3580/J XXI.GP
Eingelangt am: 06.03.2002
ANFRAGE
der Abgeordneten Parnigoni
und GenossInnen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend “Büro für interne Angelegenheiten"
Erschreckendes
musste die Öffentlichkeit am Morgen des 26. Februar 2002 zur Kenntnis
nehmen. Zunächst in
einem Bericht von Ö3, sodann unter www.orf.at wurde die
“Erfolgsstory" des BIA präsentiert: “Die
“erfolgreiche” Bilanz nach einem Jahr: 500
Anzeigen wurde nachgegangen, 225 Beamte
wurden überführt." Und an anderer Stelle:
“Fast die Hälfte der 500
im letzten Jahr angezeigten Beamten wurde überführt. Ihnen
konnte zumeist die Zusammenarbeit mit der organisierten Kriminalität
nachgewiesen
werden. ... In 225 Fällen konnte Korruption innerhalb des Polizeiapparates
nachgewiesen werden."
Und diese
erstaunlichen Leistungen gehen auf das Konto von nur acht Beamten ! Kein
Wunder, dass der
Innenminister von einer “kleinen, aber feinen Einheit" spricht (News
vom 28. Februar, S. 48; ebenda:
“Strasser: Das sind absolute Topleute"). Andere haben
eine andere Erklärung, nämlich die, dass sich das BIA reihenweise
Beamte
nachgeordneter Stellen
dienstzuteilen lässt, die dann zwar nicht im Stand des BMI
aufscheinen, aber dennoch für das BIA die Arbeit machen (freilich
bei den
nachgeordneten Dienststellen fehlen).
Auch über die
Arbeitsmethoden des BIA ist an diesem Morgen (unter orf.at)
Dramatisches zu lesen: “Sie wechseln ständig ihre Wohnungen, der
Blick unters Auto -
auf der Suche nach Bomben - ist Routine. Sie
besitzen mehrere Pässe mit immer neuer
Identität, Telefonate werden verschlüsselt geführt. Das Schwierigste
an ihrer Arbeit sind
allerdings die verdächtigen Kollegen
selbst. Denn diese sind echte Profis und kennen
alle Ermittlungsmethoden."
Angesichts
dieser Schwierigkeiten mit den eigenen Kollegen, erstaunt die Aussage des
“Leiters des Büros,
Sektionschef Otto Prantl", der das Büro als “Hilfestellung
für die
Kolleginnen und Kollegen und nicht Misstrauen" charakterisiert. (An
derselben Stelle
wird allerdings auch mitgeteilt, das Büro arbeite weisungsfrei, was die
Leitungsfunktion
besagten Sektionschefs wieder relativiert.)
Eine
bemerkenswerte Wendung nehmen auch die vom Innenministerium bekannt
gegebenen Zahlen. Insbesondere unterliegt die Zahl der im Jahre 2001
überführten
(225 ?) Beamten am Vormittag des 26. Februar dem raschen Wandel der Zeit und
insgesamt
einem dramatischen Schwund. Bis zum Mittagessen ist nicht klar, ob das BIA
überhaupt
schon einmal einen Beamten/eine Beamtin überführt hat.
Die unterzeichneten
Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Inneres
nachstehende
Anfrage:
1. Wie viele Meldungen anderer Organisationseinheiten ihres
Ressorts sind an das
Büro
für interne Angelegenheiten im Jahre 2001 erstattet worden?
2. In wie vielen Fällen war das BIA im Jahre 2001 mit Ermittlungen befasst?
3. Wie viele dieser Delikte haben strafrechtlich relevante
Verdachtsmomente zum
Gegenstand
gehabt?
4. Auf welche Tatbestände hatten diese
Verdachtsfälle Bezug und jeweils in wie
vielen Fällen?
5. Wie viele der zur ersten Frage genannten
Ermittlungsfälle hatten keinen
kriminellen,
sondern lediglich einen dienstrechtlichen Bezug?
6. Zu wie vielen Suspendierungen hat die im Jahre 2001
geführte Ermitt-
lungstätigkeit des BIA Anlass gegeben?
7. Zu wie vielen Entlassungen haben die im Jahre 2001
erzielten Ermitt-
lungsergebnisse
des BIA Anlass gegeben?
8. In wie vielen Fällen haben Ermittlungsergebnisse
des BIA in Anzeigen an die
Staatsanwaltschaften
Eingang gefunden?
9. Welche Staatsanwaltschaften waren dies, jeweils wie
viele Anzeigen und nach
welcher
Gesetzesbestimmung?
10. In wie vielen Fällen sind diese Verfahren bereits wieder eingestellt worden?
11. Wie erklären Sie sich diese Anzahl von Einstellungen? Welche Rückschlüsse
ziehen
Sie auf die Qualität der Ermittlungsarbeit des BIA?
12. Wie
hoch ist nun wirklich die Anzahl der vom (oder aufgrund der Ermittlungen
des) BIA überführten Kolleginnen und Kollegen?
13. Wie viele Bedienstete gehören dem BIA an (Stichtag 1. März
2002), was ist die
Wertigkeit ihrer
Arbeitsplätze?
14. In wie vielen Fällen ist es im Jahr 2001 zu Dienstzuteilungen
von Bediensteten
anderer
Organisationseinheiten zum BIA gekommen?
15. Das “Büro" für interne Angelegenheiten ist dem
Leiter der Sektion V unterstellt.
