1712/AB XXI.GP
Eingelangt am:07.03.2001
BUNDESMINISTER
FÜR SOZIALE SICHERHEIT UND GENERATIONEN
Ich beantworte die an mich gerichtete Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser betreffend
,,Lebensmittelkontrolle" Nr.1734/J, wie folgt:
zu Frage 1:
Derzeit besteht keine Absicht, auch nur eine der Bundesanstalten für Lebensmitteluntersuchungen
aufzulösen.
zu Frage 2:
Die Lebensmittelüberwachung obliegt dem Landeshauptmann in mittelbarer Bundesverwaltung (§ 35
Lebensmittelgesetz 1975). Über die Anzahl der dafür eingesetzten Aufsichtsorgane entscheidet das
Land.
zu den Fragen 3 bis 5:
Detaillierte Informationen über die Rechtsform der Prüflaboratorien in den anderen EU -
Mitgliedsstaaten sind nicht erforderlich. Wir müssen vielmehr die unter Beachtung der gesetzlichen
und organisatorischen
Gegebenheiten Österreichs bestmögliche Lösung finden. Diese
Lösung wird
innerhalb der von der Bundesregierung beschlossenen Errichtung einer Agentur für Ernährungssi -
cherheit zu implementieren sein. Wir werden uns jedoch soweit wie möglich an der Europäischen
Lebensmittelbehörde orientieren.
zu den Fragen 6 und 7:
Auch bei der Finanzierung der amtlichen Lebensmittelkontrolle ist auf die restriktiven budgetären
Rahmenbedingungen Bedacht zu nehmen. Wir haben uns daher der Herausforderung zu stellen, mit
den gegebenen personellen und budgetären Möglichkeiten ein Optimum für den Schutz der Gesund -
heit und der berechtigten Qualitätserwartung der Verbraucher zu leisten.
zu Frage 8:
Es ist nicht meine Aufgabe, Zensuren über die Lebensmittelkontrolle in anderen EU - Mitgliedsstaaten
zu erteilen. Unterlagen über das Kontrollbudget und die Kontrolldichte bzw. - frequenz in anderen
EU - Mitgliedsstaaten sind in meinem Ressort nicht vorhanden.
Zur Finanzierung der Lebensmittelüberwachung in der EU ist jedoch grundsätzlich festzuhalten,
dass auf Grund der völlig unterschiedlichen Strukturen der Lebensmittelüberwachung in den einzel -
nen Mitgliedstaaten, wie z.B.
- Finanzierung durch den Zentralstaat oder - in unterschiedlichem Ausmaß - von einzelnen Regionen
oder Bezirken
- Aufgaben der Lebensmittelkontrolle in den Mitgliedstaaten auf unterschiedliche Weise auf einzel -
ne Ministerien verteilt
- unterschiedliche (zusätzliche) Aufgaben der mit der Lebensmittelkontrolle beschäftigten Personen
in den einzelnen Mitgliedstaaten
die Kosten der Lebensmittelkontrolle nicht vergleichbar wären.
Gleiches gilt auch hinsichtlich der Personalressourcen; so sind auch innerhalb von Österreich die
mit der Lebensmittelkontrolle vor Ort betrauten Personen je nach Bundesland mit unterschiedlich
anderen Aufgaben
betraut.
Zu Frage 9:
Gemäß § 36 Abs. 1 des Lebensmittelgesetzes (LMG 1975) sind unter dem Gesichtspunkt einer
zweckmäßigen und wirksamen Kontrolle jeweils ifir das folgende Kalenderjahr Richtlinien über die
Vollziehung der Überwachung des Verkehrs mit den durch dieses Bundesgesetz erfassten Waren
(Revisions - und Probenplan) zu erlassen.
Der Revisions - und Probenplan für das Jahr 2001 ist die vierundzwanzigste derartige Richtlinie seit
Inkrafttreten des LMG 1975.
Die vorgegebene Mindestanzahl der Revisionen bringt zum Ausdruck, wie viele Revisionen je Bun -
desland mindestens durchgeführt werden sollen. Seit dem Jahr 1994 richtet sich die Anzahl der Re -
visionen nach der Anzahl der Betriebe im jeweiligen Bundesland. Jeder Betrieb eines Bundeslandes
sollte - statistisch gesehen - durchschnittlich mindestens einmal jährlich überprüft werden.
