436 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 24. 1. 2001

Bericht

des Finanzausschusses


über die Regierungsvorlage (393 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Punzierung und Kontrolle von Edelmetallgegenständen (Punzierungsgesetz 2000) erlassen und das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 geändert wird


Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll in Umsetzung der derzeit bundesweit laufenden Aufgaben­reform der staatlichen Verwaltung die bisher von den Punzierungsbehörden wahrgenommene Aufgabe der Kontrolle und Punzierung von Edelmetallgegenständen an die Erzeuger und Händler von Edelmetall­gegenständen übertragen werden und die staatlichen Funktionen im Wesentlichen auf die Vornahme von Marktkontrollen zur Wahrung des Konsumentenschutzes beschränkt werden.

Derzeit wird die obligatorische Prüfung und Punzierung von Edelmetallgegenständen durch die staatlichen Punzierungsämter in erster und das Hauptpunzierungs- und Probieramt in zweiter Instanz wahrgenommen. Nach dem vorliegenden Entwurf entfällt nun die Überprüfung und Punzierung von Edelmetallgegenständen mit der amtlichen Feingehaltspunze durch die Punzierungsbehörden. Vielmehr obliegt es nun den Erzeugern und Händlern von Edelmetallgegenständen für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften, insbesondere für die Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen und am Edelmetallgegenstand angegebenen Feingehalte durch die eigenständige Vornahme von Prüfungen zu sorgen.

Durch die Anbringung von beim Bundesministerium für Finanzen registrierten Verantwortlichkeitspun­zen und die Ausstellung von Bescheinigungen wird die Identifikation des für die Prüfung und Punzierung des Edelmetallgegenstandes Verantwortlichen ermöglicht. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften wird durch Marktkontrollen überprüft, welche von dem Bundesminister für Finanzen unterstehenden Punzierungskontrollorganen vorgenommen werden.

Obwohl ein System der Eigenpunzierung durch die Erzeuger und Händler selbst in Verbindung mit den vorgesehenen Marktkontrollen nicht das gleiche Ausmaß an Kontrolle gewährleistet, wie dies auf Grund der zwingenden Vorlage zur Überprüfung und Punzierung an die Punzierungsämter möglich war, wird durch die vorgesehenen Regelungen ein ausreichender Schutz des Konsumenten sichergestellt.

Im vorliegenden Entwurf sind zur Sicherstellung des Konsumentenschutzes regelmäßige Marktkontrollen vorgesehen, in deren Rahmen Probenziehungen und Feingehaltsprüfungen der zum Verkauf angebotenen Edelmetallgegenstände und die Überprüfung der von den Erzeugern und Händlern angewandten Prüf­verfahren stattfinden werden. Die Berechtigung zur Prüfung und Punzierung kann bei schweren oder wiederholten Verstößen gegen die punzierungsrechtlichen Vorschriften auf Zeit oder auf Dauer entzogen oder die neuerliche Überprüfung durch einen Beauftragten angeordnet werden. Weiters besteht die Möglichkeit Edelmetallgegenstände bei den staatlichen Punzierungskontrollorganen prüfen zu lassen. Auch die Strafdrohungen für punzierungsrechtliche Verstöße wurden aus Abschreckungsgründen stark erhöht.

Wie bisher wird das System der Punzierungskontrolle durch die Erzeuger, Importeure und Händler von Edelmetallgegenständen durch Entrichtung einer nach dem Gewicht des Edelmetallgegenstandes be­messenen Punzierungskontrollgebühr getragen, welche nunmehr von den Hauptzollämtern einzuheben ist. Durch die vorgesehenen Maßnahmen soll ein echter Abbau von Staatsaufgaben bewirkt werden, der mittel- und langfristig auch zu Personal- und somit Kosteneinsparungen führt.

Die bisher im Punzierungswesen beschäftigten Bediensteten, die nicht im Punzierungskontrolldienst Verwendung finden können (insgesamt 35 Bedienstete), werden ex lege unter Wahrung ihrer dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung in die Finanzlandesdirektionen eingegliedert.


