149/A(E) XXI.GP
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Moser, Freundinnen und Freunde
betreffend Umweltanlagengesetz
A. Die Klagen über die lange Dauer der Genehmigungsverfahren für
umweltrelevante Betriebsanlagen sind überzogen und unberechtigt.
Im internationalen Vergleich der UVP - Verfahren kann sich Österreich
durchaus sehen lassen. Die per Jahresende 1998 abgeschlossenen UVP -
Verfahren hatten zwischen Antragstellung und Bescheiderlassung 1. Instanz
eine durchschnittliche Verfahrensdauer von 16 Monaten (siehe Bericht des
BMUJF über die Vollziehung des UVP - G vom Dezember 1998, III - 171
dBeilStenProt). Amtliche Schätzungen weisen demgegenüber für Deutschland
eine Dauer zwischen 9 bis 24 Monate, für die Niederlande von 30 Monaten, für
Frankreich zwischen 5 und 18 Monaten und für Großbritannien eine Dauer
von 36 Wochen aus, wobei ein Viertel der UVP - Verfahren länger als ein Jahr
dauert (siehe Baumgartner/Madner/Meyer/Merl, Die Projekt - UVP in Europa -
Eine Gegenüberstellung, Recht der Umwelt 1998/3, S 107 ff).
In Bezug auf die Verfahren nach der GewO ergab eine
Stichprobenuntersuchung, daß im Erhebungszeitraum 1993 bis 1996 die
durchschnittliche Verfahrensdauer bei rund 7 Monaten lag. Nur in 3% der Fälle
wurde Berufung erhoben (Berufungen des/der Antragsteller/innen
eingerechnet). Ab Mitte 1994 zeigten die zwischenzeitlich von den Behörden
eingeleiteten Verbesserungsmaßnahmen dergestalt Wirkung, daß 55 % der
Verfahren ab Vollständigkeit des Projektantrags in 90 Tagen abgewickelt
werden konnten (Grün/Michl/Haller/Eder, Genehmigungsverfahren bei
Betriebsanlagen, Informationen zur Umweltpolitik Nr. 129, S 29 f).
Die Fokussierung auf die Dauer des Genehmigungsverfahrens greift zu kurz.
Berücksichtigung müssen auch das verwaltungsrechtliche Rechtsschutz- und
Kontrollregime sowie die zivilrechtlichen Möglichkeiten der Nachbarn und
Nachbarinnen, gegen erteilte Genehmigungen vorzugehen. So können in
Frankreich UVP - Genehmigungen - unter anderem von
Umweltschutzorganisationen bis zu vier Jahre nach der Entscheidung beim
Verwaltungsgericht bekämpft werden. Eine
Art Verbandsklage gibt es auch in
Großbritannien und den Niederlanden. In Großbritannien werden
Genehmigungen weitgehend befristet erteilt und sind die Anlagen dynamisch
zu verbessern. Eine dem deutschen und österreichischen Modell vergleichbare
Immunität einer Genehmigung gegen zivilrechtliche Unterlassungsklagen wird
man im ganzen übrigen EU - Raum kaum finden. Das heißt: Selbst wenn das
Genehmigungsverfahren vielleicht länger dauert, der/die Investor/in in
Österreich erhält damit auch vergleichsweise hohe Rechtssicherheit (siehe
Baumgartner/Madner/Merl/Meyer, aaO. und Steinberg/de Miquel/Scharroth/
Fertsch/Mangold: Genehmigungsverfahren für gewerbliche
Investitionsvorhaben in Deutschland und ausgewählten Ländern Europas).
Zu beachten ist auch, daß zwischenzeitig die AVG - Novelle 1998 in Kraft
getreten ist und ihre verfahrensbeschleunigende Wirkung noch entfalten wird.
