind. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wenn wir den Weg fortsetzen, einfach nach dem Gießkannenprinzip undifferenziert Gelder zu verteilen, dann fordern wir ein neuerliches Sparpaket heraus! (Beifall bei der SPÖ.)

Hinsichtlich Flexibilisierung der Karenzzeit haben wir im September unsere Vorstellungen kund­getan. Ich freue mich, feststellen zu können, daß sich auch die ÖVP in den Weihnachtstagen, wahr­scheinlich beflügelt durch diese heile Zeit, unseren Vorstellungen anschließen konnte. (Zwischenruf des Abg. Kiss. – Abg. Silhavy: Der Herr Minister hat eine Wahlrede gehalten, das war’s!)

Wir haben wiederholt festgestellt, daß für einen großen Teil, nämlich für über 80 Prozent der jungen Menschen, vor allem der Frauen, ein Wunsch ganz oben auf der Prioritätenliste steht, nämlich der Wunsch nach Gründung einer Familie. Von diesen Frauen wird aber sofort hin­zugefügt, daß sie auch Berufsmöglichkeiten haben wollen, damit Sie Familie und Beruf unter ei­nem Hut bringen.

Die Schlußfolgerung ist ganz einfach: Wir müssen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie herbeiführen. Es ist keineswegs so, daß die SPÖ – so wie es uns von der ÖVP und auch von der FPÖ dauernd unterstellt wird – ausschließlich erwerbstätige Frauen haben will (Abg. Dr. Put­tinger: Endlich! Endlich ...!); Tatsache ist vielmehr, daß sich die überwiegende Mehrheit der Frauen für eine Berufstätigkeit ausspricht! (Beifall bei der SPÖ.)

Die SPÖ steht auch nicht für die “Abschiebung” der Kinder – wie Sie es formulieren – und der Kleinkinder in “Kinderbe­treuungsstätten” – wie Sie es formulieren –, sondern wir stehen auf dem Standpunkt, daß Kinder das Recht haben, auch außerhalb der Familie pädagogisch gut, ausgezeichnet und qua­lifiziert betreut zu werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Haider: Wo ist Bartenstein?)

Seit Oktober finden auf Sozialpartnerebene Gespräche statt, und es sind auch bereits Zwi­schen­ergeb­nisse dieser Gespräche zu verzeichnen: Künftig sollen Väter einen eigenen An­spruch auf Karenz­urlaub haben. Bisher konnte dieser Anspruch nur vom Anspruch der Mutter abge­leitet werden. Es gibt auch Übereinstimmung im Hinblick auf die Möglichkeit, daß Vater und Mutter den Ka­renzurlaub einen Monat lang gleichzeitig in Anspruch nehmen, auf das Recht der karenzierten Beschäftigten auf Information über wichtige Betriebsgeschehnisse sowie im Hin­blick darauf, daß im Falle einer Adoption eines Kindes zwischen dem zweiten und achten Le­bens­jahr auch eine Elternkarenz für die Dauer von sechs Monaten möglich sein soll.

In Verhandlung stehen noch – das ist der SPÖ wichtig – der Karenzurlaub bis zum achten Lebensjahr des Kindes, eine Verlängerung der Karenzzeit für Alleinerzieherinnen auf zwei Jah­re, wie es das Volksbegehren vorsieht, weil alleinstehende Mütter einen viel höheren Prozent­satz an Erwerbstätigkeit aufweisen, und das Recht auf Teilzeitarbeit bis zum sechsten Lebens­jahr des Kindes.

Ich möchte festhalten: Bei der aktuellen Karenzgelddebatte geht es auch um soziale Gerech­tigkeit. Während Herr Haider noch immer Geldquellen für seinen Kinderbetreuungsscheck sucht – die bereits genannten Möglichkeiten gehen von den Bundesmitteln für die Familien­förderung bis hin zur Wohnbauförderung –, sagt der Herr Minister, daß das Karenzgeld auch ein Berufsverbot für Frauen einschließt (Abg. Silhavy: ... Teilzeitkarenz!): Das ist ja der Sinn des Karenzgeldes, daß Frauen für den Ausfall ihres Erwerbseinkommen Karenzgeld bekommen, damit sie sich der Betreuung des Kindes widmen können!

Ich bin nach wie vor der Auffassung, daß die undifferenzierte Auszahlung von Geldern zu neu­en Ungerechtigkeiten führen würde, und ich trete dafür ein (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) – die SPÖ tritt dafür ein –, jene zu unterstützen, die die Unterstützung wirklich brauchen: Das sind beispielsweise Alleinerzieherinnen, das sind geringfügig beschäftigte Frauen und Studentinnen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.06


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosemarie Bauer. – Bitte.

10.06


Abgeordnete Rosemarie Bauer¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren dieses Hohen Hauses! Da sich nicht einmal die Antragsteller an das Thema dieser Aktuellen Stunde halten, erspare ich mir das auch. Ich habe unter dem Titel eigentlich etwas anderes verstanden. Wenn ich diese Diskussion insgesamt betrachte, dann ist für mich klar: Die Kuschelphase von Rot, Grün und dem LIF ist vorbei. (Ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Peter.) Es geht hier offensichtlich nur um einen Wahlkampf.

Gestatten Sie mir daher einfach, ein paar wesentliche Dinge festzustellen: In meinen Händen befindet sich – und hiermit, liebe Frau Bundesminister, wende ich mich an Sie – ein Paket, das Ihre Unterschrift, die Unterschriften von Finanzminister Edlinger und von Frau Mertel sowie von Ministern und Vertretern meiner Partei, die das sogenannte “Familienpaket 2000” besiegeln, trägt. Diese Unterschriften und dieses Paket sind in etwa ein Jahr alt. Das Paket bedarf nur der Umsetzung, und es würde viele Fragen beantworten, die hier und heute gestellt wurden, und viele Forderungen umsetzen, die von dieser Stelle aus von meinen Vorrednern erhoben wurden. (Abg. Scheibner: Sie sind wirklich eine gute “Oppositionspartei”!)

Dennoch muß ich sagen, daß ich die Diskussion mit tiefer Sorge verfolge, weil es, Frau Abge­ordnete Mertel – Sie waren meine Vorrednerin –, dabei einige unschlüssige Punkte gibt. Wäh­rend die Frau Minister sagt, Sie wolle die Unterbrechungen durch die Karenz (Im Saal herrscht ein hoher Lärmpegel. – Abg. Dr. Khol: Herr Präsident! Das ist eine Aktuelle Stunde! Frau Ministerin, hören Sie zu!) – vielleicht könnte man das unterbinden – verkürzen, reden Sie von Karenzzeit bis zum achten Lebensjahr des Kindes. Sie müssen mir erklären, wie das gehen soll.

Es ist heute schon davon gesprochen worden, daß wir das “Karenzgeld für alle” als die Maß­nah­me der sozialen Gerechtigkeit sehen. (Beifall bei der ÖVP.) 11 Prozent der Mütter sind heute davon ausgeschlossen, auch geringfügig beschäftigte Frauen. Da bei Ihnen – wie dies aus der Sicht­weise der Gewerkschaft deutlich wird – eine Mutter offensichtlich nur dann eine Mutter ist, wenn sie unselbständig erwerbstätig ist, frage ich Sie: Wie sieht das bei den geringfügig Beschäftigten aus?

Frau Schmidleithner – immer gut für lockere Aussagen, wie zum Beispiel, “Karenzgeld für alle” wäre ein “soziales Verbrechen” (Abg. Dr. Mertel: Das hat weh getan! Das hat weh getan!) – hat gestern um Mitternacht, zur Geisterstunde, wieder etwas von sich gegeben (Abg. Dr. Mertel: Wer war der Geist?) – nun ja, es hat so ausgesehen –, sie sagte nämlich, daß die Regierung den Müttern ein halbes Jahr Karenzgeld gestohlen hätte, und daher wäre der FLAF so gut dotiert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Sparpakete, von denen Sie gesprochen haben, wozu meine Kolleginnen und Kollegen zu Recht einen Einwurf gebracht haben, sind ein Erbe Ihres Exparteivorsitzenden Kreisky! (Beifall bei der ÖVP.)

Unsere Kinder werden noch daran zahlen! Die Frauen von heute kann man auf diese Art und Weise nicht strafen, und man kann sie schon gar nicht erpressen, wie es der Herr Finanz­minister tut und wie Sie auch heute wieder versucht haben (Abg. Schieder: Überlegen Sie sich Ihre Wortwahl!), Angst zu schüren, indem Sie sagen, wir können das Karenzgeld für alle nicht einführen, obwohl der Topf voll ist, wir bräuchten ansonsten ein weiteres Sparpaket. Herr Kol­lege Schieder, das ist Erpressung (Abg. Schieder: Das Wort “erpressen” brauchen Sie nicht zu verwenden!), und das ist eine falsche Darstellung in der Öffentlichkeit! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.) Das lasse ich mir als Frauen- und Familienpolitikerin einfach nicht gefallen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schieder: Das ist schlechtes Benehmen!) Diese Tour mit der Angst ist unerträglich! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schieder: Das ist schlechtes Beneh­men! – Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Silhavy, Sie haben gelacht und in einem Zwischenruf gemeint (Abg. Dr. Mertel: Das ist schlechtes Benehmen!), wenn wir die For­derungen unseres Ministers, daß also dieses Familienpaket 2000 und das Karenzgeld für alle Mütter wichtig seien (Zwischenruf der Abg. Silhavy), durchsetzen, dann würden die Wähler zeigen, wofür sie sich entscheiden. (Abg. Dr. Mertel: Schlechtes Benehmen ist das!) In Nieder­österreich haben sie es schon entschieden! Dort haben Sie mit dem Konterfei von Frau Mertel gegen dieses “Karenzgeld für alle” geworben. Sehen Sie sich doch an, wie die Frauenquote bei der Wahl und wie auch Ihr Wahlergebnis ausgesehen hat! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist richtig: Die Frauen wollen Familie, und sie wollen Familie und Beruf vereinbaren. (Abg. Schieder: Warten Sie einmal auf Ihr Wahl­er­gebnis! – Abg. Mag. Stadler: Wann bekommen wir es endlich?) Daher brauchen wir Kinder­gartenplätze. Das ist wichtig. Da gibt es die sogenannte Kindergartenmilliarde, und ich glaube, letztendlich sind wir hier auf einem guten Weg. Wir brauchen mehr Betriebskindergärten – das ist keine Frage –, aber wir brauchen auch Tageseltern. In Niederösterreich – da ich dieses The­ma nun schon einmal angesprochen habe – gibt es Tausende Kinder, die von Hunderten Tages­müttern betreut werden, während Sie, Frau Minister, immer noch darüber nachdenken, wie man vielleicht ein Berufsbild “Tagesmutter” entwerfen könnte. Hier sind wir bereits weiter auf dem Weg. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Fuchs: Wenn Sie nach Wien kommen, ...!)

Wenn Sie noch etwas wissen wollen: In Niederösterreich gibt es auch weniger Arbeitslose, trotz derselben bundesweiten Rahmenbedingungen. Daher muß dieses Land gut wirtschaften. Mehr brauche ich dazu nicht zu sagen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Umsetzung des Familienpaketes, “Karenzgeld für alle” und einen besseren Zugang zum Karenzurlaub überhaupt wünsche ich mir von Herzen. Wenn wir wollen, dann können wir das auch schaffen. (Beifall bei der ÖVP. – Bravorufe des Abg. Dr. Khol.)

10.11


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haider. – Bitte.

10.12


Abgeordneter Dr. Jörg Haider¦ (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Diese Debatte hat immerhin zwei ganz wesentliche Erkenntnisse gebracht. Da sie ja direkt übertragen wird, haben die Österreicher ein Bild davon bekommen, wie “harmonisch” diese rot-schwarze Koalition zusammenarbeitet. (Abg. Tichy-Schreder: So streng ist sie ja auch wieder nicht!) Da kann für Frauen nichts herauskommen, wenn Sie mit solchen Schimpfkanonaden aufeinander losgehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der zweite Punkt ist, daß Frau Kollegin Mertel in ihrer ganzen Verbissenheit einmal zugegeben hat, daß das Sparpaket der Bundesregierung völlig zu Lasten der Frauen und Mütter gegangen ist. (Abg. Mag. Stadler: Jawohl! – Abg. Dr. Mertel: Sie hören nicht zu!) Auch das ist, so glaube ich, eine wichtige Erkenntnis.

Daher sage ich noch einmal: Vielleicht denken Sie jetzt einen weiteren Schritt nach und fragen, warum Sie ständig gegen sich selbst oder an sich selbst Forderungen richten! Sie sitzen in der Regierung! Seit 30 Jahren stellen Sie den Bundeskanzler! Seit 30 Jahren stellen Sie den Sozialminister! Seit Jahrzehnten haben Sie eine Frauenministerin! Sie stellen den ÖGB-Prä­sidenten! Sie stellen in den Sozialversicherungen die wichtigsten Organisationsträger und Funktionä­re! (Abg. Mag. Stadler: Kammerpräsidenten!) Sie haben die Möglichkeit, für die Frauen in Österreich ganz konkret aufgrund Ihrer Kompetenz zu handeln, aber es wird immer schlechter, je mehr Funktionäre Sie haben! Das ist das Problem. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich frage Sie wirklich: Wer, bitte, hindert Sie daran, für gleiche Arbeit gleichen Lohn zu bezah­len? (Abg. Dr. Mertel: Die Unternehmer zahlen die Löhne, nicht wir!) Sie sitzen ja in der Sozialpartnerschaft! Sie sitzen mit der ÖVP, die angeblich einen Teil der Sozialpartnerschaft repräsentiert, seit über einem Jahrzehnt in der Bundesregierung. Wer hindert Sie also daran, gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu zahlen? (Abg. Dr. Mertel: Wir zahlen die Löhne nicht aus, sondern die Unternehmer!)

Wer hindert Sie daran, die Kürzung des Karenzgeldes rückgängig zu machen? – Das haben Sie gekürzt, und jetzt sagen Sie, das geht zu Lasten der Frauen. Warum tun Sie nicht wenigstens den Schritt, daß Sie das rückgängig machen und statt eineinhalb Jahren wieder zwei Jahre lang Karenzgeld zahlen? Da wären wir schon dabei! Das wäre ein konkreter Schritt, Frau Dr. Mertel! Das habe ich aber nicht gehört! Sie reden von irgendwelchen Ausbildungsvorschriften und Sparkonten, was auch immer. (Abg. Dr. Mertel: Nein! ... zwei Jahre Karenz!)

Warum setzen Sie nicht Maßnahmen, Frau Dr. Mertel, die sich auf das Problem der Arbeits­lo­sig­keit der Frau wirklich positiv auswirken würden? Sie haben heute unter dieser Bundes­re­gierung einen 40prozentigen Anteil der Frauen an den Langzeitarbeitslosen – das wissen wir –, und 73 Prozent aller geringfügig Beschäftigten sind Frauen. Das ist ja nicht eine Situation, bei der man sagen könnte, die Frauen drängen in den Beruf, sondern sie müssen offenbar aus der Not eine Tugend machen und versuchen (Abg. Dr. Mertel: Der Großteil will selbst berufs­tätig sein! Das ist das Bild der Frau! Viele wollen!), ihre bescheidenen Budgets und monatlichen Einkommen irgendwie aufzubessern.

Das ist der Grund, warum wir gesagt haben: Handeln wir rasch, schaffen wir diesen Kinder­betreu­ungsscheck! Schaffen wir für die Frauen, die das wollen, 5 700 S pro Monat an Kin­derbetreuungsgeld vom ersten bis zum sechsten Lebensjahr! (Abg. Dr. Mertel: Aber woher kommt das Geld? Wo nehmen Sie das Geld her?) Die Frau soll frei entscheiden, ob sie teil­berufstätig ist, ganztags berufstätig ist oder zu Hause bleibt. (Abg. Dr. Mertel: Wo nehmen Sie das Geld her?) Es ist doch keine Schande für eine Frau, bei ihrem Kind bleiben zu wollen, wenn es noch klein ist! Warum wollen Sie denn das ständig kriminalisieren? (Beifall bei den Frei­heitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Woher nehmen Sie das Geld?)

Sie haben Kinderkrippen nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stellen können, obwohl wir in Österreich bereits 30 Jahre lang Sozialismus haben, und jetzt verbieten Sie den Frauen, 5 700 S zu bekommen (Abg. Dr. Mertel: Woher nehmen Sie die Tausender? Sagen Sie mir, woher Sie die Tausender nehmen!) und damit das Recht zu haben, in den ersten Lebensjahren bei den Kindern zu Hause zu bleiben. (Abg. Dr. Mertel: Woher kommt das Geld?) Nein, Sie verringern auch noch das Karenzgeld und verkürzen die Karenzzeit, damit die Frauen nur ja das Problem haben, zwischen Familie und Beruf eine Unvereinbarkeit feststellen zu müssen.

Sparen Sie sich Ihre Sonntagsreden! Handeln Sie einmal ganz konkret in diesen Bereichen! Ich kann Ihnen garantieren, Sie schaffen dadurch bei der Beschäftigung mehr für die Frauen, und Sie schaffen auch für die Familien einiges mehr. Denn Zeit für die Kinder zu haben, heißt auch, den Müttern die Chance zu geben, bei ihren Kindern bleiben zu dürfen (Abg. Dr. Mertel: Und den Vätern! Und den Vätern!), ohne finanzielle Lasten auf sich nehmen zu müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.16


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist die Frau Bundesministerin. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

10.17


Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer¦: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich habe die Diskussion sehr aufmerksam verfolgt, habe ihr sehr aufmerksam gelauscht (Abg. Dr. Khol: Nein, das kann man eigentlich nicht sagen! Es war ständiger “Parteienverkehr” in der Regierungsbank!), und ich habe mich an jene Zeit erinnert, als ich vier Jahre lang mit arbeitslosen Frauen, mit Wiederein­steigerinnen intensiv gearbeitet habe. Ich habe während dieser vier Jahre unglaublich viele Tränen gesehen. Ich habe Tränen vor allen Dingen bei jenen Frauen gesehen, die mit 35 oder 40 Jahren plötzlich feststellen mußten (Abg. Dr. Haider: Und da kürzt ihr ihnen das Karenzgeld! Bravo! Da kürzen wir das Karenzgeld, wenn die Tränen da sind!), daß die Ehe keine Versiche­rungs­leistung ist und daß auf einmal kein Mann mehr da war, der für sie und für die Kinder ge­sorgt hätte. (Abg. Dr. Haider: Wenn Sie die Tränen betrachten, dann hilft das nicht viel!) Sie sind aus einem Netz herausgeworfen worden und haben sich oft nicht mehr zurechtgefunden. (Abg. Dr. Haider: Tun Sie etwas!)

Diese Frauen haben deshalb so unglaublich viel Leid erfahren, weil sie nicht rechtzeitig gemerkt haben (Abg. Dr. Haider: Tun Sie etwas, Frau Minister! Sie sind zuständig!), daß es wichtig gewesen wäre, nicht die ganze Erfahrung, die ganze Qualifikation ihres eigenen Berufes zu verlieren und wieder bei der Stunde Null anfangen zu müssen. Diese Frauen haben oft bereut, so lange zu Hause geblieben zu sein. Aus diesem Grund müssen wir gerade all den jungen Frauen, die das ja noch von ihren eigenen Müttern kennen und an ihnen miterlebt haben (Abg. Scheibner: Was Sie da daherreden!), die Möglichkeit geben, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Die wissen, wovon sie reden! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Petrovic: Wann kommt das? Wann?)

Lassen Sie mich nur noch zwei Dinge ansprechen. Erstens: Es kann und wird kein Familien­paket ohne dementsprechende Regelungen für Alleinerzieherinnen geben. Das sind wir den Alleinerzieherinnen schuldig (Beifall bei der SPÖ), vor allen Dingen auch den Kindern der Alleinerzieherinnen. Aus diesem Grund brauchen wir alle diese Maßnahmen, die ja ohnedies schon so oft erwähnt wurden. (Abg. Dr. Petrovic: Wann?) – Ich hoffe, sehr bald.

Zweitens: Wenn von Senkung der Arbeitskosten die Rede ist, auch im Zusammenhang mit einem möglichen Karenzgeld für alle, möchte ich eine Klarstellung machen: Sollte jemals ein Schilling, 1 Milliarde oder mehrere Milliarden Schilling aus der Arbeitslosenversicherung – Anführungszeichen – “übrigbleiben”, dann ist jeder Schilling, erst recht jede Milliarde, für Qualifi­zierungsmaßnahmen und Wieder­einstiegsmaßnahmen für Frauen zur Verfügung zu stellen (Beifall bei der SPÖ), um das wie­dergutzumachen, was man den Frauen bis dato von seiten der Wirtschaft, bedauerlicherweise auch von seiten der Freiheitlichen und der ÖVP, schuldig geblieben ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.20


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Klara Motter. – Bitte.

10.20


Abgeordnete Klara Motter¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, zunächst eine Frage an Herrn Dr. Haider zu richten, der leider nicht mehr im Saal ist (Abg. Mag. Stadler: Sie können sie schriftlich abge­ben!), daher stelle ich sie an die Freiheitliche Partei: Soll die Frau tatsächlich frei entscheiden können? – Ich habe das anders in Erinnerung, zumindest steht es in einem Buch von Dr. Haider anders. (Abg. Mag. Stadler: Seit wann liest sie Bücher?)

Nun komme ich zu Ihnen, Frau Kollegin Bauer: Uns Liberalen geht es heute nicht um Wahl­kampftaktik hier im Hohen Haus. Den Wahlkampf haben Sie heute hier praktiziert, indem Sie Ihren Koalitionspartner öffentlich gemaßregelt haben. Ich frage Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP: Gibt es keine andere Möglichkeit mehr, sich mit dem Koalitionspartner aus­einanderzusetzen?

Meine Damen und Herren! Zur Sachpolitik: Als Familienpolitikerin sehe ich immer klarer, wie sehr die traditionellen Rollen und die Aufgabenverteilung von Versorgungsarbeit und Erwerbs­arbeit für die Hälfte der österreichischen Bevölkerung, nämlich die Frauen, zu einer strukturellen sozialen Benachteiligung führen. Ich verstehe nicht, warum die ÖVP immer nur von Müttern redet und nie die Männer in Zugzwang bringt. Frau Rauch-Kallat! Das, was Sie heute dies­be­züglich wieder von sich gegeben haben, spricht einfach für Ihre Tradition, für Ihr Rollenbild, das nicht mehr in unsere heutige Zeit paßt. Das sei Ihnen auch einmal öffentlich gesagt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

In dieser sehr komplexen und vielschichtigen Problematik ist die einseitige Zuteilung der Fami­lien­arbeit an die Frauen einer der wesentlichsten Knackpunkte. Nach meinem liberalen Ver­ständ­nis kann und darf aber nicht mit Zwang oder rigider Regle­men­tierung ein ausgewogeneres Verhältnis, das wir unbedingt brauchen, herbeigeführt werden, sondern wir brauchen dazu eine breite Diskussion, um ein entsprechendes Bewußtsein zu schaffen. Wir müssen uns über alle Parteigrenzen hinweg starke Anreize und geeignete Rah­menbedingungen überlegen, damit eine verstärkte Beteiligung der Väter an der Familienarbeit möglich wird. Ein Ziel sollte daher sein, daß es zur Selbstverständlichkeit wird, daß auch Väter in Karenz gehen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Bisher sind wir aber weit davon entfernt, und ich konstatiere, daß beide Regierungsparteien sich bezüglich Karenz in eine reine Ankündigungspolitik begeben haben. Denn bisher gibt es sowohl von seiten der ÖVP als auch von seiten der SPÖ keinerlei wie immer geartete Anträge hier im Hohen Haus, die zumindest auf einen gemeinsa­men Nenner hoffen ließen. Ich vermisse auch in der derzeit geführten Debatte über die Karenz­zeit, daß zumindest die Möglichkeit geschaffen wird, das Bewußtsein dafür zu stärken, daß auch Männer für eine Karenzzeit in Frage kommen. Wir Liberalen haben einen diesbezüglichen An­trag ein­gebracht, der hier im Hohen Haus liegt, und wir hoffen, daß wenigstens über ihn beraten wird.

Zur Forderung des Frauen-Volksbegehrens “zwei Jahre Karenzzeit für Alleinerzieherinnen” möchte ich anmerken, daß dies schon längst hätte umgesetzt werden können, denn von Ver­sprechen von seiten der Sozialdemokraten, wie sie auch heute wieder gegeben wurden, haben die betroffenen Frauen nichts. Wir wissen, daß gerade die Alleinerzieherinnen mehr in die Schere der Armut geraten. Eine neueste Studie der Caritas besagt, daß zwei Drittel jener Men­schen, die von Armut betroffen sind und um Unterstützung bitten, Frauen sind, und davon wieder ein Drittel Alleinerzieherinnen. – Meine Damen und Herren der ÖVP! Zumindest das, was die Caritas erhoben hat, sollte doch auch für Sie Gültigkeit haben.

Noch einmal: Von Versprechungen und schönen Reden haben diese Betroffenen wenig. Sie brauchen Hilfe! Die Ausdehnung der Karenzzeit für Alleinerziehende auf zwei Jahre, wie wir sie bereits vor dem sogenannten Sparpaket hatten, wäre daher mehr als gerechtfertigt.

Weiters kennen wir das Problem des Wiedereinstieges in den Beruf. Auch darüber wurde heute schon gesprochen, wurden Versprechungen gemacht. Bitte, tun Sie etwas! Wir brauchen diese Kinderbetreuungsplätze, damit wir tatsächlich eine echte Freiwilligkeit und eine echte Chancen­gleichheit für unsere Frauen haben. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.25


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Aktuelle Stunde ist daher beendet.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Der Herr Bundespräsident hat mit Entschließung vom gestrigen Tag für die Dauer der Verhinderung des Herrn Bundesministers für Landesverteidigung Dr. Fassl­abend, am 20. Jänner, den Herrn Bundesminister für wirtschaftlichen Angelegenheiten Dr. Farn­leitner mit der Vertretung betraut.

Ich bitte um Kenntnisnahme.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 4835/AB


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Vor Eingang in die Tagesordnung habe ich noch einige Mittei­lungen zu machen.

Ich teile zunächst mit, daß das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 4835/AB zur Anfrage 5077/J des Abgeord­neten Gaugg betreffend Maßnahmen zur Förderung “nicht-marktfähiger Arbeit” durch die Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales abzuhalten.

Fristsetzungsanträge


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ferner liegt das Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über den Antrag der Abgeordneten Mag. Firlinger und Genossen vor, dem Bauten­aus­schuß zur Berichterstattung über den Antrag 118/A (E) der Abgeordneten Schöll und Genossen betreffend Novellierung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes zur Absenkung der Genos­sen­schaftsmieten auf den Erhaltungsbeitrag eine Frist bis zum 24. April zu setzen.

Weiters gebe ich bekannt, daß ein Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über den Antrag der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen vorliegt, dem Wirtschaftsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 428/A (E) der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen erleichtern sollen, ebenfalls eine Frist bis zum 22. März 1999 zu setzen.

Schließlich gebe ich bekannt, daß ein Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über den Antrag der Abgeordneten Öllinger und Genossen vorliegt, dem Ausschuß für Arbeit und So­ziales zur Berichterstattung über den Antrag 504/A der Abgeordneten Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Karenzurlaubszuschußgesetz und das Karenzgeld­gesetz­ geändert werden, eine Frist bis zum 23. Feber 1999 zu setzen.

Da die erwähnten Verlangen auf Durchführung von kurzen Debatten jeweils vor Eingang in die Tagesordnung, also gleichzeitig, gestellt wurden, werden diese in der Reihenfolge, in der ich sie aufgezählt habe, gemäß der Geschäftsordnung ab 15 Uhr aufgerufen werden. Die gegen­ständlichen Abstimmungen werden im Anschluß an die jeweiligen Debatten erfolgen.

Die Abgeordneten Mag. Peter und Genossen haben darüber hinaus beantragt, dem Wirt­schafts­ausschuß zur Berichterstattung über die Anträge 607/A (E), 608/A (E), 609/A (E), 610/A (E), 611/A (E), 612/A (E), 613/A (E), 614/A (E), 615/A (E) und 513/A der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen eine Frist bis zum 22. März 1999 zu setzen.

In bezug auf diese Fristsetzungsanträge wurde keine Durchführung einer Debatte beantragt. Die entsprechenden Abstimmungen werden daher gemäß der Geschäftsordnung nach Been­digung der Verhandlungen dieser Sitzung erfolgen.

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Als nächstes teile ich mit, daß die Abgeordneten Dr. Schmidt, Dr. Petrovic und Genossen beantragen, gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung einen Unter­suchungsausschuß zur Untersuchung der politischen Verantwortlichkeit der Bundesregierung, insbesondere des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten, des Bundesministers für Inneres und des Bundesministers für Justiz, sowie vermuteter rechtswidriger Einflußnahme durch politische Funktionsträger im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu den Morden an drei Kurden im Juli 1989 und der Verfolgung der drei dieser Tat verdächtigten Personen einzu­setzen.

Es liegt in diesem Zusammenhang auch das nach § 33 GOG gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen. Diese Debatte wird nach Erledigung der Tages­ordnung dieser Sitzung stattfinden.

Absehen von der 24stündigen Aufliegefrist


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Um Punkt 10 der heutigen Tagesordnung in Verhandlung nehmen zu können, ist es nach § 44 (2) der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24stün­digen Aufliegefrist für den Ausschußbericht abzusehen. Dabei handelt es sich um den Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes Klagenfurt um Zustim­mung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Heinz Anton Marolt.

Bei diesem Beschluß ist eine Zweidrittelmehrheit des Hohen Hauses erforderlich. Ich stelle fest, daß das entsprechende Präsenzquorum gegeben ist.

Ich bitte daher jene Damen und Herren, die im Sinne des § 44 der Geschäftsordnung dafür stimmen, von der 24stündigen Aufliegefrist für diesen Ausschußbericht Abstand zu nehmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, daß dies vom Nationalrat einstimmig angenom­men wurde.

Einlauf und Zuweisungen


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 5453/J bis 5526/J.

2. Anfragebeantwortungen: 4754/AB bis 4907/AB.

Anfragebeantwortungen (Präsident des Nationalrates): 40/ABPR und 41/ABPR.

3. Regierungsvorlagen:

3. Dienstrechts-Novelle 1998 (1552 der Beilagen),

Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur zweiten Wiederauffüllung des Globalen Umweltfazilität-Treuhandfonds (GEF 2) (1558 der Beilagen),

Bundesgesetz über die Leistung weiterer Beiträge zur Weltbank-Konsultativgruppe für inter­nationale landwirtschaftliche Forschung (CGIAR) für die Jahre 1999 bis 2001 (1559 der Beila­gen),

Bundesgesetz, mit dem das Schülerbeihilfengesetz 1983 geändert wird (1568 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Maßnahmen anläßlich der Ausgliederung der Wiener Stadtwerke erlassen und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1570 der Beilagen),

Bundesgesetz über Sicherheit und Gesundheitsschutz der in Dienststellen des Bundes be­schäftigten Bediensteten (Bundes-Bedienstetenschutzgesetz – B-BSG) und mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienst­gesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979 und das Arbeit­nehmerInnenschutzgesetz geändert werden (1574 der Beilagen),

Bundesgesetz über Änderungen des Handelsgesetzbuchs, des Bankwesengesetzes, des Wert­papieraufsichtsgesetzes und des Versicherungsaufsichtsgesetzes betreffend die Anwendung international anerkannter Rechnungslegungsgrundsätze bei Konzernabschlüssen – Konzernab­schlußgesetz (KonzaG) (1576 der Beilagen),

Strafprozeßnovelle 1999 (1581 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Immunitätsausschuß:

Ersuchen des Landesgerichtes Klagenfurt (17 EVr 2163/98, 17 Hv 176/98) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Heinz Anton Marolt wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach § 113 StGB;

Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 55 betreffend “Einheitswerterhöhung – Nein, danke!”, überreicht von den Abge­ordneten Dr. Gottfried Feurstein, Karlheinz Kopf, Manfred Lackner und Ing. Wolfgang Nuß­baumer,

Bürgerinitiative Nr. 18 betreffend “Antrag an den Nationalrat im Sinne des BGBl. Nr. 410/1975 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 720/1988”.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation der erdölexportierenden Länder über soziale Sicherheit (1524 der Beilagen);

Rechnungshofausschuß:

Bericht des Rechnungshofes über die durchschnittlichen Einkommen 1996/1997 gemäß Arti­kel 1 § 8 Abs. 4 Bezügebegrenzungsgesetz (III-170 der Beilagen);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Ent­scheidung des Ausschusses):

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Bericht der Bundesregierung betreffend das auf der 84. Tagung der Internationalen Arbeits­konferenz angenommene Übereinkommen (Nr. 180) über die Arbeitszeit der Seeleute und die Besatzungsstärke der Schiffe und die Empfehlung (Nr. 187) betreffend die Heuern und die Arbeitszeit der Seeleute und die Besatzungsstärke der Schiffe (III-165 der Beilagen),

Bericht der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die Entwicklung eines bundeseinheitlichen Berufsbildes für Tageseltern aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 16. April 1998, E 115-NR/XX. GP (III-169 der Beilagen),

Bericht der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die soziale Lage 1997 (III-172 der Beilagen);

Gleichbehandlungsausschuß:

Gemeinsamer Bericht über die Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes, insbesondere über die Tätigkeit und Wahrnehmung der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen, die Ver­fahren vor der Kommission und die sonstige Tätigkeit der Kommission gemäß § 10a Gleich­be­handlungsgesetz, 1997, vorgelegt von der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz und von der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales (III-168 der Beilagen);

Kulturausschuß:

Kunstbericht 1997 der Bundesregierung (III-163 der Beilagen),

Bericht des Bundeskanzlers betreffend den Bericht des Österreichischen Bundes­theater­ver­bandes 1997/98 (III-167 der Beilagen);

Umweltausschuß:

Bericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über die Anwendung der EMAS-V (EWG-Verordnung 1836/93) und die Vollziehung des UGStVG (BGBl. Nr. 622/1995) (III-166 der Beilagen),

Bericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über die Vollziehung des Um­weltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G) (III-171 der Beilagen).

*****

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Es liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 4 bis 6 sowie 9 und 10 der Tagesordnung der heutigen Sitzung zusammenzufassen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Dies ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

Ich gehe nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ich berichte, daß in der Präsidialkonferenz Konsens über die Dauer der Debatten, wie folgt, erzielt wurde: Es soll eine Tagesblockredezeit von 9 “Wiener Stunden” vereinbart werden, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 135 Minuten, ÖVP 126 Minuten, Freiheitliche 117 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 81 Minuten.

Darüber hat das Hohe Haus mit Mehrheit zu befinden.

Gibt es gegen diesen Vorschlag Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann sind diese Re­dezeiten so beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Sonderbericht des Rechnungs­hofes (III-155 der Beilagen) über das Eisenbahnprojekt Semmering-Basistunnel (1582 der Beilagen)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wir gelangen nunmehr zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch nach Berichterstattung liegt nicht vor.

Daher können wir gleich in die Debatte eingehen.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Schweitzer. Ist es richtig, daß die Uhr auf 7 Minuten gestellt werden soll? (Abg. Mag. Schweitzer: Ich werde ein bißchen überziehen!) – Ungefähr.

10.32


Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer¦ (Freiheitliche): Herr Präsident des Parlaments! Herr Prä­sident des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Sie haben sich im Rechnungshofausschuß darüber beklagt, daß wir von den Freiheitlichen nicht bereit sind, Ihre Bemühungen – zum Beispiel was die Untersuchung von Varianten betrifft – anzuerkennen, und Sie haben recht damit. Wir haben diese Bemühungen nicht anerkannt, weil wir wissen, daß diese Bemühungen nur vorgetäuscht sind.

Es liegt mir ein Brief des Bundesverkehrsministers an den Herrn Bürgermeister von Graz, an den “lieben Alfred” vor, in dem Sie, Herr Bundesminister, nach Erscheinen des Rech­nungs­hof­berichtes, in dem massive Kritik an dem Projekt geübt wird, folgendes schreiben – ich zitiere –: Lieber Alfred! Ich kann dir versichern, daß die Position der Bundesregierung unverändert ist und der Semmering-Basistunnel nach wie vor unverzichtbar ist. – Zitatende.

Das heißt also, auch Sie sind nicht bereit (Abg. Parnigoni: Wo er recht hat, hat er recht!), Kritik, fundierte Kritik des Rechnungshofes zur Kenntnis zu nehmen und Ihre Position auch nur um einen Millimeter zu ändern, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Damit bestätigen Sie einmal mehr, was auch Bundeskanzler Klima in Salzburg eindeutig zum Ausdruck gebracht hat: Sie werden  dieses Projekt durchziehen – egal, was es kostet! (Demon­stra­tiver Beifall bei der SPÖ und Rufe: Jawohl!)

Der Herr Bundeskanzler scheut nicht davor zurück, sogar Unwahrheiten als Argumente anzu­führen, und spricht von internationalen Verpflichtungen, die es in Wahrheit überhaupt nicht gibt. (Abg. Parnigoni: Weil Sie sich nicht auskennen!) Selbst Bundesminister Einem – das ist im Protokoll nachzulesen – hat festgestellt, daß die Argumentation mit den internationalen Ver­pflichtungen übertrieben war, und der Präsident des Rechnungshofes wird das noch einmal aufklären. Der Bundeskanzler hat da eindeutig ein Argument angeführt, das jeglicher Grundlage entbehrt, er hat uns in Wirklichkeit getäuscht. (Abg. Parnigoni: Na, na, Vorsicht!) Er hat gesagt, es gibt internationale Verpflichtungen, und in Wahrheit gibt es diese internationalen Ver­pflichtungen nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber die SPÖ ignoriert ohnehin alles, was an Argumenten gegen dieses Projekt vorliegt, und wird mit Hilfe – ich sage das ganz bewußt – einer einmal mehr orientierungslosen ÖVP ein Mil­liardendebakel am Semmering zu verantworten haben. Der Bundeskanzler, der Verkehrs­minister und die ÖVP ziehen dieses Projekt durch – das ist das Ergebnis des Rechnungs­hofausschusses, meine Damen und Herren! Sie ziehen dieses Projekt durch. (Zwischenruf des Abg. Edler.) Trotz besserer Alternativen, trotz fehlender Wirtschaftlichkeit, trotz gescheiterter Privatfinan­zierung, meine Damen und Herren, wollen Sie gemeinsam mit der ÖVP dieses Projekt durch­ziehen. Der Semmering-Basistunnel wird, wenn es nach Ihnen geht, gebaut, obwohl die bis­herige Verkehrsentwicklung weit hinter den seinerzeitigen Prognosen liegt, obwohl die Güter­verkehrsmengen mehr als 60 Prozent hinter den Prognosen liegen, meine Damen und Herren, obwohl die Kapazität der Bergstrecke bei weitem nicht erreicht ist, wie uns die Experten sagen (Zwischenruf der Abg. Huber), ja sogar bis 2015 überhaupt keine Kapazitätsprobleme entste­hen können. (Abg. Parnigoni: 2006!)

Auch Minister Einems Aussagen zu den vom Rechnungshof angeregten Alternativen waren klar und deutlich. Er hat diese Alternativen nur gestreift, es war ihm geradezu lästig, darüber reden zu müssen; das ist klar und deutlich geworden. Er werde diese Alternativen zwar untersuchen, aber in Wahrheit gebe es keine Alternative. Weder die Aspangbahn, die er als “Überlaufgefäß” bezeichnet hat, ist, wenn sie ertüchtigt wird, eine Alternative noch die Süd-Ost-Spange. Diese ist für den Minister kein Thema, da ihm die Expertengruppe “Semmering” dieses Projekt nicht nahe­gelegt hat.

Aber es war interessant, Herr Minister, was Dr. Platzer in diesem Zusammenhang gesagt hat. Er hat gesagt: Wenn wir die Süd-Ost-Spange bauen, dann werden wahrscheinlich 60 Prozent des Transportsubstrates vom Semmering auf die Süd-Ost-Spange verlagert werden. Und das ist das Böse an der Süd-Ost-Spange, daß nämlich damit klar und deutlich gemacht wird, daß, wenn diese Süd-Ost-Spange gebaut wird, man dieses Projekt am Semmering erst recht nicht braucht. Deshalb darf diese Süd-Ost-Spange nicht gebaut werden, weil dann dieses Desaster am Semmering ganz offenkundig und die Unnotwendigkeit klar und deutlich wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die letzte Alternative, die ungarische Flachbahn, werden Sie untersuchen, aber es besteht kein Interesse seitens der Ungarn, also müßten wir es finanzieren. Daher ist es auch obsolet.

Das heißt, Sie haben nie wirklich Interesse an diesen Alternativen gehabt, Herr Bundesminister! Sie denken nicht daran, benachteiligte Regionen im Osten, im Südosten unseres Landes auch mit einer hochrangigen Bahn zu erschließen.

Als ich Sie im Ausschuß gefragt habe, wie es denn mit der Versorgung des Ostens und des Südens steht, haben Sie wortwörtlich gesagt: Na, was wollt ihr denn da unten? – Ihr habt ohne­hin die A 2, die Süd Autobahn, das muß euch doch reichen als Erschließung. – Ich glaube nicht, daß das eine gerechte Antwort ist, Herr Bundesminister! Ihr habt die A 2, und damit habt ihr genug zum Leben! (Abg. Parnigoni: Da hast du Watte in den Ohren gehabt! – Abg. Edler: Warst du in einer anderen Sitzung? Wo warst du denn?)

Eisenbahnführer Edler, paß einmal auf! Gerade deshalb wurde auch eine ernsthafte ver­gleichende Untersuchung der Ausbauvarianten nie zugelassen. Ich betone es: Eine ernsthafte vergleichende Untersuchung der Ausbauvarianten wurde nie zugelassen. Vielmehr hat man Studien erstellen lassen, die auf falschen Daten basieren. Gleichzeitig hat man sich zu fol­gender Aussage hinreißen lassen, nämlich daß in etwa 600 Millionen Schilling an Gewinn durch den Bau des Tunnels zu erzielen seien. Herr Bundeskanzler Klima hat damals sofort gejubelt und gemeint, den Tunnel nicht zu bauen, hieße, Geld zu verschenken. – Wie sehen Sie diese Aussage Ihres Bundeskanzlers heute, Herr Bundesminister? Was sagen Sie zu diesem Sager, man würde Geld verschenken, wenn man diesen Tunnel nicht baut?

Obwohl es heute selbst Bundeskanzler Klima besser weiß, wird dieser Tunnel gebaut, meine Damen und Herren, obwohl es, wie der Rechnungshof fordert, bis heute keine aktuelle Wirt­schaftlichkeitsrechnung gibt. Die SPÖ wird bauen, obwohl die Privatfinanzierung kläglich gescheitert ist und nicht einmal die tapferen roten Mitstreiter von STRABAG und Porr bereit waren, das Risiko zu übernehmen.

Das Scheitern, Herr Bundesminister, der Privatfinanzierung bestätigt, daß das Projekt keine Ren­tabilität aufweist. In Wahrheit werden nicht einmal die Zinsen aufgebracht, und der Steuerzahler wird damit einmal mehr ganz intensiv zur Kasse gebeten. (Abg. Parnigoni: Wie bei jedem Straßenprojekt!)

Umso weniger, meine Damen und Herren von der ÖVP, Herr Kollege Kukacka, verstehe ich die Position der ÖVP. Herr Kukacka! Mir liegt ein Brief Ihres Klubobmannes bezüglich dieses Projektes vor, den er einem “lieben Kartellbruder” schrieb – ich zitiere –: Ich trete angesichts der budgetären Situation vehement gegen eine öffentliche Finanzierung ein. Mit kartellbrüderlichen Grüßen, Dein Andreas Khol. (Abg. Mag. Stadler: Das wird Kukacka geschrieben haben!)

Herr Kollege Kukacka! Da schreibt Ihr Parteiobmann Wolfgang Schüssel: Wir sind ganz Ihrer Meinung, lieber Herr, daß keine Steuergelder in ein Projekt dieser Art gesteckt werden dürfen. In Zeiten des Sparens – wir müssen unbedingt sparen –, so schreibt er, können Projekte dieser Größenordnung auf keinen Fall durch öffentliche Mittel finanziert werden.

Er fügt weiters an, Herr Kukacka: Wir von der ÖVP sagen daher, daß entweder eine private Finanzierungslösung ohne Ausfallshaftung des Bundes gefunden werden muß, oder es wird mit dem Bau nicht begonnen. Mit freundlichen Grüßen, Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel. (Oh-Rufe bei den Freiheitlichen.) – Herr Kukacka! Ich erwarte mir einige klärende Worte zu dieser Angelegenheit.

Selbst der Bun­deskanzler hat sich einmal zu der Äußerung hinreißen lassen, daß eine Haftung der Republik nicht vorgesehen ist. Heute, meine Damen und Herren, ist alles anders. Nach der gescheiterten Privatfinanzierung soll der inzwischen 15 Milliarden Schilling – das private Konsor­tium hat festgestellt, daß das Loch durch den Berg schlußendlich mindestens 15 Milliar­den Schilling ohne Finanzierungskosten kosten wird – teure Tunnel aus den sogenannten SCHIG-Milli­­arden finanziert werden. Hat man ein Problem, so greift man auf die SCHIG-Milliarden zurück; denn SCHIG hat Geld!

Herr Bundesminister! Woher kommt denn das Geld? – Das ist nicht von irgendwo neu her­gekommen. Übersetzt heißt dies: Es handelt sich um maastrichtgerecht versteckte Schulden, für die der Bund haftet. Somit ist all das, was ÖVP und Klima zur Privatfinanzierung gesagt haben, Makulatur, meine Damen und Herren! SCHIG-Milliarden sind Steuermilliarden! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das sind maastrichtgerecht versteckte Schulden, für die der Bund haftet, meine Damen und Herren!

Der Semmering-Basistunnel wird laut Herrn Draxler von der ÖBB, der eine begeisterte Brand­rede gehalten hat – vielleicht erinnern Sie sich daran, Herr Präsident –, auf Kosten der Steuer­zahler zur Verfügung gestellt. Das ist nur deshalb möglich, meine Damen und Herren, Herr Kukacka, weil die ÖVP einmal mehr umgefallen ist. (Abg. Mag. Stadler: Wieder einmal!) Draußen erzählen Sie dieses, schreiben den Leuten jenes, der Herr Landeshauptmann von Niederösterreich erzählt Schauermärchen, und in Wahrheit, nämlich dann, wenn es darum geht, hier herinnen zu entscheiden, ist die ÖVP ganz anders. Sie ist pflegeleicht und immer wieder im gleichen Trott hinter der SPÖ. Ich weiß nicht, was Sie sich davon versprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die ÖVP unterstützt ein 15-Milliarden-Schilling-Projekt, das in Wirklichkeit nur eine großzügige Streckenbegradigung eines kleinen Abschnittes dieser langen Südbahn darstellt, meine Damen und Herren von der ÖVP! Die Experten haben uns gesagt, im Falle einer stärkeren Verkehrs­zunahme – Herr Präsident, ich ersuche Sie, das dann auch zu bestätigen – wird aber die ge­samte Strecke, nämlich die gesamte Südbahn, an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, und damit ist eine völlig neue Südstrecke notwendig. Daß dieser Fall eintritt, haben alle Experten bestätigt, wenn Sie sich erinnern. Spätestens dann werden auch die Befürworter, die wir in den Regie­rungs­parteien haben, das zugeben müssen, was sie ohnehin wissen: daß dieser Sem­mering-Basistunnel eine extrem teure, völlig unwirtschaftliche und völlig unnötige Übergangs­lösung dar­stellt und deshalb ein krasses Beispiel mehr für die sozialistische Geldverschwendung in diesem Lande ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben nichts gelernt: Sie haben aus Zwentendorf nichts gelernt (Abg. Edler: Verhinderung!), Sie haben aus dieser nun zehnjährigen Diskussion um den Tunnel nichts gelernt, und Sie wer­den in der Steiermark demnächst das nächste Desaster mit der 380-kV-Leitung erleben. Wir haben sie im Burgenland, doch in der Steiermark dürfen Sie nicht weiterbauen. Das heißt, eine weitere Zwentendorf-Ruine mit teuren Milliarden wurde da errichtet – genauso wie beim Sem­mering-Basistunnel. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Edler.) Du kannst vielleicht Lok fahren, aber von dem hast du wirklich keine Ahnung. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Aufgrund dieser Faktenlage, meine Damen und Herren, gibt es nur eine einzige richtige Vor­gangsweise, die da lautet: Die Bergstrecke muß saniert werden. Es sind Neigezüge ein­zu­setzen. Allein der Einsatz dieser Neigezüge garantiert eine Fahrzeitverkürzung von Wien nach Graz beziehungsweise nach Klagenfurt von einer Stunde oder mehr. Das ist weitaus mehr, als dieses teure Loch im Semmering je bringen wird.

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Dazu ist eine Ertüchtigung der Aspangbahn not­wendig und dann eine Entscheidung über die Variante der Süd-Ost-Spange, verbunden mit der grundsätzlichen Überlegung, daß der zukünftige Bahnausbau vor allem die Erreichbarkeit von benachteiligten Regionen verbessern muß. Die Erreichbarkeit von be­nachteiligten Regionen muß verbessert werden. Wollen Sie das, meine Damen und Herren, oder wollen Sie das nicht? – Wir von den Freiheitlichen wollen, daß die benachteiligten Regionen verbessert erreicht wer­den können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Wir stehen vor der Wahl: 15 Milliarden Schilling für ein Loch durch den Semmering oder 15 Milliarden Schilling für die Anbindung einer ganzen Region.

Ich hoffe, Sie entscheiden sich heute einmal richtig im Interesse der österreichischen Bevöl­kerung und stimmen unserem Antrag zu, der da lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Schweitzer, Mag. Firlinger und Kollegen betreffend Semmering-Basis­tunnel

Der Nationalrat wolle beschließen:

“Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird aufgefordert, unverzüglich dafür zu sorgen, daß sämtliche Arbeiten an dem Projekt Semmering-Basistunnel eingestellt werden.

Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird weiters aufgefordert, dafür zu sorgen, daß sämtliche in die Diskussion eingebrachten Varianten zur Verbesserung der eisen­bahn­technischen Erschließung Südösterreichs endlich gleichwertig evaluiert werden, und die Ergeb­nisse dem Nationalrat vorzulegen, damit eine definitive Entscheidung über die zu wählende Vorgangsweise auf fundierter Basis getroffen werden kann.”

*****

Meine Damen und Herren, vor allem der ÖVP! Machen Sie hier herinnen einmal das, was Sie draußen den Leuten glaubhaft machen wollen, was Sie hier tun! Aber Sie werden das wieder nicht tun. Sie werden von der Bevölkerung durchschaut. Die nächsten Wahlniederlagen für die ÖVP sind vorprogrammiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.47


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Schweitzer verlesen hat, ist genügend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. – Bitte. (Abg. Mag. Peter: Der Kukacka tritt zum Slalom an!)

10.47


Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka¦ (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Herr Rechnungshofpräsident! Hohes Haus! Wenn jemand, Herr Kollege Schweitzer, in dieser Frage von den Wählern durchschaut ist, dann ist es ganz sicher­lich die Freiheitliche Partei. Sie sind die letzte Partei in diesem Haus, die in dieser Frage Glaub­würdigkeit beanspruchen kann, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Der CV ist durchschaut!) Denn solange Herr Dr. Haider Landeshauptmann von Kärnten war, war er ein glühender Anhänger dieses Projekts. (Abg. Mag. Stadler: Mit “kartell­brü­derlichen Grüßen”!) Als er es nicht mehr war, wollte er davon nichts mehr wissen. Das ist keine glaubwürdige Politik, und das wissen auch die Wähler in diesem Land, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Er ist nicht beim CV!)

Solange Sie selbst einen solchen Zickzackkurs fahren und sich Ihre Positionen immer je nach politischer Opportunität ändern (Abg. Mag. Stadler: So lange darf es die ÖVP auch!), so lange haben Sie kein moralisches Recht (Abg. Mag. Stadler: So lange darf es die ÖVP auch!), irgendeiner anderen Partei in dieser Frage Vorwürfe zu machen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte aber einleitend auch auf einige Vorwürfe eingehen, die im Vorfeld des Rechnungshofausschusses gegen den Rechnungshofausschuß selbst geäußert worden sind. Ich möchte diese Vorwürfe, die von den Sozialdemokraten, insbesondere vom Kolle­gen Kräuter, gekommen sind, klar zurückweisen. Diese Angriffe, meine Damen und Her­ren, und diese Unterstellungen sind ungerechtfertigt. Dem Rechnungshof in dieser Frage In­kom­pe­tenz und ein Überschreiten seiner Kompetenz vorzuwerfen, ist absurd. Das zeigt nur ein ge­wisses bedenkliches Verfassungsverständnis gegenüber dem wichtigsten Kontrollorgan der Republik.

Es ist, meine Damen und Herren – das möchte ich einleitend festhalten –, eigentlich immer das­selbe Ritual: Wenn jemandem ein politischer Rechnungshofbericht nicht paßt, weil er ein Projekt und ein Vorhaben kritisiert, das man gerne realisiert haben möchte, dann wird der Rech­nungshofbericht madig gemacht, dann wird die ganze Institution Rechnungshof oder gar der Präsident der Kompetenzüberschreitung bezichtigt.

Meine Damen und Herren! Gibt es aber einen Rechnungshofbericht, der politisch genehm ist, weil daraus etwa Kritik am Wirtschaftsminister oder gar Kritik am Verteidigungsminister abzu­leiten ist, dann wird dieser Rechnungshofbericht ohne jeden Hauch von Kritik als objektiver und unbestechlicher Kronzeuge gegen den verantwortlichen Minister ins Treffen geführt und politisch als Dokument der alleinigen Wahrheit zelebriert.

Meine Damen und Herren! Das ist politische Doppelmoral – und dagegen wehren wir uns entschieden! (Beifall bei der ÖVP.)

Was für Rechnungshofberichte betreffend Wirtschaftsminister und Verteidigungsminister gilt, muß auch in diesem Fall gelten. Sonst, meine Damen und Herren, sind Sie unglaubwürdig in der Sache!

Ich möchte diesen Bericht nicht dramatisieren – dazu besteht kein Anlaß –, aber es besteht auch kein Anlaß, ihn zu relativieren. Der Bundesminister hat selbst im Ausschuß gesagt, er schließe sich der Kritik am Rechnungshof, die aus seiner Fraktion gekommen ist, nicht in allen Punkten an. Damit hat er, wie ich glaube, kluge Einsicht gezeigt. Der Rechnungshofbericht ist nun einmal über weite Strecken auch ein Mängelkatalog sozialdemokratischer Verkehrspolitik bei der Realisierung dieses Projektes. Insgesamt haben mehr als vier sozialdemokratische Verkehrsminister an diesem Semmering-Basistunnel mehr schlecht als recht herumgedoktert. Der Rechnungshof hat dazu eine lange Latte von verkehrspolitischen Versäumnissen und Fehlern festgestellt, die ausschließlich diese Minister und sonst niemand zu verantworten hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Auf folgendes möchte ich ganz besonders hinweisen: Auf Drängen der ÖVP ist bereits im Februar 1995 hier im Haus eine Entschließung des Nationalrates verabschiedet worden, daß der Verkehrsminister einen Entwurf für eine rechtliche Verankerung des Bundesverkehrs­wegeplanes und eine Prioritätenreihung der wesentlichen Verkehrsinfrastrukturvorhaben unter Berücksich­tigung des jeweils notwendigen Finanzbedarfes vorlegen muß. – Meine Damen und Herren! Dazu sind die Verkehrsminister bis heute nicht in der Lage gewesen, und das halten wir für ein schweres Versäumnis! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte auch darauf hinweisen, daß es Minister Klima, der Erfinder der Private-Public-Partnership, war, der erklärt hat, ein Bau des Semmering-Basistunnels komme nur dann in Frage, wenn er weitgehend privatwirtschaftlich finanziert wird. Er sagte des weiteren, eine Haftung des Bundes für den privatwirtschaftlichen Anteil bei einer öffentlichen Interessen­tenausschreibung könne er jedenfalls für eine Finanzierung ausschließen. Sein Nachfolger, Minister Scholten, hat noch im Jänner 1997 erklärt, die privatwirtschaftliche Finanzierung sei eine Vorgabe für dieses Projekt. Er denke deshalb nicht an eine budgetäre Finanzierung.

Sie, Herr Minister Einem, haben aber im April 1998 die Ausschreibung für die Privatkon­zes­sionärs­­suche zurückgezogen. Offensichtlich ist eine private Finanzierungs­beteiligung ge­schei­tert, weil sich dieses Projekt eben wirtschaftlich nicht rechnet. Das hat auch der Rech­nungs­hof klar festgestellt. Er hat eben bemängelt, daß keine umfassende Wirt­schaftlichkeits­prüfung vor­liegt.

Meine Damen und Herren! Damit sind aber ganz wesentliche Voraussetzungen für den Bau, wie sie Klima und Scholten selbst noch als Bedingung gefordert haben, weggefallen. Die seiner­zeitigen Grundsatzbeschlüsse der Bundesregierung zum Bau des Semmering-Basis­tunnels sind jedenfalls noch – das möchte ich festhalten – unter den damaligen, von Klima und Scholten fest­ge­stellten Voraussetzungen gefallen. Die geänderten Rahmenbedingungen und der deshalb not­wendige Kurswechsel zur Finanzierung des Semmering-Basistunnels durch die Schienen­infra­strukturfinanzierungsgesellschaft sind deshalb, Herr Minister, von Ihnen politisch zu verant­worten und auch von der Bundesregierung noch einmal abschließend zu behandeln.

Meine Damen und Herren! Der Nationalrat hat bereits Anfang 1995 – wieder auf unser Drängen gegenüber dem Koalitionspartner hin – beschlossen:

Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr wird ersucht, dem Nationalrat bis längstens Ende September 1995, jedenfalls aber vor einem allfälligen Baubeginn des Haupt­tunnels einen Bericht über die öffentliche Interessentensuche, den Stand der rechtlichen Ver­fahren sowie auch über den Stand der Gesamtfinanzierbarkeit zu übermitteln.

Auch das, meine Damen und Herren, ist bis heute nicht geschehen. Da liegt offensichtlich ein eindeutiges Versäumnis des Verkehrsministers vor, ja ich würde sagen, ein bewußtes Über­gehen des Nationalrates, das von uns jedenfalls nicht kommentarlos hingenommen wird.

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Sie haben im Rechnungshofausschuß erklärt, daß Sie den Empfehlungen des Rechnungshofes Folge leisten werden, und gleichzeitig gesagt, daß Sie all diese Empfehlungen bereits umgesetzt haben. Das bewerte ich grundsätzlich po­sitiv, weil damit auch zum Ausdruck kommt, daß die Kritik und die Empfehlungen des Rechnungshofes über die weitere Vorgangsweise von Ihnen offensichtlich als richtig und als nachvollziehbar angesehen werden.

Ich möchte aber auch darauf hinweisen, daß der Rechnungshofpräsident einen Teil dieser Empfehlungen noch lange nicht als umgesetzt ansieht. Ich möchte gar nicht auf die einzelnen Punkte eingehen. Er hat aber zum Beispiel gemeint, daß der Nachweis des gesamt­wirtschaft­lichen Interesses bei Eisenbahnhochleistungsstrecken nachvollziehbar zu belegen ist und beim Abschnitt Gloggnitz – Mürzzuschlag nachzuholen ist. Da gibt es also offensichtlich noch eine klare Differenz zwischen Ihrer Position und jener des Rechnungshofes.

Es ist auch die gebotene Festlegung des Kostenrahmens des Projekts durch Verordnung nach­zuholen. Auch das ist noch nicht geschehen. Schließlich ist noch ein Programm zur Sanierung der Bergstrecke auszuarbeiten, und für die damit verbundenen Investitionen ist eine Bau­beauftragung per Verordnung vorzunehmen. Auch das, meine Damen und Herren, ist bis heute nicht geschehen.

Wir erwarten, daß diese Maßnahmen rasch umgesetzt werden. Dies ist eine Voraussetzung dafür, daß der Kritik an der Vorgangsweise des Verkehrsministeriums, aber auch der HL-AG und der ÖBB wirkungsvoll begegnet werden kann und daß wieder eine sachliche Diskussion zu diesem Thema einkehrt. An einer solchen sachlichen Diskussion sind wir ebenfalls interessiert.

Wir erwarten weiters, daß die Empfehlungen der gemeinsamen Expertengruppe, die vom Verkehrsministerium und den Ländern Niederösterreich und Steiermark eingesetzt wurde, rasch und konsequent umgesetzt werden.

Meine Damen und Herren! Die darin vorgeschlagenen vertiefenden Untersuchungen über mög­liche Alternativen sollen rasch vorgelegt werden, damit endlich ein rechtlich und politisch korrekter Entscheidungsprozeß über den Ausbau der Südbahn unter entsprechender Prioritäten­setzung für die nächsten 20 Jahre diskutiert und abgeschlossen werden kann, und zwar innerhalb eines Jahres, damit dieses Dauerthema Semmering-Basistunnel endgültig einer politischen Entscheidung zugeführt werden kann.

Meine Damen und Herren! Zu diesen vertiefenden Untersuchungen der Expertengruppe, zum weiteren notwendigen Diskussionsprozeß über diese möglichen Alternativen hat der Rech­nungshofbericht wesentlich beigetragen. Die Finanzierungsfrage muß endgültig beantwortet werden, die Frage nach der Wirtschaftlichkeit muß endgültig geklärt werden, die Alternativen müssen abschließend untersucht werden, und die Naturschutzfrage muß endgültig entschieden und daraus die Konsequenz gezogen werden.

Herr Bundesminister! Sie sind gefordert, diese Antworten rasch und überzeugend zu liefern. (Beifall bei der ÖVP.)

11.00


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 15 Minuten. – Bitte.

11.00


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser¦ (Grüne): Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Rechnungshofpräsident! Keine Frage: endgültige Entscheidungen müssen fallen, aber, Herr Kollege Kukacka, Entscheidungen sind schon gefallen. Entscheidungen wurden großkoalitionär gefällt. Entscheidungen für den Sem­mering-Tunnel als verkehrspolitisches Projekt sind auch von Ihnen mitgetragen worden, und jetzt gehen Sie hier heraus und diskutieren so, als ob noch alles offen wäre. Mir wäre es recht, wenn vieles offen wäre. Mir wäre es recht, wenn die Entscheidung noch offen wäre, und darauf möchte ich heute abzielen. (Abg. Mag. Kukacka: Die Grünen haben auch immer einen Zick­zack­kurs gefahren in dieser Sache!)

Ganz konkret zum Rechnungshofbericht, der hier und jetzt Thema ist: Er attestiert diesem Pro­jekt und vor allem dieser Vorgangsweise – ich unterstreiche: dieser Vorgangsweise –, wie man das Projekt angeht, wie man das Projekt umsetzt und wie man das Projekt vorantreibt, eine Reihe von massiven Fehlern. Sie wissen es: falsche Daten, falsche Prognosewerte, ein Argu­men­tationsslalom, keine Finanzierungssicherheit. Der Rechnungshof spricht auch von einer Kosten­explosion und von zeitlichen Verzögerungen. All das sind gravierende Mängel der Vor­gangs­weise eines Bahnbauprojektes. Warum gerade ein Bahnbauprojekt? – Das ist für mich der interessante und entscheidende Faktor. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben Dutzende von Straßenprojekten. Dabei werden all diese Fehler nicht gemacht. Bei einem Bahnprojekt kulminieren diese Fehler auf einmal. Das ist für mich das Zeichen einer falsch verstanden, einer fehl vorangetriebenen großkoalitionären Verkehrspolitik, die über ein Bahn­projekt zu stolpern droht.

Konkret ist dieses Bahnprojekt mehr oder weniger das Objekt der Auseinandersetzung zwi­schen zwei Bundesländern. Es handelt sich praktisch um eine innerösterreichische Verkehrs­de­batte, die im Ausland geradezu lächerlich wirkt. Es handelt sich um eine Verkehrsdebatte, bei der es darum geht: Steirer gegen Niederösterreicher beziehungsweise Pröll gegen Klasnic – und umgekehrt. (Abg. Kiermaier: Das stimmt nicht! Das stimmt nicht!) Das ist ein Niveau, das verkehrspolitisch zu verabscheuen ist. Das ist ein Niveau, das uns nicht weiterbringt.

Ich möchte zurück zur Sachebene und besonders herausarbeiten, daß es für mich ein sehr bezeichnender Vorgang ist, daß man einerseits bei Bahnprojekten alles auf die Goldwaage legt, daß man sich Schlampereien leistet, daß man unkorrekte Vorgangsweisen wählt, daß man gar kei­ne ordentlichen Daten für die Planung hat, daß man die Planung und die Prognosen nicht ordent­lich vorantreibt, daß man aber andererseits bei zig Straßenprojekten nicht einmal die Brückenwaage verwendet. Das ist eine Disparität in der Verkehrspolitik, die sich immer wieder zeigt, die auch immer wieder in diesem Hause deutlich wird. (Abg. Mag. Kukacka: Das stimmt doch nicht!)

Der Rechnungshof hat jetzt diesen Scherbenhaufen Semmering-Projekt sorgfältig sortiert und deutlich herausgestrichen, daß die ÖBB mit falschen Zugzahlen argumentiert hat, daß es gar keinen ordentlichen Variantenvergleich gab, daß zwölf Jahre lang geplant wurde, daß man eine Kostenexplosion von 4,2 auf 7,9 und schließlich – wenn man also die Zinseszinsen mitein­rech­net – auf mindestens 10 Milliarden Schilling zu beobachten hatte, daß man also insgesamt nie eine vertiefte Variantenuntersuchung vorgenommen hat und daß die Entscheidungen praktisch auf einer Grundlage fielen, die Spott und Hohn ist.

Ganz konkret zeigt sich bei dieser Vorgangsweise, daß es in Österreich selbst keine Verkehrs­politik als solche gibt, sondern daß es nur eine reine Verkehrsbaupolitik gibt, die – je nachdem, wer die Hebel an der Macht hat – in Gang gesetzt wird.

Die Verkehrsbaupolitik mündet in Straßenbauten, mündet in Autobahnbauten, mündet in Groß­pro­jekten, die den Straßenverkehr fördern. Diese Baupolitik soll jetzt ein wenig umgemünzt, ein wenig gewendet werden – Stichwort “Masterplan”, Vorstellungen des Verkehrsministeriums. Aber das Problem liegt darin, daß wir zwar einen Generalverkehrsplan haben, aber bis jetzt groß­koalitionär keinen Bundeswegeverkehrsplan beschlossen haben, weil es nämlich keinen Konsens zwischen Ihnen gibt, die Sie schon Jahrzehnte an den Schalthebeln der Sozial­partner­schaft und damit auch an der verkehrspolitischen Schaltstelle sitzen, weil es keinen Konsens gibt, in welche Richtung Verkehrspolitik gemacht werden soll.

Daher gibt es keine Richtung, sondern nur punktuelle Bauprojekte, mit denen man sich ins-gesamt einen verkehrspolitischen Salat einhandelt, wobei die Leute im Stau stecken, die Güter auf der Straße sind und insgesamt die Umweltpolitik verkehrspolitisch “unter die Räder kommt”.

Das ist nämlich der Effekt: kein Bundesverkehrswegeplan, ein “Masterplan”, der bahnorientiert ist, der aber Dimensionen ansteuert, die sehr wohl dahin gehend zu untersuchen sind, ob die Kosten den Nutzen rechtfertigen; ein Masterplan, der nicht von beiden Koalitions- und Re­gie­rungspartnern getragen wird, sondern der als Entwurf, sozusagen als Vorstellung des Ministe­riums in die Diskussion Eingang findet; ein Masterplan, der 40 Millionen Schilling gekostet hat und ursprünglich – von Experten vor allem von seiten des Ministeriums entwickelt – sehr wohl ein System Südbahn darstellte. Aber dann “werkten” die Politiker, dann gab es Interessen, und die Oktober-Version sah plötzlich den Semmering-Tunnel allein und eine Anbindung von Eisen­stadt in Richtung Sopron vor. Da hat man den politischen Willen bereits in einer Fach­pla­nung artikuliert. Das ist also das Schicksal des “Masterplans”, der meiner Ansicht nach verkehrs­politisch ein Torso ist.

Zweites Element: Ich darf noch gewisse Kriterien anführen, wie das System Südbahn vorange­trieben werden sollte, wie man an verkehrspolitische Planungen herangehen sollte:

Erstens – das wurde heute schon genannt – die Erreichbarkeit, zweitens – das ist sehr wesent­lich – die Standortvorteile, drittens – das ist sicher ein Argument – die Fahrzeitverkürzung. Man sollte sich auch über die Unweltverträglichkeit, über Kapazitäten, über die Bau-, Erhaltungs- und Be­­­triebs­kosten Gedanken machen. Man sollte einen Realisierungshorizont abstecken, der realistisch ist. Man sollte auch verkehrswirtschaftlich denken beziehungsweise die Verkehrs­poli­tik, vor allem die Bahnpolitik auch in Modulen vorantreiben. Man sollte vor allem immer wieder Varianten im europäischen Kontext gegeneinander abwägen. Denken Sie an den Korridor V.

Schauen Sie sich die Oktober-Variante – die endgültige oder vorläufige, wie immer – des Master­­­plans an. Da gibt es, was die Koralm anlangt – wieder ein Tunnelprojekt –, eine wunder­bare Grafik über die Erreichbarkeitsverbesserung durch diesen Tunnel. Die Erreichbarkeit wird massiv verbessert – in der Südweststeiermark. (Beifall des Abg. Smolle.) Bezeichnenderweise gibt es keine Erreichbarkeitsdarstellung für den Semmering-Tunnel. Die Erreichbarkeit würde sich nämlich nicht verbessern. Es gibt sinnvollerweise – in Ihrer Logik gedacht – auch keine Graphik, die die Erreichbarkeitssituaton in der Südweststeiermark oder im Burgenland darstellt, denn würde man das darstellen, dann würde man sehen: Der Semmering hat null Effekt, und es gibt andere Projekte, die sehr wohl einen Effekt hätten.

Die Sache wird masterplanmäßig so gebogen, wie sie politisch ins Konzept paßt. Das ist für mich keine Verkehrspolitik, sondern Baupolitik, das ist für mich Politik, die man populistisch oder – je nachdem, aus welchem Bundesland man das sieht – weniger populistisch vorantreibt.

Der Sinn der heutigen Debatte, Herr Minister, liegt für mich darin, daß es eine Entwicklung sein soll. Wir sollen nicht dort stehenbleiben, wo wir schon acht Stunden lang im Rechnungs­hofausschuß stehengeblieben sind. Der Sinn der heutigen Debatte liegt für mich darin, daß Sie zwei Fragen beantworten.

Die erste Frage: Fällt die Entscheidung – nachdem Sie gesagt haben, die Entscheidung falle erst; für mich ist sie leider schon gefallen – erst, nachdem die Varianten verglichen worden sind, so wie Sie es im Rechnungshofausschuß sagten, das ist also innerhalb des Zeitraumes von einem Jahr?

Zweite Frage: Fällt die Entscheidung, nachdem ein öffentliches Hearing von Experten stattge­fun­den hat? – Ich sage deshalb öffentliches Hearing, weil einerseits der Rechnungshof­aus­schuß nicht öffentlich war und weil andererseits auch die Expertenkommission, die Sie ein­setzten, Herr Minister, nicht öffentlich tagt. Also fällt die Entscheidung nach einem öffentlichen Hearing der Expertenkommission, und sieht diese Entscheidung auch die einzelnen Kriterien vor, die ich aufgelistet und angeführt habe? – Die Antworten auf diese Fragen wären für mich Grundlage einer spannenden Diskussion, die uns vielleicht auch in dem Projekt Semmering, in dem Projekt System Südostbahn oder System Südbahn voranbringt.

Ich möchte nämlich vermeiden – das sei warnend in den Raum gestellt –, daß der Semmering mehr oder weniger zum Tauschobjekt in einem großkoalitionären Kuhhandel wird: vielleicht be­kommt Niederösterreich irgendeine Universitätsstadt, und dafür bekommt die Steiermark den Tunnel. Im Endeffekt könnten die Dinge abgetauscht werden, Dinge, die miteinander nicht vergleichbar sind, und dann bleibt, wie gesagt, die Verkehrspolitik auf der Strecke.

Im Ausschuß – damit möchte ich schließen – gab es eine rührende Bezeichnung durch Herrn Pro­fessor Riessberger aus der Steiermark, was Semmering-Tunnel bedeutet, welche mytho­lo­gische Bedeutung er hat. Er sagte: “Das ist der gottgewollte Weg in die Steiermark.” – Die Dis­kussion spielt sich auf diesem Niveau ab, selbst unter Experten. Für den Bau des Semmering-Basis­tunnels würde sprechen: Das ist der gottgewollte Weg in die Steiermark! (Abg. Wur­mitzer: Sie wollen das nicht?) – Das ist ein Niveau, das von mir aus in die Kirche gehört oder in den Beichtstuhl, aber nicht in einen Rechnungshofausschuß. (Beifall bei den Grünen.)

Es geht meiner Ansicht nach bei dieser Entscheidung nicht um den “gottgewollten Weg”, son­dern um ein Projekt, das Österreich langfristig auch im Süden und Südosten eine Entwicklungs­möglichkeit bietet. (Beifall bei den Grünen.)

11.12


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Otmar Brix. Sie haben eine Redezeit von 8 Minuten verlangt. – Bitte.

11.12


Abgeordneter Otmar Brix¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Am vergangenen Freitag ist nach der langen Debatte des Rechnungshofausschusses – Kollege Wabl hat uns nicht besucht (Abg. Wabl: Brix! Wofür seid ihr?), er hat sich entschuldigen lassen, daher hat sein interessanter Debatten­beitrag dort gefehlt – herausgekommen, daß – das sage gleich vorweg mit aller Deutlichkeit – an dem Semmering-Basistunnel kein Weg vorbeiführt. Er ist eine unbedingte Notwendigkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich auch erklären, warum.

Erstens: bessere und schnellere Erreichbarkeit der Obersteiermark und Kärntens, ein ver­stärkter Zusatz des Güterverkehrs, den wir gerade in der Steiermark brauchen. Wir können dort dann andere Waggons einsetzen, die jetzt auf dieser Ghega-Strecke trotz Ausbaus nicht ver­wen­det werden können. Das muß gesagt werden, wenn immer wieder von der jetzigen Ghega-Strecke gesprochen wird. Lieber Kollege Schweitzer! Sie kommen da heraus und erzählen, es soll halt die Semmering-Ghega-Strecke ausgebaut werden. Sie wissen ganz genau, daß auf­grund des Beschlusses, die Ghega-Bahn zum Weltkulturerbe zu erklären, diese Strecke nur so aus­gebaut werden kann, wie sie zurzeit besteht. Es können dort nur Renovierungen vorge­nom­men werden, aber es kann nicht so ausgebaut werden, daß anders und schneller gefahren wer­den kann. Aber das sagen Sie nicht, wenn Sie da heraußen stehen. Dann sprechen Sie nur da­von, daß ausgebaut werden soll. (Abg. Kiermaier: Das verschweigt er! – Abg. Leikam: Schweitzer hat keine Ahnung!)

Daher: Um neue, moderne Güterwaggons einsetzen und um die Wirtschaft forcieren zu können, brauchen wir den Tunnel. Wir brauchen den Tunnel zur Stärkung des österreichischen Wirt­schafts­r­aumes und damit auch der Ostregion. Liebe Damen und Herren! Hohes Haus! Wollen Sie als österreichische Abgeordnete forcieren, daß die Bahn an Österreich vorbei­fährt, oder wollen Sie, daß die Bahn in Österreich fährt? (Beifall bei der SPÖ.) – Wir Sozial­de­mo­kraten wollen den österreichischen Weg beschreiten, wir wollen keine ungarische Bahn. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer.) Laß mich reden! Soviel Redezeit habe ich nicht.

Meine Damen und Herren! Es wurde schon erklärt, was man alles (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer) – Moment, Moment! – im Vorfeld des Rechnungshofausschusses gesagt hat, und Kollege Kukacka hat den Präsidenten des Rechnungshofes verteidigt. Sie brauchen ihn nicht zu verteidigen, ich stehe dazu. Der Rechnungshofspräsident ist da der Souverän für die Kontrolle, und er hat auch seinen Bericht vorgelegt. (Abg. Dr. Pumberger: Das hat aber im Aus­schuß anders geklungen!)

Daher darf ich aus dem Protokoll des Rechnungshofausschusses zitieren, und zwar den Herrn Präsidenten des Rechnungshofes Dr. Fiedler, der sagte:

“Der Rechnungshof habe den Semmering-Basistunnel keineswegs ausgeschlossen, sondern die berechtigte Frage gestellt, ob nicht auch andere Möglichkeiten und Varianten untersucht wer­den sollten. Insoweit befinde sich der Rechnungshof im Einklang mit der vom Ministerium eingesetzten Expertengruppe.” (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer.)

Ich zitiere weiters den Präsidenten des Rechnungshofes aus dem Protokoll des Ausschusses:

“Der Rechnungshof habe sich, wie aus dem Bericht eindeutig hervorgehe, auf keine Variante fest­gelegt, er vertrete auch nicht die Auffassung, daß das Projekt Semmering-Basistunnel ‚ge­stor­ben‘ sei” – was immer wieder erklärt wurde, daß das der Präsident gesagt habe; er sagte, daß es nicht gestorben sei –, “sondern lege lediglich eine entsprechende Untersuchung nahe, da noch nicht alle Entscheidungsgrundlagen vorhanden seien.”

Das hat der Herr Präsident im Ausschuß gesagt – aber nicht das, was jetzt wieder behauptet wur­de: Es sei das ein fürchterlicher Bericht, und damit sei auch dieser Basistunnel gestorben. (Abg. Mag. Schweitzer: Otmar, das haben ja wir auch alle bekommen!) – Aber dann sag es doch da heraußen, wenn du es auch bekommen hast! Sag es! Sag nicht wieder etwas anderes!

Ich gehe gleich auf Ihre Fragen ein, Kollegin Moser! Selbstverständlich werden wir gemeinsam mit dem Verkehrsminister dafür eintreten, daß, wenn der Verfassungsgerichtshof positiv ent­schei­det (Abg. Mag. Barmüller: Für wen positiv?) – positiv, daß dieser Tunnel gebaut wer­den kann, Kollege Barmüller –, so rasch wie möglich mit dem Bau des Semmering-Basis­tun­nels begonnen wird. Selbstverständlich treten wir dafür ein, weil, wie ich schon gesagt habe, kein Weg an dieser wirklich guten Lösung vorbeiführt.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch etwas Weiteres aufklären: Wissen Sie eigent­lich oder muß ich Ihnen das erst sagen – ich sage es aber sehr gerne –, daß mit dem Semme­ring-Basistunnel die Fahrzeit für die Grazer eine gravierende Verkürzung erfährt, aber nicht nur wegen des Semmering-Basistunnels (Abg. Mag. Schweitzer: Um wieviel? Um wieviel?), son­dern weil es ein Paket von Maßnahmen gibt. Um fast eine Stunde verkürzt sich die Fahrzeit im Zusam­menhang mit dem Tunnel plus den Pendolino-Zügen, also plus diesem neuen Waggon­ma­terial. Jetzt frage ich alle Kärntner, alle Steirer, die heimfahren wollen, ob diese nicht auch früher daheim sein wollen, ob sie nicht auch früher an ihrem Arbeitsplatz sein wollen. Ohne Tun­nel geht es nicht, weil der Pendolino über die alte Semmering-Strecke nicht diese Fahrzeit­ver­kürzung zusammenbringt, weil er nicht fahren kann. Das ist technisch nicht machbar, und das ist auch im Ausschuß berichtet und erklärt worden. Daher sollte man nicht hier heraus­gehen und sagen, das gehe ganz einfach, indem man Pendolinos einsetzt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Haupt.)

Meine Damen und Herren! Wir haben im Ausschuß aber auch gesagt – auch das wird andis­ku­tiert –, daß wir doch nach anderen Varianten suchen sollen. Suchen wir andere Varianten, die möglich sind! Eine davon wurde angesprochen, nämlich die Aspangbahn. Diesbezüglich haben der Minister und auch die Vertreter der Österreichischen Bundesbahnen, der Herr General­direktor und alle anderen im Ausschuß erklärt, was es mit der Aspangbahn auf sich hat: eine Pimperl-Bahn, die eingleisig durch die Bucklige Welt zuckelt, die genauso über einen Berg fah­ren muß, der nur um 2 Promille weniger Steigung hat als der Semmering, bei der man genauso graben muß und wo man erst eine Strecke zwischen Hartberg und Graz, sofern ich das richtig im Kopf habe, neu bauen müßte.

Ich darf dazu einen ganz unabhängigen Journalisten zitieren. In der heutigen “Presse” gibt es einen Artikel von Martin Fritzl betreffend Semmering-Basistunnel, in dem es heißt – ich zitiere –:

“Abseits politischer Sandkastenspiele sprechen auch neuere Fakten deutlich für die Verwirkli­chung des Projektes. So die Kosten für den Ausbau der Aspangbahn, die oft als Alternative für den Semmering-Tunnel genannt wird. Fünf Milliarden machen allein die Elektrifizierung und der Ausbau der Bergstrecke aus. Sollte die Strecke ein Ersatz für den Semmering-Tunnel sein, müßten weitere fünfzehn Milliarden für die Strecke von Hartberg bis Graz aufgewendet werden.”

 

Meine Damen und Herren! Es kann doch nicht einfach etwas als Alternative hingestellt wer­den, was noch teurer ist. Aber laut dem, was der Verkehrsminister gesagt hat, soll die Aspang­bahn als “Überlaufgefäß” dienen, sodaß man, wenn die Südbahn schon zu stark be­lastet ist, auch noch über die Aspangbahn ausweichen kann.

Noch etwas liegt mir sehr am Herzen, weil ich ein Kind habe, das in die Schule, ins Gymnasium geht. Man soll den Kindern nicht die Freude am Physikunterricht nehmen, indem immer wieder falsche physikalische Meldungen durch die Presse gehen und auch von anderen verbreitet wer­den, und zwar unter dem Motto: “Der Semmering blutet aus” – oder: “Es gehen dem Sem­mering täglich Milliarden Liter an Wasser verloren”.

Es muß doch allen bekannt sein, daß das Regenwasser, das in den Berg hineinrinnt, wieder aus dem Berg herausrinnt – egal, ob wir dort ein Loch graben oder nicht. Dort müssen wir es halt auspumpen, aber in Wirklichkeit verläßt es diesen Berg wieder. Daher ist es ein “aufge­leg­ter” Unsinn, davon zu sprechen. Bitte bewahrt den Kindern den Glauben an die Physik: Wasser, das hineinrinnt, muß auch wieder herausrinnen, es kann nirgends stehenbleiben, aber das heißt nicht, daß es “ausblutet”. (Beifall bei der SPÖ.)

 Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Eine zweite Frage stellt sich für mich schon sehr deut­lich, vor allem auch im Zusammenhang mit dem Thema, das uns zurzeit beschäftigt – das sind die Arbeitsplätze. Wir sprechen von Arbeitsplätzen und von der Wirtschaft. Wir wissen genau, daß der Bau des Semmering-Basistunnels nicht unbedingt sehr viele Arbeitsplätze schafft, aber wir kurbeln dadurch auch die Wirtschaft in der Obersteiermark an.

Was mich besonders verwundert und was ich schon gerne heute noch einmal hier in diesem Hause sagen möchte, ist folgendes: Auch mir liegt ein Papier vor, das sehr interessant ist. Die So­zial­demokraten haben sich bei ihrer Tagung in Salzburg klar und deutlich zum Ausbau des Sem­mering-Basistunnels bekannt und sind entschlossen, diesen zu verwirklichen. (Abg. Kier­maier: Die ganze Partei!)

Im Jahre 1991, meine Damen und Herren – ich werde nun aus dem oben erwähnten Papier zitie­ren –, gab es einen Vertrag, ein Übereinkommen, das auf der einen Seite – rechts – die Unterschrift des damaligen Verkehrsministers, Streicher, und auf der anderen Seite – links – die Unterschrift des damaligen Landeshauptmann-Stellvertreters von Niederösterreich, Erwin Pröll, trägt.

In diesem Vertrag – ich zitiere daraus – heißt es: “Übereinkommen zwischen dem Bund, vertre­ten durch den Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, und dem Land Nieder­öster­­reich, vertreten durch den Landeshauptmann-Stellvertreter von Niederösterreich, über den Semmering-Eisenbahnverkehr.

In Erwägung, daß einerseits verkehrspolitische Zielsetzungen zur Realisierung des Eisenbahn-Hoch­leistungsverkehrs die Errichtung des Semmeringbasistunnels zur Ermöglichung eines effizienten Verkehrs in diesem Bereich erfordern und andererseits der Weiterbestand der Sem­mering-Scheitelstrecke für bestimmte Verkehrszwecke, insbesondere für den Regional­verkehr und zur Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der Fremdenverkehrsinfrastruktur in der Region Semmering, notwendig ist, kommen Bund und Land wie folgt überein: ...”

Damals unterschrieb Pröll, daß er für diesen Tunnel sei – nur, heute weiß er von diesem Ver­trag nichts mehr. Jetzt frage ich die ÖVP: Stehen Sie zu diesem Vertrag, den Pröll damals unter­schrieben hat? – Dann stehen Sie auch für Arbeit und Wirtschaft. Oder stehen Sie nicht zu diesem von Pröll unterschriebenen Vertrag? – Dann stehen Sie nicht für Arbeit und Wirtschaft! Dann hören Sie aber auch auf damit, zu behaupten, daß Sie mithelfen wollen, Arbeit in Öster­reich zu schaffen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend noch etwas sagen: Der Semmering-Basistunnel ist notwendiger denn je. Der Güterverkehr, Kollege Kukacka, auf der Straße nimmt immer mehr zu. Helfen Sie mit, daß Ihr Wirtschaftsminister dafür sorgt, daß in Österreich Road-pricing für die LKW, ein Pickerl für die LKW schneller eingeführt wird! (Abg. Dr. Lukesch: Nicht ablenken!) Helfen Sie mit, so wie der Herr Verkehrsminister, daß die Menschen nicht durch den Straßenverkehr belästigt werden, sondern daß der LKW-Verkehr auf die Schiene verlagert wird! Helfen Sie mit, daß die Obersteiermark und Kärnten jene wirtschaftliche Anbindung in Öster­reich bekommen, die auch die anderen Bundesländer haben! (Beifall bei der SPÖ.)

11.23


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. 4 Mi­nu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

11.23


Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Prä­si­dent des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Der Rechnungshofausschuß hat in einer mehr als achtstündigen Beratung doch eine Reihe von recht interessanten Gesichts­punkten zutage gebracht.

Eine dieser Schlußfolgerungen, die man daraus ziehen kann – Herr Bundesminister, ich möchte Ihnen das in aller Deutlichkeit sagen –, ist, daß es sehr wohl eine Reihe noch nicht durchge­rech­neter Alternativen zum Projekt Semmering-Basistunnel gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Man muß das einmal zur Kenntnis nehmen! Wir haben uns sozusagen fast ein Wortprotokoll dessen angelegt, was hier von Expertenseite alles an Vorschlägen kam. Man hatte das Gefühl, daß eben einige Varianten, die lose angestellt wurden, einfach nicht ge­wünscht sind – nicht gewünscht hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Durchrechnung. Herr Bundes­minister, genau darum geht es!

Wir von der FPÖ wollen nicht irgend etwas “abdrehen”, sondern wir wollen – das sage ich an die Adresse des Kollegen Kukacka und auch an jene des Kollegen “Physikprofessor” Brix –, daß der Süden Österreichs die beste, wirtschaftlichste und umweltverträglichste Anbindung an den Norden Österreichs erhält. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher kann ich es, Herr Kollege Lukesch, nicht akzeptieren (Zwischenruf des Abg. Mag. Ku­kacka), daß Herr Bundesminister Einem immer wieder sagt: Semmering-Basistunnel – das ist es! Da fährt die Eisenbahn drüber – im wahrsten Sinne des Wortes –, und es gibt keine Alter­nativen. – Das stimmt einfach nicht. Hören wir auf, diesen Gerüchten nachzugehen! Es ist ein Gerücht, daß es keine Alternativen gibt.

Meine Damen und Herren! Halten Sie sich – das sage ich an die Adresse der SPÖ – doch an die Aussagen Ihres Herrn Bundesministers Schlögl, der ja jetzt auch Landesparteivorsitzender in Niederösterreich ist. Dieser geht wesentlich moderater und wesentlich vernünftiger an die Sache heran. Er sagt nämlich – wie auch gerade in einer Presseaussendung nachzulesen ist –: Der Semmering-Tunnel ist eine Variante, und man muß alle prüfen. – Herr Kollege Brix und Herr Bundesminister Einem ignorieren das aber und sagen: Es gibt nur diese Variante. – Das ist schlicht und einfach falsch, meine Damen und Herren!

Wir müssen alle Varianten sinnhaft prüfen – alle Varianten einschließlich der Anbindung der Süd­bahnstrecke an die ungarische Flachbahn. Es stimmt nicht, Herr Bundesminister, daß die Ungarn überhaupt kein Interesse daran hätten. Sie wollen nur im Moment nicht zahlen. Sie wollen deshalb nicht zahlen, weil die Frage des EU-Beitrittes im Raum steht, dies noch nicht ge­klärt ist und es noch kein Acquis-Screening gegeben hat. Ich kann mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, daß die Ungarn, die zumindest an einer Liberalisierung des Warenverkehrs ernsthaft interessiert sind, daran kein Interesse hätten. Das ist falsch.

Daher kann man auch die eine oder andere Komponente, die Sinn macht, durchaus in die pla­nerischen Überlegungen einfließen lassen. Man sollte nämlich überlegen: Wie steht es mit einem großzügigen Ausbau der Aspangbahn? Wie weit sind die planerischen Überlegungen ge­diehen, diesen Korridor V wirtschaftlich, kostengünstig – kostengünstig im Sinne des Steuer­zahlers – auszubauen, und wie weit sind die Überlegungen gediehen, diese Strecke auch von Norden nach Süden – nämlich von Oberösterreich über den Pyhrn – auszubauen?

Das, meine Damen und Herren, ergäbe ein sinnvolles Konzept, und wir bräuchten nicht dau­ernd um irgendwelche Details zu streiten; denn auch mir ist klar: Wir brauchen hier eine große, verkehrspolitisch sinnvolle Lösung.

Wir wollen nämlich nicht, daß uns von der FPÖ die Wähler, die Bürger Österreichs in zehn Jah­ren vielleicht einmal den Vorwurf machen: Ihr habt einer unsinnigen Lösung zugestimmt. Wir wol­len, daß mit dem Geld des Steuerzahlers sorgfältig umgegangen wird und daß dem Steuer­zahler nicht unnötige Belastungen auferlegt werden. Daher müssen wir auch die Verkehrspolitik auf die entsprechenden Effizienzgrößen ausrichten und hier wirklich für eine Optimierung sor­gen. Das ist unser Standpunkt.

Ich kann Ihnen nur eines sagen: Machen Sie eine vernünftige Verkehrspolitik und verabschie­den Sie sich, meine Damen und Herren von Rot und Schwarz, von 30 Jahren fehlgeleiteter roter Verkehrspolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.29


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Es hat sich nunmehr Herr Bundesminister Dr. Einem zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

11.29


Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem¦: Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Präsident des Rechnungshofes! Ich denke, es ist jetzt schon an der Zeit, auf einige Aus­sagen, die getätigt worden sind, Antworten zu geben. Ich werde mir die Freiheit nehmen, viel­leicht zu einem späteren Zeitpunkt – falls neue Aspekte auftreten – auch dazu noch das eine oder andere Wort zu verlieren.

Lassen Sie mich zunächst vorweg eine grundsätzliche Anmerkung machen! Sie bestehen – teilweise zu Recht – natürlich darauf, daß es darum geht, eine Gesamtverkehrskonzeption zu ent­wickeln und nicht ausschließlich Detailaspekte der Verkehrsbauten oder der Verkehrs­pla­nung in Diskussion zu ziehen. Erstaunlicherweise tun Sie aber genau das!

Natürlich verfolgen wir eine gesamtverkehrsbezogene Konzeption. Der heute schon zitierte Masterplan weist auch aus, in welchen Bereichen des hochrangigen Schienennetzes und in wel­chen Bereichen des hochrangigen Straßennetzes Bauten und Konzepte im Sinne der bes­se­ren Erreichbarkeit, im Sinne der Absicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich und im Sinne der Anrainer- und der Umweltinteressen weiterzuentwickeln, weiterzuverfolgen sind. (Zwi­schen­ruf des Abg. Smolle.)

Hohes Haus! Es ist nicht nur notwendig, unsere wichtigste Ost-West-Transversale, die West­bahn, entsprechend auszubauen – wie Sie wissen, sind wir dabei, die Westbahn viergleisig aus­zu­bauen –, sondern es geht natürlich auch darum, das System Südbahn entsprechend auszu­bau­en, weil mit Recht darüber Klage geführt wird, daß die Anbindung der Bundesländer Steier­mark und Kärnten an die Bundeshauptstadt jedenfalls nicht dem Zustand entspricht, wie er im 20. Jahrhundert gegeben sein sollte. Daher werden wir hier Maßnahmen ergreifen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das zweite – viele der Redner und Rednerinnen haben dies angesprochen – ist die Frage der Wirtschaftlichkeit. Folgendes, meine Damen und Herren, sollte uns doch allen einigermaßen klar sein – das ist auch der Grundgedanke, den die Expertenkommission zur Weiterentwicklung des Systems Südbahn ausgesprochen hat –, daß nämlich die Weiterentwicklung eines be­stehen­den Systems nach Art eines Baukastensystems allemal wirtschaftlicher und zweckmäßi­ger ist als die Errichtung einer komplett neuen Strecke, die erstens erst in Jahrzehnten zur Ver­fü­gung stehen und zweitens schon davor Milliardenbeträge, die in gar keiner Relation zur Semmering-Strecke stehen, verzehren würde. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Schweitzer! Natürlich – ich habe Ihnen das bereits im Rechnungshof­aus­schuß gesagt – wäre der Bau der Süd-Ost-Spange, wie immer sie im Detail verlaufen mag, für die davon erfaßten Regionen, was die Erreichbarkeitsverbesserungen betrifft, die bessere Lö­sung. Es gibt überhaupt keinen Grund, das zu bestreiten. Auch alle Daten des Masterplans, in dem genau diese Fragen mituntersucht wurden, zeigen das.

Der Punkt, um den es geht, ist erstens, daß bis jetzt niemand gesagt hat, daß diese Variante, auch wenn sie sofort mit Planung und Bau in Angriff genommen würde, vor dem Jahre 2020 zur Ver­fügung stünde. Ich denke, wir sind es den Menschen in der Steiermark und in Kärnten schuldig, daß wir ein wenig schneller zu Lösungen kommen.

Das zweite ist, daß ich durchaus auch hier die Sorge aussprechen möchte, daß all jene, die sich heute sozusagen am liebsten auf die Schienen legen würden, damit der Semmering-Basis­tunnel nicht gebaut wird, sich natürlich morgen auf die Süd-Ost-Spange legen würden. Es ist doch eine Illusion, zu glauben, daß das plötzlich jenes Projekt ist, für das dann alle eintreten.

Hohes Haus! Ich meine, wir sollten auch in der Verkehrspolitik eine einigermaßen seriöse und ernstzunehmende Diskussion miteinander führen. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich auch auf einige Detailfragen, die aufgeworfen worden sind, einige Ant­wor­ten ge­ben! Es ist von mehreren Rednern, darunter auch von Herrn Abgeordneten Kukacka, etwa die Beant­wortung der Frage der Untersuchung der Wirtschaftlichkeit und des Beweises der Wirt­schaft­­lichkeit genau dieses Streckenabschnittes, den wir Semmering-Basistunnel nen­nen, ein­ge­for­dert worden.

Hohes Haus! Es gibt einen Grund dafür – wenn wir ein bißchen darüber nachdenken, wissen wir das auch alle –, warum die öffentliche Hand für Teile der Infrastruktur in diesem Lande ge­rade­steht und sie finanziert. Dieser Grund ist relativ einfach anzugeben. Weder Straßenprojekte noch Eisenbahnprojekte noch Kanalisationsprojekte noch Wasserleitungsprojekte werden von Privaten in Angriff genommen; sie sind nämlich einerseits notwendig und haben andererseits in der Regel nicht jene Wirtschaftlichkeit, damit sie profitabel wären. (Abg. Dr. Lukesch: Der Bun­des­kanzler hat uns etwas anderes gesagt!)

Das heißt aber noch lange nicht, daß wir sie nicht brauchen. Natürlich brauchen wir eine Was­ser­versorgung, natürlich brauchen wir Straßenanbindungen, natürlich brauchen wir eine ent­sprechende Eisenbahninfrastruktur, aber diese sind nicht an sich profitable Unternehmen, sonst hätten wir uns längst daran gewöhnt, daß diese Projekte ohne weiteres von Privatunter­nehmen ausgeführt, finanziert und mit Profit betrieben werden. So ist es weder bei uns in Österreich noch sonst irgendwo auf der Welt. Das sollten wir doch auch allen Ernstes zur Kenntnis neh­men. (Beifall bei der SPÖ.)

Das, worum es in Wirklichkeit geht und worauf auch der Rechnungshofbericht hinweist, ist, daß in der Tat, wenn es verschiedene Alternativen oder Varianten gibt, die sinnvollerweise in Be­trach­t zu ziehen sind, diese auch entsprechend geprüft werden sollen. Daher: Ja zu diesem Teil des Rechnungshofberichtes! Ich habe zu jeder Zeit erklärt – auch schon bevor der Rech­nungs­hofbericht vorgelegen ist, als etwa die Expertenkommission gleichartige Empfehlungen gege­ben hat –, daß wir sie befolgen werden.

All denjenigen, die mich jetzt noch einmal gefragt haben, wann die Entscheidung für oder gegen den Tunnel fallen wird: Ich habe auch dazu im Rechnungshofausschuß eine klare Antwort gegeben. Ich glaube nicht, daß es notwendig ist, alle Dinge zweimal zu sagen, wenn Sie sie ohnehin gehört wurden. Ich bin aber gerne dazu bereit, diese zu nennen. Wir werden die Varianten-Untersuchungen durchführen, und zwar mit aller Ernsthaftigkeit und aller Energie. Ich rech­ne damit, so wie es Professor Scholl im Ausschuß gesagt hat, daß die wesentlichen Ergeb­nisse binnen Jahresfrist vorliegen werden.

Wir werden dann zu prüfen haben, ob das eine ausreichende Grundlage für eine Entscheidung ist, und dann werden wir entscheiden. Das ist die Antwort, die darauf zu geben ist. Und genau diese Antwort habe ich auch im Rechnungshofausschuß gegeben. Sie können sie im Protokoll der Sitzung des Rechnungshofausschusses nachlesen.

Nun zu ein paar anderen Details. Herr Abgeordneter Schweitzer, Sie haben vieles gesagt, das auch ein bißchen mit dem verbunden war, was tatsächlich im Rechnungshofausschuß gesagt worden ist, aber: Ein bißchen daneben ist eben auch daneben. Sie haben gesagt, ich hätte gesagt, internationale Verpflichtungen gebe es gar nicht. – Das ist falsch. Ich habe gesagt – und das sagt auch der Rechnungshof –, es gebe keine internationalen Verpflichtungen, die uns zu einem bestimmten und konkreten Projekt verpflichten. Das ist richtig. (Abg. Mag. Schweit­zer: Internationale Verpflichtungen betreffend Semmering gibt es keine!) – Das haben aber auch Sie nicht gesagt. Sie haben gesagt, es gebe überhaupt keine Verpflichtung, irgend etwas zu tun. – Und das ist falsch.

Richtig ist vielmehr, daß Österreich verpflichtet ist, auf dieser Achse eine leistungsfähige, be­stimmten Parametern, die international definiert sind, entsprechende Eisenbahnstrecke zu bau­en. (Abg. Mag. Schweitzer: Muß nicht der Tunnel sein!) – Natürlich muß es nicht der Semme­ring-Tunnel sein. (Abg. Mag. Schweitzer: Na also!) Das habe ich nie behauptet. Aber Sie ha­ben gesagt, es gebe keine Verpflichtungen. – Das ist falsch! (Abg. Mag. Schweitzer: Für den Tun­nel!) Sie haben nicht gesagt: für den Tunnel. Ich denke, Sie sollten sich auch da bemühen, bei der Wahrheit zu bleiben. Das wäre dem Hohen Haus gemäß. (Abg. Madl: Bei der Wahrheit bleiben!)

Herr Abgeordneter Schweitzer! Zur Frage der Kapazität der Bergstrecke: Ich meine, auch da ist es nicht mehr ratsam, insbesondere im Lichte des Rechnungshofberichtes, mit großen Zahlen zu operieren. Der Rechnungshofbericht weist nach – das wurde ein Jahr lang systematisch er­ho­ben –, daß die rechnerische oder theoretische Kapazität des Semmerings nur an 23 Tagen im Kalenderjahr zur Verfügung gestanden ist. Sie brauchen nicht damit zu rechnen, daß sich diese Zahl dramatisch verbessern wird, denn selbst wenn die Sanierungsarbeiten, zu denen wir uns auch bekennen und deren Voruntersuchungen bereits im Gange sind, durchgeführt wer­den, wird sich die Situation gar nicht verbessern, weil die Sanierung bei laufendem Betrieb zwin­gend dazu führt, daß wir immer einen Teil der Gleisabschnitte sperren müssen und damit nur die Hälfte der Kapazität zur Verfügung steht.

Ich bitte Sie wirklich, dafür zu sorgen, daß in dieser Frage der Bevölkerung nicht Sand in die Augen gestreut wird. Die Daten sind deutlich genug. Der Rechnungshof ist ein unverdächtiger Zeuge für derartige Aussagen.

Eine allerletzte Anmerkung zu der Frage der Finanzierung: Es wird immer wieder gesagt be­ziehungsweise so getan, als ob die Finanzierung des Semmering-Tunnels oder anderer Eisen­bahn­bauwerke besondere Erfordernisse zu erfüllen hätte. Der Semmering ist ein Teilelement aus der Ertüchti­gung der Südbahnstrecke – und sonst nichts. Das gesamte Eisenbahnnetz in Öster­reich, alles, was an Ausbau- und Neubaumaßnahmen durchgeführt wird, wird aus Mitteln der Schieneninfra­struktur­finanzierungs-Gesellschaft finanziert.

Die Finanzierung dieser Eisenbahninfrastrukturprojekte erfolgt in der Weise, daß die SCHIG Kre­­dite aufnimmt und daß diese Kredite und deren Zinsen über Schienenbenützungsentgelte zurückgezahlt werden – und zwar zur Gänze. (Abg. Mag. Schweitzer: Wer haftet dafür, Herr Minister?) – Die Frage der Haftung stellt sich nicht, Herr Abgeordneter, weil die Kredite durch Einnahmen aus den ÖBB bedient werden. Der Absatzbereich der ÖBB – nicht der staatliche Teil, der subventioniert wird, sondern der Absatzbereich der ÖBB –, der in der neuen Betriebs­form Jahr für Jahr nicht nur Gewinne ausweist, sondern auch macht, zahlt im Jahre 1999 knapp 3,7 Milliarden Schilling für die Benützung der Schienen in Österreich. (Abg. Mag. Schweitzer: Das heißt, sie kriegen das Geld ohne Haftung!) Wir haben im Bereich der Schiene längst etwas eingeführt, was im Bereich der Straße leider immer noch aussteht, nämlich das Rail-pricing. Die dabei erzielten Einnahmen decken sowohl die Finanzierungskosten als auch die Rückzahlung der aufgenommenen Mittel. (Abg. Mag. Schweitzer – in Richtung des Abg. Dr. Lukesch –: Was sagt ihr dazu, daß sich die Frage der Haftung nicht stellt?)

