3513/J XXI.GP

Eingelangt am: 27.02.2002

 

ANFRAGE


der Abgeordneten Glawischnig, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport
betreffend AKW Temelin: Schon vergessen?

Nach dem Temelin-Volksbegehren der FPÖ, das von knapp einer Million Menschen
unterzeichnet wurde, ist mittlerweile mehr als ein Monat vergangen. Viele Menschen
haben das Volksbegehren auch deshalb unterschrieben, weil sie von der
Bundesregierung eine engagiertere Anti-Temelin-Politik und einen neuen Anlauf für
Stillegungsverhandlungen wünschen. Viele Menschen haben das Volksbegehren
nicht unterschrieben, weil sie in einer Veto-Drohung gegen einen EU-Beitritt
Tschechiens kein geeignetes Instrument sehen. In Folge haben hochrangige FPÖ-
Vertreterlnnen die Veto-Drohungen abgeschwächt und angekündigt, mit Prag neue
Verhandlungen über eine Stillegung des AKW aufnehmen zu wollen.

Mittlerweile ist es im tschechischen AKW am 7. Februar zum bisher schwersten
Störfall seit Beginn des Probebetriebes im Oktober 2000 gekommen, die Notkühlung
musste aktiviert werden, erstmals war auch der Primärkreislauf direkt betroffen. Laut
Experten ging Temelin nur knapp an einer Katastrophe vorbei. "Erstmals in der
Geschichte Temelins wurde ein außerordentliches Ereignis erster Stufe ausgerufen",
bestätigte auch die Leiterin der staatlichen tschechischen Nuklearbehörde. Block 1
ist mittlerweile abgeschaltet worden, um die Probleme im Laufe einer einmonatigen
Pause zu analysieren.

Bereits in den nächsten Tagen soll Block 2 mit Brennstäben beladen werden, obwohl
zahlreiche von einem internationalen Expertenteam konstatierte Mängel nicht
behoben sind. Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist dringender
Handlungsbedarf gegeben. Ausstiegsverhandlungen mit einer neuen Regierung
nach den tschechischen Wahlen in Mai müssen seitens der Bundesregierung bereits
jetzt intensiv vorbereitet werden. Denn nur mit einem umfassend und seriös unter
Beteiligung aller relevanter Stellen (Bund, Länder, NGOs, Experten) vorbereitetem
Ausstiegsangebot bestehen realistische Chancen auf einen
Verhandlungsdurchbruch.

Ende Januar hat Vizekanzlerin Susanne Riess Passer im Nachrichtenmagazin profil
unterstrichen, dass es mit Tschechien konkrete Nachverhandlungen geben werde.
Diese sollten in Richtung Nullvariante gehen. Die Vizekanzlerin betonte dabei die
Wichtigkeit, für Tschechien auch "finanzielle Alternativen zu erarbeiten". Hier könne
Österreich nicht allein sein, auch die EU müsse helfen. "Das Problem ist, dass die
Kommission bislang das Problem ignoriert hat. Da sollten wir noch einmal einen
Anlauf machen," wird die Vizekanzlerin in profil zitiert.

Auch FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler kann sich einen EU-Beitritt Tschechiens
mittlerweile auch mit einem "verbindlichen Ausstiegsszenario" für das AKW Temelin


vorstellen. Gegenüber der Tageszeitung "Presse" sagte der FPÖ-Klubobmann Ende
Jänner: "Wir sehen ein, dass die Abrüstung eines Atomkraftwerks eine gewisse Zeit
in Anspruch nimmt. Daher ist es uns wichtig, dass vor dem EU-Beitritt Tschechiens
entweder Temelin abgeschaltet ist oder zumindest ein verbindliches
Ausstiegsszenario auf dem Tisch liegt".

Am 15. Februar betonte die Vizekanzlerin erneut, dass Österreich für den Beitritt
Tschechiens in die Europäische Union eintrete und es nun darum gehe, die
aufgeheizte Stimmung abkühlen zu lassen und Verhandlungen mit Prag zu führen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende


 


ANFRAGE:

Welche konkreten Maßnahmen haben Sie bisher eingeleitet, um die von Ihnen

mehrfach  medienwirksam  in  der Woche es Volksbegehrens  angekündigten

Temelin-Ausstiegsverhandlungen   mit  einer   neuen   tschechischen   Regierung

vorzubereiten?

Welche konkreten Schritte (Sondierungsgespräche etc.) haben Sie diesbezüglich

bei tschechischen Politikern gesetzt und mit welchen Ergebnissen?

Welche konkreten Schritte haben Sie eingeleitet, um wie von Ihnen angekündigt,

für Temelin "finanzielle Alternativen zu erarbeiten"? Welche Vorarbeiten für ein

finanzielles Ausstiegsangebot Österreichs haben Sie durchgeführt? Haben Sie

diesbezüglich bereits Gespräche mit dem Finanzminister geführt? Wenn ja, mit

welchem Ergebnis?

Welche konkreten "Anläufe" haben Sie auf Ebene der Europäischen Union

unternommen, um "finanzielle Alternativen zu Temelin" auch von Seiten der EU

einzufordern, wie von Ihnen Ende Jänner angekündigt.

Welche   konkreten   technisch-inhaltlichen   Vorschläge   für   ein   "verbindliches

Ausstiegsszenario" für Temelin haben Sie bisher erarbeiten lassen?

Wie   sollte   Ihrer   Meinung   nach   ein   optimales   Temelin-Ausstiegs-Angebot

Österreichs   und  der  EU   inhaltlich,  technisch,   organisatorisch   und  finanziell

gestaltet sein?