879 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 19. 11. 2001

Regierungsvorlage


Bundesgesetz betreffend die Belastung öffentlichen Wassergutes mit Fischereirechten

Der Nationalrat hat beschlossen:

§ 1. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, das Bestehen von offenkundigen Fischerei­rechten an den Gewässern des öffentlichen Wassergutes (§ 4 des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl. Nr. 215, idF BGBl. Nr. 252/1990) durch Ausstellung einer Urkunde gemäß § 33 des Allgemeinen Grund­buchsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 39, in jenen Fällen zu bestätigen, in denen die Ausübung des Fischerei­rechtes über 40 Jahre durch Eintragung der/des Fischereiberechtigten oder ihrer/seiner Rechtsvorgänger in den Fischereikataster (das Fischereibuch) belegt ist.

§ 2. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Finanzen im Einver­nehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betraut.

Vorblatt

Ziel:

Herstellung der Rechtssicherheit und der Grundbuchsordnung im Hinblick auf das Bestehen offen­kundiger, unstrittiger, jedoch nicht verbücherter Fischereirechte.

Lösung:

Derartige Rechte sollen auf eine rechtlich einwandfreie Basis gestellt werden, um eine Gleichbehandlung aller betroffenen Fischereiberechtigten zu erreichen.

Alternativen:

Keine. Die angestrebte Vorgangsweise beruht auf entsprechenden Erkenntnissen des Obersten Gerichts­hofes, kann aber auf Basis derzeitiger haushaltsrechtlicher Bestimmungen (§ 64 BHG) nicht durchgeführt werden und bedarf daher einer gesetzlichen Ermächtigung durch ein Bundesgesetz im Sinne des Art. 42 Abs. 5 B-VG.

Kosten:

Keine.

Finanzielle Auswirkungen:

Keine. Eine Wertverminderung der zu belastenden Teile des unbeweglichen Bundesvermögens (öffent­liche Gewässer) tritt nicht ein, da die betreffenden Fischereirechte bereits (zum Teil seit Jahrhunderten) bestehen und tatsächlich bereits ausgeübt werden.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort in Österreich:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

Besonderheiten des Rechtserzeugungsverfahrens:

Hinsichtlich der gemäß § 1 zu treffenden Verfügungen über Bundesvermögen steht dem Bundesrat gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG kein Mitwirkungsrecht zu.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

In mehreren Bundesländern, insbesondere in Kärnten, existieren (zum Teil jahrhundertealte) Fischerei­rechte Dritter an Liegenschaften (Gewässern) des öffentlichen Wassergutes (ÖWG), welche gemäß den entsprechenden Eintragungen in den Fischereikatastern (Fischereibüchern) in offenkundiger Weise und unbestritten ausgeübt werden. Eine Verbücherung in den Lastenblättern der dienenden Liegenschaften ist jedoch aus verschiedensten Gründen vielfach unterblieben.

Der Oberste Gerichtshof hat in einem konkreten Anlassfall, in dem der Kläger „die Feststellung der Grunddienstbarkeit des Fischereirechtes auf bundeseigenen Grundstücken und die Verurteilung des Bundes, in die Verbücherung einzuwilligen“, begehrte, im Beschluss 1 Ob 277/00t vom 27. Februar 2001 folgende Rechtsansicht vertreten:

        1.   In den Fällen, in denen seit 1916 ein herrschendes Grundstück, mit dem ein Fischereirecht an öffentlichen Gewässern verbunden war, vererbt oder veräußert wurde, kann der nunmehrige Eigentümer vom Bund die (unentgeltliche) Zustimmung zur grundbücherlichen Einverleibung dieses Rechtes verlangen.

        2.   Wurde hingegen seit 1916 ein Fischereirecht an öffentlichen Gewässern ohne das zugehörige herrschende Grundstück veräußert, käme die Verbücherung dieses Rechtes der Neubegründung einer Dienstbarkeit gleich, welche der Bund nicht (zumindest nicht unentgeltlich) hinnehmen müsse.

