197 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Bericht

des Immunitätsausschusses


über das Ersuchen der Bezirkshauptmannschaft Feldbach (GZ 15.1-1999/5489, 5490, 5491, 5492, 4897, 2942, 2144) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abge­ordneten zum Nationalrat Ernst Fink

Die Bezirkshauptmannschaft Feldbach ersucht mit Schreiben vom 16. Mai 2000, GZ 15.1-1999/5489, 5490, 5491, 5492, 4897, 2942, 2144, eingelangt am 23. Mai 2000, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ernst Fink wegen des Verdachtes einer Verwaltungs­übertretung nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz im Zusammenhang mit dem Verein zur Förderung der Erwerbstätigkeit arbeitsuchender Personen “Steirische Joboffensive”.

Der Immunitätsausschuss hat dieses Ersuchen in seiner Sitzung am 8. Juni 2000 in Verhandlung gezogen und mehrstimmig beschlossen, dem Nationalrat zu empfehlen, festzustellen, dass ein Zusammenhang zwischen der behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Ernst Fink besteht, sowie einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ernst Fink nicht zuzustimmen.

Der Immunitätsausschuss stellt als Ergebnis seiner Beratungen den Antrag, der Nationalrat wolle be­schließen:

1. In Behandlung des Ersuchens der Bezirkshauptmannschaft Feldbach vom 16. Mai 2000, GZ 15.1-1999/
5489, 5490, 5491, 5492, 4897, 2942, 2144, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeord­neten Ernst Fink wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der dem Abgeordneten zum Nationalrat Ernst Fink zur Last gelegten Verwaltungsübertretung und der politischen Tätigkeit des genannten Abgeordneten besteht.

2. Einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ernst Fink wird nicht zugestimmt.

Wien, 2000 06 08

                               Rosemarie Bauer                                                                    Jakob Auer

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann

 


Minderheitsbericht

der Abgeordneten

Anton Gaál, Heinz Gradwohl, Georg Oberhaidinger

gemäß § 42 Abs. 4 GOG

zum Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Bezirkshauptmannschaft Feldbach um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten Ernst Fink

Das Bundessozialamt Steiermark hat im Zeitraum vom 5. März 1999 bis 19. November 1999 der Bezirks­hauptmannschaft Feldbach – Gewerbeamt Sachverhaltsdarstellungen übermittelt, in denen im Wesent­lichen mitgeteilt wurde, dass der Verein Steirische Job-Offensive, dessen Proponent der Abgeordnete Fink ist, Inserateinschaltungen und Vermittlungsaktivitäten für Arbeitsuchende setzt, obwohl die hierfür nötige gewerberechtliche Berechtigung nicht mehr vorliege.

Es handelt sich dabei um mehrere Verfahren, die zusammengefasst wurden.

Die Steirische Job-Offensive hatte zunächst eine befristete Ermächtigung zur privaten Arbeitsvermittlung bekommen, jedoch auf Grund von Nichterfüllung von Auflagen diese Berechtigung wieder verloren. Seit 1998 ist Abgeordneter Fink mit seiner Steirischen Jof-Offensive trotz Kenntnis der nicht mehr vor­liegenden Berechtigung dennoch der privaten Arbeitsvermittlung weiter nachgegangen.

Darüber hinaus hat der Verein öffentliche Förderungen bekommen, die bei privaten Arbeitsvermittlungen nur im Rahmen des Förderungszweckes verwendet werden dürfen; diese widmungsgemäße Verwendung konnte vom Verein nicht nachgewiesen werden.

In seiner Stellungnahme verwies Abgeordneter Fink auf Artikel 57 Abs. 3 B-VG, wonach im Rahmen der außerberuflichen Immunität Mitglieder des Nationalrates wegen einer strafbaren Handlung nur dann behördlich verfolgt werden dürfen, wenn diese offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der poli­tischen Tätigkeit des betreffenden Abgeordneten steht.

Die sozialdemokratische Parlamentsfraktion hat in der Debatte auf den Umstand aufmerksam gemacht, dass jede gewerberechtliche Aktivität eines Abgeordneten nur dann rechtmäßig gesetzt werden kann, wenn der Abgeordnete über die notwendigen Genehmigungen oder die vom Gesetz vorgeschriebenen Fähigkeiten verfügt. Keinesfalls kann ein Hinweis auf politisches Interesse eines Abgeordneten die gewerberechtlichen Genehmigungen ersetzen.

Abgeordneter Fink wurde seit längerer Zeit durch die Behörde auf das Fehlen der gewerberechtlichen Genehmigung betreffend seine Aktivitäten durch den Verein Steirische Job-Offensive hingewiesen.

