3836/J XXI.GP

Eingelangt am: 07.05.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten Dr. Cap

und GenossInnen

an den Bundesminister für Justiz

betreffend die gerichtliche Strafbarkeit des Zerquetschens von Käfern oder Mücken

Der Tierschutz ist eine wichtiges Ziel in unserer Gesellschaft und einer ethisch ausgerichteten
Werteordnung. Es war bisher aber auch unbestritten, dass in unserer Zivilisation der
Tierschutz nicht verabsolutiert wurde, sondern der Schutz sich auf gewisse Tiere bezogen hat
und auch für diese in einem gewissen Rahmen blieb. Anders als etwa in gewissen
buddhistischen Denkrichtungen ist Tierschutz bei uns ein relativer Begriff, der sich -
besonders was die strafrechtliche Dimension betrifft - bei der Pönalisierung von Handlungen
daran orientiert, was ein durchschnittlich rechtstreuer Mensch als unerträglich empfinden
würde.

Nach dem vom Bundesministerium für Justiz in die Begutachtung versandten Entwurf
betreffend ein Strafrechtsänderungsgesetz 2002 soll beim § 222 StGB (Tierquälerei) eine
deutliche Erweiterung des gerichtlichen Straftatbestandes erfolgen. Diese Erweiterung ist
vertretbar, soweit unmissverständlich klargestellt wird, dass auch strafbar ist, “wer ein Tier
aussetzt, obwohl es in der Freiheit zu leben unfähig ist", oder “wer ein Tier mit dem Vorsatz,
dass ein Tier Qualen erleide, auf ein anderes hetzt".

Es ist aber fragwürdig, ob der Entwurf nicht dort deutlich über das Ziel schießt, wonach auch
bestraft werden soll, “wer ein Tier ohne vernünftigen Grund tötet."

Gegen diese Erweiterung des gerichtlichen Straftatbestandes (gerichtliche Strafe bis zu einem
Jahr) wurden bereits von wissenschaftlicher Seite ernste Einwände erhoben (siehe
beiliegenden Artikel von o. Univ.-Prof. Dr. Klaus Schweighofer, Institut für Strafrecht und
sonstige Kriminalwissenschaften der Universität Innsbruck, “Presse" vom 6. Mai 2002).

Es ist zu befürchten, dass aufgrund des neuen Gesetzestextes von der Praxis abgegangen wird,
dass Tierquälerei nur an Wirbeltieren begangen werden kann. Vielmehr könnte es bei
großzügiger Auslegung der vom Justizminister vorgeschlagenen Formulierung dazu kommen,


dass jemand bis zu einem Jahr ins Gefängnis geschickt wird, weil er einen Käfer zertreten
oder mit einer Fliegenklappe eine Stubenfliege zerquetscht hat.

Es ist keineswegs die Absicht der unterzeichneten Abgeordneten, die wichtige Frage des
Tierschutzes nicht mit dem gebotenen Ernst zu behandeln. Tatsache ist aber immerhin, dass
ein ordentlicher Univ. Prof. in einer seriösen Tageszeitung befürchtet, dass “die
Tatbestandsbeschreibung zu unbestimmt ist und den Strafverfolgungsbehörden einen viel zu
großen Spielraum lässt" und er somit die Gefahr sieht, “dass es zur Verfolgung geradezu
lächerlicher, jedenfalls nicht strafwürdiger Handlungen kommt". Es stellt sich somit die
ernsthafte Frage, ob der Justizminister bei seinem Konzept der größtmöglichen
Kriminalisierung aller Lebensbereiche nicht wieder einmal einen großen Schritt zu weit
gegangen ist.

In diesem Sinn stellen die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister für Justiz
nachstehende

Anfrage:

1.      Sind Sie der Auffassung von Univ. Prof. Dr. Klaus Schweighofer, dass durch Ihren
Vorschlag eines neuen § 222 StGB die Gefahr entstehe, “dass es zur Verfolgung
gerade zu lächerlicher, jedenfalls nicht strafwürdiger Handlungen kommt."?

2.      Nach der geltenden Gesetzeslage wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass
Tierquälerei nur an Wirbeltieren begangen werden kann. Beabsichtigen Sie, dass
künftig auch Mücken, Käfer oder Stubenfliegen “nicht ohne vernünftigen Grund"
getötet werden dürfen und wenn so etwas passiert, dass gerichtliche Strafen bis zu
einem Jahr ausgesprochen werden?

3.      Wann wäre das Erschlagen einer Stubenfliege nach Ihrem Gesetzesvorschlag
“grundlos" und wann liegt ein “vernünftiger Grund" vor?

4.      Wird es künftig strafbar sein, im Keller Mäusefallen aufzustellen, um den Keller
mäusefrei zu bekommen oder liegt diesbezüglich “ein vernünftiger Grund" vor?

5.      Wie ist der gleiche Tatbestand (Aufstellen von Mäusefallen) zu sehen, wenn die

Mäusefallen außerhalb des Hauses aufgestellt werde, weil jemand Mäuse nicht mag?


6.      Soll das Versprühen von Insektenvertilgungsmitteln gerichtlich strafbar sein? Wann
liegt hier ein “vernünftiger Grund" vor?

7.      Wird das Betreiben von technischen Einrichtungen in Schanigärten, durch welche
Gelsen und andere Insekten getötet werden, künftig unter gerichtliche Strafe gestellt?

8.      Wird das Töten von Rotwild, Hasen, Fasanen, etc. rein aus Jagdleidenschaft - selbst
bei Besitz eines Jagdscheines - künftig unter gerichtliche Strafe gestellt?

9.      Liegt bei der fachgerechten Tötung eines Tieres aus religiösen Gründen ein
“vernünftiger Grund" im Sinne Ihres Gesetzesvorschlages vor?

10.    Warum ist die Tatbestandsbeschreibung (“Töten eines Tieres ohne vernünftigen
Grund") derart unbestimmt?

11.    Ist es beabsichtigt, dass durch diese Unbestimmtheit den Strafverfolgungsbehörden
ein außerordentlich großer Spielraum eingeräumt wird?

12.        Wenn ja: worin besteht diese Absicht?

 

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