971/J XXI.GP

 

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Inneres

 

betreffend Existenzgefährdung von Zivildienern durch Disziplinarstrafen

 

 

 

Zivildienstleistende bekommen seit 1. Juni 2000 eine Pauschalvergütung von

ATS 3.648,--. Mit diesen Betrag müssen sie sich nicht nur verpflegen, sondern auch

alle anderen anfallenden Kosten begleichen. In letzter Zeit wurden uns Fälle

gemeldet, daß nicht wenige Zivildiener auch diese geringe Finanzierung noch über

Monate hinaus verlieren und zwar durch sehr hohe Disziplinarstrafen für geringe

Fehlleistungen.

 

So mußte ein Zivildiener, der wegen der Sperre seines Telefons ein Fernbleiben

wegen Erkrankung nicht gleich an seine Dienststelle melden konnte, die

Krankmeldung aber nachreichte, ATS 3.000,-- Disziplinarstrafe zahlen.

 

Ein anderer Zivildiener kam zwei Mal zum Grundlehrgang (15 bzw. 30 Minuten) zu

spät, fehlte ein Mal vier Stunden aufgrund einer Erkrankung und vergaß einmal, sich

in die Teilnehmerliste einzutragen. Die Bezirksverwaltungsbehörde führte kein

ausreichendes Beweisverfahren durch und hörte keine Zeugen. Sie sprach eine

Strafe von ATS 18.000,-- aus.

 

Ein weiterer Zivildienstleistender wurde wegen des Fehlens an einem Tag und

zweimaligem Zuspätkommen zu ATS 12.000,- verurteilt.

 

Strafen in dieser Höhe sind lt. §§ 63 und 64 ZDG nur für vorsätzlich begangene

Vergehen vorgesehen. Bei sonstigen - also auch fahrlässig begangenen - Vergehen

liegt die Strafhöhe lt. §§ 65 f ZD bei ATS 5.000,--. Weiters ist in § 19 Abs. 2 VStG

vorgesehen, daß sowohl Milderungs - und Erschwerungsgründe in die Straf -

bemessung im Verwaltungsstrafverfahren einfließen müssen, als bei der Strafbe -

messung die Einkommens -, Vermögens - und Familienverhältnisse des

Beschuldigten zu berücksichtigen sind.

 

Uns wurde von Zivildienstberatungsstellen berichtet, daß die Verwaltungsstraf -

verfahren unzureichend durchgeführt werden. Die Beweisverfahren sind mangelhaft,

in der Strafbemessung wird nicht auf Lebensverhältnisse eingegangen, es werden

weder mildernde noch erschwerende Gründe für die Strafverfügung konkret

dargelegt.

 

Angesichts der Tatsache, daß Zivildienstleistende ihren Lebensunterhalt aus der

Pauschalvergütung leisten müssen, sind solche Strafen als ungerechtfertigt hoch

und existenzgefährdend anzusehen, da durch diese teilweise das Entgelt für

mehrere Monate verloren geht.

 

Außerdem kann es im Extremfall - etwa bei mehrmaligem Zuspätkommen - noch

passieren, daß der Zivildienstleistende durch das Strafverfahren (Beweisverfahren

beim BMI bzw. der Bezirksverwaltungsbehörde) seinem Dienst länger fernbleiben

muß, als er dies beim Vergehen tat.

 

Dazu kommt noch, daß die eingezogenen Zivildienstleistenden im Durchschnitt

immer jünger werden. Viele verkraften den oft physisch und psychisch sehr

anstrengenden Dienst nicht. In Streßsituationen kann es daher zu Fehlleistungen,

wie Zuspätkommen oder „Vergessen“ der Krankmeldung kommen, die drastische

Bestrafungen nach sich ziehen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

 

1. Halten Sie so hohe Strafen noch für gerechtfertigt, vor allem auch angesichts

    der Tatsache, daß Zivildiener von rund ATS 3.600,- pro Monat leben müssen?

 

2. Wie viele Straferkenntnisse gegen Zivildiener, bei denen die Strafe höher war

    als die Pauschalentschädigung für einen Monat, wurden 1999 und 2000

    bundesweit verfügt? Wie hoch lag dabei die durchschnittliche Strafe (auf -

    geschlüsselt auf die jeweiligen Vergehen)?

 

3. Sind Sie auch der Meinung, daß für geringfügige und nicht mit Vorsatz

    begangene Vergehen generell nur Verwarnungen ausgesprochen werden?

    Wenn ja: bis wann werden Sie eine entsprechende Gesetzesvorlage dem

    Parlament übermitteln?

    Wenn nein: Was sind die Gründe dafür?

 

4. Sind Sie auch der Meinung, daß für nicht mit Vorsatz begangene Vergehen eine

    Strafgrenze festgesetzt wird, die in den finanziellen Möglichkeiten des

    Zivildienstleistenden liegt?

    Wenn ja: bis wann werden Sie eine entsprechende Gesetzesvorlage dem

    Parlament übermitteln?

    Wenn nein: Was sind die Gründe dafür?