Herr Abgeordneter Schweitzer! Wenn Sie jetzt versuchen wollen, den Eindruck zu erwecken, der Steuerzahler käme da in irgendeiner Weise zum Handkuß, dann ist das einfach eine Fehlin­for­mation. Richtig ist, daß kein einziger Steuerschilling in diese Finanzierung hineinfließt, und das sollte man auch zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.39


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bit­te. (Abg. Mag. Schweitzer: Kollege Lukesch wird für mich in die Bresche springen! Ich er­suche dich höflich! – Abg. Mag. Posch: Ein pannonischer Lobbyist! – Zwischenruf des Abg. Marizzi.)

11.40


Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesmini­ster! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Es hat offenbar den Ablauf ein wenig durcheinandergebracht, daß die Liberalen im Rechnungshofausschuß die ein­zi­ge Oppositionsfraktion waren und nach wie vor sind, die den Bericht des Rechnungs­ho­fes – wie die Regierungsfraktionen auch – positiv zu Kenntnis genommen haben. Das hat deshalb offen­bar ein wenig Verwirrung ausgelöst, weil die Regierungsfraktionen in der Emotionalität der Diskussion und in der Eile bei der Abstimmung völlig übersehen haben, daß dieser Bericht natürlich eine sehr massive Kritik nicht nur am jetzigen Bundesminister, sondern auch an allen anderen Bundesministern, die bereits vor ihm mit dem Semmering-Basistunnel befaßt waren, enthält. Insofern, Herr Bundesminister, haben Sie es natürlich nicht leicht, da Sie von der Opposition kritisiert, aber von Herrn Abgeordneten Brix verteidigt werden. Das ist nicht gerade eine angenehme Situation.

Ich möchte weiters noch darauf hinweisen, daß auch Ihre heutige Wortmeldung, Herr Bundes­mini­ster, nicht dazu geeignet ist, jene Probleme, die vom Rechnungshof aufgezeigt worden sind, auch nur in irgendeiner Art und Weise zu entkräften. Denn der erste Punkt, auf den Sie sich bezogen haben, war die Gesamtkonzeption. Sie haben gesagt, wir bräuchten eine Ge­samt­konzeption, von der der Semmering-Basistunnel nur ein Teil sei. Und der “Masterplan” wäre diese Gesamtkonzeption. – In Wirklichkeit war der “Masterplan” aber nur die Ausflucht aus einer Deadlock-Situation, die seit der Amtszeit des sozialdemokratischen Bundesministers Lausecker besteht. Von Lausecker begonnen setzte sich das über Lacina, Streicher und Klima hin zu Scholten und Einem fort. All diese Minister haben – das ist auch im “Semmering-Basis­tunnel. Das Schwarz-auf-Weißbuch” nachzulesen – bereits einen Bundesverkehrs­wege­plan verspro­chen, aber dieses Versprechen nicht gehalten.

In diesem Zusammenhang sei auch folgendes festgehalten: Die Liberalen verlangen seit zwei Jahren die Einrichtung eines Infrastrukturministeriums, in dem die Kompetenzen für die Planung von Straßen, Schienen, Verkehrswegen auf dem Wasser, Pipelines, Datennetzen und der Strom­ver­sor­gung – solange diese nicht in Privatbesitz ist – zusammengefaßt werden. Der Luft­ver­kehr müßte auch dazugenommen werden. All das muß ein Bundesverkehrswegeplan umfas­sen. Es wird zwar seit über 15 Jahren daran gearbeitet, aber in dieser Sache geht überhaupt nichts weiter, obwohl diese große Koalition angetreten ist, die großen Probleme dieses Landes zu lösen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Herrn Bundesminister Einem nun war es beschieden, mit einem sol­chen “Masterplan” an die Öffentlichkeit zu gehen, worauf Herr Bundesminister Farnleitner etwas gekränkt war, weil er gefunden hat, daß die Straße darin zu kurz gekommen sei, und einen “Masterplan” auch für die Straße angekündigt hat. In dieser Frage plant Rot gegen Schwarz und alle zusammen gegen das Budget. Genau dieser Weg aber darf nicht gegangen werden, des­halb verlangen wir Liberalen hier nochmals die Einrichtung eines solchen Infrastrukturministe­riums.

Herr Bundesminister! Sie haben ausgeführt, daß es, insbesondere was etwa die Süd-Ost-Span­ge angeht, mannigfache Gegenargumente gibt und daß jene Personen, die nun gegen den Sem­mering-Basistunnel sind, letztlich auch gegen die Süd-Ost-Spange sein würden. Ich ver­stehe aber nicht, warum man zwar in diesem Zusammenhang von der “Ertüchtigung” der ge­sam­ten Südbahn spricht, sich aber gleichzeitig auf die Koralmbahn kapriziert, denn Sie wissen, daß auch im Bereich der Koralmbahn dieselben Probleme auftreten werden, die Sie für die Süd-Ost-Spange wahrscheinlich zu Recht vermuten. Wenn dem aber so ist, dann müßte doch auch nach Ihren Ausbauplänen – da Sie eine “Ertüchtigung” der Südbahn innerhalb einer bestimmten Zeit, in einem auch politisch überblickbaren Zeitrahmen haben wollen – die gesamte Südbahn “ertüchtigt” und nicht nur der Semmering untertunnelt werden. (Beifall beim Liberalen Forum.) Denn durch eine Untertunnelung des Semmering wird es zwar punktuell positive Aspekte ge­ben, aber die Südbahn insgesamt wird deshalb nicht besser.

Herr Bundesminister! Zur Frage der öffentlichen Finanzierung haben Sie gesagt, daß Straße, Schiene und Wasserverkehr immer öffentlich finanziert werde. – Dazu ist erstens anzumerken, daß die Argumentation der sozialdemokratischen Verkehrsminister – ich nenne hier insbeson­de­re den jetzigen Bundeskanzler Klima – klar gelautet hat, daß jene Leistungen, die es im Rah­men der gesetzlichen Finanzierung gibt, also Planung und all diese Dinge, vom Bund erbracht werden, der Bau des Tunnels solle sich dann zur Gänze selbst finanzieren. – So sprach Ver­kehrs­­minister Viktor Klima am 16. Juni 1995 in einem Interview mit der damaligen “Wirt­schaftsWoche”.

Ich frage mich nun: Was hat denn zu diesem Stimmungsumschwung geführt? Was sind denn die sachlichen Argumente, die damals den so vorausschauenden Macher Klima veranlaßt ha­ben, zu sagen, daß das mit einer privaten Finanzierung gemacht werden wird, und die den jetzt ebenso vorausschauenden und auf internationaler Ebene erfolgreichen Verkehrsminister Einem dazu veranlassen, zu sagen: Es tut mir leid, Herr Bundeskanzler, das war damals ein Blödsinn, das ist nicht machbar!? – Das Argument dafür, warum das so ist, fehlt noch.

In Anbetracht dessen, wie die Argumentationen für den Semmering-Basistunnel gewech­selt ha­ben, steigt die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung nicht gerade. Herr Bundesminister Einem hat aber im Rechnungshofausschuß damit aufgeräumt, denn er hat gesagt: Der Sem­mering-Ba­sistunnel ist eine politische Entscheidung. Ich halte das für einen Fortschritt, denn es war ja wirk­lich so, wie Frau Abgeordnete Moser das ausgeführt hat, daß nämlich einer der Experten es als eine religiöse Entscheidung empfunden hat. Er hat nämlich gesagt, das sei der “gott­gewollte Weg” in die Steiermark, der gehe über den Semmering. (Heiterkeit bei Abg. Dr. Schmidt.) Ich bin froh darüber, daß der Herr Bundesminister genügend Distanz zu solchen re­li­giösen Populis­men hat und sagt: Nein, das ist eine politische Entscheidung! und das heraus­streichen will. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Dabei ist aber ein Aspekt, Herr Bundesminister, der eben den Unterschied zwischen Schiene und Straße, was private Finanzierungen angeht, zeigt, aus Sicht von uns Liberalen zumin­dest erwähnenswert: Der Straßenverkehr ist liberalisiert und der Bahnverkehr ist monopolisiert! Wenn Sie nun sagen, in dieses Projekt fließe kein Steuerschilling, weil das von den ÖBB be­dient werde, dann ... (Abg. Wabl: Die Straße ist liberalisiert?) Na selbstverständlich sind die Lei­stun­gen, die auf der Straße erbracht werden, Herr Abgeordneter Wabl, liberalisiert. (Abg. Wabl: Die Autos sind liberalisiert!) Die Infrastruktur wird vom Bund zur Verfügung gestellt, die Leistun­gen, die darauf erbracht werden, werden von Privaten erbracht. Bei der Schiene ist es umge­kehrt: Der Bund errichtet die Infrastruktur – wenn auch ausgegliedert über die SCHIG (Zwi­schen­­ruf des Abg. Edler) –, und die ÖBB, Herr Abgeordneter, erbringen die Leistungen, aller­dings mehr schlecht als recht.

Herr Generaldirektor Draxler hat im Ausschuß gesagt: Wir sind ein modernes Unternehmen, wir wollen mehr Wettbewerb! – Ich würde mich freuen, wenn diese Modernität auch in der Werbung der ÖBB zum Ausdruck käme und man nicht mit solch überkommenen Frauenbildern arbeitete, wie das derzeit der Fall ist. Auch in dieser Frage könnte der Herr Bundesminister vielleicht einmal seine Stimme erheben. (Beifall der Abgeordneten Dr. Schmidt und Tichy-Schreder. – Abg. Wabl: Das hat er ja gemacht übrigens!) Das hat er gemacht, ja, aber sehr leise und so, daß man zwar sagen kann, daß etwas geschehen ist, aber passiert ist insgesamt nichts. (Abg. Wabl: Ich teile seine Meinung nicht!)

Es bleibt der gleiche Eindruck zurück, den man auch bei genauerer Betrachtung der Argumen­tationen für den Semmering-Basistunnel bekommt. Ich spreche jetzt nicht von den physikali­schen Ausführungen des Herrn Abgeordneten Brix, sondern es geht nur darum, was politisch argumentiert wurde. Diesbezüglich haben die Argumentationen immer wieder gewechselt, und gerade durch solche Publikationen (der Redner hält ein Buch mit dem Titel: “Der Semmering-Basis­tunnel. Das Schwarz-auf-Weißbuch” in die Höhe) wird klargelegt, daß diese verschiede­nen Argumentationen inhaltlich einfach nicht haltbar waren. Nun jedoch wissen wir, daß die Entscheidung über den Semmering-Basistunnel eine politische sein wird.

Aber eines, Herr Abgeordneter Brix, möchte ich Ihnen nicht durchgehen lassen, nämlich daß Sie von diesem Rednerpult aus behaupten: Wer gegen den Semmering-Basistunnel ist, der ist gegen die Arbeitsbeschaffung in Österreich. (Abg. Brix: Das habe ich nicht gesagt! Ich habe gesagt, der ist gegen den Wirtschaftsraum in der Obersteiermark ...!) Genau! Sie haben gesagt: gegen Arbeit und Wirtschaft; das zweite Argument nehmen wir auch dazu.

Herr Abgeordneter Brix! Für uns Liberalen ist klar, daß die Politik keine Arbeitsplätze schafft. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Wenn jemand Arbeitsplätze schafft, Frau Abgeordnete, dann ist es immer nur der private Sektor. Es gibt Kundinnen und Kunden und UnternehmerInnen, die diese Nachfrage zu befriedigen haben. Das ist der Fall. (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Was wir zu tun haben, ist, die richtigen Rahmenbedingungen für dieses Wirtschaften in Öster­reich zu schaffen. In diesem Zusammenhang erinnere ich Sie an die Werkvertragsre­gelung (Abg. Wabl: Das ist ein Märchen aus der liberalen Backstube!), ich erinnere Sie an die fehlende Gesamtplanung im Verkehrsbereich, ich erinnere Sie an Ihre Steuergesetzgebung. Bei der Aufzählung all dieser Dinge werden Sie erkennen, daß Ihr Zugang, der offenbar der ist, öffent-liche Mittel ohne Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit einzusetzen – und das ist ja eine Kritik, die auch der Rechnungshof in diesem Bericht klar zum Ausdruck gebracht hat, nämlich daß die Mittel nicht einmal wirtschaftlich eingesetzt worden sind –, einfach der falsche Weg ist.

Denn die Frage lautet ja: Mit welcher Anstrengung, mit welchem finanziellen Aufwand wird wel­ches Ergebnis erreicht? Das ist doch die eigentliche Frage und nicht jene, ob überhaupt irgend­ein Ergebnis erreicht wird. Das scheint Ihnen schon zu genügen, den Liberalen genügt es nicht! (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenruf des Abg. Brix.)

Herr Abgeordneter Brix! Die Sitzung des Rechnungshofausschusses war deshalb interessant, weil ich selten so “schmähstade” Vertreter einer Regierungspartei gesehen habe. Sie waren einer davon, und Sie waren auch etwas irritiert darüber, daß ich diesem Ausschußbericht zuge­stimmt habe. Ich habe das deshalb getan, meine Damen und Herren, weil es eigentümlich ist, daß die Vertreter der ÖVP zwar hocherfreut im Rechnungshofausschuß sitzen und sich über diesen Bericht ins Fäustchen lachen – Herr Abgeordneter Kukacka war sehr zufrieden damit –, diesen politischen Erfolg, diese Kritik des Rechnungshofes am sozialdemokratischen Verkehrs­minister aber nicht verwerten können, weil die Partei intern einfach viel zu zerstritten ist. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der SPÖ und des Liberalen Forums.)

Sogar Herr Vizekanzler Schüssel hat gesagt, daß die ganze Angelegenheit rund um den Sem­me­ring-Tunnel für ihn nur ein weiteres Beispiel für die Realitätsverweigerung der SPÖ bei an­stehen­den Problemen sei. – Schön schaut es aus in dieser Koalition!

Wenn das die Meinung der ÖVP ist, dann wird auch klar, warum in dieser Sache bisher keine Entscheidung getroffen werden konnte: weil die Bundesregierung in sich völlig zerstritten ist und es ihr offenbar nicht möglich ist, in dieser Frage zu einer gemeinsamen Vorgangsweise zu fin­den. (Zwischenruf des Abg. Wurmitzer.) Es ist Ihnen bisher einfach nicht möglich gewesen, Herr Abgeordneter Wurmitzer – und das ist ja ein primäres ÖVP-Problem –, etwa zwischen Bund und Ländern eine Variante auszuarbeiten (Abg. Wurmitzer: Das ist reines Wunschden­ken, Herr Kollege!), die es möglich gemacht hätte, auch die Zustimmung der Länder zu erhal­ten. Das ist Ihnen nicht gelungen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Gleichzeitig haben auch die ÖVP-Minister in der Bundesregierung keinen Einspruch gegen das Anlaß-Naturschutzgesetz in Niederösterreich erhoben. Herr Bundesminister Bartenstein hat sich in der Regierung dazu verschwiegen, auch die anderen ÖVP-Minister haben sich ver­schwie­gen, obwohl die Möglichkeit bestanden hätte, das von vornherein zurückzuweisen – zwar nur auf einen beschränkten Zeitraum, aber es wäre eine Möglichkeit gewesen. Sie haben es wegen der bevorstehenden Niederösterreich-Wahlen nicht getan. Deshalb sind wir jetzt in der Si­tuation, daß der Verfassungsgerichtshof etwas entscheiden muß, was der Herr Bundes­mini­ster klar als eine politische Entscheidung definiert hat.

Wie gesagt: Im Ausschuß zu erkennen, daß die SPÖ zwar verbittert war, aber machtlos, die Kri­tik des Rechnungshofs zu entschärfen, ist einfach ein Faktum. Und deshalb werden Sie die­sem Bericht, der massive Kritik enthält, heute auch zustimmen. Sie kritisieren aber damit selbstver­ständ­lich die Politik und die Vorgangsweise Ihrer eigenen sozialdemokratischen Minister! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir halten das wirklich für ein positives Zeichen und hoffen, daß Sie das in der Folge auch um­setzen werden. Denn ich habe Ihnen schon gesagt, daß die Argumente, die im Bericht aufge­zählt werden, nicht neu sind. Sie waren schon hier nachzulesen (der Redner hält neuerlich das Buch mit dem Titel: “Der Semmering-Basistunnel. Das Schwarz-auf-Weißbuch” in die Höhe), erschie­nen Mitte des Jahres 1997. Auch die politischen Fehlleistungen der Herren Bundesmini­ster sind nicht neu, und bezüglich der Realitätsverweigerung, die Sie in diesen Dingen betrei­ben, müssen Sie sich – wie gesagt – an Ihren Regierungspartner wenden, dieser wird Ihnen das erklären.

Ich möchte nur einige der Schlußbemerkungen zitieren. Laut Rechnungshof fehlt – und das richtet sich direkt an den Herrn Bundesminister – nach wie vor eine Klarstellung der Linien­führung für die künftige Südbahn. Das heißt, es gibt kein Gesamtkonzept. Das betrifft auch den “Masterplan”, auch dieser ist kein Gesamtkonzept.

Insbesondere aber ist ein Punkt herauszugreifen, der sich ausschließlich an das Wissenschafts- und Verkehrsressort richtet. Der Rechnungshof – und der Herr Bundesminister hat selbst ge­sagt, daß dieser ein unverdächtiger Zeuge in dieser Angelegenheit sei; der Rechnungshof ist nach Ansicht des Herrn Bundesministers ein unverdächtiger Zeuge bei solchen Feststellun­gen – hält nämlich fest, daß der “Nachweis des gesamtwirtschaftlichen Interesses bei Eisen­bahn-Hochleistungsstrecken nachvollziehbar zu belegen und beim Abschnitt Gloggnitz – Mürz­zu­schlag nachzuholen” sei. – Er sagt nicht “zu überarbeiten”, er sagt “nachzuholen”, er sagt da­mit aber auch – und der Herr Bundesminister selbst nannte ihn unverdächtig –, daß das bisher nicht gemacht worden ist. Wenn es aber bisher nicht gemacht worden ist, dann frage ich mich: Wie kann man denn andere Varianten in der Diskussion abschlägig bescheiden, wenn man sich über diese Variante nicht einmal Gedanken gemacht hat, wie der nach Aussage des Herrn Ministers unverdächtige Zeuge Rechnungshof in diesem Bericht festhält und was die SPÖ-Fraktion heute mit ihren Stimmen zur Kenntnis nehmen wird.

Ein dritter Punkt, den ich herausstreichen möchte: Es müssen Alternativen zum bestehenden Kon­zept ausgearbeitet werden. Es steht fest, daß der Kostenrahmen bisher vom Herrn Bundes­mi­ni­ster nicht mittels Verordnung festgelegt worden ist. Dazu sagte er im Rechnungs­hofaus­schuß, daß er das erst mache, wenn der Sondierstollen fertig sei, denn erst dann könne man das abschätzen. – Das klingt vernünftig. Nur, wenn es vernünftig klingt, daß man erst dann die Kosten wirklich abschätzen kann, dann war all das, was Sie bisher an Kostenvergleichen ge­bracht haben, bar jeder Grundlage. Und daß Sie die Republik mit Kostenvergleichen in Aufre­gung versetzen, die bar jeder Grundlage sind, wie der “unverdächtige” Zeuge Rechnungshof in diesem Bericht, den Sie heute zur Kenntnis nehmen werden, festhält, müssen Sie den Wählerinnen und Wählern in diesem Land glaubwürdig erklären. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Darüber hinaus betreffen neun dieser 12 Feststellungen, die Sie heute beschließen werden – mit den Stimmen der Liberalen –, ausschließlich das Ressort des Herrn Bundesministers. Damit zeigt sich, daß die Versäumnisse wirklich groß gewesen sind. Sie sind es nach wie vor, meine Damen und Herren, aber ich habe in der Diskussion im Ausschuß den Eindruck gewonnen – offen­bar zu Recht –, daß man kein Interesse daran hat, diese Fehler wirklich auszumerzen.

Darum sei auch hier einmal von seiten der Liberalen klargelegt: Einen Semmering-Basistunnel ohne irgendwelche flankierenden Maßnahmen zu bauen – und genau darum geht es; wir dis­kutieren über den Semmering-Basistunnel als ein Einzelprojekt – ist ein Zwentendorf im Berg. (Abg. Wabl: Geh bitte, Barmüller! Jetzt fängt er mit der blöden Diktion vom Anschober an!) Nach Zwentendorf und Hainburg errichten Sie mit dem Semmering-Basistunnel, den Sie einfach in diese Strecke setzen, ein weiteres Zwentendorf in Österreich, und zwar bauen Sie es diesmal in den Berg hinein. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer.)

Meine Damen und Herren! Es ist unbestritten, daß es auch eine Ertüchtigung der restlichen Süd­bahn braucht, und es ist dem Rechnungshof zu verdanken, daß er den Expertenbericht, den der Herr Bundesminister im September letzten Jahres in Auftrag gegeben hat, in seine Schluß­folgerungen mit hineingenommen hat. Unter Punkt 4 wird dort nämlich klar gesagt, daß es darum geht, die “Verkehrswirksamkeit der Koralmbahn” so rasch wie möglich herzustellen, “um folgende Investitionen zu vermeiden” – das heißt, wenn der Semmering-Basistunnel gebaut wird, kann in der Folge der Koralm-Tunnel gemacht werden, um folgende Investitionen zu ver­meiden –: “Vollausbau des Knotens Obersteiermark” und – wichtiger Punkt – “Ausbau der rest­lichen Südbahn (St. Michael – Neumarkt – St. Veit – Klagenfurt)”. – Das soll vermieden wer­den!

Das heißt, Sie wollen den restlichen Teil der Obersteiermark ab Bruck Richtung Kärnten einfach im jetzigen Rahmen belassen! Denn das sind nach den Aussagen der Expertenkommission, die der Herr Bundesminister für umsetzungswürdig hält, jene Maßnahmen, die vermieden werden müssen. Für die Koralmbahn, die ja im Moment nur als politische Idee, aber noch nicht als wirk­liches Projekt existiert, gilt dann dasselbe Behördenverfahren, dieselben Genehmigungen sowie Planung und dergleichen wie für die Süd-Ost-Spange.

Der Herr Bundesminister hat dazu gesagt, daß das in den nächsten 30 Jahren nicht umsetzbar sei. Das heißt, Sie wollen die Koralmbahn zwar als politisches Ziel in Angriff nehmen, rechnen aber mit einer dreißigjährigen Umsetzungszeit und gestehen damit ein, daß der Ausbau ab Bruck/Mur über St. Michael, Neumarkt bis nach St. Veit – Klagenfurt in den nächsten 30 Jahren brachliegen wird.

Das ist kein zukunftsweisendes Konzept, und es unterstreicht einmal mehr, daß die Sozial­de­mo­kraten in der monopolistischen ÖBB, die sie als ihren eigenen, auch parteipolitisch wich­ti­gen Bereich betrachten, zwar an der personellen Entwicklung und am Halten von Wähler­zahlen interessiert sind, nicht jedoch daran, die Infrastruktur in Österreich in so einem Maße aus­zu­bauen, wie es für die Volkswirtschaft notwendig wäre. Diesbezüglich sind sie seit über zehn Jahren säumig!

Sie sind säumig in diesen Fragen, und deshalb fordern wir noch einmal und abschließend ein, daß es in Österreich ein Infrastrukturministerium geben muß, in dem all diese Kompetenzen in eine Hand gelegt werden. Wenn Sie nicht in der Lage sind, die großen Probleme dieses Landes zu lösen, dann gerieren Sie sich auch nicht in diese Richtung, sondern gestehen Sie ein, daß die Bundesregierung in dieser Sache nicht nur säumig, sondern auch unfähig gewesen ist. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.57


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer: Der Wabl ist dran! Geht das überhaupt?)

11.58


Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic¦ (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Wir haben in der heutigen Debatte schon einige sensationelle politische Neuigkeiten gehört, etwa daß Regenwasser hinunter- und nicht hinauffließt. Die gesamte Debatte ist eigentlich nicht dazu geeignet, einen echten Fortschritt in der Verkehrspolitik, vor allem, was den Ausbau und die Unterstützung der Eisenbahnen betrifft, zu verzeichnen. Es ist traurig, daß als Gipfel der Verkehrspolitik in Österreich eigentlich nichts anderes übrigbleibt als die von beiden Regierungsparteien vorangetriebene Polarisierung für oder gegen den Semmering-Basistunnel.

Das, worum es eigentlich geht, gerät dabei in Vergessenheit. Diejenigen, die in bezug auf die Priorität des Semmering-Basistunnels oder des Projektes an sich skeptisch sind, sind mit Ar­gumen­ten aufgetreten. Sie haben vor allem zu bedenken gegeben, daß Hochleistungs­strecken für sich alleine genommen nicht dazu geeignet sind, die dramatischen Einbußen der Eisenbahn, insbesondere im Güterverkehr, aufzufangen. Derzeit liegt der Anteil der Eisenbahnen bei etwa 13 Prozent des Güterverkehrsaufkommens. – Tendenz sinkend.

Ich wage zu prognostizieren, daß diese Tendenz mit oder ohne Semmering-Basistunnel nicht ge­bremst wird.

Herr Bundesminister! Wenn Sie immer wieder beschwörend sagen, daß wir Verkehr auf die Schie­ne verlagern wollen, dann sagen Ihnen dazu alle Grünen unisono: Ja, das wollen wir auch! (Abg. Dr. Lukesch: Aber welchen?) Wenn Sie jedoch das Gelingen dieses Vorhabens im­­mer mit dem Projekt Semmering-Basistunnel allein koppeln, dann sage ich Ihnen, daß es so nicht gehen wird.

Es können Hochleistungsstrecken, auch Tunnelstrecken, einen Aspekt in Zusammenhang mit so einem Paket darstellen, für sich allein genommen werden sie aber scheitern. Der große Nach­­­teil, den Eisenbahnen heute haben, liegt vor allem in einer viel kleineren Fähigkeit der Netz­­bildung, Herr Bundesminister! Das Schienennetz ist laufend ausgedünnt worden. Der weitere Nachteil, den die Eisenbahnen haben, liegt darin, daß es immer noch keine günstigen Voraus­setzungen gibt, was die Logistik betrifft, was Haus-zu-Haus-Verkehr betrifft und was zeit­ge­rechten Verkehr betrifft.

Was da die Bekenntnisdebatte “Ja oder nein zum Semmering-Basistunnel?” bewirken soll, kann ich nicht erkennen. Das heißt, Sie haben die Frage: Wo ist das Gesamtpaket?, die immer wieder an Sie gerichtet wird, nicht beantwortet. – Solange diese Frage nicht beantwortet ist, wird es um diesen Glaubenskrieg gehen, und solange gibt es auch keine echte Unterstützung dieses Projektes über die Parteigrenzen hinweg. Herr Bundesminister und Herr Abgeordneter Brix! Warum das zu einem solchen Glaubenskrieg gemacht wird, kann ich nicht verstehen.

Die sozialdemokratischen Abgeordneten, die sich immer auch so gerne als Vertreter der Bahn, als Vertreter der Eisenbahner und Eisenbahnerinnen verstehen, rechnen vor, daß es unmöglich sein soll, die Aspangbahn zu beschleunigen, und daß es unmöglich sein soll, andere Projekte zu verwirklichen, liefern aber genau damit auch Argumente, daß es allein so nicht gehen wird. Ich behaupte, wir brauchen, was die Eisenbahn und was die Schiene betrifft, insgesamt eine Pionierphase. Wir brauchen eine Verdichtung des Netzes. Wir brauchen Neubaustrecken, und wir müssen vor allem ... (Abg. Brix: Auf der Aspangbahn sollte als “Überlaufgefäß” für den Wirt­schaftsverkehr ...!)

Nein, Herr Abgeordneter Brix! Nicht nur unter “ferner liefen”, und nicht nur als “Überlaufgefäß”, wie Sie das bezeichnen! Da läuft leider noch lange nichts über, weil die Schiene derzeit ge­gen­über der Straße nicht konkurrenzfähig ist, aufgrund der geringeren Netzbildungsfähigkeit und auf­grund der fehlenden Logistik. Und dadurch, daß Sie immer wieder sagen, das werde ir­gend­­wann unter “ferner liefen” kommen, führen Sie genau jenen Glaubenskrieg weiter, den Herr Pröll bisher für sich entschieden hat und den Sie zu Lasten der Eisenbahnen geführt haben. Das ist das Schädliche.

Um aus dieser Situation herauszukommen, müßten Sie eigentlich sagen: Selbstverständlich ge­hört auch die Oststeiermark besser angebunden und gehören die Verkehrsströme dorthin be­schleu­nigt. Selbstverständlich muß für das Burgenland etwas geschehen. (Demonstrativer Bei­fall des Abg. Mag. Schweitzer.) Es ist eine Katastrophe, daß man mit der Bahn eineinhalb Stun­den nach Eisenstadt fährt. Oder wenn Sie mit der Eisenbahn zum Flughafen Schwechat fah­ren, sehen Sie, daß es eine Schande ist, wie diese Strecke ausschaut und wie dort der Bahn­­verkehr abgewickelt wird. Das alles muß geschehen, und deswegen ist es so schlecht, daß Sie sich ausschließlich auf die Frage “Basistunnel ja oder nein” konzentrieren.

Ich verstehe die Argumente der steirischen Abgeordneten, die sagen: Wir lassen uns nicht län­ger pflanzen, wir lassen uns nicht länger an der Nase herumführen, und das ist das einzige Projekt, das einigermaßen konkret ist. Ich verstehe aber nicht, wieso Sie es überhaupt auf diese Po­lari­sierung hingetrieben haben, statt daß Sie grundlegend für den Vorrang des Schienen­ver­kehrs eintreten. Das kann doch nicht nur bei einem Projekt und bei dieser Tunnelröhre gelten! Das ist inkonsequent. (Abg. Kiermaier: Was ist mit der Westbahn? Ist das kein Projekt?)

Herr Abgeordneter! Ich habe Ihnen gerade gesagt – und ich verstehe nicht, warum Sie nicht auf dieses Argument eingehen –, daß der große Nachteil der Bahn das zu dünne, das von Ihnen aus­gedünnte Netz ist. Wenn Sie jetzt immer nur bestehende Strecken – das kann im Detail auf Strecken, deren Kapazität ausgelastet ist, auch sinnvoll sein – allenfalls verstärken, verbessern oder beschleunigen, dann wird das den gravierendsten Nachteil der Eisenbahn, nämlich daß sie nicht überall hin kann und daß die Logistik schlecht ist, nicht wirklich bekämpfen. Aber auf diese Frage ist der Verkehrsminister eine Antwort schuldig geblieben; und die Beantwortung dieser Frage hat der Rechnungshof eingeklagt.

Daher könnten Sie von den Grünen eine viel stärkere Unterstützung – auch von Hochleistungs­projekten – erhalten, wenn Sie endlich einmal eine Antwort auf diese Fragen geben würden: Was tun Sie mit der Bahn in der Fläche? Wie werden die Nebenbahnen erhalten? Welche Ko­ope­­ration – auch mit Privaten – streben Sie in diesen Bereichen an? Oder ist es wirklich nur die­se Entweder-Oder-Lösung?

Ein Letztes zum Thema des Semmering-Basistunnels als solches: Ich hoffe, daß die Öster­rei­chi­schen Bundesbahnen und die HL-AG bereit sind, auch in diesem Bereich ein bißchen dazu­zulernen. Denn in Hinblick darauf, wie sie bisher auch in ihren Verträgen mit den betroffene An­rainerinnen und Anrainern umgegangen sind, muß man sagen, daß es nicht einer modernen, dynamischen und demokratischen Bahn entspricht, sondern sehr nach Vertragsdiktaten klingt, wenn man Verträge schließt und sagt: Wir werden irgendwann einmal Flächen in Anspruch nehmen – oder nicht. Man behält sich damit vor, jederzeit über Grundstücke zu disponieren. Die Eigentümer müssen jederzeit bereit sein, die Grundstücke zu räumen – und dann informiert man sie über längere Zeit nicht. Ich habe den Eindruck, daß jetzt zwar ein Umdenken vor sich geht, daß aber bereits sehr viel Porzellan zerschlagen worden ist. Sie haben damit Leute ver­prellt, bei denen das wirklich nicht notwendig war und die meiner Ansicht nach einen anderen Gesprächs­ton verdient hätten.

Eine konkrete Frage habe ich noch an den Herrn Bundesminister. Aus dem Bereich der Lan­des­regierungen ist zu hören, daß im Hintergrund die Würfel ohnehin schon gefallen sind, näm­lich daß sich die niederösterreichische ÖVP von ihrer Haltung in Sachen Naturschutz schon ver­ab­schiedet hat und daß es ihr primär gar nicht um den Naturschutz geht, sondern daß es eigent­lich darum gegangen ist, schnell die S 6 durchzubringen. Es ist zu hören, daß man im Hin­ter­grund ohnehin schon wisse, wie die Entscheidung der Gerichte ausgehen wird und daß es darüber einen Deal gegeben habe, daß der Semmering-Basistunnel doch kommen soll und im Abtausch dagegen – es betrifft ja das gleiche Ressort – die Donau-Universität in Krems zur Voll­universität ausgebaut werden soll.

Herr Bundesminister! Vielleicht können Sie dem Hohen Haus zu diesen Gerüchten und dazu, ob das den Tatsachen entspricht oder nicht, etwas sagen, bevor wir hier eine Debatte über eine Frage führen, die hinter den Kulissen zwischen den Ja- und Nein-Proponenten vielleicht ohne­hin schon entschieden worden ist. Das wäre meiner Ansicht nach eine Vorgangsweise, die dem Hohen Haus nicht angemessen ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.08


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. 5 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.08


Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Kollegin Petrovic! Sie geben mir Gele­gen­heit, festzustellen, daß es bei den Grünen offenbar genauso ist wie bei den Freiheitlichen: daß sie nämlich ihre Position zu bestimmten Projekten – in diesem Fall generell zur Eisenbahn – davon abhängig machen, wo sie regional gerade auftreten. Das war ein Lehrstück für mich.

Denn die Position der Grünen in Tirol war immer, die neue Inntalbahn, die ja gebaut werden soll, um im Verkehrsbereich Verlagerungseffekte oder Erleichterungseffekte zu erreichen, als “Schwei­­­zer-Kas-Projekt” – so Ihre Aussage beziehungsweise die Aussage der Frau Landesrätin Lichten­­ber­ger – zu bezeichnen und damit eine Neubaustrecke abzulehnen. Jetzt aber kommen Sie mit der großen neuen Erkenntnis: Die Grünen fordern Neubaustrecken bei der Eisenbahn. Ich gestehe Ihnen zu, daß Sie den Anspruch, gescheiter geworden zu sein, auch für sich geltend machen kön­nen. Aber im Prinzip ist es das gleiche wie bei der FPÖ: Wenn ich hier bin, rede ich für das Projekt; wenn ich woanders bin, rede ich gegen das Projekt; und das gelingt mir, weil ich keine Verantwortung in diesem Land trage und tragen muß. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Petrovic: Wenn Sie Pröll und Klasnic anhören, werden Sie auch fragen, ob sie der­sel­ben Partei angehö­ren!)

Selbstverständlich hat die Opposition auch versucht, die SPÖ und die ÖVP in dieser Frage aus­einanderzudividieren und sozusagen die einen gegen die anderen auszuspielen. Insbeson­dere Kollege Barmüller hat das versucht. Es ist übertrieben, wenn ich jetzt sage, daß zwischen uns kein Blatt Papier Platz hat, Herr Kollege Barmüller, aber so weit liegen die Koalitionspartner an sich nicht auseinander.

Für die ÖVP ist klar: Die Vorbereitung und Planung des Semmering-Basistunnels war sicherlich kein “Masterpiece”. Das ist angesichts der langen Dauer und der Probleme, die sich da ergeben haben, wohl festzustellen. Der Herr Bundesminister hat den Rechnungshofbericht zur Kenntnis ge­nommen, aber nicht nur, weil man ihn zur Kenntnis nehmen muß. Er hat ihn auch in den Schluß­folgerungen zur Kenntnis genommen, indem er gesagt hat: Die Behebung all jener Ver­säum­nisse, die bisher aufgetaucht sind und die der Rechnungshof festgestellt hat, ist entweder schon umgesetzt oder bereits in Umsetzung oder wird in den nächsten Monaten umgesetzt werden. Da trennt uns also eigentlich auch nicht sehr viel.

Der “Kurier” zitiert heute Herrn Bundesminister Caspar Einem in Zusammenhang mit einem Arti­kel betreffend Semmering-Basistunnel mit folgender Feststellung: Die Bahnen sind “wie zu aus­ge­­fres­sene Boxer”, sie boxen nicht, sie klammern. – Soweit Bundesminister Einem.

Kollege Edler, du wirst noch Gelegenheit haben, zu diesem Zitat – in welchem Zusammenhang es tatsächlich verwendet worden ist, kann ich nicht nachprüfen – Stellung zu nehmen. Ich mei­ne, daß die Eisenbahner zu Recht sagen werden: Was ist eigentlich mit den Coaches der ÖBB, also mit den sozialdemokratischen Verkehrsministern? Haben sie uns nicht durch entsprechend schlechte Vorbereitung und Planung von Rahmenbedingungen, die uns wettbewerbsfähiger machen würden, am Boxen gehindert?

Wenn Sie ein bißchen hingehört haben, Herr Bundesminister, wissen Sie, daß meine Kritik an den ÖBB immer gelautet hat: Die einzelnen Eisenbahner versehen dort einen guten Dienst, und wir sollen sie in die Lage versetzen, permanent besser zu werden. Dazu zählt auch, daß man sie wettbewerbsfähig macht (demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ), wettbewerbs­fähig auch auf ihrer eigenen Traktion, auf der Infrastruktur, zum Beispiel dadurch, privaten Be­trieb zuzulassen. Dadurch wird man nicht schwächer, sondern stärker.

Der Herr Bundesminister sagt, sie seien “wie zu ausgefressene Boxer”. Ich würde eine andere Diktion verwenden. So etwas zu sagen, traue ich mich nicht einmal vor meinem Klientelkreis. Aber es stimmt, daß die Rahmenbedingungen in diesem Fall absolut nicht gestimmt haben, Herr Bundesminister. (Abg. Parnigoni: Wir werden Ihnen Gelegenheit geben, zuzustimmen!)

Die ÖVP nimmt den Rechnungshofbericht als einen sachlichen, objektiven Bericht zur Kenntnis. Sie freut sich darüber, daß auch Herr Bundesminister Einem sowohl die Konsequenzen des Be­richtes als auch die Konsequenzen aus dem Expertenbericht – auch dieser ist dort verwen­det worden – umsetzen wird, nämlich die Variantenprüfung und die Wirtschaftlichkeits­prü­fung vor einer endgültigen Entscheidung darüber, ob gebaut werden soll oder nicht, genauer voran­zu­trei­ben.

Ich denke, diese Nachbesserungsarbeiten in den Planungen sind mit Hochdruck zu leisten. Andernfalls besteht die Gefahr, daß diese wichtige Verbindung nach Süden, den südlichen Teil Österreichs anschließend, im Sinne des von Bundeskanzler Kreisky schon im Jahre 1983 zum Aus­druck gebrachten Schwerpunktes des dritten Beschäftigungsprogramms der Bundes­regie­rung – nämlich Semmering-Basistunnel – wieder nur zu einer Beschäftigungsbeschwö­rungs­for­mel wird. Aber das wollen wir doch alle nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

12.14


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Klein. Freiwillige Rede­zeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

12.14


Abgeordnete Anneliese Klein¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Herr Rechnungshofpräsident! Hohes Haus! Statt auf den gründlich erstellten Rechnungshofbericht mit aller von Amts wegen gebotenen Sachlichkeit einzugehen, wurde von den Verantwort­li­chen – diese Bezeichnung fällt mir in diesem Zusammenhang schwer – wiederum nur mit Aus­flüch­­­ten und Falschmeldungen reagiert. (Abg. Parnigoni: Wen meinen Sie denn?)

Trotz wiederholter dringender Empfehlung des Rechnungshofes wurde noch immer keine aktuel­le Wirtschaftlichkeitsprüfung erstellt. Minister Einem versuchte, die falsche Prognos-Studie als ohnehin vorliegende Wirtschaftlichkeitsrechnung darzustellen. Das ist eine klare Täu­schung des Bürgers. (Abg. Parnigoni: Wie können Sie das behaupten, daß sie falsch ist?) Auch EU-Verpflichtungen zum Bau des Semmering-Basistunnels gibt es nicht, das geht aus dem Rech­nungshofbericht klar hervor. (Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und den Frei­heit­lichen. – Abg. Parnigoni: Ach so, weil es am Zettel steht!) Der österreichische Bürger wurde von den Verantwortlichen wieder angelogen.

Im Hinblick auf die Kapazität des Tunnels kommt der Rechnungshof zu einem unglaublichen Ergebnis: Die alte Ghega-Strecke verkraftet innerhalb von 24 Stunden 150 Güterzugs­garni­tu­ren. Aber durch die neue Röhre würden in derselben Zeit gerade 90 bis 120 Güterzüge fahren kön­nen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das bedeutet, daß der Basistunnel für die Ver­lagerung der Güterströme gar nicht wichtig ist. (Abg. Parnigoni: Diese Rede muß Ihnen Herr Fally geschrieben haben!)

Auch die Price-Waterhouse-Studie besagt, daß eine Anbindung an das Bahnnetz für die Schaf­fung eines neuen Betriebsstandortes unbedeutend ist. (Abg. Parnigoni: Wo haben Sie denn das her?) Die einzige Ersparnis, die der Basistunnel mit Sicherheit bringen würde, wäre die Ein­sparung von 70 Lokomotivführern und Verschiebern, die dann nicht mehr gebraucht würden. (Bei­fall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Wenn Sie Ihr Unternehmen so führen ...!)

Es wurde vom Rechnungshof ein sofortiger Baustopp empfohlen, dem aber bisher nicht ent­spro­chen wurde. (Abg. Edler: Das hat Prinzhorn nicht geschrieben!) Der Gesamtstollen hat bis­her 1 Milliarde Schilling verschlungen, das heißt, daß jeder Meter eine Viertelmillion Schilling ko­stet. Täglich werden nach Angaben der HL-AG 6 Meter gegraben. (Zwischenruf des Abg. Edler.) Daher werden pro Tag eineinhalb Milliarden Steuerschillinge vergeudet.

Im Jahre 1996 haben wir Freiheitlichen in einer Anfrage an den Minister auf das Versiegen der Quellen im Semmeringgebiet hingewiesen. Damals wurde uns versichert, daß diese Gefähr­dung minimal sei. Aber was ist seither passiert? – Inzwischen ist nicht nur die Edlach-, sondern auch die Görig-Quelle, eine der Lebensadern und die wichtigste Wasserreserve der Gemein­den, versiegt. Der Berg droht nun auszutrocknen. Nicht nur am Semmering, sondern auch in um­liegenden Gemeinden ist daher die Wasserversorgung akut gefährdet. (Abg. Brix: Das stimmt doch nicht, Frau Kollegin! Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, daß das gegen die physika­li­schen Gesetze ist, auch wenn Sie es nicht glauben!)

Dieser fahrlässige Umgang mit der Natur ist Ihre Politik! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Brix: Lassen Sie sich von Schweitzer etwas über die Umwelt erzählen!)

12.18


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Edler. 6 Minuten freiwilli­ge Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Abg. Böhacker – in Richtung SPÖ –: Das ist euer Demo­kra­tie­ver­ständnis, das ist klar! – Abg. Parnigoni: Das muß schon mir überlassen bleiben, was ich tue!)

12.18


Abgeordneter Josef Edler¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Meine Damen und Herren! Ich denke, es gibt bis dato keine sachlichen Argu­mente, und es gab auch im Rechnungshofausschuß keine sachlichen Argumente, die nicht zum Ausdruck gebracht hätten: Wir brauchen eine bessere Südbahn, und es ist derzeit nur möglich, diese auf der bestehenden Südbahn mit einer entsprechenden Semmering-Querung mit dem Basistunnel zu bauen. Da gibt es keine andere Position, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist eigentlich bedauerlich und eine österreichische Tragödie – besonders auch die Wirtschaft ist gefordert, meine Damen und Herren –, daß wir Projekte verhindern, die für unsere Wirt­schaft, für den Standort so wichtig sind. (Abg. Mag. Schweitzer: Erklär mir das!) Das ist für mich persönlich unverständlich. (Abg. Mag. Schweitzer: Bitte erklär mir das jetzt!) Kollege Schweitzer! (Abg. Mag. Schweitzer: Wie stärken wir den Wirtschaftsstandort Österreich?) Du bist aus Oberwart, du willst den Oberwarter Bahnanschluß. Den kannst du haben: Du mußt nur für die Oberwarter Eisenbahner eintreten. Das hast du nicht gemacht. – Aber wir wollen jetzt be­sonders die Südbahn ansprechen.

Meine Damen und Herren! Vor 150 Jahren gab es die gleiche Diskussion, als damals in der Mo­nar­chie eine Flachbahn durch Ungarn geplant wurde. Es war auch damals ein Steirer, nämlich Erzherzog Johann, der für die Steiermark, für Südösterreich um den Anschluß an die Metropole kämpfte. (Abg. Öllinger: War der auch Sozialdemokrat?) Es war Erzherzog Johann zu verdan­ken, daß wir damals die Verbindung über den Semmering erhalten haben. Wenn es damals möglich gewesen wäre – wer es nachliest, wird das bestätigt sehen –: Es war damals schon eine Tunnelvariante vorgesehen, sie war nur technisch nicht machbar. Sonst hätten wir die Berg­­strecke wahrscheinlich nie erhalten. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren!

Freiherr von Sina, der das privat finanzierte und sich gegen Rothschild durchsetzte, war auch nicht davon überzeugt, die Transversale zu bauen, sondern war ein Anhänger der Flachbahn. (Abg. Öllin­ger: Der war auch sozialdemokratischer Verkehrspolitiker?) Aber ich denke, es war gut, daß die Südbahn so ausgebaut wurde, wie sie jetzt ist. Denn es gab eine Stichbahn bis Mürz­zuschlag und eine Stichbahn bis Gloggnitz, und der Berg hätte Österreich beziehungs­wie­se zwei Bundesländer getrennt. Das wollen wir nicht, meine Damen und Herren: die Trennung im Inneren von Österreich und die Trennung von wesentlichen Wirtschaftsräumen und Bundes­ländern. Das kann nicht unsere Politik sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir, die sozialdemokratische Fraktion, wollen den Rechnungshof nicht kritisieren. Es ist überhaupt keine Frage, daß die Autorität des Präsidenten nicht ange­grif­fen werden soll. Aber es muß legitim sein, von unserer Warte aus beim Präsidenten anzufra­gen, wie er das in der Bewertung gemeint hat: Ein Baustopp ist angebracht. Der Baustopp hat sich im Rechnungshofbericht nur auf den Sondierstollen und nicht auf das gesamte Bauprojekt bezogen. Sie haben damit polarisiert, Herr Präsident! (Abg. Dr. Lukesch: Nein! Es ging um Steuergeldverschwendung!) Das ist in der Öffentlichkeit mißverstanden worden. Kleinformatige Zeitungen haben sich schwerpunktmäßig sofort “draufgesetzt”, und es hat dann geheißen: Der Präsident des Rechnungshofes will den Baustopp des Semmeringtunnels. Das haben Sie gar nicht zum Ausdruck gebracht, aber mit Ihrer Feststellung haben Sie das leider irgendwie in die Öffent­lichkeit so hinübergebracht.

Meine Damen und Herren! Zu den politischen Entscheidungen: Ich denke, daß es bei Regie­rung und Parlament liegen muß, politische Entscheidungen darüber zu treffen, welche Ver­kehrs­adern wir wollen, wo Schwerpunkte zu setzen sind und wie die Verkehrspolitik allgemein aussieht. Das hat die Bundesregierung auch beschlossen, und das haben wir im Parlament sanktioniert, meine Damen und Herren. Ich meine, es ist daher auch von unserer Warte aus nötig, zu beken­nen, daß es unbedingt notwendig ist, die beiden Wirtschaftsräume zu verbinden. Es geht ja auch um den südlichen Teil Niederösterreichs, es geht um die Obersteiermark und die Mur-Mürz-Furche, es geht um den Großraum Graz, und es geht um Kärnten, meine Damen und Her­ren!

Aber jene Partei, die immer wieder “Österreich zuerst” sagt, also Kollege Schweitzer und ande­re vertreten unbedingt die Ungarische Flachbahn. (Abg. Brix: Das ist ja ein Slogan!) Ich habe nichts dagegen, daß wir gemeinsame Projekte umsetzen, auch im Hinblick auf die kommende Osterweiterung. Aber es kann nicht so sein, daß – wir haben das durchrechnen lassen – rund 100 Milli­arden Schilling an Wertschöpfung verlagert werden. Wenn wir unsere Südbahn nicht aus­bauen, sondern nur die Flachbahn in Ungarn forcieren, kommt es zu einer Verlagerung von 100 Milli­arden Schilling an Wertschöpfung, dabei geht es um rund 70 000 Arbeitsplätze. Das kann also nicht so sein.

Beachten Sie bitte die Industrie, die in der Mur-Mürz-Furche, im Großraum Graz und in Kärnten angesiedelt ist! Wenn keine Möglichkeit mehr besteht, diese Wirtschaftsräume wirklich effizient an­zu­schließen, dann wird es zur Verlagerung auf die sogenannte Transversale über Prag, Brünn, Györ bis hinunter nach Maribor kommen, Österreich wird also umfahren! – Meine Da­men und Herren! In meinen politischen Funktionen habe ich im Dialog auch viel mit der Wirt­schaft zu tun gehabt. Unsere gemeinsame Erkenntnis muß sein, und wir erleben das auch im­mer wieder: Dort, wo die Infrastruktur und wo Verkehrsknoten vorhanden sind, siedeln sich Be­trie­be an. Das ist die Chance, Arbeitsplätze zu schaffen und Arbeitsplätze zu erhalten! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir von der Sozialdemokratie werden uns daher für eine bessere Bahn, nicht nur auf der Westbahn, nicht nur am Brenner, am Pyhrn oder auf der Nordbahn et cetera einsetzen. Viele Kolleginnen und Kollegen im Verkehrsausschuß, im Rechnungs­hofaus­schuß haben immer wieder gesagt: Diese Katastrophe Südbahn, was das Wagenmaterial be­trifft oder was die Langsamfahrstellen betrifft – da muß es zu großen positiven Verände­run­gen kom­men. Jetzt haben wir die Chance, die bessere Bahn auch auf der Südbahn umzu­setzen und damit unsere Wirtschaftsräume anzuschließen, sodaß die Menschen die Chance haben, auch diese Zentren schneller zu erreichen. Wie Kollege Brix schon gesagt hat, geht es dort um die Industrie. Es geht vielfach um die boomende Autoindustrie, die heute unbedingt Großfahr­zeu­ge braucht, und die sind über die Bergstrecke nicht mehr zu transportieren. Das muß uns bewußt sein.

Meine Damen und Herren! Abschließend – weil ich nicht so viel Zeit habe – möchte ich sagen, daß die Berechnungen des Ministers vollkommen stimmen. Lassen Sie sich das nachrechnen: Wir brauchen rund 1 Milliarde Schilling im Jahr für die Bergstrecke. Wenn die ÖBB als größtes Schie­nenunternehmen – und es werden auch andere hinzukommen – die Chance haben, mit 1 600 Tonnen durch den Tunnel zu fahren, und nicht mehr zweimal umspannen müssen – ich habe das als Eisenbahner selbst erlebt: mit Zug 1 000 Tonnen bis Gloggnitz, anhalten, Zug teilen, Lokvorspann, Aufenthalt eine halbe Stunde, Blockade der ganzen Strecke; das kann doch nicht betriebswirtschaftlich in Ordnung sein –, wird sich das rechnen! Wenn wir fahren können, dann werden wir diese Einsparungen auch erbringen, und der Tunnel wird sich rechnen.

Abschließend, meine Damen und Herren: Dieser Tunnel ist jenes Verkehrsbauwerk, das ökolo­gisch als das beste zu sehen ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.27


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Smolle. – Herr Abge­ordneter Smolle ist nicht im Saal; der Redebeitrag entfällt.

Ich rufe jetzt Herrn Abgeordneten Stampler auf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.27


Abgeordneter Franz Stampler¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Thomas Mann hat zur Jahrhundertwende den Roman “Der Zauberberg” geschrieben. Man könnte das fast vergleichen: der Semmering als Zauberberg. Thomas Mann hat damals empfohlen, sein Werk zweimal zu lesen, um es be­grei­fen zu können. Auch dem Erbauer der Semmering-Bergstrecke, Karl Ritter von Ghega, er­ging es von Anfang an nicht besonders gut. In den Adelsstand wurde er erst erhoben, als es beim Bau wider Erwarten besonders gut lief und kurzzeitig 5 000, später sogar 20 000 Arbeiter Beschäftigung fanden.

Ein Blick nach vorne, ein Blick darauf, wie es heute steht: Heute ist die Semmeringbahn Welt­kulturerbe und steht unter dem Glassturz des Denkmalschutzes. Gerfried Sperl vom “Standard” meinte: Den Semmering kann man also verändern, die Bahn selbst eher nicht. So gesehen, kann man den Rechnungshofbericht als hochinteressant, fast als historisches Dokument be­trach­ten.

Selbstverständlich hat sich auch die Gegebenheit geändert, die Diskussion um den Semmering-Basistunnel. Innerhalb der ÖBB hat es Umstrukturierungen gegeben, und durch den EU-Beitritt und die Ostöffnung haben sich die geographischen und politischen Bedingungen massiv ge­ändert. Gerade der Rechnungshofbericht stellt sich somit nicht gegen die Südbahn und nicht gegen den Semmering-Basistunnel. Es freut mich, daß der Herr Präsident des Rechnungshofes im Ausschuß klargestellt hat, daß sich der Rechnungshof auf keine Variante einläßt: Es könnte der Semmering-Basistunnel sein, es könnte aber auch eine andere Variante sein.

Was bemängelt wurde, waren einfach Verzögerungen bei der Umsetzung. Fünf SP-Verkehrs­mini­ster hat der Semmering-Basistunnel schon “überlebt”: Lausecker, Lacina, Streicher, Klima, Scholten. Seit dem Jahre 1997 haben Sie, Herr Minister Einem, die Ehre, sich mit diesem The­ma aus­­einan­derzusetzen. Es freut mich, daß Sie nach wie vor zu Ihrer Zusage und auch zum Aus­bau dieses Teilstückes stehen.

Ich glaube, einstimmige Parteibeschlüsse helfen weniger; wichtig für mich als Steirer ist es, daß die Bundesregierung zu den einstimmigen Regierungsbeschlüssen steht. Das ist für mich ent­scheidend. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun zum Tunnel selbst. Gerade im transeuropäischen Eisenbahnsystem ist die neue Südbahn mit dem Semmering-Basistunnel und dem Koralm-Tunnel ein wichtiger Bestandteil, eine Verbin­dung vom Osten Österreichs, vom Osten Europas in den italienischen Wirtschaftsraum. Es hat auch der Schweizer Verkehrsspezialist Professor Brändli festgestellt, daß der Ausbau des Sem­mering-Basistunnels derzeit die einzige baureife Variante ist. Die Süd-Ost-Spange ist derzeit nicht realisierbar, und eine Umfahrung über Ungarn würde dem Wirtschaftsraum im Süden Öster­reichs starke Nachteile bringen.

Die kritisierte Kostensteigerung im Zusammenhang mit dem Bau ist auch darauf zurückzu­füh­ren, daß eben im nachhinein Sicherheits- und Umweltauflagen gefordert und vorgeschrieben wur­den.

Noch ein Wort zur Sicherheit: Die bestehende Bergstrecke konnte im Jahre 1996 nur an 23 Ta­gen uneingeschränkt befahren werden. An 186 Tagen wurde sie teilweise gesperrt. Somit kann man sagen, die Sicherheit ist derzeit gegeben, ob sie aber auch in Zukunft gegeben sein wird, bleibt die Frage.

Verweisen möchte ich auch auf den Kammertag der Wirtschaftskammer Österreich am 20. No­vem­ber 1998 in Wien, bei dem vehement gefordert wurde, den Ausbau der Bahnhoch­leistungs­strecke raschest voranzutreiben, um eine Umfahrung Österreichs zu verhindern und somit den Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken. Somit ein klares Bekenntnis zum Semmering-Basis­tunnel und zum Koralm-Tunnel. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch etwas zum Nachdenken: Tatsache ist, daß die Semmeringstrecke im Vergleich zur ÖBB-Normal­strecke einen um 400 Prozent höheren Wartungsaufwand hat und es 14mal öfter zu Zugstrennungen kommt. Außerdem gibt es auf dieser Strecke viermal mehr Zugsentgleisun­gen, als das auf Vergleichsstrecken der Fall ist.

Viele Rechtsverfahren sind abgeschlossen, vier wären noch offen. Der Großteil wurde positiv ab­ge­schlossen. Laut “profil”-Umfrage vom 7. Dezember 1998 sind im Süden Österreichs 82 Pro­­zent Tunnelfans beheimatet, und im übrigen sind es nur 11 Prozent, die auf alle Fälle ge­gen den Semmering-Basistunnel sind.

Durch einen raschen Ausbau oder den Einsatz von Neigezügen könnte die Fahrt nach Graz in eineinhalb Stunden geschafft werden, nach Klagenfurt in zweieinhalb Stunden. Somit wäre die Schiene eine vernünftige Alternative zur Autobahn, zur Straße. Dies müßte auch im Interesse der Grünen liegen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Verwirklichung der neuen Südbahn mit dem Semmering-Basistunnel ist daher eine Frage von europäischer Bedeutung. Es geht hier zuallererst um den Wirtschaftsstandort Österreich, ins­besondere um den Süden Österreichs, der auch ein Teil des Bundesgebietes ist. Da Frau Landeshauptmann Klasnic aufgefordert wurde, die Interessen der Steiermark wahrzunehmen, möchte ich hier an dieser Stelle extra betonen: Sie hat bewirkt, daß etwas weitergeht, sie hat bewirkt, daß etwas geschieht! Wir sehen optimistisch in die Zukunft. Als Steirer würde ich sagen, Herr Minister: Krempeln wir die Ärmel auf, und packen wir es an! (Beifall bei der ÖVP.)

12.34


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gabriele Binder. 4 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.34


Abgeordnete Gabriele Binder¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Rechnungshof­prä­sident! Meine Damen und Herren! Ein paar grundsätzliche Dinge zu diesem Prüfbericht. Tat­sache ist, daß die Semmeringstrecke zum Weltkulturerbe erklärt wurde, daß dadurch Verände­run­gen an dieser kaum mehr möglich sind und daß laut Professor Riessberger, der heute schon zitiert wurde, nur mehr Sanierungen und Reparaturen stattfinden können und erlaubt sind. So­mit ist und wird diese Strecke über den Berg eher eine Museums- oder Nostalgiebahn als eine moderne und leistungsfähige Bahn.

Meine Damen und Herren! Tatsache ist auch, daß der Semmering-Basistunnel nur ein Baustein des gesamten Projektes Südbahn ist und der Rechnungshof diesen Ausbau dieser Südbahn nicht in Frage stellt.

Die dritte Tatsache ist, daß es auch um eine Weiterentwicklung des Verkehrsweges Schiene geht. Und es geht auch um eine österreichische Lösung. Eindeutig sind die Aussagen der Ex­per­tenkommission und auch jene aus dem Rechnungshofbericht: Sowohl der Vollausbau der Sem­mering­bergstrecke als auch der Vollausbau der Aspangbahn werden als nicht zielführend verworfen. Auch ich halte den Vorschlag, zwei Tunnelröhren in Etappen zu bauen, für äußerst unwirtschaftlich und kostenintensiv, was auch von allen Tunnelexperten bestätigt wird.

Ein paar Aspekte zur Frage der Wirtschaftlichkeit. Beim Semmering-Basistunnel liegen die wirt­schaftlichen Vorteile auf der Hand. Durch die wesentlich geringere Steigung, 11,3 statt 28 Pro­mil­le, und weitaus größere Kurvenradien, 3 000 Meter statt 180 Meter, fährt man wesent­lich schnel­l­er, braucht weniger Strom, weniger Lokomotiven, und es fallen weniger Instandhaltungs­kosten an.

Noch ein paar Anmerkungen zur Frage der Verzögerung bei Planung und Bau. Was war und was ist dar­an schuld, meine Damen und Herren? – Viele Gründe werden genannt. Tatsache ist aber auch eindeutig die Position des niederösterreichischen Landeshauptmannes, der mit aller politi­schen Kraft und nicht durch sachliche Gründe den Bau des Tunnels verhindern will – nach­zu­­lesen unter anderem in “NEWS” vom 8. Jänner 1998 (Abg. Kampichler: Es stimmt nicht alles, was in “NEWS” steht!) –, und das unter dem Deckmantel des Naturschutzgesetzes. Kirch­turm­­denken ist angesagt, um österreichische bundesländerübergreifende Projekte zu verhin­dern.

Interessant in diesem Zusammenhang sind die bescheidmäßigen Auflagen für die Semmering-Schnellstraße, nämlich erstens die Rekultivierung der Grünflächen und zweitens die Festlegung der Farbgestaltung für das Lüftergebäude. Und das war es auch schon, meine Damen und Her­ren. Das heißt: zwei Projekte durch den Semmering, zwei verschiedene politische Haltungen und Bewertungen und zwei unterschiedliche Verfahrensführungen der Landesbehörde. Beide Bauvorhaben sind aber notwendig und wichtig.

Viele Empfehlungen des Rechnungshofes wurden bereits umgesetzt, wie zum Beispiel der Master­plan, wie zum Beispiel das Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz. Auch der Empfeh­lung, mit der Inangriffnahme des Baus des Haupttunnels bis zur Entscheidung des Urteils des Verfassungsgerichtshofes zu warten, wird selbstverständlich nachgekommen. Ebenso hat Mini­ster Einem zugesagt, mögliche Alternativen noch einmal zu untersuchen.

Meine Damen und Herren! Die Forderung nach einem Baustopp ist nach dem vorliegenden Bericht nicht nachvollziehbar. Es war wahrscheinlich eine persönliche Meinung des Herrn Rech­nungshofpräsidenten, der den Eindruck in der Öffentlichkeit erweckte, daß im Bericht der gene­relle Baustopp verlangt wird.

Ich zitiere in diesem Zusammenhang Ernst Brandstetter im “Standard” vom 28./29. November letzten Jahres:

“Die Kontrollore sollen kontrollieren, ob bei der Durchführung alles mit rechten Dingen zugeht. Der Rechnungshof hat auch nicht zu prüfen, ob die Steuerreform oder die Familienbeihilfe sinn­voll ist. Das geht die Prüfer genauso wenig an wie die – überaus politische – Festlegung der Haupt­verkehrsachsen.”

Meine Damen und Herren! So ist es. Die politische Entscheidung und Positionierung obliegt dem Parlament, das ist unsere Aufgabe. Deshalb meine und bin ich überzeugt davon, daß nach Klärung der offenen Punkte eine endgültige Entscheidung getroffen werden muß – im Sinne einer zukunftsorientierten und umweltverträglichen verkehrspolitischen Lösung, im Sinne der be­troffenen Bundesländer Steiermark und Kärnten, im Sinne einer vernünftigen Lösung für Öster­reich und einer Chance für die Südbahn und die Menschen in dieser Region. (Beifall bei der SPÖ.)

12.39


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kampichler. 5 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.39


Abgeordneter Franz Kampichler¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Bin­der! Nicht Kirchturmdenken, sondern die berechtigte Sorge um die Anliegen der betroffenen Be­völkerung sind die Grundlage des Handelns unseres Landeshauptmanns Erwin Pröll. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Aber jetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Rechnungshofbericht. (Unruhe im Saal.) Wenn sich die Herren beruhigt haben, möchte ich vor allem dem Rechnungshof sehr herz­­lich dafür danken, daß er ein politisch brisantes, ein sehr viel diskutiertes und keinesfalls un­um­strittenes Projekt geprüft hat, nämlich den Semmering-Basistunnel und die Südbahn­strecke. Das Prüfungsergebnis, meine Herren und Damen von der SPÖ, hat leider Gottes die Beden­ken bestätigt: Es fehlt die Wirtschaftlichkeitsberechnung, es fehlt ein Bundesverkehrs­wege­konzept, es fehlt die Prüfung der Alternativen, und die Finanzierung ist nicht gesichert. – Meine Vorredner sind schon sehr intensiv auf diese Punkte eingegangen.

Der Rechnungshof hat die Ergebnisse sehr selbstbewußt in der Öffentlichkeit vertreten und damit Kompetenz und Unabhängigkeit bewiesen. Ich bedanke mich dafür. Der Rechnungshof hat auch Versäumnisse aufgezeigt, und diese Versäumnisse hat nicht nur der jetzige Ver­kehrs­minister zu verantworten, sondern auch seine Vorgänger. Auch darüber wurde heute schon gesprochen.

Es gibt konkrete Empfehlungen des Rechnungshofes, und diese Empfehlungen machen mich optimistisch und stimmen mich froh. Es soll endlich seriös geprüft werden, inwieweit Neigewa­gen eingesetzt werden können. Es soll die Planung der Strecke Wien – Sopron rasch vorange­trie­ben werden, und es soll vor allem die Aspangbahn modernisiert werden – ein Anliegen, das unse­re Region schon sehr lange beschäftigt.

Es freut mich, daß der Verkehrsminister diese Anregungen aufgenommen und der Rech­nungshof­bericht eine kreative Phase bewirkt hat. Jetzt können Alternativen in Ruhe und seriös geprüft werden.

Als Abgeordneter dieser Region begrüße ich diesen Weg, denn die Empfehlungen des Rech­nungshofes gehen in die richtige Richtung. Die Modernisierung der Aspangbahn und der Bau einer Flachbahn durch das Burgenland würden zur Erschließung jener Bereiche führen, die bis jetzt sehr stiefmütterlich behandelt wurden, nämlich das südliche Niederösterreich und den Raum Hartberg/Oberwart. Hier, meine sehr geehrten Damen und Herren, wohnen mehr Men­schen als in der Mur-Mürz-Furche, und wir hätten die Chance, daß die Bewohner in dieser Region von Wochenpendlern zu Tagespendlern werden. Wir würden eine Verlagerung des Ver­kehrs von der Straße auf die Schiene bewirken und damit sehr intensiv die Süd Autobahn ent­lasten. Sie kennen das Problem auf der Wechselstrecke, wo es laufend zu Unfällen und Staus kommt. Das heißt, es käme zu einer echten Verbesserung auch in diesem Bereich.

Diese Maßnahmen finden hohe Akzeptanz bei der Bevölkerung, denn sie bringen eine Stei­ge­rung der Lebensqualität für die Menschen insgesamt in dieser Region und nicht nur eine Ver­bes­serung der Situation der Pendler. Und ich freue mich, daß jetzt die Zeit genutzt wird, um in diese Richtung initiativ zu werden; der Rechnungshof hat natürlich diese Phase beschleunigt.

Es gibt einen Punkt, der mich mit großer Sorge erfüllt: Im Rechnungshofausschuß hat Herr Gene­­ral­­direktor Draxler die Aussage gemacht, das Land, das die Bergstrecke über den Sem­mering will, solle auch die Kosten dafür übernehmen. – Herr Minister, ich bitte, hier nicht ver­trags­brüchig zu werden. Es geht um die Ghega-Strecke, es geht um das Weltkulturerbe, über das wir uns sehr, sehr freuen, und wir können den Gemeinden nicht zumuten, daß sie die Kosten für diese Bahnstrecke übernehmen – die Konsequenzen wären äußerst fatal. Allein mit Schülerzügen und Tourismusattraktionen können wir diese Strecke nicht weiter betreiben. Die Ver­ant­wortung liegt hier bei Ihnen, und ich ersuche Sie, Herr Minister, wirklich an die Österrei­chi­schen Bundesbahnen zu appellieren, daß sie sich dieser ihrer Verantwortung bewußt sind und nicht vertragsbrüchig werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Rechnungshofbericht hat eine sehr wertvolle Phase des Nach- und Umdenkens ausgelöst. Sehr viele Ideen sind plötzlich salonfähig gewor­den und werden als zusätzliche Lösungsmöglichkeit der Verkehrsprobleme, die in Richtung Sü­den bestehen, registriert. Es war interessant, daß bei einer der letzten Veranstaltungen zum The­­­ma Ausbau der Südbahn in der Industriellenvereinigung ein Fachmann folgendes festge­stellt hat: Dem Landeshauptmann von Niederösterreich sollte eigentlich der höchste Orden der ÖBB verliehen werden (Abg. Leikam: Faschingsorden! Faschingsorden!), weil er mit seiner Initiative diese Phase des Umdenkens eingeleitet hat. Und wenn wir jetzt zum Wohle der be­trof­fe­­nen Bevölkerung bessere Lösungen erreichen, dann ist das eine Auszeichnung für unseren Lan­des­hauptmann. (Abg. Marizzi: Halleluja, Pröll!) Ich freue mich darüber und bedanke mich bei allen, die zu besseren Lösungen der in Richtung Süden bestehenden Verkehrsprobleme bei­­ge­tragen haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Marizzi: Halleluja, Pröll! Halleluja, “Schatz im Sil­ber­see”!)

12.45


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Leikam. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

12.46


Abgeordneter Anton Leikam¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bin den drei Red­nern der SPÖ-Fraktion sehr dankbar für die klaren Worte, die sie hier zum Bau des Semmering-Basis­tunnels gefunden haben. Ich bin ihnen deswegen sehr dankbar, weil sie damit Solidarität mit zwei Bundesländern gezeigt haben, die tatsächlich wirtschaftlich benachteiligt sind, und zwar deswegen, weil wir diese modernen, leistungsfähigen Verkehrsverbindungen im Bundes­land Kärnten leider nicht haben, wie sie in anderen Teilen Österreichs durchaus selbstver­ständ­lich sind. Also nochmals herzlichen Dank, liebe Freunde, für diese Solidarität. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine dynamische Wirtschaft – das ist unbestritten und ist auch heute in vielen Diskussions­beiträ­gen klar unterstrichen worden – braucht moderne, leistungsfähige Verkehrsverbindungen. In jenen Gebieten, in denen diese nicht gegeben sind, spielt sich wirtschaftlich auch sehr wenig ab. Welcher Betrieb wird an der Jahrtausendwende bereit sein, sich dort niederzulassen, wo es nicht einmal der Zeit entsprechende Verkehrsverbindungen gibt? – Niemand, kein Betrieb wird sich dort ansiedeln! (Abg. Kampichler: Das gilt aber auch für Hartberg und Oberwart, Herr Kollege!) Das ist ein Faktum, Kollege Kampichler, über das wir nicht hinwegkommen.

Daher bemühen sich ja auch die Kärntner und die Steirer seit vielen Jahren so intensiv um den Bau dieses Semmering-Basistunnels und haben kein Verständnis, daß ein Landeshauptmann, näm­lich der Landeshauptmann von Niederösterreich, mit seinem Veto, mit seiner politischen Kraft, die er anscheinend auch innerhalb der ÖVP besitzt, dieses Projekt zu verhindern sucht.

Als Kärntner Abgeordneter muß ich in meinem Redebeitrag darauf hinweisen, in welcher Si­tuation sich unser Bundesland befindet: Von Osten her führt eine nicht leistungsfähige Bahn durch das Nadelöhr Semmering; aber auch die Streckenführung auf der steirischen und auf der Kärnt­ner Seite ist nicht besonders modern und leistungsfähig, auch diese gilt es natürlich aus­zu­bauen.

Jene, die vom Norden her in unser Bundesland kommen wollen, müssen Maut bezahlen, sie müssen “Eintritt” bezahlen, wenn sie in das Bundesland Kärnten reisen wollen. Noch dazu gibt es bei unseren Autobahnen nur einröhrige Tunnel, nicht zwei Röhren, wie sie in anderen Teilen Österreichs im Autobahnbau durchaus selbstverständlich sind.

Ich habe mit Verwunderung zur Kenntnis nehmen beziehungsweise hören müssen – zur Kenntnis nehmen wer­den wir es ja nicht –, daß der Herr Wirtschaftsminister erst vor wenigen Tagen erklärt hat, daß eine zweite Röhre für den Katschbergtunnel und den Tauerntunnel für ihn nicht in Frage komme, son­dern die zusätzlichen Milliarden, die aus dem Verkauf der Autobahn­pickerl lukriert werden, für Ausbau­pläne auf der West Autobahn vorgesehen sind. Das ist gut und recht, aber wieder einmal eine Be­nachteiligung des Bundeslandes Kärnten.

Wenn wir in Richtung Süden schauen, müssen wir sehr neidvoll zur Kenntnis nehmen, daß unsere Nachbarn tüchtiger als wir mit dem Bahnbau sind. Es geht in der Pontebbana zügig voran, man steht mit dem Ausbau der italienischen Bahnen beinahe vor der Landesgrenze. Auch in Slowenien wird fest gebaut – und wir in Kärnten und die Steirer bleiben über.

Es ist noch nicht allzulange her, da waren alle Kärntner Parteien für den Bau des Semmering­tunnels. Herr Haider war als Landeshauptmann von Kärnten ein vehementer Befürworter. Der Sem­­mering-Basistunnel müsse gebaut werden, war seine damalige Devise. Kaum war er als Kärntner Landeshauptmann abgewählt, war sein Interesse am Semmering-Basistunnel nicht mehr gegeben. Im Gegenteil: Seit diesem Zeitpunkt bekämpft er diesen Tunnel durch unquali­fi­zier­te Aussagen, durch Veranstaltungen, Bürgerversammlungen und vieles andere mehr. Er schadet damit, meine Damen und Herren, in unglaublicher Weise dem Bundesland Kärnten und der wirtschaftlichen Entwicklung in unserem Bundesland (Beifall bei der SPÖ.)

Vor zweieinhalb Jahren, im Oktober 1996, kam es in Wolfsberg zur Unterzeichnung einer Re­solution, durch die das Doppelspiel der Freiheitlichen wieder einmal offenkundig wurde. Es wurde in dieser Resolution in erster Linie der Koralm-Tunnel gefordert und auch entsprechend unter­stützt. Aber im Text dieser Resolution ist auch ganz deutlich enthalten, daß neben dem Kor­alm-Tunnel auch der Semmering-Basistunnel zu bauen sei. Unterschrieben haben diese Re­solution neben den Landeshauptleuten von Kärnten, der Steiermark und den Landeshaupt­mann­­­stellvertretern, den sozialdemokratischen Verantwortlichen, auch drei sehr prominente freiheit­liche Politiker: für Kärnten Herr Landeshauptmannstellvertreter Grasser, für die Steier­mark Herr Landesrat Vesko und für die Stadt Klagenfurt Herr Mag. Ebner, damals freiheitlicher Stadtrat in Klagenfurt.

Hier zeigt sich das offensichtliche Doppelspiel der Freiheitlichen: auf der einen Seite dagegen sein und auf der anderen Seite dafür sein. (Abg. Fuchs: Wie immer!) Ich wiederhole: Das scha­det der Kärntner Wirtschaft! Ein solches Doppelspiel wird ausschließlich auf dem Rücken der Kärntner Bevölkerung ausgetragen. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun wende ich mich, meine sehr geehrten Damen und Herren, an die Österreichische Volks­partei. Es wundert mich schon, daß ich heute auf der Rednerliste keinen Namen eines Kärntner ÖVP-Abgeordneten finden kann. (Abg. Dr. Kostelka: Die dürfen ja nicht! – Rufe bei der ÖVP: Warte nur!) Das ist meiner Meinung nach ein klarer Hinweis darauf, daß sich der interne Konflikt in der Österreichischen Volkspartei vertieft hat. Nicht einmal der Fraktionsvorsitzende im Rech­nungs­hofausschuß, Kollege Wurmitzer, darf heute hier das Wort ergreifen. (Zwischenruf des Abg. Wurmitzer.) Er mußte anderen den Vortritt lassen. Ich halte diese Vorgangsweise in be­zug auf Kärnten schlicht und einfach für unerträglich, meine Damen und Herren von der Öster­rei­chischen Volkspartei.

Aber das ist die gleiche Halbherzigkeit, die auch der Kärntner Landeshauptmann Christoph Zernatto an den Tag legt. Von ihm hört man viel zu wenig, wenn es um das Verlangen geht, den Semmering-Basistunnel zu bauen. Halbherzig ist er bei der Sache dabei, Wurmitzer und Gatte­rer sind heute überhaupt nicht dabei. Das ist ein Faktum!

Ein weiterer Punkt, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, soll er­wähnt werden: Die Kärntner Wirtschaftskammer unter Präsident Koffler ist gemeinsam mit der Arbei­terkammer ein vehementer Befürworter des Baues des Semmering-Basistunnels und nützt jede Gelegenheit, diesen bei den Wiener Stellen einzufordern. Die Vertreter der Wirtschafts­kam­mer hier im Parlament, die Abgeordneten Stummvoll und Maderthaner, bleiben dieser Dis­kussion fern: null Interesse, null Unterstützung für die Kärntner Anliegen! (Abg. Steibl: Das stimmt doch nicht!)

Bei der Landesfeier zum 75. Jahrestag der Kärntner Volksabstimmung hat Herr Landeshaupt­mann Zernatto das ÖVP-Mitglied der Bundesregierung Bartenstein mit einem Kärntner Anzug aus­gestattet und erklärt, er sei der Verbindungsmann und der Kontaktmann der Bundesregie­rung zum Bundesland Kärnten. (Abg. Steibl: Das ist er auch! Ein guter!)

Herr Minister Bartenstein! Ziehen Sie den Kärntner Anzug wieder aus! Sie haben in Sachen Bau des Semmering-Basistunnels für unser Bundesland auch nichts getan. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.)

Ich kann heute zu den Diskussionsbeiträgen der ÖVP nur folgendes feststellen: Die Kärntner ÖVP-Abgeordneten sind von ihrem Klubobmann entmündigt worden. Sie durften heute hier nicht reden (Zwischenruf der Abg. Steibl), und die Kärntner Bevölkerung und die Kärntner Wirt­schaft insgesamt sind vom niederösterreichischen Landeshauptmann “gepröllt” worden, meine Damen und Herren. Das ist ein Faktum. Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben heute hier im Parlament einmal mehr die Erfahrung gemacht: Das Land Kärnten, die Kärntner Bevölkerung und die Wirtschaft Kärntens haben weder von der Freiheitlichen Partei noch von der Österreichischen Volkspartei in Hinkunft etwas zu erwarten – immerhin eine sehr interessante Erkenntnis, die heute hier gewonnen wurde. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Irrtum!)

12.54


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Steindl. 5 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.54


Abgeordneter Mag. Franz Steindl¦ (ÖVP): Meine Herren Präsidenten! Herr Minister! Herr Ab­geordneter Leikam! Das war jetzt natürlich eine schöne, polemische Wahlrede, allerdings am fal­­schen Ort gehalten. (Abg. Steibl: Genau! – Rufe und Gegenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Nach­dem Herr Kollege Leikam hier im Parlament für Kärnten das Wort ergriffen hat, kann ich versi­chern, daß Herr Abgeordneter Wurmitzer heute zu diesem Thema noch die Wörter ergreifen wird. (Abg. Leikam: Wunderbar!)

Ich habe mir im Rechnungshofausschuß die Debatte sehr genau angehört und muß als Burgen­länder dazu sagen ... (Abg. Leikam: Ohne mein Zutun wäre das nicht möglich gewesen!) – Nein, nein, er hat sich schon vorher zu Wort gemeldet, noch bevor du an das Rednerpult getre­ten bist.

Ich möchte zunächst zur Debatte im Rechnungshofausschuß einiges sagen. Ich muß als Burgenländer feststellen, daß die Debatte im Rechnungshofausschuß, die sehr lange gedauert hat und in welcher sehr viele Experten zu Wort gekommen sind, nicht mehr Licht ins Dunkel gebracht hat. Ich möchte da nur auf drei Punkte eingehen.

Erster Bereich: Kritik am Rechnungshof. Dazu möchte ich folgendes feststellen: Ich glaube, diese Kritik am Rechnungshof ist völlig zu Unrecht erfolgt. Immer dann, wenn irgendeiner Grup­pe etwas nicht paßt, wird von derselben Kritik am Rechnungshof geübt, und immer dann, wenn in bezug auf die eigenen Bereiche alles paßt, wird eben nichts gegen den Rechnungshof gesagt. Das habe ich bei der Debatte um die Heilmittelbehelfe so erlebt. Ich habe das auch bei der Dis­kus­sion über das Beschaffungswesen des Bundesheeres zur Kenntnis nehmen müssen. Immer dann, wenn sich die SPÖ gefoppt fühlt, greift sie Präsident Fiedler an.

Ich glaube, daß die Verhängung des Baustopps eine richtige Entscheidung war. Die zwölf Punkte, die im Rechnungshofbericht gefordert wurden, sind schon zum Teil umgesetzt worden. Das zeigt, daß die Empfehlungen des Rechnungshofes richtig waren. Es wurde darüber hinaus auch die Variantenuntersuchung erreicht.

Folgendes aber – und damit komme ich schon zum zweiten Bereich – läßt sich aus dem Rech­nungshofbericht herauslesen, nämlich die Versäumnisse der SPÖ-Minister. Das muß man wirk­lich betonen! Wenn man sich anschaut, wer in dieser Causa zuständig war, dann liest sich das wie ein “Who’s who” der SPÖ-Granden, nämlich: Karl Lausecker, Dkfm. Ferdinand Lacina, Dr. Ru­dolf Streicher, Mag. Viktor Klima, Dr. Rudolf Scholten und – jetzt – Dr. Caspar Einem.

Eines ist allen gemeinsam: Sie haben es nicht zustande gebracht, die Entscheidungs­grund­lagen entsprechend aufzubereiten – bis heute nicht. Es fehlt bis heute der Bundesverkehrs­we­ge­­plan. Es ist die Finanzierung tatsächlich erst über das Schieneninfrastrukturgesetz gesichert worden, davor gab es keine Sicherung. Von der angekündigten Privatfinanzierung ist nicht viel übriggeblieben. Es fehlt also nach wie vor eine gesamtwirtschaftliche Darstellung.

Nun zum dritten Bereich, zur Variantendiskussion: Ich halte es für falsch – auch wenn man für den Semmering-Basistunnel eintritt; da gibt es ja verschiedene Strömungen –, daß nicht auch über die Süd-Ost-Spange ernsthaft weiterdiskutiert wird. Der Herr Minister hat eindeutig gesagt, daß er für das Projekt Süd-Ost-Spange keine eingehende Wirtschaftlichkeitsuntersuchung in Auftrag geben wird. Ich muß dazu sagen: Das ist schade! Im Ausschuß hat der Minister ge­meint – ich zitiere –: Es gilt nicht nur die Betriebswirtschaft zu optimieren, sondern auch die verschie­densten Interessenlagen.

Dazu darf ich sagen, Herr Minister: Es müßten doch auch die Interessen der Ostregion, vor allem jene des Burgenlandes mit berücksichtigt werden. Diese darf man nicht so einfach abtun, denn da gibt es wirklich sehr viele Interessen. Das Burgenland hätte Interesse daran, an eine Hochleistungsbahn angebunden zu werden. Wir haben im Burgenland das Problem, daß sehr viele Arbeitnehmer nach Wien pendeln müssen. Man könnte diese zu Tagespendlern machen. Außerdem gibt es immer noch das Problem, daß das Burgenland im wirtschaftlichen Bereich einen Nachholprozeß durchführen muß. Wir sind mit der Ostöffnung konfrontiert. Wir denken in Richtung EU-Osterweiterung. All das müßte man ins Kalkül ziehen.

Abschließend möchte ich sagen: Ich meine, daß wir – egal, ob der Semmering-Basistunnel ge­baut wird oder nicht – bei dieser gesamten Diskussion die Ostregion, einschließlich des Burgen­landes, nicht vergessen sollten. Ich halte es für falsch, daß betreffend das Projekt “Süd-Ost-Span­ge light” nicht weiter geforscht, nicht weiter untersucht wird. Ich ersuche den Herrn Mini­ster, dieses Projekt nicht wegzulegen, sondern in die künftigen Überlegungen miteinzu­be­ziehen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.00


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Wallner. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.00


Abgeordneter Kurt Wallner¦ (SPÖ): Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Präsident des Nationalrates! Meine Damen und Herren! Nach nun schon mehrstündiger Debatte muß ich endlich klar und deutlich sagen, daß der Grund für die endlose Verzögerung, ja Verhinderung der Verwirklichung des so wichtigen Projektes Semmering-Basistunnel nur einen Namen hat, nämlich: Pröll, Pröll, Pröll und noch einmal Pröll. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es scheint so zu sein – und das meine ich nicht polemisch; es ist wirklich traurig, daß sich das realpolitisch so auswirkt –, daß der Machterhaltung der ÖVP in Niederösterreich auch diese wichtige Nord-Süd-Verbindung, nämlich der Semmering-Bahn­tunnel, geopfert wird. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! In einem Anflug von Cäsarenwahn – so würde ich es fast bezeich­nen – stellte Landeshauptmann Pröll klar: Solange ich, Erwin Pröll, Landeshauptmann von Niederösterreich bin, wird es keinen Semmering-Bahntunnel geben. – Gesagt erst jüngst – vor der Bundesparteivorstandssitzung der ÖVP, die vor kurzem stattgefunden hat –, als junge Stei­rerin­nen und Steirer, die ich persönlich kenne, für ihre Zukunft demonstriert haben, für den Bau des Semmering-Bahntunnels. Ihnen gegenüber hat er das wörtlich gesagt. (Abg. Steibl: Aber diese Demonstration war nicht schön! Ist es zu befürworten, mit einem Sarg zu demon­strieren?) – Eine ganz herbe Enttäuschung, die uns die ÖVP da bietet!

Liebe Kollegin Steibl! Warum kommen Sie hier nicht heraus und ergreifen das Wort? Es scheint wirklich zu stimmen, was Kollege Leikam hier gesagt hat, nämlich daß nicht nur die Kärntner, sondern auch die steirischen ÖVP-Abgeordneten mit einem Redeverbot belegt worden sind. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Es zeugt von Charakterlosigkeit, jemand einen Sarg vor die Tür zu stellen!) Doch wenn sich dann doch jemand zu Wort meldet, scheint es so zu sein, als ob er eine Beruhigungsspritze verabreicht bekommen hätte. Wenn ich ein ÖVP-Mandatar aus der Steiermark wäre, dann müßte ich hier doch explodieren und meine Meinung entsprechend kund­tun.

Noch einmal: Die bisherige Verhinderung des Semmering-Basistunnels ist ein eindeutiges ÖVP-Problem, und sogar der schwache Bundesparteiobmann Schüssel läßt sich von Landeshaupt­mann Pröll am Nasenring herumführen. Jüngstes Beispiel: Der Herr Präsident des Verfassungs­gerichtshofes hat in einem Interview wörtlich gesagt – ich zitiere Adamovich –: So wie Nieder­österreich das gelöst hat, scheint es vorläufig über die Grenzen der Landeskompetenz hinaus­gegangen zu sein. Diese Kompetenz heiße nicht, daß das Land Eisenbahnprojekte untersagen oder durch wirtschaftlich zumutbare Auflagen praktisch unmöglich machen darf. – Das hat Herr Adamovich gesagt.

Welche Reaktion hat es innerparteilich darauf gegeben? – Pröll war sofort für die Wieder­kan­didatur von Schüssel, und Schüssel ist somit wieder ein Faustpfand in der Hand von Pröll, damit er weiterhin auch innerparteilich diesen Tunnel verhindern kann.

Meine Damen und Herren! Wie geht es in der Steiermark weiter? – Ich persönlich schätze die Frau Landeshauptmann als Mensch (Ruf bei der ÖVP: Seit wann?), aber was die politische Seite betrifft, muß ich sagen, daß sie leider Gottes immer wieder falsch reagiert: Ihre Loyalität zur Bundes-ÖVP ist stärker als ihre Vertretung der Interessen der Menschen in der Steiermark. Statt daß sie zum Bundesparteivorstand geht und dort wie Peter Schachner einen einstimmigen Beschluß für den Bau des Semmering-Basistunnels herbeiführt, fährt sie nach Bad Aussee zur Regierungsklausur und will Herrn Minister Einem oder auch die anderen SPÖ-Regierungs­mitglieder davon überzeugen, daß sie für den Bau des Semmering-Basistunnels eintreten sollen. Dazu sage ich Ihnen folgendes, und das schreiben Sie sich ins Stammbuch: Wenn es die SPÖ nicht gäbe, würden wir über dieses Projekt gar nicht mehr diskutieren! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Noch ein Wort aus obersteirischer Sicht. Die Expertengruppe, die eingesetzt wurde, hat einen Mix vorgeschlagen: Semmering-Basistunnel und Ergänzungen. Das ist gut für die Industrie und für die Wirtschaft Südösterreichs.

In der Obersteiermark schaut es so aus, daß die Industriebetriebe wie auf einer Perlenkette auf­gefädelt sind, und wenn Sie sich die Namen dieser Betriebe anschauen, dann stellen Sie fest, daß das wie ein “Who’s who” der österreichischen Industrie klingt. Einige Beispiele: VOEST-Alpine, Böhler Uddeholm, Schrack-Ericson, Brigl & Bergmeister, AT & S, Veitsch-Radex, Gös­ser, Mayr-Melnhof und so weiter und so fort. Aber jetzt besteht das Problem, daß wir in der Steiermark einen Standortnachteil haben. Standortnachteil bedeutet höhere Transportkosten und eine geringere Chance, Produkte zu verkaufen. Ein kleines Beispiel: In Donawitz wird eine 120 Meter lange Schiene produziert, die nicht über die bestehende Bergstrecke exportiert wer­den kann, obwohl sie eigentlich Marktführer in Europa ist. Da ist ein großer Standortnachteil gegeben.

Viele Menschen – und das möchte ich wirklich unterstreichen – sind deshalb für den Sem­me­ring-Bahntunnel, weil er Industriearbeitsplätze sichert. Dieser Meinung schließen sich 68 Prozent der Steirer, 49 Prozent der Niederösterreicher und 52 Prozent der Österreicher insgesamt an.

Zum Schluß kommend möchte ich sagen: Ich fordere ein, daß der Ministerratsbeschluß aus dem Jahre 1996 für den Bau des Semmering-Basistunnels ehebaldigst umgesetzt wird, und ich bin dagegen, daß wir weiterhin die politischen Verwirrungen eines Landeshauptmannes mit Milliardenaufwand finanzieren, und ich hoffe, daß wir die Hoffnungen Tausender Menschen auf eine bessere Verkehrsanbindung nicht enttäuschen.

Wir Steirer, wir Südösterreicher wollen endlich die natürliche Sperre des Semmerings durch­brechen und den Nordosten unseres Landes mit dem Süden Österreichs verbinden. – Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)

13.06


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet hat sich nun der Herr Präsident des Rechnungshofes Dr. Fiedler. – Bitte, Herr Präsident.

13.06


Präsident des Rechnungshofes Dr. Franz Fiedler¦: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Rechnungshof hat einen Auftrag zur Prüfung eines Projektes im Zusammenhang mit einem der bedeutendsten Eisenbahnvorhaben der Gegenwart übertragen bekommen, nämlich dem Ausbau der Eisenbahnverbindung Richtung Süden. Ich denke, daß alle Redner, die sich heute hier zu Wort gemeldet haben, mit mir einer Meinung sind, wenn ich sage, daß die Notwendigkeit eines solchen Ausbaus außer Frage steht. Dies­bezüglich glaube ich, doch einen Konsens erkennen zu können.

Ebenso bin ich der Meinung, daß außer Frage steht, daß es das Anliegen der Bundesregierung, des Nationalrates und auch des Rechnungshofes zu sein hat, daß eine Verlagerung des Ver­kehrs von der Straße auf die Schiene erfolgt. Von diesem Grundkonsens ausgehend sollte man, glaube ich, auch unseren Bericht betrachten.

Der Rechnungshof hat im Zuge seiner Prüfung Feststellungen getroffen, die dahin gehen, daß in der Vergangenheit Fehlentwicklungen zu verzeichnen waren – Fehlentwicklungen sowohl bei der Planung als auch bei der Durchführung – und daß es darüber hinaus auch zu Ver­säumnissen gekommen ist. Ich möchte nicht ins Detail gehen; die Details sind im Rechnungs­hofbericht sehr klar und deutlich zum Ausdruck gebracht.

Es gab aber auch noch etwas anderes, was der Rechnungshof festgestellt hat: daß sich näm­lich die Rahmenbedingungen gegenüber dem Zeitpunkt, zu dem erstmals mit der Planung zum Bau einer Hochleistungsstrecke in den Süden begonnen wurde, nicht unwesentlich verändert haben. In diesem Zusammenhang wäre nur beispielsweise zu erwähnen, daß sich die progno­stizierten Verkehrsentwicklungen nicht in der Weise realisiert haben, wie dies ursprünglich an­genommen wurde, daß die Prognosen zumindest zum Teil revidiert werden mußten. Darüber hinaus kam ein völlig neues Moment hinzu, nämlich das EU-Beitrittsansuchen unserer östlichen Nachbar­staaten Ungarn und Slowenien und in weiterer Folge auch der geplante Bau des soge­nannten Korridors V, einer Verbindung von Helsinki über Budapest nach Marburg und Triest, also im unmittelbaren Osten Österreichs.

Die Entscheidungsgrundlagen für eine bestimmte Trassenwahl haben sich sowohl durch die im Rechnungshofbericht detailliert festgehaltenen Fehlentwicklungen und Versäumnisse als auch durch die Änderungen der Rahmenbedingungen nicht unwesentlich verändert, beziehungs­wei­se fehlen sie oder sind nicht in ausreichendem Maße vorhanden.

Der Rechnungshof hat auch dazu sehr ausführlich Stellung genommen. Ich möchte hier nur stich­wortartig einige Beispiele anführen: die Frage der Wirtschaftlichkeit, die dem Rechnungshof weder in volkswirtschaftlicher noch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht hinreichend gelöst er­scheint, die Frage des Kostenrahmens, die gleichfalls noch offen ist, und die Frage des Finan­zierungsmodus. Zu letzterem möchte ich ausdrücklich anmerken, daß es mir nicht nur darum geht, auf die gesetzlichen Bestimmungen zu verweisen, die regeln, wie dieser Bau finanziert werden kann, sondern natürlich auch darum, wie in concreto das Zahlenmaterial gestaltet ist und wie darüber hinaus auch das Finanzierungskonzept aussieht.

Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, daß bis vor kurzer Zeit noch sehr ernsthaft erwogen wurde, ein Private-Public-Partnership-Modell im Zusammenhang mit dem Bau des Sem­mering-Basistunnels zu präferieren. Von diesem Modell scheint man nun abgekommen zu sein, doch restlose Klarheit besteht diesbezüglich noch nicht.

Aufgrund der fehlenden Entscheidungsgrundlagen ist der Rechnungshof zum Ergebnis gekom­men, daß es in Frage steht, ob der Semmering-Basistunnel die zweckmäßigste Lösung des Aus­baus der Südbahn darstellt. Er hat daher in seinem Bericht die fehlenden Entschei­dungs­grundlagen eingemahnt und empfohlen, daß es nunmehr gilt, diese Entscheidungsgrundlagen nachzuholen, um eine gesicherte Entscheidung treffen zu können.

Es ist sehr bemerkenswert, daß – unabhängig vom Rechnungshof – seitens des Bundes­mini­steriums für Verkehr auch eine unabhängige Expertengruppe eingesetzt wurde, deren Ergebnis sich in den grundlegenden Feststellungen mit jenen des Rechnungshofes deckt. Die Exper­ten­gruppe führt in ihrem vor einigen Monaten erstatteten Bericht wörtlich aus – ich zitiere –: “Es gehören die gravierenden Änderungen der bisherigen Rahmenbedingungen berücksichtigt.”

Das heißt, die Expertengruppe ist gleich wie der Rechnungshof der Ansicht, daß es die geän­derten Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit der letztlichen Entscheidungsfindung zu berücksichtigen gilt. Auch die Expertengruppe führt in diesem Zusammenhang den geplanten Beitritt der Reformstaaten zur Europäischen Union und die Änderung der Verkehrsprognosen an.

Die Expertengruppe empfiehlt schließlich dem Bundesministerium die Vornahme einer Varian­tenuntersuchung. Unter Varianten versteht dabei die Expertengruppe sowohl Alternativen als auch Ergänzungen. Insgesamt listet die Expertengruppe in ihrem Bericht acht Varianten auf, darunter die Scheitelstrecke, den Semmering-Basistunnel selbst, die Aspangbahn, die unga­rische Flachbahn, die Süd-Ost-Spange mit einer geänderten Trassenführung, also abweichend von der Variante der Machbarkeitsstudie des Jahres 1991, die sogenannte Süd-Ost-Spange light, und letztlich auch Kombinationen all dieser Varianten.

Als nicht zielführend sieht die Expertengruppe den Vollausbau der Scheitelstrecke und den Voll­ausbau der Aspangbahn an. Der Rechnungshof teilt die Auffassung, daß ein Vollausbau der Berg­strecke, also der Scheitelstrecke des Semmerings, und der Aspangbahn wohl nicht als sehr realistisch eingestuft werden kann. Ich möchte aber betonen: Es handelt sich dabei um den Vollausbau dieser beiden Strecken, also um den Ausbau zu Hochleistungsstrecken. Unab­hängig davon wäre sehr wohl zu prüfen, inwieweit eine sanierte Scheitelstrecke und eine teilausgebaute Aspangbahn nicht doch durchaus zielführende Varianten sein können. Insoweit steht der Rechnungshof auch nicht im Widerspruch zum Ergebnis der Expertengruppe.

Die Expertengruppe fordert schließlich die Vornahme der Variantenuntersuchung in den näch­sten zwei Jahren und hat diesbezüglich im Rechnungshofausschuß eine gewisse Präzisierung vorgenommen, indem sie diese zwei Jahre als Maximalfrist angesehen hat.

Die Expertengruppe hat darüber hinaus auch ganz bestimmte Kriterien vorgesehen, die im Rah­men dieser Untersuchung zu berücksichtigen sind. Das ist die technische Machbarkeit, das sind die Kosten, das sind die Planungs- und die Bauzeit, das sind die Kapazitäten für den Güter­verkehr, und das ist die Wettbewerbsfähigkeit des Personen- und Güterverkehrs im Vergleich zur Straße. Der Rechnungshof schließt sich auch diesem Kriterienkatalog der Expertengruppe an.

Der Rechnungshof hat das Ergebnis der Expertengruppe in seinen Bericht einfließen lassen und dazu auch eine Stellungnahme abgegeben. Er hat empfohlen, daß die von der Exper­tengruppe angemahnte Variantenuntersuchung ehestmöglich durchgeführt werden möge. In diesem Zusammenhang steht im Rechnungshofbericht diesbezüglich wörtlich folgendes – ich zitiere –:

“Der Rechnungshof sah sich durch die Aussagen der Expertengruppe vor allem in seiner Forderung nach Klarstellung, welche Linienführung die künftige Südbahn nehmen soll, bestä­tigt. Er empfahl dringend, die von der Expertengruppe angeregten Untersuchungen auch los­gelöst von den beim Tunnelobjekt noch offenen Verfahren beziehungsweise Rechtsfragen durch­zuführen.”

Als weitere Empfehlung hat der Rechnungshof in seinen Schlußbemerkungen ausgeführt, daß mit einer Inangriffnahme des Haupttunnels zuzuwarten ist. Das ist der von mir erwähnte und so vielzitierte Baustopp. Und er ergibt sich auch rein logisch aus den Empfehlungen der Experten­gruppe und des Rechnungshofes. Denn es wäre nun tatsächlich nicht einsichtig, wenn unab­hängig und losgelöst von den Untersuchungen, die die Expertengruppe angeregt hat, mit einem Bau des Haupttunnels begonnen oder wenn mit einem weiteren Vortrieb des Sondierstollens fortgesetzt würde.

Es ist die logische und sachliche Konsequenz aus den Empfehlungen der Expertengruppe und den insoweit auch deckungsgleichen Empfehlungen des Rechnungshofes, und es kann darin auch nur eine sachliche Empfehlung gesehen werden und keinesfalls eine politische Einfluß­nahme des Rechnungshofes worauf auch immer. Denn damit wird kein Präjudiz im Hinblick auf die letztliche Entscheidung vorgenommen. Es geht nur darum, daß die Variantenunter­suchung nur dann sinnvoll sein kann, wenn das Ergebnis dieser Untersuchung abgewartet wird und mit dem eigentlichen Tunnelbau – sollte das Ergebnis positiv ausfallen – erst danach be­gonnen wird und nicht bereits zu einem Zeitpunkt, zu dem die Variantenuntersuchung noch nicht abgeschlossen ist.

Ich darf in diesem Zusammenhang nur daran erinnern, daß auch der damalige Verkehrsminister und heutige Bundeskanzler Klima, als er beim Schweizer Unternehmen Prognos eine Studie in Auftrag gab, bis zum Vorliegen dieser Studie einen Baustopp ausgesprochen hat. Das ist auch völlig klar, denn der damalige Minister Klima wollte durch die Studie Klarheit über die gegebenen Verhältnisse haben, und es wäre schon damals nicht ratsam gewesen, vor Vorliegen der Studie mit weiteren Arbeiten zu beginnen. Deshalb wurde auch damals von Minister Klima ein Bau­stopp ausgesprochen.

Zusammenfassend ergibt sich daher nach Meinung des Rechnungshofes, daß zum gegenwär­tigen Zeitpunkt noch keine definitiven Aussagen über die Trassenführung der Südbahn und über die Details des Ausbaus der Südbahn möglich sind.

In diese Richtung gehen auch die Empfehlungen des Rechnungshofes in seinen Schluß­bemer­kungen, und ich finde es außerordentlich positiv, daß der Herr Bundesminister diese Empfeh­lungen des Rechnungshofes und damit in letzter Konsequenz auch die Anregungen der Exper­tengruppe aufgegriffen hat und eine Variantenuntersuchung in Auftrag gab.

Damit wird, was für den Rechnungshof durchaus keine Selbstverständlichkeit darstellt, einer Empfehlung von ihm in sehr kurzer Zeit Rechnung getragen. Und darüber hinaus wird jetzt auch mit dem Bau des Hauptstollens so lange zugewartet, bis die Variantenuntersuchung vorliegt. Damit ist der vom Rechnungshof angemahnte Baustopp auch von seiten des Herrn Ministers bestätigt worden.

Ich betrachte das als Erfolg des Rechnungshofes, und ich sehe darin auch den von mir bereits mehrfach betonten Gleichklang in der weiteren Vorgangsweise zwischen dem Ministerium und dem Rechnungshof.

Was erwartet sich nun der Rechnungshof von der Variantenuntersuchung? – Erstens einmal ist der Rechnungshof der Meinung, daß die von den Experten angeführte Maximalfrist von zwei Jahren wesentlich unterschritten werden sollte. Ich bin diesbezüglich der Meinung des Herrn Ministers, daß mit einem Jahr wohl das Auslangen gefunden werden wird.

