116/AE XXI.GP

 

                                                               ANTRAG

 

 

 

der Abgeordneten Brosz, Petrovic, Freundinnen und Freunde

 

 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wählerevidenzgesetz, das Bundes -

Verfassungsgesetz, das Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrates

(Nationalratswahlordnung) sowie das Bundesgesetz über die Führung ständiger Evidenzen der

Wahl - und Stimmberechtigten bei Wahlen zum Europäischen Parlament (Europa -

Wählerevidenzgesetz) geändert werden (Senkung des aktiven Wahlalters bei

Nationalratswahlen, Bundespräsidentenwahlen, Wahlen zum europäischen Parlament sowie

bei Volksabstimmungen, - befragungen und - begehren)

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz, mit dem das Wählerevidenzgesetz. das Bundes - Verfassungsgesetz, das

Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrates (Nationalratswahlordnung) sowie das

Bundesgesetz über die Führung ständiger Evidenzen der Wahl - und Stimmberechtigten bei

Wahlen zum Europäischen Parlament (Europa - Wählerevidenzgesetz) geändert werden

 

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Das Wählerevidenzgesetz 1973, BGBl. 601, zuletzt geändert durch BGBl. I 1998/30, das

Bundes - Verfassungsgesetz, zuletzt geändert durch BGBl. I 1999/194, das Bundesgesetz über

die Wahl des Nationalrates (Nationalratswahlordnung) 1992, zuletzt geändert durch BGBl. 1

1999/90 sowie das Bundesgesetz über die Führung ständiger Evidenzen der Wahl - und

Stimmberechtigten bei Wahlen zum Europäischen Parlament (Europa - Wählerevidenzgesetz)

1996, zuletzt geändert durch BGBl. I 1998/35, werden geändert wie folgt:

 

 

Artikel 1

 

1. § 2 Absatz 1 des Wählerevidenzgesetzes lautet:

§ 2. (1) In die Wählerevidenz sind alle Männer und Frauen einzutragen, die die

österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, vor dem 1 Jänner des Jahres der Eintragung das

16. Lebensjahr vollendet haben, vom Wahlrecht zum Nationalrat nicht ausgeschlossen sind

und in der Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben.“

2. § 2a Absatz 1 erster Halbsatz des Wählerevidenzgesetzes lautet:

§ 2a. (1) Österreicher mit Hauptwohnsitz im Ausland, die das 16. Lebensjahr vollendet

haben und vom Wahlrecht zum Nationalrat nicht ausgeschlossen sind, werden auf Antrag für

die Dauer ihres Auslandsaufenthaltes in die Wählerevidenz der Gemeinde eingetragen, in der

sie in die Europa - Wählerevidenz gemäß dem Europa - Wählerevidenzgesetz - EuWEG, BGBl.

Nr. 118/1996, eintragen sind, sofern eine solche Eintragung nicht existiert, in die

Wählerevidenz der Gemeinde, in der sie den letzten Hauptwohnsitz im Inland hatten;“

 

 

Artikel II

 

1. Artikel 23a Absatz 1 Satz 1 des Bundes - Verfassungsgesetzes lautet:

Artikel 23a. (1) Die von der Republik Österreich zu entsendenden Abgeordneten zum

Europäischen Parlament werden auf Grund des gleichen, unmittelbaren, geheimen und

persönlichen Wahlrechtes der Männer und Frauen, die vor dem 1. Jänner des Jahres der Wahl

das 16. Lebensjahr vollendet haben und am Stichtag der Wahl entweder die österreichische

Staatsbürgerschaft besitzen und nicht nach Maßgabe des Rechts der Europäischen Union vom

Wahlrecht ausgeschlossen sind oder die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der

Europäischen Union besitzen und nach Maßgabe des Rechts der Europäischen Union

wahlberechtigt sind, nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt.“

 

2. Artikel 26 Absatz 1 des Bundes - Verfassungsgesetzes lautet:

Artikel 26. (1) Der Nationalrat wird vom Bundesvolk auf Grund des gleichen, unmittelbaren,

geheimen und persönlichen Wahlrechtes der Männer und Frauen, die vor dem 1. Jänner des