Zufolge
§ 7 Abs. l Bundesministeriengesetz gliedern sich die Ministerien in
Sektionen,
diese wieder in Abteilungen. Erforderlichen Falls können Gruppen
und
Referate eingerichtet werden. Von “Büros" ist im BMG nicht die
Rede. Wie
rechtfertigen Sie die Einrichtung von “Büros"?
16. Trifft es zu, dass die Bezeichnung “Büro"
gewählt wurde, um den Umstand zu
verschleiern, dass es in Ihrer Amtszeit zu einer laufenden Vermehrung der
Abteilungen
ihres Ministeriums gekommen ist?
17. Wie ist zu erklären, dass dieses Büro nicht in der
über die Homepage des
Bundesministeriums
für Inneres einsehbaren Geschäftseinteilung des BMI
aufscheint?
18. Bestehen noch andere als “Büro" bezeichnete
Organisationseinheiten im
Bundesministerium
für Inneres?
19. Trifft es zu, dass der Leiter des BIA unmittelbar vor der
Übernahme dieser
Funktion im Planstellenbereich des Bundesministeriums für
Landesverteidigung
beschäftigt
war?
20. Welche Erfahrung oder Expertise qualifiziert ihn zur Leitung von
sicherheits-
und kriminalpolizeilichen
Ermittlungen?
21. Gab es in den Reihen der österreichischen Sicherheitsexekutive
keinen in der
Ermittlungsarbeit erfahrenen Beamten, den Sie für mindestens ebenso
geeignet
befunden
haben, oder eine solche Beamtin?
22. Ist Ihnen bekannt, dass es schon vor der Einrichtung des BIA
Sonder-
zuständigkeiten
zur Aufklärung von Verdachtsmomenten gegen Angehörige der
Sicherheitsexekutive
gegeben hat, die eine unvoreingenommene Untersuchung
sicher gestellt haben?
23. Weshalb halten Sie - im Gegensatz zu Ihren Amtsvorgängern - eine neue
Organisationseinheit
für erforderlich, die unter der Leitung eines Beamten steht,
der aus
dem Bereich der Landesverteidigung kommt?
24. Welche Beziehungen bestehen zwischen dem BIA und den
Nachrichtendiensten
des
Bundesheeres?
25. Wie viele andere Angehörige des BIA waren früher im
Planstellenbereich des
Bundesministeriums für Landesverteidigung beschäftigt?
26. Entspricht es den Tatsachen, dass Angehörige des BIA Kraftfahrzeuge
nachgeordneter
Dienststellen in Anspruch genommen haben oder immer noch in
Anspruch
nehmen?
27. Welche Ausrüstung wird vom BIA zum Zwecke der
Bildüberwachung
verwendet?
28. Welche Ausrüstung wird vom BIA zum Zwecke der Tonüberwachung verwendet?
29. Wie viele der Angehörigen des BIA sind Organe des
öffentlichen Sicher-
heitsdienstes?
30. Angesichts des Umstands, dass die Angehörigen des BIA nicht
der General-
direktion
für die öffentliche Sicherheit angehören, welche berufen ist,
für den
Bundesminister
für Inneres Sicherheitsverwaltung zu besorgen (§ 6 SPG): Auf
welche
gesetzliche Bestimmung ist die Ermittlungstätigkeit des BIA gestützt?
31. In wie vielen Fällen hat das BIA den Rechtsschutzbeauftragten
gemäß § 62a SPG
informiert?
32. In wie vielen dieser Fälle hat der Rechtsschutzbeauftragte
gemäß § 62b Abs. 8
SPG
informiert?
33. In wie vielen der verbleibenden Fälle hat der
Rechtsschutzbeauftragte eine
Veranlassung
zur Erhebung einer Beschwerde an die Datenschutzkommission
gesehen?
34. Trifft es zu, dass das BIA auch in disziplinarrechtlichen
Angelegenheiten
Ermittlungen führt?
35. Wenn ja: Welche Ermittlungsbefugnisse hat das BIA in
disziplinarrechtlichen
Angelegenheiten
und aufgrund welcher gesetzlicher Bestimmungen?
36. Trifft es zu, dass Angehörige des BIA unter falscher
Identität Ermittlungen
führen,
wenn ja: auf welcher gesetzlichen Grundlage?
37. Trifft es zu, dass Angehörige des BIA wegen ihrer besonderen
Gefährdung ihre
Wohnungen
gewechselt haben?
38. Stimmen Sie zu, dass das geltende Melderecht nicht die
Möglichkeit eröffnet,
einen Wohnsitz in Österreich vor Sicherheitsbehörden geheim zu
halten? Ist dies
den
Beamten des BIA bekannt? Wie ist der kolportierte Bericht über die
wechselnde
Wohnsitznahme der Angehörigen des BIA zu erklären?
39. Gehört es zu den Routinen der Angehörigen des BIA, vor
der Benützung eines
KFZ an
diesem nach Bomben zu suchen?
40. Unter der Annahme, dass die vom ORF kolportierten Informationen
nicht frei
erfunden waren: Wie
beurteilen Sie die Öffentlichkeitsarbeit des BIA?
41. Meinen Sie dass die Medienberichterstattung vom 26. Februar 2002 in
Bezug auf
das BIA geeignet war, das Vertrauen in deren Tätigkeit zu festigen?