675/J XXI.GP
der Abgeordneten Glawischnig, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Land - und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend Aarhus - Konvention (Übereinkommen über den Zugang zu Informationen,
die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu
Gerichten in Umweltangelegenheiten)
1. Inhalt der Aarhus - Konvention
. Umweltinformation: Im Vergleich zur Umweltinformations - RL der EU (90/313)
und dem österr. UIG sind insbesondere folgende Neuheiten zu erwähnen:
Aktive lnformationspflicht der Behörden anläßlich einer besonderen Gefahr und
über vorhandene Umweltdateien, Pflicht zur Erstellung von Katastern und
Umweltberichten, Information über Umweltauswirkungen von Produkten,
verpflichtende Wahrnehmungsberichte über den Umweltrechtsvollzug.
. Öffentlichkeitsbeteiligung an Genehmigungsverfahren: Die
Öffentlichkeitsbeteiligung ist nur für die im Anhang 1 genannten Projekte und
für solche Projekte, die laut innerstaatlichem Recht Projekte mit erheblichen
Auswirkungen sind, zu gewährleisten. Die Öffentlichkeitsbeteiligung umfaßt die
in UVP - RL und IPPC - RL bekannten Elemente, ist jedoch präziser ausformuliert.
Die Information und Beteiligung sollen so früh wie möglich, effektiv und
angemessen erfolgen.
• Öffentlichkeitsbeteiligung an umweltbezogenen Programmen, Plänen und
Politiken
• Öffentlichkeitsbeteiligung an umweltbezogenen Verordnungen
• Rechtsweg:
• Ein Rechtsweg ist vorgesehen bei Verweigerung von
Umweltinformationen im engeren Sinne (Überprüfungsverfahren vor
einem ordentlichen Gericht oder sonstiger neutraler Stelle, ob Auskunft zu
Recht verweigert wurde.)
• Entscheidungen über Vorhaben, für die eine Öffentlichkeitsbeteiligung
verpflichtend ist, können von Betroffenen und
Umweltschutzorganisationen hinsichtlich ihrer verfahrensrechtlichen und
inhaltlichen Richtigkeit bei einem ordentlichen Gericht oder einer
neutralen Stelle angefochten werden.
• Die interessierte Öffentlichkeit (Verbände) muß rechtliche Schritte gegen
Behörden und Privatpersonen, die gegen Umweltschutzrecht verstoßen,
unternehmen können.
• Alle drei aufgelisteten Rechtswege müssen effizienten Rechtsschutz
gewährleisten, fair, gerecht, zügig und nicht unerschwinglich sein. Die
Öffentlichkeit ist über ihre Rechte zu informieren.
2. Anstehende Ratifikation und Umsetzung der Konvention
In seiner Anfragebeantwortung vom 21. Mai 1999 kündigte der damalige
Umweltminister folgendes an: „Die Konvention soll noch vor dem Sommer dem
Parlament zur Ratifikation vorgelegt werden.“ (5690/AB vom 21. Mai 1999) Eine
solche Vorlage ist bis dato unterblieben, sodaß hier die eigene ministerielle
Zielvorgabe fast schon ein Jahr lang verletzt wird.
Da die Konvention erst nach Ratifikation von mindestens 16 Staaten in Kraft tritt, ist
jede Ratifikationsurkunde eines Staates ein Schritt in diese Richtung. Bloß auf die
Ratifikation durch die Europäische Union und die entsprechende Abänderung von
Richtlinien zu warten, wie es den Anschein hat, ist sicherlich unzureichend. Die
Konvention macht viele Vorgaben, die thematisch oder wegen anderer
Schwellenwerte nicht von EU - Richtlinien erfaßt sind. Es wird dergestalt jedenfalls in
zentralen Fragen der Konvention wie
• dem Rechtsweg der interessierten Öffentlichkeit gegen eine Verletzung von
Umweltvorschriften durch Behörden oder Privatpersonen (Verbandsklage auf
Einhaltung des Umweltrechts),
• der Öffentlichkeitsbeteiligung an umweltbezogenen Verordnungen und
• dem weiten Umweltinformationsbegriff (zB Einrichtung von
Emissionskatastern, Information über Umweltauswirkungen von Produkten,
Wahrnehmungsberichte über den Umweltrechtsvollzug)
auf die einzelstaatliche Umsetzung ankommen.
Die Koalitionsparteien sind jedoch nicht nur säumig beim Ratifikationsverfahren,
sondern stehen auch im Begriff, konventionswidrige Gesetze zu erlassen.
Bestehendes österreichisches Recht, welches im Sinne der Konvention ist, wie die
Parteistellung der Bürgerinitiativen im Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren soll,
beseitigt werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
ANFRAGE:
1. Aus welchen Gründen unterblieb bis dato die angekündigte Vorlage der
Aarhus - Konvention an das Parlament?
2. Welche Vorarbeiten wurden vom federführenden Ressort getätigt, um zu
klären, welche innerstaatlichen Rechtsmaterien zur Umsetzung der Konvention
abgeändert werden müßten oder welche neuen Gesetze zu erarbeiten wären?
3. a) Welche Gesetzesinitiativen wird ihr Ressorts zur Umsetzung der Aarhus
Konvention in dieser Legislaturperiode setzen?
b) Welcher interessierten Öffentlichkeit soll ein Klagerecht gegen
Umweltrechtsverletzungen (Art 9) eingeräumt werden? Wie wird die
Fairness, Effizienz, Zügigkeit und Erschwinglichkeit dieses
Rechtsschutzes gewährleistet werden?
c) Wie verantwortet das Ressort den geplanten radikalen Abbau der
Mitwirkungsrechte für Bürgerinitiativen im UVP - G angesichts der Aarhus -
Konvention und deren Unterzeichnung durch Österreich im Juni 1998?
4. Welche anderen Ressorts wurden mit der anstehenden Umsetzung befaßt?
5. a) Wie befördert Österreich die Ratifikation der Aarhus - Konvention durch die
Europäische Union?
b) Wird der in der Anfragebeantwortung vom Mai 1999 genannte Zeitpunkt,
nämlich „ein Inkrafttreten gegen Ende 2000“, realisierbar sein? Wenn
nicht, aus welchen Gründen nicht?