3491/AB XXI.GP

Eingelangt am: 25.04.2002

BM für Verkehr, Innovation und Technologie

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3549/J-N R/2002 betreffend widersprüchliche Aussagen
von VertreterInnen der Regierungsparteien zur Frage “Sensibler Zonen", die die Abgeordneten
Lichtenberger, Freundinnen und Freunde am 28. Februar 2002 an mich gerichtet haben, beehre ich
mich wie folgt zu beantworten:

Frage 1:

Ist bereits gesichert, dass eine konkrete Regelung zur Frage der Sensiblen Zonen rechtzeitig zum
Zeitpunkt Ende 2003 europarechtlich verankert sein wird, wenn ja, mit welchem genauen Inhalt und
welchem Inkrafttretensdatum?

Antwort:

Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, kündigt die Europäische Kommission in ihrem “Weißbuch zur
europäischen Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft" die Vorlage eines
Rahmenvorschlages für die Tarifierung der Infrastruktur an, der insbesondere durch die Schaffung
der Möglichkeit der Internalisierung aller externen Umwelt-, Unfallfolge- und Staukosten sowie der
Querfinanzierung alternativer Verkehrsträger eine verursachergerechte Kostenanlastung des
Straßengüterschwerverkehrs verwirklichen soll.

Die europarechtliche Verankerung sensibler Zonen und der damit verbundenen Folgeregelungen
wird somit in einer neuen EU-Wegekostenrichtlinie erfolgen. Die Kommission hat angekündigt,
dass sie einen diesbezüglichen Richtlinienentwurf längstens bis zum September 2002 vorlegen
wird.

Im Sinne der umfassenden Gewährleistung des Schutzes von Mensch und Umwelt vor den
negativen Auswirkungen insbesondere des Straßengüterschwerverkehrs werde ich wie schon
bisher mit allem Nachdruck dafür eintreten, dass die Kommission einen entsprechenden Vorschlag
so rasch wie möglich vorlegt und die Anwendung dieser Gemeinschaftsrechtsvorschriften ohne
Verzögerung sichergestellt wird.


Frage 2:

Ist bereits gesichert, dass die Entscheidungsbefugnis für die Abgrenzung Sensibler Zonen, Höhe
der dort zulässigen Mauten bzw. Mautzuschläge und Verwendung der dort eingehobenen Mauten
a) in Österreich liegen wird oder b) in diesen Fragen nicht gegen Österreichs Position
beschlossen werden kann?

Antwort:

Aufgrund des Initiativrechts der Kommission für die Vorlage von Vorschlägen für Gemeinschafts-
rechtsvorschriften ist der Vorschlag für die konkrete Ausgestaltung der Regelung, wie über die
Abgrenzung sensibler Bereiche bzw. über die Höhe und die Verwendung dort zulässiger Maut-
zuschläge entschieden wird, der angekündigten Richtlinie vorbehalten.

Ich kann Ihnen versichern, dass ich im Rahmen der Verhandlungen über diesen Vorschlag im
Hinblick auf die umfassende Sicherstellung der Berücksichtigung der österreichischen Anliegen
dafür eintreten werde, dass ein möglichst großes Maß an Entscheidungsfreiheit bei den
betroffenen Mitgliedstaaten bleibt.

Fragen 3,4 und 6:

Welche Schritte im einzelnen wurden bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung wann und auf
Grundlage welcher schriftlichen Positionen gesetzt, um a) eine konkrete Regelung zur Frage der
Sensiblen Zonen bis Ende 2003 europarechtlich zu verankern, b) die Entscheidungsbefugnis für
Abgrenzung Sensibler Zonen, Höhe der dort zulässigen Mauten bzw. Mautzuschläge und
Verwendung der eingehobenen Mauten in Österreich zu halten?

Welche klaren Bekenntnisse der Bundesregierung - wie etwa Regierungsbeschlüsse - zu
Sensiblen Zonen a) liegen mit welchem genauen Inhalt/Wortlaut vor, b) sind für welchen Zeitpunkt
in Aussicht genommen?

Können Sie garantieren, dass Österreich auf Regierungsebene eine Querfinanzierung zugunsten
von Umweltprojekten in Sensiblen Zonen a) innerstaatlich beschließen und b) europaweit alles
Erdenkliche zur Umsetzung dieses Beschlusses unternehmen wird?

Antwort:

Im Zusammenhang mit der österreichischen Position in der Frage der Festlegung “sensibler
Zonen" und der Klärung der Frage der Entscheidungsbefugnis über die Definition eines Gebietes
als “sensibel" möchte ich zunächst auf die bilaterale Arbeitsgruppe Österreich/Kommission zur
Langfristlösung der Transitverkehrsproblematik hinweisen, die - in enger Einbindung der
österreichischen Bundesländer durch die “Informationsplattform Transit" - im Hinblick auf die
Sicherstellung der spezifischen Anliegen Österreichs im Rahmen ihrer Tätigkeit stets die
Bedeutung der Definition sensibler Gebiete und der damit in unmittelbarem Zusammenhang
stehenden Fragen, wie insbesondere auch der grundsätzlichen Zulässigkeit der Querfinanzierung,
für Österreich hervorgehoben hat.

