3903/AB XXI.GP

Eingelangt am: 19.07.2002

BM für Justiz

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen
haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend “Gewinnspiele über Rechtsanwalt
Jürgen Maul im Auftrag von Friedrich Müller" gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1, 3 bis 8:

Der Belästigung von Konsumenten durch irreführende Gewinnzusagen Einhalt zu
gebieten, ist mir und meinem Ressort ein besonderes Anliegen. Der Verein für Kon-
sumenteninformation wird seit 1999 von meinem Ressort mit der Übernahme mehre-
rer Kostendeckungszusagen bzw Führung von Verbandsklagen gegen derartige
Versandhäuser -darunter auch Friedrich Müller- beauftragt.

Bei Jürgen Maul handelt es sich nicht um einen in Österreich eingetragenen Rechts-
anwalt. Jürgen Maul ist in Frankfurt am Main (Deutschland) als Rechtsanwalt einge-
tragen.

Soweit Jürgen Maul im Rahmen des grenzüberschreitenden freien Dienstleistungs-
verkehrs gemäß §§ 2 ff EuRAG vorübergehend in Österreich tätig geworden ist, un-
terliegt er gemäß § 7 EuRAG der Aufsicht der zuständigen Rechtsanwaltskammer
und der Disziplinarbehandlung durch den Disziplinarrat und die Oberste Berufungs-
und Disziplinarkommission in sinngemäßer Anwendung des Disziplinarstatuts für
Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (DSt). Im Hinblick darauf wird von der
Rechtsanwaltskammer Wien das Vorliegen eines disziplinären Tatbestandes über-


prüft. Ferner hat auch die Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main mitgeteilt, dass
ihr die Angelegenheit bereits zur Kenntnis gelangt sei und sie diese verfolgen werde.

Im März 2002 hat der Rechtsanwaltsverein gegen die Wiener EVD Direktverkauf AG
eine Unterlassungsklage eingebracht. Am 8. Mai 2002 hat die belangte Gesellschaft
vor dem Handelsgericht Wien eine Unterlassungserklärung abgegeben. Demnach
darf das Unternehmen ab sofort keine Gewinnzusagen des Anwaltes Jürgen Maul
ohne Angabe dessen Berufsorganisation versenden.

Weiters wurden Beschwerden, in denen etwa im Zusammenhang mit der Einhebung
von Organisationskostenbeiträgen der Vorwurf des Betruges erhoben wurde, gemäß
§ 84 Abs. 1 StPO an die Oberstaatsanwaltschaft Wien weitergeleitet.

Die von der Staatsanwaltschaft Wien in der Folge veranlassten Erhebungen ergaben
jedoch, dass das zur Durchführung der Gewinnspiele verwendete Prospektmaterial
zwar geeignet war, leicht zu Missverständnissen und unberechtigten Gewinnhoff-
nungen Anlass zu gegeben, sich jedoch aus dem Prospektmaterial für einen ver-
ständigen Leser eine strafrechtlich relevante Täuschung über einen objektivierbaren
Tatsachenkern nicht ableiten ließ. Weiters wurden im Falle von rechtzeitigen und
den Teilnahmebedingungen entsprechenden Gewinnanforderungen tatsächlich Ge-
winne zur Ausschüttung gebracht.

Zu 2, 13, 14 und 17:

Im  Hinblick auf die bereits von der Rechtsanwaltskammer Wien eingeleiteten

Schritte ersuche ich Sie um Verständnis, dass ich hier der Beurteilung dieser
Rechtsfragen durch die nach § 7 EuRAG, BGBI. l Nr. 27/2000, zuständigen inländi-
schen Disziplinarorgane nicht vorgreifen möchte.

Zu 9 und 10:

Es liegen bereits einige gerichtliche Entscheidungen vor, in denen Verbraucherinnen

und Verbrauchern Ansprüche auf der Grundlage des § 5j Konsumentenschutzgesetz
zugesprochen worden sind. Darüber hinaus hat der Oberste Gerichtshof in einigen
Fällen Vorabentscheidungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof anhängig
gemacht. Der Ausgang dieser Verfahren sollte jedenfalls abgewartet werden, ehe
die Frage nach einem weiteren legislativen Handlungsbedarf, der über die schon
geltende Bestimmung des § 5j Konsumentenschutzgesetz hinausgeht, geklärt wer-
den kann.


Zu 11, 12 und 21:

Wie auch im Fall anderer Unternehmen, welche Konsumenten mit irreführenden

Gewinnzusagen belästigen, habe ich den Verein für Konsumenteninformation beauf-
tragt, gegen zwei Gewinnspielvarianten des Versandhandels Friedrich Müller vorzu-
gehen. Es wurde ein Verfahren gegen Friedrich Müller wegen einer Bargeldzusage
gekoppelt mit der möglichen Auswahl von vier Gewinnen angestrengt. Weiters wur-
de eine Unterlassungsklage gegen das von Ihnen angesprochene Gewinnspiel, bei
welchem Konsumenten ohne vorherige Zustimmung durch Tonbandanrufe belästigt
werden, gemäß § 28a KSchG wegen Verstößen gegen das Fernabsatzgesetz ein-
gebracht.