Zweitens erwartet sich der Rechnungshof – diese Erwartungshaltung wird auch von anderen geteilt –, daß im Rahmen der Variantenuntersuchung auch tatsächlich alle von der Experten­gruppe als zielführend angesehenen Varianten untersucht werden. Zu den als zielführend ange­sehenen Varianten hat die Expertengruppe auch die Süd-Ost-Spange gezählt, allerdings nicht in der Trassenführung der Machbarkeitsstudie des Jahres 1991 – auch insoweit besteht Deckungsgleichheit mit dem Rechnungshof –, aber sehr wohl in einer neuen Trassenführung. Der Bericht der Expertengruppe geht auch sehr ausführlich auf diese neue Süd-Ost-Spange ein und mahnt in diesem Zusammenhang auch gegenüber dem Ministerium an, daß man diese Variante mit berücksichtigen sollte.

Drittens erwartet sich der Rechnungshof, daß sich bei dieser Variantenuntersuchung selbstver­ständlich auch der Semmering-Basistunnel einem Vergleich zu stellen hat, denn es wäre meiner Ansicht nach nicht zielführend, im Zusammenhang mit der Variantenuntersuchung nur all jene Varianten mit einzubeziehen, die nicht den Semmering-Basistunnel unmittelbar betreffen bezie­hungsweise die nur ein Additiv zu ihm darstellen. Ich darf daran erinnern, daß auch die Exper­tengruppe den Semmering-Basistunnel als eine der Varianten in ihrem Bericht angeführt hat, die es zu untersuchen gilt.

Ich erwarte mir viertens, daß im Rahmen der Variantenuntersuchung jene Kriterien angewendet werden, die die Expertengruppe in ihrem Bericht festgeschrieben hat, und darüber hinaus auch, daß jene gesamtwirtschaftlichen Betrachtungen angestellt werden, die der Rechnungshof der­zeit als nicht ausreichend ansieht. Bei Einhaltung der im Bericht der Expertengruppe aufge­stellten Kriterien sollte auch diesem Aspekt Rechnung getragen werden.

Wenn diese Voraussetzungen eingehalten werden, dann liegen die besten Bedingungen für eine Entscheidung vor, die eine optimale Trassenauswahl ermöglichen können – eine optimale Trassenauswahl für eine leistungsfähige Nord-Süd-Verbindung, wie sie von allen hier im Hause im Zuge der Diskussion gefordert wurde.

Der Rechnungshof hat in diesem gesamten Verfahren, in das er insoweit nicht eingebunden ist, als ihm keine Entscheidungsbefugnis zusteht, und in das er ja nur eingebunden wurde, weil ihm ein Auftrag zur Prüfung erteilt worden ist, einen Beitrag zur Erreichung der besten Lösung für den Ausbau der Südbahn zu leisten. Und dabei hat er einen Bericht erstellt, der nicht für jeman­den und nicht für etwas und nicht gegen jemanden und nicht gegen etwas erstattet wurde, sondern der objektiv gestaltet ist. Der Rechnungshof hat in seinem Bericht keine regionalen und keine Partikularinteressen vertreten, sondern ausschließlich die Belange der Steuerzahler, der Staatsbürger, und zwar sowohl südlich als auch nördlich des Semmerings. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.24


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Vielen Dank, Herr Präsident.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. 4 Minuten freiwillige Redezeit­be­schränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.24


Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Es wurde heute schon sehr, sehr viel zu dem Thema Semmering­tunnel ge­sagt. Ich darf noch einmal dort ansetzen, wo man, so glaube ich, seriöserweise beginnen sollte, nämlich bei den Verkehrsprognosen. Auch das wurde heute schon gesagt. Der alpen­über­que­ren­de Güterverkehr nimmt eminent zu, und der Marktanteil der Bahn sinkt im gleichen Zeitraum eminent.

Nunmehr haben die ÖBB ein mittelfristiges Investitionskonzept mit einer Summe von 170 Mil­liarden Schilling vorgelegt, und zwar verteilt auf das gesamte Bundesgebiet. Interessant dabei ist, daß 40,5 Milliarden Schilling allein auf Niederösterreich entfallen, den größten Nutznießer dieses Investitionsprogramms. Der Semmering-Basistunnel, um den es heute hier geht, macht lediglich 6 Prozent dieser gesamten Investitionssumme aus.

Der Ausbau dieses Semmeringtunnels beziehungsweise einer schlagkräftigen Nord-Süd-Ach­se ist aber eine wesentliche Voraussetzung für die Wirtschaftsstandorte nördlich und südlich des Semmerings. Und darum ist die rascheste Verwirklichung einer solchen schlagkräftigen und wettbewerbsfähigen Nord-Süd-Verbindung mit diesem Semmeringtunnel notwendig.

Die Geschichte wurde auch schon genau beleuchtet, beginnend bei der ASFINAG-Novel­le 1989 über das Koalitionsabkommen, über die EU-Leitlinien bis hin zu den Verkehrskonzepten der Länder, die bereits 1991 beschlossen wurden. Kärnten wurde schon erwähnt, Steiermark, keine Frage, aber auch das Konzept Niederösterreich sah interessanterweise 1991 den Sem­mering-Basistunnel vor. In Niederösterreich wurde das allerdings 1996 geändert, da gibt es diesen Tunnel nicht mehr, und ich behaupte, Niederösterreich hat auch sehr wesentlich dazu beige­tra­gen, daß der Rechnungshofbericht die Kostensteigerung in diesem Bereich kritisiert.

Einige Beispiele dazu: Das Land Niederösterreich hat es erzwungen, daß das HL-AG-Vortriebs­konzept geändert werden mußte, hat es erzwungen, daß ein Sondierstollen zusätzlich errichtet werden muß. Alleine diese Maßnahmen haben eine Bauzeitverlängerung um das Doppelte herbei­geführt, ganz zu schweigen von den Genehmigungsverfahren. 1994 wurde zum ersten Mal beantragt, 1998 gab es den ersten naturschutzrechtlichen Bescheid, einen negativen, wie wir alle wissen, und das alles unter dem Aspekt, daß jedes Jahr Verzögerung allein durch die Baupreisindexsteigerung 240 Millionen Schilling mehr kostet, ganz zu schweigen davon, daß jede Verzögerung auch zu höheren Sanierungskosten der Bergstrecke führt. Die Mehrkosten, bedingt durch den Wassereinbruch im Sondierstollen, hätten vermieden oder zumindest ge­senkt werden können, hätte sich das Land Niederösterreich nicht quergelegt und hätte es ermöglicht, von Niederösterreich aus zu bauen und nicht von der Gegenseite aus.

Es stellt sich hier die Frage, meine Damen und Herren, welche Interessen Niederösterreichs tatsächlich durch den Bau dieses Tunnels verletzt werden und, falls solche Verletzungen tat­sächlich vorliegen, in welchem Verhältnis zum durch Niederösterreich verursachten Schaden diese Interessen stehen beziehungsweise wer diesen Schaden tatsächlich verantwortet.

Ein Wort noch zur Prognos-Studie, die vom Rechnungshof heftig kritisiert und von der gesagt wurde, daß sie die Wirtschaftlichkeit nicht untermauere. – Meine Feststellung dazu: Mir ist nicht bekannt, daß beim Semmering-Straßentunnel eine vergleichbare Wirtschaftlichkeitsstudie ge­macht worden wäre. Und ein Letztes noch zu diesem Vergleich Semmering-Straßentunnel und Semmering-Bahntunnel: Da gibt es eine Untersuchung des Verkehrsklubs Österreich, die klar und deutlich besagt: Die Tunnelkosten pro Nettotonne und Personenkilometer betragen 67 Gro­schen bei der Bahn und genau das Doppelte, 1,33 S, beim Straßentunnel.

Wenn wir also zu einer Kostenwahrheit im Bereich der Straße, wenn wir, so wie der Herr Mini­ster gesagt hat, auch zum Road-Pricing für LKW kämen, dann würde die Verkehrsart Schiene sprunghaft mehr nachgefragt werden, und eine langfristige Schienen­infrastruktur wäre gesichert. Es wäre keine Frage mehr: Semmering-Basistunnel ja oder nein?, son­dern die Antwort würde klar lauten: Semmering-Basistunnel – ja und sofort! (Beifall bei der SPÖ.)

13.29


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sigl. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.29


Abgeordneter Robert Sigl¦ (SPÖ): Meine sehr verehrten Herren Präsidenten! Herr Bundes­minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist heute schon viel gesagt worden. Die Südbahn ist für Österreich und für Europa von entscheidender Bedeutung. Dies wird allein durch die Aufnahme dieser Strecke in die transeuropäischen Netze dokumentiert. Unser Ziel muß die Errichtung einer modernen Hochleistungsstrecke sein, die nicht nur die zweitgrößte Stadt Österreichs, sondern alle Industriegebiete im Süden Österreichs verbindet.

Umso befremdlicher sind für mich als Niederösterreicher die Aussagen unseres Herrn Landes­hauptmannes Dr. Erwin Pröll zum Semmering-Basistunnel. Ich frage mich nur, ob es Landes­hauptmann Pröll bewußt ist, was er mit seiner Politik anrichtet! Hätten Verhinderungspolitiker wie Pröll die letzten Jahrzehnte die Verkehrspolitik in Österreich bestimmt, wäre Österreich und damit die Österreichischen Bundesbahnen schon längst zur “Langsamfahrstelle” in Europa degradiert worden.

Weitblickende Innovationen können wir allein schon an der in den fünfziger Jahren erfolgten Elektrifizierung der Österreichischen Bundesbahnen durch einen weitsichtigen Bundesverkehrs­minister Dipl.-Ing. Waldbrunner erkennen, der gegen den Widerstand der “Kohlenbarone” ange­treten ist, der diesem Lobbyismus entgegengetreten ist und damit für die Österreichischen Bun­desbahnen die Möglichkeit geschaffen hat, sich als neue innovative Eisenbahn zu präsentieren.

Ebenfalls aus diesem Grunde vertrete ich die Auffassung, daß ein Großteil der Kritik des Rechnungshof-Sonderberichtes zum Semmering-Basistunnel an die falschen Stellen gerichtet wurde. Die Kritik an der Kostensteigerung ist eben vor allem dem niederösterreichischen Lan­deshauptmann zuzurechnen.

Würde man die derzeitige Taktik der Tunnelgegner auf die Straßenverkehrspolitik umlegen, wäre dies eine Politik, die für moderne Lastwagen ein hochrangiges, leistungsfähiges Straßen­netz ausbaut, wobei jedoch an einer nicht unbedeutenden Stelle der Autobahn quasi durch eine Holzbrücke diese bedeutende Strecke unterbrochen wird, womit man alle Investitionen rund­herum abwertet, weil man eben über diese Brücke nur mit geringster Geschwindigkeit und halber Fracht fahren könnte.

Hohes Haus! Der angebliche Widerstand gegen den Semmering-Basistunnel signalisiert meiner Meinung nach de facto nichts anderes als den irrationalen Wunsch, das österreichische Eisen­bahnwesen zu einem Museumsbetrieb verkommen zu lassen. Was auf dem Sektor der öffent­lichen Straßen selbstverständlich und begrüßenswert ist, nämlich hohe Leistungsfähigkeit, soll der Schiene konsequent verweigert werden.

Wir Sozialdemokraten werden dies zu verhindern wissen. Daher treten wir weiterhin vehement für den Bau des Semmering-Basistunnels ein und nehmen den Rechnungshofbericht zur Kenntnis. (Beifall bei der SPÖ.)

13.32


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.32


Abgeordneter Dr. Günther Kräuter¦ (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Es ist schon sehr wohltuend, wenn ein Abgeordneter aus Niederösterreich als Vorredner das Wort ergreift und sich so vehement für den Bau des Tunnels einsetzt. Ich bedanke mich beim Kollegen Robert Sigl. Das ist nämlich eine klare Demonstration der Geschlossenheit der SPÖ in dieser Frage. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich werde einige kritische Anmerkungen zu diesem Bericht machen. Ich teile nämlich nicht die Auffassung von Ihnen, Herr Kollege Kukacka, daß Berichte des Rechnungshofes sakrosankt sind (Abg. Mag. Kukacka: Eh nicht!), daß der Rechnungshof unfehlbar ist und daß man nicht diskutieren darf. (Abg. Mag. Kukacka: Das hat niemand behauptet! – Abg. Dr. Khol: Das hat er nicht gesagt!) Dann ist es ja gut, Herr Klubobmann Khol. (Abg. Mag. Kukacka: Dieselben Maßstäbe müßten dann aber auch für den Wirtschaftsminister und für den Verteidigungsminister gelten!) Das gilt auch. (Abg. Mag. Kukacka: Das haben wir aber bisher noch nie gesehen! Da hat es noch nie ein Wort der Kritik gegeben!) Herr Kollege Kukacka! Das gilt natürlich. (Abg. Mag. Kukacka: Das haben wir noch nie gehört, wenn es um den Wirtschaftsminister oder den Verteidigungsminister gegangen ist!)

Meine Damen und Herren! Wenn man nicht über Berichte diskutieren darf, dann frage ich mich schon, wozu wir seit 10.30 Uhr hier debattieren. Meine Auffassung ist und bleibt: Bevor wir hier im Nationalrat mit Beschluß einen Rechnungshofbericht zur Kenntnis nehmen oder nicht zur Kenntnis nehmen, hat eine Diskussion stattzufinden. Ich hoffe schon sehr, daß diese Auffas­sung mehrheitsfähig ist.

Meine Damen und Herren! Der aktuelle Bericht des Rechnungshofes ist nicht so falsch wie der Bericht zum steirischen Plabutsch-Tunnel. Dieser Tunnel ist ungeheuer wichtig für den Verkehr im Großraum Graz, und wie Sie ja alle wissen, beginnt man jetzt im Jahre 1999 mit dem Bau der zweiten Röhre. (Abg. Mag. Kukacka: Haben Sie vielleicht noch ein älteres Beispiel? Vielleicht eines aus den fünfziger Jahren? Denn das ist aus den siebziger Jahren!) Kehren wir diese Fakten nicht unter den Teppich, Herr Kollege Kukacka, denn damals hat sich der Rech­nungshof auch auf die Seite der Tunnelgegner geschlagen – und er hat sich geirrt!

Ich zitiere aus der “Kleinen Zeitung” vom 28. November 1998: “Wie sehr dabei auch ein Rech­nungshof in die Irre gehen kann, zeigt ein Blick zurück in die steirische Verkehrsgeschichte. Im erbitterten Streit um den Plabutsch-Tunnel hatte der Rechnungshof vor bald gut 15 Jahren vehement Partei für die Gegner ergriffen und höhnisch angemerkt, daß ein Höhenzug nicht quer, sondern der Länge nach durchquert wird. Jetzt wird für den damals als unnötig eingestuften Plabutsch-Tunnel bekanntlich der Bau der zweiten Röhre vorbereitet.” – Zitatende.

Meine Damen und Herren! In diesem damaligen Bericht hat der Rechnungshof gemeint, daß, obwohl unbestrittene Verkehrsprognosen vorlägen, wonach dieser Tunnelbau zu keiner Entla­stung führen würde, dieser vom damaligen Minister trotzdem durchgesetzt werde. Aber genau das Gegenteil ist eingetreten! Der Rechnungshof hat sich geirrt. So falsch ist der Bericht des Rechnungshofes zum Semmering-Basistunnel nicht, aber Fehler, Mängel und Versäumnisse sind festzustellen, meine Damen und Herren, von vorne bis hinten.

Etwa am Beginn der Seite A: Das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten soll zuständig sein für den Bau des Semmering-Basistunnels? – Das ist doch falsch, meine Damen und Herren! Das Verkehrsministerium ist zuständig.

Oder: Auf Seite 55 werden die Zeiten angegeben, in denen die Herren Lacina und Streicher Leiter des Verkehrsressorts waren, nämlich von September 1984 bis Jänner 1985 bezie­hungs­weise von Jänner 1985 bis April 1992. – Das ist falsch, meine Damen und Herren! Herr Prä­sident Fiedler, lassen Sie sich die Zahlen und Daten vom Parlament geben!

Oder: Im Bericht wird durchgehend die Finanzierung des Tunnels angezweifelt. Ich zitiere hiezu einen Experten, Generaldirektor Dipl.-Ing. Brenner:

“Der Semmering-Basistunnel ist gemäß § 8 des Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetzes von der Schieneninfrastrukturfinanzierungs-GmbH zu finanzieren. Daher ist die Finanzierung die­ses Projektes, völlig unabhängig von dem 1998 abgebrochenen Private-Public-Partnership-Modell, gesichert” – die Finanzierung ist gesichert, meine Damen und Herren! – “und in allen Finanzierungsplänen der Schieneninfrastrukturfinanzierungs-GmbH enthalten.”

Kollege Steindl ist zwar kein Experte, aber auch er hat gemeint, die Finanzierung ist gesichert. (Zwischenruf des Abg. Mag. Steindl. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Einiges fehlt im Bericht. Mir fehlt ein Absatz zur Gebarung in der öffentlichen Verwaltung, der sich mit Niederösterreich beschäftigt. Wurde hier nicht ein eigenes Naturschutzgesetz “zusammengeschustert”? Haben nicht willfährige Beamte umgehend den von der Politik gewünschten Bescheid erlassen? Und beim Straßentunnel? Waren da die niederösterreichischen Landesbehörden auch so ökologisch besorgt? Hätte nicht hier der Rechnungshof recherchieren sollen? Hätte nicht der Rechnungshof Überlegungen anstellen sollen, wie man den Egoismus eines Bundeslandes überwinden könnte – zum Beispiel mit bun­desgesetzlichen Maßnahmen?

Einiges fehlt, meine Damen und Herren, einiges war zuviel, nämlich politische Wertungen von Präsidenten Fiedler, der einen Baustopp gefordert hat. Es war nicht, wie der Präsident im Ausschuß abschwächen wollte, eine Empfehlung oder, wie er heute meinte, eine sachliche Empfehlung, nein, nein, meine Damen und Herren, es war eine Forderung, wie sie zum Beispiel unter anderem in der Zeitschrift “NEWS” nachzulesen war.

Und die Forderung nach einem Baustopp ist keine politische Wertung – in einem aufgehetzten Medienklima, meine Damen und Herren, in dem über “Pleiteröhre” und “Milliardendesaster” pole­misiert wird? Und am selben Tag setzt sich der Präsident des Rechnungshofes hin und sagt: Ich fordere einen Baustopp! – Das ist keine politische Aktion, meine Damen und Herren? Das ist eine sachliche Empfehlung? – So naiv sind Sie nicht, Herr Präsident Fiedler!

Der Gipfel der “Kuhäugigkeit” – um das so zu bezeichnen – ist dann eine Aussage in der APA, in der es heißt: “‚Der Rechnungshof sei zwar im politischen Bereich tätig, dürfe jedoch keine politische Bewertung abgeben‘, betonte Fiedler.” – Ich halte das für ungeheuerlich! Ich halte das für unglaublich!

Meine Damen und Herren! Die Begleitmusik zum Bericht weist Mißtöne auf. Der Bericht ist nicht so kapital falsch wie jener zur Plabutsch-Tunnelröhre, aber es gibt auch keinen Anlaß zu Unfehl­barkeitsgetue. Grundsätzlich noch einmal, meine Damen und Herren: Rechnungshofberichte sind nicht sakrosankt, und der Präsident ist nicht unfehlbar! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich komme nun zum Schluß. Wenn in Österreich die Gefahr besteht, daß sich Kantönligeist durchsetzt, wenn sich in Österreich ein Landeshauptmann nicht schämt, ein Schienenprojekt europäischer Dimension rücksichtslos und mißbräuchlich zu behindern, wenn in Österreich eine Regierungspartei, die ÖVP, ein so brennendes Thema bei einer Klau­sur der Parteispitze nicht einmal anspricht – das erinnert ja wirklich fatal an Bischofskon­feren­zen der letzten Zeit –, dann, meine Damen und Herren, ist die Zeit reif für ein Infrastruktur­gesetz im Verfassungsrang. (Abg. Mag. Kukacka: Keine Ahnung! Sie haben keine Ahnung vom Verfah­ren! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Daher haben wir alle hier die Pflicht und das Recht, mit gesetzlichen Maßnahmen den Weg frei zu machen für ein Infrastrukturgesetz im Verfassungsrang, für eine moderne, zukunftsorientierte Verkehrspolitik, für eine Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene, für den Sem­mering-Basistunnel! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.39


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte.

13.40


Abgeordneter Karl Smolle¦ (Liberales Forum): Gospod predsednik! Gospod minister! Gospod predsednik računskega sodišča! Herr Präsident! Herr Minister! Herr Präsident des Rechnungs­hofes! Ich glaube, ganz zu Beginn ist ein klärendes Wort erforderlich.

Der Rechnungshof und auch sein Präsident sind sicher nicht unfehlbar, aber sie haben mit diesem Bericht einfach recht. Die Einmahnungen, die auf der Seite 43 zu finden sind, sind in Ord­nung. Sie stimmen einfach, sie sind stimmig. Aber das sind eigentlich Selbstver­ständlich­keiten. Ich möchte damit Ihre Arbeit nicht herabwürdigen, Herr Präsident, aber das sind doch eigentlich Selbstverständlichkeiten, die jeder kleine Häuselbauer zu befolgen hat. Auch er muß sich vorher den Kopf darüber zerbrechen, was das kosten wird, er muß sich vorher den Kopf darüber zerbrechen: Brauche ich ein Haus, und wo soll es stehen? – Das sind ja Dinge, die selbstverständlich sind.

Darf ich auch ganz klar sagen ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Steindl.) – Ihr kommt auch noch dran, meine lieben Freunde. Ich habe ja einen Entschließungsantrag vorbereitet. Vielleicht beginne ich einmal mit dem Entschließungsantrag, um ein bißchen zur Beruhigung beizutragen. Der Entschließungsantrag wird von mir deshalb eingebracht, weil ich in den Ausschuß­bera­tungen feststellen mußte, daß die beiden Minister nebeneinander regieren, aber weder Farn­leitner weiß, was Einem genau will, noch weiß Einem genau, was Farnleitner will. Aber eines ist sicher: Das gleiche und dasselbe wollen die beiden Minister nicht, obwohl sie zur selben Bun­desregierung gehören.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Karl Smolle, Mag. Thomas Barmüller und weiterer Abgeordneter betreffend Schaffung des österreichischen Bundesverkehrswegeplans

Der Nationalrat wolle beschließen:

“Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird ersucht, die anläßlich der Präsentation des Masterplans des österreichischen Bundesverkehrswegeplans aufgetretenen Widersprüche zu Konzepten des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, insbesondere Fragen der volkswirtschaftlichen Optimierung, zu klären. Darüber hinaus werden der Bundeskanzler und der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr ersucht, dem Nationalrat einen ressort­übergreifend abgestimmten Bundesverkehrswegeplan samt aufbereiteten Entscheidungsgrund­lagen bis Jahresende zu übermitteln.”

*****

Meine Damen und Herren! Es ist wirklich erschreckend, daß wir hier in einem Bereich, nämlich rund um die Frage, wo die Bahn ab Gloggnitz weiterfahren soll, eine Debatte führen, ohne daß wir über ein Gesamtkonzept verfügen. Wir wissen nicht genau, was die Nachbarländer wollen, wir wissen nicht, was die einzelnen Bundesländer wollen, wir wissen lediglich: Wir wollen ein Loch durch den Berg! Das ist das einzige, was die SPÖ immer sagt: Machen wir zuerst das Loch! Dann erst prüfen wir: Woher kommt der Verkehr? Wieviel wird das sein? Wohin soll er fahren? (Abg. Gradwohl: Das weiß man doch!)

Meine Damen und Herren! Das ist sozusagen der Versuch der Vergewaltigung, einer politi­schen Vergewaltigung: Wenn wir schon 15 Milliarden Schilling in etwas investiert haben, dann schmeißen wir noch ein paar Milliarden dazu!

Es ist nicht geklärt, was in der Folge passieren soll. Wir wissen, wir brauchen eine Reihe von Umfahrungen der steirischen Städte, der steirischen Orte, wir brauchen eine Lösung für den Neumarkter Sattel, wir brauchen eine Lösung für den Bereich Wörther See. (Abg. Gradwohl: Wir brauchen den Semmering-Tunnel!) Und wer in diesem Sinne A sagt, der muß dann auch B, C und D sagen. Aber es wird natürlich verschwiegen, meine Damen und Herren, daß ein solches Projekt selbstverständlich Folgen nach sich zieht. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.) An diesen Folgen gehen Sie vorbei. Das heißt, Sie schenken nicht einmal nicht reinen Wein ein, sondern Sie vermischen den Wein mit Wasser, meine Damen und Herren von der SPÖ. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Man muß dem Bürger klar sagen: Das sind unsere Verkehrskonzepte. So wollen wir sie reali­sieren, so gehen wir vor. Das versteht der Bürger. (Abg. Edler: Wir wollen den Semmering-Tun­nel!) Dazu sagt er dann ja und ist auch bereit, dafür Steuern zu zahlen. Aber er ist nicht bereit, einfach ja zu sagen, wenn es heißt: Machen wir einmal das Loch, und alles weitere wird sich dann schon irgendwie ergeben! (Abg. Edler: Machen Sie einen besseren Plan!)

Ich glaube, daß die Feststellung, daß ein hinsichtlich Straßen und Bahn abgestimmter gemein­samer Verkehrswegeplan vorliegen muß, ehe man Entscheidungen treffen kann, richtig ist. Wir sind der Auffassung – da stimme ich mit dem Rechnungshof ganz klar überein –, daß gesamt­wirtschaftliche Interessen zu definieren sind, wir sind der Meinung, daß Alternativen in genau der­selben Intensität hier beraten werden müssen wie der Bau des Semmering-Basistunnels, meine Damen und Herren, und wir sind natürlich der Meinung, daß die Gesamtkosten, also auch die Aufbringungskosten für das Kapital und die jährlichen Zinsen, klar ausgewiesen sein müssen, bevor man ein so großes Projekt angeht.

Wir sind der Auffassung, daß eine Wirtschaftlichkeitsprüfung stattfinden muß, wir sind der Auffassung, daß man die tatsächliche Entwicklung der Verkehrsströme noch abschätzen muß, und wir sind vor allem auch der Meinung, daß es bei einem so großen Konzept dringend not­wendig ist, auch einen Konsens mit den Nachbarländern herzustellen. Denn das sind euro­päische Verkehrswege, hier realisieren wir ein europäisches Verkehrswegenetz durch Öster­reich, und da ist es selbstverständlich, daß unsere Nachbarländer, die unmittelbar davon betrof­fen sind, mit einbezogen werden sollen, meine Damen und Herren. Doch das fehlt bei dieser gesamten Sache.

Deshalb ist uns so unwohl bei der Frage: Semmering-Basistunnel – ja oder nein? Das ist doch nicht die Frage. Die Frage ist: Wo werden die Verkehrsströme fließen? Wieviel wird das sein? Wieviel Tonnage wird es geben? Wieviel Personenverkehr? Wem soll das dienen?

Sind Sie sich wirklich so sicher, meine Damen und Herren von der SPÖ, daß Sie die Ober­steiermark auf diese Weise retten werden? Mit einem Loch durch den Semmering? Ist das wirk­lich die Lösung, wenn wir nicht weiterdenken, wohin dieser Verkehrsweg führen soll? (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie sind sich nämlich genauso unsicher. Sie sagen: Machen wir ein Fait accompli! Das kostet den Steuerzahler 15 Milliarden Schilling, und alles andere wird sich er­ge­ben. Aber das ist nicht Politik, sondern das ist letztlich Mißbrauch der Steuergelder, meine Damen und Herren. (Abg. Edler: Sie haben sich überhaupt nicht damit beschäftigt, Kollege Smolle!)

In diesem Sinn stützen die Liberalen den Rechnungshof und auch konkret diesen Bericht. Wir haben aber auch einen Entschließungsantrag eingebracht. Hic Rhodos, hic salta, meine Damen und Herren, auch Sie von der ÖVP! Gehen Sie mit bei diesem Entschließungsantrag, damit wir zu einem guten gemeinsamen Straßen- und Bahnplan kommen! (Abg. Dr. Lukesch: Du hast schon einmal etwas anderes gesagt!)

Es gibt zwei Minister und leider Gottes noch weit auseinandergehende Meinungen, aber was ich heute gehört habe – auch vom Kollegen Kukacka –, das macht mich betroffen. Kukacka sagt, die SPÖ ist schuld, dann treten die SPÖ-Redner hier an das Pult und sagen, die ÖVP ist schuld.

Meine Damen und Herren! Das wünscht sich der Bürger nicht. Der Bürger wünscht sich Lösun­gen, gerade auch von dieser Bundesregierung, auch wenn Sie schon im Abwählen begriffen sind, meine Damen und Herren. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Edler: Der Smolle wird abgewählt!)

13.47


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Der soeben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wurmitzer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.47


Abgeordneter Georg Wurmitzer¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrter Herr Prä­sident des Rechnungshofes! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Als einer der letzten Redner, der die Debatte vollständig mitverfolgen konnte, habe ich natürlich die Möglichkeit, ein bißchen Resümee zu ziehen.

Eines steht fest: Der Rechnungshof hat mit seinem Bericht einen gewaltigen Beitrag für die Versachlichung der Debatte geleistet, und ich stehe nicht an, dem Rechnungshof, seinem Prä­sidenten und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unseren Dank für diese gewaltige Arbeit abzustatten. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Peter.)

Herzlichen Dank sage ich auch den Damen und Herren des Stenographenbüros, die seit Freitag abend ein mehr als 70 Seiten umfassendes Protokoll fertiggestellt und uns zeitgerecht übermittelt haben. Auch ihnen herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Kräuter! Auch für die ÖVP sind die Rechnungshofberichte nicht sakrosankt. Auch ein Rechnungshofbericht ist Menschenwerk, und es sind Irrtümer möglich. Aber eines verlange ich von Ihnen schon: Wenn Sie feststellen, daß der Rechnungshof sich geirrt hat, dann verlange ich, daß Sie den Beweis auf den Tisch legen. (Abg. Dr. Kräuter: Ich habe den Beweis er­bracht!) Denn Ihr Beweis, daß der Bau des Plabutsch-Tunnels schlagend dafür sei, daß man hier eine wirtschaftliche Lösung realisiert habe, ist keinesfalls ausreichend. Man kann fünf Tunnels bauen, und alle können unwirtschaftlich sein. Den Beweis, daß der Plabutsch-Tunnel die wirtschaft­lichste Lösung ist, sind Sie uns schuldig geblieben.

Ich sage Ihnen, auch Ihre Feststellung, willfährige Beamte hätten einen Bescheid erlassen, trifft nicht zu. Man muß hier die Beamten wirklich in Schutz nehmen.

Auch Ihre Feststellung in bezug auf den Baustopp muß ich hinterfragen. Sie haben hier behauptet, die Forderung des Rechnungshofpräsidenten, einen Baustopp zu verfügen, wäre ei­ne politische Aktion gewesen. Ich frage Sie: Was hätte ein Rechnungshofpräsident anderes tun sollen, wenn er feststellt, daß wichtige Entscheidungsgrundlagen fehlen? – Er konnte nichts ande­­res sagen, als daß derzeit der Zeitpunkt für den Bau nicht gegeben ist. Und die logische Konsequenz daraus ist ein Baustopp.

Ich bin dankbar dafür, daß durch diesen Rechnungshofbericht überhaupt einige Träumereien in diesem Haus beendet wurden, vor allem auch die Träumerei und das Doppelspiel der Frei­heitlichen Partei. Sie haben uns hier im Parlament in Wien immer wieder eingeredet, die Süd-Ost-Spange sei eine machbare Alternative.

Ich gebe Ihnen nur einige Daten: Aus dem Rechnungshofbericht läßt sich entnehmen, daß für die Süd-Ost-Spange 24 Tunnels mit einer Gesamtlänge von 66 Kilometern notwendig sind.

Wenn Sie glauben, daß das besser ist als zehn oder 20 Kilometer unter dem Semmering, dann irren Sie gewaltig. Sie müssen auch beachten, daß für die Süd-Ost-Spange mehr Höhen­unter­schiede zu überwinden sind als beim Semmering. Sie müssen ferner berücksichtigen, daß dort 201 Kilometer Strecke neu gebaut werden müssen und daß das Zeitziel dafür 30 Jahre be­trägt. – So lange wollen wir nicht warten! (Beifall bei der ÖVP.)

Ihr Doppelspiel wurde heute entlarvt. In Kärnten werden Resolutionen für den Bau des Koralm­Tunnels und des Semmeringtunnels unterschrieben, aber hier in Wien formulieren Sie Dring­li­che Anfragen dagegen, wie auch schon vor zwei Jahren, als Ihre Redner Rosenstingl und Men­til noch massiv dagegen aufgetreten sind. – Heute stehen Ihnen diese Redner nicht mehr zur Verfügung, aber ihre “Seriosität” hat sich inzwischen herausgestellt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Dafür steht euch der Habsburg zur Verfügung!)

Ich stelle natürlich auch die Frage, wo denn heute der Herr Kandidat für das Amt des Lan­deshauptmannes des Bundeslandes Kärnten ist, wenn über so wichtige Fragen wie den Sem­meringtunnel debattiert wird. Wo ist der Herr Landeshauptmannkandidat? Ist das für ihn eine Frage, die ihn nicht mehr interessiert? Ist es wichtiger, daß er in Kärnten herumschwirrt und die Leute mit der Unwahrheit konfrontiert? (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Parni­goni. – Abg. Scheibner: Die Unwahrheit haben Sie gepachtet! Darin sind Sie Spezialist, Sie persönlich!)

Aber auch an unseren Regierungspartner darf ich einige offene Worte richten, und zwar insbe­sondere an den Verkehrsminister. Die Träumerei des Verkehrsministers, daß man bauen kann, ohne seitens der ÖBB über die richtigen Daten zu verfügen, hat sich aufgelöst. Die Träumerei, daß man ohne Verkehrswegeplan ein entsprechendes Bahnnetz in Österreich realisieren kann, hat sich ebenfalls aufgelöst, und auch die Träumerei, daß man ohne entsprechende Varian­tenvergleiche zu einer zweckmäßigen Lösung kommen kann, hat sich verflüchtigt.

Ich hoffe jedenfalls, daß dieser Rechnungshofbericht bewirkt, daß die mageren Jahre für die Südbahn in Österreich beendet werden. Die Südbahn ist das Stiefkind der ÖBB! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Wallner: So ist es! Jawohl!) Ich sage Ihnen das hier und erkläre gleichzeitig: Wir Kärntner werden diesen Zustand nicht länger hinnehmen! Die Südbahn ist nämlich in keiner Weise konkurrenzfähig, auch nicht, was den Personenverkehr anlangt. Ich würde zum Beispiel gerne mit der Bahn reisen, aber ich bin nicht bereit, von Kla­genfurt bis Wien fünf Stunden im Zug zu verbringen und im Jahre 2000 mit einer Durch­schnittsgeschwindigkeit von 60 km/h durch die Gegend zu fahren. – Das ist das eine. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Schwemlein, Sigl und Wallner.)

Das zweite Problem ist die Ausstattung. Ich bin auch nicht bereit, in die ältesten Waggons, die zur Verfügung stehen, einzusteigen und auf jeden Bahnkomfort, der heute zeitgemäß ist, zu verzichten.

Das gleiche gilt für den Güterverkehr. Es ist nicht mehr möglich, mit einer maximalen Tonnage von 600 Tonnen pro Zug konkurrenzfähig zu sein. Das ist die maximale Tonnage, die auf der Scheitelstrecke des Semmerings zulässig ist. Es muß uns auch bewußt sein, daß die Erhal­tungskosten der Scheitelstrecke des Semmerings das Siebenfache von jenen einer Normal­strecke in Österreich betragen. Diesen Luxus sollten wir uns in Zukunft nicht mehr leisten. Es ist auch nicht möglich, die Rollende Landstraße auf der Semmering-Scheitelstrecke abzuwickeln.

Ich könnte natürlich die Reihe dieser Argumente noch fortsetzen. Ich könnte zum Beispiel die Investitionen aufzählen. Ich habe den Herrn Bundesminister bei der Debatte im Ausschuß ge­fragt: Wieviel wurde seit 1990 von den ÖBB in das Bahnnetz investiert? – Die Antwort lautete: in die Westbahn 7 Milliarden Schilling und in die Südbahn annähernd null.

Mir fällt dazu noch ein weiteres Beispiel ein. Man hat Kaffeemaschinen für die Ausstattung der Speisewagen angekauft, und zwar insgesamt 32 Stück: 30 Stück für die Westbahn und 2 Stück für die Südbahn. – Diese Zahl sagt alles! Das ist ein Zustand, den sich die Kärntner und die Steirer nicht länger bieten lassen wollen! (Beifall bei der ÖVP.)

Unser Bundesland hat ein Recht auf eine HL-Anbindung an das europäische Netz. Wir möchten auch der Stadt Eisenstadt keineswegs dieses Recht absprechen, sondern sie bei ihren Bemü­hungen unterstützen.

Die Italiener haben uns inzwischen gezeigt, wie man Bahnstrecken baut. Die Strecke zwischen Udine und Tarvis ist fertig – trotz 60 Kilometer Länge, davon 40 Kilometer Tunnelstrecke, trotz tek­tonischer Schwierigkeiten, trotz Wassereinbrüchen und so weiter. Sie haben alles bewältigt, und zwar deswegen, weil sie es gewollt haben! – Ich finde, es ist höchste Zeit, daß Österreich auch will. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Löschnak.)

13.54


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Rufe und Gegenrufe zwischen SPÖ und ÖVP.)

13.55


Abgeordneter Mag. Herbert Haupt¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zunächst folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Haupt, Mag. Firlinger und Kollegen betreffend Arbeitsmarktwirksamkeit öffentlicher Investitionen

Der Nationalrat wolle beschließen:

“Die Bundesregierung wird aufgefordert, öffentliche Infrastrukturinvestitionen hinsichtlich ihrer Beschäftigungswirkung zu überprüfen und dabei jenen Projekten Vorrang gegenüber Tunnel­bauten wie dem Semmering-Tunnel einzuräumen, die einen nachgewiesenermaßen höheren Beschäftigungseffekt haben.”

*****

Sehr geehrte Damen und Herren! Die heutige Debatte über den Rechnungshofbericht war sehr kontroversiell. Als Abgeordneter muß man sich im Vor- und im Nachfeld der Debatte und im Rechnungshofausschuß über einige, wie ich meine, grundsätzliche Dinge den Kopf zerbrechen.

Zum ersten Punkt. Herr Kollege Kräuter, Ihre Haltung, die Sie mehrfach in den Medien for­muliert und die Sie heute in abgeschwächter Form auch hier wieder präsentiert haben, nämlich daß Sie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht mehr abwarten wollen, son­dern die Gewal­ten­trennung in der Republik einfach unterlaufen möchten – und zwar mit einem Antrag Kostel­ka/Kräuter bis zum 20. Jänner –, ist für einen gelernten Juristen angesichts der bekannten Ge­wal­ten­trennung in dieser Republik einfach untragbar! (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

Daß dazu aus Ihrem Munde auch noch die Formulierung der Kritik über den Rech­nungs­hofbericht und der Nichtzurkenntnisnahme eines Berichtes kommt, den das Parlament auf Ini­tiative der Freiheitlichen in Auftrag gegeben hat, braucht uns nicht zu wundern. Bei einer sol­chen Rechtsauffassung von der Verfassung der Republik Österreich, Herr Kollege Kräuter, ist das letztere nicht mehr verwunderlich!

Ich möchte aus meiner Sicht klar sagen: Ich hätte es lieber gesehen, wenn im Rech­nungs­hofbericht in einigen Punkten, die über den eigentlichen Prüfungsauftrag hinausgegangen wä­ren, auch die unterschiedlichen Haltungen in naturschutzrechtlichen Verfahren – etwa bei der Westbahn, bei der UVPs vorgeschrieben sind, beim Semmering-Basistunnel und beim Semme­ring-Scheiteltunnel – mit beleuchtet worden wären, weil dann meine unbeantwortet gebliebenen Fragen im Rechnungshofausschuß vielleicht auch für mich nachvollziehbar gewesen wären, sodaß ich sie nicht heute wieder im Plenum stellen müßte.

Von uns Kärntner Freiheitlichen müssen den Kollegen Leikam und Wurmitzer zwei Dinge klar gesagt werden. Wir haben uns 1988/89 klar für den Koralm-Tunnel und für eine entsprechende wirtschaftliche Variante der Anbindung der südlichen Bundesländer Österreichs an den Wiener Zentralraum und an die neue Wasserschiene Donau ausgesprochen. – Ich betone: für eine wirtschaftliche Anbindung.

Die Bundesregierung ist seit mehr als zehn Jahren säumig! Die Bundesregierung ist seit mehr als zehn Jahren säumig, uns ein entsprechendes Wirtschaftskonzept in vollem Umfang vorzu­legen. Die Bundesregierung ist säumig, uns eine entsprechende Konzeptlösung zur Einbindung von Straße, Flugverkehr, Schiffsverkehr auf der Donau und Eisenbahn vorzulegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei! Nicht jene, die das einfordern, gefährden die Österreichischen Bundesbahnen und die dortigen Arbeitsplätze, sondern jene, die diese Bauvorhaben verzögern, die die entsprechenden Grundlagen nicht liefern und die dann – wie wir das etwa im Zusammenhang mit der Prognos-Studie aus der Schweiz erlebt haben – mit politischer Absicht und politischem Auftrag gewisse notwendige Zusatz- und Alternativüberlegungen von vornherein ausschließen und in der Folge ein abge­specktes Überlegungsmodell schon als fertigen politischen Willen auf die Tagesordnung setzen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte aus Kärntner Sicht klar und deutlich sagen: Wir Kärntner haben auch immer, um die Akzeptanz in der österreichischen Bevölkerung für die Bundesbahnen zu verbessern, die Begleit­maßnahmen dort verlangt, wo sie sich schlußendlich als die besseren und für den gesamten österreichischen Wirtschaftsraum wirtschaftlichsten herausstellen – egal, ob Sem­mering-Basistunnel, ob Aspangbahn, ob Ostvariante oder Anschluß an den Korridor V.

Wir haben gefordert, in jenen Bereichen, die für diese Varianten gebraucht werden, die Infra­struktur zu verbessern, etwa die Infrastruktur im Sicherheitsbereich zu verbessern, bahngleiche Übergänge wegzurationalisieren und damit eine Beschleunigung zu erreichen und Lärmschutz­maßnahmen in entsprechender Form umzusetzen, um die entsprechende Akzeptanz zu erreichen. Die Regierungsbeschlüsse und die Vereinbarungen mit der Bundesregierung liegen ja auf dem Tisch, aber geschehen ist davon nur wenig.

Ich möchte noch hinzufügen, daß die Lärmschutzmaßnahmen für viele Gemeinden leider nicht finanzierbar sind, so gern die Gemeinden sie auch umsetzen wollten, weil der 20- beziehungs­weise 30prozentige Anteil der Gemeinden einfach zu hoch ist. Die entsprechenden Voraus­setzungen sind unter den Maastricht-Kriterien und der Erschwernis, die Finanzbasis sofort bereit­zustellen, einfach nicht gegeben.

Meine eigene Gemeinde, die Gemeinde Spittal an der Drau an der Tauernbahn, ist ein Beispiel dafür. Die Kosten für die gesamten Lärmschutzmaßnahmen in unserem Bereich – 35 Jahre nach dem Ausbau der Tauernstrecke – würden etwa 27 Millionen Schilling ausmachen. Die Pla­nungs­­kosten – inklusive entsprechender Baumaßnahmen – würden für die Gemeinde Spittal 30 Pro­­zent betragen; Sie können sich die Summe ausrechnen. Soviel haben wir bei einem frei verfüg­baren Budgetrahmen von derzeit 2 Millionen Schilling nicht, unter anderem deshalb, weil wir eine Fachhochschule in entsprechender Form gebaut haben.

Ich finde, wenn es für die Stadt Klagenfurt und andere Bereiche möglich ist, diese Maßnahmen mit einem Eigenfinanzierungsanteil von 20 Prozent zu gewähren, dann wäre es doch auch sinnvoll und gut, auch in jenen Bereichen, in denen die bestehenden Streckenabschnitte nach dem neuen Konzept auf jeden Fall verwendet werden, eine entsprechend billigere und gün­stigere Finanzierungsmaßnahme zu ermöglichen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch auf die Resolution der Baugewerkschaft hinweisen, die gerade jetzt, in der Zeit der hohen Arbeitslosigkeit, fordert, vor allem die beschäfti­gungs­intensiven Maßnahmen fortzusetzen.

Kollege Wurmitzer und Kollege Kräuter “vergessen” ja so gerne, daß abgesehen vom Sem­mering-Basistunnel selbstverständlich auch dann, wenn die Mur-Mürz-Furche im Wirtschafts­vergleich entsprechend gut abschneidet, im Vorlauf und Nachlauf entsprechende infrastruk­tu­relle Investitionen und Sicherheitsmaßnahmen auf jeden Fall notwendig sein werden. Diese wären beschäftigungsintensiver als das Tunnelprojekt, das nur maschi­nenbeschäftigungs­inten­siv ist! – All das wird nicht berücksichtigt.

Ich lasse mich als Vertreter der Freiheitlichen nicht für eine verfehlte Politik der Bundes­regierung prügeln, sondern möchte klar und deutlich feststellen: Die Österreichischen Bundes­bahnen und die Anbindung des Südens Österreichs zu gleichrangigen Bedingungen gefährdet derjenige, der weiterhin glaubt, nach den Systemen des vorigen Jahrzehnts der österreichischen Bevöl­kerung unwirtschaftliche Programme einreden zu müssen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.01


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Der zuvor von Herrn Mag. Haupt verlesene Entschlie­ßungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort der Frau Berichterstatterin wurde nicht verlangt.

Wir treten daher in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den Son­derbericht des Rechnungshofes über das Eisenbahnprojekt Semmering-Basistunnel in III-155 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen worden.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen betreffend Semmering-Basistunnel.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Min­derheit. Abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Smolle und Genossen betreffend Schaffung des österreichischen Bundesverkehrswegeplans.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Schließlich gelangen wir noch zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mag. Haupt und Genossen betreffend Arbeitsmarktwirksamkeit öffentlicher Investitionen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

2. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 986/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen über ein Bundesgesetz betreffend die Übernahme einer Garantie für eine von der Oesterreichischen Nationalbank gegen­über der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (“BIZ”) einzugehende Haftung (1575 der Beilagen)


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Wir kommen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet. Wir gehen daher in die Debatte ein.

Als erster Redner hat sich Herr Abgeordneter Mag. Firlinger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.03


Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Initiativantrag, über den wir jetzt eine Debatte durchführen, beinhaltet den österreichischen Beitrag zum Hilfspaket für die Bewältigung der brasilianischen Wirtschafts- und Finanzkrise.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben in den letzten Tagen über die Medien erfahren, daß es innerhalb der brasilianischen Regierungskreise zu keiner Lösung des Pro­blems gekommen ist, es also keine wirklich greifbaren Vorschläge zur Bewältigung der Kapi­talflucht, der Abwanderung der Finanzmittel aus Brasilien gegeben hat. Die brasilianische Regierung sah sich daher gezwungen, den Real, die brasilianische Währung, beträchtlich abzu­werten, und seit­her “floatet” diese Währung, die Währung der sechstgrößten Volkswirtschaft der Welt.

Es gibt allerdings im Zusammenhang mit diesem Hilfsprogramm eine Menge berechtigter Zwei­fel, und zwar Zweifel hinsichtlich der Nachhaltigkeit der Finanzhilfe aus Westeuropa und den Vereinigten Staaten.

Meine Damen und Herren! Der amerikanische Kongreß hat das Hilfsprogramm für Brasilien schon im November beschlossen und abgesegnet. Es ist dies natürlich die größte Beteiligung, der größte Anteil an dem Hilfspaket. Das ist auch verständlich, weil die Amerikaner in Süd­amerika natürlich elementare Interessen verfolgen, sowohl was die privaten Investoren als auch was die amerikanischen Banken und nicht zuletzt die Beteiligungslandschaft in Brasilien betrifft.

Aus dieser Sicht ist es natürlich verständlich, daß Amerika großes Interesse hat, dort einzu­greifen. Allerdings sind die Rahmenbedingungen, unter denen diese Brasilienhilfe zustande kommt, etwas zweifelhaft oder unklar.

Brasilien hat viele Jahre hindurch einen scheinbaren Anstieg seiner Wirtschaftskraft verzeich­nen können, aber dieser Anstieg, diese Entwicklung war eine Scheinentwicklung. Es hat viele Investoren gegeben, die sich davon blenden ließen. Die Werte, die Titel, die dort investiert wurden, sind alle rasant angestiegen, aber am Ende hat sich das Ganze im wahrsten Sinne des Wortes zu einer Seifenblase entwickelt, und diese Seifenblase ist jetzt geplatzt.

Zu dem Zeitpunkt, als feststand, daß die amerikanische Regierung dort beträchtliche Mittel hinein­pumpt, hätte man eigentlich erwarten können, daß die Kapitalflucht aus Brasilien aufhört. Das ist nicht passiert, sondern der Druck auf die Währung ist immer größer geworden, und was herausgekommen ist, hat man gesehen.

Daher wird in Europa von namhaften Experten – unter anderem vom Präsidenten der Deut­schen Bundesbank  Tietmeyer – bezweifelt, ob dieses Paket wirklich sinnvoll ist und ob es geeig­net ist, die Probleme wirklich zu lösen. Ich persönlich glaube – und ich bin mit diesem Glauben bei Gott nicht alleine –, daß es verpuffen wird, meine Damen und Herren, daß es wirkungslos verpuffen wird und daß man damit gutes Geld dem schlechten nachwirft. Und dazu sollte es nicht kommen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es geht dabei um einen Betrag von 50 Millionen US-Dollar, der zwar zunächst nur in Form einer Garantie gegeben wird, aber diese Garantie wird sicherlich in Anspruch genommen werden. 600 Millionen Schilling sind keine Kleinigkeit, Herr Bundesminister, auch wenn ich durchaus zugebe, daß es im Rahmen der Europäischen Union andere Länder gibt, die wesentlich mehr zuschießen oder glauben zuschießen zu müssen.

Ich meine allerdings, daß die Rolle, die Sie als ECOFIN-Präsident in dieser Frage gespielt haben, zu wünschen übrig ließ. Wenn Sie nämlich Ihre Aufgabe dort ernst genommen hätten, Herr Bundesminister, dann hätten Sie in diesem europäischen Verbund auf die Bremse steigen müssen, aber das haben Sie nicht getan.

Herr Bundesminister! Ich hätte mir schon von Ihnen erwartet, daß Sie dort mehr Mut an den Tag legen und etwas couragierter vorgehen werden! Wenn zum Beispiel die Amerikaner bei einem Hilfsprogramm irgendwo auf der Welt Zweifel daran haben, daß ein solches Hilfspaket greift, dann werden die Amerikaner dabei einfach nicht mittun. Wir in Europa sagen, wir müssen, wir haben die moralische Verpflichtung und so weiter, aber in Wirklichkeit entbehrt das jeder Grund­lage.

Meine Damen und Herren! Der Initiativantrag der Kollegen Stummvoll und Genossen läßt das Parlament im unklaren darüber, was mit diesen Mitteln passiert. – Erster Punkt der Kritik.

Zweiter Punkt – ganz wesentlich –: Die brasilianische Regierung hat nur ein halbherziges beglei­tendes Sanierungsprogramm beschlossen.

Dritter Punkt: Eine Beteiligung privater Investoren ist nicht vorgesehen. – Es ist immer wieder das gleiche: Die Gewinne werden in Zeiten eines vermeintlichen Aufschwungs individuell lukriert, aber wenn es kracht, dann werden die Verluste sozialisiert. So kann es nicht gehen, meine Damen und Herren!

Vierter Punkt: Es gibt, was diesen Kredit betrifft – den Kredit, den die Bank für Internationalen Zah­lungsausgleich abwickelt –, beispielsweise keinerlei Besicherung mit den natürlichen Ressour­cen Brasiliens.

Fünfter Punkt – und das habe ich bereits angesprochen –: Ich finde, Herr Bundesminister, in dieser Frage hat die Europäische Union dem Druck der US-Bundesregierung ziemlich leicht­fertig nachgegeben, und ich bin der Ansicht, das ist schade. Wir haben uns, so meine ich, überfahren lassen. Es hätte genug Gründe gegeben, da anders zu argumentieren.

Die Situation in Brasilien hat sich jetzt etwas beruhigt, aber nicht deshalb, weil es dieses euro­päische Hilfsprogramm gibt, meine Damen und Herren, sondern weil – nach langem Hin und Her – die Regierung in Brasilien keine Bindung mehr an den Dollar vornimmt, sondern die Währung freigegeben hat; sie “floatet” seither. Deshalb ist eine kleine Entspannung eingetreten, aber – nochmals – nicht wegen dieses Hilfsprogramms.

Zusammengefaßt: Ich bin der Meinung, daß dieses Hilfspaket nicht wirklich weiterhelfen wird. Man hätte das Geld sehr wohl für sinnvollere Projekte zur Verfügung stellen können – auch in Europa beziehungsweise woanders. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.10


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Gusen­bauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.10


Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der geplante Beschluß betreffend österreichische Betei­ligung an Hilfsmaßnahmen für Brasilien wirft eine Reihe von Fragestellungen auf, die wir im Zuge der heutigen Debatte zu diskutieren versuchen. Ich meine jedenfalls, daß die Situation in Brasilien nicht losgelöst von der gesamten weltwirtschaftlichen Situation zu betrachten ist.

Festzustellen ist, daß es derzeit relativ massive Repressionskräfte in der Weltwirtschaft gibt, was sich unter anderem darin dokumentiert, daß es einen massiven Rückzug der Auslands­investitionen von den “emerging markets” gibt. Und festzustellen ist weiters, daß wir es in den letzten zwei Jahren mit einer Verringerung des Welthandels und einer Senkung der Rohstoff­preise zu tun haben. Darüber hinaus war es so, daß in den letzten eineinhalb Jahren, und zwar in verschiedenen Teilen der Welt, nationale Volkswirtschaften in erhebliche Schwierigkeiten gera­ten sind und daß letztendlich das, was in Südostasien begonnen und sich über Rußland fortgesetzt hat, nunmehr die letzte Verteidigungslinie der aufstrebenden Märkte, nämlich Brasilien erreicht hat.

Es ist davon auszugehen, daß, wenn es nicht gelingt, die Situation in Brasilien einigermaßen in den Griff zu bekommen, weiterhin nicht nur verlangsamende, sondern repressive Kräfte in der Weltwirtschaft wirken werden. Aber das kann doch nicht in unser aller Interesse gelegen sein. Daher gibt es für das, was in der Weltwirtschaft passiert, da es ja uns alle betrifft, auch so etwas wie globale Verantwortung. Und es ist die Frage zu stellen: Wie wird diese globale Verant­wortung wahrgenommen?

Der Punkt, den ich in der Kritik des Kollegen Firlinger für berechtigt halte, ist, daß sich in den letzten Jahren aufgrund umfassender Kapitalverkehrsliberalisierungen herausgestellt hat, daß zwar die Gewinne immer privatisiert und umfassend abgeschöpft werden, daß aber immer dann, wenn es darum geht, eine Krise zu lösen, öffentliche Gelder in Anspruch genommen werden, eine geeignete Beteiligung privater Investoren an Krisensanierungspaketen aber bisher nicht zu sehen war. Und das muß meiner Auffassung nach als kritischer Punkt in bezug auf alle bisherigen Krisenlösungsstrategien festgehalten werden.

Zweiter Punkt: Sind die Institutionen, die derzeit das Management der Weltwirtschaft betreiben, geeignet, dies zu tun, und werden von ihnen politische Maßnahmen ergriffen, die letztendlich auch wirksam sind?

Die beiden entscheidenden Institutionen in diesem Zusammenhang sind der Internationale Wäh­rungsfonds und das amerikanische Finanzministerium, die im wesentlichen die Richtlinien vorgeben. Die Politik dieser beiden Institutionen ist zu Recht kritisiert worden. Ich möchte etwa nur daran erinnern, daß das Hilfspaket für Rußland beschlossen wurde, und fünf Wochen danach ist die Krise in Rußland schlagend geworden. Ende November 1998 wurde ein Hilfs­paket für Brasilien beschlossen, und wenige Wochen danach wurde die Krise in Brasilien schlagend. Da ist natürlich erheblicher Zweifel an der Richtigkeit diese Strategien angesagt.

Andererseits stellt sich natürlich die Frage, ob nicht auch ein Grund für diese Strategie darin lag, zumindest Zeit zu gewinnen, denn wenn knapp nach Rußland gleich Brasilien schlagend gewor­den wäre, wären die Turbulenzen in der Weltwirtschaft möglicherweise noch größer gewesen, als sie es jetzt ohnehin sind. Das heißt, man muß auch anerkennen, daß es schon einen ge­wissen Sinn hatte, das Ganze zumindest zu versuchen.

Bisher wurden diese gesamten Krisenlösungspakete vor allem von dem Standpunkt aus kritisiert, daß die sozialen Auswirkungen auf die Bevölkerung meistens sehr dramatisch waren und daß es im Gefolge dieser Pakete – vor allem in Südostasien – auch zu einigen politischen Turbulenzen gekommen ist. Ich verweise in diesem Zusammenhang vor allem auf die Situation in Indonesien.

Diese Kritik ist für das Brasilien-Paket meiner Auffassung nach jedoch nicht stichhaltig, denn vom sozialen Standpunkt aus betrachtet war das Brasilien-Paket ausgewogener als jene Pa­kete, die in Südostasien zur Anwendung gekommen sind. Kernpunkt der Auseinanderset­zung ist allerdings, daß all die Zusagen, die die brasilianische Regierung im Austausch für dieses Paket gegeben hat, in Brasilien bisher nicht in die Tat umgesetzt wurden und daher der Zeit­gewinn, der dadurch entstanden ist, daß das Ende November beschlossen wurde, nicht wirklich genützt wurde.

Es hat ja von Anfang an berechtigte Zweifel daran gegeben, ob die brasilianische Regierung imstande sein werde, die vereinbarten Maßnahmen auch im brasilianischen Parlament durchzu­setzen. Einen zusätzlichen Dämpfer gab es ja dadurch, daß einer der Bundesstaaten Brasiliens ein einseitiges Rückzahlungsmoratorium seiner Schulden an die brasilianische Regierung aus­gesprochen hat, was ja nichts anderes bedeutet, als daß die brasilianische Regierung – ohne daß vereinbarte Maßnahmen beschlossen worden wären – durch einzelne Gebietskörper­schaf­ten zusätzlich unter Druck gekommen ist. Daß an einer fundamentalen Änderung der brasilia­nischen Wirtschaftspolitik kein Weg vorbei führt, ist ganz offensichtlich.

Die klare Bindung des brasilianischen Real an den Dollar hatte ganz offensichtlich Konse­quenzen: Die brasilianischen Exporte haben sich verteuert, die Importe sind extrem billig gewesen. Es ist sehr viel konsumiert worden, und es ist zu einem Zahlungsbilanzdefizit gigan­tischen Ausmaßes gekommen, was die brasilianische Wirtschaft völlig einseitig davon abhängig gemacht hat, daß ausländisches Geld nach Brasilien fließt. Da haben sich manche sehr gut eingekauft, und zwar mit Realzinsniveaus um die 25 Prozent. Das ist eine ordentliche Rendite, die sozusagen die Geldbringer an Brasilien über einen gewissen Zeitraum realisiert haben. Daß jedoch diese Politik nicht fortsetzbar ist, ist völlig klar. Es stellt sich nur die Frage, ob unter den geänderten Bedingungen in Brasilien die Politik nun soweit ist, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

Ich bin der Meinung, daß Handeln unbedingt erforderlich ist. Es kann doch nicht angehen, daß die Welt zusieht, wie eine der größten Volkswirtschaften der Erde den Bach hinunterrinnt. Han­deln ist also unbedingt notwendig! Wenn aber bis dato Brasilien die Bedingungen des Inter­nationalen Währungsfonds nicht erfüllt, ja einzelne sogar mißachtet hat, ist es natürlich auch angesagt, daß die “terms of reference” zwischen dem Währungsfonds und Brasilien unter den neuen Bedingungen auch neu verhandelt werden. Dazu gibt es ja nun die Gelegenheit.

Das gesamte Hilfspaket des Internationalen Währungsfonds für Brasilien umfaßt rund 41 Milliar­den Dollar. 9 Milliarden Dollar sind bisher in Anspruch genommen worden, jedoch kein einziger Dollar für jene bilateralen Maßnahmen, wozu wir seitens Österreich heute einen Teil dazu beschließen sollten.

Ich meine, daß jetzt die Situation gekommen ist, daß der Internationale Währungsfonds mit Bra­silien erneut verhandelt, um zu einem anderen Paket zu kommen, zu einem Paket, das eine bessere Erfolgsquote verspricht als das vorige.

Darüber hinausgehend sollten aber aus der gesamten Geschichte dieser Finanz- und Wirt­schaftskrisen auch einige fundamentale Schlüsse gezogen werden, und zwar hinsichtlich der Art und Weise, wie da operiert wird. Es ist meiner Ansicht nach ganz offensichtlich, daß die völlige Kapitalverkehrsliberalisierung ohne irgendwelche Bedingungen für viele Teile der Erde nicht den richtigen Weg darstellt und in Wirklichkeit mehr Schaden als Nutzen für einzelne Volkswirt­schaften zur Folge hat.

Weiters bin ich der Auffassung, daß die Politik des Währungsfonds, so sie alleine auf den Interessen des Managements des Währungsfonds und des amerikanischen Finanzministeriums basiert, nicht zu Schlußfolgerungen führen kann, die für die gesamte Weltwirtschaft vernünftig sind.

In diesem Zusammenhang habe ich mit Interesse die Diskussion, die zwischen den asiatischen und europäischen Finanzministern letztes Wochenende in Frankfurt geführt wurde, zur Kenntnis genommen, wo offensichtlich ein politischer Anstoß gegeben wurde, zu einer stärkeren Balance der Akteure in der Weltwirtschaft zu kommen.

Drittens ist meiner Auffassung nach die geradezu endlose Reihe von Vorschlägen, die es inzwischen gibt, wie man private Investoren letztendlich auch an der Krisenbewältigung betei­ligen kann, zu prüfen. Und es sollte zu erwarten sein, daß bei künftigen Tagungen der Weltbank und des Währungsfonds gemeinsame politische Beschlüsse gefaßt werden, sodaß sich private Profiteure gleichfalls an einer Krisenlösung beteiligen werden.

Was das Verhandlungsgeschick unseres Finanzministers betrifft, so ist ihm zu gratulieren: Öster­reichs Anteil am Internationalen Währungsfonds beträgt 1,32 Prozent und unsere Beteili­gung an dieser multilateralen Hilfsmaßnahme für Brasilien 0,34 Prozent. Alles in allem handelt es sich um eine sparsame Maßnahme für die österreichischen Steuerzahler. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.21


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.21


Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen¦ (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es kommt ja nicht oft vor, daß man zwischen Ausschuß- und Plenarsitzung wesentlich klüger wird. In diesem Fall ist es aber so. Ich erinnere nämlich daran, daß Herr Abgeordneter Gusenbauer, der im Ausschuß ausgezeichnet gebrieft und vorbereitet war und uns über wesentliche Dinge richtig, wie ich meine, belehrt hat, im Ausschuß auf die Frage, wie sich das IMF-Paket, diese 41 Milliarden Dollar auswirken werden, sinngemäß gesagt hat: Who knows?!

Inzwischen wissen wir es: Das IMF-Paket hat nicht gewirkt. Das ist, glaube ich, klar. An dem Tag, an dem wir im Ausschuß über dieses 50‑Millionen-Dollar-Paket beraten haben – zur selben Stunde wahrscheinlich –, hat Brasilien das enge Band des Wechselkurses aufgegeben und behauptet, es wolle zu einem breiteren Band des sogenannten Crawling-peg übergehen, was genau einen Tag lang gehalten hat. Seit Freitag befindet sich der Real im freien Fall beziehungsweise in einem Floating-Regime. Inzwischen ist der Real um 20 oder sogar 25 Prozent zum Dollar abgewertet worden.

Primäres Ziel der Vereinbarung vom November 1998 zwischen IMF und Brasilien war es, mit Hilfe dieses Paketes in Höhe von 41 Milliarden Dollar unter anderem die Abwertung des Real zu verhindern – mit all den möglichen Folgen, die das haben könnte.

Dieses Konzept ist gescheitert. Übriggeblieben als Beschädigte sind nicht nur Brasilien, son­dern auch, wie ich meine, der Internationale Währungsfonds, der in relativ kurzer Zeit, und das hintereinander, mit seinen Konzepten – drücken wir es höflich aus – keinen unmittelbaren Erfolg hatte.

Im Falle Rußlands hat es fünf Wochen lang gedauert: fünf Wochen zwischen der Vereinbarung jenes 22‑Milliarden-Dollar-Pakets und dem Schuldenmoratorium beziehungsweise dem freien Fall des Rubel. Im Fall Brasiliens hat es ungefähr acht Wochen lang gedauert: acht Wochen zwischen der Vereinbarung zwischen IMF und Brasilien und dem freien Fall des Real beziehungsweise einem möglichen Schuldenmoratorium Brasiliens.

Beide Beteiligten sind da nicht unbeschädigt ausgestiegen: Auch der IMF ist zumindest zu einem gewissen Grad diskreditiert worden.

Nach dem, was ich über diese konkrete Situation dort weiß, scheint es so zu sein, daß die Auslöser der Krise in Brasilien im wesentlichen hausgemacht sind – und auch nicht überein­stimmen mit den Auslösern für die Krise in Südostasien beispielsweise.

Während bisher in solchen Krisen regelmäßig auf die Leistungsbilanz, auf die Exportent­wicklung und so weiter geschaut wurde, so ist es im Falle Brasiliens so – da bin ich ein bißchen unter­schiedlicher Meinung zu dir, Kollege Gusenbauer –, daß nicht nachvollziehbar ist, daß diese Komponenten unmittelbare Auslöser für die jetzige Situation gewesen wären.

Der Grund für die jetzige Situation Brasiliens dürfte auch nicht in der Bankenaufsicht – wie das in Südostasien der Fall war beziehungsweise ist – oder in einer korrupten Bankenstruktur liegen, sondern der Grund hiefür dürfte im wesentlichen in der Beharrlichkeit des fiskalischen Defizits zu suchen sein.

8 Prozent für 1998 sind ja nicht gerade wenig – im Moment habe ich aber die Zahlen über die Jahre vorher nicht im Kopf –, und die bedenkliche Fristenstruktur der öffentlichen Verschuldung darf auch nicht außer acht gelassen werden, und zwar jetzt weniger die ausländische Ver­schuldung als im Bereich der Binnenverschuldung. All das sind hausgemachte Probleme. Klar ist natürlich, daß solche Dinge Vertrauenskrisen auslösen, vor allem dann, wenn bekannt ist – beziehungsweise sich zumindest im nachhinein als bekannt herausstellt –, wie die dortigen politischen Verhältnisse sind und auch eingeschätzt werden.

Der “Economist” war – zumindest ex post – am Freitag der Meinung, die brasilianische Regie­rung sei politisch schwach, inkompetent und unfähig. – Das hat man aber, nehme ich an, im November auch schon gewußt, als Mitarbeiter vom IMF dort waren.

Also was bleibt jetzt an Erfahrung, und zwar an positiver und auch negativer, aus dieser ganzen Sache? – Die Grenzen der Intervention des IMF wurden deutlich aufgezeigt. Die Ziele des Paktes vom November 1998 zwischen dem IMF und Brasilien wurden klar verfehlt.

Es ist richtig – darauf hat Kollege Gusenbauer bereits hingewiesen –, daß zumindest Zeit “ge­kauft” wurde in der damaligen Situation, kurz nach dem Desaster in Südostasien und dem Rußlands sowie dem, was ja schon wieder vergessen wird, Beinahe-Desaster von LTCM, dem Hedge-Fund Long-Term Capital Management.

All das zusammengenommen – und dann noch die Brasilienkrise obendrauf – muß man sagen: Da macht es schon Sinn, acht Wochen lang Zeit zu “kaufen”. Inzwischen haben wir ja das Jahr 1998 schon fast wieder verdrängt, sodaß also Brasilien fast als isoliertes “Phänomen” betrachtet wird. – Ex post gesehen können wir das so interpretieren, daß das zumindest als ein positiver Aspekt dieser Krise zu sehen ist.

Offen bleibt die Beteiligung privater Gläubiger; darauf haben beide meiner Vorredner hinge­wiesen. Immerhin haben in diesem Fall anscheinend 70 Prozent der privaten Gläubiger einem roll-over beziehungsweise einer neuen Kreditvergabe zugestimmt, aber für die restlichen 30 Prozent muß man schon wieder sagen, daß die öffentliche Hilfestellung für Brasilien de facto ein “bail-out” für private Gläubiger darstellt.

Viertens muß man daraus lernen – diesen Eindruck habe ich zumindest –, daß man sich in einem Wechselkursregime entscheiden muß: entweder floatierende oder fix gebundene Wech­selkurse – wie seinerzeit bei Schilling und D-Mark oder jetzt bei der Währungsunion in der EU.

Aber das dazwischen, diese “Crawling pegs”, wo sozusagen schleichend ein Anpassungs­pro­zeß in den Wechselkursen vollzogen wird, das ist des Teufels! Denn im Grunde müßten wirt­schafts­politische Maßnahmen getroffen werden, die genauso hart sind wie bei einer Wäh­rungsunion, die aber von Haus aus geringere Glaubwürdigkeit haben – zumindest immer ein Glaubwürdig­keits­problem mit sich herumschleppen.

Ich habe den Eindruck, daß alle Versuche von Krisenlösungen der letzten Zeit, so lange eben ver­sucht wurde, diese Crawling-peg-Mechanismen zu unterstützen, gescheitert sind. Und das, denke ich, ist wohl kein Zufall.

Zum fünften Punkt, den Kollege Gusenbauer genannt hat, zu den Kapitalverkehrskontrollen. Ich muß sagen, daß ich – trotz allem – nicht davon überzeugt bin, weil ja gerade Entwick­lungs­länder, die “emerging markets” und so weiter, auf Kapitalimporte angewiesen sind; das ist doch geradezu das Kennzeichen eines noch nicht so hoch industrialisierten Landes. Und Kapital­importe werden nicht gerade erleichtert, wenn derjenige, der dort investiert, der sein Kapital dorthin transferieren will, von Haus aus weiß, daß er es nicht wieder herausbekommt. – Ob das also im Sinne einer richtig verstandenen Entwicklungspolitik ist, daran habe ich noch großen Zweifel.

Was die heutige Abstimmung betrifft: Klar ist, daß SPÖ und ÖVP die Vereinbarungen hono­rieren müssen, die sie mit der Nationalbank, mit der BIZ und mit unseren europäischen Partnern getroffen haben. Aber aus der Sicht einer Oppositionspartei, die an diesen Verhandlungen weder beteiligt noch über sie informiert war, noch sonst irgendwie “schuld” oder “unschuldig” ist an diesen Ereignissen, sehe ich nicht den geringsten Grund dafür, uns an einer solch riskanten Sache zu beteiligen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

14.30


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stumm­voll. – Bitte.

14.30


Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es eigentlich traurig, daß Herr Kollege Van der Bellen, der ja ein Nationalökonom ist und daher zweifellos die wirtschaftlichen Zusam­men­hänge und auch die Notwendigkeit solch international akkordierter Aktionen versteht, hier sagt, die Opposition müsse das ablehnen, da sie nicht entsprechend eingebunden gewesen sei.

Herr Kollege Van der Bellen! Ich hätte mir ehrlich gestanden gerade von Ihnen erwartet, daß Sie anerkennen, daß es im Grunde keine politische Alternative zu einer kurzfristig notwendigen, weltweiten Solidaritätsaktion für die sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt gibt.

Wir beschließen heute die gesetzliche Basis für eine Teilnahme Österreichs an einer ganz großen, weltweiten Hilfsaktion für eine Volkswirtschaft, und zwar zu einem Zeitpunkt, meine Damen und Herren, zu dem wir global so vernetzt sind, daß wir alle, egal, ob sich der Krisen­herd in Asien, Rußland, Japan oder Südamerika befindet, Sorge haben müssen, daß es zu Domino­effekten und damit zu negativen Auswirkungen auch auf die Arbeitsplätze in Österreich kommt.

Meine Damen und Herren! Vergessen wir nicht, Brasilien ist der fünftgrößte Exportmarkt Öster­reichs in Übersee. Es gibt da also unmittelbare, direkte Rückwirkungen auch auf die Export­wirtschaft in Österreich. Ich denke etwa nur daran, daß aufgrund der Südostasien-Krise – so klein ist die Welt geworden: “global village” – zum Beispiel die Papiermaschinen in Nettingsdorf stillstehen und die Arbeiter dort Sorge um ihre Arbeitsplätze haben.

So klein ist die Welt geworden, und dieses Schlagwort vom “global village” ist eigentlich schon längst tägliche Realität. Wir müssen damit leben, und daher sage ich ein klares Ja zu solchen internationalen Hilfsaktionen. Dabei kann man natürlich das eine oder andere im nachhinein kritisieren, kann man natürlich im nachhinein das eine oder andere national bedeutsame Argument bringen, aber im Grunde haben wir keine Alternative, wenn gemeinsam mit dem Inter­nationalen Währungsfonds ein Stabilisierungs- und Konsolidierungsprogramm ausgear­beitet wurde, der dafür beachtliche Beträge – 18 Milliarden Dollar! – zur Verfügung stellt, wenn die Weltbank, die Interamerikanische Entwicklungsbank ... (Abg. Mag. Trattner: 49 Milliar­den!) – Herr Kollege, ich sehe, Sie haben nicht einmal die Unterlagen gelesen! Ich hätte doch angenommen, daß Sie wenigstens die Unterlagen gelesen haben.

Es sind drei Quellen: Es ist das Geld des Internationalen Währungsfonds mit 18 Milliarden Dollar, es sind je 4,5 Milliarden Dollar von der Interamerikanischen Entwicklungsbank und der Weltbank, und es ist ein Betrag von etwas mehr als 14 Milliarden an bilateraler Hilfe, davon etwa die Hälfte, also zirka 7,5 Milliarden Dollar, von der EU.

Meine Damen und Herren! Der Anteil Österreichs in Höhe von 50 Millionen Dollar entspricht einem Anteil von 0,34 Prozent. Unser Anteil – Österreichs Anteil – an den Importen Brasiliens ist doppelt so groß, nämlich 0,6 Prozent. Wir sind also auf einer Linie mit Kleinstaaten wie Luxemburg, mit den wirtschaftlich schwachen Staaten wie Irland oder Griechenland. Im Grunde ginge es ja eher um die Frage: Entspricht dieser Solidaritätsbeitrag eigentlich unserem wirt­schaftlichen Verhältnis mit Brasilien, oder müßte er nicht doch größer sein? (Abg. Mag. Tratt­ner: Es geht nicht um das!)

Herr Kollege Trattner! Das war für mich die Fragestellung, und ich halte es eigentlich ein bißchen für blamabel, daß wir hier in diesem Hohen Haus bei einer solchen internationalen Hilfsaktion, wo es letztlich auch darum geht, Arbeitsplätze in der Exportwirtschaft in Österreich abzusichern, kein Einvernehmen erzielen können. Es tut mir wirklich leid, daß wir aufgrund eines Justamentstandpunktes, eines ritualen Verhaltens seitens der Opposition – die Oppo­sition muß ja dagegen sein, wenn von der Regierung etwas gemacht wird! – hier zu keinem gemeinsamen Entschluß kommen.

Meine Damen und Herren! Zusammenfassend möchte ich noch einmal sagen: Man kann da oder dort über viele Einzelheiten diskutieren, andere nationalökonomische, volkswirtschaftliche Aspekte einbringen, gar keine Frage, und natürlich hat Kollege Van der Bellen mit einigen seiner Argumente durchaus recht. Wenn er aber als Schlußfolgerung sagt: Und aus dem Grund bin ich dagegen, daß Österreich sich an einer solchen Aktion beteiligt!, muß ich feststellen, daß ich eine solche Haltung nicht verstehe.

Ich deponiere hier seitens meiner Partei ein klares Ja zu dieser internationalen Soli­daritäts­aktion für ein Land, mit dem wir sehr gute wirtschaftliche Beziehungen haben. Im Vorjahr lag das Exportvolumen bei 4 Milliarden Schilling, grob gerechnet sind das 4 000 Arbeitsplätze in Öster­reich. – Unsererseits ein klares Ja zu dieser Aktion! (Beifall bei der ÖVP.)

14.35


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Nuß­baumer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.35


Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundes­mini­ster! Meine Damen und Herren! Die Übernahme dieser Garantie ist doch nur ein kleiner Teil – Herr Kollege Stummvoll, das müßten Sie doch auch sehen – einer Serie von Haftungs­übernahmen, die allesamt an sich abzuschreiben sind.

Ich habe Herrn Kollegen Gusenbauer, der jetzt nicht mehr im Saal ist (Abg. Dr. Gusen­bauer – von einem anderen Platz als seinem Sitzplatz aus –: Hier!) – ach, da ist er ja! –, sehr genau zugehört, und ich teile auch seine Einschätzungen. Aber in der Konsequenz, Herr Gusen­bauer, würde das für den Herrn Bundesminister bedeuten, daß zum jetzigen Zeitpunkt eine Haftungs­übernahme zumindest äußerst problematisch ist, denn niemand glaubt ernsthaft daran, daß diese 50 Millionen Dollar jemals zurückfließen werden.

Dies, Herr Bundesminister, ist eben jene Geldverschwendung, von der wir immer wieder spre­chen, aber das ist nicht das Kriterium. Das Kriterium ist, ob wir mit dieser Hilfe etwas erreichen, ob sich mit dieser Hilfe das brasilianische Finanzsystem stabilisieren läßt.

Herr Bundesminister! Sie haben im Ausschuß erklärt, daß es sich um ein gemeinsames Sanierungsprogramm mit einer Dotierung von insgesamt 41,5 Milliarden Dollar handelt, aber Sie haben uns nicht verraten, wie die Vereinbarung mit der brasilianischen Regierung aus­schaut. Sie haben nicht gesagt, wie die wesentlichen Inhalte dieses Sanierungspaketes aus­sehen und unter welchen Voraussetzungen die Hilfsgelder nach Brasilien fließen. In der Zwi­schenzeit ist der Real abgewertet, das Hilfsprogramm eigentlich obsolet, aber die Gelder sind wahrscheinlich zu einem großen Teil schon beschlossen. Vielleicht können Sie dazu noch etwas sagen.

Herr Bundesminister! Sie haben sich für diese Haftungen und Haftungsübernahmen eingesetzt, ohne zu wissen, wie das Geld dort eingesetzt wird. Sie haben im Ministerrat den Haf­tungs­beschluß herbeigeführt, ohne konkrete Vorstellungen zu haben, wie Sie als damaliger ECOFIN-Ratspräsident und -vorsitzender Ihre Kollegen im EU-Ministerrat einbinden und was Sie ihnen vorschlagen werden. Und Sie haben eine Haftungsübernahme gefordert, ohne zu prüfen, ob diese finanzielle Unterstützung nicht ausschließlich dazu dient, den Investoren einen schnellen und vor allem verlustfreien Rückzug aus Brasilien zu ermöglichen. Ich sage dies deshalb, weil ein ungeahnt hoher Kapitalrückfluß aus Brasilien stattgefunden hat und Sie weder die For­derung nach Einbindung der Privatinvestoren in das Sanierungsprogramm gestellt noch Schritte in die Richtung gesetzt haben, die Gelder erst dann fließen zu lassen, wenn die Privat­investoren ihr Kapital nicht abziehen. Ich habe zwar gehört, daß das jetzt nur mehr 30 Prozent sind, aber 30 Prozent sind eben auch etwas.

Herr Bundesminister! Ich glaube, daß Österreich – wie auch die anderen Staaten – viel zu sorglos Kredite vergibt und Haftungen übernimmt. Der BIZ-Bericht weist aus, daß Österreich insgesamt 304 Milliarden Schilling Kredite ausständig hat, davon eben diese knapp 8 Milliarden aus Brasilien, und jetzt kommen wieder diese 600 Milliarden dazu. (Abg. Dr. Höchtl: Mil­lionen!) – Ja!

Es ist das Hauptproblem des internationalen Finanzsystems, daß man sich gegenseitig Kredite zuschiebt und dann mit Bundeshaftungen absichert, letztlich aber zum Schaden der Steuer­zahler, wenn es zu einem Ausfall kommt. Warum? – Weil kein einziger Kredit ein Struktur­problem löst, sondern einen Zusammenbruch möglicherweise – und wir haben es bei der Ab­wer­tung des Real ja gesehen – lediglich hinausschiebt, manchmal sogar nur kurze Zeit hinaus­schiebt. Das hat eben nichts mit der internationalen Vernetzung zu tun, wie uns Abge­ordneter Stummvoll glauben machen wollte.

Deshalb, Herr Bundesminister, Herr Stummvoll, Herr Gusenbauer, bedeutet die Haftung für diese 600 Millionen an sich nichts anderes als die Vernichtung von weiterem Vermögen in der Höhe von 600 Millionen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.39


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.39


Abgeordneter Mag. Helmut Peter¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Herr Nußbaumer, ich kann Ihnen nicht zustim­men: So einfach ist es nicht, daß diese Kreditgewährung schlicht und ergreifend eine Ver­nich­tung von 600 Millionen Schilling wäre. Es ist auch die Aussage Firlingers nicht richtig, der gemeint hat, man werfe nur gutes Geld dem schlechten nach. Es ist leicht verständlich, aber deswegen nicht wahrer.

Es ist einfach so, daß wir mit Weltfinanzsystemen arbeiten, die in liberalisierten Kapitalmärkten tätig sind, die manche Nationalstaaten überfordern – und das ist der Reformbedarf. Die Libe­ralisierung des weltweiten Kapitalverkehrs, die so segensreich für die entwickelten Staaten war, hat sich für einige Nationalstaaten offensichtlich sehr negativ ausgewirkt, weil sie ihrer eigenen nationalstaatlichen Verantwortung nicht gerecht wurden. Die brasilianische Regierung hat über viele Jahre ihre Netto-Neuverschuldung in Höhen gehalten, die zu einem Crash führen mußte! Der Einfluß der internationalen Finanzsysteme auf diese Entwicklung war der, höhere Zinsen zu verlangen.

Da ist das Problem zu suchen! Es ist die Frage, wie eine globalisierte Wirtschaft mit national­staatlichen Fehlleistungen umgeht. Und es sei nur ganz kurz in Erinnerung gerufen, daß ja auch Österreich einen Weg der Verschuldung gegangen ist. Nur haben wir Gott sei Dank noch immer das Vertrauen der Anleger, und wir verdienen es auch. Dennoch sind wir einen Weg der Ver­schuldung gegangen, und zwar mit einem Faktor 5; wir haben also die Finanzschulden nominell fünfmal schneller erhöht als die Wirtschaftsleistung. Finanzschulden 1970: 47 Milliarden, Fi­nanz­schulden 1998: bei etwa 1 700 Milliarden Schilling, das ist ein Faktor von 34; die Wirt­schaftsleistung hat sich in dieser Zeit nominell nur sechsmal multipliziert, also haben wir uns fünfmal schneller verschuldet, als unsere Wirtschaft mehr geleistet hat.

Das ist heute Ihr Problem, Herr Finanzminister! Sie haben keine Spielräume mehr! Wir haben noch das Vertrauen der Märkte in Österreich – wir werden es auch noch lange haben, hoffe ich –, aber wir haben etwas Ähnliches getan, nur Gott sei Dank nicht so ausgiebig und mit größerer Vorsicht, als es die Brasilianer getan haben, deren Verschuldung ja noch viel schneller gestiegen ist, bis sie das Vertrauen der Finanzmärkte verloren haben.

Heute stehen wir davor, daß wir letztlich helfen müssen, und zwar aus wahrem Eigeninteresse, Herr Nußbaumer. Wir müssen heute versuchen, dieses brasilianische Loch zuzuschütten – aus eigenem Interesse, weil wir kein Interesse daran haben, daß daraus ein schwarzes Loch wird, das die lateinamerikanische Wirtschaft in einen Strudel zieht.

Herrn Stummvoll ist zuzustimmen. Was er sagt, ist richtig. Daher wird diese Zusage, den öster­reichischen Anteil an dieser Hilfe hier zu beschließen, auch von den Liberalen mitgetragen.

Ganz kurz vier Punkte, die aufzeigen sollen, wo meiner Ansicht nach Reform wirklich nötig ist.

Der erste Punkt ist – ich habe ihn kurz angetönt –, die Nationalstaaten an ihre wirtschaftliche Verantwortung zu erinnern – dort liegt das erste Übel – und die internationalen Organisationen tätig werden zu lassen, bevor jene Situation eintritt, die in Brasilien ja absehbar war. Diese ist ja nicht explosiv oder implosiv eingetreten, sie war absehbar! Dort ist in den letzten Jahren bereits der Fehler passiert, und zwar im Einfluß auf die dortige wirtschaftliche Entwicklung.

Das zweite wird wohl sein, daß die Finanzanleger dieser Welt in einem neuen Weltfinanz­system, das wir dringend brauchen, lernen werden müssen, daß Renditen zu lukrieren das eine ist, aber Verluste hinzunehmen das andere. Kapital kann nicht immer wachsen, Kapital muß auch vernichtet werden.

Der dritte Punkt ist die Reduzierung der Realzinsen unter das reale Wachstum. Nicht wir Öster­reicher werden das tun, wir werden es im weltweiten Finanzsystem diskutieren müssen. Die Realzinsen können nicht langfristig über dem realen Wachstum liegen, weil das ja heißen würde, daß das Kapital eben wesentlich schneller als die Wirtschaftsleistung wächst und über den Zinseszinseffekt einen immer größeren Teil der wirtschaftlichen Leistung an sich zieht, womit automatisch weniger für die Lohneinkommen übrigbleibt.

Und der vierte Punkt: Wir brauchen eine prinzipielle Reform in den internationalen Strukturen – ob das die Bank für den Internationalen Zahlungsausgleich ist, ob das der Internationale Wäh­rungsfonds oder die Weltbank ist.

Herr Finanzminister! Das wird das österreichische Parlament nicht bestimmen, aber ich glaube, daß da eine Fülle von Aufgaben für Sie als europäischer Teilnehmer des ECOFIN-Rates und als Vertreter – soweit Sie es selbst sind – in den internationalen Organisationen vor Ihnen liegt, daß Österreich seine Stimme erheben und eine Reform einmahnen sollte, bevor wir im Strudel einer wirklichen europäischen Finanzkrise untergehen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.44


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Bundesminister.

14.44


Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger¦: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben ja im Finanzausschuß relativ ausführlich über diese Vorlage diskutiert, und es ist in der Tat seit der Diskussion im Finanzausschuß in Brasilien einiges passiert. Von Brasilien wurden jene Vereinbarungen, die mit dem IWF im Hinblick auf Budgetkonsolidierung und Währungsstabilität unter strikter Anbindung an den Dollar getroffen worden sind, nicht eingehalten. Es ist überhaupt keine Frage, daß auch aufgrund dieser Situation zwischen dem IWF und der brasilianischen Regierung neue Verhandlungen darüber stattfinden müssen, unter welchen Konditionen – der Betrag von 41 Milliarden Dollar ist noch nicht zur Verfügung gestellt worden, bisher sind 9 Milliarden Dollar geflossen – künftighin die von der Staatengemeinschaft zur Verfügung gestellten Mittel dann auch tatsächlich nach Brasilien fließen werden.

Ich gebe Ihnen schon recht, daß auch aufgrund der Ereignisse des letzten Jahres in ver­schie­denen Bereichen unserer Welt ein Überdenken der internationalen Finanzstrukturen und bei Bedarf auch entsprechender Finanzhilfen stattfinden muß.

Es ist auch viel zu oberflächlich, den Eindruck erwecken zu wollen – das war heute zwar hier nicht der Fall, aber ich erlebe es immer wieder in Diskussionen –, daß die internationalen Finanz- und Währungsturbulenzen von Südostasien über Japan, über Rußland bis nun zum lateinamerikanischen Kontinent, etwa Brasilien, die gleichen Ursachen hätten. Es ist richtig, daß sie ähnliche Auswirkungen haben, aber die Ursachen, die letztendlich zu diesen Situationen geführt haben, sind völlig unterschiedlicher Natur. Und es ist mit ein Punkt – jetzt in einer sehr vereinfachten Darstellung – auch der Diskussionen, die gerade auch bei der letzten Sit­zung des IWF in Amerika begonnen haben, die unter dem Vorsitz des österreichischen Staats­sekretärs Wolfgang Ruttenstorfer gestanden hat, daß man massiv eine Diskussion darüber eingeleitet hat, in welcher Weise der IWF auch die Konditionen für internationale Finanz- und Währungshilfen überprüft, darstellt und letztendlich auch laufend kontrolliert.

Es hat ja wenig Sinn, Programme zu erstellen, die auf der einen Seite möglicherweise nicht eingehalten werden können oder auf der anderen Seite auf die soziale Dimension, die letztend­lich Budgetkonsolidierungen in diesen Ländern nach sich ziehen, keine Rücksicht nehmen, weil die dort tätigen nationalen Regierungen unter solchen Rahmenbedingungen nahezu überhaupt nicht in der Lage sind, diesen Konditionen auch zu entsprechen.

Ich meine daher, daß diese Diskussion in Zukunft einen viel stärkeren Stellenwert auch aus euro­päischer Perspektive bekommen wird. Wir waren bislang als Europäer zwar die größeren Zahler in den IWF – im Vergleich etwa zu den Vereinigten Staaten –, aber trotzdem ist nicht nur in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden, sondern war es wahrscheinlich auch tatsächlich vielfach der Fall, daß der IWF in stärkerem Maße spezifische Interessen der Vereinigten Staa­ten wahrgenommen hat als andere. Aber auf der anderen Seite dürfen wir ja nicht verges­sen – das ist nämlich ein Argument, das ich sehr bewußt bringe –, Europa war eben in viele kleine Volkswirtschaften aufgesplittert. Durch die Gemeinsame Wirtschafts- und Währungsunion und auch die politischen Entschlüsse, die wir im Dezember gefaßt haben, nämlich auch eine Struk­tur zu entwickeln, wonach künftighin das Europa der Elf, jener elf Staaten, die die gemeinsame Währung haben, auch mit einer Stimme spricht und daher die einzelnen Staaten auch ihre Interessen abzustimmen haben, bevor wir uns in den internationalen Organisationen, wenn es darum geht, Programme zu erstellen, zu Wort melden, wird sich das ändern.

Ich meine daher, meine sehr verehrten Damen und Herren – und ich habe das auch im Aus­schuß sehr klar gesagt –, daß ich überhaupt keine Garantie dafür übernehmen kann – niemand kann das! –, daß die Kredite bedient werden. – Sie sind ja noch nicht geflossen, aber für den Fall, daß sie fließen.

Ich habe lediglich festgestellt, daß die bisherigen Verpflichtungen, die Brasilien gegenüber der Republik Österreich hatte, eingehalten wurden – allerdings inklusive jener Umschuldungen, die gemeinsam im “Club von Paris” im Jahre 1992 vorgenommen worden sind. Das heißt, daß das Vertrauen darin, daß die brasilianische Regierung ihren internationalen Zahlungsverpflich­tungen nachkommt, zumindest durch ihre Verhaltensweise in der Vergangenheit gerechtfertigt wird.

Daß Brasilien vor einer schwierigen Situation steht, ist überhaupt keine Frage, und ich verstehe es durchaus, wenn diesbezüglich kritische Bemerkungen fallen. Was mir allerdings ein bißchen abge­gangen ist, ist, daß man sich nicht folgendes Szenario vorstellt: daß nämlich die inter­nationale Staatengemeinschaft Ländern wie eben der sechstgrößten Volkswirtschaft der Welt, nämlich Brasilien, wenn sie – durch welche Umstände auch immer; es sind sicher zum Großteil hausgemachte – in Schwierigkeiten geraten, nicht hilft. Denn was passiert dann?

Brasilien ist weit weg, wenn man auf den Globus schaut, aber die Welt besteht immer mehr aus einer Vielzahl von Verflechtungen im kulturellen, sozialen und selbstverständlich auch wirt­schaftlichen Bereich. Ein Zugrundegehen der brasilianischen Wirtschaft hätte Sofortauswir­kungen auf den gewaltigen Markt der Vereinigten Staaten und sekundär dann auch auf den Markt in Europa! Das ist keinesfalls in Abrede zu stellen.

Ich bin Herrn Abgeordneten Stummvoll sehr dankbar dafür, daß er darauf hingewiesen hat, wie hoch der Anteil der österreichischen Finanzierung etwa im Verhältnis zum österreichischen Ex­port ist. Es ist nicht einerlei, ob wir in so große Länder exportieren, denn das machen wir nicht nur aus christlicher Nächstenliebe gegenüber den Brasilianern, sondern aus durchaus hand­festen Überlegungen, nämlich um österreichische Arbeitsplätze zu sichern. Insofern handelt es sich eben um ein Geflecht wechselweiser Beziehungen und Abhängigkeiten. Aber ich gebe Ihnen recht, daß sich die Europäische Union und vor allem die Wirtschafts- und Währungsunion in einem stärkeren Maße engagieren muß, wenn es darum geht, die Programme des IWF zu strukturieren.

Da geht es darum, zu untersuchen, in welchem Tempo etwa Budgetkonsolidierungen auch den nationalen Regierungen zuzumuten sind, wenn wir wollen, daß sie sie auch einlösen können. Da geht es etwa auch um die Frage, die hier zu Recht gestellt worden ist: Was tun wir, um zu verhindern, daß sich etwa Private, die sich in der Phase uferloser Gewinne dort engagieren, rechtzeitig verabschieden und damit die Situation in diesem Land verschärfen und den Sanie­rungsbedarf der anderen öffentlichen Hände, etwa in Form solcher Programme, erhöhen? Das ist in einer Ursachenforschung sehr leicht festgestellt, aber es ist äußerst komplex und komp­liziert, und wahrscheinlich kann man Lösungen auch nur schrittweise erreichen. Das ist auch in einem bestimmten Maße davon abhängig, wie es in einer krisenhaften Situation – im Falle Brasilien etwa – der internationalen Staatengemeinschaft gemeinsam mit der dort handelnden Regierung gelingt, zumindest ein Minimum an Vertrauen aufrechtzuerhalten. Sonst wären nicht nur 30 Prozent der Privaten dort verschwunden, sondern wahrscheinlich alle 100 Prozent.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Insofern glaube ich, daß auch in einer Zeit der Glo­balisierung, der Liberalisierung in allen Bereichen des internationalen Handelns auch die Re­geln, nach denen sich das abspielt, einer internationalen Annäherung bedürfen. Auch das ist eine Aufgabe, die man, wie ich meine, im Zusammenhang mit solchen Finanzierungen zu bedenken hat.

Ich gebe Ihnen vollkommen recht, wenn Sie die im Augenblick vorhandene Strategie des IWF als nicht zufriedenstellend ansehen. Das sehen wir auch als Länder der Europäischen Union so, und die deutsche Präsidentschaft als unsere Nachfolgepräsidentschaft hat bei der Welt­tagung unseren Ball aufgenommen und als einen der wichtigen Punkte auch des ECOFIN-Rates postu­liert, an der Neustrukturierung der internationalen Finanzarchitektur zu arbeiten.

Ich glaube, daß der Antrag, den wir heute beschließen, wichtig ist, daß er richtig ist, daß er maßvoll ist, daß er im Verhältnis zu unserem wirtschaftlichen Engagement eigentlich geringe finanzielle Ausmaße hat, daß wir aber viel mehr auch an internationaler Reputation verloren hätten, wenn wir das einzige europäische Land wären, das sich an der Wirtschafts- und Finanzhilfe für Brasilien nicht beteiligt. Das ist ein Teil angewandter Solidarität, aber nicht ganz uneigennützig, sondern durchaus auch im Interesse der österreichischen Wirtschaft. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.56


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gaugg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. Das wird sich auch bis 15 Uhr ausgehen, dann ist zu unterbrechen. – Bitte, Herr Abge­ordneter.

14.56


Abgeordneter Reinhart Gaugg¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätzte Damen und Herren! Kollege Stummvoll hat von einer Solidaritätsaktion gesprochen. Da frage ich mich schon: Wo bleibt die Solidaritätsaktion für die heimische Bevöl­kerung? 600 Millionen Schilling werden verschenkt, und dieses Geld macht eine Reise ohne Wiederkehr nach Brasilien. Für Brasilien kann dieses Geld nicht einmal ein Tropfen auf dem heißen Stein sein. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Das Ganze nennt sich “EU-Hilfsmaßnahme”. Herr Minister! Unter Ihrer Vorsitzführung sind letztlich 56 Milliarden Schilling innerhalb dieser EU verschwunden. Es wäre einmal eine EU-Hilfsmaßnahme, diese 56 Milliarden Schilling zu finden (Beifall bei den Freiheitlichen), die ver­schwunden sind, was beinahe die Kommission in Europa gestürzt hätte. Nur der Verantwor­tungslosigkeit gerade Ihrer Abgeordneten ist es zu verdanken, daß die dort noch bis zur nächsten Wahl sitzen.

Aber so kann es doch nicht sein! Sie waren nämlich als ECOFIN-Vorsitzender der Initiator dieser sogenannten Hilfsaktion, der sich am 19. November des vergangenen Jahres bereits einen Regierungsbeschluß beschafft hat, aber noch nicht einmal gewußt hat, worum es geht. Sie haben gesagt, wenn Österreich sich nicht beteiligt, werden sich auch die anderen Länder nicht beteiligen. Vielleicht wäre es sogar sinnvoller gewesen, denn: Unterstützung, Hilfestellung, internationale Solidarität, alles recht und schön, alles in Ordnung, aber eine gewisse Stabi­lisierung der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse gerade in Brasilien könnte man doch voraussetzen, bevor man das Geld auf die Reise schickt.

Es ist auch feststellbar, daß wir derzeit in Österreich die höchste Arbeitslosigkeit haben, daß wir ein Staat von Frühpensionisten sind, daß Ihr Freund Stronach vor einem Jahr das Werk in Steyr mit der Zusage erworben hat, zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Was aber macht er? – 100 Mitarbeiter werden abgebaut mit dem lockenden Angebot, vielleicht täglich von Steyr nach Graz zu pendeln. Wo bleibt da die moralische Solidarität auch Ihrer Partei? (Beifall bei den Frei­heitlichen.) Wo bleibt die soziale Verantwortung für die arbeitende Bevölkerung in unserem Land, wenn man so locker, einfach mir nichts, dir nichts, 50 Millionen Dollar in ein Land schickt, obwohl man genau weiß, daß das weder eine Hilfestellung für dieses Land darstellt noch irgendwo eine Verbesserung herbeiführt. Unserer heimischen Wirtschaft wäre mehr geholfen, würden Sie in unserem Land im Rahmen einer Steuerreform endlich einmal Bedingungen schaf­fen, die es möglich machen, daß sich Arbeiten wieder lohnt. (Beifall bei den Frei­heit­lichen.)

14.59


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ich unterbreche jetzt die Verhandlungen über den Punkt 2 der Tagesordnung.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 4835/AB


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wir gelangen zur Durchführung der Kurzdebatte über die Anfragebeantwortung 4835/AB.

Das entsprechende Schriftstück ist im Sitzungssaal verteilt worden, daher erübrigt sich eine Verlesung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Der Erstredner hat 10 Minuten, die anderen Redner 5 Minuten Redezeit. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst Herr Abgeordneter Gaugg. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

15.00


Abgeordneter Reinhart Gaugg¦ (Freiheitliche): Verehrter Herr Präsident! Frau Bundesministe­rin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Die Anfragebeantwortung der Frau Bun­desministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Maßnahmen zur Förderung nicht marktfähiger Arbeit ist ein dreiseitiges Nichts. Eine perfektere Nichtbeantwortung einer An­fra­ge kann es selten geben. Um dem Ganzen aber ein entsprechendes Volumen zu geben, gehen Sie her und heften anschließend den “Nationalen Plan für Beschäftigung” vom 24. No­vem­ber 1998 dazu.

Sie, Frau Bundesministerin, machen es sich relativ einfach. Sie lassen die Wirtschaftsfor­schungs­­institute erheben, Sie machen Regierungsklausuren, Sie machen SPÖ-Klausuren. Ihr Herr Bundeskanzler kündigt an, es werde eine “Beschäftigungsoffensive” geben. – Ich halte es in der Zwischenzeit für eine gefährliche Drohung, wenn Ihr Bundeskanzler dieses Wort in den Mund nimmt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Herr Bundeskanzler ist seit drei Jahren im Amt, und er war vorher Finanzminister. Auch Sie, Frau Ministerin, haben genügend Zeit gehabt, entsprechende Arbeitsbedingungen zu schaffen, unter denen sich Fleiß, Können und Arbeit in unserem Land wieder lohnen. Wenn Sie und Ihr Arbeitsmarktservice heute dazu übergehen, jeden Monat Jubelmeldungen über ständig stei­gende Beschäftigungszuwächse vom Stapel zu lassen, dann sollten Sie auch dazusagen, daß der überwiegende Teil dieser Beschäftigungen Teilzeitbeschäftigungen sind, mit denen die Men­schen nicht einmal eine Überlebenschance haben, weil sie für diese Teilzeitbeschäftigun­gen we­sentlich weniger bekommen, als das Existenzminimum in Österreich ausmacht. Das ist etwas, was ich gerade bei sozialdemokratischen Abgeordneten nicht verstehe.

Gleichzeitig tritt der Herr Finanzminister in die Diskussion ein und will die Schifahrer nunmehr vom gesamten Einkommen, nicht mehr nur von 25 Prozent ihres Einkommens, Steuern zahlen lassen.

Der nächste, der sich dabei zu Wort meldet, ist Herr Bundeskanzler Klima. Er meint, man sollte auch die Künstler mit einbeziehen, daß auch die nur mehr 25 Prozent ihres Einkommens zu versteuern hätten.

Ich würde vorschlagen: Finanzieren wir einmal die Einkommensschwächeren dadurch, daß sie nur mehr 25 Prozent ihres Einkommens zu versteuern haben, denn das sind in Wirklichkeit auch Künstler, nämlich Überlebenskünstler in dieser Republik Österreich! (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

Sie und Ihre Regierungskollegen glauben allen Ernstes – und das hören wir seit Monaten –, daß dieser berühmte, seit 1. Jänner 1999 eingeführte Euro sämtliche Probleme Österreichs lösen wird. Es gab eine Euphorie sondergleichen, riesige Sektflaschen, Champagnerflaschen. Die Korken haben nur so geknallt am 1. Jänner 1999. (Abg. Dr. Mertel: Bei Ihnen nicht? Geben Sie zu, Sie haben eine Flasche geöffnet! Wie ich Sie kenne, haben Sie auch eine Flasche ge­öffnet!) Es war geradezu abenteuerlich, wie hoch der Kurs war und wie stark und stabil er sich gegenüber dem Dollar entwickelt hat. Nur: In der Zwischenzeit haben wir bereits mindestens 10 Prozent des Kurses verloren, und es rührt sich nichts. In Wirklichkeit haben Sie für den Euro eine Latte vorgegeben, die von den meisten Ländern nicht einzuhalten sein wird. Sie kommen mir vor, als würden Sie einen Marathon ausschreiben und sagen, alle Teilnehmer müssen unter 2 Stunden 20 Minuten laufen. Jetzt frage ich Sie nur: Was ist, wenn sie es nicht schaffen? Ich frage Sie: Was passiert, wenn dieser Euro die Erwartungen nicht erfüllt?

