298/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 03.12.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

betreffend ein Bundesgesetz zum Schutz von Mensch und Umwelt vor Schäden
durch nichtionisierende Strahlung

Das Wachstum am Telekommunikationsmarkt und die in rascher Folge präsentierten
neuen Anwendungen, "die auf drahtloser Übertragung in unterschiedlichen
Frequenzbereichen beruhen, haben zur Folge, dass in den letzten Jahren die
Belastung von Mensch und Umwelt durch elektromagnetische Felder signifikant
zunimmt. Die mittlere Strahlungsintensität in Ballungsräumen hat sich insbesondere
durch den Auf- und Ausbau der Mobilfunknetze seit den Achtzigerjahren mehr als
verzehnfacht. Die Einführung der UMTS-Technik verstärkt dieses Problem noch
wesentlich.

An biologischen und gesundheitlichen Wirkungen bei Menschen und zum Teil auch
Tieren wird von der Wissenschaft unter anderem von Schlafstörungen,
Ohrgeräuschen (Tinnitus), Kopfschmerzen, Herzrhythmus-Störungen, Unruhe,
Konzentrations-, Lern- und Gedächtnisstörungen insbesondere bei Kindern und
Jugendlichen, Auswirkungen auf Blutdruck, Blutbild und besonders Immunsystem,
Schwächung der Blut-Hirn-Schranke, DNS-Strang- und Chromosomenbrüchen,
Auswirkungen auf die Schädel- und Gehirnentwicklung im Kindes- und Jugendalter
berichtet. Unter anderem wird dabei auf die besondere biologische Wirksamkeit
niederfrequent pulsmodulierter Strahlung abgestellt.

Diese wissenschaftlichen Aussagen werden immer wieder von wirtschaftlicher,
administrativer und politischer Seite sowie auf der Grundlage der im Umfeld der
Verursacher durchgeführten Forschung in Frage gestellt, ohne dass sie tatsächlich
widerlegt werden konnten. Nicht umsonst ist es nicht möglich, sich gegen
gesundheitliche Wirkungen z
.B. des Mobilfunks zu versichern, was den Schluss nahe
legt, dass es sich nicht nur nach Grüner Ansicht ebenso wie bei der
Kernenergienutzung um eine Risikotechnologie handelt. Forschungsanträge, die
gezielte Beiträge zur noch besseren Fundierung der ausständigen konkreter
Vorsorgemaßnahmen leisten könnten, liegen seit längerem in den zuständigen
Ministerien, was auf eine zu wenig zielstrebige Beschäftigung mit dieser wichtigen
Materie schließen lässt. Der Staat ist hier massiv säumig in der Umsetzung seiner
Verpflichtung zum umfassenden Gesundheitsschutz seiner BürgerInnen. Diese
Verpflichtung kann nicht auf die/den Einzelne/n abgewälzt werden: Während
BenutzerInnen von Mobiltelefonen und anderen Empfangsgeräten das Risiko über
die Anschaffung und Nutzungsintensität weitgehend selbst steuern können, belasten
Emissionen von Mobilfunk-Basisstationen vulgo „Handymasten", aber auch
Langwellenfunkmasten oder Einrichtungen zur drahtlosen Überbrückung der „letzten
Meile" im Festnetzbereich die Allgemeinheit im jeweiligen Einzugsbereich des
Strahlungsemittenten in weitgehend unbeeinflussbarer Weise. Analog dem


NichtraucherInnenschutz muss es auch einen Schutz für Nicht-
Mobiltelefoniererlnnen geben, wobei zu bedenken ist, dass der größte Teil der
Bevölkerung zeitlich überwiegend zur Gruppe der Nicht-Mobiltelefoniererlnnen
gehört. Die bestehende Rechtslage auf Gemeinde-, Landes- und Bundesebene
bietet keine ausreichende Handhabe zur zielführenden Berücksichtigung der
Vorsorgenotwendigkeiten aus Gesundheits- und Strahlenschutzsicht.

In angrenzenden Ländern ähnlichen technologischen Standards sind zum Teil
strenge Grenzwerte in Geltung und/oder es gibt weitreichende rechtliche
Festlegungen zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung, die sogar in
Verschärfung begriffen sind. Österreich kennt hingegen nur die wegen ihrer
ausschließlichen Bezogenheit auf die thermischen Strahlungswirkungen aus
vorsorgemedizinischen Erwägungen völlig unzureichenden Grenzwertempfehlungen
von WHO und EU. Wenn man berücksichtigt, dass ein Handy-Telefonat noch bei
einer Energieflussdichte von 1 Picowatt/m2, also 10
-12 Watt/m² (ein Millionstel des
derzeit vorgeschlagenen Salzburger Vorsorgewerts für Innenräume von 1
Mikrowatt/m
² ) möglich ist, ist es klar, dass auch eine radikale Senkung der
Grenzwerte möglich ist, ohne die Versorgung mit Mobilkommunikation in Frage zu
stellen.

Gleichzeitig ist zu bedenken, dass nach neueren Erkenntnissen der Biophysik bei
der Wirkung von elektromagnetischen Wellen auf den Menschen nicht nur die
Strahlungsenergie, sondern auch andere Parameter, z.B. die Art der Modulation, die
Pulsung und auch die Wahl der Übertragungsfrequenz selbst eine große Rolle, wenn
nicht sogar die Hauptrolle spielen.

Angesichts der hohen Marktdurchdringung, weiten Verbreitung und zunehmenden
Nutzungsintensität im Mobilfunk ist Österreich zusätzlich besonders gefordert,
zweckdienliche Schritte zu setzen. Vorhandene Erfahrungen mit
Vorsorgemaßnahmen und andere Bezugsarbeiten wie der bereits Anfang 1999 im
damaligen Konsumentenschutzministerium entwickelten Gesetzesentwurf sowie
international verfügbare Beispiele sollten es eigentlich leicht machen, in der nötigen
ressortübergreifenden Vorgehensweise zügig zu einem Ergebnis zu gelangen. Dabei
muss anstelle des derzeit stillschweigend angewandten Nachsorgeprinzips für die
österreichische Bevölkerung vorgesorgt und die Gesundheit, der Schutz vor Strahlen
und die verantwortbare Versorgung mit Telekommunikationsdiensten gesichert
werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird beauftragt, zügig ein Gesetz zum Schutz vor nicht-
ionisierender Strahlung ressortübergreifend zwischen Umwelt-, Verkehrs- und
Gesundheitsressort vorzubereiten und vorzulegen.

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Umweltausschuss vorgeschlagen.