105/AE XXI.GP

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Dr. Khol, Ing. Westenthaler,

und Kollegen

 

betreffend Schulterschluß gegen die EU - vertragswidrigen, diskriminierenden Sanktionen

gegen Österreich

 

Am Montag, den 31. Jänner 2000 erließ die Portugiesische EU - Ratspräsidentschaft im

Namen von 14 Staats -  und Regierungschefs der Europäischen Union eine Stellungnahme

zur Regierungsbildung in Österreich, wonach mit einer Regierungsbeteiligung der

Freiheitlichen Partei Österreichs seitens der Regierungen der 14 Mitgliedstaaten bilaterale

offizielle Kontakte auf politischer Ebene ausgesetzt werden, österreichische Kandidaten in

internationalen Organisationen von den 14 EU - Regierungen keine Unterstützung erfahren

und österreichische Botschafter in den EU - Hauptstädten nur noch auf technischer Ebene

empfangen werden sollen.

 

Diese Sanktionen von 14 EU - Staaten gegenüber dem 15. Mitgliedstaat finden keine wie

immer geartete rechtliche Grundlage in den EU - Verträgen. Solche Sanktionen gegen einen

EU - Mitgliedstaat wären nur bei einer Verletzung der Grundsätze der Europäischen Union

zulässig, wie z. B. den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der

Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit (Art. 6 EUV). Eine

Verletzung dieser Grundsätze in Österreich kann nicht festgestellt werden. Bei einer

Verletzung dieser Grundsätze sieht Artikel 7 des EU - Vertrages ein klar definiertes Verfahren

vor, wonach das Europäische Parlament, alle Mitgliedstaaten und insbesondere das

betroffene Mitgliedsland einzubinden sind. Weder das Europäische Parlament noch

Österreich wurden von den Sanktionsmaßnahmen unterrichtet.

 

Dementsprechend definierten die Staats - und Regierungschefs der 14 EU - Staaten die gegen

Österreich verhängten Sanktionen als „bilaterale Maßnahmen“. Entgegen dieser Definition

kam es dennoch im Rahmen von EU - Gremien (z. B. Ratssitzungen) zu Maßnahmen gegen

Österreich, in dem z. B. die Stellungnahmen Österreichs von manchen EU - Mitgliedstaaten

bewußt boykottiert wurden. Andererseits wird Österreich im Meinungsbildungs - und

Entscheidungsprozeß gehindert, da durch die Herabstufung der bilateralen Kontakte

Österreich gegenüber den anderen EU - Mitgliedstaaten gezielt benachteiligt wird.

Unter Berufung auf die von den vierzehn Regierungen verhängten Sanktionen setzen auch

manche öffentliche und halböffentliche Institutionen von Mitgliedstaaten gezielte

Boykottmaßnahmen gegen Österreich, wie z. B. im Kulturbereich, im Schulaustausch, im

Tourismusbereich, etc.. Österreichische Kandidaten in internationalen Organisationen

werden - entgegen der von den EU - Verträgen gebotenen Solidarität zwischen EU -

Mitgliedstaaten - nicht nur nicht unterstützt sondern darüber hinaus sogar aktiv boykottiert

(wie zuletzt im Rahmen der Vereinten Nationen).

 

Auf der Basis der von den Vierzehn unter Umgehung der Europäischen Verträge verhängten

Sanktionen gegen Österreich entsteht somit eine das Europäische Recht verletzende

Diskriminierung Österreichs, die sich mittelbar und nunmehr auch unmittelbar auf die

Interessen der Bürgerinnen und Bürger Österreichs auswirkt.

 

Die Vertreter Österreichs haben die internationale Staatengemeinschaft eindringlich ersucht,

die neue Bundesregierung an ihrem Programm und an ihren Taten zu messen und von einer

Voraus -Verurteilung und Sanktionierung Österreichs Abstand zu nehmen.

 

Die neue österreichische Bundesregierung hat in der Form einer Präambel zum

Regierungsabkommen eine eindeutige Grundsatzerklärung für ihre Regierungsarbeit und für

das Regierungsprogramm beschlossen: die Bundesregierung bekräftigt „ihre

unerschütterliche Verbundenheit mit den geistigen und sittlichen Werten, die das

gemeinsame Erbe der Völker Europas sind und der persönlichen Freiheit, der politischen

Freiheit und der Herrschaft des Rechts zu Grunde liegen, auf denen jede wahre Demokratie

beruht.“

 

Die unterzeichneten Abgeordneten unterstreichen, daß unterschiedliche und kritische