Dieser Euro ist ein Arbeitsplatzvernichter auch in Österreich! Denn was wir nicht brauchen, das sind diese “berühmten” McJobs. Wir haben jahrelang als Sozialpartner dafür gekämpft, daß es in dieser Republik soziale Rahmenbedingungen gibt, die es den Menschen bei Beschäftigung ermöglichen, ein menschengerechtes Dasein zu fristen. Was machen Sie daraus? – Sie sagen: Na ja, wir müssen die Kollektivverträge erhöhen, 12 000 S sind wirklich genügend und ausrei­chend. – Hier herinnen sitzt nicht ein einziger, der mit diesem Monatseinkommen auskommen muß. Da sitzen gerade auch die Sozialdemokraten in all ihrer Vielfalt und mit all ihrem Phanta­sie­reichtum, was die Beschäftigung ihrer Funktionäre neben der parlamentarischen Tätigkeit betrifft. Ich würde Ihnen einmal wünschen, nur einen einzigen Monat mit 15 000 S auskommen zu müssen. (Abg. Dr. Mertel: Da beziehen Sie sich aber auch selbst mit ein!) Das, Frau Mini­sterin, würde ich Ihnen einmal wünschen, gerade auch mit Kindern, die unter Umständen stu­die­ren.

Das ist Ihr Sozialstaat, den Sie zu Grabe getragen haben. Sie mit Ihrer Sozialdemokratie, die seit dem Jahre 1970 bis zum heutigen Tage den Regierungschef stellt und nicht in der Lage ist, in Öster­reich Beschäftigungen zu ermöglichen, die auch ein Einkommen sichern. Das ist das größte Problem, vor dem Sie stehen. Sie wissen auch keine Lösungen mehr, aber Sie flüchten sich in Klausuren (Abg. Dr. Mertel: Im Gegensatz zu Ihnen!) und glauben, damit ist es abgetan. Sie haben Lehrlingsbeschäftigungsprogramme ins Leben gerufen, Sie machen Aktionen für ältere Beschäftigte, Sie machen Strafaktionen für Betriebe, die ältere Beschäftigte nicht mehr weiter­beschäftigen wollen, und ähnliches mehr. Was hat denn bis heute gegriffen?

Sie haben -zig Maßnahmen angekündigt (Abg. Dr. Mertel: Und Maßnahmen durchgesetzt!), immer unter der Drohung, weniger Geld zur Verfügung zu stellen. Beim Arbeitsmarktservice gibt es Herrn Buchinger, der sich wochenlang mit dem Hinweis zu Wort gemeldet hat, daß die be­stehenden Aktionen nicht mehr finanzierbar sind. Aber das ist natürlich alles für jene, die heute sagen, wir tun so viel für die Arbeit und für die Beschäftigung, und die Meinungsumfragen geben Ihnen anscheinend recht. Es ist eben so, daß die Sozialdemokratie in Österreich an­scheinend noch immer der Garant dafür ist, daß für die Bevölkerung etwas Gutes getan wird. (Abg. Dr. Karlsson: Ja!) In Wirklichkeit haben Sie eine schleichende Inflation an der Qualität der Arbeitsplätze, Sie haben nur mehr Minderbeschäftigte, Sie haben das Tor für einen bein­harten Wettbewerb aufgemacht, ohne darauf zu achten, daß dabei auch die sozialen Bedingun­gen stimmen.

Alles, was in Österreich von den Oppositionsparteien kommt, ist ja nicht einmal diskutierbar. Und das Budget in Österreich, das ist 1a, das ist so gut! Wenn die Opposition das kritisiert, dann ist das alles nur Schwarzmalerei.

Nun frage ich Sie allen Ernstes, Frau Bundesministerin: Wie wollen Sie all Ihre Maßnahmen finanzieren, wenn die EU-Kommission schon heute das österreichische Budget und dessen Ent­wicklung massiv kritisiert? Darauf möchte ich einmal Antworten haben. All die Aktionen, die Sie bis heute gesetzt haben, greifen nicht! Selbstverständlich kommen dann neue Ideen, wie Ent­lohnung auch ohne Beschäftigung, denn von irgend etwas müssen die Menschen ja leben.

Von Ihnen, Frau Ministerin, würde ich mir schon erwarten, daß Sie bei Maßnahmen zur Förde­rung nicht marktfähiger Arbeit auch Antworten finden. Denn das ist ja unglaublich: ständig wolkige Ausreden, auf konkrete Fragen keine konkreten Antworten. Ich darf Ihnen sagen, daß wahrscheinlich auch Sie es mit zu verantworten haben, daß es hier in Österreich zu sozialen Unruhen und zu sozialen Konflikten kommen wird. Denn ein Ihnen sehr nahestehender Großin­dustrieller aus Kanada – Herr Stronach – ist das beste Beispiel dafür. Er macht viele Ankündi­gungen. Um alles reißt er sich: Das beginnt beim Vorsitz in der Fußballbundesliga und reicht bis hin zu gewaltigen Investitionen, die er tätigen werde. Nur ist noch nicht klar, mit welchem Geld. (Abg. Dr. Mertel: Sogar die Bären-Batterien will er haben, hat Herr Haider gesagt!) Dann aber ist er der erste, der in Steyr wieder 100 Mitarbeiter entläßt. 100 Mitarbeiter in Steyr werden wie­der entlassen!

Ich frage Sie, Frau Ministerin: Wo bleiben Sie? Wo sind Ihre Reaktionen? Wie werden Sie tätig, um das zu verhindern? Oder wollen Sie es nicht mehr verhindern? Ist das einzige, was Sie im Auge haben, die Zwangsmitgliedschaft bei den Kammern und die Sorge darum, daß es den Ge­werkschaftsbundfunktionären gut geht? Ihr Nachdenken gilt schon lange nicht mehr der Frage, wie man jenen Menschen helfen könnte, die darunter zu leiden haben, daß manche mit Share­holder-value-Denken und grenzenlosen Gewinnmaximieren auf Kosten der Menschheit in Öster­reich ihr Unwesen treiben.

Diesen 100 Mitarbeitern in Steyr wird gleichzeitig angeboten, nach Graz auszupendeln: Wo bleibt die soziale Verantwortung von Ihnen und von Ihren Regierungskollegen? Die ständige Ankündigung von neuen Programmen bringt noch nicht auch nur einen einzigen Arbeitsplatz. Was wir uns wünschen würden, wären entsprechende Maßnahmen im Rahmen der Steuerre­form, eine entsprechende Lohnsteuersenkung, eine Senkung der Steuern in den Betrieben, ein Abbau bei der Bürokratie. Er wird seit vielen Jahren auch von Ihnen zugesagt, jener Abbau der Bürokratie, der dazu führt, daß man endlich einmal in wenigen Wochen ein Geschäft oder einen Betrieb eröffnen kann und es nicht so wie heute Monate dauert, bis sich zum Beispiel eine Wirtschaftskammer dazu herabläßt, irgendwo eine Bewilligung zu erteilen. In Wirklichkeit sollte es fol­gendermaßen sein: daß ein Unternehmen beginnen kann und eine Checkliste bekommt, auf der steht, welche Rahmenbedingungen zu erfüllen sind, und dann wird einmal kontrolliert. Bei uns aber ist es umgekehrt: Zuerst braucht man zigtausend Schilling, dann muß man bei ich weiß nicht wie vielen Kammergremien Mitglied sein, ob man will oder nicht. Das ist zunächst einmal das Entscheidende. Das freut Herrn Maderthaner, das ist klar! Denn solange wir die Zwangs­mitgliedschaft haben, brauchen wir keine Leistung, nicht wahr? (Abg. Ing. Mader­thaner: Sie wissen ja nicht, wovon Sie reden!) Solange das Geld wie Milch und Honig fließt, brauchen wir das alles nicht zu machen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Graf: In Wirk­lichkeit ist es ja noch viel schlimmer!)

Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Bundesregierung und von den Kammern, einmal in sich gehen und darüber nachdenken würden, wie viele Ihnen dann als Mitglieder erhalten bleiben würden, dann würden Sie vielleicht nicht mehr so fröhlich herumsitzen, sondern tatsäch­lich ein­mal überlegen, wie die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Österreich verbessert wer­den können. Ihre Methoden beschränken sich auf große Ankündigungen. Bei der Steuer­reform hören wir seit Monaten, was Sie alles tun werden. Wir erwarten gespannt, was tatsäch­lich her­auskommt. In Wirklichkeit bereiten Sie nämlich das nächste Belastungspaket für die Zeit nach der Nationalratswahl vor.

Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Hier werden die Oppositionsparteien, und gerade wir Frei­heitli­chen, mit Sicherheit nicht mitspielen. Was wir brauchen, das sind wirtschaftliche Rahmen­bedin­gungen für eine freie Wirtschaft und eine gute Entlohnung für die Arbeitnehmer! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.10


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin. Die Rede­zeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Frau Ministerin.

15.10


Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch¦: Sehr geschätz­ter Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gaugg hat das Verlangen gestellt, daß über die schriftliche Beantwortung 4835/AB der Anfrage 5077/J zu der Frage – ich setze es jetzt unter Anführungszeichen – “nicht marktfähige Arbeit” eine Debatte stattfindet. Ich nehme die konkreten Wünsche der Damen und Herren Abgeordneten sehr ernst und werde mir daher erlauben, doch sehr detailliert auf diese Beantwortung der Frage zu die­sem konkreten Thema einzugehen, weil ich es bedauere, daß es den Damen und Herren der Freiheitlichen nicht ausreichend gewesen ist, wie die schriftliche Beantwortung erfolgte.

Ich bin darüber hinaus sehr froh, die Gelegenheit zu haben, dem Hohen Haus über diese neue Initiative “Newstart” zu berichten, weil wir hier ein Pilotprojekt starten möchten, das in dieser Form noch nie in Österreich versucht wurde, und ich daher auch die Unterstützung der Damen und Herren des Hohen Hauses erbitte, damit wir mit diesem Pilotprojekt mehr Beschäftigung schaffen und die Zahl der Arbeitslosen verringern können. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Dieses Pilotprojekt hat das Ziel, gesellschaftlich wertvolle und wichtige, aber derzeit noch nicht marktfähige Arbeit durch gezielte Maßnahmen marktfähig zu machen. Es wird versucht, dort neue Beschäftigungsfelder zu erschließen, wo ein großes Potential gegeben ist, wie etwa im Dienstleistungsbereich. Wenn Sie die Diskussion auf der europäischen Ebene verfolgen, dann werden Sie sehen, daß auch in anderen Ländern aufgrund der Diskussionen zwischen den Sozial- und Arbeitsministern der europäischen Mitgliedsländer die gleiche Auffassung besteht, daß gerade im Dienstleistungsbereich ein Potential für zusätzliche Beschäftigung und damit ver­bunden auch für den Abbau von Arbeitslosigkeit gegeben ist.

Ich werde diese Initiative, die gemeinsam mit dem Wirtschaftsressort begleitet wird, mit Budget­mitteln von 150 Millionen Schilling fördern und unterstützen. Es sind dies zusätzliche Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik. Mit diesen zusätzlichen Mitteln schließen wir auch an jene Niveaus an, auf denen in anderen Ländern Aufwendungen für aktive Arbeitsmarktpolitik getätigt werden. Ich gebe zu, daß wir in der Vergangenheit Aufwendungen nicht auf jenen Niveaus für die aktive Arbeitsmarktpolitik getätigt haben, wie dies beispielsweise in manchen skandinavi­schen Ländern erfolgt ist. Dazu möchte ich sagen, daß dort auch andere Systeme, andere Rah­men­bedingungen bestanden haben, und daher ist dies auch nicht unbedingt und unmittel­bar vergleichbar.

Laut Einschätzung meines Ressorts, meiner Experten und von mir selbst, wird es möglich sein, bei einem Budget von 150 Millionen Schilling innerhalb eines Jahres etwa 800 Arbeitsplätze zu fördern und damit auch 800 Arbeitslosen eine neue Berufschance zu geben. Ich glaube, es lohnt sich, sich für dieses Ziel mit aller Kraft einzusetzen! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich darf Ihnen auch berichten, daß derzeit 668 Anfragen vorliegen und 28 konkrete, eingereichte Anträge in meinem Ressort beziehungsweise dem Be­ratungsunternehmen ÖSB vorliegen, die ein Volumen von etwa 500 Arbeitsplätzen aus­machen würden. Sie sehen daran, daß das Interesse für dieses Pilotprojekt, für diese Initiative sehr groß ist. Ich freue mich, daß die Information darüber – wie aufgrund dieser Reaktion er­kennbar ist – doch weitestgehend funktioniert hat, auch wenn sie bei den Damen und Herren der Freiheit­lichen anscheinend nicht punktgenau gelandet ist.

Der Zeitraum für die Einreichung der Anträge ist mit 31. Jänner 1999 befristet, da wir die Ab­sicht haben, jetzt auch unmittelbar an die Vergabe der entsprechenden Aufträge und Projekte heranzugehen und dementsprechend auch schnell Wirkungen für arbeitslos gemeldete Kolle­ginnen und Kollegen zu erzielen, um nicht nur den großen Erfolg einer Erhöhung der Beschäf­tigungsquoten, einer Erhöhung der Zahl der erwerbstätigen Bevölkerung, sondern damit ver­bunden auch eine Reduktion der Arbeitslosigkeit zu erreichen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Es geht darum, kurzfristig Impulse dafür zu setzen, daß für Tätigkeiten, die gesellschaftlich sinnvoll und wichtig sind und für die ein Bedarf besteht, für die es bisher aber keinen Markt gibt, der diesen Bedarf abdeckt, Arbeitsplätze geschaffen werden, und gleichzeitig aber auch sicherzustellen, daß diese Arbeitsplätze nachhaltig sich selbst tra­gen, weil durch diese Projekte auch der Bedarf und die notwendige zukünftige Finanzierung ge­sichert sind beziehungsweise diese letztlich von anderen Trägern übernommen wird.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir – ich weiß zwar, daß die Zeit nicht wirk­lich ausreichend ist –, dennoch ein paar Zielsetzungen des Programms aus den Sonderricht­linien für dieses Programm zu zitieren. Es geht dabei um die Förderung von natürlichen und juristischen Personen, Personengesellschaften des Handelsrechtes oder eingetragenen Er­werbsgesellschaften, die ein Unternehmen betreiben, die Arbeitsplätze für arbeitslose Personen im Zusammenhang mit der bedarfsgerechten Erbringung gesellschaftlich wichtiger Leistungen schaffen, die derzeit – und ich wiederhole – am österreichischen Markt – in Klammern – (noch) nicht marktfähig sind oder nur zum Teil über Erlöse finanziert werden können.

Der Unterschied zur ehemaligen “Aktion 8000” liegt in erster Linie darin, daß es nicht um die Schaffung von Transitarbeitsplätzen geht, die einen möglichst raschen Übergang vom zweiten in den ersten Arbeitsmarkt erlauben sollen, sondern um den nachhaltigen Aufbau neuer und stabiler Dauerarbeitsplätze für arbeitslose Personen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich darf Ihnen anbieten, sofern Sie noch nicht im Besitz dieser Sonderrichtlinie, die wir erstellt haben, sind, daß wir Ihnen diese auf Ihre Anforde­rung hin gerne übermitteln, damit Sie auch bei Ihren politischen Kontakten entsprechend pro­fund Auskunft geben können.

Sehr geschätzter Herr Abgeordneter Gaugg! Wenn Sie beklagt haben, daß ich bei der Beant­wortung Ihrer Anfrage den Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung beigeheftet habe, so tat ich dies, um Ihnen zu zeigen, daß unsere Initiative, mit der wir uns für Beschäftigung und gegen Arbeitslosigkeit einsetzen, nicht nur dieses Pilotprojekt umfaßt, sondern daß wir ein umfang­reiches Programm für diese beschäftigungspolitische Zielsetzung haben, ein Programm, zu dem sich die Bundesregierung verpflichtet fühlt und zu dem insbesondere auch ich selbst mich verpflichtet fühle.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Wenn Herr Abgeordneter Gaugg seine Einschätzung der Lage in Österreich und der Lage der Bevölkerung darlegt, dann denke ich mir manchmal, er redet von einem anderen Land. Das, was er darstellt, ist nicht das Österreich, in dem wir leben. (Abg. Gaugg: Dann gehen Sie einmal mit mir mit!)

Sehr geschätzter Herr Abgeordneter! Ich kenne die Probleme in gleichem Maße wie Sie. Ich kämpfe aber für die Besserung dieser Situation, ohne gleichzeitig alles schlechtzumachen (Abg. Gaugg: Im Wiener Belvedere findet das nicht statt!) und ohne gleichzeitig zu verleugnen, welch große Fortschritte wir machen. Es tut Ihnen anscheinend leid, daß es uns gelungen ist (Abg. Dr. Haider: Eine Erhöhung der Arbeitslosigkeit ist kein Fortschritt, Frau Minister!), de facto keine Jugendarbeitslosigkeit zu haben. (Abg. Dr. Haider: Die Erhöhung der Arbeitslosig­keit ist kein Fortschritt!) Sie bedauern anscheinend, daß wir Erfolge haben, daß wir jedem und jeder Jugendlichen eine Berufsperspektive geben. (Abg. Dr. Haider: Eine Erhöhung der Arbeits­losigkeit ist kein Fortschritt, Frau Minister! – Abg. Reitsamer: Aber die Erhöhung der Beschäfti­gung!) Sie bedauern anscheinend, daß wir den höchsten Beschäftigungsstand haben, den wir je in Österreich hatten! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Es hat jedes Bild zwei Seiten. – Sehen Sie auch die zweite Seite! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Haider: Eine Erhöhung der Arbeitslosigkeit ist doch kein Fortschritt! Die Sozialisten applaudieren schon, wenn die Arbeitslosigkeit steigt! Das ist ja super! Da sind sie schon sehr zufrieden!)

15.19


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke vielmals, Frau Bundesministerin.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Reitsamer. Die Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

15.19


Abgeordnete Annemarie Reitsamer¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Gaugg hat beklagt, daß auf seine Anfrage nur ein dreiseitiges Nichts gekommen wäre. Es geht da immerhin um eine arbeitsmarktpoli­tische Maßnahme, die jetzt erst startet und in deren Rahmen man Projekte einreichen kann, und zwar bis 31. Jänner dieses Jahres. Was sollte also die Frau Bundesministerin zusätzlich zu dem, was sie schon berichtet hat, noch mehr berichten?

Es ist wohl legitim, daß sie auch auf andere Maßnahmen eingegangen ist. Diese Maßnahmen haben Sie nur taxativ angesprochen, denn diese Maßnahmen haben Erfolg gezeigt, und das können und dürfen Sie ja hier nicht sagen, denn damit würden Sie sich ja selbst in Frage stellen. (Abg. Gaugg: Das glauben Sie ja selbst nicht, was Sie sagen! Da brauchen Sie nur die Statistik zu lesen!)

Ich glaube sehr wohl, was ich sage. Sie sprechen immer nur von höheren Arbeitslosenzahlen, aber die hohe Beschäftigungszahl in Österreich erwähnen Sie nicht.

Aber Sie, der “Tempelhüpfer der Nation”, haben sich natürlich gleich mit den Steuern ausein­andergesetzt, mit einem Sportlererlaß, und da haben Sie eine sehr gefährliche Drohung ausge­sprochen. Sie haben nämlich gesagt, man sollte auch Beziehern niedriger Einkommen 25 Pro­zent Steuern zugestehen. (Zwischenruf des Abg. Gaugg.) Ich sage Ihnen folgendes: Das ist eine sehr gefährliche Drohung, Herr Kollege Gaugg, denn diese niedrigen Einkommen sind überhaupt steuerfrei, und dabei wollen wir es auch belassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte mich aber primär mit dem Pilotprojekt “Newstart” auseinandersetzen. 150 Millionen stehen zur Verfügung, um neue Beschäftigungsfelder vor allem im Dienstleistungsbereich zu er­schließen. Wir wollen damit Dauerarbeitsplätze schaffen. Die Förderung sollte nur im ersten Jahr gewährt werden, danach sollten sich diese Betriebe selbst erhalten. Und ich sehe es zum Unterschied von Kollegen Gaugg positiv, daß es auch möglich ist, Teilzeitarbeitsplätze einzu­reichen. Denn Sie kennen ja die Probleme bei den Kinderbetreuungseinrichtungen. Somit ist es eben für manche nur möglich, einen Teilzeitarbeitsplatz in Anspruch zu nehmen.

Für ganz besonders positiv halte ich die Förderung nicht nur gewinnorientierter Unternehmen, sondern auch gemeinnütziger Einrichtungen wie Fonds und Vereine. Aus eigener Erfahrung weiß ich, daß es eine Menge fertiger Projekte gibt, die man nur deshalb nicht starten kann, weil das An­fangskapital für die entsprechenden Arbeitsplätze fehlt und weil es eben einige Zeit dauert, bis solche Projekte auch die nötige Akzeptanz haben. Mit dieser Akzeptanz kommt die Selbsterhal­tungsfähigkeit.

Es ist immer wieder der Fall, daß verschiedene Förderungen ausgenützt werden. Deshalb bin ich persönlich froh darüber, daß nur Firmen in Frage kommen, die in den letzten vier Monaten keinen Arbeitnehmer gekündigt haben. Auch die Konkurrenzklausel halte ich für wichtig. Für ganz besonders wichtig halte ich, daß es zu einer orts- und branchenüblichen Entlohnung kommt. Denn man sollte, meine Damen und Herren, aus den Einkünften seiner Erwerbsarbeit auch den Lebensunterhalt bestreiten können. Sie haben angesprochen, daß das nicht möglich wäre. Mit diesen Maßnahmen ist es möglich. Die Förderung je Arbeitsplatz wird zwischen 150 000 S und 300 000 S für ein Jahr betragen, für einen Teilzeitarbeitsplatz den aliquoten Anteil.

“Newstart” bedeutet eine Verknüpfung der Befriedigung gesellschaftlich wichtiger Bedürfnisse mit der Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze. Wir haben viele Bereiche angesprochen, ich möchte nur einen herausgreifen: die persönlichen Dienste, Gesundheit, Betreuung und Pflege. In diesen Bereichen sind wir weit entfernt von Flächendeckung, und diese Maßnahme könnte uns sehr helfen.

“Newstart” fördert innovative Dienstleistungsbereiche und ist ein Projekt in die Zukunft. Die 150 Millionen, die dafür zur Verfügung gestellt werden, sind mehr als gut angelegt. Auch bei den anderen Maßnahmen, die wir in der Vergangenheit gesetzt haben, war jeder Schilling gut angelegt. Sie haben immer die Wirkung gebracht, die wir vorausgesagt haben. Das wollen die Damen und Herren von den Freiheitlichen einfach nicht wahrhaben. (Beifall bei der SPÖ.)

15.24


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. Gleiche Redezeit. – Bitte.

15.24


Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein¦ (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist unbestritten, daß wir ein vielseitiges Programm zur Schaffung von Arbeit in Österreich brauchen.

Es wurde in diesen Tagen von unserer Seite, auch von Regierungsseite sehr deutlich darauf hingewiesen, daß nicht eine Maßnahme allein geeignet ist, die Arbeit, die wir in Österreich be­nötigen, zu schaffen, sondern mehrere Ansatzpunkte, mehrere Initiativen notwendig sind. Wir haben daher auch in der Regierung ausdrücklich zu diesem Projekt “Newstart” ja gesagt, wenn­gleich wir größten Wert darauf legen, daß auch eine Überprüfung dieses Projektes dahin gehend durchgeführt wird, inwieweit es Erfolg hat. Ich meine, daß diese Überprüfung sehr wohl auch Platz greifen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es gibt einen großen Bereich, wo heute Arbeit geleistet wird, Arbeit im eigentlichen Sinne, die aber nicht als solche anerkannt wird. Ich denke hier an die ehrenamt­liche Arbeit, die in gemeinnützigen Vereinigungen, in sozial wichtigen, karitativen Organisa­tionen und Vereinen geleistet wird. Wir nennen das, Herr Abgeordneter Öllinger, die Bürger­arbeit, die Arbeit für den Bürger. (Abg. Dr. Khol: Sehr gut!)

Jawohl, Sie haben das richtig gesagt, wir gehen von der Bürgergesellschaft aus, wo jeder für den anderen verantwortlich ist und für den anderen arbeitet. Und diese Arbeit in der Bürgerge­sellschaft, diese Bürgerarbeit – ich gebe zu, es handelt sich um einen neuen Begriff – sollten wir auch anerkennen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Worum geht es dabei? – Es geht darum, daß Arbeit, ganz gleichgültig, wo sie geleistet wird, wenn sie für die Gesellschaft, für die Gemeinschaft im sozialen Bereich, im gemeinnützigen Be­reich wichtig ist, zunächst einmal sozial abgesichert ist. Es geht um eine klare, eindeutige soziale Absicherung dieser Arbeit. Dies sollten wir, glaube ich, auch tun, und wir sollten auch einen Beitrag dazu leisten.

Meine Damen und Herren! Was wären unsere Vereine, was wären unsere gemeinnützigen Ein­richtungen ohne diese ehrenamtliche Tätigkeit? Ich könnte mir vorstellen, daß die Anerkennung dieser Arbeit ein Beitrag dazu ist, Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Was wäre, wenn wir, statt Sozialhilfe zu gewähren, zu einer Anerkennung der Bürgerarbeit kämen, wenn statt Sozialhilfe für Bürgerarbeit bezahlt würde? (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich weiß schon, daß solche Überlegungen völlig neue Aspekte bein­halten.

Ich möchte Ihnen zum Abschluß folgendes sagen: Gestern war eine sehr wertvolle Präsentation einer Sozialcharta im Kummerinstitut. Einer der wirklich profundesten Kenner der Situation hat darauf hingewiesen, daß wir eine neue Bewertung von Arbeit brauchen. Arbeit, die geleistet wird, soll auch Einkommen schaffen, soll in allen Bereichen soziale Sicherheit schaffen. (Beifall bei der ÖVP.) Meine Damen und Herren! Darum werben wir ganz massiv. Wenn wir zu einer solchen neuen Sicht kommen, so, würde ich meinen, wäre es ein wichtigen Beitrag dazu, Arbeitslosigkeit zu vermeiden.

Ich darf Ihnen schon sagen, daß die Aktionen, die von der ÖVP, von der Regierung ausgegan­gen sind, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden, Erfolg hatten. Ich darf nur an die Aktionen für die jungen Menschen erinnern. Diese Aktionen wurden zunächst auch bekrittelt, aber immerhin haben sie dazu beigetragen, daß die Arbeitslosigkeit von jungen Menschen von 15 bis 18 Jah­ren in zwölf Monaten um 10 Prozent gesenkt werden konnte. Ähnliche Maßnahmen würden auch für ältere Menschen eine ähnliche Möglichkeit bieten, aus der Arbeitslosigkeit auszu­brechen und Arbeit für unsere Gemeinschaft zu leisten.

Eine breitere Anerkennung dieser Arbeit würde uns wesentlich weiterbringen. Gerade Sie von der grünen Fraktion müßten einem solchen Projekt sofort zustimmen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

15.28


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. Ich erteile ihm das Wort.

15.28


Abgeordneter Mag. Herbert Haupt¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zunächst kurz auf die Aus­führungen von Frau Kollegin Reitsamer eingehen und meine, daß es keine gefährliche Drohung ist, wenn die Freiheitlichen 150 000 S Freibetrag bei der Steuer verlangen, während in Öster­reich das steuerfreie Existenzminimum derzeit bei 67 000 S liegt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Unter Berücksichtigung der Sozialversicherungsbeiträge liegt das steuerfreie Existenzminimum derzeit bei 116 000 S. Die Leute, deren Einkommen dazwischen liegen und die heute steuer­pflichtig sind, wären sehr zufrieden, wenn Kollege Gaugg das Sagen hätte und nicht Sie, sehr geehrte Frau Kollegin Reitsamer, denn dazwischen liegen Welten.

Noch etwas: Wenn Sie, Frau Bundesministerin, die Erwerbsquote angeführt haben, dann muß ich Ihnen klar und deutlich sagen, daß die Zahlen, die Ihnen vorgelegt worden sind, von jenen Zahlen, die Sie offiziell publizieren, abweichen. 1992 bis 1997: bei den Männern 2,4 Prozent, bei den Frauen 0,4 Prozent Erwerbsquote. 1996 bis 1997: bei den Männern minus 0,1 Prozent, bei den Frauen minus 0,2 Prozent. Aus der Kritik der EU geht hervor, daß bei der Zahl der Selbstän­digen Österreich an vorletzter Stelle in Europa liegt und daß von der neuen Offen­sive der Unternehmer in Österreich nichts zu bemerken ist. Jetzt, wo die österreichische Regie­rung den Vorsitz in der EU wieder abgegeben hat, kommt endlich auch die Wahrheit ans Tages­licht, und blaue Briefe werden versandt.

Frau Bundesministerin! Daher brauchen wir hier keine euphorische Debatte, schon gar nicht brauchen wir den gegen die Opposition gerichteten Vorhalt, daß wir alles madig machen. Bei der höchsten Arbeitslosigkeit seit 1954 haben wir alle gemeinsam hier im Parlament alles daranzusetzen, um der österreichischen Bevölkerung wieder Arbeit zu verschaffen und eine ihr halbwegs entsprechende Beschäftigungsmöglichkeit zu bieten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Bundesministerin, Sie wissen ganz genau: Die Zunahme der Zahl der Teilzeitjobs ist in Österreich voll auf Kosten der Ganztagsbeschäftigung gegangen. Wir haben im Unterschied zu Holland nicht den Effekt erreicht, daß wir mit Teilzeitjobs die Arbeitslosigkeit wenigstens in ent­sprechendem Ausmaß ausgeglichen hätten, sondern es sind die Frauen und die älteren Arbeit­nehmer, die seit Jahren kontinuierlich die Zeche zahlen.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich glaube, die Rederei, daß jetzt endlich für die Frauen etwas getan werden müsse, daß das die “Causa prima” sei, daß das “Chefsache”, also Sache des Herrn Bundeskanzlers sei, ist wirklich eine gefährliche Drohung. Denn die Frage der Be­schäftigung ist seit 1987, seit Bundeskanzler Vranitzky, stets Chefangelegenheit gewesen. – Ge­­bessert hat sich für die österreichischen Arbeitnehmerinnen und für die älteren Beschäftigten in diesem Land jedoch nichts. Verzeihen Sie mir, Frau Bundesministerin, aber wir haben kein Ver­trauen mehr darauf, daß die ausgearbeiteten Konzepte, die Sie uns da immer wieder vorle­gen, diesmal besser sein werden als jene, die Sie in den letzten zehn Jahren vorgelegt haben.

Ich erlebe es ja auch bei uns in der Region. Vorgestern hatten wir im Stadtrat eine Sitzung mit den Beamten des Herrn Landesrates Haller, die uns klar und deutlich mitgeteilt haben, wir soll­ten jetzt endlich von Spittal aus eine neue Regionalisierung betreiben. Bei der Umstellung der Szenarien im Landwirtschaftsbereich von der Kulisse fünf auf die Kulisse drei werden jene Projekte, die derzeit noch etwa 70 Arbeitsplätze bei uns im Bezirk schaffen und die nicht selbst­rechnend sind, wegkommen, und das Management werden dann drei bis vier Leute machen. Mehr Geld ist nicht zu erwarten! Das ist die Realität!

Wir lassen uns hier nicht mehr durch beschönigende Ausreden sozusagen aufs Abstellgleis schieben, sondern wir wollen endlich Taten sehen, Taten, die der österreichischen Bevölkerung wieder Beschäftigung bringen, die den österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern endlich jenen Lebensstandard sichern, den die Gewerkschaft schon seit Jahrzehnten verlangt. Von einem Durchschnittseinkommen von 15 000 S kann für viele ja überhaupt keine Rede sein. Es gibt genug Menschen, die nur 10 000 S verdienen oder sogar mit 3 600 S bis 5 800 S aus­kommen müssen.

Auch auf das vom Kollegen Feurstein gepriesene Bürgersystem in England möchte ich noch etwas eingehen. Mein Schwager lebt in England, ist in Pension gegangen, und er muß dort die­sen Bürgerdienst machen, weil er sonst bei 40 Prozent Pension seinen Lebensstandard am Ende seines Lebens nicht mehr halten könnte. – Ich betrachte so etwas nicht als sozialen Erfolg, sondern ausschließlich als soziale Notmaßnahme, um jenen Leuten, die noch halbwegs rüstig sind, zu einem Zeitpunkt, zu dem sie im verdienten Ruhestand sein sollten – in England geht man nicht im Alter von 58 oder 59 Jahren in Frühpension, sondern mit 65 und 67 Jahren und ist tatsächlich in diesem Alter nicht mehr sehr leistungsfähig, gebrechlich und ausgeschunden, wie das im Volksmund so treffend heißt –, wenigstens die Existenz und sonst nichts zu sichern.

Das sollte nicht der Weg der österreichischen Sozialpolitik sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.34


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Ich erteile ihm das Wort.

15.34


Abgeordneter Dr. Volker Kier¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich habe die Richtlinien zur Durchführung des Pilotprojekts erst vor kurzem ausge­faßt und behalte mir selbstverständlich vor, sie genauer zu studieren. Aber schon die flüchtige Lektüre hat mir nahegelegt, auf etwas Bestimmtes einzugehen.

Sie nehmen selbst Bezug auf die alte “Aktion 8000”. Deren Ziel war es, 8 000 Arbeitsplätze durch ein bestimmtes sozialpolitisches Vorgehen zu schaffen. Heute haben wir von Frau Bun­desministerin Hostasch gehört, “Newstart” benötigt 150 Millionen Schilling und zielt auf 800 Ar­beitsplätze. Also ist “Newstart” vielleicht eine Aktion 800, das heißt, eine Null ist weggefallen, es ist um eine Zehnerpotenz weniger. Vielleicht ist es strukturell besser. Aber auch daran habe ich meine Zweifel, und ich sage Ihnen, warum.

Das Ganze läuft unter dem Anspruch, nicht marktfähige Arbeit möglich zu machen. Man müßte sich einmal auf die Semantik einigen. Was heißt “nicht marktfähige Arbeit”? Heißt das – und ich glaube, etwas anderes wird man darunter nicht verstehen können – Arbeit, die zwar benötigt würde, die aber die Menschen, die sie benötigen, nicht bezahlen können? Das ist für mich nicht marktfähige Arbeit. Alles andere wäre Markteinführung von marktfähiger Arbeit, also sozusagen Unternehmensförderung. Das kann da oder dort Sinn machen, insbesondere bei innovativen Dingen, bei innovativen Produkten. Dafür gäbe es aber andere Möglichkeiten, wie zum Beispiel Erleichterungen von Gründungen, wie zum Beispiel Technologieförderung, Forschungsförde­rung et cetera. Auch im Umweltbereich gibt es eine Fülle von Möglichkeiten, etwas zu tun, etwa auf steuerlichem Gebiet.

Aber das ist es nicht, worum es bei dieser Aktion geht. Es geht nicht um Markteinführung, son­dern es kann nur um nicht marktfähige Arbeit gehen. Das ist das Thema, und ich bitte, wirk­lich einmal zu überlegen, was es bedeutet, wenn 150 Millionen Schilling in die Hand genommen werden für 800 erhoffte Arbeitsplätze. Diese Aktion kostet pro Kopf und Jahr 187 000 S oder pro Kopf und Monat 15 000 und etliche Schilling, ohne daß angegeben wird, wie damit die Nicht­markt­fähigkeit überwunden werden kann.

Sie zählen in Ihren Richtlinien selbst Bereiche auf, in denen die Aktion durchgeführt werden könnte, zum Beispiel den Bereich persönliche Dienste, Gesundheit, Betreuung, Pflege. Ja glauben Sie, jemandem, der Pflegebedarf hat und gerne eine Dienstleistung in Anspruch neh­men würde, sich das aber nicht leisten kann, nützt es etwas, wenn das auf ein Jahr durch “Newstart” ermöglicht würde? Nach diesem Jahr, in dem dieser Dienst sich zur Marktfähigkeit entwickelt hat, kann der Pflegebedürftige diese Leistung aber nicht mehr bezahlen.

Wenn es eine sozialpolitische, gesellschaftspolitische, gesundheitspolitische Aufgabe ist, Pfle­geleistungen bereitzustellen, dann kann ihr nicht über diesen Schuhlöffel nachgekommen werden, sondern es muß überlegt werden, wo andere Fehler in diesem Feld liegen könnten. Sind vielleicht die Pflegegelder nicht ausreichend, um damit auch Leistung zuzukaufen, und so weiter und so fort? Aber ab dem Zeitpunkt, zu dem Sie das machen, wird diese Arbeit markt­fähig. Dann können die Betroffenen sie bezahlen.

Oder wenn Sie an das Gesundheitswesen denken, das hier auch angeführt ist: Hoffentlich ist das keine marktmäßige Arbeit, daß die Krankenschwester den Patienten oder der Kranken­pfleger die Patientin betreut, weil dafür eins zu eins direkt bezahlt werden muß. Der Patient ist hoffentlich versichert, und die Versicherung ist hoffentlich in der Lage, das zu bezahlen, was das Krankenhaus braucht, damit es diese Pflegedienste bereitstellen kann. Aber das meinen Sie ja wahrscheinlich nicht. Oder glauben Sie, daß es die Krankenhäuser nicht wüßten, wenn sie mehr Pflegepersonal bräuchten, es sich aber nicht leisten könnten? Oder wollen Sie das tat­sächlich über “Newstart” finanzieren?

Das ist es, was mich so irritiert, daß hier der Anschein erweckt wird, daß man etwas, was nicht marktfähig ist, dadurch, daß man es ein Jahr lang stützt, marktfähig macht. Entweder es sind öffentliche Aufgaben, die zu erfüllen sind, zum Beispiel im Bereich Stadtentwicklung oder auch kommunale Dienste und so weiter, dann sind es öffentliche Aufgaben. Dann sollen die öffent­lichen Hände, die gerne hätten, daß das geschieht, das auch bezahlen und die Leute dort be­schäftigen. Dann wird es marktfähig, dann gibt es einen Arbeitsmarkt. Aber das meinen Sie wahrscheinlich auch nicht, sonst hätten Sie es beim Namen genannt.

Daher meine ich, es ist zwar ein ganz interessantes und spannendes Pilotprojekt, um etwas herauszufinden, obwohl wir schon heute wissen, was dabei herausgefunden werden wird, näm­lich daß das nicht funktionieren kann. So: Entweder Sie bekennen sich dazu, daß Sie irgend­eine Dienstleistung der öffentlichen Hand dauerhaft haben wollen, dann wird sie aber auch dauerhaft bezahlt werden müssen, dann ist sie aber nicht Ihrer Unterstützung bedürftig. Oder es ist etwas, was sich die Leute nicht leisten können, dann liegt es entweder daran, daß sie zu wenig Einkommen haben oder zu wenig Pflegegeld oder sonst irgend etwas.

Aber machen Sie doch zum Beispiel persönliche Dienstleistungen für die Leute, die sich das leisten können, steuerabzugsfähig, und gewähren Sie jenen, die das Einkommen nicht haben, eine Negativsteuer. Dann hätten Sie zum Beispiel im Bereich der Kinderbetreuung einen Quan­tensprung auf dem Arbeitsmarkt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Machen Sie so etwas! Das wäre ein echter new start, würde aber Umdenken voraussetzen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

15.39


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Letzter Redner dazu ist Herr Abgeordneter Karl Öllinger. – Bitte.

15.39


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Eine Anmerkung noch zu der eigentlich spannenden Auseinander­setzung zwischen den Kollegen Haupt und Feurstein.

Kollege Haupt hat mit sehr richtigen Argumenten das Konzept dieser “Bürgergesellschaft”, die Herrn Khol da vorschwebt, am Beispiel England kritisiert, wo ersichtlich wird, was darunter zu verstehen ist: daß nämlich Personen, die Sozialhilfe beziehen, andere soziale Leistungen be­ziehen, ältere Menschen mit 70, 80 Jahren noch arbeiten gehen müssen, damit sie überhaupt Anspruch auf diese soziale Leistung erhalten. – Das, Herr Kollege Khol, ist ein unsoziales Kon­zept! (Beifall bei den Grünen.)

Das zweite, das man dazu sagen kann – auch das schwebt Ihnen bei der “Bürgergesellschaft” vor –, betrifft schon vom Namen her nur die Männer, die Feuerwehrhauptleute, die Musikver­eine, aber nicht den Straßenmusiker.

Zum dritten, das man noch dazu sagen kann, geht es um Tätigkeiten, die, indem sie als sozial und gemeinnützig benannt werden, gleichzeitig von Ihnen mit dem Geruch und dem “Odium” ver­sehen werden, daß sie schlechter bezahlt werden müssen. Und das, Herr Kollege Khol, ist ebenfalls abzulehnen.

Ich komme nun aber noch auf die Ausführungen des Kollegen Haupt zurück. Folgende Anmer­kung, Kollege Haupt, sei mir dazu gestattet: Die Argumentation ist richtig, nur bleibt dann auch von der gemeinnützigen Pflichtarbeit, die die Freiheitlichen fordern, Gott sei Dank nichts mehr übrig. Man sollte schon die eigenen Konzepte auch dahin gehend überprüfen, ob man sich nicht im Zusammenhang mit den richtigen Argumenten selbst widerlegt. – Aber jetzt komme ich zum Eigentlichen.

Ich habe nichts gegen “Newstart”. Kollege Kier hat mir dankenswerterweise schon einige Argu­mentationen vorweggenommen, aber ich befürchte, daß “Newstart” das Old-end oder das End-as-usual, wie wir es schon von der “Aktion 8000” her kennen, erleiden wird. Kollege Kier hat richtigerweise darauf hingewiesen, daß die “Aktion 8000” immerhin noch den Anspruch gehabt hat, 8 000 Personen in Beschäftigung zu bringen. Jetzt sind es 800 Personen. 800 Personen! Ich habe das umgerechnet und mir auch ausgerechnet. 800 Personen sind 0,03 Prozent der Arbeitslosen. Das sind drei Hundertstel! Ich verstehe jetzt den Satz des Herrn Bundeskanzlers, der gesagt hat, er kämpfe um jeden Arbeitslosen. Manchmal wird auch gegen jeden Arbeits­losen gekämpft. Dieser Satz ist aber auch noch anders zu interpretieren. Offensichtlich geht es tatsächlich schon um die kleinen Größen. Frau Bundesministerin! Wir brauchen aber nicht nur 800 Arbeitsplätze, sondern angesichts der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt gerade im ge­meinnützigen Bereich brauchen wir Tausende, Zehntausende Arbeitsplätze. (Beifall bei den Grünen.)

Ich bringe Ihnen ein Beispiel dazu. Wenn ich diese Aktion hier so toll gepriesen finde – es gibt darin Punkte, die mir gefallen, die ich nicht für überflüssig halte –, aber gleichzeitig hören muß, daß in Niederösterreich die Tagesmütter, die bei den diversen schwarzen und roten Vereinen an­ge­­stellt sind, jetzt nicht mehr sozialversichert sind, weil das AMS seine Förderung zurück­ge­nom­men hat, dann frage ich mich, auf wessen Kosten welche Finanzierung stattfindet. Gleich­zeitig höre ich, daß Kinderbetreuungsbeihilfen in den letzten Jahren gestrichen wurden, daß sich das AMS aus der Förderung von gemeinnützigen Kinderbetreuungseinrichtungen zurückzieht und jetzt mit “Newstart” möglicherweise private Kindergärten – auch das ist gut, das sage ich gleich dazu – gefördert werden sollen, die erst mit dieser Hilfe marktfähig gemacht werden sollen. Wenn das die Alternative ist, daß in einem Bereich der industrienahen Dienstleistungen und In­dustrieleistungen etwas marktfähig gemacht werden soll und der eigentlich gemeinnützige Bereich dafür geopfert wird und dies das Resultat der Förderungen in den letzten Jahren ist, dann, muß ich sagen, ist das eine falsche Perspektive. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! 0,03 Prozent – eine Aktion, die immerhin 150 Millionen Schilling kostet. Das heißt, bei einer Verbesserung der Arbeitslosenrate um 0,3 Prozent würde eine solche Aktion 1,5 Milliarden Schilling kosten. Sie alle wissen, daß diese 1,5 Milliarden gar nicht vorhanden sind, weil Sie sie in andere Töpfe transferiert haben.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte die Redezeit beachten!


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (fortsetzend): Daher wäre es dringend notwendig, über einen tat­säch­lichen “new start”, und zwar jenen der gesamten aktiven Arbeitsmarktpolitik in diesem Land zu sprechen. (Beifall bei den Grünen.)

15.45


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Daher ist die De­batte geschlossen.

Anträge liegen ebenfalls nicht vor.

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wir kommen als nächstes zur kurzen Debatte über den Antrag der Abgeordneten Mag. Firlinger und Genossen, dem Bautenausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 118/A (E) betreffend Novellierung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes zur Absenkung der Genossenschaftsmieten auf den Erhaltungsbeitrag eine Frist bis zum 24. Fe­ber 1999 zu setzen.

Nach Schluß dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsan­trag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein. Erstredner 10 Minuten, die anderen 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. – Bitte.

15.46


Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist schon sehr wenig glaubwürdig, wenn sich der sozialistische Wohnbausprecher, Kollege Eder, in Salzburg anläßlich der Klubklausur der SPÖ vor die Kamera stellt und folgende Forderung aufstellt: Die Genossenschaften müssen jetzt endlich die Mieten absenken – mit der Begründung, daß auch das Zinsaufkommen beziehungsweise die Verzinsung in der letzter Zeit erheblich gesunken wäre. Es ist dies deshalb wenig glaubwürdig, weil die SPÖ jetzt so tut, als wäre sie während der letzten zehn Jahre nicht in der Regierung federführend tätig gewesen, sondern wäre in Opposition gewesen. – Meine Damen und Herren! Ich muß das einmal klar sagen: Die SPÖ war nicht in Opposition, sondern die treibende Kraft in der Regierung. Daher ist dieses ganze Schauspiel unwürdig! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist auch wenig stichhaltig, daß erst jetzt aufgrund des extrem niedrigen Zinsniveaus Hand­lungs­bedarf bestünde. Meine Damen und Herren! Das Zinsniveau ist seit vielen Jahren rück­läufig, und zwar stark rückläufig. Je stärker das Zinsniveau rückläufig ist, desto gleichge­richteter steigt das sogenannte Körberlgeld für die Wohnbaugenossenschaften an und erreicht Milliar­den­­­beträge. Das ist Geld, meine Damen und Herren, das den Mietern von gemeinnützi­gen Woh­­n­ungen vorenthalten wird. Das wird auf die Seite geschoben, und mit dem arbeiten die rot und schwarz dominierten Wohnbaugesellschaften. Was sie mit dem Geld machen, weiß ich nicht, meine Damen und Herren! Irgend etwas werden sie schon machen, dem sozialen Wohn­bau führen sie es allerdings nicht zu. Hören Sie gut zu, Herr Kollege Stummvoll, das müßte Sie interessieren! (Zwischenruf des Abg. Eder.) – Ich komme dann noch auf eine Spezialsache zu sprechen, Herr Kollege!

Schauen Sie sich die Situation einmal an! Wir wollen etwas ganz Legitimes. Wir wollen mit unserem Antrag erreichen, daß das Mietniveau – ich spreche von den reinen Mieten, also wenn eine Wohnung vollständig ausfinanziert ist – auf den Erhaltungsbeitrag gesenkt wird. Das sind derzeit 30 S. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist ein Skandal, daß unser Antrag vom 28. Februar 1996 seit bald drei Jahren im Bautenaus­schuß unbehandelt, unerledigt liegt. Meine Damen und Herren! Das ist auch ein Skandal in puncto des Demokratieverständnisses von Rot und Schwarz. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die einzige Verhandlung, die es gegeben hat, war am 28. Feber, und bei der fand eine Verta­gung ohne Begründung statt. Es gab damals keine Begründung! Wenn Sie sich einmal die Zah­len anschauen, was derzeit eine durchschnittliche Familie für eine Wohnung, die zirka 25 bis 30 Jahre alt ist und im 16. Wiener Gemeindebezirk liegt, zahlt, dann kann man eine einfache Rech­nung anstellen. – Herr Kollege Eder! Hören Sie gut zu! Das Beispiel stammt aus einer Ihrer Wohnbaugenossenschaften, über die Sie immer schützend die Hand halten. Für eine 80-Quadratmeter-Wohnung, eine Zweieinhalbzimmer-Wohnung, macht die reine Miete 5 800 S aus, die Betriebskosten betragen 1 700 S, macht zusammen 7 500 S. Jetzt kommt noch die Heizung für 80 Quadratmeter dazu. Seien wir großzügig oder vorsichtig, nehmen wir 1 000 S dafür an. Das macht dann 8 500 S aus, schließlich kommt noch die Mehrwertsteuer hinzu, so sind wir bei 10 000 S! – Jetzt frage ich Sie, meine Damen und Herren, welche Familie, insbesondere welche Jungfamilie, bei der es vielleicht nur einen Alleinverdiener gibt, sich eine 80-Quadrat­meter-Wohnung um 10 000 S leisten kann. Ich frage Sie das! Das ist doch eine einzige Bank­rotterklärung Ihrer sozialistischen Wohnbaupolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nächster Punkt: Wie schaut es mit der Finanzierung aus? – Immer öfter werden die Finanzie­rungen im Wohnbau revolvierend durchgezogen. Das heißt, es wird zu einem kurzfristigen Satz refinanziert, der sich am sogenannten Referenzzinssatz am Geldmarkt orientiert. Dieser beträgt derzeit im Euro-Bereich 3,1 Prozent. Ein guter, starker, bonitärer Kreditnachfrager ist in der Lage, die Sache mit einem Kredit von einer Bank in der Größenordnung von 0,5 Prozent Ban­kenaufschlag zu erhalten. Das heißt, wir liegen bei 3,6 Prozent Zinsen, und das wird alle drei Monate angepaßt. Natürlich ist dieser Satz in einer Hochzinsphase höher, aber jetzt befinden wir uns in einer Niedrigzinsphase, und die Genossenschaften haben die Möglichkeit, Geld um 3,6 Prozent Jahreszinssatz zu bekommen.

Was wird aber den Mietern in den Mietkalkulationen verrechnet, meine Damen und Herren? – Vielfach, nicht überall, aber vielfach ein Zinssatz in der Höhe von 8 oder 8,5 Prozent. Das ist ein Skandal! Das hat mit Wohnungsgemeinnützigkeit wirklich nichts mehr zu tun. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir wollen mit dieser Senkung eine spürbare Erleichterung erreichen. Wenn man das durch­zieht, was wir in unserem Antrag seinerzeit formuliert haben, dann kostet die gleiche Wohnung mit 80 Quadratmetern, Herr Kollege Eder, nicht mehr 10 000 S, sondern maximal 6 300 S in­klusive Mehrwertsteuer. Das ist wohl ein Unterschied, insbesondere für eine kleine Familie!

Wir wollen darüber hinaus die Diskussion noch in eine andere Richtung führen. Ich habe jetzt vom reinen Mietwohnbereich gesprochen. Es gibt Wohnungen, die als reine Mietwohnungen ver­mie­tet werden. Es gibt aber auch Genossenschaftswohnungen, bei denen immer wieder so etwas wie eine fiktive Miteigentümerschaft vorgegaukelt wird, die es in Wirklichkeit aber gar nicht gibt. Das ist ein Scheineigentumsverhältnis, aber kein faktisches. Wir wollen, daß nach völli­ger Aus­finanzierung solcherart getätigten Investitionen unter Berücksichtigung bestimmter Rah­men­bedin­gungen – das muß ich einschränken, es muß jemand sehr lange darin gewohnt ha­ben – dieses Genossenschaftseigentum, dieses Miteigentum am Ende der vereinbarten Lauf­zeit in ein fak­tisches Eigentum übergeführt werden kann, ohne daß der Mieter dabei ein zweites Mal zur Kasse gebeten wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.) – Ich möchte von dieser Stelle aus diese Forderung mit dem gebührenden Nachdruck wiederholen.

Kollege Eder stellt sich hin, macht Lippenbekenntnisse in der Hoffnung, daß ohnehin nichts passieren wird, daß das irgendwann einmal aufgeschnappt wird und dann wieder versandet. Meine Damen und Herren! Da sind Machenschaften im Gang. Die Praktiken vieler Wohnbauge­nossenschaften im Einflußbereich von Rot und Schwarz – auch Schwarz, Herr Kollege Stumm­voll und Herr Kollege Khol, nicht nur Rot, auch Schwarz – sind unerträglich! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Gerade schwarz!) Sie sind, meine Damen und Herren, wirklich unerträglich. Ich werde Ihnen jetzt etwas vorlesen. (Abg. Bures: Niederösterreich! Wo ist Ihr Beitrag?) – Ja, ja, ein hochinteressanter Beitrag.

Es gibt einen Initiativantrag von Eder, Stummvoll Nr. 413/A betreffend die Eisenbahnwohnungs­gesellschaften des Bundes. Dieser Antrag wurde zwar dementiert und auf Eis gelegt, er ist aber nicht ad acta gelegt. Meine Damen und Herren! Hören Sie einmal zu! Es ist geplant, daß die gemeinnützige allgemeine Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft die ESG Villach und die ESG Linz sowie die WBG Wien “erwirbt” – unter Anführungszeichen. Damit wird ein Imperium mit über 20 000 Wohnungen unter dem Eisenbahner-ÖGB-Einfluß errichtet. Der Preis beträgt 180 Millionen Schilling. Die Kapitalwerte machen über 750 Millionen Schilling aus, der Wert der Wohnungen beträgt aber über 10 Milliarden Schilling.

Sie haben versucht, sich die Sache zu richten. Der vertrauliche Informant schreibt weiters: Die Koalitionsparteien, vor allem der ÖGB nützen die Gesetzeslücke aus, wonach ein Erwerb nur zum Nominalwert erfolgen darf. Man soll sich durch das momentane Ruhen nicht täuschen lassen. Die Aktion ist auch vorbereitet. Im Aufsichtsrat der ESG Villach sind lauter Eisenbahner­gewerkschafter, wie Dr. Karl Hofrichter und Ing. Emil Maurer, beide Eisenbahner und aus dem Sparda-Bereich Villach. Sie wurden in den Aufsichtsrat gewählt, um die Aktion durchzuziehen. Die Sparda Wien AG ist eine Tochter der BAWAG.

Meine Damen und Herren! Versicherungsunternehmen und Banken haben als Eigentümer in diesem genossenschaftlichen Bereich überhaupt nichts verloren, sei es direkt oder indirekt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Unser Fristsetzungsantrag soll dazu beitragen, daß endlich mit diesem Unfug und mit diesem permanenten Mißbrauch aufgehört wird. Vielleicht hat er nach drei Jahren endlich einmal die Chance, behandelt zu werden, damit wir eine Umkehr einleiten können, die dringend notwendig und durchaus im Sinne der Mieter ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.56


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. – Bitte.

15.56


Abgeordneter Kurt Eder¦ (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es freut mich, wenn ich in einer Zeitung lese, daß Haider meinen Plänen, die ich bei der Klubta­gung in Salzburg erläutert habe, zujubelt. Das zeigt, daß ich mit diesen Dingen zwar richtig liege, aber sehr vorsichtig bin. Wenn Haider jubelt, dann ist das immer etwas heikel. Man muß sich genau anschauen, ob man damit auch richtig liegt. (Abg. Dr. Krüger: Lob von höchster Stelle!)

Ich darf auch Kollegen Firlinger beruhigen. Selbstverständlich haben wir zehn Jahre Regie­rungsverantwortung in diesem Land gehabt. (Abg. Mag. Firlinger: 30 Jahre!) – Sie haben von zehn Jahren gesprochen, daher gehe ich auch auf diese zehn Jahre ein. Wir haben auch die Wohnpolitik in diesen zehn Jahren gestaltet. Herr Kollege Firlinger! Ich kann Ihnen versichern, daß vor zehn Jahren die sozialdemokratische Parlamentsfraktion in Zell am See beschlossen hat, daß 10 000 Wohnungen pro Jahr mehr gebaut werden sollen. Dieser Beschluß ist voll auf­gegangen. Wir haben seit damals 10 000 Wohnungen zusätzlich gebaut, und zwar mit allen Bauträgern, die es in Österreich gibt. Wir haben einen Zustand erreicht, der es uns heute über­haupt erst erlaubt und ermöglicht, über das zu diskutieren, worüber wir diskutieren. Ich bin ein­verstanden damit, daß jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, auch über die Belastungen in den Wohnungen ernsthaft zu diskutieren. (Abg. Dr. Haider: Vor zehn Jahren haben wir einmal die Rücklagen weggenommen!)

Sehr geehrter Herr Kollege Haider! Das Körberlgeld wurde von Ihrem Kollegen Firlinger, der da­mals noch nicht einmal in Ihrer Fraktion war, angesprochen. Auf dem Antrag steht noch Schöll darauf; das nur so nebenbei. Es steht noch Schöll darauf, aber Kollege Firlinger war damals noch gar nicht da. (Abg. Dr. Haider: Weil ihr es nicht behandelt habt!) – Moment! Auf das Behandeln komme ich gleich zu sprechen. – Herr Kollege Haider! Sie waren damals nicht im Bautenausschuß, und das ist auch nicht Ihre Aufgabe. (Abg. Dr. Haider: Ich war nicht im Bautenausschuß!) – Nein, das sage ich ja. Kollege Firlinger war dort.

Es hat damals im Bautenausschuß, der am 21. November 1996 getagt hat, zwei Anträge der Freiheitlichen Partei, damals noch gezeichnet von Kommerzialrat Schöll, gegeben. Während der Debatte und der Diskussion über diese beiden Anträge – ich habe sie hier – hat Uneinigkeit und Unklarheit geherrscht. Daher ist auf Antrag der Freiheitlichen Partei, namentlich des Kolle­gen Firlinger, dieser Antrag, der jetzt wieder ausgegraben wird – zu Recht ausgegraben wird, ich will das gar nicht bestreiten –, vertagt worden. Es war nicht so, daß die Regierungsparteien eine Vertagung wollten, sondern Kollege Firlinger hat die Vertagung beantragt. (Abg. Mag. Fir­linger: Nein, nein!) Eine Vertagung wurde dann auch in dieser Form durchgeführt. Aber das ist ein Formalpunkt. (Abg. Dr. Haider: Weil wir warten wollten, bis Schöll zurückkommt!) – Ich sage nichts Böses. Ich erwähne nur den Sachverhalt, Herr Kollege Haider! (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger.)

Habe ich irgend etwas anderes gesagt? – Eine Vertagung wurde beantragt, und dem haben wir stattgegeben. Daher ist der Antrag liegengeblieben. Das ist richtig. Das ist die korrekte Situa­tion, die ich nur wiedergebe.

Ich möchte nun auch zu den Dingen ein paar Worte sagen, um die es eigentlich geht. Unser Ziel in dieser wohnpolitischen Diskussion ist – diesbezüglich liegen wir nicht einmal so weit aus­einander –, daß wir das Wohnen ganz einfach billiger machen müssen, und zwar aus einem ganz simplen Grund: weil die Einkommen der Bevölkerung weniger stark steigen als die Wohn­kosten. Daher müssen wir diese Schere, die sich da auftut, wieder zusammenführen.

Wenn Herr Kollege Firlinger von einem Körberlgeld der Wohnbaugesellschaften redet, dann ist das nur indirekt richtig, weil das wirkliche Körberlgeld in diesem Fall die Banken machen. Das resultiert daraus, daß vor 10, 15 Jahren Darlehen und langfristige Kredite zwischen den Wohn­bau­gesellschaften und den Banken abgeschlossen wurden und diese Kredite nach der damali­gen Zinsenlandschaft natürlich zwischen 11 und 13 Prozent gelegen sind und in die heutige Zin­sen­land­schaft absolut nicht mehr hineinpassen.

Daher ist es dringend erforderlich, daß wir die Wohnbaugesellschaften nunmehr ersuchen, sich auch an ihren sozialen Gedanken raschest zu erinnern. Etliche haben es auch schon aufgrund meiner Aufforderungen, die ich bereits im Juni und Juli vorigen Jahres gemacht habe, getan. Dort muß einmal angesetzt werden, damit die Kosten gesenkt werden. Allein die Zinsenbe­lastung kann bei manchen Wohnungen, wie zum Beispiel bei jener 80-Quadratmeter-Wohnung, die von Kollegen Firlinger angesprochen wurde, bis zu 400, 500 S monatlich ausmachen.

Das heißt, da haben wir politisch anzusetzen. Ich möchte alle politischen Fraktionen einladen, mitzuhelfen, die Verhandlungen mit den Banken so zu initiieren, daß auch sie davon überzeugt sind, daß wir nunmehr in einer anderen Zinsenlandschaft leben und daß das auch längerfristig so sein wird.

Uns geht es auf jeden Fall mit den drei Anträgen, die wir vorbereitet und fertig haben und die sich durchaus mit dem Antrag decken, der von der Freiheitlichen Partei im Jahr 1996 gestellt wurde (Abg. Mag. Firlinger: Den habt ihr ja so lange liegen lassen!), darum, daß wir die Aus­laufmieten auf den Erhaltungsbeitrag senken, wie immer das auch ausschaut. Wir denken da zum Beispiel bei der Kategorie A an rund 34 S. Damit kann man ein Haus erhalten.

Es geht darum, daß wir einer generellen Senkung – das haben Sie auch in einer heutigen Pressekonferenz gesagt – der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge das Wort reden müssen. Es ist unnötig, in diesem Bereich zu viel anzusammeln, wenn die Erhaltung des Hauses ohne­hin gewährleistet ist.

Es geht uns vor allem auch um die Senkung der Verzinsung zugunsten der Mieter beim Eigen­kapital der gemeinnützigen Bauträger, und zwar bei den Bankendarlehen und bei den Grund­kosten. Es geht uns auch darum, eine Verzinsung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitra­ges, der angesammelt ist, zugunsten der Häuser und Mieter zu erreichen, und daß die Verzin­sung nicht in den allgemeinen Topf fließt.

Wir wollen auch einige Änderungen im Mietrechtsbereich durchsetzen.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte die Redezeit zu beachten, Herr Abgeordneter!


Abgeordneter Kurt Eder¦ (fortsetzend): Ich bin sofort fertig, Herr Präsident. – Wichtig ist mir auch, daß wir die Einstiegskosten für die Mieter durch Herabsetzung der Maklerprovision eben­falls verbilligen, sodaß junge Leute doch zu leistbaren Wohnungen kommen können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.02


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Schwimmer. – Bitte.

16.02


Abgeordneter Dr. Walter Schwimmer¦ (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Seit 21. November 1996 – in diesem Punkt hat Herr Abgeordneter Eder recht gehabt – hat der Antrag, für den eine Frist gesetzt werden soll, auf Antrag der Freiheit­lichen im Bautenausschuß geschlafen. Es war der Vertagungsantrag des Herrn Abgeordneten Firlinger selbst, der dazu geführt hat, daß der Antrag nicht weiter behandelt wurde. Als Obmann des Bautenausschusses kann ich klar feststellen, daß es bei keiner Sitzung auch nur den Ver­such gegeben hat, den Antrag auf die Tagesordnung setzen zu lassen. – Ich nehme an, Herr Klubobmann, auch in der Präsidiale wurde ein solcher Wunsch der Freiheitlichen seit dem Jahr 1996 nicht gestellt. (Abg. Dr. Khol: Nie!)

Geschlafen hat der Antrag also auf Wunsch der Freiheitlichen. Aufgeweckt wurden sie – auch das verstehe ich – durch den Schlachtruf auf der Klubklausur der SPÖ zum Wohnrecht: “Vor­wärts Genossen, es geht zurück! Wir wollen Reformen im Wohnrecht wieder rückgängig machen!” (Beifall bei der ÖVP. – Allgemeine Heiterkeit.) Ich gebe zu, der Schlachtruf ist laut geäußert worden und er mußte die schlafenden Freiheitlichen aufwecken.

Jetzt melden sich die Populisten von rechts und von links zum Thema Wohnen zu Wort – der Wahlkampf steht bevor. (Abg. Dr. Khol: Die rote Farbe ist modern!) Ich meine aber, das Wohn­problem der Österreicher sollte nicht zum Wahlkampfthema gemacht werden, es sollte vielmehr gelöst werden. Dafür haben wir gearbeitet, und dafür werden wir auch weiterhin arbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben 1994 und 1997 Reformen zum Wohnrecht beschlossen, die gegriffen haben und funktionieren. Und plötzlich kommt Leben in den Wohnungsmarkt, plötzlich funktioniert der Woh­nungsmarkt! Plötzlich gibt es preisdämpfende Elemente auf dem Wohnungsmarkt, weil eben nicht alles mit Preisregelung, nicht alles mit Dirigismus gemacht wird, sondern einfach, weil der Markt funktionieren kann.

Wenn man in anderen Marktsegmenten das machen würde, was zum Teil die Sozialisten wollen, aber jetzt auch zum Teil die Freiheitlichen mit diesem Antrag von Schöll, Firlinger und Haider, dann wäre das nichts anderes, als fixe Preisregelungen einzuführen. Wenn man bei den Farbfernsehern vor 30 Jahren Preisobergrenzen eingeführt hätte, dann würden die primi­tivsten Apparate wahrscheinlich heute noch 30 000 S kosten. Aber der Markt funktioniert Gott sei Dank, und die Geräte sind billiger geworden. Und so soll es auch im Wohnbereich sein.

Natürlich müssen einige Probleme gelöst werden. So müssen wir jetzt etwa dafür sorgen, daß die gesunkenen Zinsen – das ist ein Phänomen der jüngsten Zeit – an die Mieter weitergege­ben werden. (Zwischenruf des Abg. Smolle.) Wir haben diesbezüglich aber ein Problem, Kollege Smolle – jetzt wieder an links und rechts gewandt –, mit den Bundessonderwohnbauge­setzen aus den Jahren 1983 und 1984. SPÖ und FPÖ werden wissen, wer damals in der Re­gierung war, wer diese Gesetze beschlossen hat. (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger.)

Wissen Sie, was in diesem Bereich passiert, wenn die Bankzinsen gesenkt werden? – Dann fallen die Zuschüsse aus, und die Mieter zahlen gleich viel weiter. Das haben Sie mitbeschlos­sen. Wir wollen das ändern. Zinssenkungen – dazu bekenne ich mich eindeutig – müssen wei­tergegeben werden! (Abg. Mag. Stadler: Wie hat sich die ÖVP damals verhalten?) – Wir haben früher keine Zinssenkungen gehabt, das ist ein Phänomen der jüngsten Zeit.

Ich wiederhole: Zinssenkungen müssen an die Mieter weitergegeben werden. (Abg. Dr. Haider: 15 Jahre keine Zeit dazu gehabt!) In Ihrem Antrag, Kollege Haider, ist keine Rede davon! Kein Wort steht da über Zinssenkungen. Wir wollen die Wohnprobleme für die Wohnungssuchenden und für die Mieter lösen und nicht in den Ruf des Populismus von links und von rechts ein­stimmen! (Beifall bei der ÖVP.)

16.06


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haider. – Bitte.

16.06


Abgeordneter Dr. Jörg Haider¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich möchte von der Märchenstunde des Walter Schwimmer wieder zur Realität kommen und Herrn Kollegen Eder sagen, daß wir an einem Zustandekommen einer Lösung wirklich in­teressiert sind. Natürlich ist es unverständlich, wenn Sie jetzt die Forderung aufstellen, daß die Erhaltungsbeiträge gesenkt werden, während Sie schon 1990 in einem Gutachten der Arbeiter­kammer aufgefordert worden sind, dies zu tun, und 1994 gemeinsam mit der ÖVP die Erhöhung der Erhaltungsbeiträge beschlossen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: So ist es!) – Es stellt sich also schon die Frage, wie ehrlich diese Forderungen gemeint sind.

Im Wiener Landtag wurde auf unseren Vorstoß im Jahre 1996, den Sie zitiert haben, von den Freiheitlichen und den Sozialdemokraten gemeinsam ein Antrag beschlossen, wonach die Aus­laufannuitäten dazu führen müssen, daß die Mieten um 30 Prozent gesenkt werden, wenn die Kredite zurückgezahlt sind, wie das Herr Faymann selbst versprochen hat.

Bis heute ist nichts passiert. Der Antrag ist seit 1996 beschlossen. Bis heute ist in Wien nichts passiert. (Zwischenruf der Abg. Bures.) Im Gegenteil: Man hat bei Darlehen, bei Wohnbaudar­lehen, Umschuldungen vorgenommen, die dazu geführt haben, daß die Zinsenlast verdreifacht worden ist und der Mieter nun eine dreifache Zinsenbelastung zu bezahlen hat. Das können Sie im Rechnungshofbericht, der zu diesem Thema vorliegt, nachlesen. (Beifall bei den Freiheit­lichen. – Abg. Bures: Sie haben keine Ahnung, was in Wien ist!) – Gnädige Frau! Gestatten Sie, daß ich weiterrede, ich habe nur ein paar Minuten.

Jetzt komme ich zu einem Kernpunkt, den Kollege Eder richtig angezogen hat. Er hat gesagt: Wir wollen nicht, daß im Wohnbau die Banken und die Versicherungen das Sagen haben. – Dann frage ich Sie aber, warum sich zwar der kleine Professionist, der Baumeister, der Schlosser nicht bei einer Wohnbaugenossenschaft beteiligen darf oder Organ sein darf, obwohl er sich um öffentliche Aufträge bemüht, aber eine Bank oder Versicherung sehr wohl Eigen­tümer einer Wohnbaugenossenschaft sein kann.

Wie gibt es das, daß etwa die “Neue Heimat” – das stellt man fest, wenn man sich das Firmen­buch anschaut – dem Sozialwerk Bau/Holz der Gewerkschaft, dem Österreichischen Gewerk­schaftsbund und der Bank Austria Aktiengesellschaft gehört? Wie geht das, Herr Kollege Eder? – Ist das Ihre Politik, daß Sie hier zwar sagen: Jawohl, die Banken und Versicherungen haben nichts in den Wohnbaugenossenschaften verloren!, während Sie gleichzeitig Ihre Haus- und Hofbank Bank Austria in diese gemeinnützige Genossenschaften hineinkatapultieren? Dort haben Sie nämlich nur ein Interesse: nämlich Bankkredite zu vergeben, die dann zu überhöhten Zinsen von den Mietern bezahlt werden müssen. – Das ist die Realität! (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

Das läßt sich fortsetzen bis hin etwa zur Eisenstädter Wohnbaugenossenschaft. In diese Ge­nossenschaft sind die Raiffeisenbank Burgenland und die Erste Österreichische involviert, das ist also die schwarze Reichshälfte, die es sich dort gerichtet hat. Schauen Sie sich das an! Dort finden Sie ein überhöhtes Zinsniveau. Und 1 Prozent zuviel Zinsen bei den Krediten heißt, daß Sie die monatliche Miete für den einzelnen Mieter um 1 000 S senken könnten. 1 Prozent Zinsen pro Monat bringt 1000 S! (Abg. Eder: Kollege Haider! Das ist nicht wahr! Das ist übertrieben!) – Ich habe das aus dem Revisionsverband, Herr Kollege Eder! Die Wohnbaugenossenschaften werden wohl wissen, was sie sagen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Eder.)

Wenn Sie mich fragen, wie es in Niederösterreich ist, dann lese ich Ihnen etwas über Nieder­österreich vor. Das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung hat am 8. Jänner 1999 die Mitteilung herausgegeben, wie hoch die Verzinsung für Wohnbaukredite an Genossenschaften sein darf.

Wir wissen heute, daß das Zinsniveau kurzfristig 3,5 bis 3,75 Prozent und für Hypothekarkredite etwa 4,5 Prozent beträgt. Darüber sind wir uns einig. Das Land Niederösterreich – ÖVP-Freun­de, das ist eure Kompetenz, gemeinsam mit einem roten Restbestand – verfügt für das Jahr 1999, daß die höchstmögliche Verzinsung 6 Prozent betragen darf. Das steht im amt­lichen Doku­ment der niederösterreichischen Wohnbaupolitik.

Das heißt, Eder hat recht, aber wir haben auch recht, wenn wir sagen: Herunter mit den Zin­sen! – Aber bitte, liebe Freunde, ihr habt das in eurem eigenen Bereich in der Hand! Die Bank Austria ist eure rote Hochburg, die Raiffeisen Zentralbank ist eure schwarze Hochburg, liebe Freunde! Verfügt doch nicht für eure Banken die erhöhten Zinsen, sondern erlöst die Mieter von diesen hohen Zinsen, was zu Tausenden Schilling Mietsenkungen führen würde! Das ist unser Anliegen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.11


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte.

16.11


Abgeordneter Karl Smolle¦ (Liberales Forum): Gospod predsednik! Visoki Dom! Hohes Haus! Herr Präsident! Man muß mit Bedauern feststellen, daß die Regierungspolitik anscheinend unter dem Motto läuft: Gebt der FPÖ immer wieder eine Chance! Sie gibt der Rechtsaußen-Opposi­tion immer wieder eine Möglichkeit zur Profilierung, und zwar in Fragen, in denen sie sachlich recht hat. Deshalb müßtet ihr als Regierungsparteien euch doch schön langsam fra­gen, ob eure Regierungspolitik wirklich so okay ist, meine Damen und Herren von der Koalition!

Wir werden diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, das ist ganz klar. Es ist eine Materie aus dem Jahr 1996, also längst fällig. Wenn auch Herr Kollege Eder nach der Parteitagung gesagt hat, da muß etwas geschehen, so frage ich mich: Muß er mit einer Sache, die derart lang an­hängig ist, wirklich auf die Parteitagung warten?

Die sinkenden Zinsen haben wir doch nicht erst seit gestern, nicht erst seit kurzem, Kollege Schwimmer, sondern da bewegt sich schon lange etwas – sogar dort, wo die Zinsen an sich schon niedrig sind, nämlich bei den Bausparkassen. Aber darauf reagieren Sie nicht, und zwar in der Hoffnung, der Bürger wird es nicht merken, der Mieter wird es nicht merken. (Abg. Eder: Einmal muß man es ja sagen!) – Was heißt, einmal muß man es sagen? – Der Bürger hat nichts von Ihren schönen Worten, Sie müssen es tun, Herr Kollege! Die Handlungen sind wich­tig, nicht das Reden. Reden kann jeder, meine Damen und Herren! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Man muß auch die Frage der Gemeinnützigkeit für die Wohnbaugenossenschaften stellen. Ist es wirklich gemeinnützig, diese Vermögen anzuhäufen und damit nichts zu tun, als zuzuwarten und damit zu spekulieren, meine Damen und Herren? Warum gibt es diese enormen Reserven an Kapital und an Baugrund? Wofür? Können Sie mir das erklären? – Das steht in keinem Ver­hältnis zu den Haftungen, die diese Organisationen und Genossenschaften zu erfüllen haben, nicht einmal zu den Eventualhaftungen. Das, was Sie da angesammelt haben, geht weit dar­über hinaus, meine Damen und Herren!

Da ist der Gesetzgeber gefragt. Es ist klar: Wir müssen eine Änderung herbeiführen, wir müs­sen vielleicht eine Lösung in Richtung Kaufmiete finden. Vielleicht kommen wir da einen Schritt weiter. (Abg. Dr. Schwimmer: Das haben wir ja beschlossen! Das gibt es ja, Herr Smolle!)

Was die Frage der Banken betrifft, so sagen Sie, man müsse mit den Banken verhandeln. Meine Damen und Herren! Wenn Sie hingehen und das Kapital von den Banken abziehen und sagen, wir gehen nur mehr zu jener Bank, die bereit ist, zu verhandeln, dann wird die Verhand­lung sehr kurz sein. Wenn diese Beträge von den Banken abgezogen werden, dann wer­den sich die Banken rühren, denn das tut weh. Das heißt, da kann man auch über den ein­fachen Markt­mechanismus vorgehen. Aber natürlich ändert man dann nichts, wenn man gleich­zeitig Banken und Versicherungen unterstützen und bei den Mietern kassieren will, weil das sozusagen zur eigenen Hausmacht gehört.

Wenn es sozusagen schon der Hahn vom Dach kräht, dann kommt Kollege Eder plötzlich darauf: Jetzt kommen Wahlen, und viele Menschen sind Mieter, viele Menschen sitzen schon in einer zum dritten Mal bezahlten Wohnung, da müssen wir als Regierung jetzt etwas machen. (Abg. Eder: Das ist ein Unsinn!)

Meine Damen und Herren! Etwas stört mich an dem Antrag der Freiheitlichen. Da wird zum Bei­spiel gesagt, daß der Mieter für seine Sozialwohnung im Laufe der Jahre quasi den doppelten fiktiven Kaufpreis bezahlt hat, bloß gehört ihm die Wohnung nach wie vor nicht. Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Jetzt hätte ich gerne von Ihnen gewußt, ob die Mieter bei der Gesellschaft “Freies Wohnen” mittlerweile in den Besitz ihrer Wohnungen gelangt sind. Da hätten Sie ja in den Antrag hineinschreiben müssen: wahlweise rote, schwarze oder blaue Ge­nossenschaften. – Also man muß auch selbstkritisch sein, Kollege Firlinger! (Zwischenruf des Abg. Eder.)

Ich weiß schon, am 28. 2. 1996 haben Sie noch nicht gewußt, daß Rosenstingl auf und davon­gehen wird. Aber zumindest in bezug auf Ihre Genossenschaft hätten Sie feststellen müssen: Wir werden nicht wie die roten und schwarzen Genossenschaften handeln, meine Damen und Herren!

In diesem Sinne: Haben wir Mut! Setzen wir mutige Maßnahmen für die Mieter! Es sind sehr viele Österreicher davon betroffen, vor allem auch sozial bedürftige Österreicher, die in diesen sogenannten gemeinnützigen Genossenschaftswohnungen wohnen. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.16


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

16.16


Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic¦ (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Selbstver­ständlich stimmen wir diesem Fristsetzungsantrag zu. Herr Ausschußobmann Schwimmer! Ich denke, selbst wenn eine Oppositionspartei aus bestimmten Gründen von sich aus eine Debatte unterbricht, stünde es den Ausschußobleuten der Regierungsparteien ganz gut an, einmal den Bestand der Anträge zu sichten.

Es gibt so vieles, bei dem die Opposition zugegebenermaßen nicht permanent Sturm läuft und nicht ständig fordert: Dies muß auf die Tagesordnung, und jenes muß auf die Tagesordnung!, weil wir ohnehin wissen, daß es meistens vergeblich ist, und weil wir uns dann halt auf das Dringlichste konzentrieren. Aber dafür, von Zeit zu Zeit zu überprüfen, was auf die Tagesord­nung kommen soll, sind, so meine ich, primär die Ausschußobleute verantwortlich. (Zwischenruf des Abg. Dr. Schwimmer.)

Herr Ausschußobmann Schwimmer! Wenn Sie meinen, daß die Wohnrechtsänderungsgesetze so wunderbar gewirkt haben, dann glaube ich, Sie leben in einem anderen Land und in einer anderen Stadt als ich.

Wenn ich durch die Stadt gehe, dann sehe ich bereits wenige Meter abseits der großen Ge­schäftsstraßen gähnende Leere, zugesperrte Geschäftslokale. Ich höre die Klagen kleiner Ge­werbetreibender, die sagen, daß sie mit der De-facto-Freigabe der Mieten überhaupt nicht mehr zurechtkommen. Da gibt es eine gewaltige Unzufriedenheit etwa im Bereich des Gewerbes. Ich weiß nicht, ob Sie das auch hören. Ich höre das schon, und ich sehe das auch.

Wenn ich durch die Stadt gehe, dann sehe ich mehr obdachlose Menschen als zu der Zeit, als ich ein Kind war. Damals war die Gesellschaft zwar insgesamt ärmer, aber soviel an sichtbarem Elend hat es nicht gegeben. Ich denke, es ist ein riesiger Handlungsbedarf gegeben, aber vom hohen Roß der Regierungsparteien aus scheint man das nicht wahrzunehmen. Das Elend ist gewaltig geworden!

Herr Abgeordneter Schwimmer! Wenn Sie den Bedarf nach einer Wohnung mit dem Bedürfnis nach dem Erwerb von Farbfernsehgeräten und das Preisniveau von Wohnungen und Farbfern­sehgeräten vergleichen, dann muß ich sagen, ich finde das nahezu obszön. Ich glaube nicht, daß das von den Konsequenzen und von der Notwendigkeit her vergleichbar ist.

Stellen Sie sich selbst vor, was es heißt, keine Wohnung zu haben, und stellen Sie sich vor, was es heißt, ein Elektrogerät nicht zu haben! Wenn Sie darüber nachdenken, dann werden Sie als Sozialpolitiker einen solchen Vergleich nicht mehr ernsthaft anstellen können! Diesen Ver­gleich finde ich verantwortungslos. (Abg. Smolle: Ich habe einen Zwischenruf: Der Fernseher ist um die Hälfte billiger geworden! – Abg. Dr. Schwimmer: Sie haben meinen Vergleich nicht verstanden! Ich wünsche mir eine Entwicklung bei den Mieten wie beim Fernseher!)

Herr Abgeordneter Schwimmer! Sie sagen: Lassen wir doch die Wohnungsmärkte sich ent­wickeln! – das werfe ich Ihnen in aller Form vor, aber auch der Sozial­demokratie –, Sie sagen: Schauen wir einmal, was der Markt bewirkt, und wenn es nicht paßt, dann können wir später noch handeln! – Das heißt, ein Grundbedürfnis in ein soziales Experimen­tierfeld umzuwandeln, und das halte ich für gänzlich verantwortungslos! – Das möchte ich Ihnen in aller Form sagen.

Meine Damen und Herren! Wie gesagt, der Fristsetzung stimme ich selbstverständlich zu, aber von der Intention her folge ich diesem Antrag nicht, denn wenn Sie meinen, daß ausfinanzierte Objekte nicht mehr beliebige Gewinne abwerfen sollen, dann frage ich Sie schon: Gilt das nur für die roten, schwarzen und blauen Wohnbaugenossenschaften, oder gilt das nicht auch für den privaten Markt insgesamt?

Die Altbauten, oftmals im Standard unzureichende Zinskasernen aus der Zeit um die Jahrhun­dertwende, sind schon lange ausfinanziert. Ich frage in aller Form: Sollte es nicht auch dort Ober­grenzen geben? Oder sagen wir dort: Der Markt wird es schon richten!? – Und jene, die sich den Marktzins nicht leisten können, finden sich dann halt wieder in der “Gruft” oder in ir­gend­einer Pfarre oder auf der Straße. (Ruf bei der ÖVP: Kommunistisch!) – Wenn Sie meinen, daß eine vernünftige Mietenregelung kommunistisch ist, dann demaskieren Sie Ihr eigentliches Wollen, nämlich daß Sie in einem Bereich sehr genau darauf achten, was passiert, während im anderen Bereich schrankenlose Willkür herrschen soll.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte um den Schlußsatz, Frau Abgeordnete!


Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic¦ (fortsetzend): Wie gesagt, ich finde, es gibt Handlungsbedarf. Die Mietzinse sollen sinken, aber eine Differenzierung dieser Art kann ich in der Sache nicht nachvollziehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

16.22


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist ge­schlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den gestellten Antrag, und zwar wurde beantragt, dem Bautenausschuß zur Berichterstattung über den Antrag der Abgeordneten Schöll und Genos­sen betreffend Novellierung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes zur Absenkung der Ge­nossenschaftsmieten auf den Erhaltungsbeitrag eine Frist bis zum 24. Feber 1999 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag stimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Als nächstes gelangen wir zur kurzen Debatte über den Antrag der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen, dem Wirtschaftsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 428/A zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unter­nehmen erleichtern, eine Frist bis zum 22. März zu setzen. Nach Abschluß dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein. Die Redezeiten sind bekannt.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

16.23


Abgeordneter Mag. Helmut Peter¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Am 20. März 1997 – das ist schon fast zwei Jahre her – haben wir unseren Leitantrag eingebracht, in dem es um die Rahmenbedingungen für die Gründung neuer Unternehmungen geht. Am 10. Oktober haben wir eine weitere Reihe von Anträgen, die sich mit demselben Themenkreis beschäftigen, eingebracht.

Das hat jetzt neue Aktualität in der Debatte erhalten, die über die Beschäftigungslage losgebro­chen ist. Am 27. Oktober letzten Jahres wurde ein Unterausschuß eingesetzt, der bis heute leider noch nicht konstituiert ist. Wir sind also offensichtlich nicht in der Lage, zwei Dinge zu­sammenzubringen.

Wir reden sozusagen aus dem Fenster hinaus – so verstehe ich die Klausur der Sozialdemokra­ten in Salzburg. Herr Kostelka erklärte uns, er habe 30 000 Arbeitsplätze geschaffen. – Ich wußte gar nicht, daß der SPÖ-Klub jetzt 30 000 neue Mitarbeiter hat. Wo sind die 30 000 neuen Mitarbeiter des SPÖ-Klubs? – Und die ÖVP erklärt uns, daß man Arbeit nur durch Wirtschaft schaffen könne.

Warum reden Sie, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten und von der Volks­partei, eigentlich immer nur zum Fenster hinaus, wenn die Anträge, die sich mit dieser Frage beschäftigen, bereits im Hause liegen? Wenn bereits die Einsetzung eines Unterausschusses beschlossen wurde, warum tagt dieser Unterausschuß dann nicht? (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

Glauben Sie tatsächlich, es sei Politik, zum Fenster des Hohen Hauses, des Parlaments hinaus vor Fernsehkameras zu verkünden, was man tut, aber hier genau das Gegenteil davon zu tun? – Und genau das, was die Österreichische Volkspartei fordert, ist in diesen Anträgen fest­gelegt, aber sie werden nicht behandelt. Warum tun Sie es nicht? – Sie können sie auch gerne abändern und anders machen, aber reden Sie doch im Hohen Haus darüber! Reden Sie nicht immer nur zum Fenster hinaus und machen Sie nicht den Menschen ein X für ein U vor! Das ist doch ärgerlich! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die Zahl der Arbeitslosen wird im Jänner möglicherweise – ich hoffe, daß es nicht sein wird, be­fürchte es aber doch – die Grenze von 300 000 überschreiten. Die Wachstumsabschwächung, die wir vor allem im Export erleben, und die zögerliche Nachfrage im privaten Konsum lassen auch für das Jahr 1999 nichts Neues erwarten, vor allem keine Verbesserung. Die permanente Krise der Finanzmärkte bringt Unsicherheit. Die Wachstumsraten des Jahres 1998 mit 3,3 Pro­zent werden wir 1999 ganz sicherlich nicht erreichen. Wir sollten froh sein, wenn wir über 2 Prozent liegen.

Die Beschäftigung ist uns ein Anliegen, uns allen hier im Hohen Haus. Die Sozialdemokraten, die große Regierungsfraktion sagt, wir brauchen eine Beschäftigungsverträglichkeitsprüfung. – Wissen Sie nicht, daß Sie genau das hier im Hohen Haus schon abgelehnt haben? Wir Liberalen haben ein Gesetzeskostenfolgenabschätzungsgesetz eingebracht, das genau das­selbe will, was Sie mit Ihrer Beschäftigungsverträglichkeitsprüfung wollen. Worum geht es denn? – Es geht darum, nicht zu viele überbordende Kosten den Bürgern und Bürgerinnen – sprich weniger privater Konsum – oder den Unternehmungen – sprich höhere Arbeitskosten – aufzulasten.

Wir haben Sie aufgefordert, darüber zu diskutieren, welche Auswirkungen die Gesetze auf die Haushalte und die Unternehmungen haben. Das haben Sie abgelehnt. Herr Klubobmann Khol hat mir bei dieser Debatte einigermaßen schnippisch erklärt, er sei gerne bereit, darüber zu reden, welche Folgen die Kosten für Länder und Gemeinden haben, aber das, was die Haus­halte und Unternehmungen angeht, behandle er hier nicht. – Also Sie fordern das, was im Hohen Haus schon vorliegt. Sie rufen zum Fenster hinaus und sind nicht bereit, hier die Arbeit zu beginnen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Genau dasselbe gilt auch für die Österreichische Volkspartei. Sie hat den weisen Satz gesagt: Nur die Wirtschaft schafft Arbeitsplätze. – Aber was nützt uns denn dieser Satz, wenn Sie die Vorlagen, die im Hause liegen und sich mit genau dieser Frage beschäftigen, nicht behandeln wollen?

Wir sind der Ansicht, daß es wirklich schade um die Zeit ist, den Menschen in diesem Lande ein X für ein U vorzumachen, ihnen Sand in die Augen zu streuen, auch wenn Wahlen herauf­dämmern. Ich fordere Sie auf, mit der ernsthaften Arbeit zu beginnen, und zwar in dem Hause, in dem Gesetze gemacht werden – und das ist nun einmal nicht die Wirtschaftskammer Öster­reich, und es ist auch nicht die Arbeiterkammer Österreich und nicht der Gewerkschaftsbund, sondern Gesetze werden allemal noch hier im Parlament gemacht – von den Damen und Herren, die von der Bevölkerung gewählt werden! Dann müssen aber auch die Verhandlungen darüber hier stattfinden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Arthur Köstler hat in seinem bedeutenden Roman “Die Sonnenfinsternis” den Begriff “kontrol­lierte Schizophrenie” geprägt. – Genau das werfe ich Ihnen vor. Sie haben eine Bewußtseins­spaltung in bezug auf das, was Sie den Menschen sagen, und in bezug auf Ihr Verhalten hier im Hohen Haus. Gehen Sie doch die Themen an, von denen Sie wissen, daß sie anstehen, und daß sie die Voraussetzung dafür sind, um neue Beschäftigung zu schaffen!

Es gibt eine zu geringe Nachfrage im privaten Konsum. Die Investitionsnachfrage, die in den letzten zwei Jahren sehr gut war, wird sich 1999 reduzieren. Die öffentliche Nachfrage ist durch die Verschuldung der öffentlichen Haushalte begrenzt. Da haben Sie keinen Spielraum mehr. Sie haben – das sagte ich Ihnen schon vor einer Stunde in der Debatte – die Verschuldung des Landes fünfmal schneller gesteigert als die Wirtschaftsleistung in den letzten 33 Jahren. Da gibt es keinen Spielraum mehr.

Auch die Exporte, die uns 1997 und 1998 ein sehr gutes Wirtschaftswachstum gebracht haben, waren nicht mehr als eine Rente des EU-Beitritts. Diese Rente haben wir konsumiert. Den er­reichbaren Level an Exporten haben wir erreicht. Dort, wo wir weitere Wachstumsfelder hätten, nämlich im Bereich der Erweiterung der Europäischen Union, sind sowohl die Volkspartei – ich erinnere mich mit Grausen an das, was uns Herr Pröll aus Niederösterreich zu diesem Thema wissen ließ – als auch die Mandatare der Sozialdemokratischen Partei in höchstem Maße zögerlich. Dabei müßten doch gerade wir in Österreich diejenigen sein, die die Erweiterung der Europäischen Union vorantreiben, weil wir am ehesten die neuen Märkte, die unsere Wirtschaft braucht, erschließen können und damit neue Beschäftigung bekommen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die zusätzliche Beschäftigung, die wir uns wünschen und die wir brauchen, kann letztlich nur durch Nachfrage geschaffen werden – Nachfrage, auf die Unternehmungen Antwort finden müssen.

Warum wachsen denn unsere klein- und mittelbetrieblichen Unternehmungen nicht mehr? – 50 Prozent der Mitarbeiter arbeiten in Unternehmungen mit weniger als 99 Beschäftigten und 50 Prozent in Unternehmungen mit mehr als 100 Beschäftigten.

Warum wachsen denn die kleinen Unternehmen mit ein bis vier Mitarbeitern nicht mehr? Warum sind sie frustriert? Warum sind sie nicht bereit, weiteres unternehmerisches Risiko auf sich zu nehmen? Was hat diese Bundesregierung über viele Jahrzehnte in den Rahmenbedin­gungen falsch gemacht, sodaß kleine und auch mittlere Unternehmungen nicht mehr wachsen wollen, sodaß diese Menschen, die die “Germ” einer Gesellschaft sind, nicht weitere Kunden­nachfrage suchen, nicht weiteres Risiko eingehen?

Die Beschäftigung in einem Unternehmen ist grundsätzlich kein Unternehmensziel. Das kann sie auch nicht sein. Beschäftigung in einem Unternehmen ist eine Folge der Nachfrage, die ein Unternehmen hat. Geben Sie den Betrieben im Sinne des Standortes Österreich die entspre­chenden Chancen! Geben Sie ihnen Hoffnung! Tun Sie das, was Sie immer wieder im Zusam­menhang mit der Ausbildung sagen, tun Sie das, was notwendig ist, in der Forschung, in der Technologie, in der Innovation, damit mehr Unternehmertum in Österreich Platz greift!

Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Eine offensive Beschäftigungspolitik ist auf der Basis einer funktionierenden sozialen Sicherung nur mit einer vernünftigen Standortpolitik mög­lich. Der Schwerpunkt der Neugründungen findet sich in unseren Anträgen, die nicht behandelt werden, in unseren Anträgen, die seit eineinhalb, zwei Jahren im Hohen Haus liegen, die gegen meine Stimme in einem Unterausschuß geparkt wurden, weil ich dieses Schicksal schon vor­ausgesehen habe, in unseren Anträgen, die heute nicht diskutiert werden.

Wir bitten Sie daher, wenn Sie schon den Inhalten der Anträge nicht zustimmen – was ich ja verstehe, weil Sie anderer Meinung sind –, zumindest einer Fristsetzung zuzustimmen, die uns dazu verpflichtet, spätestens im Februar 1999 in diese Debatte hier im Hohen Haus einzugehen und zu sagen, was wir – außer Worte zum Fenster hinaus zu rufen – wirklich für die Beschäf­tigung in Österreich tun können. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.31


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kurt Heindl. Die Redezeiten betragen ab jetzt 5 Minuten. – Bitte.

16.31


Abgeordneter Dr. Kurt Heindl¦ (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Peter! Ich habe Ihnen jetzt aufmerksam zugehört. Wenn man zusammenfaßt und analysiert, dann kann man sagen, die Jahre 1997 und 1998 sind sehr gut gelaufen, das ist natürlich die Rente des EU-Beitritts. Weil sich 1999 – nicht nur in Österreich – Verdunkelungen am Konjunk­turhorizont ergeben, werden sofort die beiden Regierungsparteien verantwortlich gemacht, obwohl wir gar nicht wissen, wie sich das Jahr 1999 tatsächlich entwickelt. Aber weil es sich be­wölkt, sind sofort wieder die Regierung und die Regierungsparteien schuld.

Aber so einfach kann man es sich nicht machen. Ich bin Ihrer Meinung, daß wir nie stillstehen sollen und daß wir immer Verbesserungen durchführen müssen. Darüber gibt es überhaupt keine Diskussion, darüber brauchen wir nicht zu reden. Ich habe die wichtigsten Unterlagen zu den Themen mitgenommen, die Sie heute angesprochen haben. Allein wenn ich alle Betreffs von Ihnen vorlesen würde, würde ich mit fünf Minuten nicht durchkommen.

Wir haben uns letztes Mal – das war Ihr vordringlicher Wunsch; Frau Kollegin Tichy-Schreder wird mich korrigieren – auf 16 oder 18 Anträge zum gesamten Bereich Lehrlinge geeinigt. Jetzt haben wir einen Unterausschuß beschlossen – das haben Sie korrekterweise gesagt –, den wir nächste Woche konstituieren werden, und dann haben wir einen Wirtschaftsausschuß. Ich sage Ihnen gleich dazu, wir wollen natürlich auch darüber reden. Aber Sie sagen – da habe ich schon wieder eine, um es vorsichtig zu formulieren, etwas unfeine Formulierung bei Ihnen gehört – auf der einen Seite: Reden wir nicht beim Fenster hinaus, sondern diskutieren wir die Probleme!, und auf der anderen Seite sagen Sie: Machen wir sofort eine Fristsetzung!

Ich darf Ihnen ein paar Beispiele aus Ihren Anträgen bringen. Herr Kollege Peter! Ich glaube Ihnen, daß Sie es ernst meinen, daß man über einzelne Dinge reden kann. Ich sage Ihnen gleich dazu, reden können wir. Das hat Ihnen Kollege Nürnberger schon beim Thema Sozial­abbau, beim ArbeitnehmerInnenschutz gesagt: Wir werden Ihnen zuhören, was Sie sagen, aber wir werden uns nicht auf die Dinge einigen, die Sie vorschlagen. Aber reden wir darüber. Wenigstens hören wir, was Sie sich vorstellen. Vielleicht sind ein paar Dinge dabei, die akzep­tabel sind.

Wir sollten im Zusammenhang mit der horizontalen Steuergerechtigkeit zwischen Finanz- und Sachkapital auch über veranlagte Gelder reden, das ist richtig, da bin ich Ihrer Meinung. Aber hin­sichtlich dessen, worüber wir konkret im Wirtschaftsausschuß reden sollen, bin ich nicht ganz Ihrer Meinung. Aber auch da bin ich dafür, daß wir einmal grundsätzlich reden; wenigstens kön­nen wir die Gespräche strukturieren, die ohne Zweifel in einzelnen Bereichen wichtig sind.

Das letzte Mal haben wir ein Thema besprochen, und ich warte diesbezüglich nur auf konkre­tere Vorschläge außer jenen, die ich bisher gehört habe. Ich habe Ihnen gesagt, ich bin auch da Ihrer Meinung. Sie sagen: Wichtig wäre es, die Sonn- und Feiertage abzuschaffen, die Rege­lung betreffend Ladenöffnungszeit gehört weg, das brauchen wir alles nicht, damit lösen wir das Problem der Nahversorgung.

Herr Kollege Peter! Wir sollten nicht darum herumreden, sondern ehrlich und ernsthaft reden, und das wollen wir in dem Unterausschuß tun. Wir werden uns wirklich einmal Zeit nehmen, um von Ihnen zu hören, welche Vorschläge Sie bringen.

Ich könnte Kollegin Petrovic dasselbe sagen, was ich Ihnen das letzte Mal gesagt habe. Wenn es so wäre, wie Sie sagen, daß wir nur die Mieten bei Lokalen abzuschaffen bräuchten und dann würde es funktionieren, dann würden wir es so machen. Aber ich habe Ihnen ein Beispiel gebracht, bei dem man es sogar so gemacht hat. Aber auch dieser Greißler in Stammersdorf mußte leider – ich bedauere das – zusperren, weil sich ganz einfach die Einkaufsgewohnheiten geändert haben.

Ich sage Ihnen, ich bin Ihrer Auffassung: Die Nahverkehrsverordnung muß man ändern! Ich habe das vor kurzem Frau Kollegin Tichy-Schreder und vor einigen Wochen auch dem Wirt­schafts­minister gesagt. Diese Verordnung ist leider mißlungen. Ich war diesbezüglich von An­fang an kritisch. Ich finde, daß die Umsetzung unseres Antrages im Gesetz zwar richtig ist, mei­ne aber, daß die Verordnung kontraproduktiv ist. Das ist meine Meinung. Frau Kollegin Tichy-Schre­der ist anderer Auffassung. Reden wir darüber! Aber so einfach kann man es sich nicht machen, nur zu sagen: Stellen wir uns hier heraus, kritisieren wir alles, was schlecht ist, und setzen wir uns dann eine Frist, und dann ist das Problem gelöst! – Ich kann nur sagen, ich habe einen anderen Zugang zu Problemlösungen.

Ich bin der Auffassung, wir sollten uns zusammensetzen und reden. Versuchen wir, Formulie­rungen und gesetzliche Änderungen im Wirtschaftsbereich zustande zu bringen, die wir dann diskutieren, und hoffen wir, daß sie zielführender sind. Allerdings nur zu kritisieren, Herr Kollege Peter, daß wir “beim Fenster hinaus reden”, löst die Probleme nicht – weder wirtschaftlich noch konkret. (Abg. Mag. Peter: Machen wir einen Unterausschuß!) – Machen wir! Ich sage Ihnen hier und heute zu: Nehmen Sie mich nächste Woche beim Wort! Wir werden einen Termin ver­einbaren, sobald wie möglich, wann immer wir einen Ausschußtermin haben. Nächste Woche machen wir einen Unterausschuß, in den Ihre 16 oder 18 Anträge kommen.

Ich bin aber überzeugt davon – und wenn Sie es ehrlich meinen, werden Sie mir recht geben –, daß wir uns nach dieser Unterausschußdebatte, egal, ob wir sie nun fünf oder sieben Stunden lang führen werden, nicht hier herstellen und seriöserweise Lösungsvorschläge präsentieren können werden. Deswegen sage ich: Machen wir einen Unterausschußtermin! Meine Zusage haben Sie, wir werden ihn haben, aber nicht befristen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.36


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Maderthaner. – Bitte.

16.36


Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner¦ (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Zum vorliegenden Entschließungsantrag möchte ich mich gerne zu Wort melden und auch einiges anmerken. Wir sind uns erstens darüber einig, daß Arbeitsplatz­sicherung und Arbeitsplatzbeschaffung das wichtigste Thema ist, das ist keine Frage. Aber zweitens möchte ich sagen: Wir brauchen Menschen, die sich überhaupt dazu bereit erklären, sich selbständig zu machen. Dazu bedarf es einer anderen oder verstärkten Unternehmerge­sinnung.

Das hat in der Schule zu beginnen und sich bis zum Elternhaus fortzusetzen. Man muß jedem sagen, daß es wichtig ist, Unternehmerinnen und Unternehmer zu haben, denn sie allein sind es, die Arbeitsplätze schaffen können. (Beifall bei der ÖVP.) Sie erfüllen eine wesentliche Auf­gabe in der Gesellschaft.

Wenn ich mich mit den Punkten Ihres Entschließungsantrages befasse, dann stelle ich fest, daß viele Forderungen davon schon umgesetzt sind, also überholt sind, daß manche andere un­realistisch sind – ich werde noch darauf eingehen – und daß einige sozusagen von unseren Vorschlägen, die wir auch seit langer Zeit einbringen, übernommen oder auch abgeschrieben wurden. Das freut mich auch. (Abg. Mag. Peter: Wir denken manchmal auch selbst, aber eh nur selten!)

Herr Abgeordneter Peter! Ich sage einmal für die Wirtschaftskammer, wir haben nicht auf den Entschließungsantrag gewartet, um aktiv zu werden. Die Wirtschaftskammer Österreich hat be­reits vor Jahren begonnen, diesbezüglich Aktivitäten zu setzen, denn von heute auf morgen kann man nicht Unternehmen gründen und kann man auch nicht Programme dafür entwickeln.

Wir haben in den Jahren 1993/94 das Referat “Junge Wirtschaft” bei der Wirtschaftskammer eingerichtet und konsequent begonnen, zielorientierte Aktivitäten zu setzen. Ich darf Ihnen sagen, es hat sich durchaus positiv ausgewirkt, auf die Förderung der Unternehmensgründung zu setzen.

Ich darf dazu eine Zahl nennen. Im Jahr 1994 gab es etwa 7 000 Unternehmensgründungen, im Jahr 1997 sind es schon etwa 14 000 gewesen. Wir wissen schon, daß es einen Unterschied in der Größe gibt, das ist keine Frage, aber jedenfalls darf ich sagen, wir haben zum Beispiel im Jahre 1997 12 000 Beratungen im Rahmen der “Jungen Wirtschaft” durchgeführt, die zwischen einer Stunde und drei Tagen gedauert haben. Wir haben darüber hinaus in einem Jahr rund 50 000 Informationskontakte hergestellt, die zwischen einer Viertelstunde und einer Stunde ge­dauert haben. Sie sehen also, daß man sehr viel tun muß, um überhaupt etwas weiterzubrin­gen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter.)

Lassen Sie mich auf einige weitere Aktivitäten der “Jungen Wirtschaft” eingehen. Wir haben mit dieser konsequenten Vorbereitung zum Beispiel seit 1. Jänner 1997 das Gründungssparen um­gesetzt. Wir haben seit 1997 ein Bürgschaftsmodell der BÜRGES-Bank anzubieten. Wir haben Gründerfonds mit dem FGG und der Bank Austria geschaffen.

