3929/J XXI.GP
Eingelangt am: 22.05.2002
ANFRAGE
des Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend Einrichtung einer
"Bundesanstalt für ländliche Entwicklung, Nachhaltigkeit
und Wald"
Laut Ankündigungen ist unter dem Titel
“Bundesanstalt für ländliche Entwicklung,
Nachhaltigkeit und Wald" die Zusammenlegung folgender fünf
Bundesanstalten
geplant:
- Forstliche Bundesversuchsanstalt
- Bundesanstalt für alpenländische Landwirtschaft
- Bundesanstalt für Landtechnik
- Bundesanstalt für Agrarwirtschaft
- Bundesanstalt für Bergbauernfragen.
Unsere Nachfragen haben ergeben, dass die Mitarbeiterinnen
ohne vorherige
Information und Diskussion per Fax oder per e-mail vor vollendete Tatsachen
gestellt
wurden. Offensichtlich soll das o.a.
Zusammenlegungsprojket ohne begleitende
Informationspolitik, ohne Diskussion mit den Betroffenen, der
Personalvertretung
und ohne ernsthafte Begründung Ihrer Entscheidungen vonstatten gehen.
Da die Zusammenlegung dieser fünf völlig
unterschiedlichen Bundesanstalten weder
fachlich zweckmäßig noch ökonomisch sinnvoll erscheint, stellen
die unterfertigten
Abgeordneten folgende
ANFRAGE:
1. Wie begründen Sie die Zusammenlegung dieser äußerst heterogenen
Dienststellen zur “Bundesanstalt
für ländliche Entwicklung, Nachhaltigkeit und
Wald" und welche Ziele sollen damit erreicht werden?
2. Inwiefern
passen diese Bereiche thematisch zueinander und inwiefern können
Interessenskonflikte zwischen diesen Bereichen hintangehalten werden?
3. Wie
entkräften Sie die Kritik, dass dieses Konzept jeder nachvollziehbaren
Logik entbehrt und wie ist zu rechtfertigen, dass völlig unterschiedliche
Wissenschaftsdisziplinen unter ein Dach gezwungen werden?
4. Wenn es sich
schon um eine Zusammenlegung unter dem klingenden Titel
“ländliche Entwicklung, Nachhaltigkeit und Wald" handelt,
inwiefern wurde der
für die Nachhaltigkeit wichtige
Themenkomplex "Wasser" mitberücksichtigt?
5. Wie entkräften
Sie das Argument, dass sich große Verwaltungseinheiten,
gerade dann, wenn sie sehr heterogene Bereiche umfassen, als wenig
effizient erweisen?
6. Inwiefern
und in welchem Bereich erwarten Sie sich Synergieeffekte und
Kosteneinsparungen bzw. wie können Sie
ausschließen, dass es nicht zu
höheren Ausgaben (neue Direktion, Mieten, Standortverlegung etc.) kommt?
7. An welchem Standort soll die neue Bundesanstalt angesiedelt werden?
8. Welche
organisatorische Gliederung soll die neue Bundesanstalt erhalten,
was sollen ihre konkreten Aufgabenbereiche sein und welche Ziele sollen
damit erreicht werden?
9. Stimmt es,
dass die Mitarbeiterinnen ohne vorherige Information und
Diskussion per Fax oder e-mail vor vollendete Tatsachen gestellt wurden?
Wenn ja, wie begründen Sie das, wenn nein, in welcher Form wurden die
Mitarbeiterinnen über das
Zusammenlegungsprojekt informiert?
10. Inwie weit wurden die
Leitungen der betroffenen Dienststellen rechtzeitig
informiert bzw. finden Sie die Benachrichtigung von tiefgreifenden
strukturellen Entscheidungen im Wege eines e-mails als ausreichend?
11. Wie entkräften Sie
den Vorwurf, dass diese Vorgangsweise nicht einer
modernen, verantwortlichen
Ressortführung, sondern eher einem Rückfall in
den obrigkeitsstaatlichen Dirigismus entspricht?