Finanzielle Auswirkungen:

Die Kosten der Punzierungskontrolle werden durch die Einhebung einer Punzierungskontrollgebühr bei den Erzeugern und Händlern von Edelmetallgegenständen gedeckt, es sind daher keine Belastungen des Bundeshaushaltes zu erwarten. Die Auflösung des Hauptpunzierungs- und Probieramtes sowie der unterstellten Punzierungsämter sowie die Reduktion der Aufgaben auf eine Markkontrolle bewirkt vor allem mittel- bis langfristige Einsparungen im Personalbereich.

Bei der Ermittlung des Personalbedarfes wurde von folgenden Kriterien ausgegangen:

Die Hauptaufgaben nach dem vorliegenden Bundesgesetz bestehen in der

1.  Führung eines Registers aller Erzeuger, Händler und Künstler durch das BMF;

2.  Nachschau in den Betrieben durch die Punzierungskontrollorgane;

3.  Durchführung von Feingehaltsprüfungen an den bei der Nachschau gezogenen Proben von Edelmetall­gegenständen in der Dienststelle durch die Punzierungskontrollorgane sowie durch das Edelmetall­kontrolllabor;

4.  Einhebung der Punzierungskontrollgebühren durch die Hauptzollämter;

5.  Vornahme von Feingehaltsprüfungen

     a) für Private und Gewerbetreibende durch die Punzierungskontrollorgane und das Edelmetallkontroll­labor,

     b) bei der Münze Österreich AG durch das Edelmetallkontrolllabor sowie

     c) im Rahmen des Übereinkommens über die Prüfung und Bezeichnung von Edelmetallgegenständen (diesfalls auch Vornahme der Punzierung) durch das Edelmetallkontrolllabor;

6.  Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren durch die Bezirksverwaltungsbehörden bzw. Bundes­polizeibehörden (Erlassung von Strafverfügungen durch die Punzierungskontrollorgane).

Es sind zirka 5 000 Händler (zirka 73%), Erzeuger (zirka 20%) und Künstler (zirka 7%) von der gegen­ständlichen Regelung betroffen. Es gibt derzeit in Österreich rund 11 600 Standorte (inklusive Künstler), in denen Edelmetallgegenstände erzeugt oder zum Verkauf angeboten werden, und die somit der Punzie­rungskontrolle unterliegen. Es wird davon ausgegangen, dass jeder Standort zumindest einmal jährlich besucht werden soll.

Unter der Annahme, dass ein Bediensteter 200 Arbeitstage pro Jahr zur Verfügung steht und pro Arbeitstag (unter Benützung von Pkw) maximal acht bis neun Standorte überprüft werden können, ergibt dies eine Außendiensttätigkeit von 120 Tagen (drei Tage/Fünftagewoche). Die restlichen 80 Tage pro Jahr (zwei Tage/Woche) sind im Innendienst zur Prüfung der einlangenden, im Außendienst gezogenen Gegenstände, Berichteingabe in das EDV-System, Einreichungen von Privaten usw. erforderlich. Es sind daher elf Bedienstete als Punzierungskontrollorgane vorgesehen. Für das Edelmetallkontrolllabor, welches die Feingehaltsprüfungen an Edelmetallgegenständen vornimmt, die mit Strichprobe nicht geprüft werden können, sowie für die Prüfungen der Münze Österreich Aktiengesellschaft und die Prüfung und Punzierung nach den Übereinkommen zuständig ist, sind zwei Bedienstete vorgesehen. Für alle übrigen Tätigkeiten, insbesondere Registrierung, Organisation der Nachschau, Durchführung der Verfahren nach dem AVG, Ausarbeitung der technischen Kriterien, Fachaufsicht usw. drei Bedienstete.

Es ergeben sich somit unter Zugrundelegung des Erlasses des Bundesministeriums für Finanzen vom 8. Juni 2000, AÖF Nr. 111/2000, pro Jahr:

Folgekosten

 

Personalkosten (inkl. 30% Pensionszuschlag)
(fünf Bedienstete VGr. A1, zehn Bedienstete VGr. A2, ein Bediensteter VGr. A3)



12 207 000 S

Verwaltungsgemeinkosten (geschätzt 15% der Personal­kosten)


1 831 050 S

Kosten der Außendiensttätigkeit (Tages- und Nächtigungs­gebühren)


660 000 S

Kosten der Dienstfahrzeuge (Treibstoff und Wartung)

500 000 S

Kosten der EDV (laufend)

1 330 000 S

Kosten der EDV (einmalig)

648 000 S

kalkulatorische Miete

488 700 S

Technische Geräte (einmalig)

200 000 S

Summe

17 864 750 S

Die Sachausgaben entsprechen (unter Berücksichtigung künftiger Mietzahlungen an die BIG) im Wesent­lichen den Sachkosten. Die Personalausgaben (dh. abzüglich Pensionszuschlag) betragen 9 387 000 S. Dies ergibt Ausgaben in Summe von 15 044 750 S.