Wir haben bundesweit Gründerwochen im Oktober 1997 und im Juni 1998 veranstaltet. Wir haben Kampagnen für die Selbständigkeit in vier Bundesländern abgehalten. Wir haben mit der Zusammenführung von Unternehmensgründern mit erfahrenen, pensionierten Unternehmern oder Managern unter dem Titel “Rent a Rentner” die sogenannte junge Wirtschaftsbörse ge­schaffen. Diese läuft zurzeit sehr gut. Wir haben im Vorjahr österreichweit eine Informationsver­anstaltung durchgeführt, die ausgesprochen gut besucht war und auch Erfolge gebracht hat.

Wir haben mit Schulen im Rahmen von Gründungen von Juniorfirmen zusammengearbeitet, das heißt, Schulen haben Versuchsfirmen eingerichtet. Wir haben weiters Veranstaltungen wie “Ein Herz für Gründer” organisiert, bei denen zum Beispiel Urkunden an Menschen verliehen wurden, die sich besonders für Betriebsgründungen eingesetzt haben. Wir haben auch Jungun­ternehmertage mit der Vergabe von Jungunternehmerpreisen veranstaltet. All das waren ge­zielte Veranstaltungen, um auf diesem Gebiet etwas weiterzubringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte nicht auf die einzelnen Punkte Ihres Entschließungsantrag eingehen. Das könnte man zwar durchaus tun, dazu fehlt mir aber die Zeit. Wir wollen jedenfalls auch in Zukunft eine Interessenvertretung für die Mehrheit der Mitglieder sein, und wir werden – lassen Sie mich diesen einen Punkt noch anführen – auch weiterhin auf die Meisterprüfung setzen, auch wenn Sie sagen, das sei eine Behinderung. Denn wir setzen nach wie vor auf Qualität! (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter.)

Herr Peter! Qualität ist gerade für ein kleines Land wichtig, um sich im internationalen Kon­kurrenzkampf durchzusetzen. Diese Qualität wird immer wieder gelobt, und daher setzen wir auch in Zukunft auf Qualität, um auf den Auslandsmärkten noch konkurrenzfähiger und wettbe­werbsfähiger zu werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Mag. Peter.)

16.42


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

16.42


Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist unbestritten, daß es die kleineren und mittleren Unternehmungen sind, die Arbeitsplätze schaffen. Wir konnten heute in diesem Hause schon einer Debatte beiwohnen, bei der es um die Arbeitsplätze ging. Es ist aber auch festzuhalten, daß wir seit dem Jahre 1954 die höchste Arbeitslosenrate in dieser Republik haben.

Es ist erforderlich, Maßnahmen zu setzen und Rahmenbedingungen zu schaffen. Es ist weiters erforderlich, sich nicht nur darauf zu beschränken, staatliche Programme einzuführen, um die Arbeitslosenstatistik zu schönen, nur um sagen zu können: Das sieht ja nicht ganz so schlecht wie beispielsweise in anderen Staaten der Europäischen Union aus.

Herr Präsident Maderthaner hat die Aktivitäten der Wirtschaftskammer angeführt. Ich muß dazu festhalten: Das alleine kann es nicht sein, wenn die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbe­dingungen zur Schaffung von Arbeitsplätzen, zur Gründung von neuen Unternehmen, zur Fort­setzung betrieblicher Unternehmungen und zur Übernahme betrieblicher Unternehmungen nicht stimmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es genügt nicht, nur zu informieren. Das kann nur ein Teil der Aufgabe der Wirtschaftskammer sein.

Eines ist erstaunlich, obwohl ich davon überzeugt bin, daß Herr Präsident Maderthaner das weiß: Er hat das Jahr 1997 angeführt und erwähnt, wie viele neue Unternehmungen gegründet wurden. Er hat dabei aber verschwiegen, daß im Jahre 1998, wenn man die ersten drei Quar­tale – die Zahlen liegen auf – heranzieht, bereits ein Rückgang in der Höhe von 10 Prozent bei der Zahl der neuprotokollierten Unternehmungen gegenüber dem Jahr 1997 zu verzeichnen war. Das ist also nicht unbedingt ein Grund, um der Arbeitsplatzsituation und der wirtschaftlichen Situation optimistisch gegenüberzustehen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wie aus einem der jüngsten Berichte der Europäischen Union hervorgeht, liegt Österreich in bezug auf die wirtschaftliche Freiheit auf Platz 11. Das heißt, Italien, Spanien, Portugal und Griechenland sind vor Österreich gereiht. Das ist ebenfalls kein Grund für Optimismus.

Wir befinden uns nach wie vor in einem Vorschriftendschungel und stellen eine Regulierungs­wut fest, die in der Lage, in der sich Österreich, der Arbeitsmarkt und die wirtschaftliche Situa­tion befinden, unangebracht ist. Genehmigungsverfahren dauern in Österreich 18 Monate, in der Bundesrepublik Deutschland zum Vergleich sieben Monate. Es ist zu fordern – und das sollten Sie von der, wie ich meine, unglücklichen rot-schwarzen Regierungskoalition endlich einmal in Angriff nehmen –, daß Rahmenbedingungen zu schaffen sind, die die Wirtschaft auch wieder wirtschaften lassen und tatsächlich wieder Arbeitsplätze schaffen. (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

Dazu, sehr geehrte Damen und Herren, gehören die Senkung der Abgaben- und Steuerlast samt gleichzeitigem Abbau von sogenannten Steuerprivilegien, die Senkung der Lohnneben­kosten, die steuerliche Entlastung der nicht entnommenen Gewinne und die Anhebung der F&E-Quote. Speziell, was die Erleichterung von Unternehmensgründungen anbelangt, ist es un­bedingt erforderlich, daß es endlich einmal zu einer entsprechenden Entrümpelung der Gewer­beordnung kommt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es muß auch dazu kommen, daß die Bürokratie abgebaut wird, daß behördliche Verfahrens­dauern reduziert werden, daß eine entsprechende Bereitstellung von Risikokapital für Unterneh­men ermöglicht wird, daß eine Streichung der, wie ich meine, überflüssigen und unsäglichen Eintragungsgebühr bei der Wirtschaftskammer erfolgt, daß die Kammerumlagen 1 und 2 endlich einmal abgesenkt werden und daß es letztlich zu einem Abbau der unzumutbaren und über­bordenden Bürokratie kommt. Dann wird es auch entsprechende neue Unternehmensgründun­gen geben, und dann wird sich auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt entspannen und verbessern.

Es ist ja beinahe als Drohung zu verstehen, wenn Vizekanzler Schüssel in einer APA-Meldung bekanntgibt, er sehe bis 2002 mindestens 100 000 neue Arbeitsplätze. – Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an den EU-Beitritt Österreichs. Damals wurden auch 60 000 bis 100 000 neue Arbeitsplätze versprochen.

Es läßt auch nichts Gutes erwarten, wenn in der Ausgabe der “Presse” von Montag, dem 18. Jänner 1998, etwa zu lesen ist, daß bei der Genehmigung von Betriebsanlagen Experten befürchten, daß die Novellierung dieses Betriebsanlagengesetzes den Unternehmen keine Er­leichterungen bringen wird. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie hätten eine ganze Menge zu tun und sollten sich nicht darauf beschränken, in Anbetracht der bevorstehenden Wahl 15- oder 10-Punkte-Programme zum besten zu geben, die schon jeder kennt, die nichts Neues in sich bergen. Das alleine ist zuwenig! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.47


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

16.47


Abgeordneter Dr. Volker Kier¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Es war beein­druckend, dem Präsidenten der Wirtschaftskammer Österreich, der inzwischen leider den Saal verlassen hat, zuzuhören, denn die Art und Weise, wie er sein Mandat wahrnimmt und die Inter­essen der Wirtschaft vertritt, hat er uns heute hier dargestellt. Das war wirklich beeindruckend.

Er hat gesagt – ich zitiere es wörtlich, damit es nicht nur in seinem Redetext steht, sondern noch einmal in den Stenographischen Protokollen aufscheint –, er werde weiterhin die Inter­essen­ver­tretung der “Mehrheit der Mitglieder” betreiben. – Das hat er gesagt – wörtlich! (Abg. Mag. Pe­ter: Warum müssen die anderen dann zahlen?)

Das finde ich interessant, denn ich habe gedacht, als Präsident der Kammer vertritt er die Interessen aller Mitglieder. Das habe ich bisher gedacht. Bemerkt habe ich es zwar nicht, aber ich habe gedacht, er glaubt wenigstens, daß er die Interessen aller vertritt. (Abg. Dr. Stumm­voll: Keine Haarspaltereien!) Er hat jetzt wenigstens einmal ausdrücklich gesagt, er vertritt die Mehrheit der Mitglieder (Zwischenruf der Abg. Tichy-Schreder), das heißt, er vertritt also offenbar die Mehrheit, die ihn gewählt hat. Ich finde das schlecht, denn die Sprache ist in die­sem Punkt verräterisch.

Wenn er außerdem immer den Begriff “Junge Wirtschaft” in der Wirtschaftskammer benützt, ob­wohl er ganz genau weiß, daß der Begriff “Junge Wirtschaft” eine Trademark der ÖVP ist, und wenn er mir außerdem erzählt, was die “Junge Wirtschaft” alles tut (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Tichy-Schreder) – ja, jetzt in der Kammer, aber Sie verwechseln das ja manchmal; Sie haben denselben Begriff zweimal verwendet –, und wenn man weiß, welche Post man von dort erhält, wenn man eben auch Unternehmen eignet, die Kammermitglied sind, dann meine ich: Wenn das eine Initiative sein soll, dann ist schade darum!

Das kostet Geld, das beschäftigt vielleicht Druckereien, papiererzeugende Unternehmen und auch Kuverterzeuger. Man benötigt auch ein paar Leute, die das alles dann auch austragen. Das hat schon eine gewisse Beschäftigungswirkung, aber es ist eine sehr mäßige Umweg­rentabilität damit verbunden.

Mein Kollege hat argumentiert, daß es an der Zeit wäre, Anträgen, die sich anderthalb oder annähernd zwei Jahre hier in diesem Haus befinden, die einem Unterausschuß zugewiesen wurden, eine Frist zu setzen, und zwar mit 22. März – also von heute an zwei Monate. Da von irgendeinem überstürzten Vorgang zu sprechen, wie Herr Kollege Heindl das getan hat, kann ich wirklich nicht nachvollziehen.

Was ist überstürzt daran, wenn man nach anderthalb bis zwei Jahren sagt, wir hätten gerne eine Frist mit zwei Monaten gesetzt, damit die Unterausschußsitzung, die ja heute zugesagt wurde – zumindest von Herrn Heindl –, stattfindet? Aber leider, wenn das die Frau Vorsitzende nicht macht, wird es nicht viel nützen. Das weiß auch Kollege Heindl. Er kann das zusagen, weil es müßten ja dann alle zu diesem Termin erscheinen. (Abg. Tichy-Schreder: Waren Sie bei unseren Ausschüssen? Wissen Sie, wie es bei uns zugeht?)

Ich war schon einmal bei Ihnen im Ausschuß. Ich weiß, wie es da zugeht. Es geht dort sehr freundschaftlich zu, aber beim Ansetzen von Unterausschußterminen offenbar nicht. (Abg. Tichy-Schreder: Der Herr Abgeordnete Mag. Peter schickt mir einen Brief mit 19. Jänner, wo er einen Unterausschuß haben möchte! Heute kommt eine Fristsetzung!) – Aber Frau Kollegin Tichy-Schreder! Den Brief, den er sicher mit Datum 19. Jänner verschickt hat – ich bezweifle das ja gar nicht –, hat er doch erst nach eineinhalb Jahren geschrieben!

Er hat nicht Anträge eingebracht, Frau Kollegin Tichy-Schreder, gleichzeitig einen Brief ge­schrieben und gleichzeitig einen Fristsetzungsantrag eingebracht, sondern er hat vor geraumer Zeit – die älteren Kolleginnen und Kollegen werden sich noch daran erinnern – einen Antrag eingebracht. Dann hat er lange gewartet, hat andere Mittel, wie zum Beispiel persönliche Ge­spräche, Telefonate, Referentengespräche und so weiter ausgeschöpft, diese sind aber frucht­los verlaufen. Später hat er einen Brief geschrieben, und damit das Ganze eine gewisse Förm­lichkeit bekommt, haben wir diesen Fristsetzungsantrag gestellt, denn das ist ein parlamenta­risches Instrument. Ein Brief ist nur eine höfliche Geste. (Abg. Tichy-Schreder: Vom 19.1., heute ist der 20.!) Sie waren daher über diesen Antrag nicht erschrocken. Sie konnten damit rechnen, daß wir einen Antrag stellen würden, denn nach eineinhalb Jahren schreibt man zwar einen Brief, weil man höflich ist, stellt jedoch auch einen Antrag, weil man sich durchsetzen will. Das ist der eigentliche Aspekt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn Sie beleidigt oder gekränkt über den Fristsetzungsantrag sind, so nehmen wir das auch zur Kenntnis. (Abg. Tichy-Schreder: Gekränkt fühle ich mich nicht!) Da kann man nichts machen. Aber Herr Kollege Maderthaner – er ist noch immer nicht zurückgekehrt, was ich schade finde – hat mir zum Beispiel, als ich ihm einen Brief in meiner Eigenschaft als Kammer­mitglied geschrieben habe, Frau Kollegin Tichy-Schreder, mitgeteilt, auf Briefe von außen lege er keinen Wert – er hat es anders formuliert –, weil er gar nicht bemerkt hat, daß ein Kammer­mitglied seinem Präsidenten geschrieben hat. Er hat gedacht, da ich Abgeordneter zum Natio­nalrat bin, kann ich nicht gleichzeitig Kammermitglied sein. – Das finde ich merkwürdig, weil er ist nämlich Präsident und Abgeordneter. Ich meine, diese Funktionen sind zunehmend mitein­ander unvereinbar. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir werden daher jetzt die Unvereinbarkeitsdebatte mit der Frage anreichern, ob es Sinn macht, daß gewählte Vertreter einer Körperschaft öffentlichen Rechts uns gleichzeitig hier im National­rat mitteilen, daß sie noch nicht einmal alle ihre Mitglieder vertreten, sondern nur die Mehrheit. Das war diese Debatte wert. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Tichy-Schre­der: Sie haben ein krauses Denken! Das zeigt viel auf!)

16.52


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Monika Langthaler. – Bitte.

16.52


Abgeordnete Ing. Monika Langthaler¦ (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jede Fristsetzungsdebatte ist ja letztlich auch eine Debatte über die Arbeit hier im Hohen Haus. Es ist tatsächlich kühn vom Herrn Abgeordneten Heindl, bei elf Anträgen, die zwei Jahre be­stehen und deren Fristsetzung zur Debatte steht, von einer überhasteten Aktion zu sprechen. Das kann nur ein Abgeordneter sagen, der es nie erlebt hat, wie es ist, aus der Oppositionsrolle heraus zu agieren.

Herr Abgeordneter Heindl! Sie haben es in Ihrem ganzen Abgeordnetenleben – so wie alle SPÖ-Abgeordneten hier – nie erlebt, aus der Oppositionsrolle heraus zu agieren, aber trotzdem den Beruf, das Amt beziehungsweise die Funktion einer Abgeordneten oder eines Abgeord­neten ernsthaft ausüben zu wollen. Denn wir alle, alle 183 Abgeordneten hier sind gewählt – und nicht nur die Funktionäre der diversen Kammern, deren Aufgabe es natürlich auch ist, sich für die Beschäftigungspolitik einzusetzen.

Ich weiß schon, Herr Präsident Maderthaner braucht diesen Unterausschuß nicht. Er braucht das Parlament nicht, um seine Macht zu demonstrieren und einzusetzen. Und daß Beschäfti­gungsdebatten und -diskussionen im Bereich der Regierung und in den Gremien der Sozial­partner stattfinden, überall, nur nicht im Hohen Haus, in dem die Gesetze eigentlich erlassen werden, ist aus meiner Sicht ein demokratiepolitischer Skandal, der aber offensichtlich für alle schon so zur Gewohnheit geworden ist, daß es kaum mehr jemanden aufregt. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Da liegen elf Anträge seit zwei Jahren vor. Und das einzige, was den Repräsentanten der beiden großen Parteien dazu einfällt, ist, von einer überhasteten Reaktion zu sprechen! Das ist tatsächlich sehr, sehr kühn.

Letztes Jahr haben Sie uns erzählt, es sei so schwierig mit der Ansetzung von Ausschuß­terminen, denn da hatten Sie die EU-Präsidentschaft ein halbes Jahr lang inne. Da mußten wir sehr viel Rücksicht auf die Termine der Minister nehmen, denn diese waren sehr viel unter­wegs. Gut, das war die erste Präsidentschaft, da war tatsächlich viel zu tun, man wollte sich profilieren. Der Grund war also der Termindruck. Die Opposition mußte warten. – Jetzt ist das Wahljahr eingeläutet worden und offensichtlich ist es wieder sehr schwierig, einen Termin zu finden.

Die Grünen werden dieser Fristsetzung selbstverständlich zustimmen, wie wir allen Fristset­zungsanträgen deshalb zustimmen, weil wir meinen, daß gerade dann, wenn Anträge ein halbes Jahr, ein Dreivierteljahr oder – wie in diesem Fall – zwei Jahre lang liegenbleiben, sie wohl mehr als diskussionsreif sind.

Zum Inhalt nur soviel: Ich habe mir die Anträge der Reihe nach angeschaut. Ich bin nicht in allen Punkten, die hier in den elf verschiedenen Anträgen vorgeschlagen werden, derselben Meinung wie die liberale Fraktion. Aber in einigen Punkten ist es sehr wohl mehr als überfällig, auch im Ausschuß darüber zu diskutieren, gerade auch, wenn es darum geht, in einem der Anträge über die Gründungsinitiativen von Unternehmen durch Verfahrenskonzentrationen in ganz Österreich zu sprechen.

Wir wissen ja alle, daß Minister Farnleitner eine Studie in Auftrag gegeben hat – auch bei Herrn Dozenten Schwarzer – und daß wir seit Jahren darüber diskutieren, wie man einerseits Verfahren konzentrieren könnte, aber andererseits nicht gleichzeitig wie zum Beispiel beim Be­triebsanlagenrecht die Kontrollfunktionen reduziert, schon gar nicht die Umweltstandards reduziert und vor allem auch nicht die Bürgerbeteiligungsmöglichkeiten reduziert, was in den letzten Jahren allerdings einige Male passiert ist.

Wir Grünen waren nie der Meinung, daß Betriebsanlagengenehmigungen 18 Monate dauern sollen. In einigen Bereichen könnte das durch konzentrierte Verfahren viel schneller gehen, wo­bei man aber gleichzeitig die Kontrolle entsprechend konzentriert und natürlich auch die Infra­struktur in den entsprechenden Behörden verbessert. Ohne Abbau von Umweltstandards wäre eine Beschleunigung von Verfahren aus meiner Sicht, auch aus ökologischer Sicht, überhaupt kein Problem. Es wäre spannend und interessant, über all diese Punkte – auch über die Studie, die der Wirtschaftsminister mit Steuergeldern in Auftrag gegeben hat – zu diskutieren, und zwar hier im Hohen Haus, dort, wo das hingehört und nicht immer nur in den Koalitionsgremien oder in den Sozialpartnergremien.

Die Grünen werden selbstverständlich, vor allem aus demokratiehygienischen Gründen, diesen Fristsetzungen sehr gerne zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

16.56


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, und ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Der Fristsetzungsantrag von Mag. Helmut Peter ist so formuliert, daß über einen Antrag jetzt abzustimmen ist und über die restlichen zehn Fristsetzungsanträge nach Erledigung der Tages­ordnung abgestimmt wird.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Antrag, dem Wirtschaftsausschuß zur Berichter­stattung über den Antrag 428/A (E) der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen erleichtern, eine Frist bis zum 22. März 1999 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Die restlichen Fristsetzungsanträge werden, wie gesagt, in getrennter Abstimmung nach Erledi­gung der Tagesordnung abgestimmt.

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wir gelangen nun zur kurzen Debatte über den Antrag der Abge­ordneten Öllinger und Genossen, dem Ausschuß für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 504/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Karenzurlaubszuschuß­gesetz (KUZuG) und das Karenzgeldgesetz (KGG) geändert werden, eine Frist bis zum 23. Feber 1999 zu setzen.

Auch hier wird die Abstimmung über diesen Fristsetzungsantrag nach Schluß der beantragten Debatte durchgeführt werden.

Der Erstredner hat 10 Minuten Redezeit zur Verfügung. Es ist dies Herr Abgeordneter Öllinger als Antragsteller. – Bitte, Herr Kollege.

16.58


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist die Fortsetzung der fast schon unendlichen Geschichte eines Antrages, von dem man meinen möchte, darüber brauche man doch eigentlich gar nicht mehr als ein paar Worte zu ver­lieren, das sei doch eine selbstverständliche Angelegenheit. Die Frauen, die das betrifft, näm­lich die alleinerziehenden Mütter, die den Namen des Kindesvaters nicht nennen können oder nicht nennen wollen, haben zwar das Recht auf erhöhtes Karenzgeld, aber wir haben schon mehrere Male hier in diesem Haus darüber diskutiert, und die Argumente, die dagegen vorge­bracht wurden, haben sich durchaus gewandelt.

Ich erinnere beispielsweise daran, daß wir bei Fristsetzungsdebatten hier im Plenum bezie­hungsweise im Ausschuß als eines der Argumente gegen diesen Antrag folgendes gehört haben, vor allem von seiten der ÖVP – eigentlich nur von seiten der ÖVP –: Wenn wir diesen alleinerziehenden Frauen erhöhtes Karenzgeld geben würden, geben müßten, dann bekämen wir ja das Geld später nicht zurück, auch wenn wir in das Gesetz hineinschreiben, daß sie es zurückzahlen müssen. Wir werden das Geld nicht zurückbekommen, weil diese Frauen niemals in der Lage sein werden, es zurückzuzahlen. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Und dieses Argument, das in der Vergangenheit vorgebracht wurde, ist allein für sich schon ent­larvend genug. (Abg. Dr. Feurstein: Das stimmt nicht, das Argument! Ich habe nie davon Ge­brauch gemacht!) Denn es wird damit – und zwar, wie ich glaube, zu Recht – unterstellt, Herr Abgeordneter Feurstein, daß diese Frauen in einer pekuniär oder materiell extrem schlechten Situation sind, die sich möglicherweise auch nach dem Ende der Karenzzeit nicht bessern wird.

Aber was heißt das, Herr Abgeordneter Feurstein? Auf der einen Seite wollen sich Ihr Parteivor­sitzender und Ihr Klubobmann gerne mit Familien umgeben, mit kleinen Kindern, die dann lieb­kost werden, denen dann Bücher, in die der Parteivorsitzende nette Zeichnungen hineingemalt hat, überreicht werden. Eine kinderfreundliche Partei, eine familienfreundliche Partei! Auf der anderen Seite, wenn es darum geht, spezifischen Familiengruppen, nämlich den Alleinerziehen­den mit ihren Kindern, zu helfen oder, um es noch deutlicher zu sagen, diese überhaupt erst in die Lage zu versetzen, sich für das Kind zu entscheiden, wird die volle Härte der ÖVP spürbar.

Nein! Diese Kinder sollen bestraft werden. Denn dort droht die vaterlose Gesellschaft – das war auch ein Argument von seiten der ÖVP. Inzwischen wird es nicht mehr verwendet, Herr Abge­ordneter Feurstein, wir wissen es, denn inzwischen ist einiges passiert. Herr Familienminister Bartenstein sagte, daß er diese Bestimmung auch ändern wolle, und auch Frau Abgeordnete Rauch-Kallat hat anläßlich eines Treffens der Frauenallianz dazu ja gesagt, daß auch diese Bestimmung zu jenen gehöre, die Sie ändern wollten. (Abg. Rauch-Kallat: Selbstverständlich!) Selbstverständlich, sagt Frau Abgeordnete Rauch-Kallat! Dann müssen Sie aber dieser Verbes­serung zustimmen. (Abg. Rauch-Kallat: Wenn alle anderen Forderungen auch erfüllt werden!)

Wenn Sie weiterhin darin verharren, das eine gegen das andere aufzurechnen und nur die maximale Variante umsetzen zu wollen, dann werden wir keinen Schritt weiterkommen, der dem Interesse der betroffenen Frauen dient. Keinen Schritt werden wir weiterkommen, und das ist dann Ihr Risiko und Ihre Verantwortung, die Sie als Familienpartei auch gegenüber den Wählern zu tragen haben. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Ich möchte Ihnen gerne noch etwas sagen, das ich schon anläßlich einer früheren Debatte in diesem Saal erwähnt habe – Herr Abgeordneter Feur­stein hat damals einen entsprechenden Zwischenruf plaziert beziehungsweise in seiner eigenen Wortmeldung darauf Bezug genommen –, nämlich daß das auch alle Beratungsstellen, alle Beratungsorganisationen, von der “Aktion Leben” bis zur Caritas, von der ÖVP gefordert haben. Herr Abgeordneter Feurstein hat mir entschieden widersprochen und gesagt: Nein, das wird nicht gefordert. Gehen Sie mit mir zu einer dieser Beratungsstellen und schauen wir uns das an! (Abg. Dr. Feurstein: Ja! Gehen wir!)

Herr Abgeordneter Feurstein! Ich lese Ihnen ein Schreiben der “Aktion Leben” vor. Die “Aktion Leben” hat bezüglich der Forderung nach einem erhöhten Karenzgeld für Frauen, die den Vater des Kindes nicht nennen, folgenden Brief an uns gerichtet und uns auch autorisiert, diesen Brief vorzutragen:

“Sehr geehrter Herr Abgeordneter, herzlichen Dank für Ihr Schreiben in obiger Angelegenheit. Wir teilen Ihre Ansicht voll und ganz. Aus unserer Erfahrung ist es genau so, wie Sie es be­schreiben. Viele Frauen, die dieses erhöhte Karenzgeld speziell benötigen würden, werden durch die derzeit in Geltung befindliche Regelung bestraft.” – Bestraft! Das ist jetzt eine Hervor­hebung von mir, Herr Abgeordneter Feurstein, und auf die komme ich noch zurück. – “Auch wir haben dieses Problem schon bei der ÖVP angesprochen und fanden leider keinerlei Gehör.” – So wie Frau Abgeordnete Moser mir jetzt nicht ihr Ohr leiht, obwohl sie demnächst zu diesem Punkt sprechen wird. – “Sie können aber jederzeit von unserer Mitteilung Gebrauch machen und sagen, daß wir in diesem Punkt mit Ihnen eines Sinnes sind.” – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Das Entscheidende dabei ist, daß die “Aktion Leben” nicht nur mit den Grünen eines Sinnes ist, sondern mit zirka 170 Abgeordneten – würde ich einmal meinen – dieses Hauses. Und trotzdem schaffen es die restlichen Abgeordneten, dieses Haus an der Umsetzung dieses Beschlusses und damit an der Verhinderung einer weiteren Strafaktion zu hindern. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Meine Damen und Herren! Das ist der entscheidende Punkt, und darum habe ich gesagt, ich komme noch einmal auf das Bestrafen zurück. Es gibt Vorschläge von seiten der ÖVP, die in Richtung Ausweitung der Karenzgeldmöglichkeiten gehen. Es gibt Vorschläge von seiten der SPÖ, die in Richtung Verbesserung vor allem für Alleinerziehende, aber auch Ausweitung der Karenzgeldmöglichkeiten gehen. Es gibt Vorschläge von den Freiheitlichen, von den Liberalen und natürlich auch von den Grünen. Der vorliegende Antrag unterscheidet all diese Vorschläge insofern voneinander, als es in diesem Punkt um eine Bestrafungsaktion gegangen ist.

Das wird im Schreiben der “Aktion Leben” auch klar zum Ausdruck gebracht, und auch wir haben Ihnen das schon des öfteren bei anderen Gelegenheiten mitgeteilt. Es wird eine ganz bestimmte Gruppe, in diesem Fall jene Alleinerziehenden, die den Namen des Kindesvaters nicht nennen, an anderer Stelle die Alleinerziehenden als solche durch Maßnahmen des Spar­paketes bestraft. Jetzt sprechen wir über die Alleinerziehenden, die den Namen des Kindes­vaters nicht nennen können oder wollen. Diese werden bestraft. Und es ist Ihre Verantwortung, die Verantwortung der ÖVP, daß Sie noch immer ja zu dieser Bestrafungsaktion sagen, obwohl auch Ihre Abgeordneten und Ihre Minister zum überwiegenden Teil ebenso wie die Organisa­tionen in Ihrem Umfeld, in Ihrem Vorfeld alle dasselbe sagen, nämlich daß es eine Bestrafungs­aktion auf Kosten der Betroffenen ist, die rückgängig gemacht werden muß.

Meine Damen und Herren! Wo bleibt denn der Mut der ÖVP-Abgeordneten? Haben Sie doch endlich einmal den Mut, sich gegen Ihren Klubobmann zu wehren, der sagt, daß das nicht in Frage kommt! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Kier.)

Er will vielleicht den Semmering-Basistunnel gegen diese Lösung verhandeln – oder womit auch immer es junktimiert wird, ich weiß das nicht. Sie sind nur bereit, alle Forderung auf einmal umzusetzen, aber keinesfalls Forderungen für Gruppen, die es besonders hart trifft. Das ist der Standpunkt Ihres Klubobmannes. – Haben Sie doch den Mut, dieser Position, die, wie ich weiß, von den ÖVP-Abgeordneten genauso geteilt wird wie von allen anderen Abgeordneten, hier durch Ihre Stimme zum Durchbruch zu verhelfen!

An die Adresse der SPÖ, die es sich ganz bequem macht und das Geschehen auf seiten der ÖVP beobachtet, gerichtet möchte ich noch sagen: Eine Partei, die mehrere Male sagt, daß sie dafür sei, aber eben nicht könne, eine Partei, die die stärkste Partei dieses Hauses ist, eine Partei, die die Möglichkeit hätte, das mit drei anderen Parteien – eigentlich dreieinhalb Par­teien – umzusetzen, eine Partei, die diese Verantwortung nicht wahrnimmt, nimmt damit ihre Verantwortung als führende gestaltende Partei in diesem Land nicht wahr. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Ich weiß, Sie werden heute wieder sagen, daß Sie ohnehin gerne würden und möchten, aber es gehe eben nicht! Das letzte Mal hat das Frau Kollegin Reitsamer gesagt: Das geht zu schnell, wir können doch nicht extra einen Sozialaus­schuß dafür einberufen! (Abg. Mag. Peter: Ganz langsam, Herr Kollege, Schritt für Schritt!) Aber inzwischen hat eine Sitzung dieses Ausschusses stattgefunden. Die Zeit ist abgelaufen, aber es hat sich nichts verändert, außer daß immer mehr Abgeordnete und Menschen in der Öffentlichkeit, auch Minister, erklären, sie würden diese Forderung teilen. Der Bogen reicht bis hin zu Ihrer Frauenministerin, die gesagt hat, das müsse rasch umgesetzt werden.

Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Jetzt haben Sie die Möglichkeit, das rasch umzusetzen, indem Sie der Fristsetzung zustimmen. Haben Sie doch ein bißchen Mut, verlassen Sie die Wahlkampfarena und helfen Sie den betroffenen Frauen! Das wäre auch Auf­gabe der Politik (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Kier.)

17.09


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Silhavy. Für sie gilt wie für alle weiteren Rednerinnen und Redner eine Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Bitte.

17.09


Abgeordnete Heidrun Silhavy¦ (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abge­ordnete! Herr Kollege Öllinger! Die Wahlkampfarena haben offensichtlich Sie gerade jetzt ver­lassen, als Sie das Rednerpult verlassen haben. Im Gegensatz zu Ihnen – vielleicht ist Ihnen das inzwischen entfallen – habe ich nämlich bereits bei der ersten Lesung dieses Ihres Antra­ges zu diesem inhaltlich gesprochen. Sie haben bei der ersten Lesung nicht ein einziges Wort über den eigenen Antrag verloren. (Abg. Öllinger: Bitte? – Abg. Mag. Peter: Was hat er denn gesagt?) Herr Kollege Öllinger, Sie können es im Protokoll der 88. Sitzung nachlesen. Falls Sie es nicht wissen, ich kann es Ihnen sagen. Sie haben kein Wort darüber verloren, und ich denke mir, das läßt auch Ihren heutigen Fristsetzungsantrag in einem etwas merkwürdigen Licht er­schei­nen.

Aber ich verstehe das schon. Es gab heute in der Früh eine Aktuelle Stunde zum Thema “Ver­besserung der Karenzmöglichkeiten”. Dabei hat sich ÖVP-Minister Bartenstein offensichtlich daran erinnert, daß er auch Vater ist. Er dachte wohl an den Wolf aus der Geschichte mit den sieben Geißlein, als er sein “Karenzgeld für alle” den Medien schmackhaft machen wollte. Uns Abgeordnete aber hat er dann mit diesem unverdaulichen Brocken allein zurückgelassen, weil er nach seiner Wahlrede das Haus, zumindest den Saal, schleunigst verlassen hat.

Ich verstehe Sie durchaus, Herr Kollege Öllinger, wenn Sie aufgrund dieser Aktuellen Stunde und nach dem Auftritt des Herrn Ministers Bartenstein, nach den Äußerungen einiger VP-Männer im Sozialausschuß am 17. November, aber auch nach den Ausführungen des Kollegen Feurstein zur ersten Lesung Ihres Antrages durchaus skeptisch sind, daß die Signale einiger ÖVPler, die Lebensrealität, wie Sie es gerade vorhin in Ihrer eigenen Rede ausgeführt haben, wirklich zur Kenntnis nehmen zu wollen, auch tatsächlich umgesetzt werden. (Abg. Öllinger: Sie sollen es zur Kenntnis nehmen, das reicht mir!) Ich verstehe Ihre Zweifel durchaus. Und das war auch ein Grund dafür, daß unsere Ministerin Prammer heute gesagt hat – und zwar sehr deutlich –, daß es kein 12-Punkte-Programm ohne eine Lösung für die Alleinerziehenden geben wird. Sie hat das heute in der Früh hier sehr, sehr deutlich gesagt! (Abg. Öllinger: Fangen Sie mit einem Punkt an!) Ja, wir sind schon dabei!

Über den Inhalt brauchen wir, glaube ich, nicht mehr zu reden. Wir haben bereits im Ausschuß und bei der ersten Lesung gesagt, daß es klar ist, daß wir die Bestrafung von Frauen, die nicht die Lebensform wählen, die sich die ÖVP und zum Teil auch die FPÖ vorstellen, ablehnen. Es geht dabei nur um die Festigung des Rollenbildes. (Zwi­schenruf der Abg. Haller.) Lesen Sie einmal nach, was Ihre Kollegen dazu gesagt haben. Es ist entsetzlich!

Wir treten schon seit vielen Jahren für die Gleichstellung der Lebensformen ein, wir haben sel­ber einen Antrag eingebracht, nämlich den Antrag 753/A, der genau dieses Problem und eine Lö­sungsmöglichkeit zum Thema hat. (Abg. Öllinger: Er war ja nur später!) Das war unter ande­rem mit ein Grund, Herr Kollege Öllinger, warum wir bei der Sozialausschußsitzung am 17. No­vem­ber letzten Jahres diesen Antrag vertagt haben, wenn Sie sich erinnern. Das heißt, wir haben uns darauf verständigt ... (Abg. Öllinger: Das war nicht der Grund!) Natürlich! Wir haben uns darauf verständigt, daß zunächst den betroffenen Ministerinnen und Ministern Zeit gelassen wird, dieses 12-Punkte-Programm zu verhandeln. (Abg. Öllinger: Sie wollen kneifen!) Bitte, ich habe diesen Antrag gestellt. (Abg. Öllinger: Sie haben Angst vor der Ab­stimmung!) Nein! Wir haben den Antrag gestellt.

Natürlich wollen wir in jenen Fragen, bei denen wir eine Mehrheit erzielen können, Abstimmun­gen. Was hat es denn für einen Sinn, Abstimmungen durchzuführen, wenn man keine Mehrheit dafür hat? Herr Kollege Öllinger, wir sind ja nicht in der Opposition! Wir tragen Verantwortung, und wir müssen diese Dinge auch umsetzen. (Abg. Öllinger: Wir haben eine breite Mehrheit: Freiheitliche, Liberale, Grüne, SPÖ!) So leicht wie Sie haben wir es natürlich nicht. Das ist mir schon klar! (Beifall bei der SPÖ.)

Gerade weil wir diese Dinge umsetzen müssen, können wir auch diesmal diesem Fristsetzungs­antrag nicht beitreten. (Abg. Dr. Petrovic: Die Alleinerziehenden sind Ihnen weniger wert als die Zahnkronen!) Ich hoffe aber, daß Sie Ihre Arbeit in Zukunft genauso ernst nehmen. Es geht nicht nur darum, hier billige Polemik zu machen, sondern darum, tatsächlich etwas für die Be­troffenen zu erreichen. Sie sollten also bereits in der ersten Lesung zu Ihren Anträgen reden! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Petrovic: Wieso geht es denn bei den Zahnkronen?)

17.13


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Sonja Moser-Starrach. – Bitte.

17.13


Abgeordnete Dr. Sonja Moser-Starrach¦ (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Öllinger, wir werden dem Fristsetzungsantrag nicht zustimmen (Abg. Öllinger: Über­raschend! – Abg. Dr. Kier: Überraschung!), aber nicht deshalb, weil wir uns schon in der Wahl­kampfarena befinden, sondern weil wir in letzter Zeit sehr gute Problemlösungen gefunden haben, indem wir ganze Pakete geschnürt haben. (Abg. Ing. Langthaler: Sparpakete vor allem!) Wir lassen das Paket daher auch in diesem Fall nicht in Einzelteile zerlegen (Abg. Dr. Kier: Ganze Sparpakete!), sondern bleiben bei dieser Vorgangsweise. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Das Sparpaket, das Sie zu verantworten haben!)

Die ÖVP hat gute Prioritäten! Wer Betreuungs- und Erziehungsarbeit leistet, muß dies als wert­volle Leistung anerkannt bekommen. Wenn diese Jobs, nämlich die Betreuungs- und Erzie­hungsarbeit, nicht besetzt werden, wenn Kinder in der ersten Sozialisationsphase keine feste Bezugsperson haben, wenn sie nicht Liebe und Geborgenheit erfahren, können sie diese auch nicht an die nächsten Generationen weitergeben. Ohne emotionale und körperliche Sicherheit steigt die Gefahr, daß Kinder vermehrt verhaltensauffällig und drogensüchtig werden und in die Kriminalität abrutschen. (Abg. Öllinger: Was hat das mit dem Antrag zu tun? Da geht es ums Geld! – Zwischenruf der Abg. Ing. Langthaler.) Für die Rehabilitation traumatisierter Kinder brauchen wir Millionen Schilling mehr und das ist nie und nimmer unsere Intention.

Wer soll also in den Genuß des Geldes kommen? – Alle Mütter und alle Väter, die diese Arbeit verrichten, und zwar eigenständig! Heute bekommen schon 89 Prozent Karenzgeld, die rest­lichen 11 Prozent sollen es ebenfalls bekommen für diese wertvolle Arbeit. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Langthaler: Wir reden jetzt nicht vom Karenzgeld für alle! – Abg. Dr. Petro­vic: Thema verfehlt!)

Diese 11 Prozent teilen sich auf in 7 Prozent Schüler, Studentinnen und Hausfrauen, 4 Prozent Selbständige und Bäuerinnen. Diese sollen also in den Genuß dieser Unterstützungsleistung des Staates kommen, auch wenn diese nicht unbedingt für den Lebensunterhalt ausreicht. (Abg. Öllinger: Sie sollen zum Antrag reden!) Es ist weltweit zu suchen, wo es das noch gibt, nämlich nirgends!

Diese unsere Forderung ist außerdem finanzierbar. Wir haben in Österreich einen Budgettopf dafür, nämlich den Familienlastenausgleichsfonds! (Abg. Öllinger: Ja dann geben Sie das Geld endlich her!) Aus diesem sollen ausschließlich Familienleistungen bezahlt werden. Und jetzt, da er konsolidiert ist, lassen wir auch niemanden mehr neuerlich den Rahm davon abschöpfen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Die Alleinerziehenden sollen den Rahm abschöpfen? Haben Sie das gemeint?)

Wir haben uns überlegt, wer wohl diese Gelder am dringendsten benötigt. Wer braucht diese Unterstützung am meisten? Es sind die jungen Mütter mit Kindern und ohne Einkommen. – Meine Damen von der SPÖ! (Abg. Mag. Posch: Und wir Herren?) In Ihrem Volksbegehren wird ein Existenzminimum für alle gefordert, und zwar in mehr als der doppelten Höhe. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Die Absicherung von Menschen, die sonst kein Existenzminimum, keine Existenz haben, ist doch auch Ihr Steckenpferd! Wir finden keinen bedürftigeren Menschen als eine Mutter mit Kind und ohne Einkommen. (Abg. Öllinger: Zum Thema bitte!) Wollen Sie der Studentin wirklich dieses Bißchen entziehen? Wollen Sie der kleinen selbständigen Schneiderin die Unterstützung versagen? Die derzeitige Betriebshilfe deckt nämlich kaum ihre Kranken­kassenbeiträge. (Abg. Öllinger: Können Sie zum Antrag etwas sagen, Frau Abgeordnete?)

Es handelt sich dabei auch zum ersten Mal um einen brauchbaren Vorschlag zur Senkung der Lohnnebenkosten! (Abg. DrKier: Zur Sache!) Die Arbeitslosenversicherung würde sich 2,5 Mil­liarden Schilling ersparen, und damit könnten zur Sicherung von Arbeitsplätzen und zur Förde­rung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe die Lohnnebenkosten um 0,5 Prozent gesenkt werden. (Abg. Öllinger: Wir reden über den Antrag! – Abg. Dr. Kier: Das ist nicht mehr die Aktuelle Stunde, die ist schon vorbei!)

Die ÖVP vergißt auch keineswegs die berufstätige Frau. Im Gegenteil, wir ebnen alle Wege, um Familie und Beruf besser vereinbar gestalten zu können. Es muß Wahlfreiheit herrschen! Viel­leicht ist der Konsens leichter zu erreichen, wenn wir statt mit dem Begriff Karenzgeld mit dem Ausdruck Betreuungsgeld in die Verhandlungen gehen. (Abg. Mag. Posch: Was, was?)

Familienpolitik ist nicht eine Frage der Ideologie, sondern Antwort auf Lebensbedürfnisse. (Iro­nische Heiterkeit bei den Grünen.) Nun denn, für unsere Kinder, für unsere zukünftigen Genera­tionen: Ja zum Leben, ja zum Kind, ja zum Karenzgeld für alle als Forderung einer Lebens­politik! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Nein zu Alleinerziehenden!)

17.19


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Haller. – Bitte. (Abg. Ing. Langthaler: Wohlan! – Abg. Öllinger: Nun denn: Schlimmer kann es nicht mehr werden! – Abg. Haller – auf dem Weg zum Rednerpult –: Was heißt das? Herr Kollege Öllinger, halten Sie sich zurück!)

17.19


Abgeordnete Edith Haller¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Lobgesängen meiner Vorrednerinnen wieder zurück zur harten Realität, würde ich sagen (Abg. Ing. Langthaler: Da sind wir ja!), und zum Antrag 504/A der Grünen.

Aber ich muß auch ein bißchen ausholen. Im Jahre 1993 besuchte ich mit dem ehemaligen Außenminister der ÖVP, Alois Mock, Paris. Ich wurde von einem französischen Abgeordneten­kollegen, der früher einmal sogar Verteidigungsminister gewesen ist, gefragt, was wir denn in Österreich im Moment für eine Regierungsform hätten und wie das funktioniere. Ich habe ihm erklärt, daß es eine Koalition der beiden größten Parteien gebe und welcher Ideologie diese an­gehörten. Daraufhin hat er mich ganz ungläubig gefragt, ob denn das funktioniere. Ich mußte ihm schon im Jahre 1993 erklären, daß es mehr schlecht als recht funktioniere und unterm Strich halt immer nur kleine Kompromisse herauskämen, die echten Reformen könnten nicht angegangen werden. (Zwischenruf der Abg. Ing. Langthaler.)

Wenn ich das auf die heutige Zeit übertrage – wir haben jetzt 1999, und heute in der Früh hat eine Debatte über das Karenzgeld und über die Umsetzung von Frauenforderungen stattgefun­den –, dann muß ich sagen ... (Abg. Mag. Posch: Sie müssen auch nichts sagen!) Oder auch wenn ich den Antrag der Grünen betrachte, dann muß man rückblickend auf all diese Jahre und besonders auf die jetzige Zeit bezogen einfach sagen, es wird immer klarer: Diese beiden Koali­tionspartner in der Regierung können einfach nicht mehr miteinander! Die Ideologie driftet zu weit auseinander. Es wird jetzt anscheinend überhaupt nur noch junktimiert, und es geht über­haupt nichts mehr.

Wenn Familienminister Bartenstein beklagt hat, daß ein anscheinend bereits ausverhandeltes Familienpaket von der SPÖ mit Forderungen von Alleinerzieherinnen junktimiert wird; oder wenn man jetzt diese kleine Forderung, diese berechtigte kleine Forderung der Grünen, hinter der die Opposition – auch die Freiheitlichen – von Anfang an gestanden ist und die letztlich sogar aufkommensneutral wäre, wiederum junktimiert, und zwar, wie wir im Sozialausschuß ... (Abg. Silhavy: Der Herr Kollege hat in der ersten Lesung gesagt, daß diese Forderung überzo­gen sei!) Hören Sie doch auf, Frau Kollegin Silhavy! Sonst sage ich Ihnen, was Sie im Aus­schuß gesagt haben. (Abg. Silhavy: Das können Sie ja!) Ja, aber Sie sagen hier auch etwas ganz anderes als im Ausschuß, Frau Kollegin.

Wenn man dann im Ausschuß gerade von seiten der Sozialdemokraten dieses Ergebnis bejam­mert und beteuert, daß man sehr gerne mittun würde – Kollegin Pittermann hat gesagt, daß sie von tiefster Trauer erfüllt ist, weil sie dem nicht zustimmen kann, und hat dann doch der zweiten Vertagung zugestimmt –, dann muß ich sagen, daß sich mein Mitleid mit der SPÖ in dieser Frage wirklich in Grenzen hält. (Abg. Silhavy: Wir haben das nicht anders erwartet!) Sie haben sich ja den Koalitionspartner ausgesucht, und es geht anscheinend wirklich nichts mehr.

Aber nicht in Grenzen hält sich mein Mitleid mit den betroffenen Frauen. Da muß ich wirklich sagen, Herr Kollege Feurstein: Ich habe für diese Haltung der ÖVP kein Verständnis. Dieses Verständnis wird auch den Frauen fehlen, nicht nur den betroffenen Frauen, sondern all den­jenigen Frauen, die sich in die Situation hineindenken können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn es bei Ihnen schon an so kleinen, logischen, kostenneutralen Verbesserungen für Frauen scheitert, dann können sich Österreichs Frauen selbst ausrechnen, warum bei den größeren Begehren, die die Frauen in Österreich stellen, überhaupt nichts weitergeht. Sie können sich auch ausrechnen – und ich hoffe, sie werden es bei den kommenden Wahlen tun –, daß sie von diesen Regierungsparteien in dieser Koalition nichts zu erwarten haben.

Wir werden der Fristsetzung und selbstverständlich auch der Sache selbst zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.23


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

17.23


Abgeordneter Dr. Volker Kier¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Alles andere, als einer solchen Fristsetzung zuzustimmen, ist für mich nicht gut vorstellbar. Überhaupt dann, wenn man die Anliegen, die in diesem Antrag zur Diskussion gestellt sind, auf ihren harten Kern untersucht, kann man wirklich überhaupt nicht anders als zustimmen.

Auch dem Antrag selbst muß man im übrigen zustimmen. Das möchte ich in diesem Fall aus­nahmsweise auch in einer Fristsetzungsdebatte ausdrücklich festhalten. Normalerweise genügt mir der Anspruch der Fristsetzung, in diesem Fall ist aber auch festzuhalten: 19 Monate und 8 Tage ist dieser Antrag alt. Das ist einfach überreif, daher kann ich nur sagen: Fristsetzung – no na!

Wenn man sich die Gegenargumente der ÖVP anschaut – mit den hinhaltenden Argumenten der SPÖ werde ich mich später noch beschäftigen –, dann besteht Eindeutigkeit in der Hinsicht, daß es sich da um eine Sanktion, um eine Art Strafe handelt, die nicht beseitigt werden soll. Das ist ganz eindeutig. Da fragt man sich: Was ist eigentlich die Ratio dieser Bestrafung? Was ist ihr Ziel? Welche präventive Wirkung muß damit unbedingt aufrechterhalten werden?

Eine ganz bestimmte Gruppe von Frauen soll bestraft werden, nämlich diejenigen, die den Vater nicht nennen. Das ist entlarvender, als Sie sich vorstellen können, noch dazu, nachdem Ihre Kollegin Rauch-Kallat – jetzt leider nicht im Saal – erst vergangene Woche in einer Presse­konferenz, in der Kolleginnen aus diesem Hause gemeinsam, fraktionsübergreifend Erklärun­gen abgegeben haben, ausdrücklich von sich aus und unaufgefordert gemeint hat, dieses Anliegen sei wichtig, und sie werde es unterstützen. Unaufgefordert, denn niemand hat gefragt: Frau Rauch-Kallat, was sagen Sie denn zu diesem Anliegen? – Nein, sie hat das Anliegen in dieser Pressekonferenz von sich aus als Paradebeispiel einer Fraueninitiative ihrer Person oder der ÖVP dargestellt.

Es vergehen keine acht Tage, und sie erzählt uns hier von diesem Rednerpult aus annähernd das Gegenteil. (Abg. Haller: Arme Frau!) Welche Maßregelung hat da Platz gegriffen? Welche Disziplinierung zur Wiederherstellung der Einheitlichkeit der weiteren Bestrafung von Frauen? – Das kann doch nicht so sein. Daher wundert es mich auch nicht, daß sie jetzt der Debatte nicht beiwohnt. Denn sie mußte damit rechnen, daß über kurz oder lang auch das Hohe Haus – sofern die Kolleginnen und Kollegen nicht ohnedies in den Medien gelesen haben, daß sie das gefordert hat – zur Kenntnis nehmen muß, daß sie vor knapp acht Tagen noch gesagt hat, daß das ein echtes Anliegen ist, und uns heute erklärt, daß sie nicht einmal einer Fristsetzung zustimmen kann. Das halte ich für bedenklich. (Abg. Dr. Feurstein: Bedenk­lich?)

Das Herumgerede über die sonstigen Dinge, wie es Kollegin Moser von der ÖVP hier vorgetra­gen hat, finde ich überhaupt sehr bedenklich. Denn das war nicht das Thema. (Abg. Dr. Feur­stein: “Karenzgeld für alle” ist bedenklich?) Sie hat das mit der Aktuellen Stunde von heute früh verwechselt. Hier geht es nicht darum, daß irgend jemand etwas mehr bekommt, sondern darum, daß jemand vorübergehend etwas bekommt, was er nachher zurückzahlen muß. Es ist eine Zwischenfinanzierung für Mütter, die den Vater ihres Kindes nicht bekanntgeben, eine Zwi­schenfinanzierung mit Rückforderungsanspruch. Das ist ihr schon zuviel – und dann erzählt sie uns vom Karenzgeld für alle? – Da fühlt man sich wirklich gepflanzt, im eigentlichen Sinne des Wortes. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Denn wenn eine Partei, die für ein Karenzgeld für alle eintritt, über das man in der Form, wie sie es vorschlägt, diskutieren muß – denn das ist eine merkwürdige Gießkanne, aber das ist etwas anderes; ich wäre schon froh, wenn die anderen Karenzvorstellungen, insbesondere die meiner Fraktion, aber auch andere, endlich einmal in Diskussion genommen würden –, wenn diese Partei sagt, daß sie das will, dann aber nicht einmal eine rückzahlbare Unterstützung von Müttern haben möchte: Was will sie dann? – Dann erhebt sie die Forderung nach Karenzgeld für alle nur deswegen, weil sie weiß, daß sie unvernünftig und undurchsetzbar ist, aber einige Leute es gerne hören. Das aber ist Wahlkampf! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Das ist Wahlkampf: Forderungen zu erheben, von denen man weiß, daß sie gefällig sind, aber daß man sie ohnehin nicht einlösen muß. Das ist Wahlkampf.

Hier geht es um eine Forderung, die man ganz leicht einlösen könnte, spielend leicht; sogar budgetunwirksam wäre sie in ihrer Nachhaltigkeit. Es wäre eine Bevorschussung mit dem kleinen Risiko, daß es vielleicht ein paar Leute später nicht zurückzahlen können – na bitte! –, eine Unterhaltsbevorschussung oder so etwas ähnliches. Nicht einmal das zu machen, das ist, mit Verlaub, wirklich ... Ich will keinen Kraftausdruck gebrauchen, aber denken Sie sich selbst einen aus, Sie werden den richtigen finden! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

17.28


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Jetzt ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander zu Wort ge­meldet. – Bitte.

17.28


Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander¦ (Grüne): Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! An Frau Kollegin Silhavy gerichtet, die sich darüber empört hat, daß wir die an und für sich positive Haltung der SPÖ zu unserem Anliegen und zu unserem Antrag nicht berücksichtigen: Das wissen wir. Aber was wir heute erwarten, ist weniger, daß noch einmal nur angekündigt wird – diese Ankündigungspolitik hat ja Tradition, wie wir heute früh schon festgestellt haben –, sondern was heute auf der Tagesordnung steht, ist die Umsetzung.

Diese ist ganz ungefährlich, denn es geht zunächst einmal nur um die Fristsetzung, nur darum, daß Sie zustimmen, daß wir überhaupt über den Antrag und den Inhalt des Antrages in einem Ausschuß diskutieren dürfen und dann vielleicht auch in einem Ausschuß entscheiden können. Nur darum geht es! Wenn Ihnen das ein Anliegen ist, dann müßten und sollten Sie dieser Frist­setzung zustimmen.

Ich frage mich manchmal: Was würde denn passieren, wenn Sie dieser Fristsetzung zustimmen oder wenn diejenigen, die in Ihrer Fraktion dieser Meinung sind, der Fristsetzung zustimmen? Würden dann morgen Neuwahlen ausgeschrieben werden? Was würde passieren? – Das wür­de mich interessieren: Was würde passieren, wenn Sie einmal machen, was Sie wollen? (Abg. Silhavy: Vielleicht würde die ÖVP der Kinderbetreuung nicht zustimmen!)

Ich meine, Sie lassen sich vom Koalitionspartner relativ viel gefallen. Ich möchte zwar jetzt nicht aus anderen Bereichen fischen gehen, aber vor Weihnachten hatten wir die Situation, daß Fasslabend nicht nur alte Waffen verscherbeln und verkaufen, sondern sich auch die NATO oder sonstwas wünschen kann – und wir haben keine Neuwahlen! Also frage ich mich, was passieren würde, wenn Sie heute in einer Materie, von der gesagt worden ist, daß schätzungs­weise 170 Abgeordnete dafür sind, zustimmen würden. Was würde dann passieren? – Sie machen sich so unglaubwürdig in dem, was Sie eigentlich wollen, in dem Anliegen an sich. Sie machen sich so unglaubwürdig, wenn Sie der Fristsetzung nicht zustimmen. Das ist das Dilemma, in dem Sie sind.

Zur ÖVP gesprochen: Ich schwanke jedesmal, hier in der Antwort nachzusetzen, wenn Sie am Wort gewesen sind, Frau Kollegin Moser, oder schlicht und ergreifend zu sagen: Dazu fällt mir nichts mehr ein. Ich weiß es nicht; was soll ich sagen? (Beifall bei den Grünen und bei Ab­geordneten des Liberalen Forums.) In der Schule sagt man zu so etwas: Thema verfehlt. Ich nehme an, das gibt es noch immer. Das Tragische ist, daß wir hier nicht in der Schule sind und daß das keine Übung gewesen ist, sondern daß das eine politische Ansage ist. Das verschlägt mir jedesmal die Rede.

Ich habe mir überlegt, ob man jetzt irgendwie sticheln sollte. Frau Kollegin Brinek, was sagen Sie eigentlich dazu? – Ich würde hoffen, Sie würden Frau Kollegin Moser vielleicht einmal das wissenschaftliche Rahmenprogramm liefern, wenn sie wieder da vorne redet, wenn sie wieder ungeschminkt, ungeniert und ohne Widerspruch von Ihrer Seite von festen Bezugspersonen, Liebe und Geborgenheit und im selben Atemzug von kriminellem Milieu und vom Abrutschen redet. Ich bin einfach sprachlos. (Abg. Schieder – in Richtung Grüne –: Für eine Sprachlose redet sie viel!) Es ist das Thema völlig verfehlt.

Es würde mich nur interessieren: Warum stimmen Sie der Fristsetzung nicht zu? Warum lassen Sie nicht zu, daß es in einem Ausschuß behandelt wird? – Das ist die Frage, die mich inter­essiert. Warum können Sie nicht einer Fristsetzung zustimmen und das einfach diskutieren las­sen? – Reden wir darüber, entscheiden wir es, entscheiden wir es mit Mehrheiten! Mein Kollege (in Richtung des Abg. Öllinger) gibt mir da irgendwelche Andeutungen, die ich nicht ver­stehe. (Abg. Dr. Kostelka: Wahrscheinlich “Redeschluß” oder “Keine Redezeit”!) Die Rede­zeit ist noch lange nicht zu Ende.

Mein Appell am Schluß geht noch einmal in die Richtung, daß ich nur wiederholen kann, was viele hier gesagt haben: Es ist ein Anliegen, das die Mehrheit trägt. Es ist ein Anliegen, das viele betroffene Frauen und viele betroffene Alleinerzieher und Alleinerzieherinnen haben und das ihnen wirklich – es ist ausgeführt worden – in der dringendsten Situation helfen würde. Es ist ein Anliegen, das – hier bin ich an einem wesentlichen Punkt – das Budget nicht belastet. Es ist völlig unverständlich, daß Sie diesem Anliegen nicht Rechnung tragen.

Noch dazu haben vor einer Woche Frauen aus allen Parteien ein Frauennetzwerk gegründet und sich entschlossen, hier die dringendsten Anliegen einzubringen und zur Verhandlung zu bringen. Ich frage mich: Wo sind Ihre Versprechen, wo ist da Ihr Ansinnen aller Fraktionen, wenn Sie einer solchen Fristsetzung nicht Rechnung tragen können? (Beifall bei den Grünen.)

17.34


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Diese Debatte ist geschlossen.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen. Wir gelangen zur Abstimmung über den Fristsetzungsan­trag.

Wir stimmen ab über den Antrag der Abgeordneten Öllinger und Genossen, dem Ausschuß für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 504/A der Abgeordneten Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Karenzurlaubszuschußgesetz und das Karenzgeldgesetz geändert werden, eine Frist bis zum 23. Februar 1999 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Ich nehme jetzt die Verhandlungen über den 2. Punkt der Tagesordnung wieder auf.

Als nächstem erteile ich Herrn Abgeordnetem Dr. Höchtl das Wort. – Herr Abgeordneter Dr. Höchtl ist nicht im Saal.

Ich rufe daher Frau Abgeordnete Susanne Rieß auf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minu­ten. – Bitte.

17.35


Abgeordnete Susanne Rieߦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Der Herr Minister ist nicht an­wesend. Wird er noch kommen? Ist der Herr Minister nicht im Haus?


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Eine Sekunde, Frau Abgeordnete! Bleiben Sie bitte am Pult! (Präsident Dr. Neisser spricht mit einem Beamten.) Der Herr Minister ist verständigt.

Ich unterbreche kurz die Sitzung bis zu seinem Eintreffen.

(Die Sitzung wird um 17.35 Uhr unterbrochen und um 17.36 Uhr wiederaufgenommen.)


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Ich nehme die Sitzung wieder auf. Die Frau Bundesministerin ist erschienen. (Bundesministerin Hostasch nimmt auf der Regierungsbank Platz.)

Frau Abgeordnete Rieß, ich erteile Ihnen das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minu­ten. – Bitte.

17.36


Abgeordnete Susanne Rieߦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Der österreichische Steuerzahler darf also wieder einmal eine Haftung – im gegenständlichen Fall in Höhe von 500 Millionen Schilling – übernehmen. Korrekterweise muß man hinzufügen, daß diese Haftung eigentlich sofort schlagend wird. Das ist im großen und ganzen nichts Neues.

Diesmal soll Brasilien geholfen werden. Setzt man sich auch nur einigermaßen mit den Berich­ten über die soziale und wirtschaftliche Situation in diesem Land auseinander, läßt sich un­schwer erkennen, daß mit dieser Art von Geldspritzen weder dem Land Brasilien geschweige denn den die bittere Armut erlebenden Bevölkerungsteilen geholfen ist. Unser gutes Geld kommt vor allem den dortigen Großinvestoren, Konzernen und Spekulanten zugute.

Nicht nur vom österreichischen Anteil in Höhe von 500 Millionen Schilling ist dabei die Rede, sondern von insgesamt 41,5 Milliarden US-Dollar. Das ist das Gesamtausmaß dieses Sofort­hilfeprogramms. Die Bedenken der Freiheitlichen zu dieser mehr als zweifelhaften Finanzhilfe wurden im Ausschuß sogar von sozialistischer Seite geteilt. Dieser Kredit muß zudem völlig ohne Sicherheiten vergeben werden: “Borgen macht Sorgen”, kann man dazu eigentlich nur noch sagen (Beifall bei den Freiheitlichen), zumal wir auch gleich den Zinsendienst des Schuld­ners mit übernehmen müssen.

Wenn man weiß, daß derzeit 35 Prozent der Länder in der Welt in einer tiefen Rezession stecken, sollte man sich einmal mit den Ursachen dafür auseinandersetzen. Aufgrund des in den letzten Jahren modern gewordenen exzessiven Kapitalismus und einer gleichzeitigen Laisser-faire-Politik, welche die Dinge einfach laufen läßt, mußte es jetzt zu diesen Krisenfor­men kommen. Wir produzieren förmlich Schuldner, indem wir immer mehr Kredite vergeben und nur noch die alten Zinsen abgedeckt werden. Diese enorme Last wird letztlich auf die Steuer­zahler in den ärmsten Ländern abgewälzt. Wir leisten mit solchen Zahlungen aktive Hilfe zur weiteren Verelendung.

Wir können jedenfalls nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, solange diese risikoreichen Finanzfonds – wie zum Beispiel die Hedge-Fonds, vor deren Auswirkungen übrigens schon vor Jahren gewarnt wurde – ungeregelt und ungezügelt weiter ihr Unwesen treiben. Sie sind selbst­verständlich nicht die alleinige Ursache für die auch in naher Zukunft immer wieder anstehen­den Krisen, sondern es kommen noch andere Faktoren wie schlechte Wechselkurspolitik, Fehler im IWF-Management und mangelnde monetäre Disziplin der Regierungen dazu. Hier wäre eigentlich das Betätigungsfeld effektiver Hilfeleistungen.

Ein Budgetabgang von insgesamt 600 Millionen Schilling steht aufgrund des heutigen Beschlus­ses, getragen von ÖVP und SPÖ, überraschend und ungeplant ins Haus – zugunsten von Großkapitalisten, Banken und Multiinvestoren. Wie wollen Sie das ausgleichen? Wen werden Sie im Gegenzug belasten? Doch hoffentlich nicht die Anleger, die in Österreich investieren, mit Ihrer so heftig propagierten Aktiensteuer.

Wir Freiheitlichen glauben, daß wir schon genug Haftungen übernommen haben, und lehnen diese zweifelhafte und suspekte Finanzspritze ab. (Abg. Edler: Können Sie den Satz wiederho­len, bitte! – Weitere heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.) Denn es geht nicht an, daß die genann­ten Verursacher dieser Malaise sich an den österreichischen Steuerzahlern schadlos halten können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.41


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt Abgeordneter Dr. Höchtl. Freiwillige Rede­zeitbeschränkung: 5 Minuten.

17.42


Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir nach der Debatte zu verschiedenen Fristsetzungsan­trägen wieder zu dem Thema zurückkommen, das seit der Finanzausschußtagung und dem heutigen Plenum zweifellos eine besondere Dramatik erlangt hat, dann sollen wir uns, glaube ich, schon die Dimension der seitens Österreich geleisteten Beiträge im Vergleich zu anderen Ländern ins Gedächtnis rufen.

Wenn Österreich 50 Millionen Dollar an Beiträgen leistet und beispielsweise die Schweiz das Fünffache, um nur ein Nachbarland zu erwähnen, dann zeigt das, daß wir uns des Risikos be­wußt sind. Wir haben den geringsten Beitrag insgesamt dazu geleistet, aber eines haben wir nie außer acht gelassen: Eine Hilfsaktion – und eine solche ist das – ist etwas, wovon wir uns schon aus solidarischen Gründen nicht ausschließen dürfen, denn Solidaritätsleistungen bedeu­ten immer, daß alle ihren Beitrag dazu leisten. Ich glaube, wir tun gut daran, ein Ja zu dieser Solidarität durch unseren Beschluß zum Ausdruck zu bringen. (Beifall der Abg. Tichy-Schreder sowie des Abg. Dr. Nowotny.) – Kollege Nowotny, du als Antragsteller wirst das selbstverständ­lich begrüßen.

Meine Damen und Herren! Was mich in bezug auf die drei Oppositionsparteien gefreut hat, war einzig und allein die Stellungnahme des Kollegen Peter, weil er trotz seines Oppositionsstatus die Wichtigkeit des Ausdruckes der Solidarität sehr wohl betont hat, während von den beiden anderen Oppositionsparteien – bei den Grünen hat es mich besonders gewundert, denn im Ausschuß war noch ein anderes Verhalten ihrerseits in der Diskussion feststellbar, eine diffe­renzierte Argumentation, Herr Kollege Van der Bellen – der Begriff Solidarität zwar immer wieder verwendet, aber hier im Stimmverhalten nicht zum Ausdruck gebracht wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Diskussion wurde erwähnt, daß neue Verhand­lungen zwischen dem Internationalen Währungsfonds, der ja die eigentlichen Verhandler und Koordinatoren dieses gesamten Hilfspaketes stellt, und der Regierung Brasiliens notwendig wären. Ich sage jetzt: Diese Verhandlungen haben bereits begonnen.

Zweifellos dürfen wir eines nicht übersehen: Es hat Brasilien zwischen 1994 und dem vergan­genen Jahr teils drastische Änderungen in seiner Wirtschafts- und Finanzpolitik durchgemacht. Kollege Van der Bellen hat dieses “Crawling-peg” erwähnt. Unter anderem dadurch war es möglich, daß die Hyperinflation von 2 670 Prozent, wie sie im Jahre 1994 in Brasilien gegeben war, im vergangenen Jahr radikal zurückgefahren werden konnte, natürlich mit allen Schwierig­keiten, die jetzt einen Ausbruch in dieser Dimension möglicherweise verursacht haben. Aber es hat gewisse Anstrengungen seitens der Regierung und des Parlaments gegeben, die wir nicht übersehen dürfen.

Ich glaube, das Problem, das wir zweifellos beachten müssen, ist, daß es unter Umständen nicht nur Brasilien ist, das in diesem Fall betroffen ist, sondern es kann natürlich Auswirkungen auf die verschiedensten lateinamerikanischen Staaten haben. Ich erwähne Argentinien, das be­sonders betroffen sein kann, aber auch andere. Der Charakter einer Hilfsaktion ist immer der, daß wir rechtzeitig versuchen müssen, das, was uns an Möglichkeiten zur Verfügung steht, ein­zusetzen, um eine derartige Folgewirkung nicht eintreten zu lassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme zum Schluß. Wir haben als Land, das sich immer der Solidarität verpflichtet gefühlt hat, traditionell Hilfsaktionen dieser Art jeweils unterstützt. Wir haben dieses Mal unsere Unterstützung mit einem relativ kleinen Beitrag vorge­sehen. Ich glaube, es ist wichtig, daß in Neuverhandlungen mit Brasilien auch eine Änderung der Bedingungen seitens des Verhandlungsführers Internationaler Währungsfonds erreicht wird, aber von Solidarität soll man sich gerade dann nicht drücken, wenn die Not und die Schwierig­keiten des betroffenen Landes am größten sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.47


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Der vorläufig letzte Redner ist Abgeordneter Mag. Trattner mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Bitte.

17.47


Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesminister! Kollege Höchtl! Es hat doch überhaupt keinen Sinn, darüber zu dis­kutieren, was der Internationale Währungsfonds mit der brasilianischen Regierung vereinbart hat, wenn die brasilianische Regierung Maßnahmen aufoktroyiert bekommen hat und es ihr nicht gelungen ist, diese im Parlament durchzusetzen. Sie wissen selbst ganz genau, um welche zwei gravierenden Punkte es dabei gegangen ist. Zum Beispiel hat das brasilianische Parlament abgelehnt, daß die öffentlich Bediensteten eine Eigenvorsorge treffen, selbst vorsor­gen sollen. Das wurde abgelehnt. Sie wissen auch ganz genau, daß die brasilianische Regie­rung mit ihrem Antrag im Parlament durchgefallen ist, rechtzeitig eine sogenannte Finanzsteuer einzuführen, die das Budgetdefizit um 25 Prozent reduziert hätte.

Was hat es da überhaupt für einen Sinn, wenn der IWF mit der Regierung verhandelt, die Regierung im Parlament aber mit ihren Stabilisierungsmaßnahmen nicht durchkommt? Da ist schade um jedes Geld! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darum geht es: Da wird eine 50-Millionen-Dollar-Garantie abgegeben, und wahrscheinlich sind diese weg. Es wäre das gleiche, wie wenn ich heute einem maroden Unternehmen, das eine Investition von 100 Millionen Schilling tätigen will, 10 Millionen Schilling für die Planung gebe. Vielleicht geht es gut, vielleicht geht es nicht gut, wenn es aber schiefgeht, sind die 10 Millionen Schilling weg. Das ist doch keine konstruktive Wirtschaftspolitik!

Auch die Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion und der Herr Finanzminister haben im Finanzausschuß effektiv gesagt, daß die Bedingungen hinsichtlich dieser internationalen Hilfs­maßnahmen rasch geändert werden müssen, und zwar insofern, als die privaten Anleger das Risiko, das sie dort eingehen, auch selbst tragen. Was ist denn das für ein Risikomanagement, wenn ich heute in der Lage bin, in einem Land Geld zu investieren, in dem ich von den öffent­lichen Stellen zwei Kriterien garantiert bekomme, nämlich einen stabilen Wechselkurs und hohe Zinsen? Die privaten Anleger sind nach Brasilien gegangen, weil sie eben die Garantie eines stabilen Wechselkurses und Aussicht auf Zinsen in der Größenordnung von bis zu 50 Prozent gehabt haben und in der Hinterhand die Gewißheit, daß die öffentliche Hand beziehungsweise der Internationale Währungsfonds, die Weltbank und die Lateinamerikanische Bank sowieso zur Verfügung stehen, um das Ganze zu sanieren, wenn irgend etwas passiert. Wer sind dann die Leidtragenden dort? Die Leidtragenden dort sind nicht die Finanzinstitute, die Leidtragenden sind nicht die öffentlich Bediensteten, die Minister und der Präsident, sondern leidtragend ist die Bevölkerung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im Ministerrat am 19. November ist – und das bekritteln so – etwas beschlossen worden, wofür überhaupt kein Programm vorgelegen ist. Das wurde abgesegnet. Danach wurde im Finanzaus­schuß von den Kollegen Nowotny und Stummvoll ein schlampiger Antrag eingebracht. Sie haben nicht einmal gewußt, worum es dort geht. Aber wir beschließen ja ohnehin nur eine Garantie über 600 Millionen! Die österreichischen Steuerzahler schröpfen Sie im Ausmaß von Milliarden – und da werden einfach 600 Millionen verbuttert. Das ist die Kritik der Freiheitlichen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich werde Ihnen nun etwas sagen: Sollte es in Zukunft nicht passieren, daß private Anleger, die dort ein Risikoengagement eingehen, dann bei der Risikobewältigung zur Verantwortung gezo­gen werden, dann sind wir bei diesen Dingen nicht mehr dabei!

Kollege Stummvoll von der Österreichischen Volkspartei kommt heraus und rechnet vor, unser Anteil bei den Exporten in Brasilien beträgt 0,3 Prozent am gesamten Hilfsprogramm, und wir spenden ohnehin nur 0,15 oder 0,18. Das sei ein erträglicher Betrag. Wenn Sie ehrlich wären, dürften Sie heute nicht hier heruntergehen – überhaupt die Kollegen der Österreichischen Volkspartei – und mit wirtschaftlichen Argumenten kommen, sondern Sie müßten hier sagen: Das ist ein Solidaritätsbeitrag, und wahrscheinlich ist das Geld weg. In diesem Fall gibt es keine Argumentation. Die Sozialdemokraten haben aus dieser Geschichte schon gelernt. Der Finanz­minister hat im Finanzausschuß selbst gesagt, daß er mit diesen Maßnahmen in dieser Form nicht glücklich ist.

Was hat es für einen Sinn, wenn man zuerst als Ziel angibt, den Wechselkurs hoch halten zu wollen, wenn dann der Wechselkurs gegenüber dem Dollar innerhalb von drei Tagen dennoch um 15 Prozent herunterfällt und dann ohnedies freigegeben wird? Wer sind denn die Leidtra­genden? Die Leidtragenden sind nicht die Banken, nicht die Privatanleger, denn die haben das Geld alle schon vorher abgezogen, sondern Leidtragende ist die dort ansässige Bevölkerung. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie ist nämlich damit konfrontiert, daß es durch die erhöhten Preise für die Importe zu einer importierten Inflation kommt. Diese importierte Inflation wird nicht abgegolten, und es kommt zu einer Vernichtung von Arbeitsplätzen.

Die wirtschaftliche Lage in Brasilien ist ohnedies sehr schlecht. Daher müssen zuerst Maßnah­men gesetzt werden, damit das Budgetdefizit in Ordnung gebracht wird, damit die Verschul­dungssituation des Staates in Ordnung gebracht wird. Man muß auch einmal hinterfragen, was denn mit den Privatisierungserlösen in der Größenordnung von 75 Milliarden Dollar passiert ist. Wo sind denn die hingeflossen? Offensichtlich nicht ins Budget, offensichtlich sind sie in dunkle Kanäle geflossen.

Diese Dinge müssen zuerst aufgeklärt werden, bevor irgendein Schilling nach Brasilien geht. Und solange diese Dinge nicht aufgeklärt werden, auch bei der EU, so lange wird seitens der FPÖ keine Zustimmung mehr zu irgendwelchen Beitragserhöhungen gegeben werden. Es wird keine Zustimmung mehr zu irgendwelchen Subventionen von dubiosen Geschichten geben. Wir werden dafür sorgen, daß die Steuergelder den Österreichern zur Verfügung gestellt werden und nicht für dubiose Geschichten im Ausland aufgewendet werden! (Beifall bei den Freiheit­lichen. – Ruf: Rosenstingl!)

17.53


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort der Berichterstatterin ist nicht begehrt worden.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1575 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Entwurf ist mehrheitlich angenommen worden.

Wir kommen zur dritten Lesung dieses Entwurfes.

Wer in dritter Lesung dafür ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Der Entwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

3. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1430 der Beilagen): Blutsicherheitsgesetz 1999 – BSG 1999 (1577 der Beilagen)


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Wir kommen jetzt zu Punkt 3 der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich erteile als erster Rednerin Frau Abgeordneter Dr. Pittermann das Wort. Freiwillige Redezeit­beschränkung: 5 Minuten.

17.55


Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! “Blut ist ein ganz besonderer Saft”, heißt es bei Goethe. Blut ist medizinisch gesehen ein Organ, bestehend aus korpuskulären und flüssigen Anteilen. Die Übertragung von Blut kann Leben retten, aber auch Leben gefährden. Wirtschaftlich gese­hen ist Blut ein gutes Geschäft.

Die Entdeckung der Blutgruppen durch Landsteiner zu Beginn dieses Jahrhunderts, die Mög­lichkeit der Konservierung von Blut und Blutprodukten sowie das Wissen um die Wirkungsweise der Blutbestandteile machten eine immer breitere Anwendung möglich. Es würde hier den Rah­men sprengen, einen genauen Überblick über alle Fortschritte und Rückschläge der Trans­fusionsmedizin zu geben, doch ohne diese Leistungen im Transfusionsbereich wären viele Errungenschaften der modernen Medizin nicht möglich.

Bis vor 25 Jahren war die Gefahr einer Hepatitis-B-Übertragung eine eminente. Als diese Infek­tionsgefahr fast gebannt war, erfuhren wir Anfang der achtziger Jahre von einer neuen Infek­tion, einer großen Gefahr der HIV-Infektion, die anfangs sehr unterschätzt wurde. Etwas später konnte dann als infektiöses Agens der Non-A-Non-B-Hepatitis das Hepatitis-C-Virus entdeckt werden. Ab den fünfziger Jahren zeigte die Industrie großes Interesse an der Herstellung von Plasmaprodukten, die ein sehr einträgliches Geschäft zu werden versprachen. Auf die Spender wurde wenig Rücksicht genommen. Dies führte zu spendenbedingten schweren Gesundheits­schäden. Eine Kausalität mit manchen Todesfällen wurde vermutet, sodaß in weiterer Folge ein Plasmapheresegesetz beschlossen werden mußte. Dieses jetzt zu beschließende Blutsicher­heitsgesetz ist daher von eminenter Wichtigkeit für den Schutz von gesunden Spendern und Empfängern der Produkte.

Mein besonderer Dank für diese Regierungsvorlage gilt vor allen den Bundesministerinnen Hostasch und Krammer sowie Herrn Ministerialrat Dr. Kurz und allen MitarbeiterInnen seiner Abteilung, die ständig einen zähen und unermüdlichen Kampf um die Qualität des Transfusions­wesens führen. (Beifall bei der SPÖ.) Diese haben die vorliegende Regierungsvorlage trotz großer Widerstände ermöglicht.

In den letzten Jahren werden Blutbanken und -depots von Ministerialbeamten regelmäßig be­gangen und überprüft. Exakte Aufzeichnungen müssen geführt werden, um jedes verabreichte Blutprodukt rückverfolgen zu können. Das Ministerium veranstaltet in regelmäßigen Abständen Schulungen für Blutdepotleiter und arbeitet konsequent mit den führenden Transfusionsmedi­zinern Österreichs zusammen, um entsprechend dem medizinischen Fortschritt rasch Verbes­serungen durchsetzen zu können.

Seit dem Jahre 1994 gibt es das Sonderfach für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedi­zin, da bei den Behandlungsmöglichkeiten mit den Blutprodukten sowohl der Wissenszuwachs als auch die Kenntnisse über allfällige Risiken derart umfangreich geworden sind, daß dies nicht als Anhang zu einem anderen Hauptfach vermittelt werden kann. Entsprechend der Ausschuß­feststellung ist jedoch darauf zu achten, daß die Nachbesetzungen von Leitern von Blutspende­einrichtungen und Blutdepots nur mehr mit den entsprechend ausgebildeten Fachärzten erfolgen.

Um die Qualität in den Spitälern auf hohem Niveau zu halten, sind auch dort Transfusionsmedi­ziner für alle transfusionsmedizinischen Kompetenzen anzustellen. Bis vor kurzem wurden selbst in großen Spitälern nicht obligat vor jeder Bluttransfusion Kreuzproben durchgeführt. Die ständige konsequente Überprüfung von Blutspendeeinrichtungen und Spitälern ist daher eine Conditio sine qua non. Für alle Blutprodukte muß eine Versorgungssicherheit für die Patienten 365 Tage und Nächte im Jahr gewährleistet sein. Die Mittel, die für die Qualität der Ausbildung von Transfusionsmedizinern sowie für die von diesen betreuten Qualitätsprodukten und deren Kontrolle eingesetzt werden, stellen keine unnötigen Kosten, sondern eine Investition für die beste Patientenversorgung auf hohem Standard dar.

Mit dem Dank an alle an dieser Regierungsvorlage Beteiligten sowie der Hoffnung, daß diese für ein Gesundheitswesen auf höchstem Niveau weiterkämpfen werden, schließe ich meine Ausführungen und versichere Ihnen, daß wir Sozialdemokraten dieser Regierungsvorlage gerne zustimmen, da beste medizinische Betreuung und Schutz der Menschen vor Gesundheitsschä­den zu unseren Hauptanliegen zählen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.00


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Johann Schuster. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

18.00


Abgeordneter Johann Schuster¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Am 13. Jänner dieses Jahres war der Gesundheitsausschuß mit einer Reihe von Tagesordnungspunkten befaßt, von denen einer, wie meine Vorrednerin bereits erwähnt hat, das Blutsicherheitsgesetz betraf. Gerade an diesem Tag ging folgende Mitteilung über den Rundfunk:

Rotes Kreuz appelliert an Blutspender: Besonders Blutspender der Blutgruppen AB negativ und 0 negativ werden dringend benötigt! Die Blutspendezentrale des Roten Kreuzes für Wien, Nie­derösterreich und das Burgenland benötigt dringend Spender aller Blutgruppen, insbesondere solche der Blutgruppen AB negativ und 0 negativ werden gebraucht, um die Versorgung von 80 Spitälern und Krankenanstalten im Osten des Bundesgebietes aufrechterhalten zu können!

Meine Damen und Herren! Dieses Hohe Haus hat bei einer Novelle zum Privatradiogesetz mit beschlossen, daß dieser Aufruf auch im Rundfunk und im Privatradio zu erfolgen hat, wenn es darum geht, Blutspendeaufrufe durchzuführen. Ich glaube, daß das wichtig ist.

Meine Damen und Herren! Wir erinnern uns aber auch noch an die letzten beiden Skandale, bei denen verseuchte Blutkonserven im Spiel waren. Im letzten Juni wurde bekannt, daß einem Pensionisten im Allgemeinen Krankenhaus eine HIV-verseuchte Blutkonserve verabreicht wurde. Wir erinnern uns auch noch daran, daß ein Jahr davor 200 freiwillige Plasmaspender mit Hepatitis C infiziert wurden. Obwohl Österreich – und das können wir mit Stolz sagen – bei Blut­transfusionen eines der sichersten Länder der Welt ist, kann aber ein gewisses Restrisiko nicht ausgeschlossen werden. Die Statistik besagt, daß in etwa 1,3 Millionen Fällen eine Blutspende durch die insgesamt 16 genormten Tests rutschen kann. Das vorliegende Blutsicherheitsgesetz soll nun dazu beitragen, meine Damen und Herren, dieses minimale Restrisiko noch weiter zu senken, denn Qualität ist das allerwichtigste Gebot. (Beifall bei der ÖVP.)

Dieser Gesetzentwurf enthält Bestimmungen über die gesundheitliche Eignung und den Ge­sundheitsschutz der Spender, es enthält Bestimmungen über Anforderungen an eine Blut­spendeeinrichtung zur Erteilung einer Betriebsbewilligung hinsichtlich ihrer personellen, bau­lichen und technischen Ausstattung und drittens Bestimmungen über die Qualitätssicherung hinsichtlich von in Blutspendeeinrichtungen gewonnenem Blut.

Ich begrüße diese einheitliche, umfassende Neuregelung, die das Blutspendewesen neu ordnet und, wie ich meine, auch optimiert. Allein in Oberösterreich, meine Damen und Herren, werden vom Blutspendedienst des Roten Kreuzes jährlich über eine Million Blutuntersuchungen durch­geführt. Es waren insgesamt 524 Blutspendeaktionen notwendig, um die Krankenhäuser und die Intensivstationen ausreichend mit Blutkonserven zu versorgen.

Zusätzlich möchte ich anführen, daß seit dem 1. Oktober 1998 in der Blutzentrale in Linz jede Blutkonserve auch nach dem neuen, sogenannten PCR-Test geprüft wird. Damit kann erstmals auch das AIDS-Virus nachgewiesen werden.

An dieser Stelle gilt mein Dank allen Mitarbeitern der Blutspendedienste für die gute Arbeit. (Beifall bei der ÖVP.)

Hohes Haus! Frau Bundesministerin! Ich empfinde es trotzdem als absolutes Manko, daß es nicht gelungen ist, eine zentrale Spenderevidenz in diesem neuen Gesetz vorzusehen. Ich weiß, daß es immer wieder Ausreden in Richtung Datenschutz gibt. Ich meine aber, daß er in diesem Fall fehl am Platz ist beziehungsweise nicht richtig angesetzt ist. Ich glaube, Frau Bun­desministerin, daß wir alles tun müssen, um einer zentralen Spenderevidenz zum Durchbruch zu verhelfen.

Abschließend, meine Damen und Herren, ein Aufruf an Sie, ein Aufruf an alle, die Blut spenden wollen und können: Man soll es nicht nur tun, um zu erfahren, ob man selbst gesund ist, ob das eigene Blut gesund ist, sondern auch, um anderen zu helfen und sogar Leben zu retten. So verstehe ich eine funktionierende Bürgergesellschaft.

Hohes Haus! Einen solchen Vorfall, wie es ihn in einem Krankenhaus eines Nachbarlandes von uns gab, wo es hieß, eine medizinische Versorgung, eine Operation könne nicht durchgeführt werden, weil der Patient zu alt sei, darf es bei uns in Österreich nicht geben. Ältere Menschen dürfen nicht benachteiligt werden. Jedem Bürger muß ohne Rücksicht auf sein Alter die best­mögliche medizinische Behandlung gewährt werden. In diesem Sinne, Hohes Haus, werden wir dieser Regierungsvorlage gerne unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)

18.06


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Haupt. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

18.06


Abgeordneter Mag. Herbert Haupt¦ (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin ja, wie viele hier im Hohen Hause wissen werden, selbst ein Betroffener: Einerseits wäre ich schon seit mehr als 18 Jahren nicht mehr am Leben, wenn es nicht Blutprodukte, Blutspender, Blutspendeeinrichtungen und die entsprechenden Möglichkeiten gäbe, daß Leute in diesem Lande, die bereit sind, Blut zu spenden, dies auch tun können.

Andererseits bin ich auch schon seit der gleichen Zeit dahin gehend Betroffener, als ich mit verseuchten Blutprodukten infiziert wurde, ohne daß man es hätte verhindern können, weil da­mals der Wissensstand noch unzulänglich und nicht umfassend genug war, und zwar wurde ich im Rahmen der Verabreichung von Bluttransfusionen mit Hepatitis-A-, Hepatitis-B- und Hepa­titis-C-Viren infiziert, und außerdem habe ich das Zytomegalievirus geerbt. Im Jahre 1981 war Gott sei Dank das Risiko einer HIV-Infektion noch nicht so groß – im Süden Österreichs war dieses Virus überhaupt noch nicht verbreitet –, sodaß mir die volle Palette bei 148 Blut­transfu­sionen erspart geblieben ist. Man muß sich das einmal vorstellen: Das macht eine voll­ständige Bundesheerkompanie aus, die da zur Verfügung gestanden ist, um mir das Leben zu retten.

Ich meine, daß dieses Blutsicherheitsgesetz aus zwei Gründen wichtig ist: erstens, um jenen, die bereit sind, Blut zu spenden, die Gewißheit geben zu können, daß sie nach dem besten und letzten wissenschaftlichen Stand ihre Hilfsleistung an der Öffentlichkeit erbringen, und zweitens, um jenen, die krank sind und in Krankenhäusern behandelt werden, aber auch deren Ange­hörigen garantieren zu können, daß Blut und Blutprodukte nach den höchsten Standards verab­reicht werden und daß auch die Indikation, Blut und Blutprodukte zu verabreichen, entspre­chend verantwortlich und nicht leichtfertig gestellt wird, wie es in manchen Zeiten der Human­medizin vorgekommen ist, als man die Gefahren noch als geringer erachtet hat, und daß auch alternative Therapien erwogen und massiv eingesetzt werden.

Ich meine, sehr geehrte Frau Bundesminister, daß es aus der Sicht der Betroffenen dringend notwendig ist, auch jenen zu danken, die für dieses Gesetz gekämpft haben, nämlich den Be­troffenen selbst, ob es die HIV-Betroffenen waren, ob es die HCV-Betroffenen waren, ob es die große Gruppe der Bluterkranken in Österreich war, die durch die Skandale, die von zugegebe­nermaßen einigen schwarzen Schafen, aber auch von Verbrechern, die sich auf diesem Markt breitgemacht haben, verursacht wurden, massiv zu Schaden gekommen sind. Diesen ist in ent­sprechender Form zu helfen beziehungsweise diese sind zu entschädigen.

Das Justizministerium, sehr geehrte Frau Bundesminister, hat es ja in seiner Stellungnahme an­geführt, daß man die leidige Frage der Entschädigung sowohl der Spender als auch der Emp­fänger endlich einer Regelung zuführen sollte. Ich glaube, daß es höchst an der Zeit wäre, diesem Wunsch des Justizministeriums und der betroffenen Gruppen in entsprechender Form nachzukommen.

Ich möchte Frau Kollegin Pittermann nur in einem Punkt korrigieren: Das schnelle Umsetzen scheitert eben, wie vieles in dieser Republik, leider oftmals am Geld. Sie wissen selbst, daß die Forderungen nach einem PCR-Test schon seit Jahren im Raum stehen.

Die Kosten dafür haben sich in der Zwischenzeit so deutlich minimiert, daß dem auch die volks­wirtschaftlichen Überlegungen nicht mehr entgegenstehen. Beim Neopterin-Test gab es die gleiche Situation: Innsbruck und Klagenfurt haben ihn schon lange angewendet, während sich Restösterreich dagegen gewandt hat, weil durch die Testung, die in Mengen von etwa 10 bis 20 Prozent erfolgt, je nach Bevölkerungszahl, die von Grippewellen und anderen Krankheiten erfaßt wird, mehr Blutproben verworfen werden.

Ich glaube aber, daß die Diskussion über die Dokumentation auch aus Sicht eines Betroffenen zu führen ist. Diese Dokumentation ist auch dem Betroffenen zur Verfügung zu stellen, ihm ist die Einsichtnahme in dieselbe möglich zu machen. Ich habe es selbst erlebt, daß man unter dem Hinweis, daß diese Dokumentation nur Ärzten zur Verfügung stehe, versucht hat, die Ein­sichtnahme zu verweigern, und erst meine Kenntnis der Rechtsvorschriften hat mich in die Lage versetzt, dort Einsicht zu nehmen, wo es mir zusteht.

Ich darf nun folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Haupt, Dr. Povysil, Dr. Pumberger

Der Nationalrat wolle beschließen:

§ 11 Abs. 4 lautet:

“(4) Die Dokumentation ist durch mindestens zehn Jahre zur jederzeitigen Einsichtnahme durch die nach diesem Bundesgesetz zuständigen Kontrollorgane und die Spender bereitzuhalten. Nach Ablauf dieses Zeitraumes oder nach Einstellung der Tätigkeit der Blutspendeeinrichtung ist die vollständige Dokumentation der jeweiligen Landessanitätsbehörde zu übergeben.”

*****

Ich halte diese Forderung für gerechtfertigt, um die Entschädigungsansprüche auch post festum, wenn die Anlagen schon geschlossen sind, noch durchsetzen zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.12


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Der von Herrn Abgeordneten Mag. Haupt verlesene Abände­rungsantrag ist geschäftsordnungsgemäß überreicht worden, ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Motter. – Bitte.

18.12


Abgeordnete Klara Motter¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Wir Liberalen begrüßen ebenfalls das neue Blutsicherheitsgesetz, das ja eigentlich kein neues ist, sondern das bestehende Plasmapheresegesetz ablöst und we­sentlich neue, der heutigen Medizin angepaßte Erfordernisse enthält. So ist das Ziel, daß bei Bluttransfusionen die Gefahr einer Übertragung von Infektionserregern, insbesondere von HI- oder Hepatitisviren, auf ein Minimum zu reduzieren ist, ein wesentlicher Fortschritt.

Ebenso bietet das neue Blutsicherheitsgesetz die Gewißheit, daß für SpenderInnen und Emp­fängerInnen alle nur möglichen Vorkehrungen zum Schutze ihrer Gesundheit getroffen werden.

Es freut mich auch, daß es im Ausschuß aufgrund eines Abänderungsantrages unsererseits zu einer gemeinsamen Ausschußfeststellung kam, nämlich, daß bei Neubesetzungen von Lei­tungsfunktionen der Blutspendeeinrichtungen vordringlich entsprechend ausgebildete Fach­ärzte, wie zum Beispiel der Facharzt für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin, der Facharzt für Labormedizin und so weiter, herangezogen werden sollen.

Leider fand unser Abänderungsantrag zum § 18 im Ausschuß keine Mehrheit, der zum Inhalt hat, daß auch bei der Überprüfung ebenfalls Fachärzte herangezogen werden. Ich bin nach wie vor der Meinung, daß eine qualifizierte Überprüfung nur durch Beiziehen eines Facharztes für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin ausreichend gesichert wird. (Beifall beim Libera­len Forum.)

Ich möchte auch darauf verweisen, daß bei einer Veranstaltung österreichischer Amtsärzte, und zwar in Feldkirch, festgehalten wurde, daß die Delegierung dieser Aufgabe an die Bezirksver­waltungsbehörde jedenfalls von einem Facharzt oder einer Fachärztin übernommen werden sollte, denn Amtsärzte verfügen derzeit eben nicht über das fachspezifische Wissen, um Über­prüfungen einer Blutspendeeinrichtung vornehmen zu können.

Aus diesem Grunde werde ich unseren Abänderungsantrag noch einmal einbringen und hoffe hier im Plenum auf Ihre Unterstützung.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Klara Motter, Partnerinnen und Partner

Der Nationalrat wolle beschließen:

§ 18 Abs. 1 lautet:

“(1) Die Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes obliegt den örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden unter Beiziehung eines Facharztes für Blut­gruppenserologie und Transfusionsmedizin.”

*****

Meine Damen und Herren! Trotz unserer Zustimmung erlaube ich mir doch noch einige Kritik­punkte anzubringen, die den vorliegenden Gesetzentwurf betreffen.

Wir haben Bedenken datenschutzrechtlicher Art, denn es fehlt eine Angabe darüber, zu welchem Zweck Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Blutspendeeinrichtungen personenbezo­gene Daten des Spenders bekommen. Warum sie diese bekommen, ist uns einfach nicht klar, und das geht aus dem Gesetzestext auch nicht hervor.

Weiters stellt sich die Frage nach dem Umfang der Daten, die über nicht für eine Blutspende ge­eignete Personen verarbeitet werden sollen, insbesondere die Frage, warum und inwieweit Er­gebnisse der Eignungsuntersuchung zu speichern sind. Auch das ist ein Faktum, das wir nicht nachvollziehen können. Wir hoffen allerdings, daß der Umfang dieser Daten angesichts deren Sensibilität jedenfalls auf das medizinisch unbedingt notwendige Minimum beschränkt wird.

Weiters wäre auch zu hinterfragen, warum eine Zehnjahresfrist festgelegt ist, die es bis zur Lösung des jeweiligen Falles geben soll, und um welche andere Rechtsvorschriften es sich han­deln könnte, die eine längere Aufbewahrungsfrist erforderlich machen.

Herr Kollege Haupt! Ihren Antrag, der vorsieht, daß nach Ablauf dieses Zeitraumes oder nach Einstellung der Tätigkeit der Blutspendeeinrichtung die vollständige Dokumentation der jeweili­gen Landessanitätsbehörde zu übergeben ist, halten wir auch aus Datenschutzgründen nicht für sinnvoll. Die Frage sei da doch erlaubt, ob solche Daten nicht zu löschen wären. Wir können daher diesem Ihrem Antrag nicht zustimmen.

Meine Damen und Herren! Ich halte es auch für bedenklich, daß die Dokumentation zur jeder­zeitigen Einsichtnahme für die nach diesem Bundesgesetz zuständigen Kontrollorganen aufzu­le­gen ist. Ich bin der Meinung, daß es sinnvoll wäre, daß die Einsicht in Unterlagen, die Gesund­heitsdaten enthalten, grundsätzlich nur Ärzten und Ärztinnen vorbehalten werden sollte.

Meine Damen und Herren! Abschließend bitte ich bei dieser Gesetzesvorlage um eine ge­trennte Abstimmung. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.17


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Der Abänderungsantrag, den Frau Abgeordnete Motter im Verlaufe ihres Debattenbeitrages verlesen hat, ist geschäftsordnungsgemäß überreicht worden, ist genügend unterstützt und wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Ich erteile jetzt Frau Abgeordneter Haidlmayr das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Mi­nuten. – Bitte.

18.17


Abgeordnete Theresia Haidlmayr¦ (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Blutsicherheitsgesetz bedeutet in der Form, in der es uns jetzt vorliegt, unbestritten einen Fortschritt sowohl für jene, die Blut spenden, als auch für jene, die Blut brauchen.

Frau Ministerin! Ich glaube, daß es ganz wichtig ist, daß Situationen, wie es sie durch den AIDS-Skandal auch in Österreich gegeben hat, nicht mehr vorkommen. Ich meine, daß sich alle hier Anwesenden noch daran erinnern können, daß damals Tausende Bluter mit HIV infiziert und daß die dafür Verantwortlichen nie zur Rechenschaft gezogen worden sind. Auch ein Aus­schuß, der die Situation rund um verseuchtes Blut in Österreich hätte klären sollen, ist nie zu­stande gekommen.

Wir haben jetzt erreicht – und zwar auf massiven Druck der Grünen –, daß es seit 1995 einen Unterstützungsfonds für HIV-infizierte Personen gibt. Das ist zumindest ein kleiner Schritt, aber es ist noch lange nicht ausgeschlossen, daß es Skandale wie den damaligen, bei welchem mit HIV verseuchtes Blut verabreicht wurde, auch in Zukunft geben wird.

Frau Ministerin! Wir haben bereits im Ausschuß darüber gesprochen, daß nach wissenschaft­lichen Erkenntnissen oder Vermutungen die Gefahr besteht, daß BSE auch über Blut übertra­gen wird. In Amerika hat man bereits darauf reagiert, und Personen, die in England waren oder dort ihren Urlaub verbracht haben, dürfen in den USA nicht Blut spenden, und zwar aus dem Grund, um einer möglichen Übertragung der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit entgegenzuwirken.

In Österreich ist die Situation so, daß es schon vereinzelt möglich ist, die weißen von den roten Blutkörperchen zu trennen, und daß durch das Wegfiltern der weißen Blutkörperchen eine An­steckungsgefahr mit Viren sehr gering ist. Aber dieses System funktioniert nur in Wien zu 80, 90 Prozent. In den anderen Städten funktioniert das noch immer nicht. Daher ist die Gefahr nach wie vor aktuell, daß durch Blutspenden sowohl Spender als auch Empfänger ein Virus be­kommen können.

Um dieser Situation vorzubeugen beziehungsweise um im Schadensfalle den Betroffenen auch wirklich helfen zu können, schlägt das Justizministerium in seiner Stellungnahme vor, daß die gesetzlichen Grundlagen für die Einrichtung eines Entschädigungsfonds zu schaffen sind, in den der Bund, die Länder und auch die mit der Gewinnung und Verarbeitung von Blut und Blut­produkten befaßten Unternehmen Beiträge einzahlen.

Frau Ministerin! Diesen Forderungen des Justizministeriums ist nichts mehr hinzuzufügen, und der Herr Justizminister hat die volle Unterstützung von uns Grünen, denn auch uns ist es wichtig, daß es einen Fonds gibt, über den die Entschädigungszahlungen dann problemlos er­folgen können. Ich glaube, die Entschädigungszahlungen für durch Blutspenden an Hepatitis C Erkrankte, die jetzt geleistet werden, sind nur ein kleiner Bestandteil, wenn man daran denkt, wie viele Viren im Blut trotz intensiver Kontrollen nach wie vor übertragen werden können.

Frau Ministerin! Ein Punkt, der mir im Rahmen dieses Gesetzes schon sehr wichtig ist, ist der Datenschutz. Ich sehe ja ein und kann mich damit anfreunden, daß die Daten der Blutspender und Blutspenderinnen gesammelt werden, denn bei einem Blutspendeaufruf oder in einer Not­situation ist es sicher sinnvoll und wichtig, daß man ganz genau weiß, wo es potentielle Spen­der zum Beispiel der Blutgruppe 0 negativ gibt. Dafür ist Datenschutz ganz, ganz wichtig.

Aber, Frau Ministerin, mir ist es unerklärlich, warum auch Daten von Personen erfaßt und wei­terverarbeitet werden, die letztendlich vom Blutspenden ausgeschlossen sind. Ich denke, daß man Daten von Personen, die für immer vom Blutspenden ausgeschlossen sind, niemals auf­nehmen darf, um nicht die Gefahr zu erzeugen, daß sich irgend jemand diese Daten einmal ansieht, um zu erfahren, warum denn zum Beispiel die Haidlmayr oder irgend jemand anderer aufgrund welcher Krankheiten oder Risikofaktoren nicht Blut spenden darf. Das kann dem einzelnen auf den Kopf fallen, besonders etwa wenn es darum geht, vielleicht einen Job zu bekommen. Sie wissen, Daten sind durchlässig, und jeder Unternehmer kommt an die Daten, die er haben möchte.

Sammlung von Daten betreffend Eignung zum Blutspenden ja, aber nur von Personen, die wirklich als Blutspender in der Kartei angeführt sind, aber niemals von Personen, die gar nicht Blut spenden dürfen. Es gibt laut Ministerium verschiedenste Meinungen, warum diese Daten gespeichert werden müssen, und zwar auch von jenen Personen, die nicht Blut spenden dürfen. So heißt es, daß ja die Gefahr bestehen könnte, daß jemand, der heute vom Blutspen­den ausgeschlossen ist, drei Tage später wiederkommt und neuerlich Blut spenden möchte.

Frau Ministerin! Dieses Argument ist nicht haltbar. Denn was tun Sie, wenn eine Person heute in Wien in eine Ambulanz geht und dort festgestellt wird, daß sie nicht Blut spenden darf, sie in die Kartei aufgenommen wird, dieselbe Person aber dann übermorgen in Oberösterreich oder in Niederösterreich zu einer Blutspendezentrale geht und dort ebenfalls spenden möchte? – Diese Daten sind überhaupt nicht vernetzt, und in Niederösterreich könnte man ja gar nicht nach­schauen, ob das ein potentieller, berechtigter Blutspender ist oder nicht. Also es ist nicht not­wendig, daß aus diesem Grund die Daten gespeichert werden.

Frau Ministerin! Ein Punkt, der mir auch noch ganz wichtig ist, ist der Bereich der Plasma­spenden. Bei uns in Österreich werden Plasmaspender noch immer entlohnt. Sie haben das da­mit begründet, daß es für einen Plasmaspender einen gewissen Aufwand bedeutet, wenn er Plasma spendet. Das stimmt. Aber für den Blutspender bedeutet es denselben Aufwand, viel­leicht nicht dieselbe Zeit, die er dort sein muß, aber auf jeden Fall denselben tatsächlichen Auf­wand, wenn er Blut spendet. Also gibt es die Möglichkeit, daß beide Geld bekommen. Aber gemäß EU-Richtlinie darf kein Geld dafür bezahlt werden. Das sollte man auch in Österreich bedenken und daher Plasmaspender nicht mehr mit Geld dafür entschädigen, daß sie Plasma spenden.