Die Entscheidung über die Häufigkeit der Betriebsrevisionen, bezogen auf den einzelnen Betrieb,
obliegt dem Landeshauptmann.
Die Zahl der amtlichen Proben ist der Kapazität der staatlichen Lebensmitteluntersuchungsanstalten
und den personellen Ressourcen der Lebensmittelaufsicht der Länder angepasst.
zu Frage 10:
Zu den einzelnen Bereichen sind folgende Feststellungen zu treffen bzw. werden folgende Maß -
nahmen geplant:
Bereich gentechnisch veränderte Lebensmittel (Zulassung, Kennzeichnung, Inverkehrbrin -
gen)
Die Zulassung, Kennzeichnung und das Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Lebensmit -
teln ist in der EG durch die Verordnung (EG) Nr.258/97 des Europäischen Parlaments und des Ra -
tes vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten geregelt. In
Ergänzung dazu bestehen noch detaillierte Regelungen für die Kennzeichnung wie die Empfehlung
der Kommission vom 29. Juli 1997 (97/618/EG) Neuartige Lebensmittel (Novel Food)zu den wis -
senschaftlichen
Aspekten und zur Darbietung der für Anträge auf Genehmigung des
Inverkehrbringens neuartiger Lebensmittel und Lebensmittelzutaten erforderlichen Informationen
sowie zur Erstellung der Berichte über die Erstprüfung gemäss der Verordnung (EG ) Nr.258/97
des Europäischen Parlaments und des Rates (Text von Bedeutung für den EWR).
Weiters anzuführen ist die Verordnung (EG) Nr. 1139/98 des Rates vom 26. Mai 1998 über Anga -
ben die zusätzlich zu den in der Richtlinie 79/112/EWG aufgeführten Angaben bei der Etikettierung
bestimmter aus genetisch veränderten Organismen hergestellter Lebensmittel vorgeschrieben sind,
die Verordnung (EG ) Nr.49/2000 der Kommission vom 10. Januar 2000 zur Änderung der Verord -
nung (EG ) Nr.1139/98 des Rates über Angaben, die zusätzlich zu den in der Richtlinie
79/112/EWG aufgeführten Angaben bei der Etikettierung bestimmter aus genetisch veränderten Or -
ganismen hergestellter Lebensmittel vorgeschrieben sind und die Verordnung (EG ) Nr. 50/2000 der
Kommission vom 10. Januar 2000 über die Etikettierung von Lebensmitteln und Lebensmittelzuta -
ten, die genetisch veränderte oder aus genetisch veränderten Organismen hergestellte Zusatzstoffe
und Aromen enthalten
Die innerstaatliche Durchführung der oben genannten Verordnungen (EG) Nr. 258/97, 1139/98 und
50/2000 erfolgte hinsichtlich
- der Verordnung (EG) Nr.258/97 in § 10 Abs. 3 Z 1 des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG 1975),
zuletzt geändert durch BGBl. I Nr.105/2000,
- der Verordnung (EG) Nr. 1139/98 durch BGBl. II Nr.372/1998 und
- der Verordnung (EG) Nr.50/2000 durch BGBl. II Nr.129/2000.
Die in der Verordnung (EG) Nr.258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten vorgesehenen Ver -
fahren für Lebensmittel und Lebensmittelzutaten aus genetisch veränderten Organismen stellen ins -
besondere auch auf die Lebensmittelsicherheit und den Schutz des Verbrauchers vor Täuschung ab.
Dem Drängen einiger Mitgliedstaaten - darunter auch Österreich - folgend, sind Produkte aus Gen -
Soja und Gen - Mais, die bereits vor Inkrafttreten der EG - Verordnung in Europa vermarktet wurden,
wie erstmalig zuzulassende „neuartige Lebensmittel ,‚ zu kennzeichnen".