Jahres der Wahl das 16. Lebensjahr vollendet haben, nach den Grundsätzen der

Verhältniswahl gewählt.“

 

 

Artikel III

 

§ 21 Absatz 1 des Bundesgesetzes über die Wahl des Nationalrates lautet:

§ 21. (1) Wahlberechtigt sind alle Männer und Frauen, die die österreichische

Staatsbürgerschaft besitzen, vor dem 1. Jänner des Jahres der Wahl das 16. Lebensjahr

vollendet haben und vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind.“

 

 

Artikel IV

 

1. § 2 Absatz 1 bis Ziffer 1 des Bundesgesetzes über die Führung ständiger Evidenzen der

Wahl - und Stimmberechtigten bei Wahlen zum Europäischen Parlament lautet:

§ 2. (1) In die Europa - Wählerevidenz sind Unionsbürger einzutragen, die vor dem 1. Jänner

des Jahres der Eintragung das 16. Lebensjahr vollendet haben, vom Wahlrecht zum

Europäischen Parlament nicht ausgeschlossen sind und“

 

2. § 4 Absatz 1 erster Halbsatz des Bundesgesetzes über die Führung ständiger Evidenzen der

Wahl - und Stimmberechtigten bei Wahlen zum Europäischen Parlament lautet:

§ 4. (1) Österreicher mit Hauptwohnsitz im Ausland, die das 16. Lebensjahr vollendet haben

und vom Wahlrecht nicht gemäß § 3 ausgeschlossen sind, werden auf Antrag für die Dauer

ihres Auslandsaufenthaltes in die Europa - Wählerevidenz der Gemeinde eingetragen, in der sie

in die Wählerevidenz gemäß dem Wählerevidenzgesetz 1973, BGBl. Nr.601, eintragen sind,

sofern eine solche Eintragung nicht existiert, in die Europa - Wählerevidenz der Gemeinde, in

der sie den letzten Hauptwohnsitz im Inland hatten;“

Begründung:

 

Das Wahlrecht als das politische Mitbestimmungsrecht des / der Einzelnen in repräsentativen

Demokratien sollte aus demokratiepolitischen Überlegungen möglichst allen

Bevölkerungsgruppen zustehen. Bundeskanzler Schüssel betonte dies selbst, als er in der

parlamentarischen Fragestunde am 2. 3. 2000 betreffend die Einführung der Briefwahl sagte,

dass diese „vom Demokratiegedanken aus außerordentlich wichtig“ sei, um

AuslandsösterreicherInnen die Ausübung des Wahlrechtes zu ermöglichen.

 

In Österreich leben aber verschiedene Bevölkerungsgruppen, die vom Wahlrecht

ausgeschlossen sind (z. B. Ausländerinnen). Eine dieser Gruppen ist die der Jugendlichen. Im

Sinne des oben angeführten Demokratiegedankens sollte es aber selbstverständlich sein, die

Gruppen ohne Wahlrecht möglichst klein zu halten und so vielen wie möglich dieses zentrale

Mitbestimmungsrecht zu gewähren. Dies bedeutet auf der anderen Seite für die Gruppe der

Jugendlichen, dass es notwendig ist, die generelle Altersgrenze in der Geschäftsfähigkeit, ab

der das Wahlrecht gewährt wird - und dass es diese generelle Grenze geben soll, ist Konsens -

so niedrig wie möglich anzusetzen.

 

Die Diskussion über die Senkung des Wahlalters geht von verschiedenen Altersstufen aus.

Gute Gründe würden auch für eine Senkung auf das vollendete 14. bzw. 15. Lebensjahr

sprechen. Dieser Antrag ist daher als erster Schritt zu verstehen, da sich die vorliegenden

Studien auf die Gruppe der 16- bis 18-jährigen beziehen. Diese gründen sich auch auf

Erfahrungswerte, die in einigen deutschen Bundesländern auf kommunaler Ebene gesammelt

werden konnten. Das Wahlalter ist in diesen Bereichen auf das vollendete 16. Lebensjahr

gesenkt worden.