Ich habe zwei selbständige Entschließungsanträge eingebracht. Der eine betrifft vor allem die Empfänger von Blut. Konkret geht es, wie ich schon erwähnt habe, um einen Entschädigungs­fonds für im Zusammenhang mit Blut und Blutprodukten geschädigte Personen. Der andere An­trag, den ich eingebracht habe, betrifft die Spender, denn auch die Spender sind beim Blut­spenden gefährdet und können unter Umständen ein Virus bekommen, das sie ein Leben lang begleitet und unter Umständen auch sehr schwer belastet. Deshalb soll es auch zu einem Abschluß einer Versicherung kommen, denn nur wenn Blutspender und Blutempfänger entspre­chend geschützt sind, sehe ich keine Gefahr, daß in Zukunft nicht genug Blut in Österreich vorhanden ist, und dann sehe ich auch keine Gefahr oder nur eine geringe Gefahr, daß das Blut, das gespendet wird, nicht die entsprechende Qualität aufweist, sodaß ein Empfänger wirk­lich keine Angst mehr zu haben braucht, wenn er in die Situation gerät, Fremdblut zu benötigen.

Frau Ministerin! Meine beiden Anträge werden sich sicherlich im Ausschuß wiederfinden, denn ich glaube, wir sollten uns wirklich etwas überlegen, um den Schutz zu gewährleisten. An­sonsten ja zu diesem Blutsicherheitsgesetz, weil es ein Stück Fortschritt ist im Interesse aller, und ich meine, das sollen wir uns von einem Gesetz nur wünschen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

18.28


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. 5 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.28


Abgeordneter Mag. Johann Maier¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Blutsicherheitsgesetz 1999 soll nun das Plasmapheresegesetz 1975 sowie die entsprechende Verordnung ablösen. Warum wir Sozial­demokraten so für dieses Gesetz eintreten, wurde bereits von meiner Fraktionskollegin Pitter­mann hinreichend klargestellt. Ich möchte die Redezeit dazu nutzen, um auf die Argumente der Opposition einzugehen.

Kritisiert wurde beispielsweise die Vollziehung durch die Bezirksverwaltungsbehörde, und bei der Tätigkeit der Amtsärzte wurde von fehlender Qualifikation gesprochen. Meine sehr verehr­ten Damen und Herren! Die Vollziehung des Plasmapheresegesetzes ist jetzt bereits Aufgabe der Bezirksverwaltungsbehörde, und nun sind, wie wir wissen – das haben wir im Ausschuß erfahren –, seitens des Ministeriums zusätzliche Fortbildungsveranstaltungen für Amtsärzte geplant.

Aber folgendes darf man auch nicht übersehen: Es gibt bereits eine eindeutige Regelung im Allgemeinen Verfahrensgesetz. Danach ist laut § 52 die Behörde verpflichtet, nichtbehördliche Sachverständige dem Verfahren beizuziehen, wenn der Amtssachverständige nicht in der Lage ist, Sachverhalte entsprechend zu beurteilen.

Einen weiteren Kritikpunkt hat Kollegin Haidlmayr angesprochen. Sie hat gemeint, für Plasma­spenden werde etwas bezahlt und das sei nicht EU-Richtlinien-konform. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dazu eine Klarstellung: Zulässig ist auch nach dieser EU-Richtlinie eine an­gemessene Abgeltung der Unkosten. Eine Gewinnerzielung ist allerdings nicht zulässig. Und in diesem Gesetz ist nichts anderes geregelt als eine Abgeltung der Unkosten.

Nächster Kritikpunkt: Die Datenschutzbestimmungen wurden kritisiert, insbesondere hinsichtlich der Dokumentation von Spendern wie Nichtspendern. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich halte es für eine Weltfremdheit gegenüber den bisherigen Geschädigten, diese Dokumentationsvorschriften und die vorgegebene Datenerfassung zu kritisieren und in Frage zu stellen. Gerade diese Dokumentation ist absolut notwendig, um eine nach dem Stand der medi­zinischen Wissenschaft lückenlose Nachvollziehbarkeit der Transfusionskette sicherzustellen, um einerseits weitere gesundheitliche Schäden zu verhindern und andererseits Ansprüche rechtlich auch durchsetzen zu können. Die Ansprüche wären hier nach dem Produkthaftungsge­setz zu stellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Grundsätzlich ist zu diesem Gesetzentwurf bezie­hungsweise zu den bestehenden gesetzlichen Regelungen festzuhalten, daß sich diese einst immer auf höchstem medizinischen Erkenntnisstand befanden. Österreich wird nun das erste Land Europas sein, das die entsprechenden EU-Richtlinien und die entsprechenden Empfeh­lungen umsetzt, insbesondere die Empfehlung des Rates über die Eignung von Blut- und Plasmaspendern und das Screening von Blutspenden in der Europäischen Gemeinschaft.

Dieser Entwurf und die folgenden Verordnungen, die noch kommen werden, gehen allerdings über die Empfehlung des Rates hinaus und stellen letztendlich eine Mischung zwischen der genannten Empfehlung des Ministerrates und den vom Europarat vorgegebenen Sicherheits­kriterien dar, wobei in der nun folgenden Verordnung die Mindestzeit zwischen Plasmaspenden und die Menge an gespendetem Blut für Männer und für Frauen festgelegt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Weitere Studien sind allerdings noch notwendig. Sie wurden vom Ministerium zugesagt. Sie sind notwendig, um die möglichen Risken entsprechend abschätzen zu können.

Erlauben Sie mir, abschließend auf ein besonderes Problem einzugehen, das mit diesem Ge­setz nichts zu tun hat, nämlich auf die kriminellen Machenschaften nach dem Arzneimittelein­fuhrgesetz. Ich erinnere an diese internationale Geschäftemacherei und an Verbrechen mit Blut und Blutprodukten. Ich erinnere an das Verfahren in Linz, nach dem insgesamt sieben Öster­reicher wegen schweren Betruges, vorsätzlicher Gemeingefährdung und vorsätzlicher Gefähr­dung von Menschen durch übertragbare Krankheiten angeklagt sind. Es wurden über die Zoll­freizone Blutprodukte nach Amerika exportiert, wieder in die Zollfreizone eingeführt und umeti­kettiert. Das waren Produkte mit HIV-Antikörpern, Genomsequenzen des AIDS-Virus selbst, Hepatitis B und Schistosoma mansoni.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es muß ein internationales Anliegen sein, diese Geschäftemacherei mit allen Mitteln zu bekämpfen. Hier sind die Europäische Union, aber auch alle Drittstaaten gefordert.

Abschließend erlauben Sie mir festzuhalten: Wir halten dieses Gesetz für absolut notwendig. Es ist europaweit auf dem höchsten Stand. Es gibt Sicherheit in bezug auf die Blutspenden, und zwar für diejenigen, die spenden wollen, und für diejenigen, die Blutprodukte benötigen. Ich darf Sie ersuchen, diesem Gesetz Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

18.34


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. Freiwil­lige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.34


Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Meine Damen und Herren! Pro Jahr werden allein in Ostösterreich 250 000 Blut­spenden – das sind über 100 000 Liter Blut – benötigt. Besonders in den letzten Jahren wurden wir, wie schon viele der Abgeordnetenkollegen heute hier angeführt haben, immer wieder mit ungeahnten Problemen bei Blutspenden wie AIDS-Infektionen und Hepatitis-Übertragungen konfrontiert. Oberstes Gesetz, ja einziges Gebot eines Blutsicherheitsgesetzes muß daher höchstmögliche Qualität bei gleichzeitiger Sicherung der Versorgung sein. Mit diesem Gesetz sind wir dieser Anforderung sicherlich einen Schritt nähergekommen, und wir werden daher, wie schon im Ausschuß, diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Qualitätsmanagement ist unserer Meinung nach wichtig, geht aber über die Qualitätskontrolle von Tests und Produkten hinaus. Qualitätsmanagement umfaßt für uns eine dokumentierte Kontrolle der Strukturen der einzelnen Prozesse und der Personalquali­tät, die sich durch die Neuentwicklung ständig in Bewegung befinden. Wir haben daher im Ge­sundheitsausschuß wie auch andere Oppositionsfraktionen bereits gefordert, daß der Vorstand und der ärztliche Leiter einer Blutspendeeinrichtung ein für diese Aufgaben qualifizierter Fach­arzt sein muß. Und wir sind im Gesundheitsausschuß auch zu einer Fünfparteieneinigung be­züglich dieses Themas gekommen.

Aber wenn wir nun einen qualifizierten Facharzt als Vorstand dieser Einrichtungen haben, so kann der Arzt, der diesen Facharzt kontrolliert beziehungsweise diese Einheit kontrolliert, ja nicht minder qualifiziert sein als der zu kontrollierende Arzt, eben ein Amtsarzt. Es ist auch un­sinnig, Amtsärzte nachzuschulen, wenn es doch ohnehin ausgebildete Spezialisten auf diesem Gebiet gibt. Ich bringe daher – ähnlich wie meine Kollegin vom Liberalen Forum – einen Abän­derungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Povysil, Mag. Haupt, Dr. Pumberger und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage 1430 der Beilagen, in der Fassung des Ausschuß­berichtes, 1577 der Beilagen, wird wie folgt geändert:

§ 18 Abs. 1 lautet:

“§ 18 (1) Die Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes obliegt den örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden unter Beiziehung eines Amtsarztes. Die­ser hat im Bedarfsfall einen einschlägigen Facharzt beizuziehen, der nachweislich in keiner wirt­schaftlichen Beziehung zur zu prüfenden Einrichtung stehen darf. Bei mobilen Blutspendeein­richtungen richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem jeweiligen Ort der Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen.”

*****

Meine Damen und Herren! Ein weiteres Qualitätskriterium, das in diesem Gesetz nicht beachtet wurde, ist der internationale Handel mit Blut und Blutprodukten. Sie erinnern sich sicherlich an den vor kurzem stattgehabten Vorfall in Oberösterreich, wo verseuchte beziehungsweise un­reine Blutprodukte in den Handel gelangt sind. Ich bringe daher, um die Qualität wirklich garan­tieren zu können, folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Povysil, Mag. Haupt, Dr. Pumberger betreffend ausländische Blutkonser­ven und Blutprodukte – Patientensicherheit

Der Nationalrat wolle beschließen:

“Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht,

auf der Basis der Entschließung des Rates über eine Strategie für die Sicherheit von Blut und die Selbstversorgung mit Blut in der Europäischen Gemeinschaft die Durchsetzung höherer Qualitätsstandards in den EU-Mitgliedsländern, assoziierten Ländern und Beitrittswerbern zu beschleunigen,

bei den anstehenden WTO-Verhandlungen die Probleme des internationalen Handels mit Blut und Blutprodukten zu thematisieren und höhere Qualitätsstandards zur Bedingung zu machen.”

*****

Meine Damen und Herren! Blut ist der wichtigste “Treibstoff” für den Menschen. Ich komme da­her im Zusammenhang mit Blut und Blutprodukten zu einem Thema, das mir sehr am Herzen liegt und das ich Ihnen heute noch näherbringen möchte. Täglich infizieren sich weltweit 7 000 Heranwachsende mit AIDS. Die Zahl der durch heterosexuellen Kontakt übertragenen Infek­tionen steigt. Ist nun eine junge Frau HIV-positiv und bekommt ein Kind, so erkrankt dieses in 30 Prozent der Fälle und ist ebenfalls infiziert. Es erkrankt entweder nach der Geburt oder mit einer Latenzzeit nach einigen Jahren und stirbt dann mit Sicherheit. Weiß die Mutter aber, daß sie HIV-positiv ist und wird behandelt, und wird das Kind mittels Kaiserschnitt entbunden sowie nach der Geburt entsprechend behandelt, dann sinkt die Infektionsrate auf 3 Prozent.

Wenn wir also über Blut und Blutprodukte und auf dem Blutwege übertragene Krankheiten reden, so sollen auch die Bürger und vor allem junge Frauen, die gerade von dieser Problema­tik heutzutage betroffen sind, aufgeklärt und informiert werden. Es ist mir ganz wichtig, daß junge Frauen in der heutigen Gesellschaft, wenn sie schwanger sind, auch verpflichtend dar­über aufgeklärt werden, was es für sie und für ihr Kind heißt, wenn sie HIV-positiv sind und das nicht im vorhinein wissen, um ihr Kind schützen zu können. Ich rege daher an, eine verpflich­tende Aufklärung im Mutter-Kind-Paß zu verankern.

Die Medizin in unserer Gesellschaft ist, wie wir alle wissen, einem sehr schnellen Wandel unter­worfen. Unsere Aufgabe, meine Damen und Herren, ist es, schnell und effektiv auf diesen Wan­del zu reagieren. (Beifall des Abg. Dr. Pumberger.)

18.41


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Beide Anträge, die Frau Abgeordnete Dr. Povysil vorgetragen hat, sowohl der Entschließungsantrag als auch der Abänderungsantrag, sind geschäftsord­nungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und somit Gegenstand der Verhandlung. (Abg. Wurmitzer: Wo ist die FPÖ? Hat sich die schon abgesetzt? Besteht die nur noch aus einer Person? – Abg. Tichy-Schreder: Die haben Klubsitzung! – Abg. Kiss: Sie brauchen eine Bluttransfusion!)

Ich erteile jetzt Frau Abgeordneter Anna Huber das Wort. 5 Minuten freiwillige Redezeitbe­schränkung. – Bitte.

18.41


Abgeordnete Anna Huber¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Mit dem Blutsicherheitsgesetz, das wir heute beschließen, wird tatsächlich ein Meilenstein im Ge­sundheitswesen gesetzt, denn dieses Gesetz garantiert den größtmöglichen Schutz nach dem letzten Stand der Forschung, und zwar Schutz für Spender und für Empfänger. Österreich baut mit dieser umfassenden Neuregelung seine gesundheitspolitische Vorreiterrolle in der Euro­päischen Union weiter aus, und ich denke, darauf können wir stolz sein.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nun doch einige Punkte des Gesetzes besonders hervorheben. Zunächst erscheint mir die Bestimmung, wonach festgelegt ist, daß einem Spen­der aus einer freiwilligen Blutspende kein finanzieller oder materieller Gewinn zuteil werden darf, doch ein sehr wesentlicher Punkt zu sein, wenn man an die Gesundheit der Spender denkt. Mit dieser Regelung wird aber auch das Prinzip der Selbstversorgung mit freiwillig und unentgeltlich geleisteten Blutspenden voll verwirklicht. Österreich folgt damit – das haben wir heute schon gehört – als erstes Land den Vorgaben des Europarates. Durch die Freiwilligkeit und Unentgeltlichkeit wird nämlich gesundheitliche Ausbeutung vermieden, zugleich das Infek­tionsrisiko für den Empfänger minimiert und die Rekrutierung von Spendern aus allen Bevölke­rungsschichten sichergestellt.

Einen zweiten Punkt möchte ich noch herausstreichen. Im vorliegenden Gesetz wird beson­derer Wert auf eine umfassende Qualitätssicherung gelegt. Es wird taxativ normiert, daß jede Blutspendeeinrichtung verpflichtet ist, zur Sicherung von Qualität von Blut und Blutbestandteilen ein Qualitätssicherungssystem bereitzustellen. Daß die Untersuchungsparameter, Frau Kollegin Povysil, nicht in diesem Gesetz festgeschrieben sind, halte ich für besonders wichtig. Sie werden nämlich auf dem Verordnungswege geregelt, denn es geht doch darum, daß man sich jeweils an den letzten Stand der Wissenschaft anlehnt und dieser Berücksichtigung findet.

Ich möchte – weil das auch kritisiert wurde – noch einmal auf die Dokumentationspflicht, die ebenfalls im Gesetz verankert ist, eingehen. Nur damit wird meiner Meinung nach der Blutkreis­lauf quasi von Vene zu Vene lückenlos nachvollziehbar, was es später ermöglicht, eventuelle Schadenersatzansprüche zu stellen. Damit wird ein Sicherheitsmechanismus verwirklicht, und die zehnjährige Aufbewahrungspflicht der Daten ist voll gerechtfertigt und gerade für diese Nachvollziehbarkeit für den Fall der Fälle über Jahre hinweg eben besonders wichtig.

Abschließend möchte ich unserer Gesundheitsministerin Hostasch und den Experten ihres Hauses zu diesem Gesetz gratulieren. Es ist zeitgemäß, es ist patientenorientiert, es ist ein Regelwerk, das getragen ist von dem Bemühen nach größtmöglicher Sicherheit. – Danke. (Bei­fall bei der SPÖ.)

18.44


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gemeldet ist jetzt Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. (Abg. Dr. Rasinger: Ein Feuerwerk wird jetzt über uns hereinbrechen! – Abg. Schwarzenberger: Wo ist die FPÖ? Die wollen den Pum­berger nicht mehr hören!)

18.44


Abgeordneter Dr. Alois Pumberger¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon vieles gesagt worden. Im wesentlichen kann man abschließend feststellen, daß durch dieses Gesetz die Wahrscheinlich­keit einer Infektion eines Patienten, der mit Blut oder mit einem Blutprodukt behandelt wird, ge­senkt wird. Daher ist es uns auch recht, daß dieses Gesetz heute beschlossen wird, und wir werden ihm auch zustimmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte, auch in meiner Funktion als Vorsitzender des parlamentarischen Gesundheitsausschusses, die Gelegenheit nützen, den jährlich Hundert­tausenden Spenderinnen und Spendern in Österreich von dieser Stelle aus zu danken, daß sie, ohne den geringsten eigenen Nutzen daraus zu ziehen, im Dienste des Nächsten, des erkrank­ten Nächsten so viel Blut spenden. Trotz der Schwierigkeiten, die auftreten können, und trotz der Regelungen im Gesetz, die eine Spende in Hinkunft aufgrund des bürokratischen Mehrauf­wandes schwieriger gestalten könnten, hoffe ich, daß sich auch in Zukunft genauso viele Öster­reicherinnen und Österreicher zur Blutspende melden und diese gute Tat fortsetzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Gesetz war ein Anlaßgesetz. Der Anlaß war kein guter, das Gesetz geht aber in Ordnung. Der Anlaß war ein Kriminalfall im Mühlviertel im Frühjahr vorigen Jahres. Damals wurde verseuchtes Blut – offensichtlich aus Afrika – in einem Mühlviertler Betrieb auffällig und beschlagnahmt, weil man – die Untersuchungen sind, glaube ich, noch im laufen – angeblich dieses Blut umetikettiert haben soll, und eventuell wurde auch bereits mit HI-Viren kontaminiertes, verseuchtes Blut in Umlauf gebracht.

Ich weiß, daß auf dem Auszug aus dem Handelsregister auch ein sehr prominenter Name im Zusammenhang mit dieser Firma feststellbar war, nämlich der Name des ehemaligen SPÖ-Bürgermeisters von Salzburg, Reschen. Interessanterweise ist er als Firmenbeteiligter oder Firmeninhaber dieser in Verruf und in Verdacht geratenen Firma aufgeschienen.

Ich hoffe, daß sich dieser offensichtliche Kriminalfall schnell lösen läßt und daß es in Zukunft nicht mehr vorkommen kann, daß in Österreich Blut aus einem anderen Land – in dem Fall aus afrikanischen Staaten – eingeführt, umetikettiert und eventuell einem Patienten zugeführt wird. Ich hoffe, daß das in Zukunft nicht mehr vorkommen wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden auch die Abänderungsanträge der Grünen und Liberalen befürworten, denn sie sind ganz in unserem Sinne. Ich bin somit am Ende meiner Ausführungen, weil es nicht sehr viel am Inhalt dieses Gesetzes auszusetzen gibt. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Freund und Schuster.)

18.48


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Es hat sich jetzt Frau Bundesministerin Hostasch zu Wort ge­meldet. – Bitte.

18.48


Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch¦: Sehr geschätz­ter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich vorerst für Ihre Debatte sehr herzlich Dank sagen, weil in Ihren Ausführungen zum Ausdruck gekommen ist, daß Sie den Inhalt, die Intentionen, aber auch die klaren Formulierungen dieses Gesetzes nicht nur für wichtig und richtig erachten, sondern auch unterstützen und damit dafür Sorge tragen, daß wir jene hohen Sicherheits- und Qualitätsstandards, die wir bisher schon in Österreich hatten, nun auf den letzten bestmöglichen Stand bringen.

Ich bin sehr stolz, darauf verweisen zu können, daß Österreich das erste Land ist, das nach den letzten Empfehlungen der Europäischen Union nun ein neues, modernes, den, wie gesagt, letzten wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechendes Blutsicherheitsgesetz haben wird, welches heute hier im Hohen Haus beschlossen werden wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzter Herr Abgeordneter Dr. Pumberger! Es ist dieses Gesetz in keiner Weise ein Anlaßgesetz. Hier gibt es keinen Zusammenhang zwischen den nicht importierten Arzneimitteln und dem kriminellen Vergehen sowie den Bemühungen meines Ressorts, aber auch Ihrer Be­mühungen, eine neue gesetzliche Grundlage zu schaffen. Hier ist kein Konnex herzustellen. Das möchte ich wirklich sehr ausdrücklich betonen!

Es wurde von Ihnen in der Debatte das eine oder andere konkrete Beispiel als Anregung, aber auch als leichte Kritik vermerkt. Es hat Herr Abgeordneter Maier aus meiner Sicht zu allem sehr klar Stellung genommen, sodaß ich mich dem, was er gesagt hat, nur zu 100 Prozent an­schließen kann und jetzt nicht noch einmal alles wiederholen möchte.

Ich darf aber vielleicht auf zwei, drei Punkte doch noch kurz eingehen, weil diese wiederholt an­geführt wurden. Dazu gehört die Frage der Amtsärzte, die angeblich nicht in der Lage wären, die im Gesetz definierten Aufgaben zu erfüllen. Ich möchte noch einmal darauf verweisen, daß nicht nur durch das Ressort zusätzliche Information und Schulungen erfolgen, sondern daß die Amtsärzte auch legitimiert sind, in Situationen, in denen sie sich aufgrund ihrer fachlichen Ausbildung überfordert fühlen, entsprechende Fachärzte beizuziehen und damit sicherzustellen, daß Beurteilungen nach bestem Wissen und Gewissen erfolgen.

Ich glaube, hier liegt keine Überforderung der Amtsärzte vor – abgesehen davon, daß die Län­der im Sinne ihrer Kompetenz sicherlich dafür Sorge tragen werden, die entsprechenden Vor­aussetzungen zu schaffen.

Ich möchte weiters betonen, daß es auch in meiner Intention ist, daß in Zukunft mit der Leitung von Blutspendeeinrichtungen, aber auch von Stellen, die Blut aufbereiten, entsprechende Fach­ärzte betraut werden. Ich bin jedoch froh darüber, daß Sie meinen Argumenten und jenen meines Ressorts Rechnung getragen haben, daß es aufgrund der aktuellen Situation von aus­gebildeten Fachärzten in dieser Richtung zweckmäßig erscheint, bei der jetzigen gesetzlichen Formulierung zu bleiben, aber durch eine Ausschußfeststellung festzuhalten, daß bei zukünfti­gen Besetzungen auch die Fachärzte dieser Fachrichtung jeweils mit der Leitung betraut werden sollten.

Erlauben Sie mir, sehr geschätzte Frau Abgeordnete Dr. Povysil, hinsichtlich Ihrer Anregung zur Frage Qualitätsmanagement darauf zu verweisen, daß ich die gleichen Überlegungen hatte und weiterhin habe wie Sie. Ich bin daher sehr stolz darauf, daß es im Rahmen unserer Präsident­schaft in der Europäischen Union gelungen ist, im Juli vergangenen Jahres eine Fachtagung, ein ganz hochkarätig besetztes Seminar durchzuführen, das von meinem sehr geschätzten Kollegen Dr. Kurz, dem heute schon gedankt wurde – ich möchte sagen, zu Recht gedankt wurde – geleitet wurde.

Dieses Seminar hat sich mit der Entwicklung und der Anwendung von Kriterien für die Qualitäts­bewertung und auch der, wie es heißt, guten Praxis bei der Sammlung, der Verarbeitung und der Transfusion von Blut und Blutprodukten sowie von Verfahren zur weiteren Beobachtung von Patienten befaßt. Ganz entscheidend in diesem Seminar war es, folgendes herauszuarbeiten: Welche Erfahrungen bei Qualitätsmanagement gibt es in anderen Ländern? Haben wir einheit­liche Normen? Haben wir gemeinsame Erfahrungen? Wo können wir diese gemeinsamen Er­fahrungen auch am besten fokussieren und für die nationalen Qualitätsmanagementsysteme umsetzen?

Es gibt noch nicht sehr vieles in diesem Zusammenhang – nicht nur wir lernen täglich, sondern auch in den anderen europäischen Ländern ist ein Diskussionsprozeß im Gange –, aber ich habe mich darüber gefreut, daß wir von den anderen MinisterInnen aus den EU-Ländern, insbe­sondere aber von den Fachexperten höchste Anerkennung für dieses Seminar erhalten haben. Es hat gezeigt, daß wir die Vorbereitungen wirklich auf höchstem wissenschaftlichen, aber auch organisato­rischen Niveau treffen konnten.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, daß dieses Gesetz heute verab­schiedet werden kann. Die entsprechenden Verordnungen, die im Zusammenhang mit diesem Gesetz zu erlassen sind, sind in Vorbereitung. Ich bin daher überzeugt davon, daß wir in Kürze mit dem Rechtsbestand, den wir haben, an höchstes Niveau angeschlossen haben werden und damit Qualitätssicherung für Spender, für Empfänger, aber auch für alle Beteiligten, die in der Transfusionskette betroffen sind, gewährleisten können. – Herzlichen Dank für Ihre Unterstüt­zung dabei! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.54


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlußwort.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir gelangen jetzt zur Abstimmung, und zwar stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1577 der Beilagen.

Dazu haben die Abgeordneten Motter und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ebenso haben die Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen einen Abänderungsantrag einge­bracht.

Auch die Abgeordneten Dr. Povysil und Genossen haben einen Abänderungsantrag einge­bracht.

Frau Abgeordnete Motter hat schließlich ein Verlangen auf getrennte Abstimmung eingebracht.

Ich werde zunächst über die von den Abänderungsanträgen sowie vom Verlangen auf ge­trennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf § 11 Abs. 4 bezieht.

Wer für diesen Abänderungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Min­derheit. Der Antrag ist abgelehnt. (Ironische Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Schwar­zen­berger: Könnte man die Anzahl der Freiheitlichen hier feststellen?!)

Wir stimmen jetzt über § 11 Abs. 4 in der Fassung des Ausschußberichtes ab.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenom­men. Die genannte Gesetzesstelle ist mehrheitlich angenommen worden.

Die Abgeordneten Motter und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf § 18 Abs. 1 bezieht.

Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Min­derheit. Dieser Antrag ist abgelehnt. (Abg. Dr. Fekter: Das ist eine Aktion der Schrumpf­germanen! – Heiterkeit. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Die Abgeordneten Dr. Povysil und Genossen haben ebenfalls einen Abänderungsantrag zu § 18 Abs. 1 eingebracht.

Wer für diesen Abänderungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Abänderungsantrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt sogleich über § 18 Abs. 1 in der Fassung des Ausschußberichtes ab.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Diese Ge­setzesstelle ist in der Fassung des Ausschußberichtes mehrheitlich angenommen worden.

Wir stimmen jetzt ab über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. (Abg. Dr. Fekter: Das war strategisch unheimlich clever!) – Diese Beschlußfassung erfolgt einstimmig. Einstimmige Annahme.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf in dritter Lesung zustimmt, möge ein Zeichen geben. – Der Entwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Povysil und Genossen betreffend ausländische Blutkonserven und Blutprodukte – Patien­tensicherheit. (Oje-Rufe der Abg. Dr. Fekter und anderer Abgeordneter.)

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.

4. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1554 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird (1578 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 970/A der Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger, Maria Rauch-Kallat und Genossen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fach­dienstes und der Sanitätshilfsdienste – MTF-SHD-G geändert wird (1579 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 820/A (E) der Ab­geordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend Ausbildungsstandard und Berufsbild von Arzthelferinnen und Zahnarzthelferinnen (1580 der Beilagen)


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Wir kommen jetzt zu den Punkten 4 bis 6 der Tagesordnung, über die die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich erteile als erstem Redner in dieser Debatte Herrn Abgeordnetem Dr. Pumberger das Wort. Es besteht der Wunsch nach einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 7 Minuten. – Bitte.

18.59


Abgeordneter Dr. Alois Pumberger¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Gesundheitspaket ist beileibe kein ganz gesundes Paket, denn hier gibt es schon einiges auszusetzen, viel mehr als bei der nun gerade abgestimmten Materie.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit meine ich in etwa auch das Dentistengesetz. Hier werden wir natürlich die Zustimmung geben, wenngleich wir zu bedenken geben, daß es durch die Einführung eines eigenständigen Zahnmedizinstudiengesetzes dem Dentisten – weil man das bei diesem Gesetz nicht gleich in einem gemacht hat – nicht mehr möglich wäre, den Titel “Dentist” zu führen, weil er nur als Zahnarzt seinen Beruf ausüben darf. Davon wären zwar nur wenige, aber doch einige Dentisten betroffen, die ihren Beruf nicht mehr ausüben könn­ten. – Daher muß es zu dieser Änderung kommen. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Ich meine, daß es wichtig ist, daß der Konsument unterscheiden kann, ob der Zahnbehandler ein Zahnarzt oder ein Dentist ist.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abg. Dr. Pumberger, Mag. Haupt, Dr. Povysil und Kollegen zur Regierungsvorlage betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird, 1554 der Beilagen, in der Fassung des Ausschußberichtes, 1578 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage, 1554 der Beilagen, in der Fassung des Ausschuß­berichtes, 1578 der Beilagen, wird wie folgt geändert:

In Z 8 ist im § 6 Abs. 1 Z 1 nach den Worten “zu führen und” das Wort “hat” einzufügen.

*****

Dadurch ist gewährleistet, daß der Konsument schon aus dem Titel des Zahnbehandlers er­kennt, daß es sich dabei nicht um jemanden handelt, der ein komplettes Zahnstudium absolviert hat, sondern um einen Dentisten im herkömmlichen Sinne. – Soviel zum Dentistengesetz.

Nun komme ich zu meinem Antrag betreffend ZahnarztassistentInnen und Ordinationsgehilfin­nen. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade im Anschluß an die Debatte, die wir heute vormittag geführt haben – nämlich über die Arbeitslosigkeit und vor allem die Arbeitslosig­keit der Frauen –, gewinnt dieser Antrag besonders an Bedeutung. Denn Ordinationshilfen, also Arzthelferinnen und Zahnarzthelferinnen, üben zwar einen sehr verantwortungsvollen Beruf aus, werden aber bisher nur in Kursen im Umfang von etwa 120, 130 Stunden ausgebildet.

Ich finde – und das ist auch der ausdrückliche Wunsch der Gesellschaft für Allgemeinmedizin –, daß diese Berufe eine wesentlich bessere Ausbildung brauchen und daß es eines eigenen Be­rufsbildes bedarf. Ordinationshilfen und Zahnarztassistentinnen müssen eine eigene Berufsaus­bildung bekommen. Dieser Beruf sollte auch ein Lehrberuf werden, damit könnten wir schlag­artig etwa 1 500 Lehrstellen schaffen! Wenn wir diese Berufe zu Lehrberufen machen und wenn eine fundierte Ausbildung gewährleistet wird, dann entstehen viele, viele Frauenarbeitsplätze, auch Halbtagsarbeitsplätze.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie besonders auch im Hinblick darauf, daß ein ähnlich lautender Antrag im steirischen Landtag einstimmig befürwortet wurde – Ihre Kolle­gen und Kolleginnen von ÖVP und SPÖ im steirischen Landtag haben das befürwortet, und zwar einstimmig, gemeinsam mit den Oppositionsparteien! –, dieser Berufsgruppe eine ordent­liche Berufsausbildung zu gewähren. Mit der Zustimmung zu diesem meinem Entschließungs­antrag würden Sie dafür sorgen, daß den ZahnarztassistentInnen und Ordinationshilfen ein eigener Beruf mit einer soliden Berufsausbildung ermöglicht wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun zur dritten Materie. Dabei geht es darum, daß im sogenannten Sanitätergesetz verankert wird, daß Sanitätsgehilfen und Personen, die für ihre ehrenamtliche Tätigkeit eine ähnliche oder eine bessere Ausbildung erhalten haben, auch die Reanimation mit sogenannten Halbautomaten durchführen dürfen. Dabei handelt es sich um die Wiederbelebung mit einem technischen Gerät, eine Methode, die eindeutig sicherer und effek­tiver als die manuelle Herzmassage ist.

Wir können diesem Aspekt nichts Negatives abgewinnen und werden dafür stimmen, daß Ret­tungssanitäter und ehrenamtliche, gleich ausgebildete Sanitäter diese Möglichkeit der Lebens­rettung erhalten. Wir hoffen, daß der Pilotversuch, der in der Steiermark schon seit geraumer Zeit sehr erfolgreich läuft, schon bald in die tägliche Praxis der Rettungssanitäter übergeht und viele Menschenleben mit diesem Halbautomaten gerettet werden können.

Was ich nicht verstehe, ist, daß dieser Antrag extra eingebracht werden mußte, daß das nicht zusammen mit dem bereits fertigen Ministerialentwurf erfolgt ist, der schon durch alle Begutach­tungsphasen gegangen ist und eigentlich heute beschlossen hätte werden können. (Zwischen­ruf des Abg. Mag. Guggenberger. – Abg. Dr. Rasinger: Hoffentlich korrigiert dich die Kollegin Povysil!)

Wir haben schon im Ausschuß gesehen, daß sich die Koalitionsparteien deswegen ganz ernst­haft in die Haare geraten sind. So hat zum Beispiel Frau Rauch-Kallat beinhart von 100 Men­schen­­leben gesprochen, die damit pro Jahr gerettet werden könnten, während der SPÖ-Abge­ordnete Kräuter reklamiert hat, daß das aber ein steirisches Projekt und nicht der ÖVP, sondern der SPÖ zuzuschreiben sei. Der Abgeordnete Lackner von der SPÖ wiederum warf der ÖVP vor, daß sie “auf der unseligen Masche der Ehrenamtlichkeit herumreite”. – Meine Damen und Herren! Stellen Sie sich das einmal vor! Es war wirklich unwürdig, daher hat es mich auch nicht gewundert, daß dann Herr Kollege Leiner – jetzt lacht er – wirklich geschrien hat, er halte die­ses Geschwafel nicht mehr aus.

Meiner Ansicht nach ist klar, daß die Regierungsparteien darin wetteifern, wer dieses Gesetz durchbringt. Aber sie können sich einfach nicht zusammensetzen, weil sie vor lauter Streit auf keinen grünen Zweig kommen.

Meine Damen und Herren! Die Rettungssanitäter, sowohl die hauptberuflichen als auch die ehrenamtlichen, haben das nicht verdient! Die Rettungssanitäter – und zwar sowohl die haupt­beruflichen als auch die ehrenamtlichen – brauchen erstens einen Berufsschutz. Sie brauchen zweitens eine bessere Qualität ihrer Ausbildung. Auch das gilt für beide Gruppen, für die haupt­amtlichen und für die ehrenamtlichen Rettungssanitäter. Und drittens muß gewährleistet sein, daß die Ehrenamtlichkeit auch in Zukunft aufrechterhalten wird.

Wenn man an der Ehrenamtlichkeit rütteln würde, dann hätte das förmlich eine gesellschafts­verändernde Wirkung, dann würde man vielleicht auch einmal an der Ehrenamtlichkeit bei der Feuerwehr rütteln und auch bei vielen anderen Organisationen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe den Ministerialentwurf heute schon als Selbständigen Antrag eingebracht. Ich bitte Sie, ihn zu behandeln. Er sollte möglichst bald dem Gesundheitsausschuß zugewiesen werden, damit wir dieses Rettungssanitätergesetz zum Wohle der Bevölkerung und zur Aufrechterhaltung der Ehrenamtlichkeit so bald wie möglich be­schließen können. – Danke. (Abg. Dr. Lukesch – auf leere Bänke bei den Freiheitlichen weisend –: Kein Applaus! – Abg. Dr. Maitz: Er muß selber klatschen!)

19.07


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Der zuvor verlesene Abänderungsantrag ist ordnungs­gemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Guggenberger. Freiwillige Redezeit­beschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.07


Abgeordneter Mag. Walter Guggenberger¦ (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Notfallmedizin hat in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung genommen. Das führt dazu, daß vielen Menschen das Überleben ge­sichert werden kann und daß noch viel mehr Menschen von dauernder Invalidität verschont bleiben. Das bringt es aber auch mit sich, daß die Sanitätsgehilfen, die oft als erste am Unfallort sind, mit höheren Anforderungen als früher konfrontiert werden. Es geht also darum, jenen, die helfen, eine bessere Qualität ihrer Ausbildung zu sichern. Das ist fachlich völlig unbestritten, und genau in diese Richtung zielt auch die Regierungsvorlage, die Frau Bundesministerin Hostasch in die Begutachtung geschickt hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erleben immer wieder Debatten über Regierungs­vorlagen, aber ich möchte sagen, wenn Sie mir diese Bemerkung erlauben: In dieser Debatte waren manche oft ein gutes Stück von der Redlichkeit der Auseinandersetzung entfernt.

Ich möchte davon das Rote Kreuz durchaus nicht ausnehmen, dessen Vertreter anfangs be­hauptet haben, die Umsetzung dieser Novelle würde 3 Milliarden Schilling kosten. – Wie sind sie auf diese Milchmädchenrechnung gekommen? – Sie sind vermutlich einfach davon ausge­gangen, daß es dann keine Ehrenamtlichkeit mehr geben werde, und die rund 100 000 Stun­den, die die ehrenamtlichen Helfer derzeit leisten, würden rund 3 Milliarden Schilling kosten.

Es ist nicht beabsichtigt, die Ehrenamtlichkeit aufzugeben, und mittlerweile haben auch die Vertreter des Roten Kreuzes eingesehen, daß das niemand will. Lassen Sie mich daher auch hier in aller Deutlichkeit und in aller Klarheit feststellen: Die Ehrenamtlichkeit ist und bleibt eine zentrale, tragende Säule des österreichischen Rettungswesens! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Leiner: Aber Sie müssen sie möglich machen!)

Das ist möglich gemacht, und wir wissen genau, daß wir den 30 000 freiwilligen Mitarbeitern der Rettungsgesellschaften in Österreich nicht nur Respekt, sondern auch Dank, Hilfe und Unter­stützung schuldig sind. Diese Mitarbeiter können sich in dieser Frage auf uns Sozialdemokraten verlassen! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Mein Gott, wenn ich dem Guggi zuhöre, dann krieg’ ich Herzflimmern! Das ist seine vorletzte Rede hier!)

Wir sind aber auch jenen etwas schuldig, die diesen verantwortungsvollen und schweren Beruf hauptamtlich ausüben. Es ist nun einmal nicht einzusehen, daß man jenen, die man in Sonn­tagsreden immer lobt und denen man immer sagt, wie wichtig sie seien, arbeitsrechtlich den Status eines Hilfsarbeiters zumutet! Dafür sind wir Sozialdemokraten nicht länger zu haben! Wir wollen, daß die hauptberuflich tätigen Rettungssanitäter künftighin einen Berufsschutz haben. Sie verdienen ihn wahrlich! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Diskussion sind viele Kommentare gefallen, die man besser vergessen sollte, beispielsweise von der Frau Generalsekretärin der ÖVP, Kollegin Rauch-Kallat, die von einer “beispiellosen Schmutzkübelkampagne der Gewerkschaften” ge­sprochen hat. – Also bitte, ich meine, da muß sie die falschen Debatten verfolgt haben!

Den Vogel abgeschossen hat aber wohl der ÖVP-Landeshauptmann von Salzburg, Franz Schausberger, der sich in Inseraten in seinen Parteizeitungen in Salzburg zu folgender Bemer­kung verstiegen hat – ich zitiere –:

Todesstoß für das Ehrenamt? Nein! Die von SPÖ-Ministerin Hostasch geplanten Maßnahmen sollen der Ehrenamtlichkeit in Salzburg den Todesstoß versetzen. Wir sagen nein dazu! Wir wollen keine hauptberuflichen Rot-Kreuz-Helfer und Schützen. Wir wollen keine schikanierten freiwilligen Feuerwehrleute. Wir wollen keine Gewerkschaften in den Vereinen. Wir treten gegen die Zerschlagung der Ehrenamtlichkeit und die Verstaatlichung der Vereine auf. – Ende des Zitats.

Ich muß wirklich sagen: So einen Humbug hab ich schon lange nicht mehr gelesen! Es ist menschlich, rechtlich und politisch völlig indiskutabel, was der Herr Landeshauptmann Schaus­berger hier schreibt! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich schon zum Schluß kommen. Heute geht es darum, die Defibrillation – ein schwieriges Wort; ich bringe es selten heraus – durch Rettungssanitäter möglich zu machen – eine sehr wichtige Sache. Es ist dies ein gemeinsamer Antrag, eine gemeinsame Initiative, aber ich betone abschließend noch einmal: Für uns ist das nur ein Vorgriff auf das Gesamtwerk.

Ich wünsche mir nur, daß auch in der ÖVP die Gesundheitspolitiker wieder das Sagen haben. Wir haben uns in den letzten Wochen in den Kontakten mit den Rettungsorganisationen, mit den Ländern, mit den Gewerkschaften sehr angenähert. Ich bin sehr zuversichtlich, daß es uns gemeinsam gelingen wird, einen vernünftigen, für alle akzeptablen Vorschlag zu unterbreiten, der auch im Interesse der Patienten liegt. Darum würde ich bitten! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Pumberger: Da sind Sie ja schon wieder in Tirol!)

19.13


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Motter. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.13


Abgeordnete Klara Motter¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Der vorliegenden Regierungsvorlage, mit der das Dentistengesetz geändert wird, geben wir unsere Zustimmung, denn durch diese Novelle zum Dentistengesetz werden nun die Dentisten den Zahnärzten und Zahnärztinnen rechtlich gleichgestellt. Damit fal­len die Dentisten, die wegen der nicht mehr stattfindenden Ausbildung eine auslaufende Berufs­gruppe darstellen, in den Anwendungsbereich der Zahnarztrichtlinien der EU, was gleichzeitig die Grundlage für ihre Anerkennung in den EU-Mitgliedsländern ist.

Trotzdem ist aus meiner Sicht eine kurze Kritik angebracht, und zwar deshalb, weil auch Per­sonen ohne Ausbildung in zahntechnischen wie auch zahnmedizinischen Belangen als Hilfsper­sonen herangezogen werden können. Das ist ein Manko, das ich leider auch bei den Zahn­ärzten feststellen muß, und es kommt relativ oft zum Einsatz dieser Hilfskräfte. Ich bitte Sie daher, sehr geehrte Frau Ministerin, baldmöglichst ein Berufsbild mit entsprechenden Ausbil­dungskriterien zu schaffen. Wir geben auch dem Antrag der Freiheitlichen, der dies zum Inhalt hat, heute wieder unsere Zustimmung.

Meine Damen und Herren! Zum vorliegenden Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und des Sanitäts­dienstes geändert wird, möchte ich nochmals festhalten, daß dieser Antrag in aller Eile gemacht wurde und – ich kann es nicht anders ausdrücken – einen faulen Kompromiß darstellt, aller­dings nicht, was den Inhalt betrifft, sondern hinsichtlich der Vorgangsweise.

Ich befürchte nach wie vor, daß das lang geforderte umfassende Sanitätsgesetz auf die lange Bank geschoben wird. Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren, aber ich habe diesbezüg­lich noch meine Zweifel. Ich fürchte, wir werden weiterhin auf eine gezielte Ausbildung der Sani­täterInnen, auf die erforderliche Kompetenz sowie auf die notwendige rechtliche Basis der im Rettungswesen arbeitenden Personen warten müssen. Meine Damen und Herren! Ich lasse mich, wie gesagt, gerne eines anderen belehren, zum Beispiel dann, wenn der Termin Ende Februar wirklich eingehalten wird und wir eine neue Vorlage haben. Aber bis jetzt glaube ich nicht daran.

Diese Ermächtigung zur Defibrillationsbehandlung begrüßen wir, stellen aber auch fest, daß diese Maßnahme bei weitem nicht ausreichend ist, denn derzeit sind nur 9 Prozent der im Rettungswesen tätigen Personen entsprechend ausgebildet und befähigt, in Notfällen fachge­recht einzugreifen. Meine Damen und Herren! Es ist außerdem eine Tatsache, daß wir mit die­sem Niveau weit unter dem europäischen Standard liegen.

Meine Damen und Herren! Wir Liberalen sehen einfach die Dringlichkeit, endlich die notwendige Ausbildung für SanitäterInnen zu gewährleisten, um diese Personen so bald wie möglich von der permanenten Rechtsunsicherheit zu befreien. Es ist leider ein Faktum, daß nicht in allen Bundesländern ein ständig abrufbarer Notarztdienst zur Verfügung steht.

Im Gesundheitsausschuß hatte ich die Möglichkeit, auf dieses Manko aufmerksam zu machen. Ich bedauere, daß ich dort zur Kenntnis nehmen mußte, daß die Österreichische Volkspartei ihre Interessen klar auf die Seite der Roten-Kreuz-Organisation gestellt hat. Meine Damen und Herren! Diese Interessen dürfen doch niemals zu Lasten der Patientensicherheit gehen!

Es wurde mir auch klar, daß die Erstellung der Regierungsvorlage, die bereits in der Begut­achtung war und wieder zurückgenommen wurde, auch an der Diskussion über die Kostenüber­nahme durch die Länder scheiterte. Weiters mußte ich auch feststellen, daß es der ÖVP an­scheinend hauptsächlich um die ehrenamtlich tätigen Rot-Kreuz-Helfer geht. Ich anerkenne diese ehrenamtliche Tätigkeit ebenfalls und weiß, daß es ohne Ehrenamt in unserem Land nicht geht. (Abg. Dr. Khol: Richtig!) Herr Kollege Khol! Die Ehrenamtlichkeit darf allerdings nicht auf Kosten von Menschenleben gehen, wenn fachliche Fähigkeiten im Vordergrund stehen müssen.

Im Ausschuß wurde auch die Kluft zwischen den Regierungsparteien offensichtlich. Ich be­fürchte daher, daß wir auf ein umfassendes Gesetz zum österreichischen Rettungswesen noch weiter warten müssen. Und das, meine Damen und Herren, wäre sehr bedauerlich! (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.18


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Leiner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.18


Abgeordneter Dr. Günther Leiner¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Mi­nisterin! Sehr geehrte Damen und Herren! (Abg. Mag. Guggenberger faltet die Zeitung, in der er soeben gelesen hat, zusammen.) – Herr Kollege Guggenberger! Ja, es ist gut, wenn du die Zeitung zumachst. (Abg. Mag. Guggenberger: Ich bin dabei!)

Vor allem möchte ich betonen: Man muß die Ehrenamtlichkeit auch möglich machen! Mit 1 600 Stunden Ausbildung werden wir keinen ehrenamtlichen Mitarbeiter mehr bekommen! Da nützt es nichts, wenn man sich hinstellt und sagt: Kommt herbei, ihr Lieben!

Weißt du überhaupt, wie schwierig es heute schon ist, ehrenamtliche Mitarbeiter zu bekom­men?! – Ich muß sagen, ihr – auch Frau Motter – erweckt hier manchesmal den Eindruck, als ob wir mit unserem Notarztsystem und dem Rettungssystem noch irgendwo im Kongo wären! (Lebhafter Widerspruch beim Liberalen Forum.) Wir haben ein hervorragendes Rettungssystem, und unsere Ausbildung bei den Rettungsleuten und in den Rettungsorganisationen ist hervor­ragend! Das möchte ich hier einmal nachdrücklich deponieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch einmal zu dir, Herr Kollege Guggenberger! Es stimmt nicht, daß die Anforderungen größer geworden sind. Die apparative Medizin macht die Arbeit leichter, die Technik ist viel weiter, und auch die Aufklärung der Patienten und die medikamentöse Versorgung sind besser, sodaß heute wesentlich weniger passiert als früher, und zwar sowohl auf den Straßen als auch zum Beispiel in den Betrieben.

Wir wissen, daß wir in Österreich eine sehr hochqualifizierte notfallmedizinische Versorgung haben. Darauf können wir stolz sein, das ist ein Verdienst von uns allen, auch der Politik. Frei­lich: Die Entwicklung schreitet sehr schnell voran. Bedenken Sie, daß Burghard Breitner, der große Arzt, der “Engel von Stalingrad” – er war auch Dichter –, 1947 noch gesagt hat: “Wenn ihr zu einem Unfall kommt, dann sagt nicht, daß ihr Ärzte seid, sondern daß ihr Kunstmaler seid, denn ihr könnt eh nichts machen.” – Einige Jahre später hat der große Chirurg Kirschner bereits gesagt: “Der Arzt muß zum Unfall, zum Notfallpatienten gebracht werden!” – Erst dann hat man angefangen, die Notfallmedizin so richtig zu aktivieren.

In Linz hat Professor Bergmann bereits im Jahre 1974 den ersten Notarztwagen für seine Anästhesieabteilung installiert, und von Linz aus hat sich das System der Notarztwagen ent­wickelt. Auch der Einsatz von Helikoptern, die Flugrettung, wurde vor allem in Innsbruck durch Universitätsprofessor Dr. Flora und Oberarzt Dr. Jenny sehr stark gefordert und schließlich durchgeführt. Erst im Jahre 1978 wurde ein Notarzthubschrauber professionell unter der Be­zeichnung “Martin 1” eingesetzt. Im Jahre 1970 – das wollte ich eigentlich sagen – wurde be­reits ein Notfallhubschraubersystem in München installiert. In Österreich sind wir erst 13 Jahre später dazu gekommen. Ich möchte an dieser Stelle, Frau Minister, sagen: Wir müssen nicht immer hinten nachhängen! Wir müssen darauf schauen, daß wir diese Systeme vorantreiben. Wir sind zwar mit diesem neuen Gesetz sicherlich einen Schritt weitergekommen, aber das ist noch nicht alles.

Betreffend Defibrillationsgerät: In Amerika und in Deutschland werden Laien bereits mit diesem Apparat in Berührung gebracht und können diesen einsetzen. Warum haben wir in Österreich immer noch Hemmungen, diesen einzusetzen, wenn wir ihn zumindest der Gendarmerie, der Feuerwehr und der Polizei in die Hand geben könnten? Denn das sind ja jene Menschen, die als erste zu einem Notfall kommen, Menschenleben retten und entsprechende Aktionen setzen können. Wir wissen ganz genau, daß die ersten vier Minuten die wesentlichen Minuten bei einem Herzstillstand sind, die über Tod und Leben entscheiden, und daß die weiteren Maß­nahmen erst in den darauffolgenden sechs Minuten getroffen werden können. Nach mehr als zehn Minu­ten ist eine Defibrillation nicht mehr sinnvoll beziehungsweise hat man keinen Erfolg mehr. Sonst hat man noch zu 50 Prozent Erfolg. Das Ziel muß eben eine funktionierende Rettungs­kette sein, die eine Defibrillation vor Ort innerhalb von zehn Minuten gewährleistet.

Mit diesem Gesetz haben wir dieses Ziel auch erreicht, deswegen bejahe ich es. Wir haben ge­meinsam dafür gesorgt, daß auch gewisse Gruppierungen im Gesundheitsbereich eine Defi­brillation durchführen dürfen. Das war schon eine jahrelange Forderung der ÖVP. Im Februar 1998 haben wir ein Seminar veranstaltet, und damals wurde von 70 Notfallmedizinern eine Resolution verfaßt, die Ihnen, Frau Minister, zugegangen ist, in der diese halbautomatische Frühdefibrillation gefordert wurde. Wir wurden damals auf September vertröstet. Im September mußten wir dann feststellen, daß erst im Spätherbst die Einbeziehung der Rettungssanitäter in den Gesetzentwurf kommt. Dieser hat aber keinen Funken an Übereinstimmung mit den Rettungsorganisationen und den Ländern erkennen lassen. Er wurde ausgesandt und wegen Unvereinbarkeit wieder zurückgenommen.

Darüber hinaus stellte der Inhalt damals doch einen gewaltigen Keulenschlag gegen die ehren­amtlich Tätigen dar. Da mußten wir uns vehement vor die Rettungsorganisationen stellen und die Ehrenamtlichkeit als einen Pfeiler unseres Gesundheitssystems und unserer Gesellschaft überhaupt verteidigen. Ich meine, das muß man hier schon ganz klar sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Da hat der Leiner recht!) Wir hoffen, daß in der neuen Vorlage diese Ehrenamtlichkeit gewährleistet ist, ansonsten können wir von der ÖVP dieser Gesetzesvorlage nicht zustimmen. (Abg. Dr. Khol: Richtig!)

Frau Minister! Zwei Schwachstellen (Abg. Dr. Khol: Nur zwei!), die im Notfallhilfesystem ver­ankert sind, muß ich jetzt noch darstellen. Schwachstelle Nummer eins ist folgende: Geben wir uns nicht mit der Erste-Hilfe-Ausbildung in den Schulen und in den Fahrschulkursen zufrieden! Wir müssen darauf schauen, daß durch einen mehrjährigen Stufenplan die Menschen dazu motiviert werden, zu helfen. Man muß auch diese Leute weiterschulen. Das muß aber auch mit der Verpflichtung verbunden sein, Wiederholungskurse über die wichtigsten Rettungsmaß­nahmen durchzuführen.

Schwachstelle Nummer zwei betrifft die Honorierung der Notarzteinsätze. Da bestehen große Unterschiede in Österreich: In der Steiermark werden pro Kilometer 12 S gezahlt, in Tirol 70 S. Hier muß eine Vereinfachung beziehungsweise eine entsprechende kostendeckende Honorie­rung vonstatten gehen.

Die Forderungen wären daher folgende: Neustrukturierung der Erste-Hilfe-Kurse mit Einführung von Erste-Hilfe-Auffrischungskursen für Führerscheinbesitzer ungefähr alle zwei Jahre, eine bundeseinheitliche Finanzierung und Abrechnung der Notarzteinsätze sowie eine Ausweitung der Durchführung der halbautomatischen Frühdefibrillation auf die Gendarmerie, die Feuerwehr und die Polizei. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.25


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. 12 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

19.26


Abgeordnete Theresia Haidlmayr¦ (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Eines vorweg: Dem Dentistengesetz werden wir zustimmen. Es handelt sich ja nur um eine Übergangslösung. Wir sind jedoch darauf bedacht, daß für den Patienten sehr wohl und deutlich erkennbar sein muß, daß es sich hiebei um einen Dentisten handelt und nicht um einen Zahnarzt. Ansonsten gibt es in diesem Bereich kein Problem, und wir werden auf jeden Fall zustimmen.

Auch dem Gesetzentwurf, bei dem es darum geht, einen gewissen Ausbildungsstandard und ein Berufsbild für Arzthelferinnen und Zahnarztassistentinnen zu schaffen, werden wir zustim­men, weil es seit Jahren ein Anliegen der Grünen ist, daß endlich auch Personen, die in Ordina­tionen tätig sind, ein eigenes Berufsbild haben und vor allem auch eine ordentliche Bezahlung bekom­men, was zurzeit noch nicht der Fall ist.

Nun komme ich zu jenem Bereich, Frau Ministerin, bei dem es mir schon sehr schwer fällt zu­zustimmen, aber es ist besser als nichts. Wir Grünen werden auch dem Sanitätshilfsgesetz zustimmen; aber so, wie es heute wieder und wie es auch im Ausschuß verkauft worden ist, nämlich als der große Wurf schlechthin – die Benützung der halbautomatischen Defibrillations­geräte durch Rettungssanitäter wurde jetzt eingeführt –, Frau Ministerin, daran ist nicht zu den­ken. Das ist ganz einfach nicht so.

Ich habe heute ein solches halbautomatisches Defibrillationsgerät mitgenommen (die Rednerin holt ein Defibrillationsgerät hervor, das in Intervallen piepsende Töne von sich gibt), damit jene, die nicht wissen, worum es geht – es ist kein Tamagotchi, das hier pfeift –, informiert werden, wie die Anwendung dieses Halbautomaten funktioniert. Daß man heute große Sprüche über die Ausbildung der Rettungssanitäter an diesem Halbautomaten führt, halte ich schlicht und einfach für lächerlich, Frau Ministerin. Ich habe mir drei bis fünf Minuten Zeit genommen – und stellen Sie sich vor, ich beherrsche dieses Gerät!

Nicht nur ich beherrsche es. In Amerika zum Beispiel ist in jedem Stiegenhaus, dort, wo sich der Feuerlöscher befindet, auch dieser Halbautomat befestigt. Die Anwendung und die Bedienung dieses Halbautomaten, Frau Ministerin, ist einfacher, als wenn Sie einen Feuerlöscher bedienen müßten. Das ist eine Tatsache! Wie gesagt, in Amerika sind solche Halbautomaten sogar schon in Kasinos, in Stiegenhäusern und in Flugzeugen zu finden. Es gibt eine Reihe von Orten, an denen diese Halbautomaten bereits eingesetzt und von Personen benutzt werden, die wahrlich keine medizinische Ausbildung haben und auch keine Rettungssanitäter sind.

Damit Sie sehen, worüber wir sprechen und was dieses Gesetz, das wir heute beschließen werden, erlaubt beziehungsweise was Rettungssanitäter nun dürfen, aber vorher nicht gedurft haben, möchte ich Ihnen, obwohl ich keine Rettungssanitäterin bin, folgendes vorführen:

An diesem Gerät gibt es die Stationen 1, 2, 3. Ich drücke nun auf den grünen Knopf. Bitte schön. (Abg. Mag. Guggenberger: Der grüne Knopf! – Eine Computerstimme gibt Anweisun­gen für die medizinischen Schritte, die zur Vornahme einer Defibrillation nötig sind.) Hier sind die Elektro­den. Diese braucht man nur auf den entblößten Brustkorb des Patienten aufzukleben und dann den Schalter hier einzustecken. (Abg. Dr. Khol: Laut Geschäftsordnung ist das nicht möglich! – Abg. Schwarzenberger: Der Herr Präsident ist sehr tolerant! – Weitere Zwischen­rufe, während eine Computerstimme zu vernehmen ist.)

Das war es, meine Damen und Herren! (Heiterkeit bei der ÖVP.) Das ist alles, was man auf diesem Gerät können muß (Beifall bei den Grünen), um jemanden, der einen Herzstillstand hat oder Herzflimmern aufweist, erfolgreich zu reanimieren. Für die Bedienung dieses Apparates gibt es nun dieses Gesetz (die Rednerin hält ein Exemplar des betreffenden Gesetzestextes in die Höhe), und es ist penibel angeführt, wer ihn bedienen darf und daß diese Person dafür eine umfassende Ausbildung von 15 Stunden zu absolvieren hat.

Frau Ministerin! Ich finde es wichtig, daß endlich auch die österreichischen Rettungssanitäter dieses Gerät bedienen dürfen, weil ich der Meinung bin, es war schon lange nicht mehr ver­tret­bar, daß, wenn es bereits in Kasinos und an anderen Orten in Amerika hängt, dieses in Öster­reich, wo Rettungssanitäter Notfallpatienten transportieren, nicht von diesen angewendet wer­den darf.

Dieser Gesetzentwurf ist schon ein Fortschritt, aber es geht mir konkret um etwas anderes. Es gab einen Erstentwurf zum Rettungssanitätergesetz. Dieser war wirklich ein Schritt in die rich­tige Richtung, man könnte sagen, er war zeitgemäß. Ich betone: war zeitgemäß. Frau Ministe­rin! Wir haben ja im Gesundheitsausschuß eine Kostprobe dessen von ÖVP und SPÖ bekom­men, aus welchem Grund dieses Rettungssanitätergesetz nicht zustande kommen konnte, nämlich deshalb nicht, weil es große Organisationen gibt, die sich wirklich mit allen Möglich­keiten weigern, Rettungssanitäter entsprechend und gut auszubilden.

Es wird niemand hier im Saal die Ehrenamtlichkeit von Menschen im Krankentransportwesen in Frage stellen. Wir brauchen diese ehrenamtlichen Helfer nicht nur jetzt, sondern auch in Zu­kunft. Frau Ministerin! Es muß aber eine klare Trennung zwischen den Aufgabenbereichen von Rettungssanitätern und jenen des Krankentransportwesens geben. Rettungssanitäter, die in der Tat oft in die Lage kommen, Menschenleben zu retten oder retten zu wollen, sind mit der der­zeitigen Ausbildung und auch aufgrund des neuen Vorschlages des Roten Kreuzes niemals fachlich so intensiv geschult, daß sie im Ernstfall wirklich handeln können.

Ich glaube, es ist kein Geheimnis, daß zum Beispiel eine Pflegehelferin in einem Krankenhaus, die waschen, Nachtkästchen abwischen und das unmittelbare Umfeld des Bettes reinigen darf, die als Gehilfin auf der Krankenstation oder im ambulanten Bereich tätig sein darf, eine Ausbil­dung von 1 800 Stunden hat. Ein Rettungssanitäter hat eine Ausbildung von 135 bis 335 Stun­den! Frau Ministerin! Wenn man sich anschaut, wie groß die Kluft zwischen diesen beiden Aus­bildungsschienen ist, dann muß es im Interesse der Patienten und im Interesse der Rettungs­sanitäter sein, daß letztere endlich gut, intensiv und qualitativ hochwertig ausgebildet werden. Aufgrund des Vorschlages des Roten Kreuzes, der zwar noch nicht offiziell ist, mir aber trotz­­dem in schriftlicher Form zugekommen ist, wird auch in Zukunft kein Rettungssanitäter ordent­lich ausgebildet werden.

Frau Ministerin! Wir brauchen ein Berufsbild für Rettungssanitäter, und wir brauchen einen Be­rufsschutz für Rettungssanitäter. Diese beiden Anforderungen sind nicht mehr länger aufzu­schieben, sondern sind sofort zu erfüllen.

Frau Ministerin! Sie haben versprochen, daß es bis Ende Februar einen Entwurf für ein neues Rettungssanitätergesetz geben wird. Wir brauchen keinen neuen Entwurf für ein Rettungssani­tätergesetz, es gibt ja bereits einen. Wir sollten auf dem alten Entwurf aufbauend diskutieren und das Rad nicht mehr neu erfinden. In diesem Sinne bin ich überzeugt davon, daß es ein nicht vertretbarer Rückschritt wäre, wenn wir jetzt in eine Diskussion einträten, die weit unter den Zielen des Entwurfes aus dem Vorjahr läge.

Ich weiß, daß die Widerstände, speziell in der ÖVP, sehr groß sind. Ich weiß es deshalb, weil wir sie ja im Ausschuß vorgeführt bekommen haben. Aber ich möchte noch einmal sagen: Kein einziger Rettungssanitäter, kein einziger ehrenamtlicher Helfer wird in Zukunft nicht mehr not­wendig sein – ganz im Gegenteil: sie werden weiterhin alle notwendig sein! Es sollte nur jeder das machen, wofür er entsprechend ausgebildet ist.

Es wird in Zukunft natürlich nicht mehr so sein können, daß zum Beispiel Laienhelfer im Ret­tungs­sanitätswesen tätig sind. Laienhelfer oder ehrenamtliche Kräfte werden in Zukunft jedoch genauso für Krankentransporte, für “Essen auf Rädern”, für soziale Dienste et cetera ge­braucht werden. Deswegen wäre ich froh darüber, wenn uns die ehrenamtlichen Helfer auch in Zukunft erhalten blieben.

Frau Ministerin! Ich habe deshalb einen Entschließungsantrag betreffend Neuregelung der Aus­bildung und Schaffung eines Berufsbildes für Rettungssanitäter eingebracht. Ich möchte diesen Entschließungsantrag nun verlesen:

Seit Herbst 1998 gibt es einen Entwurf des Gesundheitsministeriums zur Neuregelung der Aus­bildung der Rettungssanitäter. Die Begutachtungsfrist ist beendet, es wird jedoch nur eine kleine Minimalforderung in Form eines Antrages im Gesundheitsausschuß behandelt. Der übrige Entwurf liegt derzeit auf Eis.

Aus vorliegenden Statistiken der Hilfsorganisationen geht hervor, daß jährlich zwischen 300 000 und 400 000 Notfallpatienten keine notärztliche Versorgung erhalten. Ein Gesetz, welches nichtärztlichem Personal erlaubt, bis zum Eintreffen im Krankenhaus lebensrettende Maßnah­men durchzuführen, ist daher dringend erforderlich. Der vorliegende Entwurf würde einen dra­matischen Anstieg der Patientenversorgungsqualität bedeuten.

Frau Ministerin! Dieser Entschließungsantrag ist im Sinne der Patienten. Es wird zwar – das ist unbestritten – gerade in der ersten Zeit durch eine qualifizierte Ausbildung von Rettungssani­tätern zu Mehrkosten kommen, aber ich glaube, diese Kosten sind gerechtfertigt, wenn man be­denkt, daß ein Tag auf einer Intensivstation zwischen 10 000 S und 20 000 S kostet. Durch diese qualifizierte Ausbildung von Rettungssanitätern bekäme man dieses Geld in kürzester Zeit wieder herein, da die Patienten dann nicht so lange im Krankenhaus liegen müßten, weil sie be­reits während des Transportes in das Krankenhaus entsprechend qualitativ versorgt würden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Frau Kollegin! Wenn Sie bitte an die Motivation für den Antrag, die Sie bis jetzt vorgelesen haben, auch noch den eigentlichen Antrag anschließen wollen! Das sind die Zeilen vor den Unterschriften. – Bitte.


Abgeordnete Theresia Haidlmayr¦ (fortsetzend): Der Entschließungsantrag lautet wie folgt:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Freundinnen und Freunde betreffend Neuregelung der Ausbildung und Schaffung eines Berufsbildes für Rettungssanitäter

Der Nationalrat wolle beschließen:

Das Bundesministerium für Arbeit, Gesundes und Soziales wird aufgefordert, dem Nationalrat bis 31. März 1999 eine Regierungsvorlage, welche die Ausbildung der Rettungssanitäter neu regelt, zuzuleiten.

*****

Frau Minister Hostasch! Da geplant ist, einen diesbezüglichen Entwurf bis 28. Februar vorzule­gen, darf es, so glaube ich, auch kein Problem für SPÖ und ÖVP sein, diesem Antrag zuzustim­men, weil sie ja ohnehin vorhaben, bereits einen Monat vorher einen entsprechenden Entwurf vorzulegen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Motter.)

19.40


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Der eben verlesene Entschließungsantrag ist ord­nungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lackner. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschrän­kung. – Bitte.

19.41


Abgeordneter Manfred Lackner¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Mini­sterin! Geschätzte Damen und Herren! Wir beschließen heute eine Änderung des Sanitätshilfs­dienstgesetzes zum Zwecke der Vornahme der Frühdefibrillation durch Sanitätsgehilfinnen und Sanitätsgehilfen als dringliches Anliegen. Diese Maßnahme findet – und das wird für Sie nicht besonders überraschend sein – meine ungeteilte Zustimmung. Allerdings ist dieses dringende Anliegen lediglich als Vorgriff auf eine umfassende Neuregelung dieser Problematik zu sehen und auch so zu verstehen; eine Einschränkung, die ich auch schon im Gesundheitsausschuß deponiert habe. Ich beziehe mich hiebei auf eine Vereinbarung mit der ÖVP, zu deren Inhalt ich nach wie vor stehe, und hoffe, daß wir bis zum 28. Februar 1999 dem Parlament einen diesbe­züglichen Gesetzentwurf vorlegen können.

Geschätzte Damen und Herren! Im Begutachtungsverfahren zum Ministerialentwurf und im Vor­feld zur heutigen Sitzung wurde viel über den “Todesstoß für das Ehrenamt” durch diese legi­stische Maßnahme zur Neuregelung des Berufsbildes “Sanitäter” gesprochen. Den Vogel hat dabei, wie Kollege Guggenberger bereits angedeutet hat, der Landeshauptmann von Salzburg abgeschossen, der der Ministerin Hostasch durch diese geplante Maßnahme quasi unterstellt hat, daß die Ehrenamtlichkeit damit in Gefahr wäre. Er schreibt weiters ganz locker: Wir wollen, daß es im Bundesland Salzburg auch weiterhin ehrenamtliche Mitarbeiter bei den Rettungs­diensten, den Schützen, der Freiwilligen Feuerwehr sowie im Sport-, Sozial- und Kulturbereich gibt. – Kollege Rasinger, es war mir bis zum heutigen Tage wirklich nicht bewußt, daß auch die Schützen und die Sportler zu Rettungssanitätern oder Notfallsanitätern mit Kompetenz umge­schult werden sollen, wahrscheinlich ist mir die diesbezügliche Passage im Gesetz entgangen. Aber ich werde mich gerne von dir darüber aufklären lassen.

Geschätzte Damen und Herren! Es sei von dieser Stelle aus klar und deutlich gesagt: Die Intention dieses Gesetzes war nie ein In-Frage-Stellen der Ehrenamtlichkeit in diesem Bereich, damit das ein für alle Mal klargestellt ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Leiner ist leider nicht anwesend. Auch ich habe mich am Höhepunkt der medialen Be­richterstattung zu diesem Thema natürlich zu Gesprächen mit den Rote-Kreuz-Stellen begeben und mit den betroffenen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Notärzten sehr konstruktive Ge­spräche geführt. Ich kann wirklich nicht sagen, daß bei diesen Gesprächen große Ablehnung zu erkennen war, also daß die Betroffenen sich mit diesem Regierungsentwurf nicht anfreunden konnten. Im Gegenteil! Ich wurde aufgefordert, in dieser Richtung weiterzumachen. Dieser Auf­forderung bin ich natürlich gerne nachgekommen, und ich bin nach wie vor bereit, weiterhin daran zu arbeiten, daß diese Gesetzesvorlage dieses Haus passieren wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Geschätzte Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend noch ganz kurz ein paar Bemer­kungen machen: Natürlich sind im Begutachtungsverfahren sehr viele durchaus nützliche Erkenntnisse zu diesem Problem eingegangen. In den darauffolgenden Diskussionen mit den Organisationen, den Ländern und den Gewerkschaften konnte daher bezüglich dieses Pro­blems eine weitgehende Annäherung erreicht werden, und ich halte das für einen sehr großen Fortschritt.

Ich bin daher durchaus optimistisch, daß bis Ende Februar, also bis zum vereinbarten Zeitpunkt, ein diesbezüglicher Gesetzentwurf in diesem Hause vorgelegt werden kann und auch beschlos­sen werden wird. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

19.45


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil zu Wort ge­meldet. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.46


Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministe­rin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Zum Antrag auf Defibrillation durch MTF und SHD kann man nur folgendes sagen: Es ist eine schnell getroffene Notlösung in einem bereits seit Monaten andauernden Koalitionsstreit zwischen Rot und Schwarz über das Rettungssanitäter­gesetz. Und nur damit bei einem Notfall kein Patient zu Schaden kommt, stimmen wir diesem Antrag zu. Über den Ministerialentwurf des Bundesgesetzes zur Ausbildung und zum Berufsbild des Sanitäters konnte indessen, obwohl der Begutachtungszeitraum schon abgeschlossen ist, zwischen ÖVP und SPÖ bis jetzt keine Einigung erzielt werden. Insgesamt ist zu sagen: Die Form der Politik, die in dieser Frage von den Regierungsparteien vorgeführt wird, ist absolut in­akzeptabel und abzulehnen! Das ist keine Politik für den Bürger, das ist keine Politik, zu der wir ja sagen können! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

ÖVP und SPÖ reden über dieses Thema. Wir haben gehandelt und einen etwas ungewöhn­lichen Vorgang in der Geschäftsordnung gewählt, den ich noch einmal erläutern möchte, weil Frau Dr. Pittermann, die leider nicht mehr anwesend ist, diese Geschäftsordnung, wie aus ihrem Pressedienst ersichtlich ist, offensichtlich nicht ganz durchschaut hat. (Abg. Grabner: Sie war die ganze Zeit da! Sie hingegen waren die ganze Zeit nicht da!) Na ja, ich habe auch Frau Dr. Pittermann und nicht mich angesprochen. Und sie ist derzeit nicht anwesend!

Wir haben eine Vorgangsweise nach § 27 GOG gewählt, also einen Selbständigen Antrag unter Beifügung des vollständigen Ministerialentwurfes einschließlich der aus freiheitlicher Sicht stritti­gen Punkte im Ausschuß eingebracht.

Was wäre möglich gewesen? – Es wäre möglich gewesen, den begutachteten Entwurf dieser längst überfälligen Reform der Sanitätshilfsdienste im Ausschuß zu diskutieren. Was ist pas­siert? – Es ist unglaublich, aber unter der derzeitigen Regierung werden die eigenen Ministerial­entwürfe abgelehnt!

Und worum geht es im Endeffekt? – Um eine vordergründig schnelle Lösung, um den Bürger zu beruhigen, weil ein umfassendes Gesetz nicht zustande gebracht werden kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.48


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Pumberger: Der Rasinger ist auch schuld! – Abg. Dr. Khol: Dem Rasinger können Sie nicht das Wasser reichen!)

19.48


Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das, was ich heute gehört habe, hat mich eher betroffen gemacht, denn es wurde so geredet, als ob das österreichische Rettungswesen Dritte-Welt-Niveau hätte. Man kann meiner Überzeugung nach ohne Übertreibung sagen, daß wir da Weltklasseniveau haben!

Im Jahre 1986 hat Minister Löschnak die Notarztausbildung eingeführt – das dürfen wir nicht vergessen, denn ich glaube, das ist sehr entscheidend! Hubschrauber retten Tausende Leute pro Jahr – ihr Vorhandensein ist wichtig, denn es nützt niemandem, wenn es zwar ausgebildete Notärzte gibt, aber nichts, um die Opfer überhaupt zu ihnen zu bringen! Und drittens: Hunderte, wenn nicht weit über tausend Ärzte haben Notarztkurse absolviert, und auch die Spitäler als Teil dieser Kette können Unfallopfer viel besser versorgen. Also hören wir bitte damit auf, unser be­stehendes Notfallsystem krankzureden!

Was Sie, Frau Haidlmayr – ich schätze Sie sehr –, soeben aufgeführt haben, war gesundheits­politisches Tamagotchi spielen, wirklich! Ich bin seit 15 Jahren praktischer Arzt, aber ich habe heute noch Respekt vor jedem Notfall. Sie passieren nicht sehr häufig, aber wenn es einen gibt, haben Sie maximal drei bis vier Minuten Zeit zum Reagieren. Einmal ist jemand bei einem Ball vor tausend Leuten umgefallen. Wissen Sie, wie viele Leute geholfen haben? – Null, nur ich! Von tausend Leuten! Wir erleben immer wieder, daß die Leute Angst haben. Das ist nicht so einfach, daß Sie im Notfall irgendwo hingreifen und zuerst die Bedienungsanleitung lesen können. Ihr Herz rast, die Hände schwitzen, Sie sind nervös. Das ist ja keine Alltagssituation!

Daher ist das, was Sie vorhin gemacht haben, absolut nicht seriös, nämlich zu behaupten, das wäre so einfach. Es ist eben nicht so einfach! Und es stimmt auch nicht, daß in Amerika überall ein Defibrillator herumhängt. Das stimmt einfach nicht! Ich zitiere – man soll immer genau sein, und darum bemühe ich mich auch –: Die American Heart Association, eine Herz-Gesellschaft, schätzt, daß man 350 000 Menschenleben retten könnte – also 10 000 in Österreich, das hat auch die Gewerkschaft behauptet, nur hat sie nicht zu Ende gelesen –, wenn solch ein Defi­brillator überall in Greifweite wäre. – Zitatende.

Eines dieser Geräte allein kostet 35 000 S bis 70 000 S! Wer hat so etwas etwa in diesem Saal? Was wäre, wenn hier jemand umfällt? Die wichtigste Maßnahme der Ersten Hilfe – das wissen Sie ganz genau, und das sollte man immer wieder wiederholen, auch Günther Leiner hat es schon gesagt – ist, die Atemwege freizumachen und eine Mund-zu-Mund-Beatmung durch­zuführen. Wenn Sie keine Herzmassage machen, haben Sie genau drei bis fünf Minuten Zeit, danach ist es mit Ihrem Gehirn vorbei. Dann können Sie mit dem Defibrillator noch soviel Herz-Kreislauf zusammenbringen, Sie produzieren einen Apalliker. Das muß man einmal zur Kennt­nis nehmen! Dieses Problem wird völlig überhöht dargestellt und so getan, als ob wir in Öster­reich diesbezüglich auf einem Dritte-Welt-Niveau wären. Das ärgert mich, und ich sage es Ihnen auch, denn ich schätze Sie höher ein. (Beifall bei der ÖVP sowie bei den Abgeordneten Dr. Gredler und Mag. Guggenberger.)

Gleiches gilt für die Bemerkungen der Frau Abgeordneten Motter – ich schätze sie auch sehr – wie etwa Schmalspurvariante, Zeitverzug und so weiter. Ich glaube, wir sollten uns Zeit neh­men, ein ordentliches Gesetz zu machen. Wir sollten aus den Erfahrungen in Deutschland lernen. Der Papst der deutschen Notfallmedizin, Professor Sefrin, hat mir gesagt, die Vor­schläge, die die ÖVP eingebracht hat, seien gar nicht so unvernünftig, denn in Deutschland sind durch ein überzogenes Gesetz, aufgrund dessen am wirklichen Bedarf vorbei ausgebildet wurde, Proble­me entstanden, die Ehrenamtlichkeit ist heute total zurückgegangen. Wissen Sie, was dar­aus geworden ist? – Es gibt dort weder die hauptamtliche noch die ehrenamtliche, sondern gar keine Hilfe! Ist das die Alternative? – Ich sage: Nein! (Beifall bei der ÖVP.)

Glauben Sie mir: Ich habe Respekt vor dem Leben, sehr viel Respekt! Auch meine Kollegen in der ÖVP wollen rasche Hilfe, aber wir wollen auch kompetente Hilfe. Und zu unterstellen, daß es uns eigentlich egal ist und nur die großen Organisationen die ÖVP über den Tisch gezogen hätten, ist absurd. Glauben Sie wirklich, daß Günther Leiner und ich oder Frau Abgeordnete Rauch-Kallat so kindisch sind, daß es uns nur um Lobbyismus geht? Jeder Mensch ist mir gleich viel wert, und wenn wir nur einen einzigen retten können, dann werden wir das tun. Wir werden auch der Ministerin bei Vorschlägen, die umsetzbar sind, helfen. Dafür hat sie mein Wort und das Wort der ÖVP! (Beifall bei der ÖVP.)

19.53


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.53


Abgeordnete Dr. Martina Gredler¦ (Liberales Forum): Vielen Dank, Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist nicht notwendig, sich mit solcher Heftigkeit in einer emotionellen Art und Weise mit diesem Problem auseinanderzusetzen. Wir sind uns darin einig, daß wir wünschen, daß jeder, der einen Herzstillstand hat, so schnell wie möglich kompetente Hilfe bekommt. Und wenn der Defibrillator das beste Gerät ist, das in dieser Situation angewendet werden kann, dann soll man es auch verwenden. Nur, man muß sich dessen sicher sein, was man zu tun hat. Und meine Kritik betrifft die Ausbildungszeit.

Denn es geht nicht darum, zu wissen, auf welchen Knopf man drücken muß, um das Gerät in Gang zu setzen, und an welcher Stelle des Körpers des Patienten diese zwei Elemente anzu­wenden sind, sondern darum, ob ich mir ganz sicher bin, daß die Verwendung dieses Gerätes in der jeweiligen Situation die richtige Maßnahme ist. Das kann man, glaube ich, unter Umstän­den in 15 Stunden gar nicht so genau lernen, wie man es braucht!

Das, was ich mir wünsche, ist, daß es in solchen Notfällen zu einer guten Kommunikation mit Erste-Hilfe-Einheiten kommt, und zwar per Funk. Der Sanitäter oder die Sanitäterin sollte per Funk bekanntgeben, was für eine Art von Situation er/sie vorgefunden hat, sodaß per Funk, in Koordinierung mit einem Facharzt, der dafür ausgebildet worden ist, genaue Anweisungen erteilt werden können, die er/sie zu befolgen hat. Und dann, wenn es Defibrillieren heißt, sollten diese Personen selbstverständlich auch defibrilliert werden. Aber ich fürchte, daß nun jeder, der einen, sagen wir, nicht so offensichtlich tastbaren Puls hat, auf jeden Fall defibrilliert wird, ohne daß wirklich hinterfragt wird, ob diese Behandlung der Situation angemessen ist oder nicht und ob diese Person nicht vielleicht ein anderes Problem hat.

Ich glaube also, daß man damit eher vorsichtig sein sollte. Es ist nicht so, daß dieses Gerät nicht wünschenswert wäre. Es ist wünschenswert, aber es muß von den richtigen Händen be­dient werden, und vor allen Dingen müssen diese Leute, nämlich die Sanitätsgehilfen und -ge­hilfinnen oder die Krankenpfleger und -pflegerinnen, sehr sorgsam auf die Situation vorbereitet werden, daß das Leben einer Person in ihrer Hand liegt oder nicht.

Eine Regelung mit Funk halte ich für die entscheidende Maßnahme. Es muß möglich sein, eine Kommunikation aufzubauen, die während der Arbeit am Patienten stattzufinden hat. Und ich glaube, diesbezüglich haben wir in Österreich das größte Manko, dagegen könnten wir einiges tun.

Ich möchte noch kurz auf das Dentistengesetz zu sprechen kommen, das eine notwendige Adaptierung darstellt. § 6 erscheint mir sehr unglücklich getroffen, und zwar deswegen, weil es darin heißt, daß man die Bezeichnung Zahnarzt, nachgestellt in Klammern: Dentist, verwenden kann. Aber die Dentisten haben im Vergleich mit den Zahnärzten ein eingeschränktes Aufga­ben­­gebiet, insbesondere was die chirurgischen Fähigkeiten anbelangt. Und deshalb ist es, glaube ich, für den Patienten eher verwirrend, wenn keine genaue Differenzierung erfolgt. Auf­grund dieser Namensgleichheit ist es dem Patienten sozusagen unmöglich, zu wissen, daß die­ser Mensch auf dem chirurgischen Sektor gesetzlichen Einschränkungen unterliegt, denen ein Zahnarzt nicht unterliegt.

In diesem Punkt ist, glaube ich, das Gesetz mißlungen. Ansonsten werden wir selbstverständ­lich auch der Vorlage folgen und sie unterstützen, damit die notwendige Adaptierung an die EU erfolgt.

Zum dritten, dem Antrag der Freiheitlichen Partei: Es wurde, wie Sie von Klara Motter wissen, von uns ein ähnlicher Antrag formuliert, der aufgrund der Uneinsichtigkeit der Koalitionsparteien leider Gottes schon längst im Papierkorb gelandet, entsorgt worden ist. Es ist absolut notwen­dig, daß das Berufsbild der ärztlichen Helferinnen und Helfer sowie der zahnärztlichen Helferin­nen – ich kenne zwar noch keinen Helfer, aber hoffentlich kommt es bald dazu, daß auch Männer diesen Beruf ergreifen – adaptiert wird, sodaß er von einem Anlernberuf zumindest zu einem Lehrberuf wird, wenn nicht überhaupt andere Berufsbilder geschaffen werden sollten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich habe in Amerika in zahnärztlichen Ordinationen das Berufsbild der Ordinationsmanagerin kennengelernt. Dieses gibt es auch in anderen Ordinationen. Ich halte das für eine absolut not­wendige Entwicklung, die man sich genauer vor Augen führen sollte. Wenn die Ordinationsein­heiten größer werden, wenn mehrere Ärzte in diesen Einheiten arbeiten, dann braucht man dafür so etwas wie einen Manager. Ob das nicht ein Berufsbild ist, das auf eine Fachhoch­schule passen würde, möchte ich in den Raum stellen. Ich fürchte nur, daß der Widerstand da­gegen ziemlich groß sein wird, denn jede bessere Ausbildung bedeutet mehr Geld. Man muß die Gehälter erhöhen, etwas, was ich für eine absolute Notwendigkeit halte. Die Gehälter, die diesen Frauen im Moment ausbezahlt werden, sind viel zu gering. Ich sage nur “diesen Frauen”, weil es ganz typisch ist: Es ist ein Frauenberuf und deshalb weniger wert!

Ich halte es eigentlich für eine Unverschämtheit, eine derart verantwortungsvolle Position der­maßen schlecht zu remunerieren. Das Berufsbild hat sich geändert, diese Frauen müssen heute viel mehr können als früher. Sie haben viel mehr Geräte zu bedienen und zu warten, sie müssen neue Fähigkeiten entwickeln. Ich weiß das aus meiner eigenen Ordination, wo plötzlich der Computer Einzug gehalten hat und – peng! – die Helferinnen von mir natürlich “genötigt” wurden, auch den Computer zu bedienen. Sie machen das jetzt zwar sehr gerne, aber trotz­dem, es ist eine zusätzliche Belastung mit der Notwendigkeit einer Schulung, einer Fortbildung, die es früher in dieser Form nicht gegeben hat, auf sie zugekommen.

Ich würde mir wünschen, daß Sie, Frau Bundesministerin, diesen Frauen so bald wie möglich die Chance geben, daß ihr Beruf so beschrieben wird, daß auch die Gehälter dann adäquat ge­staltet werden. Ich weiß, daß es in der SPÖ Unterstützung in dieser Angelegenheit gibt, und ich würde mir auch die Unterstützung der ÖVP in dieser Angelegenheit sehr wünschen. Ich hoffe, daß Sie sich durchsetzen, wenn Sie jetzt nicken, denn ich glaube, daß wir damit für Frauen ein Berufsfeld in verantwortungsvoller Position eröffnen – und vielleicht sogar einmal für Männer! (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Mag. Stoisits.)

20.00


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.00


Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Es ist heute schon wiederholt darauf hingewiesen worden, daß diese beabsichtigte Änderung des MTF-SHD-Gesetzes künftig unter anderem auch qualifizierten Ehrenamtlichen diese diskutierte Defibrillatoranwendung ermöglichen wird.

Das ist gut so. Damit werden wahrscheinlich mehr Menschenleben gerettet werden können. Es ist für mich aber genauso wichtig, daß dieser Antrag der Regierungsfraktionen die Schaffung eines umfassenden Sanitätergesetzes einleitet. Ich bin zuversichtlich, daß, wie vereinbart, bis Ende Februar dem Nationalrat ein abgestimmter Entwurf vorliegen wird. Und wenn es schon nicht bis Ende Februar ist, dann vielleicht bis nach den Landtagswahlen in Salzburg, denn dann gibt es für den Salzburger Landeshauptmann keinen Grund mehr, das Ehrenamt totzureden.

Ich möchte – es ist auch vor mir schon wiederholt geschehen – noch einmal auf diese pene­trante Unterschriftenaktion hinweisen, bei der der Salzburger Landeshauptmann anführt: Wir wollen, daß es auch in Zukunft im Bundesland Salzburg diese ehrenamtlichen Mitarbeiter um­fassend für alle Vereine gibt. – No na, Herr Landeshauptmann! Wir wollen das nicht nur für das Bundesland Salzburg, die SPÖ will das natürlich für das gesamte Österreich, und sie hat auch in der Vergangenheit aktive Beiträge dazu geleistet. Es ist schon sehr seltsam, wenn das von derselben Partei kommt, die noch vor wenigen Monaten – hier ist ein gewisses Maß an Doppel­bödigkeit erkennbar – gerade diese Ehrenamtlichkeit, ja sogar noch mehr, die Vereine in der Frage der Zeltfeste flächendeckend liquidieren wollte.

Es ist, wie ich meine, ein Unterschied, ob wir das Ehrenamt im Zusammenhang mit irgend­welchen Sport- oder Kulturvereinen oder in der Frage von Rettungseinrichtungen, bei denen es um Menschenleben geht, diskutieren. Ich glaube, wir sollten uns einig sein, daß die Ausbildung bei den Rettungsdiensten eine andere Wertigkeit haben soll. Gerade der Einsatz der Ehrenamt­lichen und diese Ausbildung standen in der Vergangenheit sehr häufig in Diskussion, und sehr viele Zahlen wurden kolportiert. Nur waren sie, wie ich meine, nicht sehr seriös.

Ich möchte, wie ich es im Ausschuß getan habe, auch hier noch einmal darauf hinweisen: Ich habe mir die Mühe gemacht und Zahlen erhoben – ehrliche Zahlen. Ich habe das sehr umfas­send für einen Bezirk in meinem Bundesland Burgenland getan, und ich kann vorwegnehmen, daß das Ergebnis für das gesamte Land gleich ist und daß die Situation auch in anderen öster­reichischen Bundesländern gleich ist. Ich darf deshalb die für diesen einen Bezirk erhobenen Zahlen auch hier zur Kenntnis bringen:

Der Leistungsbericht, der aus dem Jahr 1997 stammt, weist 344 Ehrenamtliche aus. Tatsächlich sind davon etwa 130 im Rettungsdienst tätig. Der Rest sind Ortsstellenleiter, Funktionäre, Per­sonen, die im Sozialdienst eingesetzt sind, oder es handelt sich um Karteileichen. Was die Dienststunden betrifft, so sind in diesem Leistungsbericht, der ja veröffentlicht wurde, mehr als 46 000 ausgewiesen. Tatsächlich wurden etwa die Hälfte davon – ungefähr 24 000 – schriftlich dokumentiert. Wir haben allen Grund, anzunehmen, daß diese Zahl richtig ist, zumal diese Stun­den ja auch – wenn auch nicht sehr hoch, aber doch – dotiert sind. Wenn wir die angegebenen 46 000 Stunden umrechnen, würde das bedeuten, daß täglich mehr als fünf Ehrenamtliche 24 Stunden Dienst versehen. Das ist aber nicht annähernd der Fall.

Was die Einsätze betrifft, so wird deren Anzahl mit 21 700 angegeben. Ich möchte Ihnen die genaue Aufteilung ersparen und nur anmerken, daß 5 000 Einsätze registriert sind, die von den Freiwilligen geleistet wurden. Das heißt, diese 5 000 Einsätze werden durch 130 Freiwillige ge­leistet. Wenn man sich diese 5 000 Einsätze ein bißchen genauer ansieht, dann erkennt man, daß davon etwa 90 Prozent, nämlich 4 400, von lediglich 22 sehr engagierten Freiwilligen ge­leistet werden. Wir stellen auch fest, daß von diesen 22 Personen ein Drittel bereits die Ausbil­dung zum Notfallsanitäter absolviert hat. Ich weiß auch, daß diese sehr engagierten Mitarbeiter bereit sind, sich noch sehr umfassend weiterzubilden. Daß große Bereitschaft zur Weiterbildung besteht, beweist ja auch die Anzahl der Stunden, die diese Leute jetzt schon leisten. Diese  Anzahl liegt in der Größenordnung von 200 bis 800 Stunden. Das heißt, daß von den restlichen 110 Freiwilligen nur 10 Prozent der Einsätze, das sind rund 600, geleistet werden.

Im gesamten Burgenland sind 1 789 Ehrenamtliche registriert. Tatsächlich sind 370 im Ret­tungsdienst eingesetzt, also etwa 20 Prozent. Wenn man diese Zahl genauer betrachtet, ist zu erkennen, daß ein Drittel davon, etwa 123, bis zu drei Einsätze leistet. Angesichts dieser Zah­len möchte ich Herrn Dr. Rasinger und Herrn Dr. Leiner schon fragen: Wo ist das Ehrenamt abzu­gren­zen? – Ich glaube, wenn jemand einmal im Jahr 25 Minuten oder eine Stunde lang im Ein­satz ist und davon die meiste Zeit auf Fahrzeiten entfällt, kann man von einem Ehrenamt nicht mehr reden, zumindest nicht von einem Ehrenamt, das verantwortungsvoll ausgeübt wird. Es darf nicht entscheidend sein, wo ein Unfall passiert und wer mit diesem Rettungsfahrzeug mit­kommt. Wir können das vielleicht erst dann besser erkennen, wenn wir selbst betroffen sind. Doch darauf wollen wir nicht warten.

Auch aus Kärnten, wo sich die Situation ähnlich wie im Burgenland darstellt, liegen mir Zahlen vor. Es gibt auch aus Niederösterreich Zahlen, wo in einem Bezirk 180 gemeldete Freiwillige aufscheinen, von denen tatsächlich 40 im Rettungsdienst tätig sind.

Ich glaube, die Zahlen beweisen, daß manche in der Vergangenheit dieses Thema sehr über­zogen und vor allem ohne richtige Grundlage diskutiert haben. Ich nehme aber an, daß diese Diskussionen beendet sind und daß wir nun auf einem anderen Niveau diskutieren. Ich bin davon überzeugt, daß die schon begonnenen Gespräche zum neuen Sanitätergesetz in einem guten Klima und vor allem mit gutem Ergebnis zu Ende geführt werden.

Ich darf der Frau Bundesminister und allen ihren Mitarbeitern zu diesem vorliegenden Entwurf gratulieren. Er stellt ein klares, transparentes und durchlässiges Modulsystem dar. Er nimmt Rücksicht auf die Anforderungen der haupt- und ehrenamtlichen Sanitäter und gewährleistet auch ein optimales Versorgungssystem für unsere Bevölkerung.

Ich möchte abschließend noch darauf hinweisen, daß dieser Entwurf bereits einen Kompromiß darstellt und daß wir mit weiteren Abstrichen sehr vorsichtig sein müssen. Schließlich wollen wir, daß die Sanitäter endgültig aus der permanenten Rechtsunsicherheit befreit werden, daß le­bens­rettende Maßnahmen nicht erst irgendwann später beim Eintreffen im Krankenhaus durch­geführt werden und daß jeder Ehrenamtliche natürlich auch nachher seinen Platz in diesem System finden kann. Vor allem ist es uns wichtig, daß für die Bevölkerung ein optimales Versor­gungssystem gewährleistet wird.

Ich bin überzeugt davon, daß die Koalition in den nächsten Wochen einmal mehr ihre Lösungs­kompetenz auch in dieser Frage beweisen wird. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.08


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.09


Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde mich in meinen kurzen Ausführungen hauptsäch­lich mit dem Tagesordnungspunkt 6, dem Antrag betreffend den Ausbildungsstand und das Be­rufsbild von Arzt- und Zahnarzthelferinnen, auseinandersetzen. Im Gesundheitsausschuß hat dieser Antrag leider keine Mehrheit gefunden. Das sagt aber noch nichts über seine Qualität aus: Viele sinnvolle Vorschläge sind in diesem Haus nicht oder noch nicht mehrheitsfähig.

Es ist eine Tatsache, meine Damen und Herren, daß die Kolleginnen und Kollegen meiner Frak­tion schon in der Vergangenheit mehrfach diese erhöhte Berufsqualifikation eingefordert haben. Bisher waren aber diese Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt, weil das zuständige Bundesmi­nisterium die Erarbeitung eines Berufsbildes bis dato immer hinausgezögert oder für einen späteren Zeitpunkt in Aussicht gestellt hat. Warum das so ist, das hat uns die Frau Bundesmi­nister auch im Ausschuß nicht verraten.

Mir ist eigentlich unverständlich, warum es in dieser Frage zu keiner Klärung gekommen ist, denn eine solche wäre ja im Interesse vor allem der Frauen, die in diesem Beruf tätig sind, gele­gen. Man bräuchte nicht einmal das Rad neu zu erfinden, denn sowohl die Österreichische Ge­sellschaft für Allgemeinmedizin als auch der Berufsverband der Arzt- und Zahnarzthelferinnen haben in diesem Punkt Konzepte vorgelegt.

Ich möchte aber einen weiteren wichtigen Aspekt hervorheben. Es müßte doch eigentlich im Interesse einer vernünftigen Sozialpolitik liegen, einen Beitrag zur Bekämpfung der hohen Arbeitslosigkeit in unserem Land, vor allem zum Abbau der Frauenarbeitslosigkeit, zu leisten. Der Lehrberuf der Arzthelferin würde nämlich nicht bloß zu einer besseren Qualifikation führen, sondern würde vielleicht auch rund 1 500 neue Lehrstellen schaffen. Mir ist nicht ganz klar, wie sich eine Partei, die sich angeblich so um die Arbeitsplätze bemüht, diesem Argument auf Dauer verschließen kann.

Dafür, daß diese Idee keineswegs abwegig ist, scheint mir eine Mehrparteieneinigung in der Steiermark ein deutlicher Hinweis zu sein. Der Steiermärkische Landtag hat in seiner Sitzung am 15. Dezember 1998 mit den Stimmen der Freiheitlichen, der Sozialdemokraten und der Volks­partei beschlossen, an die Bundesregierung mit dem Anliegen heranzutreten, sie möge Maß­­nahmen zur Schaffung des Lehrberufes Arzthelfer in die Wege leiten. Ich würde gerne mor­gen nach Graz zurückfahren und am Freitag bei der Wiedereröffnung der neuen Augenklinik im Landeskrankenhaus berichten, daß sich der Nationalrat in dieser Frage der Meinung des Land­tages angeschlossen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich abschließend noch eine kurze Bemerkung zum Rettungssanitätergesetz ma­chen. Die vielzitierte Defibrillation läuft zurzeit als steirischer Modellversuch. Ich halte das für eine wichtige Maßnahme, um Leben zu retten. Das ist uns aber für den gesamten Themen­be­reich, der damit hätte geregelt werden sollen, einfach zuwenig. Es ist ein Koalitionskompro­miß, und zwar ein sehr knapper Kompromiß. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.12


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Steibl. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.12


Abgeordnete Ridi Steibl¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn die Vorführung von Kollegin Haidlmayr zur Anwendung des Herzwiederbele­bungsgerätes aussagen sollte, daß das angeblich so kinderleicht ist, dann glaube ich, daß das schlichtweg eine Abwertung der hauptamtlichen und der ehrenamtlichen Sanitäter in unserem Land ist. (Abg. Haidlmayr: Das stimmt nicht! Das stimmt nicht!) Denn es ist nicht kinderleicht – ich weiß das aus eigener Erfahrung: Mein Mann ist Rettungssanitäter, und diese Anwendung ist nicht so ein­fach.

Ich denke, daß zu diesem Punkt noch gesagt werden sollte, daß es in der Steiermark sechs Monate lang ein Pilotprojekt gegeben hat, das auf Initiative von Frau Landeshauptfrau Waltraud Klasnic unter der ärztlichen Leitung des Chefarztes des steirischen Roten Kreuzes durchgeführt wurde. Dieses Pilotprojekt hat gezeigt, daß dieses Gerät sinnvoll und notwendig ist.

Mittlerweile gibt es in der Steiermark 48 Geräte in 318 Rettungsautos. Diese Geräte waren 53mal im Einsatz, wobei acht Menschen lebend eingeliefert werden konnten, von denen aber leider – und das zeigt auch, daß es die “Leichtigkeit des Seins” nicht gibt – nur drei überlebt haben.

Ich hoffe, daß es nun österreichweit auch eine Finanzierung gibt, daß darüber nachgedacht wird, wie diese Geräte angeschafft werden können, damit gerade diese wichtige Maßnahme greifen kann. Wir alle wissen, daß das der erste Schritt in bezug auf die gesamte anstehende Gesetzesnovelle ist.

Nun aber zum Berufsbild von Arzthelferinnen und Zahnarzthelferinnen. Kollege Kurzmann sagt, er würde gerne in die Steiermark zurückfahren und sagen, das ist nun beschlossen und erledigt. Dazu kann ich nur sagen: Auch ich würde das gerne tun, aber so einfach ist das nicht. Ich glaube, gut Ding braucht Weile. So habe ich zum Beispiel schon am 30. Juni 1997 an Frau Mini­sterin Hostasch auf die Initiative des Steiermärkischen Landtages hin eine Anfrage gestartet, und sie hat mir damals – auch in bezug auf die Arzthelferinnen, aber zunächst einmal vor allem in bezug auf die Zahnarzthelferinnen – in ihrer Antwort bestätigt, daß für Zahnarzthelferinnen keine gesetzlichen Regelungen bestehen, und meint, daß die Schaffung von Rechtsgrundlagen für zahnärztliche Assistentinnen aus fachlicher Sicht erforderlich erscheint. Eine Umsetzung der bereits erfolgten umfassenden Vorarbeiten in diesem Bereich sei in Aussicht genommen. – Das war am 30. September 1997.

Wir glauben und hoffen – und wir unterstützen die Frau Ministerin noch eine Zeit­lang; wir haben Geduld –, daß sie das auch einbringt und daß wir dann im Ausschuß gemein­sam zunächst einmal das Berufsbild für Zahnarzthelferinnen und in der Folge dann auch für Arzthelferinnen über die Bühne bringen.

Ich warne aber davor, zu glauben, daß das vielleicht eine Änderung des Gehaltes mit sich bringt. Ich denke, wenn es zum Beispiel im 17. Berufsjahr eine kollektivvertragliche Entlohnung von nur 14 800 S gibt, dann muß man auch da ansetzen und eine bessere kollektivvertragliche Rege­lung für die Zahnarzthelferinnen herbeiführen.

Ich denke, daß das Berufsbild für diese Ausbildung natürlich auch deshalb wichtig ist, weil es in Österreich sehr breite Schwankungen gibt. So ist etwa in Tirol die Ausbildung mit 62 Stunden be­messen, in der Steiermark dagegen zumindest mit 216 Stunden. Diese Zahnarzthelferinnen müssen daneben aber auch ihre 40-Stunden-Woche ableisten.

Es gibt hierzu auch eine Unterstützung seitens unseres Herrn Dr. Leiner, die auch in Form einer Presseaussendung zum Ausdruck kommt. Ich bin daher überzeugt davon, daß wir zusammen mit Herrn Dr. Rasinger sowie mit den Mitgliedern des Gesundheitsausschusses eine Einigung finden werden, wenn Frau Ministerin Hostasch eine Vorlage in dieser Richtung einbringt. (Beifall bei der ÖVP.)

20.16


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Buder. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.17


Abgeordnete Hannelore Buder¦ (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte mich noch seitens unserer Fraktion mit dem Tagesordnungspunkt 4 befassen, mit der Novelle zum Dentistengesetz. Damit wird heute die rechtliche Gleichstellung der Dentisten mit den Zahnärzten und die Umsetzung der Zahn­ärzterichtlinien für die Dentisten erreicht. Es erfolgt mit dieser Novelle eine Anpassung des Be­rufsbildes, der Berufsberechtigung sowie der Berufsbezeichnung. Außerdem umfaßt die Novelle die Eliminierung von nicht mehr anzuwendenden Bestimmungen, insbesondere von jenen über die Dentistenausbildung, die es ja nicht mehr gibt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Novelle umfaßt weiters notwendige berufsrechtliche An­passungen an die Berufsgesetze anderer Gesundheitsberufe, insbesondere hinsichtlich Berufs­be­rechtigung, Berufssitz, Hilfspersonen und Strafbestimmungen. Da mit dem EWR- bezie­hungsweise EU-Beitritt Österreichs für den Beruf des Zahnarztes, der durch EU-Richtlinien har­mo­ni­siert ist, nun auch bei uns ein eigenes Studium der Zahnmedizin mit dem Abschluß “Dr. dent.” besteht, ist diese Novelle eine Rechtsanpassung an das EU-System. Es werden die Den­tisten den Zahnärzten rechtlich gleichgestellt und erhalten damit die Grundlage für die Aner­kennung in den anderen EWR-Mitgliedstaaten.

Dentisten gibt es nur in Österreich und in Deutschland. In Deutschland erfolgte bereits Mitte der fünfziger Jahre die Gleichstellung der Dentisten mit den Zahnärzten. In Deutschland und in Österreich wurden auch Südtiroler Dentisten ausgebildet, die nun natürlich großteils in Südtirol tätig sind. Die Umsetzung der Zahnärzterichtlinien im Dentistengesetz berücksichtigt auch diese in Südtirol tätigen Dentisten, denn die nunmehr vorgesehene Gleichstellung der Dentisten mit den Zahnärzten soll auch für die Südtiroler Dentisten Anwendung finden und ihnen eine umfas­sende Berufsausübung ermöglichen.

