248/A XXII. GP

Eingebracht am 23.10.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

Initiativantrag

 

 

der Abgeordneten Mag. Wurm, Dr. Wittmann, Parnigoni

und GenossInnen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsstrafgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz,
mit dem das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52 (WV), in der Fassung des Bundesgesetzes
BGBl.1 Nr. 117/2002 wird wie folgt geändert:

1.      § 15 lautet:

§ 15. Geldstrafen sowie der Erlös verfallener Sachen fließen, sofern die Verwaltungs-
vorschriften nicht anderes bestimmen, dem Land für Zwecke der Sozialhilfe, bestehen aber
Sozialhilfeverbände, dem Sozialhilfeverband, in dessen Gebiet die Strafe verhängt wurde,
zu.“

2.      § 66b wird folgender Absatz 13 angefügt:

„(13) § 15 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl.1 Nr. xxx/2004 tritt mit........ 2004 in

Kraft.“

Zuweisungsvorschlag: Verfassungsausschuß

Die Durchführung einer ersten Lesung innerhalb von drei Monaten wird verlangt


Begründung:

Im Reichspolizeikostengesetz vom 29. April 1940, dRGBl. I, S 688/1940, war vorgesehen,
dass die "staatliche Polizeiverwaltung alle Einnahmen [...], die aus den von ihr zu
erledigenden polizeilichen Aufgaben entstehen", erhebt. "Das Aufkommen aus Geldstrafen
und gebührenpflichtigen Verwarnungen" bildete nach dem Reichspolizeikostengesetz "auch
dann eine polizeiliche Einnahme, wenn die Polizei hierbei nicht kraft eigenen Rechts, sondern
im Auftrag einer anderen Behörde tätig gewesen ist."

Mit dem 1. Bundesrechtsbereinigungsgesetz, BGBl.1 Nr. 191/1999, wurde mit Wirksamkeit
vom 1. Jänner 2000 das Reichspolizeikostengesetz aufgehoben. Gemäß der damaligen
Fassung des § 15 VStG wären ab diesem Zeitpunkt auch sämtliche in Vollziehung von
Bundesgesetzen eingehobenen Strafgelder nicht mehr dem Bund, sondern dem Land bzw.
bestehenden Sozialhilfeverbänden für Zwecke der Sozialhilfe zugeflossen.

Durch die Änderung des § 15 VStG durch das Budgetbegleitgesetz 2000, BGBl. I Nr.
26/2000, wurde aber eine Ersatzregelung geschaffen. Die Beibehaltung der nach Aufhebung
des Reichspolizeikostengesetzes entstandenen Rechtslage hätte nämlich für den Bund nach
damaliger Schätzungen des Bundesministeriums für Inneres einen Einnahmenentfall aus
Strafgeldern in der Höhe von rund 200 Millionen Schilling - das sind mittlerweile ca. 14,5
Millionen Euro - bedeutet.

Nach dieser Ersatzregelung (die derzeit geltende Fassung des § 15 VStG) fließen Geldstrafen
sowie der Erlös verfallener Sachen, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes
bestimmen, zwar in erster Linie dem Land bzw. bestehenden Sozialhilfeverbänden, in
dessen/deren Gebiet die Strafe verhängt wurde, für Zwecke der Sozialhilfe zu. Wurde aber ein
Bundesgesetz im Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde vollzogen, so fließen diese
Mittel dem Bund zu (§ 15 Z 2 VStG geltende Fassung).

Grundsätzlich besteht also eine Zweckwidmung von Verwaltungsstrafgeldern für Zwecke der
Sozialhilfe, was die Antragsteller auch begrüßen. Der Ausnahmefall, daß nämlich in Vollzug
von Bundesgesetzen durch eine Bundespolizeibehörde eingehobene Strafgelder dem Bund
zufließen, erscheint dagegen aus rechtsstaatlicher Sicht bedenklich. Die Androhung des
Vollzuges von Strafen hat nämlich präventiven Charakter und soll die Normadressaten zu
einem rechtmäßigen Verhalten bewegen. Dieses rechtmäßige Verhalten ist nämlich das, was
die Rechtsgemeinschaft von allen erwartet. Der tatsächlich Vollzug von Strafen ist demgemäß
der durch staatliche Organe geäußerte Unwille der Rechtsgemeinschaft, ein rechtswidriges


Verhalten zu tolerieren. Keinesfalls kann er in einem Rechtsstaat den Zweck haben, die
Behörden zu finanzieren. Man müsste geradezu hoffen, daß zahlreiche Gesetzesübertretungen
begangen werden, um die Behörden finanzieren zu können, was offenkundig absurd ist und
sich mit der Erwartungshaltung der Rechtsgemeinschaft keinesfalls deckt. Die Sanktionierung
von Gesetzesübertretungen sollte daher nicht der Finanzierung von Polizeibehörden dienen,
sondern sollen solcherart eingehobene Geldmittel - im Sinne einer Solidargemeinschaft -
Bedürftigen zugute kommen. Denn auch die Unterstützung von Bedürftigen ist ein wichtiges
Anliegen der Rechtsgemeinschaft. Da der Bund ein Sozialhilfeprogramm aber nicht anbietet,
sollen auch in der Vollziehung von Bundesgesetzen durch eine Bundespolizeibehörde
eingehobene Geldstrafen und der Erlös verfallener Sachen den Ländern für Zwecke der
Sozialhilfe bzw. bestehenden Sozialhilfeverbänden zufließen.