Für die sozialdemokratischen Abgeordneten steht es daher außer Frage, dass diese gewerbsmäßige Aktivi­tät des Abgeordneten Fink in keinem politischen Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Abgeordneter steht.

Die Argumentation der ÖVP, dass jeder Abgeordnete sich bemühe, in seinem Wahlkreis Arbeitsplätze zu schaffen oder zu vermitteln, zeigt das Missverständnis noch deutlicher auf: Naturgemäß ist es auch eine typische Aktivität für Abgeordnete, Arbeitsplätze zu schaffen oder zu vermitteln. Allerdings ist es für 182 Abgeordnete klar, dies einfach zu tun, nur Abgeordneter Fink sieht sich bemüßigt, daraus eine gewerbs­mäßige Aktivität zu entwickeln, ohne die dafür geltenden Rechtsgrundlagen als für ihn bindend anzu­erkennen. Vielmehr ist er der Überzeugung, dass er als Abgeordneter sich um solche Rechtsgrundlagen nicht kümmern muss, da er unter dem Schutz der Immunität Recht brechen kann.


Diese Einzelmeinung ist für sich schon bedenklich. Mehr als bedenklich und den Rechtsstaat verhöhnend wird es aber, wenn die Abgeordneten der FPÖ und ÖVP aus falsch verstandener Loyalität durch ihre Beschlussfassung im Immunitätsausschuss das Verhalten des Abgeordneten Fink befürwortend zur Kenntnis nehmen.

Das Stimmverhalten von FPÖ und ÖVP bedeutet nämlich, dass in Zukunft jeder Abgeordnete, wenn er sich für eine Sache politisch interessiert, diese gewerbsmäßig ausüben kann, ohne dass für ihn die Rechtsvorschriften gelten, die für alle anderen Staatsbürger gelten.

Ein neues Abgeordnetenprivileg wurde somit durch die Regierungsfraktion geschaffen.

 


Abweichende persönliche Stellungnahme

der Abgeordneten Dr. Madeleine Petrovic

gemäß § 42 Abs. 5 GOG

betreffend den Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Bezirkshauptmannschaft Feld­bach (GZ 15.1-1999/5489, 5490, 5491, 5492, 4897, 2942, 2144) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ernst Fink

Die Bezirkshauptmannschaft Feldbach hat die Auslieferung des Abgeordneten Fink beantragt; die Fülle der ange­führten Aktenzahlen weist daraufhin, dass offenbar zahlreiche Verfahren angestrebt werden. Gegenstand dieser Verfahren ist die Frage der Erfüllung der Voraussetzungen für die Ausübung der gewerblichen Arbeitsvermittlung bzw. die Erfüllung der seitens der Behörde gesetzten Auflagen.

Das Bundessozialamt Steiermark hat im Zeitraum vom 5. März 1999 bis 19. November 1999 der Bezirks­hauptmannschaft Feldbach – Gewerbeamt Sachverhaltsdarstellungen übermittelt, in denen im Wesent­lichen mitgeteilt wurde, dass der Verein Steirische Job-Offensive, dessen Proponent der Abgeordnete Fink ist, Inserateinschaltungen und Vermittlungsaktivitäten für Arbeitssuchende setzt, obwohl die hierfür nötige gewerberechtliche Berechtigung nicht mehr vorliege.

Seitens der VertreterInnen der Regierungsparteien wurde gegen die Auslieferung des Abgeordneten argu­mentiert, dass die Vermittlung von Arbeitskräften zum politischen Aufgabenbereich von Abgeordneten gehöre, dass sich der Abgeordnete Fink auch medial im Sinne des Anliegens der Senkung der Arbeits­losigkeit geäußert habe und dass zahlreiche Abgeordnete auf Ersuchen von BürgerInnen gelegentlich Tätigkeiten ausüben, die ansonsten in den Aufgabenbereich der Arbeitsvermittlung fallen. Darüber hinaus hätte der Abgeordnete Fink in letzter Zeit Tätigkeiten nicht mehr als Unternehmer, sondern als Obmann eines gemein­nützigen Vereins ausgeübt.