Sehr geehrte Damen und Herren! In Österreich gab es Ende 1990 noch 450 Dentisten. Diese Novelle betrifft zirka 260 Dentisten bei uns in Österreich, und diese stellen, da es ja keine Aus­bildung mehr gibt, tatsächlich eine auslaufende Berufsgruppe dar. In Österreich wurde im Rahmen des Universitäts-Studiengesetzes 1997 die Grundlage für ein EU-konformes Zahnarzt­studium geschaffen. Mit dem neuen Ärztegesetz 1998 hat der Zahnarzt ein eigenständiges ärzt­liches Berufsbild.

Da es mit dieser Novelle des Dentistengesetzes klare Gesetzesvorgaben für diese Berufs­gruppe gibt und keine Mehrkosten anfallen, stimmen wir Sozialdemokraten dieser Novelle sehr gerne zu. (Beifall bei der SPÖ.)

20.20


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte, Frau Bundesministerin.

20.20


Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch¦: Sehr geschätz­ter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, einige wenige Be­merkungen zu den gegenständlichen Vorlagen zu machen.

Es wurde von Ihnen das Dentistengesetz diskutiert. Hiezu eine vielleicht auch für Sie interes­sante Information: Es gibt derzeit etwa 270 praktizierende Dentisten. Sie wissen, daß es diesen Beruf des Dentisten außer in Österreich und in Deutschland in keinem der EU-Länder gibt und daher eine Harmonisierung der Berufsberechtigung erforderlich schien. Die neuen Ausbildungs­formen sind bereits durch nationale Gesetzgebungen in bezug auf das Studium sichergestellt.

Erlauben Sie mir auch eine kurze Bemerkung zu den Überlegungen in bezug auf die Arzthelfe­rinnen beziehungsweise zahnärztlichen Assistenten und Assistentinnen. Es wurde von Frau Abgeordneter Steibl bereits eine entsprechende Studie erwähnt. Ich möchte diese Studie nun aktualisiert haben und erwarte in Kürze die aktualisierte Fassung. Auf der Basis des aktualisier­ten Standes werde ich dann in der Lage sein, das neue Berufsbild zu entwerfen und der poli­tischen Diskussion zu unterziehen beziehungsweise in die Begutachtung zu geben. Ich hoffe, dabei mit Ihrer Unterstützung meinen Zeitplan einhalten zu können, damit meine Intention, dieses Berufsbild klar zu regeln und damit eine klare rechtliche Voraussetzung für die betroffe­nen Damen und Herren zu schaffen, in absehbarer Zeit realisiert werden kann.

Erlauben Sie mir aber, bei der Frage der Arzthelfer und -helferinnen – ich gebe all jenen recht, die meinen, es ist in erster Linie eine Frage von Arzthelferinnen – darauf zu verweisen, daß dieser Beruf im Rahmen der Gesundheitsberufe innerhalb der Sanitätshilfsdienste geregelt ist und daher ein Lehrberuf im Sinne unseres dualen Berufsausbildungssystems für eine derartige Tätigkeit nicht angesprochen werden kann. Wenn mir der Antrag des Steiermärkischen Land­tages zukommt, dann wird über diese Frage zwischen dem Gesundheitsressort und dem Steier­märkischen Landtag eine entsprechende Diskussion zu erfolgen haben, in der wir uns damit auseinandersetzen, wie mit der Überlegung der Steiermark umgegangen werden kann. Ich kann mich nur auf die für die Sanitätshilfsdienste geltenden Rahmenbedingungen beziehen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir noch einige kurze Bemerkungen zum Sanitätergesetz, und erlauben Sie mir, mit aller Klarheit festzustellen: Ohne ehrenamtliches Engagement unserer Bürger und Bürgerinnen wäre unsere Demokratie nicht so wertvoll, quali­tativ nicht so gut, und das Zusammenspiel in unserer Gesellschaft würde nicht in ihrer der­zeitigen Form funktionieren. Daher ein klares Bekenntnis zur ehrenamtlichen Tätigkeit! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, mich auch hier im Hohen Haus klar und deutlich dagegen zu verwahren, daß mir und meinem Ressort unterstellt wird, gegen Ehrenamt­lichkeit zu sein, Ehrenamtlichkeit zu behindern oder in Gefahr zu bringen oder Initiativen auf ge­setzlicher Ebene mit dieser Intention vorzusehen. Ich bitte mit allem Respekt, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich mich dagegen verwahre – auch im Sinne meiner Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, daß es in der Verantwortung eines Gesund­heitsressorts, einer Gesundheitsministerin liegt, dafür Sorge zu tragen, daß rechtliche Rahmen­bedingungen dafür geschaffen werden, daß ehrenamtliche und hauptamtliche Rettungsorga­ni­sa­­tionen auf einer guten, klaren rechtlichen Basis ihr Engagement entfalten können und daß unser vorbildliches Rettungswesen – da gebe ich Herrn Abgeordnetem Rasinger voll und ganz recht – auch in Zukunft vorbildlich bleibt. Der Schutz und die bestmögliche Versorgung der Patienten und Patientinnen muß absoluten Vorrang haben.

Daher ist es, glaube ich, ganz wichtig, daß wir nicht nur heute diesen ersten Teilschritt in bezug auf die Defibrillation beschließen, sondern daß das gesamte Gesetz, wie es sich derzeit in Diskussion befindet, alsbald im Hohen Haus diskutiert und auch beschlossen werden kann. Ich werde alles tun, um den Terminplan, der einen Abschluß der Verhandlungen bis Ende Februar vorsieht, auch tatsächlich einzuhalten, damit eine Beschlußfassung möglich ist.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir zu dieser Debatte noch folgende Bemer­kung: Ich hatte geglaubt, daß wir in einer Phase der Diskussion und auch der gemeinsamen Konsensfindung sind. Wenn ich den Punkt der Konsensfindung anspreche, dann könnte ich eine lange Liste von Betroffenen anführen – die Länder, einige Ministerien, die Rettungs­orga­nisationen, nicht zuletzt die beiden Regierungsparteien und noch viele andere mehr –, die aufgerufen sind, ein gemeinsames Ergebnis zu erzielen, das letztlich auch von allen akzeptiert wird. Aber ich hatte doch gehofft, daß wir mit der Information über die Intention des Gesetzes, über die konkreten Inhalte doch bereits wieder die sachliche Ebene erreicht hätten.

Daß hier aber, Herr Abgeordneter Leiner – verzeihen Sie, daß ich Sie so direkt anspreche –, der Eindruck vermittelt wird, daß mit diesem noch in Diskussion befindlichen Gesetz beab­sichtigt sei, für die Ausbildung von Sanitätern 1 600 Stunden vorzuschreiben, das betrachte ich wirk­lich nicht als fair, denn es hindert uns daran, eine von uns sehr korrekt geführte Diskussion auch in dieser Form weiterführen und zu einem Ergebnis bringen zu können. 1 600 Stunden Ausbildung sind in einem Modulsystem enthalten, das sehr flexibel, von einem Modul auf das andere Modul aufbauend, die höchste Qualitätsstufe des fachlichen Einsatzes, “Notfallsanitäter mit Notfallkompetenz”, umfaßt. Es ist aber der Eindruck erweckt worden – zumindest aus meiner Sicht –, als würde hier undifferenziert ein Ausbildungsniveau von 1 600 Stunden verlangt wer­den. Ich glaube, solche Irritationen sollte es nicht mehr geben. Wir sollten versuchen, zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen: für die Patienten, für die ehrenamtlich Tätigen, für die hauptamtlich Tätigen und für die Rettungsorganisationen. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.27


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir haben kein Schlußwort seitens der Berichterstatter und treten daher in das Abstimmungs­verfahren ein. Ich bitte Sie, zu diesem Zweck die Plätze einzunehmen.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1578 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Pumberger und Genossen einen Abänderungsantrag einge­bracht.

Ich werde daher zunächst über den vom Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Pumberger und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 6 Abs. 1 in Z 8 eingebracht.

Für den Fall Ihrer Zustimmung ersuche ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Ich lasse daher sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes nun in der Fassung des Aus­schußberichtes abstimmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehr­heit. Angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierfür ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Dies geschieht einhellig. Der Antrag ist damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies geschieht einhellig. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sani­tätshilfsdienste geändert wird, samt Titel und Eingang in 1579 der Beilagen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt ein­hellig. Angenommen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung er­teilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch diese Zustimmung erfolgt einhellig. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Haidlmayr und Genossen betreffend Neuregelung der Ausbildung und Schaffung eines Berufs­bildes für Rettungssanitäter.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minder­heit. Daher abgelehnt.

Schließlich kommen wir noch zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 1580 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Bericht der Bundes­regierung (III-149 der Bei­lagen) über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1997 gemäß § 9 Landwirtschaftsgesetz 1992 (Grüner Bericht 1997) (1533 der Beilagen)


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Ich rufe nun den 7. Punkt der Tagesordnung auf.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Die erste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Aumayr vor. Freiwillige Redezeitbeschrän­kung: 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.30


Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir diskutieren heute über einen zwei Jahre alten Bericht und über eine Landwirt­schaftspolitik, die nicht von gestern, sondern von vorgestern ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese Politik ist deswegen von vorgestern, weil sie die Bauern anstatt in die Freiheit in die Ab­hängigkeit von öffentlichen Förderungen und in die Bürokratie geführt hat! Und nicht nur das: Die ÖVP-Landwirtschaftspolitik vernichtet mit immer mehr Steuergeldern immer mehr Arbeits­plätze in der Landwirtschaft. Jährlich werden 8 000 bis 10 000 Arbeitsplätze in der Landwirt­schaft vernichtet. Ganz besonders grotesk ist aber, daß die Einkommen der verbleibenden Bauern immer weiter hinter den Einkommen anderer Berufsgruppen zurückbleiben.

Im Grünen Bericht 1997 steht es schwarz auf weiß: Die Bauern verdienten 1997 etwa halb soviel, wie sie laut Grünem Bericht hätten verdienen sollen. Ein selbständiger Bauer bekommt 14 000 S im Monat, ein in der Industrie beschäftigter Arbeitnehmer bekommt 28 000 S. (Zwi­schenruf der Abg. Sophie Bauer.) Bei den Pensionen schaut es genauso dramatisch aus: Die Bauernpensionen betragen 7 500 S, die Pensionen in der gewerblichen Wirtschaft 12 300 S, die der Angestellten 14 000 S. Laut Armutsbericht befinden sich bereits 30 Prozent der Bauern­familien unter der Armutsgrenze, das heißt jede dritte Bauernfamilie. Herr Bundesminister! Das ist wirklich ein politisches Armutszeugnis für Sie und für die gesamte ÖVP! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Beinahe 70 Prozent der landwirtschaftlichen Einkommen werden aber bereits durch öffentliche Förderungen finanziert; Anfang 1990 waren es noch 10 Prozent. Mit der Agenda 2000 wird sich dieser Weg in die Abhängigkeit noch verstärken, denn darin sind Preissenkungen von bis zu 30 Prozent vorgesehen, und diese werden nur zum Teil mit öffentlichen Förderungen ausge­glichen. Schaden für die österreichische Bauernschaft: 2 bis 3 Milliarden Schilling und eine weitere Abhängigkeit von öffentlichen Geldern.

Was macht der Herr Landeshauptmannstellvertreter von Oberösterreich, Herr Dr. Leitl? – Er läßt den Bauern am 18. Jänner 1999 in den “Oberösterreichischen Nachrichten” ausrichten: “Die Landwirtschaft kann sich nicht auf Dauer von Subventionen finanzieren.” – Das sagt Ihr eigener Parteikollege, Herr Bundesminister, Sie aber machen eine Politik, mit der Sie die Bauern auf Dauer in Abhängigkeit halten wollen. Genau diese Politik betreiben Sie! Mit der Agenda 2000 führen Sie die Bauern endgültig in die Sackgasse, Herr Bundesminister, und Sie wissen das! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kehren Sie endlich um! Dieser Weg führt in den Ruin des österreichischen Bauernstandes! Sie sind als Bundesminister den österreichischen Bauern verpflichtet und nicht irgendwelchen inter­nationalen Konzernen und den Lobbyisten in Brüssel! Eine Zigarette kostet bereits mehr als ein Kilo Weizen. Ein Kaugummi kostet mehr als ein Kilo Weizen. Herr Bundesminister! Das sind die Folgen Ihrer Politik. Das ist doch eine Katastrophe! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Bürokratie hat Ausmaße angenommen wie in Ländern, in denen die Planwirtschaft auf der Tagesordnung ist. Herr Bundesminister! Sie haben die Bauern zu Knechten degradiert, zu Knechten der Bürokraten in Österreich, in Brüssel und in Straßburg! Während die Einkommen der Bauern dramatisch sinken und Zehntausende Arbeitsplätze in der Landwirtschaft vernichtet werden, explodieren die Verwaltungskosten. Laut einer IHS-Studie vom September 1998 betru­gen die Gesamtkosten des Agrarsystems, also die Kosten des Landwirtschaftsministeriums, der EU-Verwaltungsaufwand, die Verwaltung der Fördermittel, die Kontrollkosten et cetera, im Jahr 1996 für einen selbständigen Landwirt sage und schreibe 280 000 S! Herr Bundesminister! 280 000 S Verwaltungskosten pro selbständigem Landwirt ist so viel, wie zwei selbständige Landwirte in einem Jahr schwerer Arbeit verdienen. (Abg. Wenitsch: Das ist unglaublich!) Das ist wirklich unbeschreiblich! Und das ist Ihre Politik, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

1994, also vor dem EU-Beitritt, betrugen die Verwaltungskosten mit 148 000 S um 90 Prozent weniger! Herr Bundesminister! Ich zitiere nicht aus einer freiheitlichen Studie, sondern ich zitiere aus der IHS-Studie vom September 1998. Diese Studie hat all unsere Argumente gegen die EU-Landwirtschaftspolitik bestätigt. Schwarz auf weiß steht hier: Vor allem durch die Förderviel­falt der EU-Politik ist der Beratungsbedarf um 100 Prozent gestiegen.

Der Arbeitsplatzeffekt dieser Politik, Herr Bundesminister, ist hingegen gleich null, nein, er geht sogar ­ins Minus: minus 10 000 Arbeitsplätze pro Jahr! Und der Einkommenseffekt, Herr Bun­des­mi­nister, schlägt sich auch Jahr für Jahr in einem Minus nieder. Sie, Herr Bundesminister, sind zum Minusmann für den österreichischen Bauernstand geworden. (Beifall bei den Freiheit­lichen. – Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) Das ist Ihre eigene Studie! Wahrscheinlich kennen Sie sie gar nicht, Herr Kollege.

Dieses System schreit wirklich nach einer Umstellung, aber Sie, Herr Bundesminister, stellen sich taub. Sie reden von der multinationalen flächendeckenden bäuerlichen Landwirtschaft und betreiben das Gegenteil. (Bundesminister Mag. Molterer: Sie meinen wohl “multifunktional”!) – Multifunktional. Entschuldigung! – Sie haben nur mehr Schlagworte für die Bauern übrig! Sie haben auch noch die Stirn, Herr Bundesminister, daß Sie den Bauern empfehlen, daß sie sich ein zweites und ein drittes Standbein suchen sollten. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeord­neten der Freiheitlichen und der SPÖ.) Ganz nebenbei, Herr Bundesminister: Mit dieser Forde­rung stellen Sie sich selbst ein schlechtes Zeugnis aus. Denn einen solchen Vorschlag hat noch kein einziger Bundesminister gemacht. Was würden denn zum Beispiel die Lehrer sagen, wenn Bun­desministerin Gehrer sagen würde: “Wenn ihr von eurem Gehalt nicht leben könnt, dann geht doch in die Fabrik oder werdet Verkäufer!”? (Abg. Eder: Nicht alles, was hinkt, ist ein Ver­gleich!)

Es ist wirklich ungeheuerlich, was Sie den Bauern und den Bäuerinnen zumuten. Denn auch der Nebenerwerb am Hof, Herr Bundesminister, bedeutet unendlich viel an Mehrarbeit, vor allem für die Bäuerinnen. Es gibt viele Bäuerinnen, die neben Kinderbetreuung, Altenpflege und Stallarbeit keine freie Minute mehr haben. Diese Frauen sind fix und fertig. Die Bäuerinnen weisen den schlechtesten Gesundheitszustand aller Berufsgruppen auf. Und Sie haben die Stirn und lassen ihnen übers Fernsehen ausrichten, daß sie noch mehr arbeiten sollen, um ein zweites, drittes, viertes Standbein zu haben. Das ist wirklich ein Skandal, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Madl.)

Herr Bundesminister! Die Landwirtschaftspolitik der EU ist gescheitert! Außerdem ist dieses EU-Agrarsystem extrem anfällig für Betrug. Milliarden verschwinden in dunkle Kanäle. Daher ist die freiheitliche Forderung nach einer Renationalisierung der landwirtschaftlichen Einkommens­politik bei gleichzeitiger Kürzung der Beiträge nach Brüssel ein Gebot der Stunde. Mittlerweile fordert das ja auch bereits der wissenschaftliche Beirat des Bundesministeriums in Bonn. Sie, Herr Bundesminister, befinden sich jedoch noch im politischen Winterschlaf. Werden Sie end­lich munter!

Die zweite freiheitliche Forderung nach einem Sockelbetrag für jeden Arbeitsplatz in der Land­wirtschaft ist auch ein Gebot der Stunde. 280 000 S an Verwaltungskosten pro Landwirt sind ganz einfach ein Wahnsinn! 150 000 zugesperrte Betriebe pro Jahr in der Europäischen Union sind eine Schande! Herr Bundesminister! Wollen Sie wirklich, daß sich zum Heer der 18 Mil­lionen Arbeitslosen in der EU jährlich weitere 150 000 arbeitslose Bauern einfinden? – Das ist doch der absolut falsche Weg!

Noch etwas, Herr Bundesminister: Lösen Sie endlich die Versprechen ein, die Sie den Bauern gegeben haben! (Abg. Madl: Wann hat die ÖVP jemals Versprechen gehalten?) Hören Sie auf, Verträge zu brechen! Was ist mit der Mehrwertsteueranpassung? Sie schulden den Bauern bereits 7 Milliarden Schilling! Senken Sie endlich den Preis für den Dieseltreibstoff! Passen Sie endlich die Einheitswerte an! All das sind Versprechen, die Sie den Bauern gegeben haben! Aber Sie opfern die Bauern Österreichs am Altar der Koalition, und zwar Ihrem Koalitionspart­ner. Sie wollen ja nur mitregieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich muß sagen: Sie von der ÖVP haben allein die Verantwortung für diese katastrophale Politik zu übernehmen, denn Sie stellen alle entscheidenden Politiker und besetzen alle entscheiden­den Funktionen in diesem Bereich. Ein ÖVP-Mann ist in Brüssel Kommissar, ÖVP-Mann Molte­rer ist Bundesmi­nister, alle Agrarlandesräte und alle Präsidenten der Landwirtschafts­kammern kom­men von der ÖVP. Folglich sind Sie allein verantwortlich für den Niedergang des österrei­chischen Bauern­standes! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir Freiheitlichen werden dagegen kämpfen, das kann ich Ihnen sagen! Daher bringen wir fol­genden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Aumayr, Koller, Klein, Dr. Salzl, Wenitsch betreffend Finanzierung der Re­nationalisierung

Der Nationalrat wolle beschließen:

“Die Bundesregierung wird dringend aufgefordert,

1. im Zuge der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik wirksam für eine Renationalisierung der agrarischen Einkommenspolitik einzutreten und als Voraussetzung für deren Finanzierung

2. über die deutliche Herabsetzung des österreichischen EU-Mitgliedsbeitrages im Sinne des Gutachtens des deutschen Bundeswirtschaftsbeirates in den EU-Gremien zu verhandeln.”

*****

Herr Bundesminister! Im Namen der österreichischen Bauernschaft ersuche ich Sie eindringlich: Stoppen Sie diese Vorgangsweise! Hören Sie auf, die österreichischen Bauern an die Armuts­grenze beziehungsweise unter die Armutsgrenze zu führen! Kehren Sie um! Setzen Sie sich für eine Agrarpolitik ein, bei der Österreich wieder Handlungsfreiheit bekommt und mit welcher der Bauernstand gefördert und das Überleben gesichert werden kann, und zwar nicht nur das Über­leben der Großindustrie in der Landwirtschaft, sondern sorgen Sie dafür, daß wieder eine flächendeckende bäuerliche Landwirtschaft in Österreich möglich ist! (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

20.41


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Der soeben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwarzböck. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschrän­kung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.42


Abgeordneter Rudolf Schwarzböck¦ (ÖVP): Herr Präsident! Verehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Stundenlang konnten wir eine sehr konstruktive De­batte, vor allem auch zu den letzten Tagesordnungspunkten betreffend Dentistengesetz und Ausbildungsfragen im Bereich des Ehrenamtes im Sanitätsdienst miterleben. Dann tut es einem als Bauernvertreter und als Bauer im Grunde genommen im Herzen weh, wenn die erste Red­nerin der Agrardebatte wieder einmal mit Extremformulierungen und dem Aufzählen von Horror­szenarien einen derartigen Unernst in die politische Problematik eines mit dem Strukturwandel kämpfenden Bauernstandes bringt, daß es eigentlich schade um die Zeit ist, die Sie dafür auf­gewendet haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wenitsch: Das ist unglaublich! – Weitere Zwi­schenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Renationalisierung vertritt außer der Freiheitlichen Partei im Grunde genommen in der europäischen Agrarpolitik und im Zusammenhang mit den Reformen im Rahmen der Agenda 2000 niemand. Daran ersehen Sie, wie “ernsthaft” diese Position vertreten wird. Sie war zwar in Diskussion, ist aber in den Hintergrund getreten.

Wir diskutieren anhand des Berichtes zur Lage der Land- und Forstwirtschaft des Jahres 1997 die Schlüsse, die wir aus diesem Rückblick für die Bewältigung der Gegenwarts- und Zukunfts­problematik ziehen können. Und es ist unbestritten, Frau Kollegin Aumayr, daß es nach dem Einkommensplus im Jahre 1995 in den Jahren 1996, 1997 und auch 1998 ein Einkommens­minus gab. Daher müssen wir alles tun, um wieder zu einem entsprechenden Einkommensplus zu kommen. (Abg. Aumayr: Was tun Sie denn eigentlich?) In der Art und Weise, wie Sie es dargestellt haben, helfen Sie jedoch niemandem, denn da ist der Extrembogen zu einer Investitionstätigkeit, wie wir sie auch 1997 in der Landwirtschaft gehabt haben, nicht mehr zu finden! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Aumayr: Was tun Sie denn eigentlich? Tun Sie endlich etwas!)

Wir haben vor allem alles zu tun, um die krisenhaften Erscheinungen im Großproduktionsbe­reich mit ihren negativen Einkommensauswirkungen zu meistern. (Abg. Aumayr: Sie sind die Krise!) Ich bin froh darüber, daß es im Bereich der wirklich existentiellen Bedrohung der Ein­kommenssituation unserer Schweineproduzenten möglich war, mit politisch Machbarem, näm­lich mit einem degressiven Preisausgleich und mit Hilfslieferungen nach Ruß­land, die gestern im Verwaltungsausschuß der EU-Kommission vorgegeben wurden, einzu­schreiten, um die Situation wenigstens einigermaßen ins Lot zu bringen beziehungsweise gegenzusteuern. (Zwi­schen­ruf des Abg. Wenitsch.) Wir werden noch monatelang mit dieser Problematik zu kämpfen haben, und wahrscheinlich wird diese Krise auch eine schwere Bela­stung für das laufende Jahr 1999 sein. Aber selbstverständlich muß mit einem Gesamtpaket – sowohl mit nationalen Maß­nahmen als auch mit den Reformvorhaben der Agenda – eine Grundlage geschaffen wer­den, damit wir in den nächsten Jahren mit diesen Entwicklungen fertig werden können. (Abg. Aumayr: Die Bauern sind fertig!)

Die Forderungen liegen auf dem Tisch. Es ist völlig klar, daß wir im Rahmen der Steuerreform­verhandlungen auch den Ausgleich der Mehrwertsteuerproblematik mit einem Volumen von 1 bis 1,5 Milliarden intensiv verhandeln.

Ich pflichte Ihnen auch bei, daß im Bereich der Kostenentlastung für Diesel etwas geschehen muß. Es ist daher selbstverständlich klar, daß wir den Minister in seiner Offensive für nach­wachsende Rohstoffe voll unterstützen (Abg. Wenitsch: Das haben wir gemerkt!), um gemein­sam mit der Mineralölindustrie zu einer Beimischung von biogenen Komponenten wie Rapsöl zu kommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Im Mittelpunkt des Interesses werden aber natürlich die Verhandlungen um die Agenda 2000 stehen, denn damit werden die Rahmenbedingungen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU für die nächsten sechs Jahre geschaffen. Es ist alles zu tun – und wir werden uns nachdrücklich dafür einsetzen –, damit das Modell “europäische Land­wirt­schaft” verwirklicht wird. Wir brauchen eine europazentrierte Reform der Landwirtschaft im Inter­esse der Bauern, im Interesse der Konsumenten, im Interesse der Weiterentwicklung dieses kultur­historisch einmalig gewachsenen Kontinents, der hinsichtlich der Form, wie wir Landwirt­schaft betreiben, jeden Vergleich mit Überseenationen aushält. Diese haben vielleicht im Be­reich der ökonomisch großstrukturierten Landwirtschaft da oder dort rein ökonomisch Vor­teile, aber in Anbetracht der heutigen Gesamtheitsaufgabe der Landwirtschaft in der multi­funktionalen Verflechtung in einer modernen Industriegesellschaft ist dieses Europamodell, ist dieses auf Euro­pa zentrierte Reformieren mit der Agenda 2000 das Modell, das wir in den nächsten Wo­chen und Monaten zu einem vernünftigen politischen Ergebnis führen müssen. (Abg. We­nitsch: In der Tat!)

Dazu ist es notwendig, daß parallel zu den Verhandlungen der Landwirtschaftsminister im ECOFIN im Bereich der Finanzminister eine klare Finanzierungsgrundlage aufrecht und mit Agrarleitlinien gesichert bleibt. (Abg. Aumayr: Minus 30 Prozent für Rinder, minus 20 Prozent für Getreide!) Selbstverständlich brauchen wir ein vernünftiges Verhältnis zwischen Mengen­steuerung und Preissicherung. Frau Kollegin Aumayr! Wir haben Sie nicht gebraucht und auch ich persönlich habe Sie nicht gebraucht, um mich gegen Preissenkungen von 30 Prozent zu wehren! Aber selbstverständlich brauchen wir eines: Bei aller Europazentrierung brauchen wir – angesichts unserer Exportinteressen – eine vernünftige Weiterentwicklungsmöglich­keit unserer Exporte im Bereich des Welthandels.

Und wenn Sie gemeint haben, daß 10 000 Bauern im Jahr von ihren Höfen vertrieben werden, dann muß ich Ihnen sagen: Diese Zahl ist nicht nur überhaupt falsch, sie ist sogar um mehr als das Doppelte falsch! Sie haben in dieser Debatte wieder völlige Uninformiertheit und Unernst bewiesen, womit Sie keiner einzigen Bauernfamilie auch nur irgendwie bei Problemstellungen des Jahres 1999 oder der Zukunft helfen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin überzeugt davon, daß Ihnen der Herr Bundes­minister noch entsprechend antworten wird in den Bereichen, wo es sich überhaupt auszahlt oder wir es als notwendig erachten ... (Abg. Aumayr: Genauso arrogant behandeln Sie die Bauern!) Ich bin nicht arrogant in der Sache, sondern wenn, dann nur in der Antwort auf Ihren Stil, denn dieser verdient im Grund genommen jede Antwort, nur nicht eine eingehende Befas­sung mit der Art und Weise, wie Sie politisch hier agieren möchten! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte vor allem noch auf etwas verweisen: Es ist vielleicht aus der Sicht von Arbeitneh­mervertretern und Finanzpolitikern irgendwie verständlich, wenn man meint, daß aufgrund der tiefen Vergemeinschaftung der Agrarpolitik wie in keinem anderen Bereich der gemeinsamen Politik der Europäischen Union öffentliche Gelder aus der Landwirtschaft abgezogen werden können. – Ich möchte darauf hinweisen, daß im Grünen Bericht eindeutig die volkswirtschaft­lichen Kennzahlen angegeben sind, und es ist völlig klar, daß bei europaweiten Aufwendungen in der Höhe von 1,98 Prozent der gesamteuropäischen Steuererträge für die Landwirtschaft die Beträge, die in Österreich für die multifunktionale Leistungsabgeltung aufgewendet werden – das sind ungefähr 1,64 Prozent des BIP –, selbstverständlich in einer vernünftigen Relation zur um­fassenden Leistung hinsichtlich der Produktion von Nahrungsmitteln gerade in einem Touris­mus­land stehen. Und wer meint, durch das Abziehen von Agrarbudgetmitteln europaweit Ar­beits­marktprobleme lösen zu können, der verkennt die Realität der Größenordnungen und der Relationen!

Wir sind für eine vernünftige Reform zu haben. In diesem Zusammenhang sind die Bauern und die Politik für die nächsten Jahre voll gefordert, da auch eine vernünftige Reform in Kontinuität beachtliche Veränderungen für die Landwirtschaft mit sich bringt. Wir haben uns dem aber nie verschlossen, weil nach moderner Auffassung in der modernen Industriegesellschaft gerade die Landwirtschaft nicht nur einen umfassenden Auftrag hat, sondern auch umfassend Partner­schaft braucht. Nur partnerschaftlich sind letztlich die Zielsetzungen, die wir hinsichtlich Einkom­menssicherung gemeinsam formuliert haben, zu erreichen. In diesem Sinne werden wir uns im Jahr 1999 mit vollem Engagement diesen historischen politischen Entscheidungsprozessen zu­wenden und auch vernünftige Ergebnisse erzielen! (Beifall bei der ÖVP.)

20.51


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Khol: Sprichst du jetzt zum vierten oder zum fünften Mal?)

20.51


Abgeordneter Karl Smolle¦ (Liberales Forum): Dobar dan! Dobar vecer! Gospod predsednik kluba ÖVP Khol! Herr Präsident! Gospod predsednik! Gospod minister! Visoki Dom! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Khol: Lahko noč!) Vielleicht kann man es mir ein bißchen nachfühlen, daß es für den liberalen Agrarsprecher nicht ganz einfach ist, nach Frau Aumayr zu sprechen, die an der gesamten Politik nichts Gutes findet, und nach Herrn Kollegen Schwarzböck, der immer wieder meint, daß die Sache eigentlich ganz in Ordnung ist. – Ich werde versuchen, eine möglichst sachliche Kritik vorzubringen, denn nur diese kann uns helfen.

Herr Minister! Wenn Sie erlauben, möchte ich gleich bei Ihnen direkt beginnen. Eines macht die Sache immer so schwierig: Sie haben in dem “Leibblattl” – wenn ich das so bezeichnen darf – “Blick ins Land” eine Äußerung gemacht, die ich so einfach nicht in Ordnung finde. In bezug auf die österreichische Halbjahrespräsidentschaft sagen Sie: “Österreich hat sich bewährt.”

Herr Minister! Das kann man wohl nicht feststellen in Anbetracht der vielen Mängel, die vor allem auch im Bereich der Agrarpolitik nach wie vor existieren. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie auf einen Artikel in der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” vom 12. Jänner ver­weisen, in dem Ihr Nachfolger Funke Ihnen indirekt die Leviten liest. Er sagt ganz klar, daß es kaum einen gelösten Bereich gibt, den er übernimmt. Das ist einfach eine Tatsache. Ob es nun die Milch, die Überproduktion von Rindfleisch, die Produktion für das Lager – ich lese das aus der “Frankfurter Allgemeinen” vor –, die Frage der Ausgleichszahlungen, die Frage der Kofinan­zierungen oder der Mengenbeschränkungen ist: All das moniert er als ungelöste Probleme.

Daher muß man festhalten: Die Bilanz dieser Präsidentschaft ist äußerst dürftig, auch die der Halbjahrespräsidentschaft im Agrarbereich. Man muß eigentlich festhalten, daß im wesentlichen alles ungelöst geblieben ist, wenn ein Nachfolger wie Herr Minister Funke feststellt: “Ich hoffe sehr, daß wir vom Prämienwirrwarr wegkommen.” Das sagt er in bezug auf Rindfleisch. Er hofft, daß wir von den diversen Unterstützungen und Stützungen wegkommen, die wir selbst nicht mehr überschauen können.

Ihr Nachfolger geht vielleicht auch ein bißchen naiv an die Sache heran und glaubt, er wird all das in diesem Halbjahr lösen können Er zeigt aber ganz klar auf, daß die bisherige Agrarpolitik der EU und damit auch die Agrarpolitik Österreichs im wesentlichen falsch war. Das heißt, es gibt einige Bereiche, die durchaus weiterzuverfolgen sind, zum Beispiel die Frage der Tierhal­tung. Wenn man aber gleichzeitig mit der Tierhaltung nicht auch von der Abschaffung der Tier­haltungsprämie redet, so stimmt das nicht überein. Das heißt, man kann nicht gleichzeitig zur einen Hälfte ja und zur anderen Hälfte nein sagen und sich dann wundern, daß die Fragen nicht gelöst werden. – Erlauben Sie mir in diesem Sinn eine sehr sachliche Kritik.

Frau Kollegin Aumayr! Der Einkommensverlust bei den Bauern ist groß. Daher kann ich mit Ihnen in einer Sache nicht konform gehen. Wir müssen Arbeitsplätze auch im bäuerlichen Be­reich und in der Landwirtschaft nachhaltig retten. Es hat keinen Sinn, wenn wir kurzfristig Herrn Molterer oder Herrn Fischler oder sonst jemandem ein paar – jetzt europäisch gesprochen – Milliarden “herausreißen” und sagen: Es geht schon wieder! Ein Jahr haben wir schon wieder überlebt. Es wird schon irgendwie weitergehen. Die Schweineproduktion werden wir wieder ein bißchen ankurbeln. Dann sind zwar die Preise am Boden, aber dann stützen wir sie wieder. Irgendwie muß es laufen.

Das ist der Punkt, Frau Kollegin, in dem wir uns von Ihnen Gott sei Dank wirklich ganz bewußt sehr weit entfernen: Wir müssen nämlich auch in der Landwirtschaft – wie überall sonst – nach­haltig solide Arbeitsplätze schaffen, die langfristig überleben. Wir brauchen Betriebe, die letztlich im Wettbewerb bestehen können. Daran kommen wir nicht vorbei. Da nützt auch kein Semmering-Tunnel, weder oben noch unten. Das geht nicht! Da müssen wir eine klare Linie haben! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Die Strukturprobleme bestehen nach wie vor, und zwar verschärft. Unsere EU-Präsidentschaft ist im wesentlichen ungenützt vorbeigegangen. Herr Minister! Wenn man sich das jetzt kritisch anschaut, dann muß man allerdings sagen, daß Sie nicht der einzige Agrarminister sind, der so vorgeht: Die Agrarminister schreiben ihre Politik nämlich fort, quasi wie in dem Spiel “Mach du es!”, das vielleicht jemand aus der Jugend kennt. Man gibt den Ball immer weiter und hofft, daß endlich einer den Mut haben wird, die Sache sozusagen um fast 180 Grad zu wenden. Jeder Agrarminister sagt aber: Ich habe meine Klientel zu Hause, ich habe meine Klientel in Brüssel, ich habe meine Klientel unterwegs. Hoffentlich ist das halbe Jahr bald um. Und dann: Mach du es! – So bringt es auch Herr Funke sehr klar zum Ausdruck. Er sagt, was er alles noch zu tun hat hinsichtlich zentraler Fragen.

Es hat keine Reform der Marktordnung gegeben – weder bei der Milch noch beim Rindfleisch. Wenn die Zahl stimmt, die ich mir herausgeschrieben habe, dann sind derzeit 600 000 Tonnen Rind­fleisch gelagert. Das heißt, es geht weiter. “Produzieren wir!”, das ist die Formel.

Die Tierhaltungsrichtlinien fehlen. Österreich hat sich nicht durchgesetzt. Wir haben im Aus­schuß auch von den sogenannten Güllequoten gesprochen: Man kann Felder und Liegenschaf­ten hinzumieten, bringt das aber trotzdem auf der eigenen Liegenschaft an.

Es herrschen Planlosigkeit und Uneinigkeit bei der Finanzierung. Herr Minister! Im gestrigen “Kurier” steht ganz klar, daß es einen Wettlauf der Agrarminister gibt und es darum geht, wer seine Variante durchsetzen wird. Es besteht keine Bereitschaft, gemeinsam vorzugehen. Da sind Sie aber nicht allein sozusagen auf die Anklagebank zu bringen, sondern es gehören alle anderen mit dazu. Jeder holt nur für sich selber die Rosinen heraus. Das ist aber keine euro­päische Agrarpolitik, sondern eine Lobbypolitik, und von der müssen wir uns verabschieden! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Nach wie vor besteht Industrielandwirtschaft. Daran hat sich nichts geändert. Da stehen nach wie vor ehemalige Lagerhallen irgendwo in Belgien oder in Holland oder sonst irgendwo, in denen – wir wissen das – Schweine oder Rinder, die aus England herübergeholt werden, hochgemästet werden. Das ist Agrarpolitik! Dazu muß ich sagen: Nein! Das ist weder gesund noch vernünftig! Das ist weder gut für die Tiere noch natürlich für uns Menschen, die wir ja etwas Gesundes und Gutes essen wollen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sie sagen das selbst, und auch ich möchte nicht unerwähnt lassen, daß Ihnen in einer Sache etwas gelungen ist, nämlich in Sachen Regulierung beziehungsweise Richtlinie für den biologi­schen Landbau. Alle Achtung! Das ist in Ordnung! Das freut mich. Wenn Sie dann aber die Rußlandhilfe auch als etwas Positives hinstellen, Herr Minister, dann muß ich sagen: Sicherlich ist es in dem Sinn etwas Positives, daß man, wenn es leider Gottes in Europa noch Menschen gibt, die hungern, diesen hilft. Das heißt, wir haben unseren Fleischberg abgebaut und haben gesagt: Okay, machen wir das! Wir schicken das dorthin, bevor sozusagen unsere Lager über­gehen. (Zwischenruf des Abg. Schwarzböck.) – Ich diskutiere dann mit Ihnen noch privat! Ich habe mich wirklich intensiv mit der Sache befaßt. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vor­sitz.)

Betrachten Sie etwa die Landwirtschaftsförderung, Herr Kollege! Wie können Sie darüber lachen? Wie können Sie lachen angesichts dieses administrativen Wirrwarrs, was die Förderung in Öster­reich betrifft!? Wie können Sie da lachen? Wie können Sie 300 Millionen für die Administration allein bei der AMA ausgeben und dazu noch lachen? Lachen Sie lieber mit Ihren Bauern! Wenn die Bauern lachen werden, dann lachen wir mit, mein lieber Freund! (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenruf des Abg. Schwarzböck.) Bei diesem Wirrwarr sind ein unzu­mut­barer Verwaltungsaufwand und eine übermäßig große Kontrolle erforderlich.

Wir wissen, daß die Schweineproduktion – das muß ich hier nicht erwäh­nen – empfohlen wurde. Kammer­funktionäre sind herumgegangen und haben gesagt: Produ­ziert nur Schweine! – Jetzt stehen wir da und haben die Misere. Sie ist so allgemein bekannt, daß ich dazu nichts mehr ausführen muß; das ist nicht mehr notwendig. Es ist allen bekannt, welche Misere da verur­sacht wurde, verursacht auch von den Kammervertretern und von den Kammerberatern.

Jetzt vielleicht einige Vorschläge von uns Liberalen dazu; wir haben die Weisheit nicht mit dem großen Löffel gegessen, aber ich möchte diese Vorschläge hier vorbringen und klarstellen: Wir sind der Auffassung, daß es nur eine einzige Geldleistung geben soll, nämlich eine flächenbe­zogene negative Hektarsteuer. Das ist das einzige, was wir für angemessen erachten, und die Basis dafür ist klar vorhanden: Grund und Boden. Darüber kann man reden. Das ist die einzig geeig­nete Basis. Das ist einfach zu kontrollieren, es ist eine einfache Lösung fast ohne Admini­stra­tion. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es geht – und in diesem Sinn ist das auch an Sie gerichtet, Frau Kollegin Aumayr – um die Schaffung nachhaltiger, wirtschaftlich und ökologisch lebens- und wettbewerbsfähiger Betriebe. Das ist das Ziel! Und das bedeutet selbstverständlich eine Verringerung der Anzahl der Bauern. Mit dieser Realität müssen wir uns abfinden, Frau Kollegin. Wir verlangen, daß der Bauer in die Lage versetzt wird, einen guten Betrieb zu führen und nicht in ewiger Abhängigkeit zu existie­ren, meine Damen und Herren! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es geht weiters um eine multifunktionelle Nutzung der landwirtschaftlichen Einheiten. Es geht vor allem um den Entfall aller Interventionsstützungen, aller Exportstützungen, aller Stillegungs­prämien und aller Tierprämien, weil sich das alles als falsch erwiesen hat. Man könnte fast sagen: Jedes Jahr mußte man sich eine neue Subvention ausdenken, damit das Werkel funktio­niert – und nun haben wir das Desaster!

Ich sage hier auch etwas ganz klar, was vielleicht so manchem Bauern nicht gefallen wird, aber ich bin ein ehrlicher Mensch. Ich bin der Auffassung, daß es für den Bauern eine Buchführungs­pflicht geben müßte, vor allem damit er selbst sieht, wie groß sein Aufwand für den Betrieb tat­sächlich ist – und auch jener der Bäuerin, die Sie erwähnt haben. Sie soll wissen, wieviel sie leistet und leisten muß, damit sie sieht, ob es tatsächlich einen Sinn ergibt, das Ziel mit derart hohem Aufwand zu erreichen. Diese Frage muß sie sich stellen dürfen. Heute haben sehr viele Bauern genau jenen Gedanken, den Sie als negativen erwähnt haben – womit wir konform gehen –, nämlich den Gedanken: Ich muß nur noch mehr arbeiten, immer noch mehr, und wenn ich auch schon 10, 12 oder 15 Stunden arbeite, ich muß immer noch eine Stunde länger arbeiten.

Das heißt, es muß dem Bauern und der Bäuerin bewußt werden, welchen Aufwand sie für den Betrieb leisten. Das ist ganz klar, und damit kommen wir zur Realität. Sie sollen wissen, wie ihr Betrieb dasteht. Dazu wäre die Buchführungspflicht geeignet. (Abg. Zweytick: Für wie dumm halten Sie die Bauern, Herr Kollege?) Ich halte sie überhaupt nicht für dumm. Ich treffe mich jede Woche einmal mit ihnen, und wir diskutieren das. Gerade die Buchführungssache ist ein Vorschlag, der aus den bäuerlichen Bereichen kommt. (Abg. Schwarzenberger: Ist das die Meinung des Liberalen Forums?)

Ich bin auch der Auffassung, daß man vor allem im Bereich der Energie etwas tun kann: näm­lich keine Energiesteuern für aus Biomasse erzeugte Energie einheben. All das – und damit sind wir bei einem sehr wichtigen Punkt – kann oder könnte funktionieren, wenn man gleich­zeitig zu steuerlichen Lösungen den Gedanken der Grundsicherung mitnehmen würde. Das ist der Punkt, das heißt, wenn wir das erreichen, wenn wir sozusagen gewährleisten, daß jeder in Öster­reich letztlich sein Einkommen hat, und diese Grundsicherung dann von eben jenem Be­trag, den er darüber hinaus verdient, ... (Abg. Zweytick: Von Agrarpolitik haben wir schon lange nichts mehr gehört!)

Ich verstehe Sie nicht von dort oben. Aber das ist nicht das Problem. Sie müssen eher schauen, daß Sie sich in der ÖVP mit den Bauern verständigen, vielleicht ein paar liberale Vorschläge mitschreiben und in Ihren Bauernvertretungen vorbringen. (Beifall beim Liberalen Forum.) Sie werden sehen, daß Sie damit Erfolg haben werden. Sie werden dann wieder lächelnde Bauern haben, und das wollen wir schließlich alle: lächelnde Bauern, weil sie wirtschaftlich gesunde Be­triebe führen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.04


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte.

21.04


Abgeordneter Heinz Gradwohl¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Grüne Bericht 1997, den wir heute diskutieren, ist in der Fortsetzung der bisherigen Grünen Be­richte ein – wie ich meine und wie meine Fraktion meint – hervorragend zusammengestelltes Zahlen- und Informationswerk, das aus den buchführenden Betrieben in Österreich heraus ent­standen ist und vom Landwirtschaftsressort zusammengestellt und aufbereitet wurde.

Wir alle wissen – und heute ist schon sehr viel über Verwaltung gesprochen worden –, daß wir ohne entsprechende Unterlagen nicht in die Zukunft argumentieren und für die Zukunft arbeiten können. Deshalb bin ich für diesen Bericht sehr dankbar, und ich bedanke mich dafür bei Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Herr Bundesminister, aber auch bei den buchführenden Be­trieben, die uns in die Lage versetzt haben, dieses Zahlenmaterial für die zukünftigen Einschät­zungen zur Verfügung zu haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aus dem Grünen Bericht 1997 gehen Einkommenssituation und Einkommensentwicklung her­vor. Darüber wurde schon gesprochen. Es geht aus diesem Grünen Bericht aber auch die Ver­teilung hervor. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ich sage hier nichts Neues, wenn ich nach wie vor und nochmals dafür eintrete, daß die Verteilung der Agrar­fördermittel, die notwendig sind, um eine flächendeckende Landwirtschaft in der Größenord­nung, wie wir sie in Österreich haben, zu erhalten, auch entsprechend an sozial gerechten Kriterien zu orientieren ist. Eines der gerechtesten Kriterien – vor allem im Hinblick auf die Be­schäftigungsdiskussion, die in Europa und auch in Österreich geführt wird – wäre unserer Meinung nach als Hauptansatz die Arbeitskraft, die Arbeitsintensität am Bauernhof, um damit zwei Dinge zu erreichen: zum einen, um jene Betriebe zu unterstützen, die unter schwersten Bedin­gungen, unter schwerstem und größtem Arbeitseinsatz ihre Produkte erzeugen, und auf der anderen Seite, um die Arbeitsplatz- und Arbeitsmarktsituation damit positiv zu unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, noch einen Ansatz einzubringen, da ich nicht der Typ bin, der sich nach hinten orientiert und rückwärts blickt, sondern jener, der vorwärts schaut. Ich finde, daß die derzeitige Diskussion um die Agenda 2000 eine absolute Chance für die Zukunft darstellt und eine Herausforderung für die Agrarpolitik ist. Das ist nicht nur meine bescheidene Meinung, sondern diese Herausforderung in der harmonisierten Agrar­politik, in der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union, wird uns auch in die Lage versetzen, gemeinsam mit den anderen Mitgliedstaaten entsprechend stark und gefestigt auf dem Weltmarkt aufzutreten, unsere Positionierungen zu erreichen und zu verbessern. Aber dazu müssen wir die Herausforderungen wirklich annehmen!

Ich zitiere hierzu aus dem Delphi-Report, Band 2, der sich mit den Ergebnissen und den Maß­nahmenvorschlägen dieses Reports beschäftigt und sich vorwiegend mit biologischen Lebens­mitteln auseinandersetzt. Auch die Zeitschrift “Hi! Tech” hat sich mit diesem Thema beschäftigt und es unter dem Titel “Biobauern – die Fürsten des Bodens” aufgearbeitet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich denke, daß eine Vielzahl von Herausforderungen auf die Agrarpolitik wartet, die nicht nur aus rein agrarischer Sicht und unter dem agrarpolitischen Mikroskop, sondern auch aus gesellschaftlicher Sicht zu betrachten sind. Diese Herausforderungen kann man in den Chancen zusammenfassen, die sich Österreich mit der hohen Anzahl an biologisch produzierenden Betrieben, mit der hohen Akzeptanz, die in der Zwischenzeit erreicht worden ist, und mit den Vermarktungschancen bieten. Aus dieser Delphi-Studie geht unter anderem hervor, daß damit auch eine schonende Verarbeitungstechnologie, die ebenfalls zu entwickeln ist, verbunden sein muß. Damit gibt es meiner Ansicht nach eine Reihe von Möglichkeiten und Chancen für die Zukunft. Wir müssen sie nützen und wir müssen ver­suchen, sie auf europäischer Ebene gemeinsam durchzusetzen!

Gestatten Sie mir, da ich mich zum nächsten Tagesordnungspunkt nicht zu Wort melde, kurz etwas zum Waldbericht zu sagen. Die Delphi-Studie setzt sich auch mit der Wald- und Holz­situation auseinander. Ich empfehle Frau Kollegin Aumayr, die vielleicht ein bißchen wenig in die Zukunft blickt und lieber nach hinten schaut (Abg. Aumayr: Nein!), den Blick in die Zukunft zu wagen, diese Studie zur Hand zu nehmen und auch beispielsweise in “Hi! Tech” unter dem Titel “Der Natur zuliebe” nachzulesen, welche Möglichkeiten es im Bereich der Forstwirtschaft gibt, welche Möglichkeiten wir nützen können und nützen sollen, aber nicht, indem wir irgend jemandem Angst machen, nicht, indem wir versuchen, irgend jemandem ein schwarzes Loch für die Zukunft vorzumachen, sondern indem wir die positiven Ansätze hernehmen, sie umsetzen und damit Sorge dafür tragen, daß sich die Einkommenssituation für die Landwirte, für die Bäuerinnen und Bauern, aus den Möglichkeiten heraus, die wir haben, verbessert, die Umwelt­situation dabei betrachtet wird und auch zunehmend die Interessen der Konsumenten wahrge­nommen und befriedigt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin davon überzeugt, daß es uns dann auch wei­terhin gelingen wird, mit unserer kleinen bäuerlichen Struktur weiterhin auf dem Markt zu bleiben und weiterhin die Produkte an den Mann beziehungsweise an die Frau zu bringen – und das für eine lebenswerte und schöne Heimat in Österreich. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Aumayr: Amen!)

21.10


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

21.11


Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic¦ (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich bringe gleich zu Beginn einen Entschließungsantrag ein. Er betrifft den statisti­schen Teil des Grünen Berichtes, der zwar umfangreiches Zahlenmaterial, aber leider keinerlei Kommentierung aufweist. Wir haben uns auch intern erkundigt: Es gibt so etwas nicht. Ich denke, aber wenn man sich schon die Mühe macht, derart umfangreiches statistisches Material zu erheben, dann muß dieses Material auch erläutert werden. Die Grünen bringen daher fol­genden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Freundinnen und Freunde betreffend Darstel­lung der Verteilung der Agrarförderungen im Grünen Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft wird ersucht, hinkünftig im Grünen Bericht ein Kapitel über die Verteilung der Agrarförderungen im Textteil einzufügen, der die Tabellen über die Verteilung der Agrarförderungen (im Anhang des Grünen Berichtes) kommentiert.

*****

Daß es eine Notwendigkeit dafür gibt, sich mit einem Kommentar zur Verteilung auseinanderzu­setzen, beweist mir nicht zuletzt auch der Entschließungsantrag von Frau Kollegin Horngacher. Denn selbstverständlich ergibt sich aus dem vorliegenden Zahlenmaterial eine dramatische Un­gleichbehandlung verschiedener Betriebe beziehungsweise eine sehr ungleiche Verteilungswir­kung der Agrarförderungen. Es ist so, daß die bergbäuerlichen Betriebe und die Futterbaube­triebe eindeutig benachteiligt sind, noch dazu innerhalb eines Bereiches, der an sich bestimmt nicht zu den Gewinnern gehört. Dieser Antrag auf Einführung eines Sockelbeitrags wird von uns selbstverständlich unterstützt, weist aber auch auf die Notwendigkeit hin, für mehr Verteilungs­gerechtigkeit innerhalb der Agrarbetriebe zu sorgen.

Herr Bundesminister! Ich weise Sie in diesem Zusammenhang nur auf eine Zeile auf Seite 299 hin, die uns besonders ins Auge gefallen ist. Angesichts dessen, daß es knapp 300 Betriebe gibt, an die eine Förderungssumme von über 2 Millionen Schilling ausbezahlt wird – das heißt, für 0,16 Prozent der Betriebe werden 3,3 Prozent der Fördermittel ausbezahlt, während 40 Pro­zent der Förderungsfälle mit nicht einmal 9 Prozent der Förderungssumme auskommen müs­sen –, denke ich mir: Bei aller Bereitschaft der Öffentlichkeit, hierzu einen Beitrag zu leisten – und bei den Grünen ist unter der Voraussetzung, daß ein ökologischer, sozial verträglicher Landwirtschaftsbetrieb gewährleistet ist, diese Bereitschaft sicherlich gegeben –, müßte eine derartige Ungleichverteilung korrigiert werden beziehungsweise möchten wir auch eine Begrün­dung hören, warum es derartige Ungleichgewichte gibt.

In der Sache selbst ist es unsere immer wieder vorgebrachte Hauptkritik, daß wir eine klare Linie, eine Ausrichtung der österreichischen Agrarpolitik vermissen. Wir freuen uns darüber, daß es in Österreich einen deutlich höheren Anteil an ökologischen Betrieben als in anderen euro­päischen Staaten gibt. Wir sehen das im Zusammenhang mit einem wachsenden entsprechen­den Bewußtsein der KonsumentInnen und erkennen das auch an Beiträgen aus dem Tierschutz im Verbund mit einer ökologischen Landwirtschaft. Nur ist das eine Schiene neben anderen, und das ist meiner Ansicht nach eine Strategie, Herr Bundesminister, die auf Dauer nicht auf­geht, weil sie zum einen die Konsumentinnen und Konsumenten verunsichert – man weiß nicht, woran man mit welcher Produktdeklaration wirklich ist – und weil sie zum anderen ein Öster­reich-Marketing in diesem Zusammenhang erschwert.

Ich bin der festen Überzeugung – das habe ich Ihnen im Rahmen von Diskussionen schon mehrmals gesagt –, daß es in 10 bis 15 Jahren keine konventionelle Landwirtschaft mehr geben wird. Es wird zum einen Agrarfabriken geben, Industriebetriebe von gewaltiger Dimension, und es wird ökologische Klein- und Mittelbetriebe geben, die durchaus am Markt bestehen können. Aber die Betriebe dazwischen werden vom Markt verdrängt werden. Daher kann man sich nicht ein bißchen da und ein bißchen dort bewegen, wenn man nicht das – immer noch – Gros der österreichischen Betriebe in ihrer Existenz gefährden will.

Die Situation ist insgesamt bedrohlich: ein Rückgang bei den Einkommen um 4 Prozent – und das auch wieder sehr selektiv, nämlich sehr zu Lasten der ohnehin schon benachteiligten Be­triebe – und gleichzeitig ein Vorschlag für eine Agenda 2000, bei dem ich mich frage, wieso Verbesserungen, die ursprünglich im Entwurf aus dem Jahre 1997 enthalten waren, jetzt wieder stark verwässert worden sind. Meine Frage an Sie lautet: Was war Ihr Beitrag dazu?

Die ökologische Anbindung der Einkommensbeihilfen ist zum Beispiel stark verwässert worden. Die Strei­chung der Silomais-Prämie ist gefallen. Die Obergrenzen für Direktzahlungen sind auch wieder im Sinne von unserer Meinung nach unzulänglichen Kürzungen aufgeweicht worden. Es ist nach wie vor nicht entschieden, welchen Weg die europäische Agrarpolitik gehen wird. Nach wie vor sind es auch offizielle Vertreter des Agrarbereiches, die den Bauern und Bäuerinnen immer noch weismachen wollen, daß das Hecheln nach den Vorgaben des Weltmarktes für Österreich etwas Erstrebenswertes sei.

Herr Bundesminister! Bitte verabschieden Sie sich von diesem Konzept, und sagen Sie das den österreichischen Bäuerinnen und Bauern auch offen und ehrlich! Was wir brauchen, ist eine nach ökologischen und sozialen Kriterien, nach der Arbeitskraft in der Landwirtschaft unter­stützte europäische Produktion für die eigenen Märkte, und auch das immer stärker für den Bereich der regionalen Versorgung.

Daß diese eindeutige Orientierung nicht vorliegt, wird mir immer wieder bewiesen, etwa dadurch, daß es doch keine Abstandnahme von einer Steigerung der Exportsubventionen etwa im Be­reich der Rinderproduktion gibt. Sie rechtfertigen das mit Zuchtrindern, Herr Bundes­minister. Zum einen wissen Sie – und gerade die Debatte innerhalb der EU hat es gezeigt –, wie groß da die Mitnahmeeffekte, bis hin zu echten Subventionsbetrügereien, sind. Zum anderen bleiben gleichzeitig die Interessen des Konsumentenschutzes dabei auf der Strecke. Vom Tierschutz rede ich in diesem Zusammenhang ja schon gar nicht mehr. Es gibt sie nach wie vor, die Lang­streckentransporte; 8 Prozent beträgt jetzt wieder die Steigerung der Subventionen zum Schaden der Bäuerinnen und Bauern, der KonsumentInnen und der Tiere.

Sie werden damit auf Dauer nicht auf den Märkten bestehen können, sondern es bedarf, wie gesagt, einer flächendeckenden Ökologisierung, um die Vorreiterrolle Österreichs und auch das gute Image bewußt als Vermarktungsfaktor einzusetzen. Das ist der Weg, den wir für den einzig gangbaren und einzig richtigen halten.

In diesem Sinn empfehlen wir Ihnen auch – nein: fordern und verlangen wir von Ihnen –, daß Sie sich als europäischer Agrarminister in die WTO-Verhandlungen einbringen und daß man das dauernde Mitspielen der europäischen Agrarproduktion auf den Weltmärkten als einen Fehlweg, einen Irrweg aufgibt. So wird es nicht gehen, und das wird vom Faktor der Energie her, aber auch vom Faktor der Bodennutzung her ein Konzept sein, das zum Scheitern verurteilt ist.

Wenn ich mir die sektorale Aufteilung der Produktion insgesamt ansehe, dann muß ich sagen: Ich denke, es wird in Zukunft nicht aufrechtzuerhalten sein, daß zwei Drittel der agrarischen Produktion tierische Nahrungsmittel – im weitesten Sinn – betreffen und nur ein Drittel pflanz­liche Alternativen. Ich habe unlängst von Ihrer Klausurtagung vernommen, daß Sie der Land­wirtschaft künftig neue Einkommens- und Marktchancen etwa im Bereich der Energieerzeugung erschließen wollen. Das würde aber auch eine Änderung der sektoralen Produktion vorausset­zen. Da Sie nicht von allen bäuerlichen Betrieben erwarten können, Forscher und Forscherin­nen, Pioniere und Pionierinnen in eigener Sache zu sein, braucht das meiner Ansicht nach intensive Beratung und Unterstützung.

Ich denke, diese Umorientierung muß stattfinden, und nicht zuletzt – Frau Kollegin Aumayr hat das in einem Antrag formuliert, dem wir zustimmen werden – gehen auch die Empfehlungen der Europäischen Kommission in diese Richtung. Insbesondere was den Bereich der Biomasse und der Energieerzeugung betrifft, müssen aber auch die von der österreichischen Bundesregie­rung zu schaffenden Rahmenbedingungen stimmen, von der Organisation der energieanbieten­den Unternehmungen bis hin zu den Einspeisungstarifen. Die entsprechenden Empfehlungen sind eindeutig.

Auch in dieser Hinsicht vermisse ich eine klare ökologische Ausrichtung der Landwirtschaft. Die Konsumentinnen und Konsumenten sind dazu bereit. Das Ansehen der österreichischen Land­wirtschaft ist Gott sei Dank sehr, sehr hoch. Ich denke, es wäre hoch an der Zeit, daß Sie diese Bereitschaft und dieses Bewußtsein auch in einer klaren und eindeutigen Ausrichtung nutzen, statt dieses verwässerte Doppelspiel – da ein bißchen Weltmarktkonditionen, dort eine erfreuli­cherweise größer werdende Öko-Nische – weiterzubetreiben.

Stellen Sie sich klar und eindeutig auf die eine Seite! Verhandeln Sie in diesem Sinn auf der europäischen Ebene – auch zugunsten der Einkommenssicherung für die österreichische Land­wirtschaft – und bringen Sie diese Position weltweit in die WTO-Verhandlungen ein! Das Hin und Her ist meiner Meinung nach für die österreichische Agrarpolitik auf Dauer schädlich, ja ver­heerend. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.23


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Der Entschließungsantrag, den Frau Abgeordnete Petrovic vor­getragen hat, ist ausreichend unterstützt, entspricht den Bestimmungen der Geschäftsordnung und steht damit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

21.23


Abgeordneter Jakob Auer¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Grüne Bericht ist ein umfangreiches, objektives Nachschlagewerk. Das wurde bereits bemerkt, und dem ist zuzustimmen. Es ist positiv, eine Unterlage zu haben, in der alle Fakten, Daten und Zahlen nachzuvollziehen sind. Dafür ist den Betrieben, welche die Daten liefern, und den Beamten, welche dieses Werk erstellen, zu danken. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

Negativ ist an diesem Grünen Bericht das Ergebnis. Das ist unbestritten. Negativ ist daran auch – ich würde mir wünschen, daß es anders wäre –, daß der Zeitpunkt der Behandlung hier im Parlament nicht etwas rascher nach dem Erscheinen möglich ist. Besonders negativ ist es jedoch, wenn dann in der Debatte von freiheitlicher Seite eine derartige Übertreibung vorge­nommen wird, indem man meint, daß pro Betrieb Kosten von 280 000 S allein für die Ver­waltung anfallen. Ich war nie der Beste im Rechnen, zugegeben; da wird es bessere geben. (Abg. Aumayr: Nachlesen! Sie brauchen nur die Studie herzunehmen! Da steht es!) Aber wenn ich mir die Zahl von 200 000 Bauern mal 280 000 S ausrechne, dann möchte ich gerne beachtet wissen, welcher Betrag dabei herauskommt: Das wären nämlich 56 Milliarden Schilling, meine Damen und Herren, und das ist nichts anderes als blauer Dunst! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. We­nitsch: Keine freiheitlichen Zahlen! – Abg. Aumayr: Die Gesamtkosten! – Abg. Dr. Khol: Eine Milch­mädchenrechnung! – Abg. Aumayr: IHS!)

Meine Damen und Herren! Aus dem Grünen Bericht ist auch ersichtlich, daß es Bereiche gibt, in denen im Jahre 1997 positive Ergebnisse zu erzielen waren, aber auch Bereiche, in denen negative Ergebnisse zu verzeichnen waren. Ein für eine bestimmte Sparte der Landwirtschaft derzeit sehr negatives Ergebnis betrifft den Schweinemarkt. – Meine Damen und Herren! Ich habe zwei Abrechnungen hierher mitgenommen. Die eine stammt aus dem Jahr 1991; damals erhielt man für ein 105 Kilogramm schweres Mastschwein bester Qualität 2 300 S. Derzeit hin­gegen sind es nur 1 300 S. Das ist negativ, das ist äußerst bedenklich! Aber man sollte doch soviel Intelligenz aufbringen, zu bedenken, daß dafür nicht ein Bundesminister zuständig ist. Entscheidend dafür sind der Markt und die Absatzchancen, die es gibt. Da sind auch wir Bauern gefragt: Wir müssen das produzieren, was gebraucht wird, und nicht nur das, was uns gefällt. (Abg. Aumayr: Wie waren die Empfehlungen der Kammer?)

Meine Damen und Herren! Es sei auch klar gesagt, daß eines bedauerlich ist – und das möchte ich gerade an jene Seite richten, welche sehr oft meint, daß in der Landwirtschaft alles nur sozusagen aus der Sicht der Kleinheit, der Überschaubarkeit, der Naturschutzgrundlage und so weiter zu sehen sei –: Im selben Zeitraum hat sich der Preis einer Mechanikerstunde von 285 S auf immerhin 515 S erhöht.

So ist es auch kein Wunder, was in der heutigen “Zeit im Bild” berichtet worden ist. Der einst vielumjubelte Stronach hat auf besondere Empfehlung bestimmter Gruppierungen in Öster­reich das Steyr-Werk gekauft und allerhand darüber verkündet, was dort an Arbeitsplatzsiche­rung kommen wird. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Wer hat das getan? – Sagen Sie es! Seien Sie nicht so feig! Der Vranitzky war’s! – Zwischenruf der Abg. Aumayr.) Jetzt muß man feststellen, daß – wie es in der heutigen “Zeit im Bild” heißt – dort 100 Beschäftigte entlassen werden. Meine Damen und Herren! Firmenstrategie hat momentan nichts mit unserer Agrardebatte zu tun – oder vielleicht doch. Denn sehr viele Traktorenwerke der Welt brauchen keine Getriebe, weil die Käufer fehlen. Und damit schließt sich der Kreis.

Meine Damen und Herren! Ich bin dem Herrn Bundesminister mehr als dankbar dafür, daß er es auch in schwierigsten Phasen versteht, die Problematik der Bauernschaft in besonderer Beson­nenheit und von besonderer Sachkenntnis untermauert bestens zu vertreten, auch wenn wir – das sei ebenfalls gesagt – nicht von allem nur begeistert sind. Gar keine Frage, es könnte selbstverständlich immer besser sein. Daher würde ich mir wünschen, daß Agrarpolitik einmal nicht durch blaue Brillen gesehen würde, sondern aufgrund von Fakten, Daten, Zahlen und nach den jeweiligen Möglichkeiten. (Abg. Wenitsch: Sie sehen es durch die schwarze Brille! – Zwi­schenruf der Abg. Aumayr.) Vielleicht könnten wir dann einmal gemeinsam eine agrarpoliti­sche Zukunft ent­werfen.

Notwendig ist es – das ist unbestritten –, in der kommenden Steuerreform die Frage der Vor­steuer zu regeln. Die Frage der Betriebsausgaben, der Betriebskosten ist ebenfalls einer Dis­kussion zu unterziehen. Was die Betriebskosten betrifft, wäre gerade auch diese Seite gefragt. Es geht weiters um Tierarzneimittel und Tierarztkosten, meine Damen und Herren; im Vergleich zu Deutschland und anderen EU-Ländern sind bei uns dramatische Kosten feststellbar. (Abg. Au­mayr: Mehrwertsteuer-Anpassung!) Notwendig wäre es auch, daß seitens der Frau Bundesmi­nisterin Prammer das Gesetz betreffend den Tiergesundheitsdienst endlich aus der Schublade kommt und auf den Tisch des Ministerrates gelegt wird. Diesbezüglich haben wir Handlungsbe­darf. Ich ersuche alle zuständen Fachleute, aber auch die angesprochene Frau Bundesministe­rin, dafür zu sorgen, daß darin endlich etwas weitergeht.

Meine Damen und Herren! Insgesamt danke ich dem Bundesminister für die Vorlage des Grünen Berichtes, möchte allerdings darum bitten, daß die parlamentarische Behandlung in Zu­kunft etwas rascher erfolgt. (Beifall bei der ÖVP.)

21.30


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Als nächster gelangt Herr Bundesminister Mag. Molterer zu Wort. – Bitte.

21.31


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer¦: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Präsident! Der Grüne Bericht legt – wie jedes Jahr – eine sehr offene, eine sehr nüchterne Analyse der Situation vor, und in diesem wird eine kritische Bilanz über ein Jahr gezogen – in diesem Fall über das Jahr 1997 –, die nach einem positiven Jahr 1995 und einem Minus im Jahr 1996 auch für 1997 ein Einkommensminus in der Landwirtschaft ausweist. Das ist nicht zu beschönigen, das ist Faktum!

Der Grüne Bericht zeigt auch aus meiner Sicht in sehr objektiver Weise die Ursachen, die zu dieser Entwicklung geführt haben. Diese Ursachen sind sehr vielfältig; wir kennen sie. Die Dis­kussionen, die soeben hier geführt wurden, zeigen, daß wir offensichtlich über die weitere Per­spektive und über die Maßnahmen, die notwendig sind, durchaus sehr unterschiedliche Meinun­gen haben. Die Bandbreite ist groß. Ich kann Ihnen sagen, wie meine Position in dieser Frage aussieht, wie ich mir die künftige Entwicklung vorstelle und wo es aus meiner Sicht notwendig ist, Schwerpunkte zu setzen.

Wie ist die Einkommensperspektive für den Sektor zu sehen? – Ich wiederhole das – ich habe das schon einmal gesagt –, weil diese Diskussion offensichtlich auch in diesem Haus nicht aus­gestanden ist: Selbstverständlich muß die Landwirtschaft auch in Zukunft einen wesentlichen Teil des Einkommens über den Markt erwirtschaften können. Nur, meine Damen und Herren und Frau Abgeordnete Aumayr: Nicht denkbar ist eine Arbeitsteilung dahin gehend, daß in einer Zeit, in der wir gute Preise haben – und solche hatten wir etwa im Schweinesektor –, der Markt zuständig ist, während es aber dann, wenn die Preise nicht gut sind, plötzlich die Politik ist. (Demonstrativer Beifall des Abg. Smolle.) Vielleicht machen wir es einmal umgekehrt: daß der Markt zuständig ist, wenn es nicht gut ist, und die Politik zuständig ist, wenn es gut ist.

Ich halte es für notwendig, festzuhalten: Die Landwirtschaft braucht auch in Zukunft den Markt und den Erlös als Perspektive! (Abg. Wenitsch: Mit diesen Preisen nicht! Da mache ich gar nichts!) Es ist Aufgabe der Politik, dann zu helfen, wenn es kritische Situationen gibt. (Abg. Au­mayr: Nein, Herr Minister, ...!) Es ist etwa im Bereich Schweinemarkt massive Hilfe seitens der öffentlichen Hand erforderlich und auch gegeben, um ein Problem, das besteht, wieder in den Griff zu bekommen.

Zweitens: Die Landwirtschaft braucht für ihre Einkommen die Abgeltung ihrer Leistungen, die sie erbringt. – Herr Abgeordneter Smolle! Ich halte es für nahezu zynisch, zu sagen, wir sollten alle Prämien abschaffen. Denn das hieße schlicht und einfach, daß es keine Bergbauernförde­rung gibt, daß wir das Umweltprogramm auslaufen lassen sollen, daß wir keine Investitionsun­terstützung haben und so weiter. Ich könnte diese Liste fortsetzen.

In der Analyse, die dann getroffen wird – und das heißt, wir brauchen gute Betriebe –, sollten Sie auch dazusagen, welche Struktur diese Betriebe, die ohne diese Ausgleichszahlungen ein Einkommen erwirtschaften, haben sollen. Dann müßten Sie nämlich gleichzeitig den Prozent­satz jener Betriebe, jener Landwirte nennen, die die Bauernhöfe verlassen sollen.

Ich bekenne mich dazu, daß dies die Verantwortung der Gesellschaft ist: Wenn sie von der Landwirtschaft eine Leistung – eine Leistung beispielsweise für die Umwelt – verlangt, dann hat die Gesellschaft auch die Verpflichtung, diese Leistung zu bezahlen. Wenn es der Markt nicht hergibt, muß sie auf anderen Wegen bezahlt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Drittens bekenne ich mich, Frau Abgeordnete Aumayr, sehr klar dazu – und ich weiß, daß das nicht überall Begeisterung hervorruft –, daß wir bei jener bäuerlichen Struktur, die wir heute in Österreich haben, nicht nur Ausgleichszahlungen brauchen, sondern auch die Erwerbskombina­tion in den bäuerlichen Betrieben.

Sie können doch nicht die Augen vor der Realität verschließen, daß unabhängig vom Beitritt zur Europäischen Union etwa im Jahr 1994 zwei Drittel der bäuerlichen Betriebe ihr Einkommen aus mehreren Standbeinen, auch aus außerlandwirtschaftlicher Tätigkeit, erwirtschafteten. Überlegen Sie sich, was es bedeuten würde, zu sagen, wir wollen diese Erwerbskombination nicht. Ich muß Ihnen dann genau dieselbe Frage stellen, die ich Kollegen Smolle gestellt habe: Von wie vielen Betrieben wollen Sie dann, daß sie die Landwirtschaft sein lassen?

Wenn wir diese Struktur haben, dann haben wir auch zur Notwendigkeit der Erwerbskombina­tion ja zu sagen (Abg. Aumayr: Das schaffen sie arbeitsmäßig nicht mehr!) und ebenso zu der Tatsache, daß wir diese Einkommenschancen letztendlich für die bäuerlichen Familien auch brauchen.

Viertens: Ich teile ganz klar die Auffassung, die bereits zum Ausdruck gebracht wurde: Wir müssen zur Entlastung – Stichwort Steuerreform: wir verhandeln derzeit etwa die Problematik der Umsatzsteuer für pauschalierte Betriebe oder etwa auch die Frage der Betriebsmittel­preise – weitere Schritte beitragen. (Abg. Aumayr: Sie haben keinen einzigen Schritt beigetra­gen!) Das heißt, für mich ist eine Einkommensperspektive auf vier Säulen gegeben (Abg. Au­mayr: Keinen einzigen Schritt haben Sie bisher beigetragen! Jahr für Jahr brechen Sie die Verträge!): Markterlös, Ausgleich für erwünschte Leistungen, die die Bauern erbringen, Einkom­menskombination und zusätzliche Chancen sowie Kostenreduktion. – Das ist meine Strategie, die ich für notwendig und für richtig halte! (Abg. Wenitsch: Das merkt man ja am Bauernster­ben!)

Zur zweiten Fragestellung, jener der strategischen Orientierung: Frau Abgeordnete Petrovic, ich diskutiere auch diese Frage sehr gerne mit Ihnen weiter. Ich bin nicht glücklich mit der von Ihnen gezeigten Perspektive, die darin besteht, daß wir auf der einen Seite die Großindustrie und auf der anderen Seite “fein, klein, Bio” haben.

Ich hielte das für unsere strategische Ausrichtung in Österreich nicht für richtig. Denn ich möchte, daß sich die gesamte landwirtschaftliche Produktion an ökologischen Kriterien orien­tiert. Als zusätzliches Element, das ausgebaut werden soll, ist die biologische Landwirtschaft eine Perspektive. Wir können aber nicht die Entwicklung des Biolandbaues von der Entwicklung der Nachfrage abkoppeln. Was hätten wir denn davon, wenn wir sagen würden, wir machen jetzt Bio, ohne in irgendeiner Weise darauf Rücksicht zu nehmen, ob das Produkt als solches auch gekauft wird? Wir haben heute schon das Problem – und dem müssen wir doch auch ins Auge sehen –, daß Biomilch als Biomilch produziert wird, aber nicht als Biomilch oder als Pro­dukt aus biologischer Milch verkaufbar ist, weil es den Markt nicht gibt! Das ist daher aus meiner Sicht im Biolandbau auch nicht zu entkoppeln. Auch für den Biolandbau gilt letztendlich die Frage: Gibt es Marktperspektiven?

Zur Frage der Agenda, weil das eine der wichtigen Entscheidungen sein wird, die in nächster Zeit zu treffen sind, meine Damen und Herren: Sie fragen mich, Frau Abgeordnete Petrovic, was mein Beitrag zwischen dem Jahre 1997 und dem März 1998 war. – Ich habe keinen Beitrag dazu geleistet, weil die Kommission sowohl den Entwurf der Agenda als auch die konkreten Vorschläge zu verantworten hat. Es ist nicht ein Vorschlag, den Österreich erarbeitet hat. Ich sage aber auch, daß wir uns klar darüber sein müssen, daß dieser Vorschlag nicht aus Jux und Tollerei entstanden ist.

Auch hiezu eine Bitte von mir: Sehen wir doch auch hier den Realitäten ins Auge! (Abg. Dr. Pe­trovic: Sagen Sie das den Bauern!) Zu sagen, daß sich die europäische Landwirtschaft bei­spielsweise zur Gänze von den Weltmarktentwicklungen abkoppeln sollte, halte ich aus zwei Gründen für äußerst problematisch: Einerseits befindet sich die europäische Landwirtschaft in derselben Situation wie die österreichische vor dem Beitritt. Österreich hat beispielsweise auf­grund der Grünlandbedingungen, die wir in unserem Land haben, um 40 Prozent mehr an Rindern produziert, als der österreichische Markt verlangt. Selbstverständlich haben wir expor­tiert! Die europäische Landwirtschaft tut das auch.

Wir sollten aber auch den folgenden Gedanken nicht außer acht lassen: Wer beispielsweise Studien der FAO ansieht, wird erkennen, daß Europa eine der wenigen Regionen sein wird, die in der Perspektive landwirtschaftlich verfügbare und bewirtschaftbare Fläche haben werden. Eine Abkoppelung von allen Dingen, die auf der Welt passieren, wäre für Europa aus meiner Sicht fatal. Aber: Die Agenda in ihrer jetzigen Form ist meiner Ansicht nach notwendigerweise zu ver­bessern, damit sie verträglich wird.

Aus meiner Sicht gibt es drei Kernpunkte: Erstens, die Preisreduktionen, sofern sie überhaupt notwendig sind, sollten so gering wie möglich ausfallen. Zweitens, wir verlangen den Einkom­mensausgleich. Drittens, wir bekennen uns dazu, daß es auch bei den Marktordnungen der Union mengensteuernde Elemente gibt, wie beispielsweise Quotenregelungen oder Flächen­stillegungen etwa im Getreidebereich. Ohne mengenlenkende Instrumente gibt es aus meiner Sicht keine Perspektive in der Agenda. (Beifall bei der ÖVP.)

Die ländliche Entwicklung halte ich für positiv für Österreich. Ich denke etwa an das Umweltpro­gramm, an den Sockelbetrag, worüber wir auch einen breiten Konsens haben. Ich denke etwa an all diese Kooperationsprojekte für die ländlichen Regionen, an den Sektorplan für die Verar­beitungswirtschaft und so weiter.

Es gibt auch andere interessante Perspektiven, wie etwa den Vorschlag der Degression der Marktordnungsprämien in Abhängigkeit von der Betriebsgröße.

Ich möchte nur ganz kurz noch auf einige Fragen zu sprechen kommen. – Herr Abgeordneter Smolle! Ich halte die Rußlandsache für einen Erfolg der österreichischen Präsidentschaft, und ich halte es für nahezu zynisch, zu sagen, diese Rußlandhilfe sei ein Flop. Man möge doch sehenden Auges die Frage stellen: Welche Alternative hätten wir denn aus europäischer Ver­antwortung heraus für die Menschen in Rußland? (Abg. Smolle: Das ist eine ganz andere Geschichte!) Das ist doch eine wichtige politische Entscheidung! (Abg. Smolle: Das ist nicht Agrarpolitik!) Daß wir diesen Menschen mit Nahrungsmitteln helfen (Abg. Smolle: Das ist nicht Agrarpolitik, Herr Minister!), halte ich für notwendig und für richtig.

Zweitens, die Europäische Forststrategie ist ein Schlüsselerfolg der österreichischen Präsident­schaft: Ich verweise etwa auf die bereits angesprochene Biorichtlinie oder auf das Saatgutpaket mit der Gentechnikkennzeichnung – ich könnte diese Liste noch fortsetzen. Auch in der Agenda hat die Präsidentschaft jenes geleistet, was zu leisten war, wie etwa – wie ich schon gesagt habe – in der ländlichen Entwicklung.

Zu den Verwaltungskosten, Frau Abgeordnete Aumayr: Ich bitte Sie, den Rechenstift zu neh­men und 200 000 österreichische Betriebe mit 280 000 S zu multiplizieren. Dann wissen Sie, auf welches Ergebnis man mit dieser Rechnung kommt. (Abg. Aumayr – eine schriftliche Unter­lage in die Höhe haltend –: Da steht es drinnen, in der IHS-Studie, ...! – Abg. Schwarzen­berger: 56 Milliarden Schilling wären das!)

Ich zumindest, Frau Abgeordnete, habe immer die Verpflichtung gesehen, Studien zu prüfen, bevor ich sie zitiere. Hier würde sich eine einfache Multiplikation schon als ausreichendes Prü­fungselement erweisen. Rechnen Sie 280 000 mal 200 000! (Abg. Wenitsch: Haben Sie dieser Studie schon widersprochen?) Ja! (Abg. Aumayr: Wann?) Als sie erschienen ist! (Abg. We­nitsch: Wissen das die Bauern? Ich habe noch nichts davon gehört!) Daß Sie die Zeitungen nicht lesen, ist nicht mein Problem. (Beifall bei der ÖVP.)

Damit wir die Zahlenrelationen auch gleich beurteilen können, Frau Abgeordnete, darf ich dar­auf hinweisen, daß, während Sie von 10 000 Abwanderungen sprechen, Dozent Schneider, der wahrlich als Rechner bekannt ist, für das Jahr 1997 dagegen 4 700 errechnet hat, also weniger als die Hälfte jener Zahl, die Sie genannt haben. Wenn daraus der Realitätsgehalt Ihrer Aus­sage zu bewerten sein sollte, dann würde ich Sie bitten, auch in diesem Punkt etwas exakter zu sein, Frau Abgeordnete.

Zur Renationalisierung: Ich teile die Einschätzung nicht (Abg. Aumayr: Das glaube ich!), weil die Renationalisierung für Österreich und Österreichs Bauern ein schlechtes Geschäft wäre, Frau Abgeordnete! (Abg. Aumayr: Da wird der SPD-Landwirtschaftsminister Funke ordentlich Druck machen!) Nicht alles, was deutsch ist, ist schon gut, Frau Abgeordnete! (Beifall bei der ÖVP.) Ich habe es mir auch hier zu meiner eigenen Maxime gemacht (Abg. Aumayr: Das glaube ich nicht! Sie wollen keine Landwirtschaftspolitik für die Bauern Österreichs machen!), zu bewerten, bevor ich urteile. Renationalisierung würde bedeuten, daß die österreichischen Bauern weniger Mittelrückfluß bekommen (Abg. Aumayr: Wir würden ja bedeutend weniger Mittel nach Brüssel zahlen, Herr Minister! Das ist ein Blödsinn!), und daher bin ich gegen dieses Konzept der Renationalisierung.

Frau Abgeordnete, ich teile andere Einschätzungen, die besagen, wir wollen mehr nationale Flexibilität, etwa bei den Instrumenten der Bergbauernförderung oder des Umweltprogrammes: Ja! – Renationalisierung aber wäre ein schlechter Rat für Österreichs Bauern! (Abg. Aumayr: Sie werden ihn geben müssen!)

Ein letzter Satz zur Verteilungsdiskussion: Frau Abgeordnete Petrovic, ich bitte Sie, auch in dieser Frage an die Diskussion, die wir im Ausschuß schon begonnen haben, zu denken. Schauen Sie sich doch an, welche Förderung wir meinen: Die degressiven Ausgleichszahlun­gen hatten die Aufgabe – hatten, sage ich, denn im Jahr 1998 sind sie ausgelaufen –, die Ab­stufung der Preise durch vier Jahre lang laufende degressive Zahlungen abzufedern. Selbstver­ständlich hat das jeder Betrieb bekommen, unabhängig von der Größe, weil ja auch jeder mit den gerin­geren Preisen konfrontiert war.

Zweitens: Ein Umweltprogramm hat aus meiner Sicht die Aufgabe, dafür zu sorgen, daß nach Möglichkeit jeder Hektar ökologisch bewirtschaftet wird. Wir haben im ÖPUL beispielsweise die Degression nach Betriebsgröße bereits eingeführt. Im Zusammenhang mit den Marktordnungs­prämien der Union gibt es derzeit schon eine Diskussion, und ich bekenne mich zu dieser De­gression, auch in den Marktordnungen, nach Betriebsgrößen. Aber: Wir haben in der Landwirt­schaft nun einmal unterschiedliche Strukturen und unterschiedliche Betriebsgrößen. Das sollten wir einfach erkennen. Durch zusätzliche Elemente, wie beispielsweise diese von uns unter­stützte Degression, sollten wir zu mehr Ausgleich im Sinne einerseits der ökologischen Orientie­rung und andererseits auch der sozialen Orientierung kommen.

Abschließend bitte ich Sie, meine Damen und Herren, die meiner Ansicht nach durchaus not­wendige Diskussion über diese Maßnahmen, die wir zu setzen haben, damit wir zu einer Ver­besserung der Situation beitragen, so zu führen, wie es den österreichischen Bäuerinnen und Bauern letztendlich am meisten hilft. Mit Emotion und halber Wahrheit ist eigentlich nichts getan. Mit dem realen Blick auf die Gegebenheiten und der Einschätzung der realen Möglich­keiten (Abg. Dr. Salzl: Aber mit Schönfärben ist auch nicht gedient!) und mit dem Tun – ich betone: dem Tun! – ist den Bauern am besten geholfen.

Herr Abgeordneter Salzl! Daran, daß die Bundesregierung beispielsweise das 40-Milliarden-Paket für die Bauern gemeinsam mit den Ländern für die nächsten Jahre verlängert hat, mögen Sie erkennen, daß es der Bundesregierung ernst ist (Abg. Dr. Salzl: Sie hätten nur Verspre­chungen einhalten müssen!), wenn es darum geht, diesen Bauern zu helfen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Aumayr: Bis heute haben Sie die Versprechungen nicht eingehalten!)

21.46


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wenitsch. – Bitte.

21.47


Abgeordneter Robert Wenitsch¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Herr Minister, nach dieser Lobhudelei, nach diesem Eigenlob, das Sie von sich gegeben haben, möchte ich Sie nur darauf aufmerksam machen, was in Ihrer Ministerschaft passiert ist: Das ist die morgige Ausgabe der “Kronen Zeitung”, Herr Minister (der Redner hält die genannte Zeitung in die Höhe), und darin finden Sie, daß ein Kilogramm Baby-Wegwerfwindeln heute 189,90 S kostet. Daneben haben Sie das Angebot für ein Kilogramm Schweinefleisch: 19,90 S! – Angesichts dessen, glaube ich, braucht man nicht mehr von Ihren Erfolgen zu reden. Daß ein Kilogramm Schweinefleisch heute nur mehr 20 Prozent dessen kostet, was ein Kilogramm Wegwerfwindeln kostet, zeigt, welchen Stellenwert die Agrarpro­dukte in diesem Land noch haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister! Die Bauern sehen das auch ein bißchen anders als Sie. (Abg. Smolle: Das ist demagogisch!) Herr Kollege Smolle, du hast noch nicht sehr viel in der Landwirtschaft gearbei­tet und verstehst auch nicht sehr viel davon. (Abg. Smolle: Ich verteidige nicht den Minister, aber das ist demagogisch!) Herr Minister, daß heute in Gemeinden Bauernbundbälle abgesagt werden müssen (Abg. Sophie Bauer: Das stimmt nicht! Die Bauernbälle sind gut besucht! Der eure wird vielleicht abgesagt!), weil die Bauern schon selbst gegen die eigene Standesvertre­tung revoltieren, daß in Niederösterreich der Präsident des Verbandes niederösterreichischer Schweinezüchter, Herr Hülmbauer, ein ÖVP-Grande, unter Polizeischutz von Bauernveranstal­tungen mit Funkstreifenwagen weggeführt werden muß – nicht vor Terroristen, sondern vor Bauern muß er bereits geschützt werden! –, zeigt, wie weit die ÖVP-Agrarpolitik in diesem Land gediehen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen noch etwas sagen und Kollegen Auer vielleicht ins Stammbuch schreiben, weil er mit den Schweinepreisen der Jahre 1991 und 1996 Vergleiche angestellt hat. Ich habe hier eine Ausgabe von “Die Landwirtschaft”, der Zeit­schrift der Niederösterreichischen Landwirtschaftskammer, und zwar aus dem Jahre 1953 – das ist 45 Jahre her! Kammeramtsdirektor war damals Dr. Leo Müller, und er hat in dieser Zeitung einen Preisvergleich veröffentlicht. – Herr Minister, der Weizenpreis betrug vor 45 Jahren 2,40 S. Heute bekommen die Bauern für einen guten Qualitätsweizen – der besten Qualität – 1,90 S. Können Sie sich das vorstellen? (Bundesminister Mag. Molterer: Wie groß war der Er­trag?) Herr Minister, vom Ertrag haben wir schon genug gehört! Denn andererseits suchen Sie dann wieder einen Markt! Sie sollten mehr darauf achten, daß der Preis für die Bauern in Ord­nung ist, und nicht immer vom Ertrag reden! Denn genau auf diesen Ertrag war die Politik der ÖVP ausgerichtet, die die Bauern in diesen Ruin geführt hat, in dem sie sich heute befinden. (Abg. Aumayr: Sie haben sie in die Überproduktion geführt!) Damit ist ja die Überproduktion gefördert worden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das war ja der Fehler, der gemacht wurde, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bauern müssen heute mit Preisen leben, die schlechter sind als vor 45 Jahren! Ich möchte einen Arbeitnehmer sehen, der zu einem niedrigeren Lohn arbeiten würde als vor 45 Jahren. Oder auch Sie als Politiker, Herr Minister: Wären Sie einverstanden mit dem Gehalt, das ein Minister vor 45 Jahren erhalten hat? – Ach, da sind Sie nicht dafür? Aber bei den Bauern sehr wohl! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man den Grünen Bericht anschaut, so erkennt man darin die Bankrotterklärung des österreichischen Bauernstandes. – Herr Kollege Schwarz­böck, früher hat die Kammer noch für die Bauern gearbeitet, heute nicht mehr: Heute arbeiten Sie gegen die Bauern.

Ich möchte nur folgendes sagen: Man kann diesen Grünen Bericht durchgehen, wie man will. Man findet zum Beispiel, daß die Einkommensdisparität zwischen dem Soll-Einkommen und dem wirklichen Ist-Einkommen darin mit 51 Prozent ausgewiesen wird. Wissen Sie, was das heißt? – Die Bauern verdienen nicht einmal die Hälfte von dem, was sie verdienen sollten! (Abg. Aumayr: Da kann man nur lachen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Reinertrag ist für die Bauern heute ein “Reinver­lust” von minus 57 000 S! Soweit sind wir heute, daß wir keinen Reinertrag haben, sondern einen Reinverlust! Mehr haben Sie nicht zusammengebracht, Herr Minister! (Abg. Aumayr: “Grandios”!)

Weiters kann ich hierzu noch auf eine Studie des Wifo verweisen, die düstere Aussichten be­kanntgibt und die besagt, daß die Aussichten deshalb besonders düster sind, weil die degressi­ven Preisausgleichszahlungen völlig auslaufen. Sie rät der Regierung, national gegenzu­steuern, etwa durch die Verbesserung der Umsatzsteuerposition.

Genau um solche Maßnahmen geht es in einem freiheitlichen Antrag, den wir heute schon zum sechsten Mal einbringen und der von der ÖVP, von den Bauernbundkollegen (Abg. Aumayr: Ja, da wird er dagegen stimmen, der Herr Schwarzböck, zum sechsten Mal!) – speziell von Herrn Schwarzböck, der es in der Kammer, in “Der Österreichische Bauernbündler” zwar for­dert, aber hier im Parlament ablehnt –, immer wieder abgelehnt worden ist.

Weiters heißt es in der Studie auch, daß die Wiedereinführung der Dieselpreisrückvergütung notwendig wäre. Deshalb, Herr Minister, bringe ich auch einen entsprechenden Antrag hiezu ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wenitsch, Koller, Aumayr, Klein und Dr. Salzl betreffend Wettbewerbsnach­teile österreichischer Landwirte

Der Nationalrat wolle beschließen:

“Die Bundesregierung wird dringend aufgefordert, zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Landwirtschaft die Besteuerung des Dieseltreibstoffes so zu gestalten, daß der Dieselpreis für die Land- und Forstwirtschaft auf durchschnittliches europäisches Niveau abgesenkt wird.”

*****

Ich glaube, unsere Bauern haben es sich nicht verdient, daß wir in Österreich unter der Regie­rungskoalition von ÖVP und SPÖ den teuersten Dieselpreis für Österreichs Landwirtschaft haben.

Herr Minister! Wir kommen jedes Jahr zum Grünen Bericht, und es ist jedes Jahr dasselbe Spiel. Es wird von der §-7-Kommission etwas vorgeschlagen, was sinnvoll wäre. Das wird aber hier im Parlament abgelehnt. Das Wifo stellt düstere Prognosen. Diese werden hier von den Bauernvertretern der ÖVP einfach negiert. Sie, Herr Minister, schlafen im Prinzip weiter, so wie die gesamte Bundesregierung! Wir haben doch den Ratsvorsitz gehabt, Herr Minister. Auch den haben Sie mit sehr viel Lob erwähnt. Was ist dabei wirklich für Österreichs Bauern passiert? – Unter Ihrem Vorsitz null! (Abg. Aumayr: Außer Spesen nichts gewesen!)

Herr Minister, die EU produziert um 1 Million Tonnen Rindfleisch zuviel. Die Verwertung dieser Überschüsse kostet 20 Milliarden Schilling jährlich, das sind rund 20 S pro Kilogramm. Anstatt Ihre Ministerkollegen während Ihres Vorsitzes zum Nachdenken zu bewegen oder anzuregen, werden Sie höchstwahrscheinlich aus Solidarität zu Ihrem Bauernbundgenossen Fischler eine Kürzung der Interventionspreise für Rindfleisch um 30 Prozent den Bauern gegenüber als unbe­dingt notwendig verkaufen. Das haben Sie auch hier herinnen probiert. Sie haben gesagt: Das ist unbedingt notwendig, wir können ja gar nicht aus. Das sei eben der freie Markt. Was sollen wir tun? – Ich verlange aber dann den freien Markt für alle, Herr Minister, auch für Sie!

Herr Minister! So wie beim Rindfleisch und bei anderen Wirtschaftszweigen der europäischen Landwirtschaft verhält es sich auch bei der Milch: Es gibt 12 Millionen Tonnen Milchüberschuß in der EU! Die Überschußverwertung kostet die EU jährlich 40 Milliarden Schilling. Das sind pro Kilo­gramm Überschußmilch 3,30 S.

Während Ihres Vorsitzes, Herr Minister, hätte ich mir erwartet, daß Sie erstens einen freiwilligen Lieferverzicht von 5 Prozent bei Ihren Kollegen in der EU einmal anregen und die Bauern mit diesen 3,30 S für diesen freiwilligen Lieferverzicht entschädigen. Damit hätten wir einmal den Milchberg weg. Das wäre zumindest schon etwas.

Außerdem, Herr Minister, habe ich den Eindruck, daß Sie anscheinend darauf warten, daß der Vorschlag des Bauernbundkommissars Fischler bezüglich einer Freigabe der Milchkontingente in die Realität umgesetzt wird. (Bundesminister Mag. Molterer: Wo hat Fischler das vorgeschla­gen?) Fischler und die Kommission schlagen vor, daß die Kontingente freigegeben werden! (Bundesminister Mag. Molterer: Nein, das ist falsch!) Herr Minister, das wäre die totale Bank­rotterklärung für die österreichischen Bauern (Bundesminister Mag. Molterer: Das ist falsch! Das ist doch falsch!), wenn Sie dem zustimmen und die Weichen nicht entsprechend anders stellen! – Jetzt können Sie das ja gar nicht mehr: Jetzt sind Sie ja wieder da in Österreich und reden sich hier wieder auf die EU-Politik aus. Aber Sie hatten den Vorsitz über sechs Monate und waren nicht imstande, auch nur in irgendeiner Weise die Weichen in Richtung einer ordent­lichen und vernünftigen Agrarpolitik zu stellen.

Herr Minister! Nach diesem für die Bauern schlechten Jahr 1997 kommt ein Jahr 1998. Ich glaube, das Jahr 1998 wird für die Bauern ein Todesjahr werden. Und Sie werden sehen, so ein Bauernsterben wie wir im heurigen Jahr in Kauf nehmen werden müssen, ist noch nie dage­wesen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Vor einem Jahr?)

Herr Minister! Ich ersuche Sie wirklich im Namen der Bauern – nicht für mich, ich brauche es nicht, denn ich habe ein so schönes Gehalt, ich lebe auch so, so wie alle hier herinnen, aber die Bauern haben es nicht –: Stellen Sie endlich die Weichen für eine vernünftige Agrarpolitik! Gehen Sie weg von der Überschußproduktion! Sie müssen sich jetzt einmal dazu bekennen, daß in der Europäischen Union eine alternative Landwirtschaft Einzug finden muß. Es geht nicht an, daß Holland 400 Prozent seines Eigenbedarfes an Schweinefleisch produziert! Für wen und wofür, bitte? – Dahin gehend wünsche ich mir von Ihnen Schritte in die richtige Richtung! (Bei­fall bei den Freiheitlichen.)

21.55


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Der Entschließungsantrag, der soeben vorgetragen wurde, ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Karl Donabauer zu einer tatsächlichen Berichtigung. Ich mache auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung aufmerksam.

21.56


Abgeordneter Karl Donabauer¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mein Vorredner hat neben vielen Phrasen und einem allgemeinen Rundumschlag in seiner er­kennbaren Nervosität behauptet (Abg. Wenitsch: Was habe ich behauptet? – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), der Präsident des Verbandes niederösterreichischer Schweinezüchter, Präsident Hülmbauer, wäre mit Polizeischutz von einer Veranstaltung wegbe­gleitet worden.

Zum ersten stelle ich richtig: Hülmbauer ist nicht Präsident des Verbandes niederösterreichi­scher Schweinezüchter, und zum zweiten, Hülmbauer ist nie mit Polizeischutz wegbegleitet worden, weil seine Ausführungen bei allen Veranstaltungen so sachlich und korrekt sind, daß sie breite Annahme finden. (Zwischenruf des Abg. Wenitsch.) Das ist höchstens Ihre Traumvor­stellung, der wir nichts abgewinnen können! (Beifall bei der ÖVP. – Weitere Zwischen­rufe des Abg. Wenitsch.)

21.57


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Sophie Bauer. – Bitte.

21.57


Abgeordnete Sophie Bauer¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr ge­schätzten Damen und Herren! Der Grüne Bericht des Jahres 1997 ist so ausführlich wie noch nie dargestellt. Jeder Bereich ist detailliert erfaßt. Es ist genau ersichtlich, welche Auswirkungen die EU-Förderungen auf die landwirtschaftlichen Betriebe haben. Diese wurden gewährt, um den Bauern bei der Umstellung auf die geänderten Marktverhältnisse behilflich zu sein. Jedem Bauern stand es frei, zu entscheiden, wie er sein Förderungsgeld verwenden möchte, sei es bei­spielsweise als Biobauer oder für eine Umstellung auf eine Schweinezucht.

Hatten wir im Jahre 1980 nur 200 biologisch wirtschaftende Betriebe, so ist die Zahl der Bio­bauern in der Periode von 1994 bis 1997 – das ist die Zeit der Förderungen – auf 19 996 gestie­gen. Diese Entwicklung ist durch die Förderungen möglich geworden, es hat aber auch die erfreuliche Entwicklung am Markt, nämlich die steigende Nachfrage des Konsumenten nach Bioprodukten, dazu beigetragen.

Wenn man im Vergleich dazu die Schweinezucht betrachtet, die vor ein paar Jahren auch gute Chancen gehabt hat, so muß man feststellen, daß es nicht vorauszusehen war, daß der ge­samte europäische Schweinemarkt durch die Rußlandkrise in eine dermaßen schwierige Lage kommen würde. Um die Krise einigermaßen abzuschwächen, wurden zusätzlich – dies wurde ja schon angeführt – 300 Millionen Schilling an degressiven Beihilfen an die Schweinebauern oder für die Stundung von Kreditrückzahlungen gewährt.

Meine Damen und Herren! Man kann nicht alles auf die Förderungen abwälzen. Ein gewisses Risiko trägt jeder Produzent. Durch die Technik ist unsere Zeit viel schnellebiger geworden. Nehmen wir zum Beispiel Industriearbeiter im Textilbereich: Dort müssen die Beschäftigten sehr flexibel sein. Sie wissen nicht, wie lange sie in einem Betrieb tätig sein können. Bei einem Verlust ihres Arbeitsplatzes geht es in erster Linie um Einkommenseinbußen, und damit sind Existenzängste verbunden. – Frau Abgeordnete Aumayr, Sie haben von einem Verdienst eines Industriearbeiters von 28 000 S gesprochen: Ich kann Ihnen nur raten, einmal in einen Industriebetrieb zu gehen, denn dort bekommt auch der Facharbeiter nur 18 000 S brutto! (Zwi­schenruf des Abg. Mag. Schweitzer.)

Meine Damen und Herren! Wir alle wissen, daß für die Landwirtschaft sehr viel Geld zur Verfü­gung steht. Deshalb wollen auch wir Sozialdemokraten, daß dieses viele Geld den in der Land­wirtschaft arbeitenden Menschen zugute kommt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie macht man das am besten? – Sicherlich nicht, indem man das Geld nach der Größe der Fläche oder nach der Anzahl des Viehs zur Verfügung stellt. Weitaus besser, aber vor allem ge­rechter ist es, meine Damen und Herren, diese Gelder nach der Arbeitsintensität zu vergeben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.00


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Koller. – Bitte.

22.00


Abgeordneter Franz Koller¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Grüne Bericht 1997, dem die Untersuchung von rund 2 400 Testbetrieben, meist Vollerwerbs- und Paradebetrieben, zu­grunde liegt, weist ein düsteres Bild auf. Die Einkünfte je Familienarbeitskraft sanken real um 4 Prozent. Am meisten sanken die Einkommen im südöstlichen Flach- und Hügelland, dort nämlich um 12 Prozent. Laut Professor Schneider ging das Einkommen österreichweit um 8,4 Prozent zurück. – Aufgrund der auseinanderklaffenden Zahlen bestünde hier Handlungsbe­darf. Die Auswahl der Testbetriebe wäre zu objektivieren.

Das Jahr 1998 sieht noch düsterer aus. Trotz höherer Produktionen sanken die Einkommen weiter, bedingt durch das Auslaufen der degressiven Ausgleichszahlungen und durch den Zu­sammenbruch des Schweinepreises.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Anteil der öffentlichen Gelder am Gesamteinkom­men betrug Anfang der neunziger Jahre 10 Prozent. Den Großteil ihres Einkommens erwirt­schafteten die Bauern damals über den Markt. Mit dem EU-Beitritt wendete sich das Blatt. 1997 betrug der Anteil der öffentlichen Gelder am Agrareinkommen 67 Prozent. Die Tendenz ist stei­gend, weil die Preiskürzungen bei Agrarprodukten weitergehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die jahrelangen Forderungen der § 7-Kommission be­treffend die Erhöhung des pauschalierten Mehrwertsteuersatzes von 10 auf 12 Prozent und nach keinen weiteren sozialen Belastungen wurden nicht berücksichtigt. An der Basis stellen Sie von der ÖVP diese Forderungen. Im Parlament, wenn die Anträge eingebracht werden, fallen Sie aber um! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sparen Sie sich Ihre Sonntagsreden! Sagen Sie den Bauern die Wahrheit, auch über die Agenda 2000 und die Auswirkungen der Osterweiterung! Herr Minister! Im Ausschuß sagten Sie, daß der Empfehlung der § 7-Kommission bezüglich sozialpolitischer Maßnahmen bereits Rechnung getragen wurde. Herr Minister! Ich frage Sie: Warum wurde die Hauptfeststellung der Einheitswerte, die 1999 durchgeführt hätte werden sollen, bis zum Jahr 2001 hinausgescho­ben? Alle Steuern und sozialen Abgaben werden durch den Einheitswert berechnet und abge­führt. Die Einkommen der Bauern sinken, aber die Belastungen steigen!