Die Kennzeichnung ist nach Ansicht Österreichs noch nicht ausreichend geregelt. Es fehlt noch die
Kennzeichnungsvorschrift für genetisch veränderte oder aus genetisch veränderten Organismen her -
gestellte Zusatzstoffe
und Aromen als solche. Hier ist derzeit nur die Kennzeichnung von genetisch
veränderten oder aus genetisch veränderten Organismen hergestellten Zusatzstoffen und Aromen in
Lebensmitteln durch die Verordnung (EG) Nr 50/2000 vorgeschrieben, ausgelöst durch eine Notifi -
zierung Österreichs betreffend die Kennzeichnung von Zusatzstoffen und Aromen aus gentechnisch
veränderten Organismen. Eine Regelung für Zusatzstoffe und Aromen, die im notifizierten österrei -
chischen Verordnungsentwurf bereits vorgesehen war, wird derzeit in der Kommission erarbeitet
Bereich BSE:
Durch die obligatorische BSE - Untersuchung
• aller Rinder über 30 Monate Schlachtalter und
• aller Rinder über 20 Monate Schlachtalter, die notgeschlachtet werden oder zentralnervöse
Symptome zeigen
ist eine bestmögliche Sicherheit für den Konsumenten gewährleistet. Ich verweise weiters auf das
Tiermehl - Gesetz BGBl. I Nr.143/2000 samt der unlängst dazu vom Parlament beschlossenen Novel -
le.
Bereich Zusatzstoffe:
Die Zulässigkeit der Verwendung von Zusatzstoffen ist in der Gemeinschaft harmonisiert.
Zusatzstoffe werden vor ihrer Zulassung zu Lebensmitteln strengen toxikologischen Prüfungen
unterzogen.
Für die Aufnahme in eine Positivliste (Zulassung) muss für einen Lebensmittelzusatzstoff
zuerst seine gesundheitliche Unbedenklichkeit aber auch seine technologische Notwendigkeit
nachgewiesen werden.
Die Bewertung und Beurteilung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit wird von internationalen
wissenschaftlichen Gremien, z. B. der WHO (Weltgesundheitsorganisation), der FAO (Land -
wirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) und dem Wissenschaftlicher Lebensmittelaus -
schuss der EU vorgenommen. Eine Zulassung erfolgt erst dann, wenn eingehende - sich über
viele Jahre erstreckende Prüfungen durch diese Gremien die Unbedenklichkeit des entspre -
chenden Einsatzes
bestätigen.
In Österreich wurde bereits 1998 eine vom Institut für Ernährungswissenschaften der Universität
Wien durchgeführte Risikoabschätzung der Zusatzstoffbelastung der österreichischen Bevölkerung
(1998) durchgeführt. Diese hat ergeben, dass für den weitaus größten Teil der verwendeten Zusatz -
stoffe keine Aufnahmen befürchtet werden müssen, welche die derzeit festgelegten duldbaren Ta -
gesdosen überschreiten.
Die „life time exposures“ lagen für alle untersuchten Zusatzstoffe ausnahmslos unter den ADI (ac -
ceptable daily intake) - Werten.
Bei einigen wenigen Zusatzstoffen könnte unter Annahme des ,,Worst - case"- Szenarios (Verwen -
dung unrealistisch hoher Zusatzstoffkonzentrationen, die nicht den tatsächlich verwendeten entspre -
chen) bzw. unter Annahme sogenannter ,,high consumer" (überdurchschnittlich hoher Konsum eini -
ger weniger bestimmter Lebensmittel) eine Überschreitung des ADI - in bestimmten Altersgruppen -
auftreten.
Ein Beispiel dafür ist Schwefeldioxid, bei dem die lebenslange Aufnahme nach der genannten Risi -
koabschätzung ebenfalls unter dem festgelegten ADI - Wert liegt, bei einzelnen Erwachsenen (high
consumer) jedoch Überschreitungen des ADI theoretisch möglich sind, wobei sich an deren Schwe -
feldioxid - Aufnahme die Aufnahme von alkoholischen Getränken mit ihren (bekannt) beträchtlichen
Schwefeldioxid - Beiträgen widerspiegelt.
Bei diesen Zusatzstoffen spricht sich Österreich in den Beratungen zur Novellierung der Zusatz -
stoffrichtlinie der EU gegen jede weitere Ausdehnung der Verwendung aus und regt die Prüfung der
derzeit geltenden zulässigen Mengen an - wobei nochmals zu betonen ist, dass man auch bei jetzi -
gem Stand der Zulassungen dieser Stoffe keinesfalls von einer Gesundheitsgefährdung der österrei -
chischen Bevölkerung ausgehen kann.
