4269/AB XXI.GP
Eingelangt am: 08.11.2002
DER BUNDESMINISTER
FÜR JUSTIZ
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Christine Lapp,
Kolleginnen und Kollegen
haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend “Entwurf einer
Urheberrechtsge-
setz-Novelle
2002" gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 bis 3:
Es
ist richtig, dass in dem Ministerialentwurf einer Urheberrechtsgesetz-Novelle
2002 eine neue freie Werknutzung für behinderte Menschen zur Diskussion
gestellt
wurde, die sich in ihrer konkreten Ausformulierung an § 45a des deutschen
Referen-
tenentwurfs für ein Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der
Informationsge-
sellschaft
orientiert.
In
Hinblick auf die im Begutachtungsverfahren von Interessensvertretungen behin-
derter Menschen vorgebrachten Bedenken gegen ein Abstellen auf die
"sinnliche
Wahrnehmbarkeit" und den Umstand, dass zwischenzeitig auch in § 45a
dUrhG in
der Fassung der deutschen Regierungsvorlage auf das Kriterium der mangelnden
"Zugänglichkeit" abgestellt wurde, wird ein Anknüpfen an
dieses Kriterium auch für
das österreichische Recht zu erwägen sein, zumal die Ergebnisse des
Begutach-
tungsverfahrens insgesamt die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit einer eigenen
freien
Werknutzung für behinderte Menschen bestätigen.
Zu 4 und 5:
Es gehört zum Wesen des Urheberrechts als geistiges
Eigentum, dass der Sachei-
gentümer eines konkreten Werkstückes mit dem Erwerb dieses
Stückes gerade
nicht die dem Urheber vorbehaltenen Verwertungsrechte
erwirbt. Vielmehr hat sich
auch der Sacheigentümer der dem Urheber vorbehaltenen Nutzungen - wie der
Ver-
vielfältigung des Werkstückes, der Verbreitung der
Vervielfältigungsstücke oder ver-
schiedener Formen der öffentlichen Wiedergabe - zu enthalten.
Die vorgeschlagene Vergütungspflicht stellt somit weder
eine Benachteiligung be-
hinderter Menschen noch eine "doppelte Entgeltlichkeit", sondern
einen - vor dem
Hintergrund des in Art. 5 Abs. 5 Info-RL normierten Drei-Stufen-Tests auch
gebote-
nen - Ausgleich für die mit der freien Werknutzung dem Urheber entzogenen
Ver-
botsrechte
dar.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das mit der
freien Werknutzung verfolgte
Anliegen nicht mit einer Kompensation zugunsten behinderter Menschen
begründet
werden kann, zumal vom Rechteinhaber nicht generell verlangt werden kann, Son-
deropfer für Behinderte zu bringen. Außerdem könnten allzu
weitreichende Ausnah-
men die Anreiz- und Verteilungsfunktion des Urheberrechts für behinderte
Menschen
beeinträchtigen und eine allenfalls funktionierende kommerzielle
Produktion von
Werken in für Behinderte zugänglichen Formaten erschweren oder gar
verhindern.
Im Übrigen sieht auch der von der deutschen
Bundesregierung vorgeschlagene
§ 45a dUrhG eine vergleichbare
Vergütungspflicht vor.
Zu 6:
Mitglieder der "Urheberrechtsplattform" haben sowohl vor der Versendung des
Ministerialentwurfs
die Gelegenheit wahrgenommen, Mitarbeitern der zuständigen
Fachabteilung des Bundesministeriums für Justiz ihre Anliegen in
Gesprächen dar-
zulegen, als auch im Rahmen des Begutachtungsverfahrens Stellungnahmen abge-
geben. Im Übrigen darf auf die Antworten zu den Fragen 1. bis 5. verwiesen
werden.