Haltungen zu einer Regierung ein Wesenszeichen der Demokratie sind. Sie anerkennen,

daß der politische Wettbewerb zwischen Regierung und Opposition die Grundlage für die

politische Auseinandersetzung in einer parlamentarischen Demokratie sind. Die

unterzeichneten Abgeordneten unterstreichen, daß es nicht nur das Recht sondern auch die

Pflicht der Opposition ist, die Regierung zu kontrollieren und die Umsetzung ihrer

Programme zu beurteilen.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten unterstreichen, daß es andererseits die Pflicht der

gesamten Bundesregierung, des gesamten National - und Bundesrates und aller staatlichen

Institutionen ist, für das Wohl aller Österreicherinnen und Österreicher und aller in unserem

Land lebenden Personen einzutreten. Die unterzeichneten Abgeordneten betonen, daß es

die Verpflichtung der österreichischen Bundesregierung und aller politischen Kräfte ist, für

Respekt, Toleranz und Verständnis für alle Menschen einzutreten, ungeachtet ihrer Herkunft,

Religion oder Weltanschauung. Es ist die Verpflichtung der Bundesregierung sowie aller

politischen Kräfte, gegen jegliche Form von Diskriminierung, Intoleranz und Verhetzung

aufzutreten, sowie gegen Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus vorzugehen.

Die unterzeichneten Abgeordneten unterstreichen ihre Ablehnung des politischen

Extremismus, sowohl in der Form des Rechtsextremismus wie auch des Linksextremismus.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen ausdrücklich fest, daß Österreich gerade in bezug

auf Achtung der Menschenrechte, der Grundfreiheiten und der Rechtsstaatlichkeit allen

europäischen Standards entspricht und weisen diesbezügliche Pauschalverurteilungen

unseres Landes mit Entschiedenheit zurück. Die unterzeichneten Abgeordneten erklären

daher, daß sie die von den 14 EU - Regierungen gegen Österreich gerichteten Maßnahmen

für überzogen und ungerechtfertigt betrachten und bedauern den Schaden, der durch die

von den 14 Staats - und Regierungschefs gewählten Vorgangsweise dem europäischen

Integrationsgedanken zugefügt wurde.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten appellieren daher an die Regierungen und Parlamente

der 14 EU - Mitgliedstaaten, die gegenüber Österreich getroffenen Maßnahmen aufzuheben.

Dementsprechend stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden

 

 

Entschließungsantrag:

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Angesichts der diskriminierenden Maßnahmen von 14 EU - Regierungschefs gegen

Österreich wird die österreichische Bundesregierung beauftragt, gemeinsam mit allen im

österreichischen Nationalrat vertretenen Parteien die Initiative zur Wahrung des Ansehens

Österreichs in Europa und in der Welt verstärkt fortzusetzen. Zu diesem Zwecke bekennen

sich die Parteien der unterzeichneten Abgeordneten zu einem gemeinsamen Vorgehen der

österreichischen Bundesregierung, des National - und Bundesrates, der österreichischen

Bundesländer und der Sozialpartner in den Europäischen Institutionen und Organisationen.

Die österreichische Bundesregierung wird beauftragt, von den Europäischen Institutionen

und insbesondere von der Europäischen Kommission als „Hüterin der Verträge“ eine

Garantie über die Nicht - Diskriminierung Österreichs im Rahmen der Regierungskonferenz zu

verlangen.

 

Die Bundesregierung wird beauftragt, im Rahmen der Regierungskonferenz ein allgemein

anwendbares rechtsstaatlich geordnetes Verfahren vorzuschlagen, das ausschließt, daß

ohne nachweisbare und objektive überprüfte Verstöße gegen Art. 6 und 7 EUV Sanktionen

gegen einen Mitgliedstaat verhängt werden.

 

Die Bundesregierung wird beauftragt unbeschadet dieser Maßnahmen, Inhalt und

Entscheidungsprozeß der gegen Österreich verhängten Sanktionen nach Europäischem und

internationalem Recht prüfen zu lassen. Insbesondere ist jene Sanktion zu hinterfragen,

wonach es für österreichische Kandidaten in internationalen Organisationen keine

Unterstützung geben soll, da dies eine ausdrückliche Diskriminierung europäischer Bürger

nach ihrer Nationalität darstellt.

 

Die Bundesregierung wird schließlich beauftragt, im Falle von Rechtsverletzungen gegen

Österreich alle geeigneten gerichtlichen Schritte im europäischen und internationalen

Rahmen zu unternehmen.“

 

In formeller Hinsicht wird beantragt, diesen Antrag dem Außenpolitischen Ausschuß zuzuweisen