482/J XXI.GP
der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit & Soziales
betreffend das Nutzungspotential von Stevia rebaudiana (Zuckerblattpflanze)
Die Pflanze Stevia mit dem botanischen Namen Stevia rebaudiana (Bert.) ist in den
Amambai - Bergen an der Grenze zwischen Brasilien und Paraguay beheimatet. Was
den Naturwissenschaftler Bertoni bei seiner Erstbeschreibung von Stevia rebaudiana
im Jahre 1887 in Erstaunen versetzte, war den Guarani in Paraguay seit
Jahrhunderten bekannt. Sie nannten diese Pflanze ka‘a hê'ê (süßes Kraut) und
verwendeten sie unter anderem zum Süßen des Matetees und für medizinische
Zwecke.
Die Pflanze trägt auch den Namen Süßkraut oder Zuckerblattpflanze und enthält
mehrere sehr süße Substanzen (Steviosid und Rebaudioside), die Blätter sind 15 -
mal süßer als Zucker, Steviosid - Extrakte bis zu 300 - mal. Stevia ist praktisch
kalorienlos und schadet den Zähnen nicht. Im Gegenteil soll es sogar die Bildung
von Karies und Plaque hemmen. Es lässt sich fast genau so wie Zucker einsetzen
(außer für Karamel), ist hitzestabil und wirkt geschmacksverstärkend. Aus
Südamerika kommend wurde Stevia bald über die ganze Welt verbreitet. In
Großbritannien wurde sie während des 2. Weltkrieges erfolgreich angebaut, geriet
dann aber leider wieder in Vergessenheit. In Japan hingegen führte das Verbot
bestimmter künstlicher Süßstoffe und die kritische Einstellung der KonsumentInnen
gegenüber Zucker zu einem Stevia - Boom: Ende der 80er - Jahre hielt Stevia über
40% des Süßstoffmarktes und wurde in allen nur erdenklichen Produkten verarbeitet.
Heute wird Stevia rebaudiana auch in zahlreichen anderen Ländern wie China,
Korea, Taiwan, Israel, Uruguay, Brasilien und Paraguay als Süßstoff verwendet.
Obwohl Stevia 15 - mal süßer als Zucker und frei von dessen Nachteilen ist, ist deren
Verwendung in der EU und den USA aber leider am Rande der Legalität. In der EU
wurde Stevia als „neuartiges Lebensmittel“ (novel food) eingestuft und ist daher
bewilligungspflichtig. Derzeit läuft ein Bewilligungsverfahren und ein
wissenschaftlicher Ausschuss hat die Meinung geäußert, die Pflanze wäre noch zu
wenig erforscht, um sie als unbedenklich einstufen zu können. Dabei wurden die
langen Erfahrungen sowohl in Paraguay als auch in Japan außer Acht gelassen. Der
Druck der Zucker - und Saccharin - Lobby scheint beträchtlich zu sein. Somit schützt
die Novel – food - Verordnung der EU in diesem Fall eher die Nahrungsmittelindustrie
vor den KonsumentInnen als umgekehrt. In den USA ist Stevia zwar als „diätetischer
Nahrungsersatz“ zugelassen, aber nicht als Süßstoff (angeblich auf Druck von
Monsanto/NutraSweet).
Noch sind Stevia - Produkte vereinzelt im Handel erhältlich - im Sinne der Gesundheit
ist zu hoffen, dass Stevia in Europa bald
ähnliche Anerkennung erfährt wie in Japan.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Ist Stevia rebaudiana EU - weit als Lebensmittel bzw. als Lebensmittelzutat
genehmigt? Wenn nein, warum nicht?
2. Derzeit läuft in der EU ein Bewilligungsverfahren gem. Art. 4 der Verordnung
258/97 EWG, ausgehend von einer belgischen Firma. Gibt es schon eine
Entscheidung der EU - Kommission über den Bewilligungsantrag, wenn ja, welche?
3. Wie schätzen Sie das medizinische Nutzungspotential von Stevia rebaudiana zur
Verhinderung der Kariesbildung, als Zuckerersatz für Diabetiker und bei
Zuckerallergien sowie zur Reduzierung von Übergewicht ein?
4. Eine Firma, die Stevia - Produkte in Österreich vertrieben hat, bekam auf Anfrage
vom Bundeskanzleramt beschieden, dass Stevia in Österreich derzeit (während
des Anmeldeverfahrens) nicht vertrieben werden dürfe. Ist dies richtig und was
werden Sie unternehmen, damit dieses Anmeldeverfahren positiv abgeschlossen
wird?
5. Sehen Sie angesichts der vorbeugenden Wirkung (gegen Diabetes, Karies,
Übergewicht, Zuckerallergien etc.) von Stevia rebaudiana ein
Einsparungspotential im Gesundheitsbereich und sind Sie über diesbezügliche
Erfahrungen aus Japan informiert? Wenn nein, wie begründen Sie das?