704/J XXI.GP
Des Abgeordneten Dr. Hannes Jarolim
und Genossinnen
an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
betreffend missbräuchliche Erteilung von Visa und Aufenthaltsgenehmigungen durch die
österreichische Botschaft in Kiew
In den Jahren 1998 und 1999 ist die Zahl der von der österreichischen Botschaft in Kiew
ausgestellten Sichtvermerke und Aufenthaltsgenehmigungen sprunghaft angestiegen. So
wurden zum Beispiel im November 1998 6324 Sichtvermerke erteilt. Es soll zu Nachfragen
anderer Schengenländer, die die österreichische Visapraxis kritisch beurteilten, gekommen
sein.
Während überdurchschnittlich vielen jungen Frauen die Einreise durch Visa auf Grund von
Geschäfts- und Privateinladungen sowie Aufenthaltsgenehmigungen nach
§ 19 Abs. 2 Z 2 Fremdengesetz (Go - Go - Girls) ermöglicht wurde, beschwerten sich
österreichische Unternehmer über die Schwierigkeiten Sichtvermerke für Geschäftspartner zu
erhalten. Auch sollen schlecht beleumundete Reisebüros bei der Visavergabe für ihre Kunden
bevorzugt behandelt worden sein.
Der Verdacht liegt nahe, dass mit den Frauen Menschenhandel betrieben wurde und diese der
Prostitution zugeführt wurden. Anderen Antragstellern wurde so die Einreise in den
Schengenraum ermöglicht und von diesen möglicherweise zum Abspringen von der
Reisegruppe zur Ausübung von Schwarzarbeit oder zur missbräuchlichen Stellung von
Asylanträgen genutzt.
Viele der verdächtigen Anträge sollen mangelhaft ausgefüllt, teilweise sogar gefälscht worden
sein. Dennoch scheint der/die Bearbeiter/in keinen Verdacht des Missbrauchs gehegt zu
haben, in einem Fall soll sogar einer Frau mit Einreiseverbot bis 2003 ein Visum ausgestellt
worden sein. Inwieweit es sich hier um Schlamperei oder gar um Amtsmissbrauch, vielleicht
sogar fußend auf Bestechung oder Erpressung, gehandelt hat, ist vom Ministerium zu
untersuchen.
Auffallend viele Einladungen soll auch der österreichischer Verein „Landlerhilfe“, dessen
Vorsitzender OÖ ÖVP - Landtagsabgeordneter Mag. Ing. Otto Gumpinger ist, ausgesprochen
haben. Da es nur mehr rund 25 Landlerfamilien in der Ukraine gibt, stellt sich die Frage,
wieso 1999 1500 Einladungen ausgesprochen wurden und wie die Gäste überhaupt mit der
Landlerhilfe in Kontakt gekommen sind.
Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Wirtschaft und
Arbeit, unter dem Hinweis, dass gleichlautende Anfrage auch an die Bundesministerin für
auswärtige Angelegenheiten und den Bundesminister für Inneres erging, mit dem Ersuchen
jene Fragen zu beantworten, die in den eigenen Zuständigkeitsbereich fallen, folgende
Anfrage:
1. Wie schätzen Sie die Gefahr der missbräuchlichen Antragstellung und missbräuchlichen
Genehmigung dieser Anträge an den österreichischen Botschaften in den Staaten des
ehemaligen Ostblocks ein?
2. Welche Vorkehrungen werden getroffen um
diesen Missbrauch hintanzuhalten?
3. Wer war der unmittelbare Bearbeiter der Anträge für die Sichtvermerke und
Aufenthaltsgenehmigungen im Zeitraum 1998 bis August 1999, der „Blütezeit“ dieser
Praxis?
4. Wurden die Vorschriften nachweislich eingehalten?
5. Welchen Personengruppen wurde in welchem Ausmaß Visa erteilt?
6. Wie viele Anträge wurden auf Aufenthaltsgenehmigung nach § 19 FremdenG gestellt?
Wie viele davon wurden positiv beschieden?
7. Wie viele Frauen mit von der österreichischen Botschaft in Kiew ausgestellten SV und
Aufenthaltsgenehmigungen wurden in Österreich/in anderen Schengenländern als
Prostituierte aufgegriffen?
8. Wie viele Anfragen zu ukrainischen Staatsangehörigen wurden betreff der von der
österreichischen Botschaft in Kiew ausgestellten SV und Aufenthaltsgenehmigungen von
Österreich und anderen Schengenländern an die österreichische Botschaft in Kiew
gestellt? Weshalb waren diese Personen auffällig geworden?
9. Welche Ergebnisse brachte die Untersuchung der Kommission, besetzt mit Beamten des
Innen - und des Außenministeriums im August 1999 und im Jänner 2000?
10. Welche Maßnahmen wurden in der Folge gesetzt?
11. Gab es personelle Folgen?
12. Wie hoch beziffern Sie den Schaden für die österreichische Wirtschaft durch die rigide
Visapraxis gegenüber Unternehmern?
13. Was ist Ziel und Zweck des Vereins Landlerhilfe?
14. Ist der Verein Landlerhilfe in der Ukraine tätig? Wie äußert sich diese Tätigkeit?
15. Wie vielen ukrainischen Staatsangehörigen sind auf Grund einer Einladung der
Landlerhilfe Sichtvermerke erteilt worden? Kam es zu missbräuchlichen Verwendungen
der Visa?