 

Mit 16 Jahren ist ein junger Mensch bereits strafmündig und beschränkt geschäftsfähig,

bestimmt selbst über seinen / ihren Bildungsweg, seine / ihre Berufswahl, hat zumeist bereits ein

eigenes Konto und auch ein eigenes Einkommen, über das er / sie frei verfügen kann. Viele

politische Entscheidungen betreffen diese Altersgruppe direkt, da sie entscheidend für die

Zukunft der Jugendlichen sind.

 

Demografisch betrachtet haben die Forderungen der Jugendlichen immer weniger Gewicht, da

ihre Gruppe im Verhältnis zur Gruppe der über Sechzigjährigen immer kleiner wird. Das hat

zur Folge, dass sich Parteien zunehmend um die Verbesserung der Situation der älteren

Wählerinnen bemühen und langfristige Verbesserungen für die Jugend auf der Strecke

bleiben. Um dieses Ungleichgewicht auszugleichen, ist es notwendig, die Gruppe der jungen

WählerInnen zu vergrößern. Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass auch die

Interessen dieser Gruppe weiterhin gewahrt bleiben. Im Sinne einer Vertretung möglichst aller

Gruppen ist es eine demokratiepolitische Notwendigkeit, das Wahlalter zu senken.

 

Jugendliche haben heute die Chance, sich auf breiter Basis über die politische Situation im In -

und Ausland zu informieren, was durch den Zugang zum Internet sowie die weite Verbreitung

von Satelliten - und Kabel - TV zunehmend der Fall ist.

 

Es zeigt sich, dass die Wahlbeteiligung in der Gruppe der 16 - bis 18 - jährigen der

durchschnittlichen Wahlbeteiligung entspricht. Sie ist sogar höher als die der 18 - bis 34 -

jährigen. Bei der Kommunalwahl in Hannover 1996 lag sie bei 60%. Auch das politische

Interesse steigt mit dem Alter nur unwesentlich, wie eine Studie aus dem Jahr 1993 zeigt. Die

Jugendlichen haben sehr genaue Vorstellungen was sie ändern würden, wenn sie die

Möglichkeiten dazu hätten. Dabei zeigt sich, dass Jugendliche besonders die Fragen neue

Arbeitsplätze, soziale Sicherheit, Tier - und Umweltschutz und vor allem die Erhaltung von

Frieden als wesentlich erachten (Dornmeyer / Nemeth 1996). Studien zeigen aber auch, dass

das Interesse, an überregionalen Wahlen teilzunehmen, höher ist, als bei Wahlen auf

Gemeindeebene.

 

Die Senkung des Wahlalters allein ist aber nicht ausreichend, um auf die Probleme junger

Menschen eingehen zu können. Die Einbeziehung von Kinder - und Jugendparlamenten wäre

ein weiterer wichtiger Schritt, durch den Kinder und Jugendliche zu ihren Gunsten

Veränderungen erwirken könnten. Solche Kinderparlamente gibt es bereits in Österreich, aber

sie werden meist nur in Fragen wie der Gestaltung von Spielplätzen, Müllvermeidung in der

Schule und Verkehrssicherheit konsultiert. Die erwachsenen BetreuerInnen solcher

Parlamente, die zum Teil auch aus 8 - oder 9 - jährigen bestehen, sehen mit Erstaunen, mit

welcher Ernsthaftigkeit und mit wieviel Verantwortungsbewußtsein bereits die Jüngsten an

ihren Vorschlägen arbeiten. Diese können häufig direkt in die Tat umgesetzt werden. Auch

Schul - und Bildungsfragen könnten in solchen Jugendparlamenten thematisiert werden,

wodurch das Mitbestimmungsrecht der SchülerInnen ausgeweitet werden könnte.

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss vorgeschlagen sowie

die Durchführung einer ersten Lesung innerhalb von drei Monaten verlangt.