Völlig unbestritten fällt es in den Tätigkeitsbereich von politischen MandatarInnen, Anliegen aus ihrem Wahlkreis bzw. aus ihren Ressortbereichen aufzugreifen und nach Möglichkeit zu erfüllen; so können sich Abgeordnete selbstverständlich um das berufliche Schicksal von Menschen, die sich an sie wenden, kümmern, Kontakte zwischen Arbeitssuchenden und möglichen ArbeitgeberInnen herstellen oder Rat­schläge im Hinblick auf Verbesserung von Berufsqualifikationen, Kurse usw. erteilen. Wenn jedoch der­artige Tätigkeiten nicht nur aus Gefälligkeit, gelegentlich und auf Ersuchen von BürgerInnen geschehen, sondern im Rahmen einer planmäßigen, gewerbsmäßigen Berufsausübung – in welcher Rechtsform auch immer –, so haben Abgeordnete selbstverständlich dieselben Voraussetzungen zu erfüllen wie alle anderen StaatsbürgerInnen, also den Voraussetzungen der Ausübung eines Gewerbes zu entsprechen bzw. behördliche Auflagen im Zusammenhang mit der Gewerbeausübung zu erfüllen.

Ein Sonderrecht für PolitikerInnen, eine Ausnahme von den ansonsten geltenden Normen und Vor­schriften stellt ein gefährliches Präjudiz in Richtung neuer Sonder-Privilegien für politische Mandatar­Innen dar. Besonders bedenklich ist es, wenn ein Angehöriger einer Regierungspartei derartige Privilegien beansprucht, da es einer parlamentarischen Mehrheit ja stets unbenommen wäre, die gesetzlichen Voraus­setzungen zur Ausübung bestimmter Berufe und/oder Gewerbe dahingehend abzuändern, dass der Zugang erleichtert bzw. gesetzliche Barrieren abgebaut werden. Dies müsste allerdings dann für alle Normunter­worfenen gelten und nicht nur für Abgeordnete von Regierungsparteien.

Ein allgemeines politisches Interesse an einer bestimmten Materie bzw. mediale Äußerungen zu einem bestimmten Gegenstand sind völlig ungeeignet, eine mangelnde Berufsberechtigung zu ersetzen. Mit dem­selben Argument könnte die unterfertigte Abgeordnete, die sich nachweislich stets für Tierschutzmaterien interessiert hat, eine Berufsausübung im Zusammenhang mit Tieren für sich reklamieren (Betrieb einer Tierhandlung, Tierärzte usw.).


Mit dem gleichen Recht könnten MandatarInnen, die etwa Kritik an den Normen betreffend Aufenthalt und Beschäftigung von AusländerInnen in Österreich üben, für sich reklamieren, in Hinkunft in ihrem Betrieb ausländische Arbeitskräfte ohne Beschäftigungsbewilligung anzustellen, da sie das als Teil ihrer politischen Aufgabenerfüllung betrachten würden. Im Ausschuss wurden zahlreiche weitere Beispiele und mögliche negative Folgewirkungen aufgezählt (zB Lenken von Fahrzeugen ohne entsprechende Voraus­setzungen, gewerbliche Beförderungsdienste ohne behördliche Berechtigung usw.).

Auch die Rechtfertigung, dass die Tätigkeit des Abgeordneten Fink zuletzt im Rahmen eines gemein­nützigen Vereins ausgeübt worden sei, kann nicht vom Erfordernis der Erbringung der entsprechenden Berufsberechtigungen bzw. der Erfüllung behördlicher Auflagen befreien. Auch hier wird ein Sonder-Privilegienrecht für politische MandatarInnen geschaffen. Die unterfertigte Abgeordnete erinnerte im Ausschuss daran, dass sich der Nationalrat mehrfach mit der Frage der Ausübung von Tätigkeiten, die normalerweise zum Aufgabenbereich von Gewerbebetrieben gehören, im Rahmen eines gemeinnützigen Vereines beschäftigt hat. So wurde im Hinblick auf das Anbieten von Speisen und Getränken im Rahmen von Kultur-, Sport- und/oder AusländerInnenvereinen stets eine sehr restriktive Haltung vertreten. Auch gemeinnützige Vereine müssen den Nachweis des Vorliegens entsprechender Berufsvoraussetzungen (zB für das Gastgewerbe) erbringen; Ausnahmen davon sind nur in einem überaus eng definierten Rahmen möglich. Es mutet befremdlich an, dass berechtigte Gewerbebetriebe zwar gegenüber einer Konkurrenz durch Publikumsvereine ohne Gewerbebefugnis geschützt werden, nicht jedoch gegenüber Vereinen, die dem politischen Interesse eines Mandatares entspringen und de facto genau dasselbe tun.

Aus den genannten Gründen kann die unterfertigte Abgeordnete dem Beschluss des Ausschusses auf Nichtaufhebung der Immunität des Abgeordneten Fink nicht zustimmen.