3707/AB XXI.GP
Eingelangt am: 12.06.2002
BM für Inneres
Die Abgeordneten zum Nationalrat Rudolf Parnigoni und
GenossInnen haben am 19. April
2002 unter der Nr. 3800/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage
betreffend
"Wiederbetätigungsszenen
auf der Kärntner Straße" gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Zu Frage 1:
Gemäß Art. 11 Abs. 1 der Europäischen
Menschenrechtskonvention haben alle Menschen
das Recht sich friedlich zu versammeln. Die Ausübung dieser Rechte darf
gemäß Art. 2 leg.
cit. keinen anderen
Einschränkungen unterworfen werden als den vom Gesetz
vorgesehenen, die in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der
nationalen und
öffentlichen Sicherheit,
der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung,
des Schutzes der Gesundheit
und der Moral oder des Schutzes der Rechte und Freiheiten
anderer notwendig sind. Die
BPD Wien ging in ihrer Prognoseentscheidung davon aus, dass
durch die angezeigte Demonstration weder die öffentliche Sicherheit noch
das öffentliche
Wohl gefährdet werden und deren Zweck auch nicht den Strafgesetzen
zuwiderläuft.
Zu Frage 2:
Ca. 180 Personen.
Zu Frage 3:
Einige der identifizierten Personen konnten rechtsextremen Organisationen, u.a. der
ehemaligen VAPO, zugeordnet werden.
a.) Auf einem Videofilm war die Wiener Landtagsabgeordnete JERUSALEM zu
erkennen,
b.) Ja.
Zu Frage 4:
Die
Präventivmaßnahmen der zuständigen Fachabteilungen des
Bundesministeriums für
Inneres und der Bundespolizeidirektion Wien inkludierten die Kontrolle der von
der Szene
verwendeten Kommunikationsmitteln wie Internet, Infotelefone usw. Die daraus
resultierenden Erkenntnisse haben zur taktischen Abstimmung des exekutiven
Einsatzes
wesentlich
beigetragen.
Zu Frage 5:
Das übermittelte Video ist der Bundespolizeidirektion Wien bekannt.
Zu Frage 6:
Es gingen ca. 80 Personen nach der Veranstaltung am Heldenplatz durch die Kärntner
Straße.
Zu Frage 7:
Nein.
Zu den Fragen 8 und 10:
Zum Zeitpunkt der auf dem Video erkennbaren Szenen im
Bereich der Kämtnerstraße
wurde der Demonstrationszug von zwei Kriminalbeamten der Staatspolizei
begleitet. Diese
Anzahl war ausreichend. Eine Gruppe von 20 bis 25 Personen wurde von zwei
Sicherheitswachebeamten im Zuge ihres Streifendienstes wahrgenommen, als diese
den
Abgang zur U-Bahn
Stephansplatz benutzte.
Zu Frage 9:
Es entspricht nicht den Tatsachen, dass kein
Exekutivbeamter während der auf dem Video
erkennbaren
Ausschreitungsszenen eingriff.
Unmittelbar nachdem die Teilnehmer begannen “Hier
marschiert der nationale Widerstand"
zu skandieren, versuchten die
Kriminalbeamten dieses strafbare Verhalten durch Einwirkung
auf einen der Demonstrationsteilnehmer im Schlussbereich des Zuges
einzustellen. Da ein
Einwirken am Zugsende keinen Erfolg brachte und von den Teilnehmern ignoriert
wurde,
gelang es den Beamten nach erreichen der Zugsspitze die dort marschierenden
Teilnehmer
von einem weiteren Skandieren von Parolen abzuhalten. Dies geschah etwa 50 Meter
vor
dem Abgang der U-Bahnstation Stephansplatz. Ab diesem Zeitpunkt wurden
keinerlei
weitere Parolen mehr skandiert. Auch die Entsendung von Sicherheitswachebeamten
wurde
im Wege der Einsatzzentrale veranlasst. Dieser Einsatz wurde jedoch widerrufen,
da sich
die Demonstranten bereits mit der U-Bahn entfernt hatten.
Das oben erwähnte Einwirken eines Kriminalbeamten auf
einen der Kundgebungsteilnehmer
ist auf Video, welches von Abgeordneten PARNIGONI zur Verfügung gestellt
wurde,
dokumentiert. Weiters ist der Funkspruch über den vorerst erfolglosen
Versuch, das
strafbare Verhalten einzustellen, auf einem Audio-Band dokumentiert, welches
erforderlichenfalls vorgelegt
werden kann.
Zu den Fragen 11 und 12:
Die gegenständlichen Vorkommnisse wurden bereits
“gerichtsanhängig" gemacht und
konnten bis dato 28 Teilnehmer des Zuges durch die Kärntner Straße
ausgeforscht und
bereits
größtenteils einvernommen werden.
Zu Frage 13:
Versammlungen bilden einen Anlass für den
“Großen Sicherheits- und Ordnungsdienst"
(GSOD), da es sich um ein Ereignis handelt, welches ein polizeiliches
Einschreiten großen
Stils erforderlich macht. Die Vorbereitung des Einsatzes erfolgt dabei nach
Führungsgrundsätzen, welche für die Erfüllung des Ziels
einen hohen
Wahrscheinlichkeitsgrad bilden sollen. In diesem Zusammenhang sind die Gesetze
die
Grundlagen jeden
polizeilichen Handelns und sind neben diesen Vorgaben auch die
Grundsätze der
Verhältnismäßigkeit und des Mindesteingriffs, insbesondere bei
der
Anwendung unmittelbaren Zwangs, wesentliche Determinanten.
Die
Bundespolizeidirektion Wien führt in jedem Anlassfall des GSOD eine
Beurteilung der
Lage durch und versucht
hieraus das folgerichtige Ergebnis in der Form des Entschlusses
zu ziehen. Das Wesen der Lagebeurteilung ist vielfältig und zahlreiche
Kriterien (wie
insbesondere Anlass,
Rechtslage, Ort, Teilnehmer udgl.) sind hierbei zu berücksichtigen.
Aufgrund des Entschlusses ergeht der Durchführungs- bzw. Ablaufplan unter
bestmöglicher
Nutzung der vorhandenen
Einsatzkräfte und -mittel mit dem Ziel der Hintanhaltung von
Personen- und Sachschäden sowohl auf der Seite der Exekutive als auch auf
der Seite der
Bevölkerung. Über Details dieser Maßnahmen kann aus
polizeitaktischen Gründen keine
Auskunft gegeben werden.
Zu Frage 14:
Eine diesbezügliche Beurteilung fällt nicht in meinen Aufgabenbereich.
Zu Frage 15:
Ja.