In Verfahren ab 100 Beteiligten können demnach seit 1.1.99 individuelle
Ladungen zur Augenscheinsverhandlungen und die Zustellungen von
Gutachten und Bescheiden unterbleiben und durch Kundmachungen an der
Gemeindetafel, in Zeitungen und anderen Medien ersetzt werden. Der Aufwand
und die Zeitersparnis wird durch die Möglichkeiten des Großverfahrens gewaltig
sein. So teilte das Umweltministerium auf Anfrage mit, daß die individuelle
Zustellung der Bescheide im abfallrechtlichen Genehmigungsverfahren für die
Verbrennungsanlage für Autoschredder - Rückstände 6,5 Monate in Anspruch
nahm (siehe BMU zu 807/J vom 13.08.96). Die Grünen stimmten dieser
Novelle zu, weil die Abweichung vom individuellen Service der klassischen
Parteien durch einen Ausbau der Öffentlichkeitsbeteiligung (Auflage der
Antragsunterlagen, fakultative Erörterung und Auflage des Bescheids)
ansatzweise kompensiert wurde. Insbesondere wurde den Forderungen der
Grünen, das Internet als neues Medium stärker einzubinden (sodaß nunmehr
Verhandlungen auf der Homepage der Wiener Zeitung zu finden sind oder
Bescheide auf der Homepage der jeweiligen Behörde) und auch im
Verwaltungsverfahren quasi Gerichtsferien einzuführen (sodaß die Bevölkerung
nicht in der üblichen Urlaubszeit mit der Anberaumung von Verhandlungen oder
Verkündung von Bescheiden rechnen muß), entsprochen.
B. Schwachstellen des geltenden Anlagenrechts aus der Sicht der
Die Kontrolle hinkt. In einer Felduntersuchung gaben die
Wasserrechtsreferenten erster Instanz an, daß sie die Dunkelziffer
konsensloser oder konsenswidriger Anlagen mit durchschnittlich über 50%
einschätzen würden. Dh auf 100 ordnungsgemäße Anlagen kämen 50 ohne
Genehmigung oder mit Konsensüberschreitungen. Eine systematische
Überwachung der Anlagen erfolge so gut wie nicht (siehe Helmut Simlinger,
Der staatliche Schutz der Gewässer vor Immissionen, Diss. an der Universität
Wien 1991). In der öffentlichen Diskussion bis dato unterbelichtet wurde auch
die lange Dauer der Kontrollverfahren. Wie lange dauert es, bis Maßnahmen
der Mißstandsbehebung greifen? Die Räumung der Fischer - Deponie in der
Mitterndorfer Senke ist 9 Jahre nach dem erstinstanzlichen verpflichtenden
Bescheid an den Deponiebetreiber noch immer nicht durchgesetzt. Der
Räumungsbescheid mußte aufgrund der wiederholten Beschwerden an den
Verwaltungsgerichtshof viermal erlassen werden (siehe Wasser - und
Abfallwirtschaft, Mitteilungen des ÖWAV,
Folge 02/1999, S 7). Laut einer APA -
Meldung vom 29. Juni 1999 wurde Herrn Fischer nach dem
Verwaltungsvollstreckungsgesetz abermals eine Nachfrist von einem halben
Jahr gesetzt.
Strittige Grundsatzfragen blockieren die Projektgenehmigung. Die
Genehmigungsvoraussetzungen bieten in seltenen Fällen die Möglichkeit, die
grundsätzlichen Einwände gegen ein Projekt vorzubringen. Behörde und
BürgerInnen reden aneinander vorbei. Das Verfahren läuft ineffizient ab.
Bedarf und optimale Standorte bei Anlagen der Daseinsvorsorge
(Abfallwirtschaft, Energiewirtschaft, etc) werden von der öffentlichen Hand nicht
systematisch erhoben und ausgewiesen. ProjektantInnen setzen sich daher
selbst bei Projekten mit hohem Planungsaufwand einem hohen Risiko aus.
Das Anlagenrecht ist zersplittert, die Nachbarn und Nachbarinnen als
auch die ProjektantInnen sehen sich einem Zuständigkeitsdschungel und
sachlich nicht gerechtfertigten unterschiedlichen Regelungen gegenüber.
Personal - und Finanzressourcen werden ohne nennenswerten Effekt für die
Umwelt eingesetzt.