Zu 15:

Das Bundesministerium für Justiz ist seit längerem darum bemüht, Mehrwertdienste

einer strengeren Kontrolle zuzuführen.

Zu 16:

Diese internen Abläufe sind dem Bundesministerium für Justiz nicht bekannt.

Zu 18 bis 20:

Laut Mitteilung der Österreichischen Notariatskammer wurden an diese im Zusam-
menhang mit Aussendungen der Firmen EVD bzw. Friedrich Müller Versand bereits
zahlreiche Beschwerden und Anfragen von Konsumenten herangetragen. Aus den
der Österreichischen Notariatskammer diesbezüglich vorliegenden Unterlagen ergibt
sich der Name eines vorgeblichen Notars "Hubert Einfalt". In Österreich gibt es we-
der einen öffentlichen Notar noch einen Notariatskandidaten dieses Namens.

Von der Österreichischen Notariatskammer bzw. der Notariatskammer für Wien,
Niederösterreich und Burgenland wurde in diesem Zusammenhang bereits Strafan-
zeige erstattet sowie eine wettbewerbsrechtliche Überprüfung des Sachverhaltes
durchgeführt.

Weiters haben die Österreichische Notariatskammer sowie die Notariatskammer für
Wien, Niederösterreich und Burgenland - obwohl ein in diese Angelegenheit invol-
vierter österreichischer öffentlicher Notar namentlich nicht ermittelt werden konnte -
die Standesmitglieder in mehreren Rundschreiben eindringlich aufgefordert, Aufträge
von Klienten für die Beurkundung von Vorgängen der gegenständlichen Art sorgfältig


zu prüfen und dann abzulehnen, wenn die Beurkundung der Erlangung eines Wett-
bewerbsvorteils dienen dürfte.

Hinsichtlich der Verwendung des Logos des österreichischen Notariates im Zusam-
menhang mit angeblich notariell beurkundeten Verlosungen im Werbeauftritt des
Friedrich Müller Versandes wird von der Österreichischen Notariatskammer eine Un-
terlassungsklage eingebracht.

Zu 22:

Das erste von mir angeführte Verfahren gegen Friedrich Müller auf Grundlage des

§ 5 j KSchG endete bedauerlicherweise sowohl in erster als auch in zweiter Instanz
für den Konsumenten mit Klagsabweisung. Aufgrund der Tatsache, dass Friedrich
Müller tatsächlich einen Gewinn zuerkennt (in der Regel eine Reise) und im Hinblick
auf die Aufmachung der Aussendung verneinten die Gerichte die Irreführungseig-
nung und somit die Anwendbarkeit des § 5j KSchG. Beim zweiten Verfahren handelt
es sich wie erwähnt um ein Verbandsklagsverfahren auf Grundlage des
§ 28a KSchG.

Zu 23 und 24:

Bisher wurden im Rahmen des Werkvertrages mit dem VKI sieben Verfahren zum

Thema Gewinnzusagen anhängig gemacht. Fünf Verfahren davon wurden in unmit-
telbarem Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des § 5j KSchG eingeleitet. Im Vor-
feld zu diesen Klagen wurde vom VKI eine Datenbank erstellt und daraus die be-
schwerdereichsten Versandunternehmen ermittelt. Diese fünf Verfahren werden auf
Grundlage des § 5j KSchG geführt und hängen aufgrund ihrer kollisionsrechtlichen
Implikationen von der Entscheidung des EuGH in der - ebenfalls von mir anhängig
gemachten - Rechtssache Gabriel gegen Schlanker Schick ab. Sofern in diesem
Fall ein österreichischer Gerichtsstand vom EuGH bejaht wird, werden diese Verfah-
ren in absehbarer Zeit in Österreich geführt werden. Die anderen beiden Verfahren
wurden von mir oben bereits erwähnt.

Zu 25 und 26:

Wenn auch in Deutschland erfreulicherweise auf Grundlage des § 661a BGB eben-
falls gegen Versender von Gewinnzusagen vorgegangen werden kann, so wird man
diesem Problem meines Erachtens erst dann schlagkräftig entgegentreten können,
wenn eine europaweite Regelung gefunden wurde. Aus diesem Grunde hat sich Ös-


terreich beim EU-Rat Binnenmarkt, Verbraucherfragen und Tourismus am 21. Mai
d.J. im Rahmen der Diskussion über den Verordnungsvorschlag der Europäischen
Kommission über Verkaufsförderung im Binnenmarkt für eine gemeinsame Vor-
gangsweise in Anlehnung an § 5j KSchG ausgesprochen.

Wie bereits erwähnt, sind derzeit beim Europäischen Gerichtshof einige, von öster-
reichischen Gerichten initiierte Vorabentscheidungsverfahren anhängig. Der Aus-
gang dieser Verfahren sollte jedenfalls abgewartet werden. Sollte es sich im Übrigen
zeigen, dass die hier in Rede stehenden unredlichen und unseriösen Gewinnspiele
europäische Dimensionen angenommen haben, so werde ich nicht anstehen, damit
die Kommission (der das Initiativrecht in den Europäischen Gemeinschaften zusteht)
zu befassen.