3463/J XXI.GP
Eingelangt am: 22.02.2002
ANFRAGE
des Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend den
haftungsrechtlichen Schutz der Biobauern und der gentechnikfreien Land-
wirtschaft
vor Kontaminationen durch gentechnisch veränderte Organismen (GVO).
Derzeit gibt es in
Österreich keinen Anbau von gentechnisch veränderten Sorten, sieht
man
von der
illegalen Kontamination von konventionellem durch gentechnisch verändertes
Saatgut
im Sommer
2001 ab. Dennoch müssen sich die österreichische Bevölkerung,
die Bundes-
regierung
und ganz besonders die Bauern und Bäuerinnen in Österreich darauf
vorbereiten,
dass in
den kommenden Jahren möglicherweise der Einsatz von gentechnisch
verunreinigtem
Saatgut
in Europa verstärkt Fuß fassen wird. Trotz der derzeitigen drei
national-staatlichen
Importverbote für Genmais (Bt 176, MON 810, T25) und trotz des derzeit
noch bestehenden
defacto-Moratoriums
für Zulassungen von neuen GVO auf EU-Ebene besteht keine Rechts-
sicherheit,
dass in den nächsten Jahren die österreichische Landwirtschaft
gentechnikfrei
bleibt, wie es der Wunsch des überwiegenden Teils der
österreichischen KonsumentInnen und
der
Bäuerinnen und Bauern ist.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1) Ist ein Biobauer (dessen Produktion nach Verordnung 1804/99/EG
gentechnikfrei sein
muss)
nach geltendem Recht vor der Kontamination seiner Ernte durch GVO
geschützt
und
wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage?
2) Nach einer Entscheidung der Codex-Kommission des
österreichischen Lebensmittelcodex
von 2001
dürfen in Lebensmittelzutaten und -verarbeitungshilfsstoffen,
Futtermittel-
zutaten
und -Verarbeitungshilfsmitteln, Düngemitteln und Bodenverbesserern gen-
technische Verunreinigungen nur bis zu einem Grenzwert von 0, l Prozent
nachweisbar
sein.
Wie wollen Sie gewährleisten, dass dieser Grenzwert auch dann eingehalten
werden
kann,
wenn in Europa hinkünftig gentechnisch veränderte Sorten angebaut
werden
würden?
3) Wäre
der biologische Landbau Ihrer Ansicht nach in seiner Existenz gefährdet,
wenn die
rechtlichen
Rahmenbedingungen unverändert blieben und der Anbau von GVO-Sorten in
Europa
Fuß fassen würde? Wenn nein, warum nicht?
4) Halten Sie die Ko-Existenz von biologischer Landwirtschaft und dem
Anbau von GVO in
Anbetracht
der massiven international auftretenden Probleme mit Kontamination und
Auskreuzung von GVO und in Anbetracht der kleinräumigen Struktur der
öster-
reichischen Landwirtschaft in unserem Land für durchführbar?
a) Wenn ja, wie soll diese Ko-Existenz rechtlich geregelt sein?
b) Wenn nein, welche Konsequenzen sind daraus zu ziehen?
5) In der kanadischen Provinz Saskatchewan wurde kürzlich eine Sammelklage aller
zertifizierten
Bio-Farmer gegen Monsanto und Aventis eingebracht, da es dort aufgrund
flächendeckender GVO-Kontaminationen kaum mehr möglich ist,
gentechnikfreie Ernten
einzufahren. Wie wollen Sie verhindern, dass ähnliche Zustände in
Hinkunft auch in
Österreich
eintreten, in Anbetracht der Tatsache, dass die derzeitige Gentechnikfreiheit
der
österreichischen Felder rechtlich auf sehr dünnem Eis steht und
für die Zukunft nicht
garantiert werden kann?
6)
Welche rechtlichen Anspruch auf “Gentechnikfreiheit" besitzt die
konventionelle
Landwirtschaft in
Österreich, und wie lasst sich dieser Anspruch in Zukunft gegenüber
Landwirten durchsetzen,
die GVO anbauen wollen? Hat ein “gentechnikfreier Landwirt"
das Recht, von seinem
Nachbarn zu verlangen, auf den Anbau von GVO zu verzichten,
um die Kontamination seiner Felder zu vermeiden?
7) Die
Britische Regierung setzte im Juni 2000 eine Kommission ein (Agriculture and
Environment
Biotechnology Commission, AEBC), welche die Regierung über Fragen der
“Ko-Existenz"
von GVOs in der Landwirtschaft mit “gentechnikfreier" Landwirtschaft
beraten sollte. Ein
erster, sehr alarmierender Bericht dieser Kommission wurde im
September 2001 veröffentlicht. Derzeit finden innerhalb des britischen
Landwirtschafts-
ministeriums Beratungen
über strategische Fragen der “Ko-Existenz" von GVOs und
GVO-freier Landwirtschaft
statt. Aus offensichtlichen Gründen ist diese Frage für
Österreich mit
seiner kleinräumig strukturierten und biologisch orientierten Land-
wirtschaft von besonderem
strategischem Interesse. Gibt es in Ihrem Ministerium eine
ähnliche Kommission
oder hat Ihr Ministerium einschlägige Studien oder Publikationen
zu diesem Thema in
Auftrag gegeben oder veröffentlicht?
8) Was
werden Sie unternehmen, um die biologische Landwirtschaft und die
konventionelle
“gentechnikfreie"
Landwirtschaft haftungsrechtlich abzusichern?