3647/J XXI.GP
Eingelangt am: 20.03.2002
ANFRAGE
der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend Post-Universaldienstverordnung
Vor dem Hintergrund der geplanten Schließungen von um
die 638 Postämtern kam
und kommt der Post-Universaldienstverordnung hohe Bedeutung zu. Dennoch und
unbeschadet ihrer langwierigen Entstehungsgeschichte stellt sich diese
Verordnung
als unausgegorenes Produkt dar. Die Verordnung enthält einerseits - etwa
hinsichtlich der Laufzeit von Poststücken - auch im internationalen Rahmen
rigide
Vorgaben, die nur mit großen
logistischen Anstrengungen umsetzbar sein werden.
Andererseits ist sie über weite Strecken
von großer Unverbindlichkeit und großem
Vertrauen in die freiwillige Zurückhaltung des Unternehmens hinsichtlich
weiterer
Rationalisierung
gekennzeichnet.
Nachdem
Ihre Vorgängerin nämlich ursprünglich gar keine
Universaldienstverordnung, sondern eine auf
privatrechtlicher Vertragsebene
abgesicherte “Freiwillige Vereinbarung" unter Einbindung der Post AG
und des
Gemeindebundes präferiert hatte, ist nun in Summe eine
rücksichtsvolle Verordnung
und eine völlig unverbindliche einseitige
Erklärung des Unternehmens sowie eine
zahnlose und noch dazu politisch einseitig besetzte Kontrollkommission
übriggeblieben. Mit letzterer versuchte Ihre Vorgängerin, die
Vorgangsweise der Post
AG bei der Schließung von Postämtern einer Art begleitender
Kontrolle zu
unterwerfen. Die Befugnisse der Kommission erschöpfen sich darin,
(vertrauliche)
Empfehlungen abgeben zu können, welche die Post AG nicht befolgen muss,
wenn
sie nur eine (wohl ebenfalls vertrauliche) schriftliche Begründung
dafür abgibt.
Außerdem soll die Möglichkeit eröffnet worden sein, Geldstrafen
und den Entzug des
Universaldienstes als Instrumente einzusetzen, falls die Post AG Postämter
ohne
Abstimmung mit den Gemeinden schließt (Darstellung nach
"Kommunal", März
2002). §3 Abs. 4 der neuen Verordnung ist
diesbezüglich jedoch sehr dehnbar, die
Abstimmung kann rechtlich auch ohne
Einvernehmen mit der Gemeinde mit einer
Amtsschließung beendet werden und dies wäre nicht von der
Strafdrohung des
Postgesetzes zum nicht oder nicht ordnungsgemäß erbrachten
Universaldienst
erfasst. Als “Gegenleistung"
für diese rechtliche weithin irrelevanten
Nebenabreden/Sideletters ließ sich BM Forstinger zum Erlass einer
zahnlosen
Verordnung verleiten, die in zentralen Punkten noch viel weitgehendere
Restrukturierungen zum Nachteil der Postkunden erlaubt, als seitens des
Unternehmens derzeit in Umsetzung begriffen. So wäre bei
buchstabengetreuer
Anwendung der Formulierung in §3 Abs. 3 die Schließung von mehr als
doppelt so
vielen Postämtern möglich wie derzeit seitens der Post AG vorgesehen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Werden Sie eine
Überarbeitung der Post-Universaldienstverordnung dergestalt
veranlassen, damit Schließungsvorhaben der Post nochmals überdacht
werden
müssen beziehungsweise hintangehalten werden?
2. Wenn nein, warum nicht?
3.
Können Sie ausschließen, dass in den nächsten Jahren über
die nun
begonnene Schließungswelle von Post-Standorten hinaus weitere
Restrukturierungen im Filialnetz erfolgen, und wenn nein, warum nicht?
4. Inwieweit
können Sie die Post AG durch Geldstrafen bewegen, die Interessen
der Gemeinden zu berücksichtigen?