Zusammenfassend möchte ich feststellen: Sie von der ÖVP stellen Forderungen an sich selbst. Sie sitzen in der Sozialpartnerschaft, und Sie sitzen in der Bundesregierung. Setzen Sie endlich Ihre eigenen Forderungen um! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.04


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Horngacher. – Bitte.

22.04


Abgeordnete Katharina Horngacher¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Grüne Bericht zeigt uns die Situation, in der sich die Landwirtschaft befindet. Daraus leiten sich natürlich auch manche Forderungen ab, insbesondere einige Forderungen für das Berggebiet.

Die Preissenkungen, wie sie in der Agenda 2000 vorgeschlagen werden, sind meiner Ansicht nach ungerechtfertigt hoch. Wir sollten daher alles tun, um diese Agenda 2000 bäuerlicher zu gestalten. Würden nämlich nun tatsächlich nochmals umfangreiche Preissenkungen eintreten, dann wäre das eine sehr schwierige Situation für uns. Auf alle Fälle muß der volle Ausgleich ge­geben werden.

Für das Berggebiet ist es ganz besonders wichtig, daß die Milchkontingentierung bleibt, denn sonst wandert die Milchproduktion ab. Herr Wenitsch hat vorhin die Sache verdreht. Die Kom­mission hat die Fortführung der Milchkontingentierung für die nächste Periode vorgeschlagen. (Abg. Wenitsch: Aber sie wollen aufstocken, statt absenken!) Einige Staaten sind allerdings da­gegen. Für uns ist es aber notwendig, daß die Milchkontingentierung überhaupt bleibt.

Ein zweiter Punkt ist für uns natürlich die Prämie für die Aufzucht von weiblichen Rindern, die Kalbinnenprämie. In Gebieten mit geringer Richtmenge, wie es sie bei uns vielfach gibt, wird die Kalbinnenaufzucht traditionell betrieben und hat eine hohe Bedeutung. Denn dort ist es oft nicht sinnvoll, die Milch über sehr lange Transportwege zu führen, und daher ist die Jungviehaufzucht in diesen Fällen die bessere Variante. Käme nun diese Kalbinnenprämie nicht, dann wäre das für große Gebiete zum Beispiel im Tiroler Oberland ein großes Problem. (Beifall bei der ÖVP.)

Drittens möchte ich in diesem Zusammenhang wieder die Forderung nach der EU-weiten Ab­schaffung der Herodesprämie stellen, weil ich der Ansicht bin, daß Herodesprämie und bäuer­liche Landwirtschaft nicht zusammenpassen. Deutschland und Österreich haben diese nie ein­geführt, und es sollten auch die anderen Staaten den Ausstieg schaffen. Dafür brauchen wir aber eine Frühvermarktungsprämie für die Kälber.

Viertens: Besonders wesentlich erscheint mir die Einführung der Sockelbetragsregelung. Ge­rade für Österreich und insbesondere für Tirol wäre der Ausbau der Ausgleichszulage für be­nachteiligte Gebiete von großer Bedeutung. An dieser Stelle verweise ich auf den Entschlie­ßungsantrag, den wir in der letzten Ausschußsitzung beschlossen haben.

Nun möchte ich aber doch auch einige sehr positive Entwicklungen erwähnen. Da wir heute den Grünen Bericht aus dem Jahre 1997 diskutieren, weise ich darauf hin, daß dieses Jahr durch eine Reihe von grundlegenden sozialversicherungsrechtlichen Änderungen geprägt war. Die heutige positive Entwicklung zeigt, daß wir damals recht gehabt haben. Deshalb möchte ich stichwortartig einige Punkte aufzeigen: Erhöhung des ab 1. Jänner 1998 wertgesicherten Wochengeldes von 250 S auf 300 S, ebenfalls ab 1. Jänner 1998 Absenkung des fiktiven Aus­gedinges von 35 Prozent auf 30 Prozent des Richtsatzes, Einführung des Krankenscheins für die Bauern mit 1. Juli 1998. – Da die Bauern jetzt den Krankenschein haben, sind keine Vor­finanzierung und kein Selbstbehalt mehr zu leisten. Dadurch kommt es nicht nur zu Einsparun­gen für die bäuerlichen Familien, sondern es wurde dadurch auch der Zugang zum Gesund­heitssystem erleichtert.

Man darf nicht vergessen: Ohne diese bäuerliche Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung wäre die soziale Absicherung nicht gegeben. Darüber hinaus erbringen die bäuerlichen Fami­lien für die Alten- und Behindertenbetreuung besonders hohe Leistungen. Dieses Verantwor­tungsbewußtsein der bäuerlichen Familien ist ein besonderes Merkmal der Gesellschaft im ländlichen Raum.

Zu den Ausführungen der Frau Aumayr möchte ich noch folgendes sagen: Natürlich machen uns viele Entwicklungen Sorgen. Aber von euch Freiheitlichen haben wir noch nie Vorschläge für ein wirklich zukunftsweisendes Programm gehört. Sie haben unseren Minister sehr attackiert. Er aber hat das Vertrauen der Bauern Österreichs, und er hat dieses Vertrauen zu Recht! (Beifall bei der ÖVP.)

22.09


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Salzl. Er hat das Wort.

22.09


Abgeordneter Dr. Stefan Salzl¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie wir heute bereits mehrfach gehört haben, geht aus dem Grünen Bericht eindeutig hervor, daß sich nach dem katastrophalen Jahr 1996 auch im Jahr 1997, also im dritten Jahr nach dem EU-Beitritt, die Situation für unsere Bauern enorm verschlechtert hat. Die Einkommenssituation hat sich katastrophal verschlechtert. Trotz­dem sind die versprochenen Entlastungen der bäuerlichen Betriebe durch preisgünstigere Be­triebsmittel oder durch die im Europavertrag versprochene Mehrwertsteueranpassung bis heute ausgeblieben.

Herr Bundesminister! Es ist mir einfach zuwenig, wenn Sie sagen, daß Sie darüber verhandeln! Sie haben das den Bauern versprochen und nicht gehalten! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Aumayr: So ist es!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Allein durch diese nicht erfolgte Mehrwertsteueran­passung gehen den Bauern jährlich zirka 1,7 Milliarden Schilling verloren, und das in einer Situation, die für die Bauern wirklich mehr als bedrohlich ist, da sie mit ihren Einkommen an vor­letzter Stelle gerade noch vor den Notstandshilfebeziehern rangieren. (Abg. Aumayr: Das ist ein Skandal!) Es ist mir daher unverständlich, daß die sogenannten ÖVP-Bauernvertreter und auch Sie, Herr Bundesminister, zusehen und es zulassen, wie der Landwirtschaft die Existenzbasis unter ihren Füßen weggezogen wird! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Aumayr: Sie tragen dazu bei!)

Mir ist es unverständlich, warum diese Bauernvertreter einer EU-Osterweiterung das Wort reden. Denn die Landwirtschaft wird im Zuge der EU-Osterweiterung, genauso wie beim EU-Beitritt, wieder zu den Hauptverlierern gehören. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie vertreten diese Haltung, obwohl Schwarzböck und Co. und auch Sie, Herr Bundesminister, ge­nau wissen, daß die mit dieser Osterweiterung verbundene Agenda 2000 das Aus für Tausende bäuerliche Betriebe und Tausende in der Landwirtschaft Beschäftigte bedeuten wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schwarzböck! Sie geben das auch selber zu, auch wenn Sie vorher hier sehr salbungsvoll geredet haben. – Ich zitiere aus der Zeit­schrift “Die Landwirtschaft” vom November 1998: “Fischler präsentiert Agenda-Studien. 2005 könnten bis zu 35 Prozent weniger Beschäftigte in der Landwirtschaft sein.”

Fischler sagte weiters: “Auch die Landwirtschaft muß für die EU-Osterweiterung zahlen.” Und Sie, Herr Schwarzböck, sagten: “EU-Studien bestätigen Befürchtungen der Bauern. Die Bauern­vertretung sieht sich durch jene Studien, die im Auftrag der Europäischen Kommission erstellt und durch den Agrarkommissar vorgestellt worden sind, in ihren Befürchtungen voll und ganz bestätigt. Bei genauer Betrachtung der vorliegenden Daten und Zahlen zeigt sich, daß wir auf allen Ebenen recht haben. Die Bauern werden im Einkommen weiter zurückfallen bis drama­tisch verlieren, die Überschüsse werden wachsen und nicht eingeschränkt werden, die Abwan­derung aus der Landwirtschaft wird steigen, der Trend zur Industrialisierung der Landwirtschaft wird zunehmen, und die Handelsketten werden Produkttiefstpreise kaum bis gar nicht an die Konsumenten weitergeben.”

Herr Schwarzböck! Sie wissen es ganz genau! Sie wissen ganz genau, wie ernst die Situation in der Landwirtschaft auch ohne Agenda 2000 und ohne EU-Osterweiterung ist! Das zeigt auch eine Studie des Landwirtschaftsministeriums, in der über die Armut im ländlichen Raum gesagt wird, daß fast die Hälfte der Armutsgefährdeten in ländlichen Gemeinden leben und in Öster­reich 30,6 Prozent der bäuerlichen Haushalte armutsgefährdet sind, wobei die höchste Gefähr­detenquote im Burgenland anzutreffen ist, die zweithöchste in der Steiermark und die dritt­höchste in Niederösterreich. (Abg. Aumayr: Im Mühlviertel!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf der Basis dieser Fakten wird es aufgrund der Osterweiterung und der Agenda 2000 zu einer zusätzlichen Verschlechterung der Einkommens­situation beziehungsweise zum Todesstoß für viele Betriebe im Burgenland, in der Steiermark und in Niederösterreich kommen. Tausende Bauern und in der Landwirtschaft Beschäftigte wer­den auf der Strecke bleiben. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um diese bedrohliche Situation, die von vielen bereits als solche erkannt wird, etwas zu entschärfen, bringe ich folgen­den Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Aumayr, Koller, Klein, Dr. Salzl, Wenitsch betreffend Umsetzung der bisher nicht erfüllten Empfehlungen der § 7-Kommission

Der Nationalrat wolle beschließen:

“Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft wird aufgefordert, folgenden Empfehlungen der § 7-Kommission in seinem Wirkungsbereich Rechnung zu tragen beziehungsweise mit den zuständigen Bundesministern umzusetzen.

1. Empfehlung betreffend Anpassung des pauschalierten Mehrwertsteuersatzes von 10 auf 12 Prozent;

2. Empfehlung betreffend Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energie (Antrag 2 aus 1995);

3. Empfehlung betreffend steuerliche Entlastung erneuerbarer Energieträger (Antrag 1 aus 1995);

4. Empfehlung betreffend die bäuerliche Sozialversicherung, um weitere Belastungen von der Landwirtschaft abzuhalten (Antrag 1 aus 1996);

5. Empfehlung betreffend die Einführung eines Sockelbetrages zum besseren Ausgleich der ständigen natürlichen Nachteile (Antrag 2 aus 1996);

6. Empfehlung betreffend Erfassung und Darstellung des Arbeitseinsatzes in der Land- und Forstwirtschaft (1998 von der § 7-Kommission beschlossen).”

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Diese Bundesregierung betreibt offensichtlich gemeinsam mit der EU und mit Unterstützung der ÖVP-Bauernvertreter eine groß angelegte Bauernvernichtungsaktion. Wir Freiheitlichen werden dieser Tendenz jedenfalls eine klare Absage erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.15


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Der Antrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhand­lung.

Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Grabner. – Bitte.

22.15


Abgeordneter Arnold Grabner¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! In meinem heutigen Debattenbeitrag zum Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft im Jahre 1997, zum sogenannten Grünen Bericht, werde ich meine Ausführungen darauf beschränken, eine Gegenüberstellung dessen vorzuneh­men, wie gut beziehungsweise wie schlecht es den österreichischen Landwirten geht.

Es gibt viele Probleme in der Landwirtschaft, wie wir heute schon gehört haben. Ich kann mich aber den Ausführungen des Herrn Bundesministers anschließen, der gemeint hat, daß auf dem Markt doch einiges für die Bauern erwirtschaftet werden muß. Auch bei den Schweinepreisen gibt es große Probleme für die Bauern, und auch in diesem Bereich muß geholfen werden.

Meine Damen und Herren! Im vergangenen Jahr hat die Zahl der landwirtschaftlichen Endpro­dukte um 1,3 Prozent zugenommen. Die Endproduktion der Land- und Forstwirtschaft zusam­men ergibt eine prozentuelle Zunahme um 2,7 Prozent. Das personelle Einkommen liegt bei minus 2,8 Prozent, wobei aber die Streuung zwischen minus 12 Prozent und bis zu plus 26 Pro­zent zu berücksichtigen ist. Der Verschuldungsgrad der Landwirtschaft ist im letzten Jahr weiter gesunken, und die Sparquote ist leicht rückläufig und beträgt 23 Prozent des durchschnittlichen Gesamteinkommens mit einer Höhe von 104 186 S. Dennoch gab es in der Landwirtschaft das höchste Investitionsvolumen der letzten zehn Jahre.

Meine Damen und Herren! Die Direktzahlung an die Landwirtschaft ergab 1997 eine Summe von 20,5 Milliarden Schilling. Das Ausmaß der Gesamtförderung betrug im Jahre 1997 29 Mil­liarden Schilling. Die gesamte Steuerleistung der Land- und Forstwirtschaft ist weiter gesunken und beträgt 1,17 Milliarden Schilling. Ich könnte hier eine Aufschlüsselung vornehmen: Die durchschnittliche Steuerleistung der Selbständigen in der Landwirtschaft betrug im Jahre 1997 7 976 S. Im Vergleich dazu stieg die durchschnittliche Lohnsteuerleistung der Arbeitnehmer weiter auf 59 949 S.

Ich glaube, daß auch bei den Förderungen Änderungen durchgeführt werden müssen. Laut dem Grünen Plan gibt es 431 landwirtschaftliche Förderungsmillionäre. Ich weiß schon, daß das auch Betriebe und ähnliches betrifft, wie Sie es vorhin erwähnt haben. Von den über 200 000 Betrie­ben sind die Hälfte Bergbauern. Die Agrarstruktur in Österreich ist leider nicht wettbewerbsfähig. Ein Drittel der Betriebe ist kleiner als 5 Hektar, über 90 Prozent der Betriebe liegen bei einer Fläche von 50 Hektar.

Herr Bundesminister! Es tut mir ein bißchen weh, daß die Budgetmittel für die Schutzwaldsanie­rung, insbesondere für die Lawinen- und Wildbachverbauung, zurückgegangen sind, obwohl dieser Bereich sehr beschäftigungsintensiv wäre. – Selbstverständlich werden wir diesem Grünen Plan die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

22.20


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. – Bitte.

22.20


Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Stärkung des ländlichen Raumes geht uns alle an. In der Steiermark leben noch 70 Prozent aller Menschen außerhalb von großen Städten, in meinem Wahlkreis sind immerhin noch 19 Prozent direkt oder indirekt in der Land- und Forstwirtschaft beschäftigt. In Anbetracht dessen bietet der Grüne Bericht tatsächlich eine gute Gelegenheit, die Frage nach der Zukunft dieses ländlichen Raumes zu stellen und zu diskutieren.

Ihnen, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, möchte ich folgendes sagen: Sie stellen hier Initiativanträge und übersehen, daß die Empfehlungen der Kommission gemäß § 7 einen integrierenden Bestandteil dieses Grünen Berichtes bilden. Sie bräuchten dem Grünen Bericht nur die Zustimmung zu geben, dann würden auch Sie diesen Empfehlungen zum Durch­bruch verhelfen. Ich bitte Sie, das zu überdenken! (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens sind Sie offensichtlich der Meinung, daß es der bessere Weg ist, die Vertreter der Landwirtschaft und den Landwirtschaftsminister zu verunglimpfen und deren Bemühungen zu untergraben, anstatt die wirklich berechtigten Anliegen der Bauern und der landwirtschaftlich Tätigen entsprechend zu unterstützen. Sie sollten diese Bemühungen gemeinsam mit uns unterstützen und nicht die Vertreter dieser Anliegen verunsichern und diese – wie ich meine – beleidigen. Das ist kein guter Weg, und das ist bei Gott kein guter Stil! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: So ist es!)

Der ländliche Raum ist geprägt vom Miteinander, und den ländlichen Raum ohne Bauern kann es nicht geben. Es wird zu Recht gefordert, daß sich der Bauer dem Markt stellen muß. Das ist richtig. Ich bin der Meinung, daß sich jeder, der heute im freien Europa tätig ist, dem Markt stel­len muß. Aber die Spielregeln müssen die gleichen sein. Kollege Auer hat bereits auf höhe­re Treibstoffpreise, strengere Tierschutz- und Transportgesetze, teurere Pflanzenschutzmittel und längere Zulassungsverfahren hingewiesen. Es wäre noch vieles hier anzuführen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gehen wir den Weg gemeinsam! Unterstützen wir den Minister in seinen Bemühungen, die Spielregeln zu verbessern, denn damit werden wir den Bauern am besten helfen können! (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist richtig: Die Agenda 2000 und der noch nicht feststehende Zeitpunkt der möglichen Oster­weiterung verursachen Sorgen, mit denen sich unsere Bauern, vor allem jene in der Oststeier­mark, wirklich täglich abmühen. Ich glaube, wir müssen und werden den Bauern entsprechend Zeit geben, damit sie besser Tritt fassen können. Sie haben noch Nachholbedarf, sie müssen sich den entsprechenden Rahmenbedingungen anpassen können. – Ich bin wirklich sehr dank­bar für eine Äußerung unseres Außenministers, der vor wenigen Tagen in diesem Zusammen­hang sehr klare Zeitspannen in den Raum gestellt hat.

Meine Damen und Herren! Allerdings wird total übersehen, daß auch vieles gelungen ist. Ich möchte auf gemeinsame Aktivitäten von Gewerbe und Landwirtschaft hinweisen. Vieles ist hier tatsächlich gelungen, etwa im Bereich von Fernwärmeprojekten, wobei die Wertschöpfung im Raum bleibt, im Bereich von gemeinsamen Aktivitäten der Vermarktung, in der Dorferneuerung. Vieles wäre anzuführen, aber Sie verschweigen das natürlich bewußt!

Ich schlage vor, daß das Gewerbe und die Landwirtschaft gemeinsame Marketingaktivitäten für den Schutz des heimischen landwirtschaftlichen Produktes setzen. Es sollten keine französi­schen oder italienischen Wochen, sondern österreichische Wochen in den Lebensmittelmärkten veranstaltet werden. Es muß gelingen, vermehrt Strukturmittel in die schwachen Gebiete zu lenken, und ich möchte noch einen Satz zum Finanzausgleich sagen: Er ist derzeit einfach ungerecht, und ich glaube, daß die nächsten Finanzausgleichsverhandlungen mit dem abge­stuften Bevölkerungsschlüssel für den ländlichen Raum eine Verbesserung bringen müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser Vizekanzler Wolfgang Schüssel hat vor weni­gen Tagen erklärt: Dem Wirtschaftsstandort hilft alles, was Arbeit schafft. – Die Erhaltung des ländlichen Raumes ist eine Frage, die uns alle angeht, nicht zuletzt auch im Interesse des Ge­samtarbeitsmarktes. Nehmen wir diese Verantwortung gemeinsam wahr! – Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

22.25


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Achs. – Bitte.

22.25


Abgeordneter Matthias Achs¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr ge­schätzten Damen und Herren! Es wäre verfehlt, eine euphorische Stimmung in der Landwirt­schaft herbeizureden. Im Grünen Bericht scheinen Fakten auf, die nüchtern zu betrachten sind.

So ist zum Beispiel die Zahl der in der Landwirtschaft Beschäftigten wiederum zurückgegangen, und es ist kaum zu hoffen, daß es künftig nicht genauso sein wird. Dieser Trend wird sich auch künftig fortsetzen. Daher ist es unsere Aufgabe, dieser negativen Entwicklung im Rahmen der uns gegebenen Möglichkeiten entgegenzutreten.

Derzeit sind Flächen- und Tierprämien von der Größe des Betriebes abhängig und nicht von der Anzahl der in der Landwirtschaft Beschäftigten. Die andere Seite der Medaille ist aber, daß durchschnittlich große Familienbetriebe trotz der Direktzahlungen vom erwirtschafteten Einkom­men nicht leben können. Daher werden immer mehr Betriebe in den Nebenerwerb abgedrängt.

Seit dem EU-Beitritt gelten für die österreichische Land- und Forstwirtschaft veränderte Rah­menbedingungen. Einerseits sehen sich die Bauern mit einem Verfall der Erzeugerpreise kon­frontiert, andererseits bekommen sie für diese Verluste laut GAP Flächen- und Tierprämien ausbezahlt. Das Umweltprogramm ÖPUL gewährt Ausgleichszahlungen für die Bereitschaft, auf Ertrag zu verzichten. Und nicht zuletzt sei auf die Ausgleichszahlungen für Bewirtschaftungser­schwernisse hingewiesen.

Das Volumen an Direktzahlungen, welche den Betrieben zugekommen sind, hat sich 1997 ebenfalls verringert. – Man darf also die Fakten, die im Grünen Bericht aufscheinen, nicht außer acht lassen.

Die österreichische Land- und Forstwirtschaft ist noch immer klein strukturiert. Mehr als die Hälfte der insgesamt 252 110 Betriebe bewirtschaften weniger als 10 Hektar. 2,5 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe bearbeiten mehr als 100 Hektar. Das ist der beste Beweis dafür, daß die österreichische Landwirtschaft klein strukturiert ist.

Man darf das ehrliche Bemühen der Bundesregierung, eine bäuerliche Landwirtschaft zu erhal­ten, nicht übersehen. Sie ist sich dessen bewußt, daß die landwirtschaftlichen Betriebe auch künftig gefördert werden müssen, da aufgrund der Weltmarktpreise über das Produkt kein ge­rechter Preis erzielt werden kann.

Für die EU-Agrarpolitik soll es künftig die beiden Säulen “Marktordnung” und “Förderung des ländlichen Raumes” geben. Diese Entscheidung halte ich für vernünftig, denn der Bereich Land- und Forstwirtschaft darf nicht nur als Agrarsektor gesehen werden; er umfaßt auch den länd­lichen Raum in seiner Gesamtheit. Es geht hier nicht nur um die Landwirtschaft, sondern bei­spielsweise auch um den Bereich Tourismus. Die Schaffung regionaler Tourismusorganisa­tionen ist für eine professionelle Vermarktung unumgänglich.

Der Agrarbereich zählt zu den umstrittensten Politikbereichen in der EU. Die Ausgaben für die Gemeinsame Agrarpolitik machen mehr als die Hälfte des Budgets aus, weshalb die angepeilte Agrarreform neu überdacht werden muß, wobei ich mir eine teilweise Verlagerung in den natio­nalen Bereich vorstellen könnte.

Gerade im sensiblen landwirtschaftlichen Bereich der Spezialbetriebe ist Transparenz nötig. So haben zum Beispiel die österreichischen Biobauern vorgezeigt, daß das Suchen und Finden von Marktnischen erfolgreich sein kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Weinbereich zählt ein burgenländischer Betrieb zu Österreichs bedeutendsten Erzeugern von Koscherwein, der 1998 mit Gold- und Silbermedaillen prämiert wurde.

Um künftig im harten Konkurrenzkampf bestehen zu können, brauchen wir gut ausgebildete und clevere Betriebsführer. Im Burgenland wurde vor kurzem eine Schulkooperation zwischen der Handelsakademie Neusiedl am See und der Fachschule in Eisenstadt beschlossen. Dabei werden die Schülerinnen und Schüler der Handelsakademie in Richtung Agrarmanagement gut ausgebildet, und in Eisenstadt wird ihnen an der Landwirtschaftlichen Fachschule das landwirt­schaftliche Know-how vermittelt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Diese Kooperation schafft Voraussetzungen dafür, daß wir im Agrar­bereich künftig auf eine gut ausgebildete Jugend verweisen können. Die Forderung der bedeu­tendsten österreichischen Winzer, einschlägige Fachhochschulen für Weinbau zu errichten, ist überlegenswert.

Meine Damen und Herren! Da die österreichischen Bauern den Tisch der Österreicherinnen und Österreicher mit gesunden Nahrungsmitteln decken, hat die Gesellschaft dafür zu sorgen, daß auch unsere Bauern einer gesicherten Zukunft entgegenblicken können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Halleluja!)

22.31


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu diesem Punkt ist niemand mehr zu Wort gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wir kommen daher zu den Abstimmungen, und zwar zuerst zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, den vorliegenden Bericht III-149 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme dieses Berichtes stimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters stimmen wir ab über die dem Ausschußbericht 1533 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Auch hier darf ich bitten, daß jene Damen und Herren, die für diese Entschließung stimmen, ein Zeichen der Zustimmung geben. – Der Beschluß ist mit Mehrheit gefaßt. (E 154.)

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag von Frau Abgeordneter Aumayr und Genossen betreffend Finanzierung der Renationalisierung.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die dem Entschließungsantrag Aumayr zustimmen, ein Zeichen geben. – Dies geschieht durch die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag von Frau Abgeordneter Dr. Petrovic betreffend Darstellung der Verteilung der Agrarförderungen im Grünen Bericht.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die dem Antrag Dr. Petrovic zustimmen, ein Zeichen geben. – Auch dieser Antrag bleibt in der Minderheit und ist abgelehnt.

Als nächstes stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Wenitsch und Kollegen betreffend Wettbewerbsnachteile österreichischer Landwirte.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag des Kollegen Wenitsch zustimmen, um ein Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über den Entschließungsantrag von Frau Abgeord­neter Aumayr betreffend Umsetzung der bisher nicht erfüllten Empfehlungen der § 7-Kom­mission.

Für den Fall der Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Auch dieser Antrag findet keine Mehr­heit. Er ist daher abgelehnt.

Damit haben wir diesen Punkt der Tagesordnung erledigt.

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den österreichischen Wald­bericht 1996 (III-139/1532 der Beilagen)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wir kommen zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch auf mündliche Berichterstattung liegt nicht vor.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Wenitsch. – Bitte.

22.33


Abgeordneter Robert Wenitsch¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich vorerst bei den zuständigen Beamten für diesen umfangreichen und informativen Bericht bedanken.

Hinweisen möchte ich jedoch darauf, daß durch die Darstellung in diesem Bericht faktisch auf die rückläufige Entwicklung der Forstwirtschaft aufmerksam gemacht wird. Aus meiner Sicht be­stehen die Folgen darin, daß im Endeffekt Tausende Arbeitsplätze – vom Forstarbeiter bis hin zum hochqualifizierten Forstfachmann – in unseren ländlichen Regionen verlorengehen.

Herr Minister! Ich möchte Sie ersuchen, daß in Zukunft öffentliche Mittel, die für die Erhaltung unseres Schutzwaldes vorgesehen waren, nicht dazu dienen, etwaige Budgetlöcher zu stopfen. Außerdem wäre es höchst an der Zeit, die alternative Energieproduktion auch im Bereich des Waldes zu verstärken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.34


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

22.34


Abgeordneter Georg Schwarzenberger¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Daß wir den Waldbericht 1996 erst jetzt behandeln, hat seine Ursache darin, daß versucht wurde, auch die Ergebnisse der österreichischen Waldinven­tur in diesen Waldbericht aufzunehmen, die von 1992 bis 1996 erarbeitet worden und erst Ende 1997 zur Verfügung gestanden sind. Wir wollten diese Inventur möglichst aktuell darstellen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Der österreichische Wald hat vor allem vier Haupt­wirkungen. Dazu gehört zunächst die Nutzwirkung. Sehr viele Arbeitsplätze in Österreich hängen mit dem Wald und mit der Holzverarbeitung zusammen.

Weiters hat der österreichische Wald eine Schutzwirkung. Auf ungefähr 80 Prozent der Landes­fläche der gebirgigen Bundesländer Salzburg, Kärnten und Vorarlberg gibt es sozusagen ge­fährdete Gebiete, in Tirol sind es sogar über 90 Prozent. Dort kommt der Wildbach- und Lawinenverbauung, aber auch dem Schutzwald und dem Schutz durch den Wald eine erheb­liche Bedeutung zu.

Der Schwerpunkt liegt allerdings auf der Nutzwirkung des Waldes. Gerade in Österreich wird eine sehr nachhaltige Waldbewirtschaftung durchgeführt. Von den rund 28 Millionen Festmetern Holz, welche jährlich bei uns zuwachsen, werden jedoch nur 19,5 Millionen Festmeter, also zwei Drittel des Zuwachses, genutzt.

Im Waldbericht wird auch festgestellt, daß der Laubholzanteil und der Mischwaldanteil in den letzten Jahren sehr stark zugenommen haben. Man hat versucht, die Schädlingsbekämpfung auf natürliche Art und Weise durchzuführen. Die Waldfläche selbst wächst jährlich um 7 700 Hektar zu. Das heißt, daß 46,8 Prozent der gesamten österreichischen Fläche bereits mit Wald bedeckt sind. Wenn wir dies statistisch auf die Bevölkerung umrechnen, kommen auf jeden Österreicher ein halbes Hektar Wald oder umgerechnet 430 Waldbäume. Das ist im Ver­gleich mit allen anderen mitteleuropäischen Ländern der höchste Anteil.

Wichtig ist der Wald auch betreffend Schaffung von Arbeitsplätzen. Allein in der Säge- und Pa­pier­industrie sind 47 000 Arbeitskräfte tätig. 9 000 Arbeitskräfte sind als unselbständige Forst­arbeiter beschäftigt. Rund 50 000 Bauern und deren Bauernhöfe werden durch den Wald­anteil zu Vollerwerbsbetrieben; sonst wäre ihre Landwirtschaft allein zu klein, aber mit dem Waldanteil sind sie Vollerwerbsbetriebe, und sie müssen daher nicht sozusagen in den un­selbständigen Bereich abwandern. Weitere 100 000 Personen sind in der Nachverarbeitung – etwa in Tischle­reien, Zimmereien oder in der Möbelindustrie – tätig.

Das heißt, der Wald hat entsprechende wirtschaftliche Bedeutung. Das wird auch dadurch un­terstrichen, daß der Exporterlös aus dem Bereich Wald im Jahre 1996 28,45 Milliarden Schilling ausgemacht hat. An diesen Zahlen sieht man die Bedeutung des Waldes.

Aber der Wald hat auch entsprechende Erholungswirkung. Gerade während der österreichi­schen Präsidentschaft in der Europäischen Union ist – dafür möchte ich Herrn Minister Molterer sehr herzlich danken – eine neue Forststrategie beschlossen worden, mit der auch dem Forst ent­­spre­chende Bedeutung zukommt. Wir hoffen, daß diese Strategie Eingang in die Agen­da 2000 finden wird. Damit ist in der europäischen Forststrategie ein Meilenstein gesetzt wor­den.

Zu einem speziellen Bereich: Im Jahre 1987 wurden die Bundesforste in eine eigene Bundes­forste AG ausgegliedert. Die Servitutsberechtigten hatten damals große Sorge, daß ihre Rechte in der Folge nicht im entsprechenden Ausmaß wahrgenommen werden. Jetzt aber können wir mit Genugtuung feststellen, daß von den 34 Punkten, die der Einforstungsverband damals so­zusagen als Forderungen an die Bundesforste erhoben hat, unter Mithilfe des Bundesministers 33 Punkte einvernehmlich geregelt werden konnten. Ein einziger Punkt ist noch offen: die Um­wandlung von Streubezugsrechten in Holzbezugsrechte. Aber alle anderen Punkte konnten mit den Servitutsberechtigten geregelt werden.

Das sind wichtige Bereiche, die in der letzten Zeit im Zusammenhang mit dem Wald einer Erle­digung zugeführt werden konnten. Wir werden dem Waldbericht – wenn auch spät, so doch gerne – die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.40


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. – Bitte.

22.40


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser¦ (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Eine vorgerückte Stunde – und trotzdem keine Sternstunde des Waldes! Der Waldbericht hat seit zehn Jahren dasselbe Hauptthema, nämlich die Schwie­rigkeiten beim Schutzwald. Seit zehn Jahren dieselbe Problematik, Herr Minister; Sie wissen das vielleicht direkt als Minister noch nicht gar so lang. (Abg. Dr. Khol: Mein Gott, er ist schon 15 Jahre lang im Geschäft!) Aber 85 Prozent der Waldflächen mit Verjüngungsmöglichkeiten leiden unter dem Wildverbiß.

Ich weiß nicht, Herr Kollege Khol, ob Sie zur Jägerschaft zählen. (Abg. Dr. Khol: Nein! Schwammerlsucher!) Glücklicherweise nicht! Insofern brauche ich Sie nicht persönlich anzu­sprechen, sondern muß nur an Ihre Kolleginnen und Kollegen appellieren, die wahrscheinlich dadurch, daß sie speziellen Wert auf eine ordentliche Jagdtrophäe legen, an den Wildverbiß­schäden in den Wäldern mit schuld sind. Denn Sie wissen ja, daß man das Wild aufgrund der Trophäenzucht füttert; das Wild macht sich dann an den Schutzwald heran, und der Schutzwald leidet. Sie kennen alle diese Kettenreaktionen. Die Umweltanwälte sagen, das sei ein größerer Schaden als die Luftschadstoffe, nämlich bodengemachter, hausgemachter Wildverbiß. (Abg. Großruck: Murmeltiere und Schneehasen!) Seit zehn Jahren ist das das Problem, und seit zehn Jahren wird nichts dagegen unternommen. Es sollte hier endlich einmal etwas in die Wege geleitet werden, um dem Wild gewissen Einhalt zu gebieten. – Das war der erste Bereich.

Der zweite Bereich, der ebenfalls anzuführen ist ... (Abg. Dr. Khol: Sind das die Auerhähne oder die Schneehasen? – Zwischenruf des Abg. Großruck.) Ich fasse mich kurz, außer ich soll auf Ihre Zwischenrufe eingehen; dann dauert es ein bißchen länger.

Der zweite Bereich hängt ebenfalls mit der Jagd zusammen. Sie wissen, die Jäger haben Inter­esse daran, daß sich das Wild entwickelt, und sperren deshalb gewisse Gebiete ab. Da gibt es einerseits den Alpenverein, andererseits sicherlich auch die Naturfreunde, die darauf dringen, daß die Wegefreiheit im Wald nach wie vor gewährleistet bleibt, damit der Wald seine volle Er­holungs- und auch seine Tourismusfunktion erfüllt. Das steht natürlich im Konflikt mit den Jagd­interessen, und dafür gilt es einen Ausgleich zu schaffen. Deshalb möchte ich in aller Kürze folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Wabl, Freundinnen und Freunde betreffend Sicherung des Waldes als Erholungsgebiet

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, gesetzlich Vorsorge zu treffen, daß die Bestimmungen des Forstgesetzes über die Benützung des Waldes zu Erholungszwecken nicht durch restriktive Bestimmungen in Landesjagdgesetzen ihrer Wirkung beraubt werden.

*****

Das ist im Interesse nicht nur der Alpen- und Naturschutzvereine, sondern das ist auch im Inter­esse der österreichischen Fremdenverkehrswirtschaft. Negativer Spitzenreiter bei diesen re­striktiven Vorkehrungen ist leider die Steiermark. Dort gibt es eine Zunahme von Aussperrungen im Wanderweg- und Skitourismus-Bereich in den Waldgebieten, die bereits eklatant ist.

Jetzt ein kleiner Streifzug zu den Forststraßen: Deren Zahl nimmt leider immer stärker zu. 31 Pro­­zent beträgt die Zuwachsrate bei Forststraßen, das ist im Vergleich zum normalen Straßen­netz eine eklatante Zunahme. Herr Landwirtschaftsminister, ich denke, Sie sollten den Forststraßen­betrieb – auch im Sinne einer ökologischen Waldwirtschaft – stärker eindämmen. Es gibt auch andere Bringungsmöglichkeiten.

Zum Schluß – damit möchte ich sozusagen auf den Kern dringen – komme ich kurz auf die Bundesforste mit ihren Rationalisierungsanstrengungen im Sinne der Ausgliederung zu spre­chen. Es wurden 200 Angestellte der Bundesforste praktisch wieder in den Wald “freigelassen”, gekündigt, “freigesetzt”, wie es im “Zeit im Bild”-Jargon heißt. Sie wurden leider entlassen, wie es realpolitisch zu formulieren ist. Ich denke, dabei schlägt die Privatisierung oder Teilprivatisie­rung der Bundesforste über die Stränge. Man müßte das Gewinnkonzept in Relation zu einer Nachhaltigkeit im sozialen Bereich bringen.

Insgesamt bietet der Waldbericht sehr viele Ansatzpunkte für eine progressive, relativ fortschritt­liche Politik. (In Richtung Bundesminister Mag. Molterer, vom Mikrophon abgewandt:) Herr Mini­ster! Auch im Sinne Oberösterreichs darf ich noch einmal auf die Schutzwälder zu sprechen kommen. (Ruf bei der SPÖ: Man hört nichts!) – Umweltanwalt Wimmer!  Es ist das für Sie auch im Wahljahr 1999 ein Auftrag, etwas zu tun. (Beifall bei den Grünen.)

22.44


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Der Entschließungsantrag, den Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser betreffend Sicherung des Waldes als Erholungsgebiet vorgetragen hat, ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Rainer Wimmer. – Bitte.

22.45


Abgeordneter Rainer Wimmer¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte sagen, daß dieser Waldbericht eine hervorragende Unterlage darstellt; er ist vor allem ein wichtiges Instrument. Wir haben nur das Problem, daß diese Studie älter als zwei Jahre ist. Vielleicht sollte man sich überlegen, zumindest verschie­dene Teile dieses Berichtes aktueller zu behandeln.

Aber ich denke, man soll auch einmal positiv erwähnen, daß diese jährlich gelieferte Zustands­analyse europaweit am fundiertesten durchgeführt wird. Dieser Bericht hat internationales For­mat. Ich möchte daher bei dieser Gelegenheit allen Beamtinnen und Beamten danken, die dazu beigetragen haben, daß dieser Bericht in der Form, in der er vorliegt, umgesetzt werden konnte. (Bei­fall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wie schaut es wirklich mit dem Zustand unseres Waldes aus? – Es zeigt sich eigentlich eine Situation wie in den Vorjahren: zunehmende Waldflächen und zunehmende Holzvorräte. Erfreu­lich ist auch die weitere Zunahme von Laub- und Mischwäldern. Dennoch zeichnet dieser Wald­bericht kein positives Bild des Gesamtzustandes. Es gibt eine sehr eigenartige Situation. Aber Menge – hier am Zuwachs gemessen – ist eben nicht immer mit Qualität gleichzusetzen.

Um welche Problembereiche geht es? – Wie schon in den zurückliegenden Jahren geht es um die Problembereiche Luftverunreinigung und Schadstoffe. Schwefeldioxid, Stickoxid und Ammoniak werden in diesem Bericht als gefährliche Schadstoffe angeführt.

Als zweiter Bereich ist das nun schon legendäre Verbißproblem durch Wild und Weidevieh zu nennen. Besonders die Bundesländer Tirol und Salzburg sind davon betroffen. Es muß uns ein­fach zu denken geben, daß rund 80 Prozent der Gesamtverjüngung verbissen werden und keine Chance haben, aufzukommen.

Meine Damen und Herren! Unsere Schutzwälder sind überaltert, die natürliche Verjüngung funktioniert überhaupt nicht. Wie heute schon angesprochen, hat selbstverständlich die ge­samte Wildbewirtschaftung unmittelbaren Einfluß auf die Verbißsituation. Ich weiß, daß die Jäger das nicht gerne hören, aber das Problem der Wilddichte ist nach wie vor aufrecht. Es helfen uns die besten Programme für unsere Schutzwälder nichts, wenn da nicht gegenge­steuert wird.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Langfristige Maßnahmen greifen in der gesamten Waldwirtschaft erst nach Jahren. Es handelt sich bei der Walderhaltung wirklich um ein Genera­tionenprojekt. Besonders wichtig wird es sein, den Kampf gegen die Emissionen vor allem auf europäischer Ebene zu koordinieren und weiterzuführen. In diesem Sinne werden wir dem Waldbericht unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Schwarzen­berger.)

22.48


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Salzl. – Bitte.

22.48


Abgeordneter Dr. Stefan Salzl¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute – also 1999 – den Waldbericht 1996, obwohl im Forstbericht von einer jährlichen Vorlage dieses Berichtes die Rede ist. (Abg. Schwarzenberger: Haben Sie nicht aufgepaßt? – Ich habe die Gründe erläutert!)

Herr Schwarzenberger, hören Sie zu: Da nützen auch Argumente wie jene, daß die Ergebnisse der österreichischen Waldinventur erst Ende 1997 vorgelegen seien (Abg. Schwarzenberger: Das stimmt auch!) oder daß die Vorbereitungen der EU-Präsidentschaft so viel Zeit in An­spruch genommen hätten, meiner Meinung nach nichts. Das sind meiner Ansicht nach Aus­reden, die nicht tolerierbar sind, zumal der Leiter der Sektion für Forstwesen, Direktor Manns­berger, bereits im September 1997 ankündigt hat, daß der Waldbericht fast fertig sei.

Er sagte wörtlich: Der Waldbericht ist fast fertiggestellt und kommt demnächst ins Parlament. Künftig sollen in die Daten für die Waldschadensbeurteilung die Ländernetze eingebaut wer­den. – Das sagte er im September 1997, daher ist das meiner Meinung nach eine Ausrede. Dieses “Demnächst” war ein sehr langes, es hat von 1997 bis 1999 gedauert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus dem nicht mehr aktuellen Waldbericht geht her­vor, daß die Waldflächen und Holzvorräte – wie hier bereits erwähnt worden ist – auch 1996 zugenommen haben, und zwar um zirka 7 700 Hektar. Allerdings gefährden Verbißschäden, Stammschädigungen und Luftverunreinigungen weiterhin die Stabilität des Waldes.

Weiters geht aus dem Bericht hervor, daß die Ertragslage der österreichischen Forstwirtschaft trotz intensiver Rationalisierungsmaßnahmen kritisch ist. Das wird in dem Bericht über die da­malige Lage gesagt; in der Zwischenzeit hat sich die Situation Gott sei Dank etwas gebessert. Wahrscheinlich auch aus diesen Gründen ist die Zahl der Forstarbeiter rückläufig. Das ist ein Zeichen dafür, daß auch im Forstbereich eine Landwirtschaftspolitik gefordert ist, die den Be­trieben in Zukunft ein wirtschaftliches Überleben sichert. Herr Landwirtschaftsminister, ich er­suche Sie höflichst darum. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.50


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Smolle. Herr Abgeordne­ter, wieviel Redezeit wollen Sie haben? (Abg. Mag. Peter: Darf es ein bißchen mehr sein?)

22.50


Abgeordneter Karl Smolle¦ (Liberales Forum): Visoki Dom! Spoštovane! Hohes Haus! Herr Präsident! Herr Minister! (Abg. Dr. Khol: Laku noč, Visoki Dom!) Wir haben es mit einem sehr alten Problem zu tun. (Abg. Schwarzenberger: Wissen Sie, was “NAWARO” heißt?) Das sind diese Orangen, oder nicht? (Abg. Schwarzenberger: Nein! “Nachwachsende Rohstoffe”!) Ach so. Wissen Sie, was “Z” heißt? (Abg. Schwarzenberger: Sie können mitreden!) Das ist der Zaun ...


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte, jetzt muß ich bald “Zur Sache” sagen!


Abgeordneter Karl Smolle¦ (fortsetzend): Das ist der Zaun, den die Forstwirte rund um ihre Setzlinge errichten müssen. Dieser heißt abgekürzt “Z”. Haben Sie gewußt, was “Z” heißt? – Das haben Sie nicht gewußt.

So, und jetzt gehen wir wieder zum Ernst des Themas über. Es geht um den alten Konflikt Waldpflege – Wildhege. Ich denke, daß man die Anregung doch aufgreifen sollte, die ich schon im Ausschuß vorgebracht habe: daß wir vielleicht einmal in Form eines Hearings versuchen sollten, diesen Konflikt wenn schon nicht zu lösen, so doch ein bißchen zu entschärfen.

Erlauben Sie mir, Herr Minister, ein kurzes Zitat aus der von mir sehr geliebten Zeitung “Blick ins Land” zu bringen, aus der Nummer 1 des heurigen Jahres. Da ist die Rede von zwei muti­gen oberösterreichischen Landwirten, die in Oberösterreich nicht besonders beliebt sind, die eine sehr klare Aussage machen, die mich ein bißchen besorgt macht:

Durch Zufütterung von Kraftfutter von September bis April, teilweise auch im Sommer (Abg. Lei­kam: Was wird da gefüttert?), sowie durch rigorose Bejagung von Raubwild wie Fuchs, Dachs, Marder oder Wiesel, allesamt natürliche Feinde von Rehkitzen, Junghasen und diversem Wild­geflügel, ist der Wildbestand im Inn- und im Hausruckviertel stetig angestiegen. – Zitatende.

Was die beiden für diese Region aussagen, gilt, so meine ich, für viele Regionen in Österreich. Selbstverständlich kommen – das ist nicht unwichtig – die Ratten- und Mäuseplage sowie eben auch der Verbiß und die verschiedenen Folgeschäden hinzu, nämlich die Schälungen und so weiter.

Meine Damen und Herren, das sind sehr ernste Aussagen von Forstwirten, die von der Situa­tion stark betroffen sind. Wir wissen, daß die Abschußquoten nach wie vor nicht erfüllt werden. Ich bin zwar nicht der Auffassung, daß durch ein einfaches Erfüllen der Quoten – das wäre sicherlich schon etwas – die Sache insgesamt in den Griff zu bekommen wäre, denn sie lassen sich nicht so einfach erfüllen; wenngleich sie nicht in genügendem Ausmaß erfüllt sind. Ich denke aber dennoch, daß das künstliche Hochzüchten des Wildes nicht ökologisch ist, sondern daß das wirklich nur damit zu tun hat, daß viele Jäger glauben, nur auf die Art und Weise genü­gend Wild und die beste Trophäe zu bekommen.

Was mich mit Freude erfüllt – und ich hoffe, daß das stimmt –, ist eine neue, ganz aktuelle Untersuchung des Institutes für Wildbiologie und Jagdwirtschaft an der BOKU. Darin wird fol­gendes gesagt: Man hat auch experimentell vorgeführt, daß sich das Wildbretgewicht durch einen Fütterungsstopp um 50 Prozent erhöht hat, die Trophäenstärke unverändert geblieben ist und gleichzeitig die Verbißschäden abgenommen haben. – Das heißt, es liegt damit eine sehr wichtige neue Erkenntnis vor. Ich denke, man sollte sich diese Untersuchung etwas zu Gemüte führen, Herr Minister, und diese Problematik vielleicht in einem Hearing, das ich hiermit anregen möchte, einmal angehen, möglicherweise auf Basis dieser aktuellen Studie.

Es wird selbstverständlich nie möglich sein, diese zwei Positionen ganz aufeinander abzustim­men. Aber es ist letztlich möglich, die Schäden durch Verbiß ernst zu nehmen. Das sind für die Forstwirtschaft keine geringen Schäden, und es handelt sich nicht um eine Bagatelle, sondern es ist ein enormer Aufwand nötig, auch großer materieller Aufwand, daß eine Aufforstung durchgeführt werden kann. Trotzdem besteht letztlich die Gefahr, daß diese Aufforstung nicht reicht.

Ich möchte mit Zufriedenheit feststellen, daß es mittlerweile so etwas wie eine Holzzertifizierung gibt. Auch das ist meiner Ansicht nach ein sehr wichtiger Fortschritt. Es ist sicherlich gut, daß wir in diesem Bereich Zusammenhänge sehen: nicht nur den Forst allein, sondern den Forst im ganzen Zusammenhang von Jagd und Tourismus, mit Naturschützern und auch als reine Er­werbsquelle für Forstbauern. Daher eine klare Forderung: keine Energiesteuer auf biogene Brennstoffe! Das ist sehr wichtig. Ich sehe das als eine Voraussetzung dafür, eine zusätzliche Erwerbsquelle für Land- und auch Forstwirte zu schaffen. Es sind ja viele Landwirte, die auch Forstwirtschaft betreiben.

In diesem Sinne betone ich noch einmal: Aus meiner Sicht wäre es wichtig, einmal Personen, die mit Forst und Jagd und mit Tourismus zu tun haben, aber auch Naturschützer zu einem Hearing zusammen zu bekommen, damit wir uns mit dem Wald in der Gesamtproblematik be­fassen. Diese Gesamtschau ist erforderlich, es darf da kein Partikularismus Platz greifen. Alle, die am Wald beteiligt sind – das sind letztlich alle Menschen –, sollten die Möglichkeit haben, daran mitzuwirken und dieses Problem einmal anzugehen.

Grundsätzlich ist zu sagen, daß sich die Waldsituation etwas gebessert hat. Ich denke, das ist doch festzustellen. Es gibt weniger Schadstoffe; vor allem bei Schwefeldioxid hat sich manches gebessert. Es stimmt aber auch, daß wir sozusagen noch einige Adressen an unsere Nachbar­länder vor uns haben, vor allem an die Slowakei, Tschechien und Slowenien. Auch da sollten wir mutig sein, in einer Diskussion mit den Nachbarn einige dieser Großprobleme anzugehen, und dadurch vielleicht auch für die österreichische Industrie – das ist schon einmal geschehen, zumindest weiß ich das für Slowenien – unter Umständen lukrative Aufträge ans Ufer ziehen können. Ich denke, es wäre möglich, dort einerseits zur Selbsthilfe anzuregen und sich gleich­zeitig als österreichisches Unternehmen an der Sanierung von größeren Emissionsquellen zu beteiligen.

Wir Liberalen werden diesem Bericht zustimmen. Er ist sehr ordentlich bearbeitet worden, er zeigt auch einen gewissen Fortschritt. Man kann zufriedener sein; vielleicht nicht zufrieden, aber doch zufriedener. In diesem Sinne kann man sagen: Herr Minister, wenn Sie als verant­wortlicher Politiker vielleicht noch etwas größere und mutigere Schritte machen, wird Ihnen das Lob der Liberalen gewiß sein! (Beifall beim Liberalen Forum.)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Herr Abgeordneter Smolle, haben Sie den Antrag verlesen? (Abg. Smolle – zum Rednerpult zurückkehrend –: Herr Präsident, ich danke! – Abg. Scheibner: Das ist ja kein Kasperltheater!)


Abgeordneter Karl Smolle¦ (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Ich möchte noch schnell auf ein ganz spezielles Problem hinweisen und bringe einen Entschließungsantrag der Abge­ordneten Schaffenrath, Smolle und Mag. Barmüller zur Verlesung. Er betrifft die Spanplatten­herstellung und die Emissionsgrenzwerte. Wir wissen seit 1992 davon, seit 1996 warten wir auf eine Verordnung von seiten des Wirtschaftsministers. Daher sind wir gezwungen, diesen Ent­schließungsantrag einzubringen. Er paßt sehr gut zur heutigen Materie. Erlauben Sie mir, diesen Antrag zu verlesen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schaffenrath, Smolle, Mag. Barmüller und PartnerInnen betreffend Verringe­rung der Emission von Luftverunreinigungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird ersucht, im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales und dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie bis spätestens Ende April 1999 mit der Verordnung nach § 82 Abs. 1 Ge­werbeordnung 1994 dem Stand der Technik entsprechende Grenzwerte für Emissionen von Luftverunreinigungen aus Anlagen zur Herstellung von Holzspanplatten festzulegen.

*****

Ich denke, das ist ein Antrag, dem man jedenfalls zustimmen kann, und ich gehe davon aus, daß da auch die Regierungsparteien mitstimmen werden. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

23.01


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Der Antrag ist genügend unterstützt und steht mit in Verhand­lung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Langthaler. – Bitte.

23.01


Abgeordnete Ing. Monika Langthaler¦ (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! In aller Kürze möchte ich auf einen Aspekt des Waldberichtes eingehen, der aus ökologischer Sicht natürlich besonders spannend ist, und das sind die Luftemissionen – sie sind ja auch im Bericht erwähnt –, besonders Schwefeldioxid, Stickoxide, Ammoniak, aber vor allem auch bodennahes Ozon. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Ein etwas neuerer Bericht der Europäischen Umweltagentur aus dem Herbst letzten Jahres, Herr Bundesminister, gibt die Ergebnisse einer europaweit unter den EU-Staaten durchgeführ­ten Untersuchung über die Übersäuerung der Böden wieder, und da steigt Österreich als eines der schlechtesten Länder aus. Was in dieser Untersuchung vor allem auch erwähnt wird und worauf ich auch immer hinzuweisen versuche, ist, daß man sowohl im Landwirtschaftssektor als auch natürlich im Umwelt- und Energiesektor endlich dazu kommen muß, kompetenzübergrei­fend zu denken. Es stammen ja die Luftemissionen nicht originär aus Bereichen, für die Ihr Ressort zuständig ist, sondern sie stammen aus dem Verkehrsbereich sowie aus Bereichen, für die das Wirtschaftsministerium zuständig ist, wobei es jedoch, wenn man will, daß sie den Wald weniger belasten, der Verantwortung des Landwirtschaftsministers bedarf, sich da aktiver einzu­mischen. Deshalb möchte ich meinen Redebeitrag vor allem dazu nutzen, Sie aufzufordern, sich bei den anderen Ministerien entsprechend rechtzeitig und permanent einzumischen, wenn es um die Reduzierung der Luftschadstoffe geht.

Das betrifft in erster Linie den Bereich des Verkehrs, zu dem ich aus dem Landwirtschafts­ressort kaum Reaktionen vernehme, wenn es um neue Straßenprojekte geht. Wir haben perma­nente Zuwachsraten im Verkehrsbereich, mit steigenden Emissionen, die nicht beispielsweise durch den Einsatz von Katalysatoren et cetera abgefedert werden können, die aber auch nicht durch Ihr Projekt des Biodiesels kompensiert werden können: Wenn Sie 2 oder 3 Prozent Bio­diesel zum normalen Diesel dazumischen, können Sie nicht einmal die Zuwachsraten abfangen. Wie Sie wissen, werden Sie damit auch nicht die Stickoxidemissionen reduzieren; das hat nur Auswirkungen auf das CO2, weil es sich um eine regenerative Quelle handelt, und deshalb be­grüßen wir das auch. Es wird aber mit großer Wahrscheinlichkeit nicht einmal die zusätzlichen Emissionen wirklich abfedern können.

Daher nochmals mein Anliegen: Wenn Sie sich den Waldbericht 1996 – es wird 1997 und 1998 das gleiche drinnen stehen, was die Luftemissionen betrifft – ansehen und diesbezüglich eine Veränderung wollen, dann wird es einfach notwendig sein, daß Sie sich bei anderen Ressorts wirklich weit mehr einmischen als bisher und daß Sie versuchen, auch als Landwirtschaftsmi­nister auf Verkehrsprojekte oder auch auf Projekte, die den Wirtschaftsminister betreffen, einzu­wirken.

Die von Kollegen Smolle angesprochene Frage der Spanplattenverordnung ist eine unendliche Geschichte. Ich werde diesem Entschließungsantrag selbstverständlich zustimmen. Ich habe diesen Entschließungsantrag, glaube ich, hier schon zehnmal gestellt, er ist immer abgelehnt worden, und er wird auch heute wieder abgelehnt werden. Das ist eine unendliche Geschichte, die schon längst einer Lösung hätte zugeführt werden müssen.

Daher ergeht auch von seiten der Grünen die Aufforderung an Sie, Herr Minister, nicht nur dafür zu sorgen, daß Ihr Parteikollege, der Wirtschaftsminister, gerade im Bereich der Spanplatten­verordnung entsprechend aktiv wird, sondern vor allem zu versuchen, sich wirklich im Verkehrs­bereich einzumischen, wenn Sie als Landwirtschaftsminister ein Interesse daran haben, daß Luftemissionen, die den Wald ja kontinuierlich schädigen, in diesem Land reduziert werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

23.05


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schrefel. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

23.05


Abgeordneter Josef Schrefel¦ (ÖVP): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Meine geschätzten Damen und Herren! Dem Wald als vielfältige Lebensgrundlage und als Le­bensraum wird in der Öffentlichkeit nachhaltige Aufmerksamkeit zuteil. Waldflächen und Holz­verarbeitung nehmen in Österreich weiter zu. Es wächst also mehr Holz nach, als geschlägert wird. Eine leicht zu merkende statistische Zahl: Pro Sekunde wächst in Österreich 1 m3 Holz dazu.

Erfreulich ist, daß der Anteil an Laub- und Mischwäldern seit 1970 wieder kontinuierlich ansteigt und bereits 35 Prozent beträgt.

Die Wald/Wild-Problematik, meine Damen und Herren, stellt sicherlich nach wie vor ein unge­löstes Problem dar, zumal laut Waldbericht, wo dies unter dem Titel “Verbißschäden” nachzule­sen ist, 85 Prozent der Waldfläche mit Verjüngung verbissen sind; die Diskussion im Ausschuß darüber wird meist in Form von sehr emotionellen Debatten geführt.

Mir persönlich als praktizierendem Forstwirt und Nichtjäger, meine Damen und Herren, scheint dieser Prozentsatz eine Über- oder Fehlinterpretation zu sein. Hier läßt meiner Meinung nach der Waldbericht eine konsequente Unterscheidung zwischen Verbiß als Vegetationsnutzung durch das Wild und Verbißschäden als Beeinträchtigung der Waldverjüngung vermissen. Denn von den erhobenen 501 000 Hektar Verjüngungsflächen – das ist nachzulesen im Anhang in Tabelle 7 unten – wird auf insgesamt 425 000 Hektar, also auf 85 Prozent, Verbiß durch Schalenwild nachgewiesen, aber lediglich auf 141 000 Hektar – das sind 28 Prozent – weist die Waldverjüngung eine nicht ausreichende Stammzahl auf, liegen also sogenannte Verbißschä­den vor.

Vielleicht sollte der im Ausschuß des Nationalrates im März 1995 gefaßte Beschluß, die Wild­schäden jährlich auf Ebene der Bezirksforstinspektionen tabellarisch darzustellen, überdacht werden, denn diese Meldungen basieren auf jährlichen Schätzungen, wogegen der Waldbericht auf objektiven Daten der Waldinventur basiert, die höchst selektiv verwendet werden und sich über einen Erhebungszeitraum von fünf Jahren erstrecken und aufgeteilt werden. Das ist auch die Bitte, die Empfehlung des Instituts für Wildbiologie und Jagdwirtschaft an der Universität für Bodenkultur: Die bisherige Vorgangsweise provoziere einen Verlust an Glaubwürdigkeit in forst­politischen Aussagen, unter anderem auch hier im Hohen Hause. – So das Institut.

Im wesentlichen kann aber gesagt werden – und hier stimme ich mit dem Herrn Bundesminister überein –, daß wir auf unseren Wald in Österreich stolz sein können.

Daß nun kommende Woche beim “Österreichischen Waldbauerntag” Staatspreise für beispiel­hafte Waldbewirtschaftung durch den Herrn Bundesminister verliehen werden, ist einmal mehr ein Beweis dafür, daß die 214 000 österreichischen Waldeigentümer sich ihrer Verantwortung als Nutzer und Bewahrer dieses vielfältigen Lebensraumes bewußt sind und deshalb auch den Dank der Öffentlichkeit und der Gesellschaft verdienen.

Der Österreicher liebt seinen Wald, und der Waldbericht ist eine ausgezeichnete Dokumenta­tion, die künftig noch umfassender gestaltet werden soll und den Bürgern auch über Internet angeboten werden wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

23.09


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Koller. Herr Abgeord­neter, Sie haben noch eine Redezeit von 3 Minuten zur Verfügung, das ist die noch verblei­bende Redezeit Ihrer Fraktion. – Bitte.

23.09


Abgeordneter Franz Koller¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Fast 47 Prozent des Bundesgebietes sind mit Wald bedeckt. Die Waldfläche nimmt mit 7 700 Hektar jährlich beständig zu. Im Bauernwald wird nur etwa die Hälfte des Zuwachses genutzt, die Österreichischen Bundes­forste nutzen 94 Prozent. Laut Waldinventur beträgt der Holzeinschlag jährlich rund 19,5 Millio­nen Vorrats-Festmeter – das sind nur 2 Prozent des stehenden Holzvorrates! Der Zuwachs be­trägt 27,3 Millionen Vorrats-Festmeter. Die Durchforstungsreserven werden auf 64,5 Millionen Vorrats-Festmeter geschätzt – das Schwergewicht liegt hier im bäuerlichen Kleinwald.

Sehr geehrte Damen und Herren! Rund ein Fünftel der österreichischen Gesamtwaldfläche dient als Schutzwald. Viele Bestände im Schutzwald sind aufgrund ihrer Überalterung, ungenü­gender Verjüngung und vielfältiger äußerer Einwirkungen auf das schwerste bedroht. Hier be­steht Handlungsbedarf: Die Sanierungsmaßnahmen müssen verstärkt fortgesetzt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Auflagen beim Import von Holz aus außereuropäischen Ländern sind strenger geworden, die Einfuhr von Holz aus europäischen Drittstaaten wurde liberalisiert. So ist es seit April 1995 möglich, Nadelholz in Rinde aus europäischen Drittstaaten ohne Kontrolle an der Grenze einzuführen. Obwohl Kontrollen am inländischen Bestimmungsort durchgeführt werden, habe ich im Ausschuß Bedenken geäußert, weil die vielen Brennholz­importe aus Tschechien und Ungarn in Klein-LKW nicht kontrollierbar sind.

Der Waldbericht stellt eine sehr wertvolle Informationsquelle dar – danke an die Beamten, die ihn abgefaßt haben. Ihn zur Kenntnis zu nehmen, würde aber bedeuten, die verfehlte Wald- und Forstpolitik der Regierungskoalition mitzutragen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.11


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Schwemlein. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

23.12


Abgeordneter Emmerich Schwemlein¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Meine Damen und Herren! (Ruf: Ein Schwemlein steht im Walde!) Der Zwischenruf ist nicht schlecht: “Ein Schwemlein steht im Walde!” – Das paßt ganz gut zum Waldbericht. (Abg. Blünegger: Ganz still und stumm!) Still und stumm? – Nein, sehr laut in diesem Fall – im Walde aber nicht, denn ich denke ja sehr wohl an die Tiere, die dort leben.

Meine Damen und Herren! Zum Waldbericht: Es haben schon einige Vorredner recht interes­sante Daten berichtet, die ich aufgrund ihrer Wichtigkeit noch einmal hervorheben und unter­streichen will.

Es beschäftigt sich dieser Waldbericht in sehr hohem Maß mit der Problematik Wildverbiß. Nun denke ich mir: Wenn schon im Bericht die Dramatik so dargestellt wird, daß 40 Prozent des Schutzwaldes vom Zerfall betroffen sind, daß 85 Prozent – Frau Kollegin Moser hat das schon gesagt – der Waldflächen mit notwendiger Verjüngung eine Beeinflussung aufweisen, und dann im Bericht steht, daß 33 Prozent der Waldfläche ein Gleichgewicht von Wald, Wild und Weide­vieh zeigen, dann kann ich doch den Umkehrschluß machen und feststellen, daß dieses ökolo­gische Gleichgewicht bei zwei Dritteln des Waldes nicht gegeben ist. Und da, denke ich mir, Herr Bundesminister, müssen wir handeln.

Daß wir handeln müssen, ist für mich allein dadurch klar geworden, daß ich mir die Zahlen an­geschaut und festzustellen versucht habe, mit welchen Ansätzen Sie dieses Problem lösen wollen. Hierzu lese ich im Waldbericht in der Spalte “Verbißschäden” – ich zitiere wörtlich –:

“Es bleibt zu hoffen, daß die in einigen Bundesländern gezielt durchgeführten Schadensmoni­toringsysteme, die direkt auf die Abschußpläne rückwirken, in Zukunft eine Verbesserung her­beiführen.”

Es mag in Ordnung sein, Herr Minister, daß Sie bei der Lösung eines Problems Ihrer Hoffnung Ausdruck verleihen. Ich denke aber, daß wir mit dem Artikulieren einer Hoffnung ein Problem noch nicht lösen. Und warum lösen wir dieses Problem nicht? – Hierzu möchte ich noch einmal auf den Bericht eingehen, und zwar auf die Angaben zum Wildabschuß. Wenn man sich die Zahlen – ob sie sich nun auf Haarwild oder auf Federwild beziehen – in Tabelle 77 ansieht, so ist von 1992/93 bis 1996/97 durchwegs festzustellen, daß die Abschußzahlen rückläufig sind.

Nun, meine Damen und Herren, ziehe ich daraus den Schluß, daß es wohl zuwenig ist, auf der einen Seite zu beklagen, daß der Wildverbiß das größte Problem im heimischen Wald darstellt, auf der anderen Seite gleichzeitig festzustellen, daß die Wildabschußzahlen zurückgingen, und zum dritten dann der Hoffnung Ausdruck zu verleihen, diese Zahlen doch irgendwie herunterzu­bekommen. Da glaube ich – und ich bin felsenfest davon überzeugt –, daß wir alle weitaus mehr gefordert sind. Wenn wir dem Wald helfen wollen, den Wald schützen wollen, dann müssen wir konsequenter durchgreifen. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Grund dafür – diese Spitze sei mir erlaubt –, daß die Abschußzahlen rückläufig sind, kann wohl nicht darin liegen, daß die Anzahl der vorhandenen Schußwaffen zu gering sei. Es muß einen anderen Grund geben. (Zwischenruf der Abg. Aumayr.)

Ich möchte mich aber nicht auf dieses Thema beschränken, Herr Minister, sondern noch einen zweiten wesentlichen Punkt kurz anreißen. Ich habe hier eine Grafik, die zeigt, wie sich Importe und Exporte im Holzbereich darstellen. In dieser Grafik sieht man, daß sich der Bereich Möbel aus Holz für die österreichische Leistungsbilanz in massivem Ausmaß passiv präsentiert. Ich denke daher, daß wir auf alle Fälle darauf drängen sollten, im Bereich der Veredelung noch weitere Anreize zu schaffen, zu motivieren, denn damit schaffen wir nicht nur Arbeitsplätze, sondern es gelingt auch, durch das Produzieren höherwertiger Güter eine Wertschöpfung zu erzielen, die wir auch im Bereich des Waldes dringend brauchen.

Ich stelle daher zusammenfassend fest, meine Damen und Herren: Der Bericht, der vorliegt, ist durchaus interessant und ist durchaus in der Lage, uns die Probleme in der Form aufzuzeigen, daß wir Schlüsse daraus ziehen können. Wenn wir Probleme kennen und erkennen, dann soll­ten wir so rasch wie möglich umfassende Reformen einleiten. Darum bitte ich Sie nicht nur, Herr Minister, dazu fordere ich uns alle auf. (Beifall bei der SPÖ.)

23.17


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

23.17


Abgeordneter Willi Sauer¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Einen Satz in Richtung des Kollegen Schwemlein: Sie dürften übersehen haben, Herr Kollege, daß in den letzten Jahren, und zwar in den Jahren ab 1990, die Abschußzahlen bei den Wildarten, vor allem bei Rotwild, sehr stark angestiegen sind. Daß jetzt diese Abschuß­zahlen zurückgehen, ist nur eine natürliche Schlußfolgerung aus dieser Situation, weil stark in den Wildbestand eingegriffen wurde, um selbstverständlich Schäden zu verringern – man wird sie nie ganz verhüten können.

Man wird aber auf der einen Seite in den Naturverjüngungen zwischen Verbiß und Wildschaden unterscheiden müssen. Wenn eine Naturverjüngung mit etwa 10 000 Stämmchen am Hektar 1 000 Stämme verbissen hat, dann ist das sicher ein Verbiß. Wenn ich Ihnen nun aber sage, daß von diesen 10 000 Stämmchen etwa 9 700 oder 9 600 durch natürlichen Abgang oder durch Herausnahme sterben müssen, dann heißt das soviel wie: Verbiß ist nicht gleich Scha­den. – Das nur zur Klarstellung dieser Situation.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man muß ... (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Macht nichts! Ich kann es Ihnen später noch erklären. (Ruf bei der SPÖ: Warum tun Sie es nicht?)

Man muß Waldschäden auch richtig interpretieren. Wir haben den Wildbestand in vielen Berei­chen eingeschränkt und dadurch Waldschäden in vielen Bereichen verhindert. Bei rund 4 Millio­nen Hektar Wald muß man, glaube ich, wenn für immer geringere Flächen das Auftreten von Wildschäden und Waldschäden angegeben wird, sicher einen gewissen Respekt haben und eine gewisse Anteilnahme zeigen.

Aber man muß auch interpretieren: Der Umstand, daß etwa in Niederösterreich die Schäl­schäden in letzter Zeit um 45 Prozent zurückgegangen sind, die Gesamtzahl der geschälten Bäume aber etwas angestiegen ist, zeigt, daß die Nutzung dieser Bäume nicht erfolgt ist. Daß dagegen in der Steiermark die Schälschäden ebenfalls zurückgegangen sind, gleichzeitig aber auch die Zahl der geschälten Stämme, ist darauf zurückzuführen, daß die Nutzung dieser ge­schälten Stämme zur richtigen Zeit erfolgt ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin froh darüber, daß wir diesen Bericht haben. Wir können viele Dinge herauslesen und viel daraus lernen, aber wir müssen auch darangehen, diesen Bericht richtig zu interpretieren. (Beifall bei der ÖVP.)

23.21


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Abgeordneter Au­mayr. – Frau Abgeordnete! Diese Wortmeldung kann leider nicht stattfinden, weil die Redezeit, die auf Ihre Fraktion entfällt, bereits erschöpft ist. (Abg. Dr. Khol: Das ist eine gute Nachricht! – Abg. Mag. Stadler: Das beweist nur, daß man uns in der Präsidiale zuwenig Redezeit gegeben hat!)

Ich erteile nun Herrn Abgeordnetem Dr. Keppelmüller das Wort. Freiwillige Redezeitbeschrän­kung: 5 Minuten. – Bitte.

23.21


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Vielleicht hätte Kollegin Aumayr uns über die Einstellung ihrer Partei zum Waldbe­richt aufklären können. Denn Kollege Salzl hat ja überwiegend Kritik geäußert, während Kollege Koller erstaunlicherweise gesagt hat, der Bericht ist wertvoll und gut, und dann begründet oder nicht begründet hat, warum er ihn trotzdem nicht zur Kenntnis nimmt. Das verstehe ich nicht: Wenn etwas gut ist, dann muß ich es in dieser Form auch zur Kenntnis nehmen. – Das war also ein bewundernswerter Spagat und erinnert mich ein bißchen an jene Rede von Kollegen Gudenus – einige von denen, die 1994 bereits hier herinnen gesessen sind, werden sich viel­leicht auch noch daran erinnern –, in der er gemeint hat, wir sollten zum Schutz der Waldbauern das Papierrecycling einstellen. Das wäre die Lösung. Damals hat es Kollegen Schweitzer als Umweltsprecher leicht “geworfen”, als Gudenus das gesagt hat. Das war eine ähnliche krause Vorstellung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollegin Langthaler hat mich verblüfft mit einer Unter­suchung – ich habe nicht ganz verstanden, woher sie ist (Abg. Fischl: Was verstehen Sie über­haupt?) – zur Übersäuerung der Böden. Sie hat gemeint, Österreich steige hier am schlechte­sten aus. Auch das verstehe ich nicht. Ich kenne diese Untersuchung nicht – ich kenne eine deutsche Studie, den “Deutschen Waldbodenbericht” (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Fischl), und ich habe im Ausschuß auch angeregt, daß auch in Österreich parallel zu unserer Waldzustandserhebung so etwas gemacht wird –, aber das kann doch, bitte, nicht stimmen, daß, während unser Wald in signifikanter Weise zu den besten Wäldern in Europa zählt und es in Deutschland diesbezüglich weiter bergab geht, unsere Böden schlechter sein sollen als die deutschen. Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Ich würde gerne die Studie von Kollegin Langthaler sehen. Vielleicht hat sie hier aber auch nur einen kleinen Bluff gestartet.

Man muß aber darauf hinweisen, daß wir tatsächlich – Herr Minister, das ist mir erst in jüngster Zeit noch aufgefallen – enorme Durchforstungsrückstände haben: 70 Millionen Festmeter, bei einer jährlichen Zunahme von 6 Millionen Festmetern. Das ist meiner Ansicht nach verlorene Biomasse! Es ist doch gerade Ihre Fraktion, die sehr stark auf die Biomasse setzt, neuerdings auch wieder auf Biodiesel. Über den soll man durchaus reden – da bin ich der Meinung meines Klubobmannes –, nur muß man dazu wirklich einmal echte Kosten-Nutzen-Analysen, auch unter Miteinbeziehung der Umwelteffekte, anstellen. Ich halte es für genauso wichtig, darüber zu reden, wie über die Frage der Spanplattenverordnung, in der ja, glaube ich, Kollege Khol aus Tirol als ein “Vorkämpfer” mitverantwortlich dafür ist, daß wir so “zügig” weiterkommen.

Das sollte man sich also anschauen, denn das ist ein echtes Problem: Durch diese Durch­forstungsrückstände – so habe ich es mir erklären lassen – wird dort, wo nicht durchforstet wird, der Wald zu dicht, und ein Teil bricht nieder. Das ist verlorene Biomasse und führt auch zu bestimmten Schäden wie Schneedruck und so weiter. Man sollte sich daher Modelle einfallen lassen, durch die wir diese Durchforstungsrückstände aufholen können. Es ist schon von Kolle­gen Koller – wieder sehr richtig – gesagt worden, daß wir bei den Bundesforsten und bei den großen Forstbetrieben dieses Problem nicht haben. Wir haben das Problem aber im bäuer­lichen Wald.

Hierzu muß man auch ehrlich sagen, Kollege Koller, daß eben viele der kleineren Bauern – durchaus auch bedingt durch die Preise, die sie derzeit erzielen – den Wald noch immer eher als “Sparkasse” für schlechte Zeiten sehen. Ich glaube aber, daß das ein Trugschluß ist, denn wenn man nicht durchforstet, dann ist der Rest des Holzes auch nicht besonders gut.

Ich glaube, daß dieser Waldbericht – wenn man sich damit beschäftigt, Kollege Salzl, und sich aktuelle Informationen holt, dann weiß man, daß unser Wissen nicht auf dem Stand des Jahres 1996 beruht, sondern daß es wesentlich weiter geht, bis zu ganz aktuellen Informa­tionen – insgesamt den Schluß zuläßt: Unser Wald läßt sich herzeigen!

Dabei möchte ich gar nicht unterschätzen, daß es natürlich Probleme gibt. Es ist ganz klar, daß wir auch bezüglich der Luftemissionen hier noch einiges tun müssen. Kollegin Langthaler aber hat auch wieder nur das “Hausgemachte” hier angesprochen und hat vergessen, daß wir einen ganz gewaltigen “Segen” aus unseren östlichen Nachbarländern hereinbekommen, der sicher­lich – und nachweislich, wenn man sich die Gebiete ansieht – zur Schädigung des Waldes beiträgt.

Ich glaube, wir sollten auf den Zustand unseres Waldes an sich stolz sein, aber nicht übermütig werden. Es gibt Probleme, vom Wildverbiß über Durchforstungsprobleme und Emissionspro­bleme bis hin zur Spanplattenverordnung; diese sollten wir wirklich zeitgemäß gestalten, Kollege Khol. Das ist kein “alter Käse”, sondern hierzu gibt es gerade aus dem Umweltbundes­amt, das zu Ihrem Ressort gehört, eine wunderbare Studie, die eigentlich das Anliegen all dieser Anträge, auch in diesem Bereich einmal dem Stand der Technik Rechnung zu tragen, erhärtet.

In diesem Sinne wünsche ich unserem Wald eine weiterhin gute Zukunft. (Beifall bei der SPÖ.)

23.26


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Freund. Freiwillige Rede­zeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

23.26


Abgeordneter Karl Freund¦ (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir diskutieren zwar einen verspäteten Waldbericht, aber dafür einen umso besseren. Denn grundsätzlich ist dem Waldbericht zu entnehmen, daß sich der Zustand des Waldes in den letzten Jahren deutlich verbessert hat. Wenn man sich die Größe der Waldfläche ansieht, kann man einen eindeutigen Trend beobachten. Denn seit den achtziger Jahren hält der Zuwachs an der Waldfläche Österreichs unverändert an.

Bei den zunehmenden Waldflächen ist positiv zu vermerken – und darin zeigt sich, daß forst­liche Maßnahmen greifen –, daß der Anteil der Laub- und Mischwälder mit derzeit 35 Prozent kontinuierlich steigt, denn Mischwälder sind widerstandsfähiger. Die Zunahme der Mischwälder ist ein Beweis dafür, daß die Richtung, die der Herr Landwirtschaftsminister mit den forstlichen Maßnahmen eingeschlagen hat, goldrichtig ist. Ich freue mich ganz besonders darüber, daß die derzeitige preisliche Situation bei Holz doch eine wesentlich verbesserte ist.

Wie aus dem Waldbericht hervorgeht, gibt es trotz Erfolgen immer noch Probleme, die Anlaß zum Handeln geben. So haben wir zum Beispiel mit Fehlern der Vergangenheit heute noch zu kämpfen: Das sind einerseits Verschlechterungen des Waldbodenzustands wie die Übersäue­rung des Waldbodens sowie andererseits ein vermehrtes Schädlingsauftreten, verursacht durch bevorzugte Fichten- und Kiefermonokulturen und Umwelteinflüsse. Durch gezielte Beratungs- und Förderungsmaßnahmen wird versucht, ebendiese Probleme in den Griff zu bekommen. In diesem Zusammenhang darf ich den Mitarbeitern der Landwirtschaftskammern meinen beson­deren Dank für ihre hervorragende Arbeit bei der Unterstützung der Waldbauern aussprechen. (Beifall bei der ÖVP.)

Aufgrund verschiedenster Umwelteinflüsse, die nur zum geringen Teil von den Waldbauern selbst verursacht werden, kommt es zu einem gravierenden Nährstoffmangel im Waldboden. Die Folge ist eine starke oberflächliche Bodenübersäuerung. Diese ist der Grund für die zahl­reichen Kronenverlichtungen, beziehungsweise führt sie sogar zum großflächigen Absterben von Fichten in den betroffenen Beständen. Mit dem relativ einfachen, aber leider sehr teuren Mittel der Kalkdüngung kann der Nährstoffgehalt rasch und verläßlich in Ordnung gebracht werden.

Ich rege daher an, geschätzter Herr Bundesminister, die derzeitige Höhe des Bundeszuschus­ses für forstliche Strukturmaßnahmen neu zu überdenken, diesen der jetzigen Situation anzu­pas­sen und zu erhöhen.

Abschließend, meine sehr geschätzten Damen und Herren, bedanke ich mich bei Landwirt­schaftsminister Molterer für seinen konsequenten Einsatz bei der Verwirklichung der Euro­päischen Forststrategie. Aufgrund seiner Initiative konnte, obwohl diesem Vorhaben nur wenig Chancen gegeben wurden, während der österreichischen Präsidentschaft im Dezember letzten Jahres diese Entschließung im Agrarministerrat verabschiedet werden. Die Zuständigkeit für die Forstpolitik bleibt zwar bei den Mitgliedstaaten, ein Vorgehen im Gleichklang ist aber weitaus effektiver.

Die Forststrategie bildet daher eine gesunde Basis für die Zukunft. Inhalt ist ein klares Be­kenntnis – auch dieses Waldberichtes – zur multifunktionalen Rolle der Wälder und zur nachhal­tigen Waldbewirtschaftung. Denn ein nachhaltig bewirtschafteter Wald fördert die Beschäfti­gung, das Wohlbefinden der Menschen und die Qualität der Umwelt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

23.30


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Mag. Molterer. – Bitte, Herr Minister.

23.30


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer¦: Herr Präsident! Hohes Haus! Erstens – in gebotener Kürze –: Der Waldbericht zeigt einen Fortschritt im Zu­stand des Waldes, zeigt uns aber gleichzeitig, wo wir nach wie vor Probleme haben, die wir nicht verleugnen sollen. Allerdings gibt es auch etwa in der angesprochenen Wald-Wild-Frage durchaus positive Entwicklungen. Der Waldbericht wird aus meiner Sicht in Zukunft in dieser Form nur alle zwei Jahre vorgelegt werden. Jährlich wird das berichtet werden, was das Forst­gesetz vorschreibt, nämlich die Wildverbißschäden. Die Zwischenzeit wird durch die neue Tech­nologie Internet zur Information genutzt.

Zweitens: Erfreulich ist die wirtschaftliche Entwicklung, die wir in der Forstwirtschaft haben. Nach einem positiven Jahr 1997 ist auch das Jahr 1998 wirtschaftlich sehr, sehr gut verlaufen. Auch im heurigen Jahr ist durchaus eine gute Perspektive gegeben.

Drittens: Wir haben in der österreichischen Forstpolitik entsprechende Schwerpunkte gesetzt, Herr Abgeordneter Keppelmüller. Etwa durch die Förderung von Waldwirtschaftsgemeinschaf­ten wollen wir den bäuerlichen Waldbesitz zu einer stärkeren wirtschaftlichen Nutzung des Waldes einerseits als Einkommenspotential, andererseits als Biomassepotential entsprechend unterstützen.

Viertens: Auf der europäischen Ebene ist die Forststrategie nun die gemeinsame Basis. Ich bin stolz darauf, daß es uns gelungen ist, diesen Beschluß zu fassen.

Fünftens: In Europa steht die Agenda-Entscheidung an. Sie beinhaltet in der ländlichen Ent­wicklung für die Forstwirtschaft durchaus positive Perspektiven, deren Umsetzung wir gemein­sam mit anderen massiv betreiben.

Sechstens und letztens: Österreich hat derzeit auf internationaler Ebene ein hohes Maß an Verpflichtung für die Forstwirtschaft. Österreich stellt den Vorsitz beim Paneuropäischen Forst­prozeß, der weit über die Europäische Union hinaus alle europäischen Länder zu einer gemein­samen Strategie in der Forstwirtschaft verpflichtet. Wir werden für die nächsten vier Jahre diese Aufgabe verantwortungsvoll wahrnehmen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

23.32


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort seitens der Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, und zwar stimmen wir ab über den Antrag des Aus­schus­ses, den vorliegenden Bericht III-139 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für die Kenntnisnahme dieses Berichtes ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Der Bericht wird mit Mehrheit der Stimmen zur Kenntnis genommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Sicherung des Waldes als Erholungsgebiet.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Schaffenrath und Ge­nossen betreffend Verringerung der Emission von Luftverunreinigungen.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt.

9. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Straf­sachen Wien (26d Vr 10719/98) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abge­ordneten zum Nationalrat Dr. Jörg Haider (1569 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes Klagenfurt (17 EVr 2163/98, 17 Hv 176/98) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abge­ordneten zum Nationalrat Heinz Anton Marolt (1584 der Beilagen)


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Wir gelangen nun zu den Punkten 9 und 10 der Tagesord­nung. Die Debatte wird darüber unter einem durchgeführt.

Mündliche Berichterstattung wurde nicht begehrt.

Es liegt keine Wortmeldung vor. Daher ist die Debatte geschlossen.

Ein Schlußwort der Berichterstattung findet nicht statt.

Wir kommen sofort zur Abstimmung, die über jeden Ausschußantrag getrennt erfolgt.

Zunächst stimmen wir ab über den Antrag des Immunitätsausschusses in 1569 der Beilagen, folgendes zu beschließen:

1. In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 30. November 1998 um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Jörg Haider wird im Sinne des Artikels 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, daß ein Zusammenhang zwi­schen der von dem Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätig­keit des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Jörg Haider besteht.

2. Einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Jörg Haider wird zuge­stimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung erteilen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen. (Abg. Schieder: Schweitzer ist sitzen geblieben! Will er nicht, daß Haider ausgeliefert wird? – Das ist interpretierbares Ver­halten!)

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Immunitätsausschusses in 1584 der Beilagen, folgen­des zu beschließen:

1. In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes Klagenfurt vom 21. Dezember 1998 um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Heinz Anton Marolt wird im Sinne des Artikels 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, daß ein Zusammenhang zwi­schen der von dem Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätig­keit des Abgeordneten zum Nationalrat Heinz Anton Marolt besteht.

2. Einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Heinz Anton Marolt wird zugestimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Abstimmung über Fristsetzungsanträge


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Wir kommen jetzt zu einer Reihe von Abstimmungen über Fristsetzungsanträge, die nicht debattiert worden sind, über die aber jetzt abgestimmt werden muß. Ich werde sie der Reihe nach aufrufen.

Wir stimmen zunächst ab über den Antrag der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen, dem Wirtschaftsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 607/A (E) der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch Einrichtung zentraler Anlaufstellen für BetriebsgründerInnen bei Behörden erleichtern, eine Frist bis zum 22. März 1999 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen, dem Wirt­schaftsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 608/A (E) der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch Kosten-Nutzen-Analysen für neue Gesetze auch hinsichtlich der umsetzenden Unterneh­men erleichtern, eine Frist bis zum 22. März 1999 zu setzen.

Wer für diesen Fristsetzungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen, dem Wirt­schaftsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 609/A (E) der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch horizontale Steuergerechtigkeit zwischen in Finanz- und Sachkapital veranlagten Geldern erleichtern, eine Frist bis zum 22. März 1999 zu setzen.

Wer für diesen Fristsetzungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen, dem Wirt­schaftsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 610/A (E) der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch Aufhebung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes bei gleichzeitiger Neukodifikation des ArbeitnehmerInnenschutzes erleichtern, eine Frist bis zum 22. März 1999 zu setzen.

Wer für diesen Fristsetzungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Nunmehr stimmen wir ab über den Antrag der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen, dem Wirtschaftsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 611/A (E) der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch Aufhebung des Ladenöffnungszeitengesetzes mit dem Ziel einer völligen Freigabe der Ladenöffnungszeiten erleichtern, eine Frist bis zum 22. März 1999 zu setzen.

Wer diesem Antrag zustimmt, möge dies durch ein Zeichen kundtun. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen, dem Wirt­schaftsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 612/A (E) der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch weitere Liberalisierung des Betriebsantrittsrechtes der Gewerbeordnung erleichtern, eine Frist bis zum 22. März 1999 zu setzen.

Wer für diesen Fristsetzungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen, dem Wirt­schaftsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 613/A (E) der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch stärkere Verankerung der Selbständigkeit als Lern- und Schulprinzip sowie Lehrziel er­leichtern, eine Frist bis zum 22. März 1999 zu setzen.

Wer für diesen Antrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen, dem Wirt­schaftsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 614/A (E) der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung und den Weiterbe­stand von Unternehmen durch Abschaffung von Genehmigungsverfahren aus Anlaß von Be­triebsübernahmen und Betriebsweiterführungen erleichtern, eine Frist bis zum 22. März 1999 zu setzen.

Wer diesem Antrag zustimmt, möge ein entsprechendes Zeichen geben. – Das ist die Minder­heit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen, dem Wirt­schaftsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 615/A (E) der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen durch Verfahrenskonzentrationen in ganz Österreich erleichtern, eine Frist bis zum 22. März 1999 zu setzen.

Wer für diesen Fristsetzungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Schließlich stimmen wir ab über den Antrag der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen, dem Wirtschaftsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 513/A der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen betreffend ein Gesetzesfolgenabschätzungsgesetz eine Frist bis zum 22. März 1999 zu setzen.

Wer für diesen Fristsetzungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Wir kommen jetzt zur Verhandlung über den Antrag der Abge­ordneten Dr. Schmidt, Dr. Petrovic und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsaus­schusses betreffend Untersuchung der politischen Verantwortlichkeit der Bundesregierung – insbesondere des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten, des Bundesministers für Inneres und des Bundesministers für Justiz – sowie vermuteter rechtswidriger Einflußnahme durch politische Funktionsträger im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu den Morden an drei Kurden am 13. Juli 1989 und der Verfolgung von drei dieser Tat Verdächtigten.

Der Antrag ist an alle Abgeordneten in diesem Haus verteilt worden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Schmidt, Dr. Petrovic, Dr. Kier, Dr. Gredler, Wabl, Partnerinnen und Partner auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 Abs. 1 GOG

Der Nationalrat wolle beschließen:

“Zur Untersuchung folgenden Gegenstandes wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt:

Die politische Verantwortlichkeit der Bundesregierung (insbesondere des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten, des Bundesministers für Inneres und des Bundesministers für Justiz) sowie vermutete rechtswidrige Einflußnahme durch politische Funktionsträger in Zusam­menhang mit den Ermittlungen zu den Morden an drei Kurden am 13. Juli 1989 und der Verfol­gung von drei dieser Tat dringend Verdächtigten, die trotz Vorliegen eindeutiger Indizien Öster­reich unbehelligt verlassen konnten, ist zu prüfen.”

Der Untersuchungsausschuß besteht aus 17 Abgeordneten im Verhältnis 6 SPÖ, 5 ÖVP, 4 FPÖ, 1 Liberales Forum, 1 Grüne.

Gemäß § 33 Abs. 2 GOG wird die Durchführung einer Debatte beantragt.

*****


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Wir gehen in die Debatte ein.

Ich darf Ihnen die Bestimmungen der Geschäftsordnung in Erinnerung rufen: Jeder Redner hat eine Redezeit von 5 Minuten. Der Erstredner hat für die Begründung eine Redezeit von 10 Mi­nuten. Stellungnahmen der Mitglieder der Bundesregierung oder der Staatssekretäre sollen auch nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich erteile zunächst der Antragstellerin, Frau Abgeordneter Dr. Heide Schmidt, das Wort. Sie hat für ihren Debattenbeitrag eine Redezeit von 10 Minuten zur Verfügung. – Bitte.

23.44


Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Am 12. Jänner 1999 hat der Justizminister der Bundesregierung einen Vortrag erstattet, in dem er mitgeteilt hat, daß die Anzeigen wegen Amtsmißbrauchs gegen den jetzigen Bundespräsiden­ten Klestil sowie die ehemaligen Minister Foregger, Löschnak und Mock zurückgelegt wurden. Er hat weiters mitgeteilt, daß die Justiz festgestellt hat, daß keine Anhaltspunkte zu weiteren Nachforschungen gegen die tatverdächtigen Iraner gefunden werden können. Daher wurde das Verfahren – das ist in der Strafprozeßordnung so vorgesehen – bis zur künftigen Entdeckung eingestellt.

Wir stehen nach diesen Feststellungen vor einer neuen Situation für die Diskussion hier im Haus. Denn es war bisher das Hauptargument der Vertreter der Regierungsfraktionen, daß es nicht sinnvoll sei, einen Untersuchungsausschuß einzusetzen, weil es keinen Sinn habe, ein Parallelverfahren durchzuführen. Das hat man uns schon gesagt, als in den Ministerien für Äußeres, Inneres und Justiz eine Innenrevision stattfand. Es sei nur daran erinnert, daß der Außenminister anfangs gar nicht willig war, eine solche durchzuführen, und sich erst durch die öffentliche Diskussion dazu entschloß, das zu tun. Aber das war das Argument: Jetzt finden sowieso einmal Untersuchungen statt.

Nachdem diese abgeschlossen und Anzeigen wegen Amtsmißbrauchs erstattet worden waren – und zwar aufgrund dieser Berichte –, war es das Hauptargument der Vertreter von den Regierungsfraktionen hier im Hohen Haus: Jetzt laufen die strafrechtlichen Untersuchungen, jetzt hätte es auch keinen Sinn, parallel dazu eine parlamentarische Untersuchung durchzufüh­ren.

Jetzt ist beides abgeschlossen, sowohl die Innenrevision als auch die strafrechtlichen Untersu­chungen. Daher muß man sich jetzt neu damit auseinandersetzen, ob ein Untersuchungsaus­schuß notwendig ist oder nicht, um die politische Verantwortung zu klären. (Abg. Großruck: Es ist eingestellt worden!)

Herr Kollege! Wenn Sie hier jetzt sagen, daß die strafrechtliche Untersuchung ausreicht, dann haben Sie doch ein sehr merkwürdiges Verständnis von politischer Verantwortung. Denn wenn für Sie der Maßstab der politischen Verantwortung das Strafrecht ist, dann wissen wir, was Sie von politischer Kultur halten. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was heißt hier “eingestehen”? – Wenn Sie wirklich auch noch durch Ihre Zwischenrufe hier deponieren, daß für Sie das Strafrecht der Maßstab der politischen Verantwortung ist, dann ist das ein Offenbarungseid darüber – sollte das von den Kollegen der Regierungsfraktionen ÖVP und SPÖ geteilt werden –, welche Maßstäbe Sie anlegen. Es läßt auch interessante Schlüsse darauf zu, wie Sie sonst in Ihrem Leben umgehen, wenn Sie nur das unterlassen, was straf­rechtlich verboten ist.

Wir haben eine andere Vorstellung von politischer Verantwortung. (Abg. Großruck: Gott sei Dank!) Gott sei Dank, das ist wahr. Unabhängig davon, daß ich es für eine sehr eigenwillige Beurteilung von Ihnen halte, das Strafrecht heranzuziehen, halte ich es auch deshalb für denk­unmöglich, weil es einfach politische Verfehlungen gibt, die strafrechtlich gar nicht erfaßt sind – und das mit gutem Grund. Es gibt daher ein anderes Instrumentarium, um die politische Verant­wortung zu klären, bei Ministern zum Beispiel einen Mißtrauensantrag. Wozu bräuchten wir den, wenn das Strafrecht die einzige Latte wäre? – Dann könnte man ihn einfach vor Gericht stellen, und damit wäre die Geschichte erledigt. Das sieht die Geschäftsordnung glücklicherweise nicht so vor. In einer Demokratie – nicht nur in der österreichischen – gibt es daher ein entsprechen­des Instrumentarium, und eines der Kontrollinstrumente dafür, die politische Verantwortung fest­zustellen, ist ein Untersuchungsausschuß. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Wenn Sie nun sagen, daß bei Nichtfeststellung strafrechtlicher Verfehlungen auch ein Untersu­chungsausschuß hinfällig ist, dann frage ich Sie: In welcher Situation ist für Sie überhaupt ein Untersuchungsausschuß denkbar? – Das würde mich interessieren, wenn uns das einer der Parlamentarier aus den Regierungsfraktionen hier erläutern würde, damit wir wissen, mit wel­cher Vorstellung Sie an diese Bestimmung der Geschäftsordnung und an diese Aufgabe des Parlaments überhaupt herangehen.

Wenn Sie sagen – es muß nicht nur das Strafrecht sein –, daß es in dieser Sache einfach nichts mehr zu untersuchen gibt, dann möchte ich Ihnen ein paar Dinge in Erinnerung rufen, die sich nun bei der strafrechtlichen Untersuchung herausgestellt haben. Ich tue das deswegen, weil ich den Sinn des Untersuchungsausschusses nicht so sehr darin sehe, ein Fehlverhalten einzelner Personen festzustellen, sondern ich denke, daß der Sinn eines Untersuchungsausschusses in dieser Sache ein viel weitergehender ist. Es gilt nämlich festzustellen, mit welcher Haltung Österreich mit einem terroristischen Regime umgeht, mit einem Regime, das sich terroristischer Methoden bedient. Mit welcher Haltung geht die österreichische Verwaltung, gehen österrei­chische Spitzenpolitiker – nämlich Minister – mit einem solchen Regime um?

Deswegen ist es notwendig, in einem Untersuchungsausschuß zu klären, wie das denn in der Vergangenheit war, um daraus die Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. Dazu muß es kommen, damit sich dieses Regime nicht für alle Zeiten darauf verlassen kann, daß es nur Druck aus­üben muß, und jeder geht sofort in die Knie. Das ist mein Interesse als Österreicherin und als Parlamentarierin, und dieses Interesse kann nur durch einen Untersuchungsausschuß geklärt werden.

Ich denke, daß es darauf ankommt, diesen Herrschaften entweder mit einem unbiegsamen Rückgrat gegenüberzutreten – oder aber sozusagen vorauseilende Bereitschaft zeigen, sich Druck zu beugen, aus welcher Motivation heraus auch immer. Es gibt sehr böse Motivationen, die in diesem Zusammenhang schon unterstellt worden sind. Das will ich nicht einmal tun. Ich glaube zum Beispiel, daß die Motivation, daß man Sorge um die Sicherheit und um das Leben von Österreicherinnen und Österreichern hat, eine sehr anständige Motivation ist. Das ändert aber nichts daran, daß geklärt werden muß, ob man sich selbst aus dieser Motivation heraus einem Druck gebeugt hat, Interventionen nachgegeben hat und diese Interventionen weiterge­geben hat.

Da lese ich folgendes in einer Aussage, die jetzt im Zusammenhang mit dieser strafrechtlichen Untersuchung gemacht wurde. Es ist die Zeugenvernehmung eines Journalisten, der damals für den “Standard” arbeitete und recherchierte und der jetzt unter Wahrheitspflicht – deswegen ist es eine verschärfte Situation – folgendes zu Protokoll gibt. Er beruft sich zwar auf das Medien­gesetz und daher auf sein Redaktionsgeheimnis, was seine Gesprächspartner betrifft, er führt auch nichts Näheres über die Gesprächsinhalte aus, aber er legt einen Aktenvermerk vor, der damit von der Wahrheitspflicht umfaßt ist. Das heißt, da kann man nicht sagen, daß das ein Journalist wäre, dem es um Effekthascherei geht.

In diesem Aktenvermerk steht folgendes zu lesen – der Informant ist ein Staatsanwalt, der sagt –: Grundlage für die ganze Debatte war unter anderem auch, daß wer vom Außenministe­rium angerufen und interveniert hat. Mir ist noch dunkel in Erinnerung – den Zusammenhang kann ich aber nicht mehr herstellen – im Zusammenhang mit dem Haftbefehl, daß auch irgend­wer Vorhaltungen gemacht hat, daß es ja nicht sehr angebracht sei, Haftanträge rauszulassen, weil man da alles zerstören kann an Beziehungen mit dem Iran und so weiter. Das Außenamt war also sehr nervös, daß alles Mögliche gestört wird. – Eine Aussage unter Wahrheitspflicht.

Der damalige Leiter der EBT sagt: Ich bin heute der Meinung, daß ein Informationsdefizit der Justiz bestanden hat, für das ich beziehungsweise die EBT aber nicht verantwortlich ist. Bei mir persönlich hat es keine Interventionen gegeben. Es war aber für mich aus den Ereignissen sämtlicher Besprechungen, an denen ich teilgenommen habe, ganz offensichtlich, daß massivst interveniert wurde. – Das sind Aussagen unter Wahrheitspflicht.

Das ist nicht Amtsmißbrauch. Aber wenn Sie sagen, daß diese Dinge nicht aufklärungsbedürftig sind und daß politischer Verantwortung dafür im vorhinein die Absolution erteilt werden kann, dann halte ich Ihre Latte, die Sie an die politische Kultur und an die politische Verantwortung anlegen, einfach für zu niedrig und für verantwortungslos. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Deswegen ersuche ich Sie im Lichte der jetzigen Ereignisse und der vorliegenden Aussagen, diesem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zuzustimmen. – Danke. (Bei­fall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

23.53


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Frau Ab­geordnete, Sie haben eine Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.

23.54


Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic¦ (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe mir frühere Anfragen und Anträge herausgesucht, die auf Einsetzung eines Untersuchungsaus­schusses in der Causa Kurden-Morde gerichtet sind. Ich rufe noch einmal in Erinnerung: Das Verbrechen von 1989, das bekannteste und spektakulärste derartige Verbrechen, ist kein Einzelfall. Bereits im Mai 1987 wurde ein zu Verhandlungen nach Wien gelockter Kurde, Hamid Reza Chitkar – er kam aus Straßburg –, durch Genickschuß getötet und die Leiche erst viel später gefunden. Der besorgten Ehegattin wurde allerdings vom Generalkonsulat in Straßburg das Einreisevisum nach Österreich verwehrt.

Immer wieder entsteht der Eindruck, daß die Behörden Tätern, von denen offenkundig ist, daß sie in einem Zusammenhang mit der iranischen Staatsorganisation standen, ihr blutiges Ge­schäft sehr, sehr leicht gemacht haben. Frau Dr. Schmidt hat es schon angesprochen, es kann verschiedene Motive geben, die hinter so einer Verhaltensweise stehen: die Angst vor einer Ausweitung des Terrors, die Sorge um die Sicherheit von Österreicherinnen und Österreichern im Iran, aber auch weit banalere und weniger legitime Motive wie die Angst vor einer Ver­schlechterung der Geschäftsbeziehungen mit dem Iran.

Genau das wäre die Frage der politischen Verantwortung. In welchen Situationen ist es legitim, einem Druck – vielleicht sogar einem verbrecherischen Druck – teilweise nachzugeben, nämlich dann, wenn dieses Verhalten gesetzt wird, um ein größeres Unrecht, eine noch schlimmere Un­tat zu vermeiden? Ich kann mich im Prinzip mit einer derartigen nachweislichen Rechtfertigung durchaus abfinden, aber dann muß es offenkundig gemacht werden. Im konkreten Fall be­zweifle ich, daß es um so hehre Motive ging.

Mittlerweile liefert uns das Justizministerium Belege dafür, wenn jetzt eine in ihrer Glaubwürdig­keit absolut unbestreitbare Staatsanwältin sagt, sie habe den Eindruck, man wollte damals die österreichische Staatsanwältin und die Staatsanwaltschaft dumm sterben lassen, und man habe ihr keinen Zutritt zu einem verletzten Attentäter gegeben; wenn es dann aus den deutschen Vernehmungen Protokolle darüber gibt, daß ein ehemaliger iranischer Geheimdienstmitarbeiter gesagt hat, man habe absichtlich einen Mittäter verletzt, um so am Anfang etwas Verwirrung zu stiften, man habe beim iranischen Geheimdienst gewußt, daß die österreichischen Behörden darüber informiert sind, daß ein Terroranschlag vorbereitet wird, und man habe gewußt, daß Österreich etwas tun werde, um die Ausreise der Täter zu erleichtern, damit es kein Verfahren hier im Inland gibt.

Das sind unter Wahrheitspflicht abgegebene Aussagen einer österreichischen Staatsanwältin, von österreichischen Sicherheitsbeamten und von Zeugen, die im Zusammenhang mit einem Gerichtsverfahren vernommen wurden. Ich frage Sie allen Ernstes: Was brauchen Sie noch an glaubwürdigen Aussagen, an Aussagen unter Wahrheitspflicht, um zumindest die Frage der politischen Verantwortung zu prüfen? Genügt Ihnen nicht die Aussage einer österreichischen Staatsanwältin, sie habe den Eindruck, ihre Behörde sei behindert worden, und man habe sie nicht zu dem Täter gelassen? Ist das nicht ernsthaft genug? Ist es wirklich so, daß bei Ihnen das Maß politischer Verantwortung erst dort beginnt, wo vielleicht eine direkte Komplizenschaft unterstellt wird?

Dann müßten Sie sich zu Recht dieses Vorurteil der Bevölkerung – ich glaube noch immer, daß es ein Vorurteil ist – gefallen lassen, daß alle Politikerinnen und Politiker schon im Nahbereich von Ganoventum angesiedelt sind. Ich teile diesen Befund nicht. Aber dann geben Sie den Weg frei für eine parlamentarische Untersuchung! Das ist die einzig korrekte Antwort! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

23.59


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, und zwar stimmen wir ab über den Antrag der Abgeordneten Dr. Schmidt, Dr. Petrovic und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu dem von mir vorhin beschriebenen Gegenstand.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungs­ausschusses sind, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Einlauf


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1000/A bis 1007/A eingebracht wurden.

Weiters sind die Anfragen 5527/J bis 5649/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates betreffend geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen berufe ich für 21. Jänner 1998, 0.01 Uhr – das ist gleich im Anschluß an diese Sitzung –, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 24 Uhr

 

 

                                          Österreichische Staatsdruckerei: 700428