3459/J XXI.GP
Eingelangt am: 22.02.2002
ANFRAGE
der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Ausgliederung Artothek und Privatisierung Bundesverlag
Das
Bundeskanzleramt hat unter der Geschäftszahl BKA - GZ 180.830/232-I/8/01
für die Republik Österreich einen Vertrag mit dem Verein
“Gesellschaft zur Förderung
der Digitalisierung des Kulturgutes" geschlossen, mit dem diesem Verein
die
Verwaltung, Dokumentation und Digitalisierung der in der “Artothek"
des Bundes
angekauften Kunstgüter
überträgt.
Offensichtlich
ohne offenes Verfahren und damit im Widerspruch zum
Bundesvergabegesetz bzw. den Richtlinien und
Normen der Europäischen Union
wurde einem Verein, der sich erst während
der Ausschreibungsfrist gegründet hat,
als Bestbieter der Zuschlag erteilt.
Der Verein hat
in zwei verschiedenen Varianten angeboten. Während die eine
Variante mit einem Pauschalbetrag von jährlich ATS 2,789.000,- angeboten
wurde
(und damit teurer als der Konkurrent war), “beruht die Variante 2 auf der
Voraussetzung, dass der Verein mit seinem Projekt “Neubeschäftigung
durch
Digitalisierung des Kulturgutes" im Rahmen des Europäischen
Sozialfonds für die
Gemeinschaftsinitiative EQUAL ausgewählt wird" (aus den
Vertragsunterlagen).
Damit wäre die Variante 2 als bedingtes Anbot ( § 22, Abs.2
Bundesvergabegesetz)
von vornherein auszuscheiden gewesen.
Ein
wesentliches Problem bei diesem letztlich erfolgreichen Anbot der Variante 2
ist
jedoch auch, dass die Variante 2 zwar für die ersten drei Jahre
günstiger scheint als
das Anbot des Konkurrenten, allerdings nur, weil die Kofinanzierung für
das EQUAL
- Projekt nicht
vom BKA, sondern vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
bezahlt werden. Rechnet man die Kofinanzierungsanteile korrekt als Kosten des
Bundes, dann kommt die Steuerzahlerinnen das Familienprojekt Pultar
(Gesellschaft
zur Förderung der Digitalisierung...) auf alle Fälle teurer als das
unterlegene
Konkurrenzangebot.
Da die Erfüllung des Vertrags davon abhängig ist, dass das vom BKA und der Pultar
- Gesellschaft
eingereichte EQUAL - Projekt überhaupt in die zweite und (finanziell)
entscheidende Runde kommt, ergibt sich daraus auch ein ziemlich großes
Risiko des
Scheiterns.
Der
“Generalsekretär" der Pultar - Gesellschaft, die den oben
zitierten Vertrag mit
dem Bundeskanzleramt abgeschlossen hat und gleichzeitig mit dem
Rundeskanzleramt und zwei weiteren Pultar - Gesellschaften (der WWV Partner
SteuerberatungsGesmbH des Christian Pultar und der Kucera's Fotostudio GesmbH
des Kurt Pultar) als Fördernehmer beim EQUAL - Projekt auftritt, Hr.
Christian Pultar,
ist gleichzeitig auch Konsulent des Bundeskanzleramtes bzw.
von Staatssekretär
Morak, und berät diesen zwar nicht (oder doch?) bei der Ausgliederung der
Artothek,
aber jedenfalls bei der Privatisierung der “Österreichischen
Bundesverlag GesmbH".
Da das Finanzministerium (Standard, 8.2.02) nach
“monatelanger Ausschreibung"
die Wirtschafts- und
Steuerberatungsgesellschaft KPMG als Berater bei der
Privatisierung des österreichischen Bundesverlages mit einem Honorar von
€ 140.000,- (ATS 1,9 Mio.) engagiert hat, fallen uns auch dazu Fragen
ein.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1) Der BKA-Vertrag
enthält in § 8
(Inkrafttreten, Dauer, Kündigung) eine
Bestimmung, die besagt:
“Da zum Abschluss eines Vertrages über eine
Vertragssumme von mehr als
5 Mio. ATS die Zustimmung des Bundesministeriums für Finanzen erforderlich
ist,
tritt der Vertrag mit Vorliegen dieser Zustimmung auch hinsichtlich der
übrigen
Vertragsleistungen in Kraft und wird auf unbestimmte Zeit geschlossen".
a) Haben Sie diese Zustimmung bereits
erteilt? Wenn ja, wann und mit welcher
Begründung?
b) Wann wurden Sie vom beabsichtigten Vertrag informiert?
c) Werden Sie diese Zustimmung erteilen,
obwohl die Vertragserfüllung
wesentlich davon abhängig ist, dass der Verein
“Gesellschaft...." die zweite
Runde des EQUAL-Projekts
erreicht und damit die Belastung für den Bund
höher würde? Wenn ja, mit welcher Begründung?
d) Wurden Sie vom BKA darüber
informiert, dass der Vertrag auf Grund eines
bedingten Anbots abgeschlossen wurde? Wenn ja, haben Sie dagegen
Einwände erhoben?
e) Welche Stellungnahmen wurden wann
bisher zum Vertrag betr. Ausgliederung
der
Artothek getroffen?
2) Während Sie bzw. das
Finanzministerium bei der Privatisierung des
Bundesverlages durch die KPMG beraten werden, wird das BKA bei der
Privatisierung des Bundesverlages durch die WWV Partner
SteuerberatungsGmbH des Hrn. Christian Pultar beraten?
a) Sind Sie informiert darüber, dass
die Privatisierung des Bundesverlages auch
vom BKA beraten wird?
b) Welches Ressort ist für die Privatisierung des Bundesverlages zuständig?
c) Wird das BM für Finanzen, das
für die Privatisierung des Bundesverlages von
der KPMG beraten wird, auch vom Berater des BKA, Hrn. Christian Pultar,
beraten oder verhält es sich umgekehrt?
d) Findet eine Koordinierung dieser
Berater der Bundesverlags-Privatisierung
statt?
e) Sind Ihnen von anderen Ressorts noch
andere Berater der Bundesverlags-
Privatisierung gemeldet worden?
f) Was kosten die
verschiedenen Beratungsarbeiten der einzelnen Ressorts bei
der Bundesverlags - Privatisierung?