3792/AB XXI.GP

Eingelangt am: 01.07.2002

Bundeskanzler

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Einem und Genossinnen haben am 30. April
2002 unter der Nr. 3819/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betref-
fend “Österreichplattform" gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1:

Ziel der “Österreichplattform" ist es, den Österreicherinnen und Österreichern ein
Dialog- und Diskussionsforum zum Thema “EU-Erweiterung" zur Verfügung zu stel-
len, Im Rahmen dieses Dialogforums soll eine umfangreiche und offene Diskussion
zu allen Aspekten der EU-Erweiterung stattfinden.

Zu Frage 2:

Ja, da durch die Aktivitäten der Österreichplattform es gelungen ist, eine breite Öf-
fentlichkeit mit Themen der EU-Erweiterung zu konfrontieren.

Zu Frage 3:

Die Gesamtkosten der Österreichplattform inkl. der von der Wirtschaftskammer
Österreich und der Industriellenvereinigung anteilsmäßig übernommenen Geldmittel
haben sich auf € 1.417.120 (ATS 19,500.000,--) belaufen.

Zu Frage 4:

Ja. Diese Feststellung ergibt sich aus dem Eurobarometer (November 2001), das
eine Steigerung der Unterstützung der EU-Erweiterung um 13% auf 46% im Ver-
gleich zum Frühjahr 2001 ausweist.

Weiters konnte das subjektive Informationsniveau von Sommer 2001 bis Jahresende
2001 um 8% auf 46% gesteigert werden. (Fessel/GFK Ostmonitor 3. Welle 2001).
Letzte Umfragen zeigen, dass mittlerweile 64% der Österreicherinnen für eine
EU-Erweiterung sind.


Zu Frage 5:

Es wurde ein Rahmenvertrag mit der Agentur Ogilvy & Mather nach Durchführung
eines Verhandlungsverfahrens nach den Bestimmungen des Bundesvergabege-
setzes als Bestbieter am 23. Mai 2002 zur Unterstützung der Informationstätigkeit
der Bundesregierung zum Thema “EU-Erweiterung" abgeschlossen.

Zu Frage 6:

Eine Relaunch der bestehenden Homepage der Österreichplattform wird inhaltlich
einen Teil der Informationsmaßnahmen und -Veranstaltungen enthalten und nach
erfolgter Abstimmung der Maßnahmen zu gegebener Zeit auf der Homepage ab-
gefragt werden können.

Zu Frage 7:

Zwischen Juli und November 2001 wurde Im Rahmen der Österreichplattform in fünf
ganztägigen Veranstaltungen (NÖ/Gmünd, Ktn./Klagenfurt, Bgld./Oberwart, Stmk./
Grass St. Florian und Sbg./Stadt Salzburg) das Thema EU-Erweiterung den Öster-
reicherinnen und Österreichern näher gebracht.

Ich habe in den vergangenen Monaten zahlreiche Besuche in den Grenzregionen zu
den Kandidatenländern gemacht und dabei mit Schülern, Gewerbetreibenden,
Bauern und Unternehmern Fragen der EU-Erweiterung diskutiert. Auf Ebenen der
Fachminister haben z.B. der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt
und Wasserwirtschaft, der Innenminister, die Außenministerin und der Justizminister
mit ihren Kollegen aus den Kandidatenländern gemeinsame Treffen In den
Grenzregionen zur Erörterung erweiterungsrelevanter Fragen durchgeführt, auch
zahlreiche Parlamentarier und Abgeordnete aus den Landtagen führen regelmäßig
Informationsveranstaltungen durch.

Zu den Fragen 6 und 9:

Es wird auf die Beantwortung der Frage 84 bis 86 der parlamentarischen Anfrage

Nr. 3394/J vom 13. Februar 2002 verwiesen.

Zu Frage 10:

Die Kosten wurden durch das Bundeskanzleramt getragen.

Zu Frage 11:

Bei den absolvierten Veranstaltungen konnten durch einen offenen und umfassen-
den Dialog sowohl Chancen und Risiken diskutiert als auch Vorschläge und Ideen
der Bevölkerung in die Informationsvermittlung einbezogen werden.

Zu Frage 12:

Bei allen Veranstaltungen der Österreichplattform waren Vertreter der Länder/Ge-
meinden direkt in die Organisation und Durchführung eingebunden und standen
außerdem als Vortragende zur Verfügung.

Zu Frage 13:

Die Möglichkeit der Einreichung von Projekten wurde bereits bei dem ersten der re-
gelmäßig stattfindenden Netzwerkpartner-Treffen am 2. April 2001, bei dem u.a. alle
Bundesländer eingeladen waren, bekannt gemacht. Sitzungs-Protokolle wurden an
alle versandt.


Zu den Fragen 14 und 15:

Es wurden im Rahmen der “Österreichplattform" keine Projekte gefördert, sondern es
wurden für die Durchführung konkreter Informationsmaßnahmen im Rahmen der Um-
setzung einzelner Projekte Werkverträge abgeschlossen.

Die Werkvertragnehmer sind zahlreiche unterschiedliche Organisationen, deren
Spektrum vom österreichischen Pensionistenverband, dem Seniorenbund, der
WKÖ, den Büchereien Wien oder dem Klimabündnis Österreich, bis hin zu
Organisationen wie dem Regionalmanagement Burgenland oder Radio Orange
reicht. Aufgrund der zahlreichen Einzelprojekte ist eine detaillierte Auflistung jedes
Einzelprojekts nicht möglich.

