133/A XXI.GP

 

Dringlicher Antrag

gem. § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 2 GOG

 

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Kostelka

und Genossen

betreffend gemeinsames Vorgehen aller im Nationalrat vertretener Parteien zur Beendigung

der Maßnahmen der 14 EU - Staaten

 

 

Die Beteiligung der FPÖ an der gegenwärtigen österreichischen Bundesregierung hat dazu

geführt, daß die anderen 14 Mitgliedstaaten der Europäischen Union Maßnahmen gegen die

österreichische Bundesregierung ergriffen haben. So wurden bilaterale offizielle Kontakte auf

politischer Ebene ausgesetzt, österreichische Kandidaten in internationalen Organisationen

sollen von den 14 EU - Staaten nicht unterstützt werden und österreichische Botschafter

werden in den EU - Hauptstädten nur noch auf technischer Ebene empfangen.

 

Die Reaktion der 14 EU - Mitgliedstaaten ist eine Folge dessen, daß mit der FPÖ eine Partei an

der Bundesregierung beteiligt ist, die europaweit für Rechtspopulismus steht und die in ihren

Wahlkämpfen seit 1986 auch nicht davor zurückgescheut ist, mit rassistischen Äußerungen

Politik zu machen und Menschen gegeneinander aufzuhetzen. Weiters wurde in den anderen

Staaten der EU mit Aufmerksamkeit registriert, daß die FPÖ mit falschen Behauptungen

Stimmung sowohl gegen die EU als auch gegen den Euro und die Osterweiterung zu machen

versucht.

 

Wie auch führende Vertreter der ÖVP, etwa der Salzburger Landeshauptmann Schausberger,

festgestellt haben, wurde diese Situation noch durch unqualifizierte Angriffe auf die Reprä -

sentanten anderer EU - Staaten verschärft. Selbst in den letzten Tagen gossen Vertreter der

größeren Regierungspartei in populistischer Weise noch Öl ins Feuer, indem der Finanz -

minister mit Rechtsbrüchen droht, der Klubobmann gegen die EU gerichtete Volksbefragun -

gen ankündigt und der scheidende Parteiobmann gleich unter Beschimpfungen mit dem

Austritt droht. Keinesfalls trägt es zur Beendigung der Sanktionen bei, wenn sowohl der

Bundeskanzler als auch die Außenministerin zu diesen Ausfällen nicht Stellung nehmen.

 

Über die auf bilateraler Ebene gegen die Bundesregierung gerichteten Maßnahmen hinaus

wurden in einigen Mitgliedstaaten der EU auch Aktionen gesetzt, die die Bevölkerung und

Österreich direkt trafen, wie insbesondere Einschränkung von Programmen zum Schüleraus -

tausch, Beschränkungen im wissenschaftlichen Bereich und Boykottmaßnahmen im

kulturellen Bereich.

 

Alle im Nationalrat vertretenen Parteien haben diesen Sanktionswettlauf heftig kritisiert und

versucht, ihm entgegen zu wirken. Allerdings hat die Bundesregierung bisher die Vorschläge

von SPÖ und Grünen, gemeinsam die Voraussetzungen für eine Beendigung der Sanktionen

zu schaffen, zurückgewiesen. Die Bemühungen der Bundesregierung, die außenpolitische

Isolation Österreichs zu durchbrechen, sind bisher ohne Erfolg geblieben.

 

In dieser Situation ist kein Platz für gegenseitige Schuldzuweisungen, die das politische

Klima noch weiter verschärfen. Damit es aber tatsächlich zur Beendigung der Sanktionen

kommt, müssen deren Ursachen klar angesprochen und muß versucht werden, die Bedenken

der anderen EU - Staaten zu zerstreuen. FPÖ und ÖVP verfügen über die Funktionen des

Bundeskanzler, des Vizekanzlers, des Außenministers sowie sämtlicher sonstiger Mitglieder

der Bundesregierung und verfügen über mehr als die Hälfte der Stimmen im Nationalrat, um

jede Maßnahme zu beschließen, die sie zur Beendigung der Sanktionen für tauglich halten.

Sollten die Regierungsparteien allerdings meinen, daß dies ohne die Mitwirkung der

Opposition nicht gelingen wird, wird es, wenn es der Bundesregierung mit dem Wunsch nach

Beendigung der Sanktionen Ernst ist, notwendig sein, daß sie auf die Vorschläge der

Opposition eingeht.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an die Bundesregierung gemäß § 74a iVm §

93 Abs. 2 GOG - NR folgenden

 

 

Antrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht

 

1. weiterhin alle Rechte und Pflichten der EU - Mitgliedschaft wahrzunehmen, die sich aus

    dem österreichischen EU - Beitritt ergeben, der vom österreichischen Volk in einer

    Volksabstimmung am 12. Juni 1994 mit Zweidrittelmehrheit bestätigt und beschlossen

    wurde,

 

2. zielführende und vertrauensbildende Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die 14

    anderen EU - Staaten zu einer Überprüfung und Revision ihrer Maßnahmen vom

    31.1.2000 zu veranlassen und in diesem Zusammenhang den Äußerungen von

    Spitzenpolitikern der FPÖ, die in Form und Inhalt inakzeptabel sind und sich zuletzt

    sogar mit einem Ausscheiden Österreichs aus der EU beschäftigt haben, entschieden

    entgegenzutreten,

 

3. alle geeigneten Schritte zu unternehmen, um Boykottmaßnahmen gegen die

    österreichische Bevölkerung oder Teile der österreichischen Bevölkerung zu verhindern

    und dem Nationalrat unverzüglich zu berichten, ob die Bundesregierung bisher

    rechtliche Schritte gegen Maßnahmen, die dem EU - Recht widersprechen, gesetzt hat

    und wenn ja, welche,

 

4. nach Beratung mit allen vier Fraktionen des Nationalrates (im Rahmen eines Runden

    Tisches) der Europäischen Union ein allgemein anwendbares rechtsstaatlich geordnetes

    Verfahren vorzuschlagen, das ermöglicht, bei nachweisbaren und objektiv

    überprüfbaren Verstößen gegen Artikel 6 und 7 EUV, Sanktionen gegen einen

    Mitgliedstaat zu verhängen,

 

5. die diesbezüglichen Vorschläge des Herrn Bundespräsidenten zu unterstützen.

 

 

 

Gemäß § 93 Abs. 2000 - NR wird verlangt, diesen Antrag zum frühest möglichen Zeitpunkt

zu behandeln.