5. Wie hoch sind diese Geldstrafen?
6.
Unter welchen Bedingungen/Umständen können Sie der Post den
Universaldienst a) gänzlich, b) teilweise entziehen?
7. Werden Sie darauf dringen, dass die Post AG bei Vorhandensein und
entsprechendem Interesse eines Dienstleisters
die Postagenden an diesen
überträgt (zB
Raiffeisenkasse/Salzburg, Versicherung/Steiermark), und welche
Möglichkeiten haben Sie, derartige Übertragungen gegenüber einer
Konkurrenzvermeidungsstrategie des Unternehmens Post AG durchzusetzen?
8.
Wie beurteilen Sie die Schließung des Postamtes Altenhof/OÖ, das
erst 1990
barrierefrei gestaltet wurde?
9.
Die Vorlage welcher unabhängigen Gutachten und internen Finanzunterlagen
(bitte um genaue Angabe hinsichtlich Untersuchungszeitraum,
Prognosehorizont, ...) wem gegenüber ist erforderlich, falls die Post AG
zur
verordnungskonformen Sperre einer Filiale nachzuweisen hat, dass die
“kostendeckende Führung des Postamtes aufgrund mangelnder
Kundennachfrage dauerhaft ausgeschlossen ist"?
10. Sind
insbesondere a) konkrete Aktivitäten zur Hebung der Kundennachfrage
und b) tatsächlich dauerhaft unveränderbare Rahmenbedingungen
nachzuweisen, und wie hat dies im einzelnen zu erfolgen?
11. Wie beugen
Sie Veränderungen beim Vollzug der Inhalte des Postgesetzes
hinsichtlich des Briefgeheimnisses vor, die sich infolge der laufenden
Restrukturierung des Postsektors ergeben?
12. Warum
ist die von Ihrer Vorgängerin angepeilte Vertragslösung unter
Einbeziehung des Gemeindebundes und des Unternehmens nicht
zustandegekommen?
13.
Welche Nebenabsprachen/Sideletters zur Post-UDV gibt es a)zwischen Post
AG und BMVIT, b) zwischen Gemeindebund und BMVIT, c) zwischen sonstigen
Gruppen/Akteuren und BMVIT? Wir ersuchen um wörtliche Wiedergabe
beziehungsweise um detaillierte Begründung, falls diese nicht erfolgen
sollte.
14.
Teilen Sie die Ansicht, dass eine Schließung von Postämtern, die
Festlegung
von Standorten einzelner Postämter und dgl. Gegenstand Ihrer Vollziehung
ist,
wenn die Erbringung des Universaldienstes dadurch a) verändert wird, b)
verändert werden könnte und wenn nein, aus welchen Gründen
rechtlicher und
anderer Art im einzelnen?
15. Können Sie für den Zeitraum ihrer Tätigkeit als Regierungsmitglied
Eigentumsveränderungen
a) bei der Post AG, b) bei jeder der geplanten fünf
Sparten der Post AG
ausschließen?
16. Haben Aussagen wie diejenige des
Post-AG-Generaldirektors (APA, 5.3.2002),
wonach die Auswirkungen der
beabsichtigten Spartenorganisation des
Unternehmens erst nach der Inbetriebnahme einzelner Briefverteilzentren
genau abgeschätzt werden könnten, Auswirkungen auf Ihre
Einschätzung der
Verlässlichkeit finanzieller Angaben seitens des Unternehmens Post AG, und
wenn nein, warum nicht?
17.
Wie stehen Sie zum jüngsten Vorstoß aus Ihrem Haus für weiter
beschleunigte
Liberalisierung des
Postsektors (vgl. Die Presse, 12.3.2002), die auch weitere
Arbeitsplätze bei der Post AG und die internationale
Konkurrenzfähigkeit des
Unternehmens gegenüber auf ihren Heimmärkten weniger rasch der
Konkurrenz ausgesetzten nichtösterreichischen Unternehmen gefährden
kann?