637/AB XXI.GP

 

B e a n t w o r t u n g

 

 

der Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen

betreffend Entschließung XX. GP zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes

(Nr. 629/J)

 

Zur vorliegenden Anfrage führe ich Folgendes aus:

 

Vorweg wird darauf hingewiesen, dass die führende Zuständigkeit für das

Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) dem Bundesminister für Justiz zukommt.

 

Vorauszuschicken ist, dass das FMedG nach einer länger dauernden und sorgfältig

geführten fachlichen und rechtspolitischen Diskussion vom seinerzeitigen Gesetzgeber

bewußt restriktiv gefasst wurde. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes sind an die

beteiligten Ressorts vereinzelt Anregungen zu einer Änderung - meist im Hinblick auf eine

Liberalisierung des FMedG - herangetragen worden, deren rechtspolitische Grundlagen

bereits Gegenstand der parlamentarischen Willensbildung waren. Diese rechtspolitischen

Entscheidungen sind im Wesentlichen auch vom Verfassungsgerichtshof geprüft worden.

 

Neu sind demgegenüber die Anregungen, die auf eine Änderung des FMedG zur

Ermöglichung der Aufbewahrung von Gameten für eine künftige Fortpflanzung

krebskranker Patienten hinauslaufen.

 

Im Hinblick darauf, dass das FMedG bereits nahezu ein Jahrzehnt in Geltung steht, halte

ich es für angebracht, erneut in geeigneter Weise auch die grundsätzlichen Fragen der

Fortpflanzungsmedizin auf breiter Basis öffentlich zu diskutieren und werde gemeinsam

mit dem Bundesminister für Justiz diesbezügliche Aktivitäten setzen.

 

Zu den Fragen 1 bis 3:

 

Ich halte die bloß einjährige Aufbewahrungsfrist, aber auch die engen Voraussetzungen

für die medizinisch unterstützte Fortpflanzung grundsätzlich für nicht geeignet, den

Bedürfnissen vor allem junger krebskranker Patienten nach Fortpflanzung zu

entsprechen. Ich stehe daher voll hinter dem der Entschließung betreffend § 17 FMedG

(E 189) zugrundeliegenden Gedanken.

 

Im Bundesministerium für Justiz wurden auch bereits vorbereitende Gespräche mit

Experten und Vertretern meines Ressorts geführt. Nach Abklärung eines allfälligen

weiteren Reformbedarfs werden durch das Bundesministerium für Justiz unter

Einbindung meines Ressorts legislative Vorschläge zur Umsetzung der Entschließung

189 ausgearbeitet worden, diese im Rahmen eines allgemeinen

Begutachtungsverfahrens zur Diskussion gestellt und gegebenenfalls eine

Regierungsvorlage vorbereitet werden.

 

Zu den Fragen 4 bis 7 und 9:

 

Die Aufbewahrung von Samen oder Eizellen, soweit letztere machbar ist, begegnet in

der rechtspolitischen Diskussion keinen ethischen Gegenargumenten, soweit sie nicht

zur Zeugung eines Kindes nach dem Tod der biologischen Eltern führt. Fraglich ist

allerdings, ob es erlaubt werden soll, Samen und Eizellen auch über das natürliche

Zeugungsfähigkeitsalter der betreffenden Personen hinaus aufzubewahren, weil durch

solche Möglichkeiten der meiner Meinung nach doch bedeutsame Gesichtspunkt der

Subsidiarität der Fortpflanzungsmedizin gegenüber der natürlichen Methode der

Fortpflanzung stark verkürzt würde.

 

Zur Erwägung könnte aber gestellt werden, dass es das Fortpflanzungsmedizingesetz

ermöglichen sollte, Samen und Eizellen auf den Wunsch krebskranker Patienten hin

etwa bis zur Erreichung der in § 4 Abs. 1 Z 1 IVF - Fonds - Gesetz, BGBl. Nr. 180/1999,

vorgesehenen Altersgrenzen (Vollendung des 40. Lebensjahres bei der Frau,

Vollendung des 50. Lebensjahres beim Mann) aufzubewahren.

 

Was die Aufbewahrung befruchteter Eizellen betrifft, so muss ich darauf hinweisen, dass

diese Frage in der grundsätzlichen rechtspolitischen Diskussion zu einer besonderen

Sensibilisierung geführt hat, insbesondere weil eine weit gehende Möglichkeit der

Zeugung und Aufbewahrung zu sog. „überzähligen Embryonen“ führen kann. Der

Unterschied der Erfüllung des aktuellen Wunsches auf Fortpflanzung eines Paares und

dem Wunsch eines krebskranken Patienten auf Aufbewahrung seiner Gameten liegt ja

darin, dass der Krebspatient seine Fortpflanzung nicht zum aktuellen Zeitpunkt, sondern

zu einem ungewissen, in der Zukunft liegenden Zeitpunkt wünscht, und im Hinblick auf

das mögliche Auseinanderbrechen der Paarbeziehung zum Zeitpunkt der Einlagerung

von Gameten noch nicht klar sein wird, mit welchem anderen Partner die Fortpflanzung

angestrebt wird. Ich bin daher skeptisch, ob die Schaffung einer Möglichkeit, auch

Embryonen längerfristig aufzubewahren - abgesehen von den ethischen Problemen - der

in der Entschließung E 189 angesprochenen Interessenslage überhaupt gerecht wird.

 

Zu Frage 8:

 

In der rechtspolitischen Diskussion hat der Umstand eine gewisse Bedeutung erlangt,

dass die Verwendung des Samens von Spendern dazu führen könnte, dass eine

allfällige Blutsverwandtschaft weniger als bisher bekannt ist und es ungewollt zur

Fortpflanzung zwischen nahen Angehörigen kommen könnte. Die Rechtsordnung der

verschiedenen Staaten versucht daher, die Entstehung von Kindern ein und desselben

Samenspenders zu beschränken. Meines Erachtens ist der vom österreichischen Gesetz

gewählte Weg der Verwendung des Samens des selben Spenders in höchstens drei

Ehen oder Lebensgemeinschaften zielführender und überdies den Kinderwünschen der

betroffenen Paare entsprechender als eine absolute Obergrenze an Geburten.

 

Zu Frage 10:

 

Vorbehaltlich der noch zu führenden rechtspolitischen Diskussion stehe ich einer

Verwendung von Gameten eines Wunschelternteils nach dem Tod dieser Person

skeptisch gegenüber. Die Verwendung von Gameten, die von einer dritten Person

(Spender) stammen, nach deren Tod erscheint mir hingegen - entsprechend kurze

Aufbewahrungszeiten vorausgesetzt - wenig problematisch.

 

Zu Fragen 11 und 12:

 

Im Rahmen des Leitungskomitees des Europarates für Bioethik werden derzeit

internationale Regelungen, auch zu Fragen der Fortpflanzungsmedizin, ausgearbeitet.

An den Arbeiten beteiligen sich nicht nur die Mitgliedstaaten des Europarates, sondern

auch die Europäische Union, Australien, Kanada, der Heilige Stuhl, Japan und die

Vereinigten Staaten von Amerika. Im Hinblick darauf, dass die Interessenslage schon

innerhalb der Mitgliedstaaten des Europarates uneinheitlich ist, wird eher ein

internationales Instrument, das einen Mindestschutzstandard regelt, als ein die

Rechtslage darüber hinaus harmonisierendes Instrument zu erwarten sein.