12. Es ist bekannt, dass
für den Erfolg von Veränderungsprozessen und die
Motivation der betroffenen Mitarbeiterinnen eine frühzeitige und
ausreichende
Einbindung in die institutionellen Veränderungen erforderlich ist. In
welcher
Form wird das geplante Konzept der Reorganisation mit den betroffenen
Mitarbeitern zumindest in nächster Zeit diskutiert werden? Werden
alternative
Vorschläge bzw. Varianten in die Überlegungen mit einbezogen? Wenn
ja,
welche? Wenn nein, warum nicht?
13. Wie begegnen Sie der
Befürchtung, dass die Zusammenlegung der
genannten Bundesanstalten eine Zerschlagung bewährter Strukturen und
innovativer Forschungsansätze sowie die Demotivierung der Mitarbeiterinnen
zu Folgen haben wird?
14. Im Dienstzettel Ihres
Generalsekretärs steht, dass die neue Bundesanstalt
“flankierend zur Ernährungsagentur und zur bestmöglichen
Unterstützung der
Politik" geschaffen werden soll. Wie begründen Sie das?
15. Die Bundesanstalt für Bergbauernfragen (BABF) hat sich in der
Vergangenheit durch ihre unabhängige und
kritische Forschungstätigkeit
einen Namen gemacht, der weit über die Grenzen Österreichs
hinausreicht.
Sehen Sie nicht die Gefahr, dass durch die erzwungene Zusammenlegung die
Unabhängigkeit dieser Forschungseinrichtung und damit auch kritische
Analysen um eine
ökosoziale, nachhaltige Landwirtschaft und Entwicklung
des ländlichen Raumes verloren gehen?
16. Wie werden Sie verhindern, dass eine innovative Anstalt wie die
Bundesanstalt für Bergbauernfragen,
deren Expertise sogar im Europäischen
Parlament nachgefragt wird, durch die plötzliche Neustrukturierung
zerstört
wird?
17. BA
für Bergbauernfragen nimmt seit mehr als zwei Jahren am
Verwaltungsinnovationsprojekt
“Flexibilisierungsklausel" teil und hat
leistungsmäßig und budgetär beachtliche Erfolge aufzuweisen.
Bei
Eingliederung der BA für Bergbauernfragen kann dieses zukunftsweisende
Verwaltungsinnovationsprojekt nicht weiter geführt werden. Inwiefern wurde
dies bei Ihren Reformüberlegungen berücksichtigt?
18. Das
Jahr 2002 wurde von der UNO zum Internationalen Jahr der Berge
erklärt, um auf die ökologischen und sozialen Probleme und Gefahren
für die
Berggebiete aufmerksam zu machen und Lösungen zu suchen. Sind Sie
bereit, dies zum Anlaß
zu nehmen, dem Wunsch der Bundesanstalt für
Bergbauernfragen nach
Eigenständigkeit nachzukommen und diese vom
genannten
Zusammenlegungsprojekt herauszunehmen?
19. Wird es
bei der Forstlichen Bundesversuchsanstalt zu einer Trennung der
FBVA in einen hoheitlichen
Bereich (ein aus Steuermitteln erhaltenes
Bundesamt für Wald als Behörde mit pragmatisierten Beamten) und einen
privatrechtlichen Bereich (gewinnorientierte Bundesanstalt mit Angestellten)
kommen?
20. Wird
die neue Bundesanstalt in Konkurrenz zu privaten Anbietern von
Dienstleistungen auftreten?
21. Welche
Institute bzw. Projekte der FBVA werden zum Bundesamt für Wald
und welche zur neuen
Bundesanstalt gehören?
22.
Bedeutet diese Trennung das Ende für den Sitz der FBVA im Schlosspark
Schönbrunn und wird es zu einer Verlegung ins BFL nach Hirschstetten
kommen?
23. Die im
§ 130 Abs. 3 ForstG genannten-Aufgabenbereiche des Bundesamtes
für Wald überschneiden sich voraussichtlich mit den Zielen der neuen
Bundesanstalt. Ist daher mit einer neuerlichen Novelle des ForstG zu
rechnen?