Das UVP - G wird systematisch umgangen. Während bis Ende 1998 5
Genehmigungsverfahren (Bescheidverfahren) nach dem UVP - G
abgeschlossen wurden, wurden über 50 Feststellungsverfahren geführt, dh es
wurde über die Frage der UVP - Pflicht eines Projektes gestritten. In 75% der
Fälle mußte entschieden werden, daß keine UVP - Pflicht besteht. Von den 49
an das BMU übermittelten Feststellungsbescheiden betrafen 18
Schotterabbauten, einem Projekttypus dessen Schwelle mit 10 ha offener
Fläche besonders leicht umgangen werden kann (siehe Bericht des BMU über
die Vollziehung des UVP - G, aaO.). Andere Fälle sind Massentierhaltungen. So
wurde in der Gemeinde Herrnleis zwei Schweineställe mit je knapp unter 1500
Schweinen von Mutter und Sohn eingereicht. Die ÖBB reichen ihre
Hochleistungsstreckenprojekt im Gasteinertal stückweise ein, sodaß die
Schwelle von 10 km unterschritten wird. Die EU Kommission übte in diesem
Zusammenhang auch Kritik am geltenden UVP - G: „Die Einführung eines
Schwellenwertes ist richtlinienwidrig sofern nicht gleichzeitig sichergestellt ist,
daß eine (willkürliche) Zerlegung eines einheitlichen Gesamtprojekts in eine
Mehrzahl von Teilprojekten, von denen jedes einzelne den Schwellenwert nicht
erreicht, ausgeschlossen ist.“ (Schreiben der Umweltkommissarin an den
Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 28.4.1999).
Die Grünen treten daher schon lange für ein einheitliches Anlagerecht ein. Ein
diesbezüglicher Entschließungsantrag wurde bereits im Jahre 1993 einstimmig
vom Parlament angenommen. Entsprechend des jetzigen Schwachstellen sollte
auf die Notwendigkeit einer Fachplanung mit Ausweisung von Standorten und
Trassen und dem Ausbau der Kontrolle besonderes Augenmerk geschenkt
werden. Ein gemeinsamer Bestand an materiellen und formellen Recht ist zu
schaffen, der von einer Behörde anzuwenden ist. Subsidiär sollen die
Materiengesetze des Bundes und der Länder zur Anwendung kommen. Eine
Entscheidungskonzentration bedingt auch eine
Stärkung der Kontrolle, um
Willkür zu verhindern. Deshalb müssen die weichenden Behörde wie z.B.
Gemeinden für das Bauverfahren oder das Denkmalamt für das DMSG eine
Parteistellung im Verfahren erhalten. Die BürgerInnen sind frühestmöglich
einzubinden, sie sind als PartnerInnen zu begreifen und nicht als
QuerulantInnen abzustempeln. Nur eine offene Diskussion kann zu
langfristigen Lösungen führen und den ProjektantInnen jene Rechtssicherheit
bieten, die sie für ihre Investitionen brauchen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, ein Umweltanlagengesetz zu
erarbeiten und dem Nationalrat vorzulegen, das folgende Grundzüge verfolgt:
1. Geltungsbereich
Ein Umweltanlagengesetz soll für alle Vorhaben mit Umweltauswirkungen
gelten, also Anlagen des Gewerbes und der Industrie,
Energieerzeugungsanlagen (Strom, Gas, Fernwärme), Verkehrsanlagen
(Straße, Bahn, Luftverkehr), Rohstoffgewinnung, Abfallanlagen,
Massentierhaltung, Wasserentnahmen usw.
2. Planung - Strategische Umweltverträglichkeitsprüfung (Konzept -
UVP), Koordination von Bundesfachplanungen und
Raumplanungen der Länder
Für Anlagen der Daseinsvorsorge (zugunsten der schon jetzt enteignet werden
kann, zB Energie, Verkehr, Abfall, Rohstoffe) sind Pläne zu erstellen, die die
Grundsätze der jeweiligen Sektoren konkretisieren und insbesondere nach
Variantenuntersuchungen Standorte und Trassen ausweisen. Die Pläne sind
vor Erlassung einer UVP und Öffentlichkeitsbeteiligung zu unterziehen.
