3511/J XXI.GP
Eingelangt am: 27.02.2002
ANFRAGE
der Abgeordneten Öllinger,
Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Justiz
betreffend Privilegien für FPÖ-Politiker
Einer Ausschreibung in der Wiener Zeitung vom 13.2.02 ist
zu entnehmen, dass das
Justizministerium neue Staatsanwälte sucht: “Im Planstellenbereich der
Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck gelangen zwei Planstellen der
Staatsanwaltschaft
Innsbruck zur Ausschreibung. Es handelt sich hiebei um für
Ersatzfälle gebundene
Ersatzplanstellen."
Wie den “Salzburger Nachrichten"
(14.,15.,16.,19.2.02) bzw. der “Salzburg Krone" zu
entnehmen ist, wissen
zumindest zwei Bewerber schon, dass die ausgeschriebenen
Stellen nicht nur auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten, sondern exakt
für sie
geschaffen wurden: der Salzburger Richter, Vizebürgermeister und
FPÖ-Funktionär
Siegfried Mitterdorfer und der Welser Richter, Vizebürgermeister und
FPÖ-Funktionär
Wieser.
Mitterdorfer ist als Strafrichter seit zehn Jahren beim
Landesgericht Salzburg, Wieser
als Arbeitsrichter beim Landesgericht Wels karenziert. Weil das
Beamtendienstrecht
- wahrscheinlich gleichheits- und damit verfassungswidrig - für Richter
eine
Obergrenze von zehn Jahren bei Karenzierungen vorsieht, haben beide ein
Problem:
sie möchten gerne Vizebürgermeister bleiben und als Justizbeamte in
Pension
gehen.
Vor allem Mitterdorfer, der am 16.2.02 60 Jahre alt wurde,
leidet unter den
pensionsrechtlichen Anpassungen der FPÖ/ÖVP-Koalition. Wäre das
Pensionsantrittsalter nicht erhöht worden, hätte Mitterdorfer am
1.3.02 sorglos den
Ruhestand als Richter
antreten und dennoch als FPÖ-Vizebürgermeister problemlos
verkünden können, dass die FPÖ jederzeit gegen alle Privilegien
und Privilegienritter
auftritt. Da Mitterdorfers zehnjährige Karenz aber am 4.11.02 endet und
sein Richter-
Ruhestand erst am 1.3.03
beginnt, ist er darauf angewiesen, dass ihn das
Justizministerium privilegiert:
“Das
Ministerium bot dem Vizebürgermeister einen Posten als Staatsanwalt und
zwar
beim Oberlandesgericht Innsbruck an. Vier Monate wird er diesen Posten
behalten",
schreiben die “SN". “Dann gehe ich in Pension", sagt
Mitterdorfer. Seinen Posten als
Staatsanwalt wird Mitterdorfer allerdings nie antreten, sondern sich sofort
wieder vom
Dienst karenzieren lassen.
Damit
ist klar: ein Privilegien-Posten wird für den FPÖ-Politiker
Mitterdorfer
geschaffen, damit er als Justizbeamter sorglos in Pension und als
FPÖ-Politiker
problemlos weiterarbeiten kann. Als Vizebürgermeister der Stadt Salzburg
dürfte
nämlich Mitterdorfer seinen Beruf als Richter nicht ausüben.
Durch die Pensionsreformen 2000 und die
Unfallrentenbesteuerung wurden
Tausende Menschen massiv finanziell beeinträchtigt. Im Gegensatz zu
FPÖ-Vizebürgermeistern bzw. Richtern wurde ihnen von der
FPÖ/ÖVP-Koalition
keine Möglichkeit zur Sanierung ihrer Pensions- bzw. Lebensplanung
eingeräumt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Warum wurden beim Oberlandesgericht
Innsbruck zwei Planstellen für
Staatsanwälte mit den in der “Wiener Zeitung" genannten
Bedingungen
ausgeschrieben?
2. Warum sollen diese Planstellen mit
einem Salzburger bzw. Welser
FPÖ-Vizebürgermeister
besetzt werden?
3. Werden diese Planstellen, die als
für Ersatzfälle gebundene Ersatzplanstellen
ausgeschrieben sind, nach
bzw. während der Karenz der beiden
FPÖ-Vizebürgermeister und Richter neu ausgeschrieben? Wenn ja, sind
auch
dafür FPÖ-Politiker bzw. Richter vorgesehen?
4. Planen Sie, weitere
Ersatzplanstellen oder Planstellen der Justizverwaltung mit
FPÖ-Politikern zu besetzen? Wenn ja, mit welchen?
5. FPÖ-Vizebürgermeister
Mitterdorfer hat gegenüber den “SN" erklärt, dass er sich
für eine Novellierung des Beamtendienstrechts mit dem Ziel der
Gleichstellung
von Richtern bei den Karenzierungsregelungen stark gemacht habe. Der
FPÖ-Klub habe aber für Mitterdorfers Anliegen kein Verständnis
gehabt. “Darüber
bin ich ziemlich enttäuscht", erklärte daraufhin Mitterdorfer
gegenüber den “SN".
Warum haben Sie der Bundesregierung bzw. dem Parlament nicht eine
Novellierung des Beamtendienstrechts anstelle einer Privilegierung von
FPÖ-Politikern vorgeschlagen?
6. Aus welchen Gründen vertreten Sie
eine Sonderregelung für FPÖ-Richter bzw.
Vizebürgermeister, obwohl Sie den Pensionsreformen 2000 zugestimmt haben?