Zu Frage 16:

Da seitens des Bundeskanzleramtes keine Förderverträge abgeschlossen wurden,

Ist die Frage nach den Auswahlkriterien obsolet (siehe Beantwortung zu Frage 15).

Zu Frage 17:

Für die oben angeführten Projekte wurden insgesamt € 690.391 (9,5 MioS)
aufgewendet, wobei ca. die Hälfte durch die Wirtschaftskammer Österreich und je ein
Viertel durch die Industriellenvereinigung sowie das Bundesministerium für
auswärtige Angelegenheiten getragen wurden.

Zu den Fragen 18 und 19:

Die Erweiterung der Union ist im Interesse Österreichs, sowohl politisch als auch

wirtschaftlich. Daher unterstützt die Bundesregierung den Erweiterungsprozess, der

mittlerweile auch von einer großen Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher

begrüßt wird.

Was die Kosten der Finanzierung anbelangt wollen wir die in Berlin festgesetzten

Mitgliedsbeiträge von 1,27% des Bruttosozialprodukts unterschreiten; Zielgröße sind

rund 1,1% des BSP an EU-Beiträgen bis zum Ende der Finanzperiode.

Zu Frage 20.

Bereits von der Öffnung der Märkte der Kandidatenländer hat Österreich profitiert.
Die zukünftige Erweiterung der EU wird das Wirtschaftswachstum in den MOEL
beschleunigen, was der Europäischen Union und insbesondere für Österreich
Vorteile bringen wird. Gemäß WIFO-Makromodell könnte die Erweiterung zusätzliche
Wachstumsimpulse von 0,75% des BIP kumuliert auf 5 Jahre schaffen, das
entspricht dem Volumen einer Steuersenkung. Ferner wird die Erweiterung einen
zusätzlichen Anstieg der unselbständig Beschäftigten um 27.500 bis 2010 mit sich
bringen.


Zu Frage 21:

Österreich hat bereits in der Vergangenheit vom Liberalisierungsprozess sowie der
Öffnung der Märkte in den Kandidatenländern profitiert. Die Kandidatenländer Mittel-
und Osteuropas waren bereits in den neunziger Jahren ein entscheidender Motor für
die Exportentwicklung Österreichs und konnte über mehrere Jahre hinweg vor allem
bei Exporten in die unmittelbar angrenzenden Nachbarländer sowie Polen
zweistellige Zuwachsraten verzeichnen. Der Anteil der Exporte in die
Kandidatenländer nahm von etwa 7% (1990) auf über 13% zu. Die Kandidatenländer
gehören somit zu den wichtigsten Handelspartnern Österreichs.

Österreichs Exportunternehmen haben die Chancen der Ostöffnung und der
zunehmenden Integration der Kandidatenländer in hohem Maße genutzt, innerhalb
von 10 Jahren verdreifachten sich die Exporte in die 10 Kandidatenländer Mittel- und
Osteuropas. Aus dem im Vergleich zu den Importen rascheren Exportwachstum
konnte Osterreich seine Handelsbilanz kontinuierlich verbessern. Zwischen 1998 bis
2001 lag der jährliche Handelsbilanzüberschuss bei rd. 1,9 Mrd. €.

Mit der weitgehenden Beseitigung der Barrieren für ausländische Direktinvestitionen
und andere Formen des Kapitalverkehrs intensivierten sich die Kapitalströme für
Direktinvestitionen in die mittel- und osteuropäischen Kandidatenländer.

Österreichs Unternehmen haben sich sehr rasch auch in Form von Direktin-
vestitionen in den Kandidatenländern engagiert und gehören zu den wichtigsten
Investoren.

Der Bestand der österreichischen Direktinvestitionen in den 10 Kandidatenländern
Mittel- und Osteuropas erreichte laut WIFO Mitte 2001 über 7 Mrd. €.

Insgesamt hat Österreich bereits jetzt in hohem Maße von der Ostöffnung profitiert.
Mit Hilfe eines makroökonomischen Modells wurden vom WIFO die gesamt-
wirtschaftlichen Auswirkungen der Ostöffnung auf Österreich in den Jahren 1989 bis
1997 geschätzt. Über diese Periode kumuliert trug diese zum realen Anstieg des BIP
in Österreich 3,3% bei. Die Zahl der durch die Ostöffnung bis 1997 zusätzlich
unselbständig Beschäftigten ist um 1,9% bzw. 57.000 gestiegen.

Zu den Fragen 22 bis 24:
Ä
hnliche Umverteilungsmechanismen gibt es auch in Österreich, etwa den
Finanzausgleich. Die Strukturfonds und der Kohäsionsfonds erfüllen in der EU die
Rolle eines Finanzausgleichs. Es handelt sich aber nicht um eine reine Umverteilung
ex post. Vielmehr soll durch gezielte Förderung der regionalen und nationalen
Entwicklung der Empfänger (Wachstumspolitik) zum Abbau der wirtschaftlichen und
sozialen Disparitäten beigetragen werden - dies mit dem Ziel, dass der Bedarf nach
derartigen Ausgleichsmaßnahmen zumindest langfristig geringer werden sollte.