Einnahmen

 

Punzierungskontrollgebühr (§ 20)

18 000 000 S

Analysen des Edelmetallkontrolllabors (inkl. Punzierungen nach dem Übereinkommen) (§ 13 Abs. 1 bis 3)


337 000 S

Einnahmen aus Feingehaltsprüfungen (§ 13 Abs. 1)

50 000 S

Verwaltungsstrafen (§§ 23 bis 27)

160 000 S

Summe

18 547 000 S

Die Ausgaben in den Folgejahren dürften sich im Wesentlichen abgesehen von den notwendigen Einmalausgaben (rund 850 000 S) im gleichen Rahmen halten. Bei wesentlichen Änderungen bei den Ausgaben sind die Punzierungskontrollgebühren entsprechend anzupassen.

EU-Recht:

Der vorliegende Entwurf entspricht den EU-rechtlichen Bestimmungen, insbesondere den Vorschriften über den freien Warenverkehr (Art. 28 ff EU-Vertrag). Der Gesetzentwurf enthält alle erforderlichen Anerkennungsvorschriften, die Hemmnisse im Warenverkehr mit anderen EU-Mitgliedstaaten verhindern. Es ist vorgesehen, dass die den österreichischen Rechtsvorschriften nicht entsprechenden Feingehaltsan­gaben anderer EWR-Staaten anzuerkennen sind, auf Edelmetallgegenständen, die die Verantwortlich­keitspunze eines in einem EWR-Staat ansässigen Erzeugers aufweisen, keine zusätzliche österreichische Verantwortlichkeitspunze anzubringen ist, und die österreichischen Händler und Erzeuger Feingehaltsprü­fungen an Edelmetallgegenständen anderer EWR-Staaten nur durchzuführen haben, wenn die Prüf- und Kontrollmethoden des betreffenden EWR-Mitgliedstaates dem österreichischen nicht gleichwertig sind. Auch die Punzierungen unabhängiger Kontrollstellen anderer EWR-Mitgliedstaaten werden anerkannt.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Da das gegenständliche Bundesgesetz unter die Notifikationspflicht der Richtlinie 98/34/EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und Normen, ABl. Nr. L 204 vom 21. Juli 1998, fällt, kann es gemäß Art. 9.2 der Richtlinie erst nach Abschluss des Informationsverfahrens bei der Europäischen Kommission und nach Ablauf der sich daraus ergebenden Stillhaltefristen in Kraft gesetzt werden. Der Gesetzentwurf wurde im Wege des BMWA an die Europäische Kommission notifiziert, die Notifikation wurde im ABl. Nr. C 262 vom 13. September 2000 unter Nr. 2000/504/A veröffentlicht. Die ursprünglich vorgesehene Stillhaltefrist ist am 23. November 2000 abgelaufen, innerhalb Dieser Frist wurde von Irland gegen den Entwurf Einwendungen erhoben und von der Europäischen Kommission die Stillhaltefrist um weitere drei Monate bis 23. Februar 2001 verlängert. Der Gesetzentwurf darf daher nicht vor Ablauf des 23. Februar 2001 beschlossen werden.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz auf Art. 10 Abs. 1 Z 5 und Art. 102 Abs. 2 B-VG („Punzierungswesen“).

Der Finanzausschuss hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 17. Jänner 2001 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Marianne Hagenhofer, Mag. Johann Maier, Mag. Werner Kogler, Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll und Rudolf Edlinger sowie der Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (393 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustim­mung erteilen.

Wien, 2001 01 17

                          Ing. Hermann Schultes                                                           Dr. Kurt Heindl

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann