4323/J XXI.GP

Eingelangt am: 19.09.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten Lapp

und Genossen

an den Bundesminister für Justiz

betreffend Entwurf zur Urheberrechtsgesetz-Novelle 2002

Durch den Entwurf “Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz geändert wird
(Urheberrechtsgesetz-Novelle 2002 - UrhG-Nov 2002)", mit dem die Richtlinie 2001/29/EG
(ABI. Nr. L 167 vom 22. Juni 2001, S 10) in innerstaatliches Recht umzusetzen ist, soll zwar
eine freie Werknutzung für behinderte Menschen eingeführt werden, doch reicht der jetzige
Regierungsvorschlag bei weitem nicht aus, um den Bedürfnissen der Behinderten gerecht zu
werden.

In der heimischen Umsetzung der EG-Richtlinie hat Österreich einen Spielraum, welcher
jedoch in diesem Fall im Ministerialentwurf überhaupt nicht zugunsten von behinderten
Menschen genützt wird. Dadurch werden die Behinderten wieder einmal benachteiligt, anstatt
dass man versucht, diesen Menschen das ohnehin schwierige Leben, das sie zu meistern
haben, zu erleichtern.

Dieser Entwurf zeigt neuerlich, dass hinter den behindertenpolitisch wohlklingenden
Ankündigungen dieser Bundesregierung überhaupt keine entsprechenden Taten stehen - im
Gegenteil.

In diesem Zusammenhang richten die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister
für Justiz nachstehende

Anfrage:

1.   Warum wird in § 42e (1) des Entwurfs bei der Erlaubnis zur Vervielfältigung und
Verbreitung für behinderte Nutzer bloß auf die mangelnde Wahrnehmbarkeit der
angebotenen Formate abgestellt?

2.   Glauben Sie nicht, dass damit schwer körperbehinderte Menschen, die zwar ein Werk
sehen, also wahrnehmen, aber nicht mit einem Buch hantieren können, vom
Anwendungsbereich ausgegrenzt werden, da für sie ein Werk dann nicht in ein anderes
Format gebracht, z.B. digitalisiert, werden darf?

3.   Wie stehen Sie zur Forderung nach einem diesbezüglichen Abstellen auf die mangelnde
Zugänglichkeit des Werkes?

4.   Für die Vervielfältigung, Verbreitung und Konvertierung in ein geeignetes Format für
behinderte Menschen darf laut Gesetzesentwurf ein Entgelt von den
Verwertungsgesellschaften eingehoben werden - damit zahlen behinderte Menschen


doppelt. Sie müssen das unzugängliche Werk am Markt entgeltlich erwerben und müssen
dann nochmals dafür zahlen, dass von ihnen selbst oder von gemeinnützigen
Organisationen die mühevolle Arbeit erbracht wird, das Werk in ein zugängliches Format
zu konvertieren. Wie können Sie eine solche Benachteiligung, wie sie in Ihrem Entwurf
vorgesehen ist, rechtfertigen?

5.   Werden Sie diese ungerechte und doppelte Entgeltlichkeit streichen? Wenn nein, warum
nicht?

6.   Haben Sie bzw. die zuständigen Ministerialbeamtlnnen bei der Formulierung des
Entwurfs Kontakt Mitglieder der “Urheberrechtsplattform", die sich im Rahmen der
Umsetzung der EG-Richtlinie das Ziel gesetzt hat, für eine Nicht-Benachteiligung
behinderter Menschen beim Zugang zu Information einzutreten, kontaktiert? Wenn ja,
warum wurden deren Anliegen nicht berücksichtigt? Wenn nein, warum nicht und werden
Sie diese Kontaktaufnahme nachholen?