Ich möchte an dieser Stelle auch darauf hinweisen, dass ein im Rahmen dieser Arbeitsgruppe
erarbeiteter, auf der von Ihnen zitierten “Expertise zur Inkludierung des Konzepts der sensiblen
Gebiete in die neue Wegekostenrichtlinie der EU" aufbauender Vorschlag für eine Definition
sensibler Gebiete der Kommission - wie Sie wissen - bereits übergeben wurde. Dieser enthält


nicht nur ein sehr konkretes Konzept für die Abgrenzung sensibler Gebiete, sondern auch für das
Verfahren zur Ermittlung dieser Zonen, das die Berücksichtigung der österreichischen Interessen
gewährleistet.

Es liegt nun an der Kommission, einen konkreten Vorschlag für die zukünftige EU-Wegekosten-
richtlinie vorzulegen, was von Österreich bei mehreren bi- und multilateralen Anlässen eingefordert
wurde. Wie schon erwähnt, hat die Kommission angekündigt, einen diesbezüglichen Richtlinien-
entwurf längstens bis zum September 2002 vorzulegen.

Erlauben Sie mir, in diesem Zusammenhang auch auf einen Brief des Herrn Bundeskanzlers
Dr. Wolfgang Schüssel an den spanischen Ministerpräsidenten und amtierenden Ratsvorsitzenden
Jose Maria Aznar vom Februar d. J. hinzuweisen, in dem der Herr Bundeskanzler sowohl betont,
dass “Österreich erwartet, dass die Europäische Kommission - wie in ihrem Weißbuch
angekündigt - ohne weitere Verzögerung eine Rahmenrichtlinie vorschlägt, mit der für alle
Verkehrsträger die Grundsätze der Tarifierung der Infrastrukturnutzung sowie die Gebühren-
struktur festgelegt werden", als auch ausdrücklich fordert, dass die Erträge daraus “zur
Finanzierung von Maßnahmen verwendet werden können, die zur Verringerung oder zum
Ausgleich der externen Kosten dienen."

Fragen 5 und 7:

Ist bereits gesichert, dass eine in einer Sensiblen Zone bzw. in den darin liegenden Korridoren
eingehobene höhere Maut im jeweiligen Gebiet für Umweltprojekte verwendet werden muss, und
wenn ja, durch welche verbindliche Vereinbarung o.a.?

Ist es zutreffend, dass im Fall eines Zustandekommens einer wie auch immer dimensionierten
“Sensiblen Zone Alpen", die den derzeitigen Geltungsbereich der Brennermaut mit einschließt, ein
Teil dieser Maut “zur Querfinanzierung des (Brenner-)Basistunnels verwendet werden muss"?

Antwort:

Derzeit darf gemäß der geltenden Richtlinie 99/62/EG die Höhe von Mautgebühren die Kosten der
Infrastruktur nicht übersteigen. Einer Verwendung von Mautgebühren für andere Zwecke als zur
Kostendeckung dieser Infrastruktur sind daher sehr enge Grenzen gesetzt. In der kommenden
neuen Richtlinie sollen gemäß dem Weißbuch der Kommission aber in bestimmten sensiblen
Bereichen höhere Mautsätze zulässig werden, deren Verwendung für Maßnahmen im Bereich
dieser sensiblen Zonen vorgesehen sein wird. Eine verbindliche europarechtliche Festschreibung
dieser Bestimmungen wird, wie schon erwähnt, in der genannten EU-Richtlinie erfolgen.

Sobald durch den Beschluss dieser neuen EU-Richtlinie die Anrechnung erhöhter Mautgebühren
in sensiblen Zonen, zu denen mit hoher Sicherheit die alpinen Regionen Österreichs und somit
auch der Brenner zählen wird, zulässig ist, können Erträge aus dieser erhöhten Maut für
Maßnahmen bzw. Projekte zum dauerhaften Schutz dieser sensiblen Bereiche vor verkehrs-
bedingten Belastungen verwendet werden. Der Brenner-Basistunnel ist sicher ein Vorhaben, das
zu solchen Maßnahmen zu zählen ist

Frage 8:

Welche Untersuchungen liegen Ihnen zu Umweltwirkungen eines Brenner-Basistunnels im einzelnen

mit welchen zentralen Inhalte und Aussagen vor?


Antwort:

In der 1. Erkundungsphase für den Brenner Basistunnel wurden bisher folgende Untersuchungen
durchgeführt:

•    Geophysikalische Untergrunderkundungen (Reflexions-, Refraktionsseismik, Gravimetrie),

•    9 Erkundungsbohrungen bis 718 m Tiefe in bisher bekannten Schlüsselzonen,

•    Geologisch-tektonische Oberflächenkartierungen im gesamten Trassenkorridor zwischen
Innsbruck und Franzensfeste,

•    Hydrogeologische Kartierung und Dokumentation von wasserwirtschaftlich bedeutenden
Wasservorkommen im gesamten Trassenkorridor.