Demnach stellt die Verbücherung von Fischereirechten eine Belastung von unbeweglichem Bundesver­mögen dar, für welche gemäß § 64 des Bundeshaushaltsgesetzes, BGBl. Nr. 213/1986, in der geltenden Fassung (BHG) eine Verfügung des Bundesministers für Finanzen erforderlich ist.

Eine derartige unentgeltliche Belastung von öffentlichen Gewässern findet in der Ermächtigung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 64 BHG allerdings keine Deckung.

Im Interesse einer bürgernahen, einheitlichen, verwaltungsökonomischen und gesetzeskonformen Vor­gangsweise wäre daher der Bundesminister für Finanzen zu den notwendigen Verfügungen zu ermächtigen.

Konsultationsmechanismus

Die Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultations­mechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften, BGBl. I Nr. 35/1999, ist gemäß Art. 6 Abs. 1 Z 2 im konkreten Fall nicht anwendbar, da diese Verfügungen den Bund als Träger von Privatrechten treffen.

Besonderer Teil

Zu § 1:

Gemäß § 64 Abs. 1 Z 2 BHG darf der Bundesminister für Finanzen unbewegliches Bundesvermögen ua. mit Dienstbarkeiten belasten. Gemäß Abs. 3 hat bei derartigen Verfügungen das Entgelt mindestens dem gemeinen Wert (§ 305 ABGB) zu entsprechen. Ausnahmen von dieser Bestimmung (unentgeltliche Belastungen) sind gemäß § 64 Abs. 5 BHG unter bestimmten Bedingungen nur für folgende Fälle vorgesehen:

–   Zwecke einer anderen Gebietskörperschaft

–   Zwecke der Energiewirtschaft.

Da die vorliegende Problematik (unentgeltliche Belastung von unbeweglichem Bundesvermögen zu Gunsten Dritter – nämlich privater Fischereiberechtigter – zwecks Herstellung der Rechtssicherheit bzw. der Grundbuchsordnung) nicht unter die angeführten Rechtsvorschriften subsumiert werden kann, soll der Bundesminister für Finanzen gemäß § 64 Abs. 7 BHG durch ein Bundesgesetz im Sinne des Artikels 42 Abs. 5 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) zu derartigen unentgeltlichen Verfügungen ermächtigt werden.

Um Rechtsgleichheit zwischen den Bürgern, die – aus welchem Titel immer – eine Fischereiberechtigung erworben haben, untereinander und mit jenen Bürgern, die ein dingliches Recht anderer Art gegen eine Gebietskörperschaft ersessen haben, herzustellen, wurde eine 40-jährige Frist der Ausübung bestimmt.

Zu § 2:

Verfügungen gemäß § 1 werden nur auf Antrag der Betroffenen und nur dann zu treffen sein, wenn die in Rede stehenden Fischereirechte tatsächlich bestehen (dh. nachweislich ausgeübt werden), offenkundig (zB durch Eintragung im Fischereikataster bzw. Fischereibuch nachgewiesen) und unstrittig sind. Die Prüfung dieser Voraussetzungen obliegt dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft als dem gemäß Bundesministeriengesetz 1986, BGBl. Nr. 76, in der geltenden Fassung für die Verwaltung des öffentlichen Wassergutes (ÖWG) zuständigen Ressortminister im Wege des jeweiligen Verwalters des ÖWG.

Bei Vorliegen sämtlicher genannter Voraussetzungen wird der Bundesminister für Finanzen auf Grund der Ermächtigung nach § 1 die erforderliche Zustimmung zur Verbücherung der betreffenden Fischereirechte, allenfalls im Wege einer Generalermächtigung des verwaltenden Ressorts, erteilen.

In strittigen Fällen (zB bei Unklarheiten über den zu belastenden Bestandteil des unbeweglichen Bundesvermögens) wird der (die) jeweilige Fischereiberechtigte weiterhin den Rechtsweg zu beschreiten haben.