Durch Verfassungsnorm ist eine gegenseitige Mitwirkung bei den Landes - und
Bundesplanungen sicherzustellen, um die notwendige Koordination von
Raumplanung (Wohnbau, Gewerbe, Grünland etc) und Fachplanungen
(Verkehrswegeplan inkl. Luftfahrt, Energiekonzept, Abfallwirtschaftskonzept,
Rohstoffkonzept usw.) zu erleichtern.
3. Verfahrenstypen und deren Besonderheiten
3.1. Anzeigeverfahren
Für Kleinstanlagen, die allenfalls vorher typisiert wurden, kann eine Anzeige bei
der Behörde genügen. Der Behörde muß eine Anerkennungs- bzw.
Untersagungsmöglichkeit eingeräumt werden. Beispiel: Typisierte
Abwasserkläranlagen bis zu 10 EGW in
grundsätzlich erlaubten Gebiet.
3.2. Ordentliches Verfahren
Dem ordentlichen Verfahren unterliegen alle Anlagen, die nicht durch VO für
anzeigepflichtig oder gemäß gesetzlicher Anordnung dem UVP/IPPC - Verfahren
unterliegend erklärt wurden. Im ordentlichen Verfahren haben alle
Parteistellung, die bisher nach den Materiengesetzen Parteistellung hatten,
jedenfalls aber
• die Nachbarn/Nachbarinnen,
• Bürgerinitiativen, sofern sie die gesetzl. Voraussetzungen erfüllen,
• Landesumweltanwaltschaften,
• die durch die Entscheidungskonzentration verdrängten Behörden, inkl.
Beschwerdelegitimation bei den öffentlichen Gerichtshöfen auf Wahrung
des objektiven Umweltschutzrechts und
• Arbeitsinspektorat hinsichtlich des Arbeitnehmerschutzes.
3.3. Ordentliches Verfahren mit UVP und IPPC
3.3.1. Anwendungsbereich
Diesem Regime soll die Summe der nach der UVP - RL und der IPPC - RL sowie
allenfalls der Sevesoll - Richtlinie erfaßten Anlagen unter Schließung von
sachlichen Lücken und mit Rücksicht auf die Wirtschaftsstruktur und die
geographische Struktur Österreichs erfassen. Schwellenwerte gelten als Indiz
für die Umwelterheblichkeit einer Anlage, auf Antrag der Standortgemeinde, der
Umweltanwaltschaft oder der Bürgerpartei kann auch bei Unterschreiten eines
Schwellenwerts die Anlage für UVP - pflichtig erklärt werden (Opting in). Auch
Straßen und Eisenbahnstrecken unterliegen dem Bescheidverfahren.
3.1.2. Verfahren
Für diese Anlagen gilt ein Verfahren, das im wesentlichen dem geltenden UVP -
G entspricht, wobei aber die erste Stellungnahmemöglichkeit (im
Anzeigeverfahren) gestrichen werden soll. Zusätzlich zu den Regeln des
ordentlichen Verfahrens sind demnach insbesondere zu beachten:
• Umweltverträglichkeitserklärung des/der Projektant/en/in
• Unfallverhütungskonzept, Sicherheitsbericht und Notfallplan des/der
Projektien/in
• Umweltverträglichkeitsgutachten der Behörde
• Stellungnahmemöglichkeit der Öffentlichkeit zum Antrag
• Öffentliche Erörterung nach dem UVP - Gutachten
• Mitwirkung am Untersuchungsrahmen und der Sachverständigenauswahl
durch BI
• Parteistellung für österreichweite Umweltschutzorganisationen inkl.
Beschwerdelegitimation
4. Elemente für alle Verfahrenstypen
4.1. Allgemeine Öffentlichkeitsbeteiligung
Jeder Antrag bzw. jede Anzeige ist zu veröffentlichen und zugänglich zu
machen.