Bereich Salmonellen:
Die Bekämpfung dieser Infektionen ist österreichweit wie international eine schwierige Aufgabe.
Der Grund liegt auch in einer sehr weiten Verbreitung in der Natur. In nahezu allen Tierarten aber
auch in
Oberflächenwässern können Salmonellen nachgewiesen werden.
Zur Bekämpfung wurde bisher neben den Maßnahmen im Veterinärbereich folgendes Maßnah -
menpaket auf dem Lebensmittelsektor geschaffen:
- Geflügel werden durch die Lebensmittelaufsicht im Rahmen des Proben - und Revisionsplanes
stärker beprobt;
- Spezieller Probennahmeplan für die Probenziehung auf statistischer Grundlage zur sicheren Er -
fassung kontaminierter Geflügelchargen;
- Hühnereierverordnung mit der Vorbereitung zur Kühllagerung und mit Vorschriften für die
Herstellung von Lebensmittel mit rohen Hühnereiern.
- Eiprodukteverordnung (Hygienebestimmungen für Herstellung und Produkte);
- Lebensmittelhygieneverordnung (gilt für alle Betriebe z.B. für Küchen und Restaurants) u.a. ei -
ne Eigenkontrolle der Betriebe und Schulung des Personals;
- Leitlinie für Großküchen mit Hinweisen zum Umgang mit Geflügel und Eiern für die Verant -
wortlichen von Großküchen;
- Leitlinien für die Gastronomie mit Hinweisen zur Vermeidung von Lebensmittelvergiftungen;
- Broschüre „Lebensmittelvergiftungen: Wie man sich schützt“; zur Information der Konsumen -
ten (Bisher wurden mehr als 400.000 Stück kostenlos abgegeben.)
- Herausgabe eines Informationsblattes für Küchenpersonal in verschiedenen Sprachen (serbisch,
kroatisch, türkisch, chinesisch, deutsch);
Seit 1993 konnte ein Rückgang der Erkrankungsfälle Salmonellose verzeichnet werden.
Bereich Importprodukte:
Der Landeshauptmann hat gemäß Revisions - und Probenplan dafür Sorge zu tragen, dass der Anteil
der von den Aufsichtsorganen zu ziehenden Proben nichtösterreichischer Herkunft dem tatsächli -
chen Warenangebot angepasst ist und bei der Probenziehung prozentuell entsprechend berücksich -
tigt wird.
Im Jahr 1999 wurden 43.781 amtliche Proben gezogen. Davon entfielen 10.534 Proben auf auslän -
dische Waren. Die
Daten für das Jahr 2000 werden komplett voraussichtlich im Mai 2001
vorliegen.
zu Frage 11:
Hier gelten EU - weit die Deklarationsgrenzen für mit gentechnisch veränderten Organismen verun -
reinigte Lebensmittel, wie sie in der Verordnung (EG ) Nr.1139/98 des Rates vom 26. Mai 1998
über Angaben, die zusätzlich zu den in der Richtlinie 79/1 12/EWG aufgeführten Angaben bei der
Etikettierung bestimmter aus genetisch veränderten Organismen hergestellter Lebensmittel vorge -
schrieben sind, nämlich der festgesetzte Prozentsatz von höchstens 1 % der jeweils einzeln betrach -
teten Lebensmittelzutaten oder Lebensmittel. Bei einer zufälligen Verunreinigung mit (in der EG
zugelassenem) Material aus genetisch veränderten Organismen unter 1 % ist derzeit eine Kenn -
zeichnung nicht vorgeschrieben.
zu Frage 12:
Durch das Österreichische Lebensmittelbuch III, Codex - Richtlinie zur Definition der ,,Gentechnik -
freiheit", Absatz 8, erfolgt eine Kontrolle der Warenströme für gentechnikfreie Lebensmittel in A -
nalogie zu den Regelungen für die biologische Landwirtschaft, die eine lückenlose Dokumentati -
onspflicht vorsieht. Von der Codexrichtlinie sind keine Stellen vorgegeben, die Kontrolle kann aber
freiwillig durch Kontrollstellen erfolgen. Eine Kontrolle im Sinne der Codex - Richtlinie erfolgt je -
denfalls im Rahmen der Kontrollen von Lebensmitteln durch den Landeshauptmann (Lebensmit -
telaufsicht).