Alle diese Untersuchungen dienten dazu, die geologischen, geotechnischen und hydro-
geologischen Verhältnisse im Trassenkorridor aufzuzeigen, um eine angepasste Trassenwahl
vornehmen zu können.

Auf Grund der bisher vorliegenden Ergebnisse sind unter dem Alpenhauptkamm abschnittsweise
wasserführende Gesteinsformationen zu erwarten.

Frage 9:

Ist es zutreffend, dass der Brenner-Basistunnel “kommt, daran ändert auch der Rücktritt von
Monika Forstinger nichts?", und welche konkreten, verbindlichen Belege für die baldige
Realisierung dieses Großbauprojektes über diverse unverbindliche Absichtserklärungen etc.
hinaus können Sie dafür anführen?

Antwort:

Der Brenner-Basistunnel hat nichts mit dem Rücktritt meiner Vorgängerin zu tun. Dieses Projekt ist
Teil einer langfristigen Strategie zur Bewältigung des Nord-Süd-Verkehrs durch die Alpen, deren
erster und dringendster Schritt der viergleisige Ausbau zwischen Wörgl und Baumkirchen im
Unterinntal ist. Mit dem Bau dieses Abschnittes wird noch in diesem Jahr - voraussichtlich im
Oktober - begonnen werden.

Frage 10:

Ist es zutreffend, dass für den Brenner-Basistunnel “145 Mio. € an Planungskosten im
Infrastrukturpaket budgetiert" wurden, wie in der Tiroler Krone vom 20.2.2002 unter Bezugnahme
auf NR Hakl festgehalten?

Antwort:

Der Generalverkehrsplan sieht in jeder Phase die Finanzierung der Planungen für die Projekte der
nächsten Phasen vor, so dass nach Schaffung der jeweiligen Finanzierungsmöglichkeiten
unverzüglich mit der Umsetzung der Projekte begonnen werden kann. In diesem Sinne sind im
Paket 1a insgesamt 327 Mio. € für Planungsarbeiten enthalten. Einen wesentlichen, im Detail noch


festzulegenden Betrag (ca. 22,5 Mio €) aus diesem Ansatz wollen wir schon demnächst in die
“EWIV Brenner-Basistunnel" (Phase
II) zur Weiterführung der Planungen und Bauvorbereitungen
einbringen.

Frage 11:

Ist es zutreffend, dass die derzeit vorliegende Fassung des Generalverkehrsplans zum Brenner-
Basistunnel eine Summe von 1,45 Mrd. € ohne konkrete Festlegung des Verwendungszwecks
enthält?

Antwort:

Im Generalverkehrsplan ist eine Summe von 1,45 Mrd. € für den Bau des Brenner-Basistunnels
vorgesehen. Bei Gesamtbaukosten, die für die Erstellung des Generalverkehrsplans mit ca. 3,65
Mrd. € angesetzt wurden, und einem Beitrag der EU in der präsumtiven Höhe von 20 % verbleiben
ca. 2,90 Mrd. €, die sich je zur Hälfte auf Italien und Österreich aufteilen, soferne es nicht gelingen
sollte, Beiträge von Dritten einzubeziehen.

Frage 12:

Ist es zutreffend, dass nach Ihren Aussagen zum Generalverkehrsplan für Infrastrukturwünsche
keine Finanzierung über 2006 stehe und konkrete Zahlen dafür noch nicht auf dem Tisch seien,
somit der im GVP zur Gänze in Paket 2 und im Zeitraum “nach 2021" enthaltene Brenner-
Basistunnel unverändert ohne Finanzierungsgrundlage ist?

Antwort:

Unter der Annahme, dass die Finanzierung aus einem gegenüber heute unverändertem SchlG-
Modell ohne Querfinanzierung und ohne Beiträge von Dritten erfolgen müsste, ist eine frühere
Realisierung nicht möglich; diese konservative Annahme liegt vorsichtshalber dem General-
verkehrsplan zugrunde. Wir bemühen uns aber gemeinsam mit unseren italienischen Nachbarn
um eine Sonderfinanzierung für dieses europäische Schlüsselprojekt, welche privates Kapital und
EU-Gelder mit einschließt und eine effektive Querfinanzierung von der Straße zur Schiene
ermöglicht. Eine den Belastungen von Mensch und Umwelt entsprechende Kostenbelastung des
Straßenverkehrs kann nicht nur entscheidend zur Finanzierung dieses Projekts beitragen, sondern
stellt auch die entsprechende Verkehrsverlagerung auf die Schiene sicher, damit der Tunnel vom
Verkehr auch angenommen wird.