Anträge des ordentlichen Verfahrens und des UVP/IPPC - Verfahrens sind eine
bestimmte Frist aufzulegen.
Mündliche Verhandlungen sind öffentlich.
Eine Kurzfassung der Bescheide (Umfang der Genehmigung und Auflagen)
und im Fall des UVP/IPPC - Verfahrens der gesamte Bescheid ist auf Dauer des
Betriebs zugänglich zu machen.
Die Ergebnisse der behördlichen Auflagenüberprüfung sind zu veröffentlichen.
4.2. Verfahrensstruktur und Sachverhaltserhebung
Die Festlegung der Beweisthemen und die Sachverständigenauswahl erfolgt
durch Beschluß, vorher sind der/die Projektwerber/in, die Umweltanwaltschaft
und eine allfällige Bürgerpartei sowie die „verdrängten“ Behörden zu hören.
Für die Augenscheinsverhandlung soll eine Anmeldung nahegelegt werden.
Es soll auch die Möglichkeit geschaffen werden, vor der
Augenscheinsverhandlung rechtswirksam auf die Wahrnehmung der
Parteistellung zu verzichten bzw eine Wahrnehmung im voraus zu verneinen.
Dies würde dann von Fall zu Fall zu einem quasi vereinfachten Verfahren
führen.
4.3. Genehmigungsvoraussetzungen
Der umfassende Emissionsbegriff der IPPC - RL (inkl. Lärm und
Erschütterungen) sollte generell gelten.
Eine Genehmigung würde insbesondere voraussetzen, daß
• Umweltbeeinträchtigungen vorsorglich vermieden werden, insbesondere
Emissionen nach dem Stand von Wissenschaft und Technik vermieden,
wobei Umweltnutzen und Investitionsaufwand verhältnismäßig sein
müssen und ausgehend von einem umfassenden Anlagenbegriff die
Beeinträchtigungen für die Umwelt insgesamt zu veranschlagen sind;
• eine Gefährdung von Gesundheit und Eigentum ausgeschlossen ist;
• das Wohlbefinden der Nachbarschaft nicht unzumutbar beeinträchtigt
wird;
• Ressourcen sparsam und schonend eingesetzt oder verwendet werden
(inkl. Energieeffizienz);
Verkehrsbelastungen so weit wie möglich vermieden werden;
• der Landverbrauch so gering wie möglich gehalten wird;
• sonstige Voraussetzungen nach den Materiengesetzen erfüllt sind (z.B.
ForstG - Rodung, NaturschutzG, RaumordnungsG) und
• sofern das Vorhaben der Daseinsvorsorge dient, der Standort (die
Trasse) im Fachplan ausgewiesen ist.
Dem/die Projektant/en/in trifft ein Optimierungsgebot, dh die Anlage ist so zu
planen und zu betreiben, daß die Umwelt insgesamt so gering wie möglich
belastet wird.
Im Zweifelsfall, daß Gesundheitsschäden und wesentliche
Umweltbeeinträchtigungen mit hundertprozentiger Sicherheit ausgeschlossen
werden können, ist das Projekt zu untersagen (Zweifelsregel).
4.3. Kontrolle
Zur Kontrolle der Konsensmäßigkeit des Betriebes ist eine Abnahmeprüfung
unter Mitwirkung der Parteien des Genehmigungsverfahrens vorzusehen.
Die Behörde hat die Pflicht je nach Gefährlichkeit zur mindestens 3 - bzw.
5 jährlichen Überprüfung des Betriebs.
Bei Konsenswidrigkeit oder Konsenslosigkeit stehen der Behörde insbesondere
folgende Instrumente zur Verfügung:
• Jeder konsenslose Betrieb ist zu untersagen.
• Wird der Konsens überschritten, ist die Herstellung des rechtmäßigen
Zustands anzuordnen.
• Bei wiederholter Verletzung wesentlicher Auflagen kann die Genehmigung
widerrufen werden.
• Begründete Beschwerden von Nachbarn/Nachbarinnen bzw. der
Bürgerpartei sind vom Unternehmen aufzuklären.
Den Parteien des Genehmigungsverfahren kommt das Recht zu, die Setzung
von Kontrollmaßnahmen bei der Behörde zu beantragen. Sie haben
Parteistellung in diesen Verfahren.
4.4. Änderung von Anlagen
Jede wesentliche Änderung einer genehmigungspflichtigen Anlage
(Kapazitätserweiterung, Betriebsweise, etc.) bedarf der Genehmigung.
Wesentlich ist jede Änderung, die geeignet ist neue oder zusätzliche
Gefährdungen oder Beeinträchtigungen auszulösen oder die - bei richtiger
Ausführung - zur Reduzierung der Umweltbelastungen führen kann (Sanierung
aus Anlaß von
Kapazitätserweiterungen).
4.5. Sanierung von Anlagen
Erweisen sich die Prognosen der Genehmigung als unrichtig, so sind
nachträgliche Auflagen zu erteilen (sofern nicht der besondere Fall des § 68
Abs. 3 AVG Widerruf wegen schwerer Schäden anzuwenden ist). Nachträgliche
Auflagen können auch von den drittbeteiligten Parteien beantragt werden. Sie
haben in diesen Verfahren Parteistellung.
Mindestens alle zehn Jahre sind Anlagen hinsichtlich der Vermeidung von
Beeinträchtigungen an den Stand von Wissenschaft und Technik anzupassen
(Dynamische Anpassung). Entsprechende VO - Ermächtigungen sind
vorzusehen.
5. Zuständigkeit, Entscheidungs - bzw. Kontrollkonzentration und
Machtausgleich
Für die Genehmigung und Kontrolle einer Anlage soll eine Behörde zuständig
sein, und zwar
• für Anzeigen und das ordentliche Verfahren in erster Instanz die BH und
in 2. Instanz der LH,
• für das UVP - Verfahren der LH und in zweiter Instanz ein hauptamtlicher
Bundes - Umweltsenat.
• Landesverwaltungsgerichte sind einzurichten.
Die Behörde hat das Umweltanlagengesetz und alle sonstigen für die
Genehmigung des Projektes maßgeblichen Genehmigungsvorschriften (sofern
sie nicht vom UAG zurückgedrängt wurden) anzuwenden.
Zum Ausgleich der Machtkonzentration sind die „verdrängten“ Behörden
rechtswirksam einzubinden (Parteistellung im Verfahren) und insgesamt wie
oben dargestellt eine Mitwirkung Betroffener vorzusehen.
Die oberste Behörde für das Verfahren ist der/die Umweltminister/in für Umwelt
(Jugend und Familie). (Hoheitlicher) Projektträger für (Bundes -) Straße, Bahn
und Flug wäre das Verkehrsministerium.
Die parlamentarischen Kontrolle über das dergestalt konzentrierte Verfahren
(Genehmigung und Kontrolle) sollte dem Parlament und sofern Landesrecht zur
Anwendung kommt (oder rechtswidrig nicht zur Anwendung kommt), zusätzlich
auch den Landtagen zukommen.
6. Koordination von Förderungsstelle und Genehmigungsbehörde
Bundes - Förderungsstellen wären neben ihren spezifischen Förderzielen an
den Grundsatz der Umweltvorsorge zu binden. Förderungszusagen sollten an
den positiven Abschluß des Genehmigungsverfahrens gebunden werden. Ein
gegenseitiges Stellungnahmerecht von Förderstelle und
Genehmigungsbehörde sollte
eingeräumt werden.
7. Privatrechtliche Vereinbarungen
Die Verhandlungsleitung sollte eine Manuduktionspflicht auch für
umweitrelevante privatrechtliche Vereinbarungen zwischen Projektant/en/in und
Betroffenen treffen, um die Einklagbarkeit der Zusagen sicherzustellen. Es
sollten freilich nur Vereinbarungen, die strenger als der öffentlich - rechtliche
Umweltschutzstandard sind, zulässig sein.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Umweltausschuss
vorgeschlagen.