1006/AB XXII. GP

Eingelangt am 23.12.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Finanzen

 

Anfragebeantwortung

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 971/J vom
23. Oktober 2003 der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Kollegen,
betreffend Aspekte des Ausschreibungsverfahrens und der Verwertungs-
entscheidung über die bundeseigenen Wohnbaugesellschaften, beehre ich
mich Folgendes mitzuteilen:

Zu 1.:

Im Rahmen des Vergabeverfahrens wurden von Lehmann Brothers wie auch

von    den    anderen    Bietern    zusätzlich    zum    Hauptangebot    über    die

Veräußerung    der    Geschäftsanteile   Alternativangebote    vorgelegt.    Beide

Alternativangebote  von   Lehmann  Brothers   beinhalten   das  Verbriefungs-

geschäft.

Zu 2.:

Einleitend zu dieser Frage möchte ich ausdrücklich festhalten, dass der

Preis nur eines von fünf Zuschlagskriterien war.


Zur Verdeutlichung der Bandbreite der Preise der Angebote weise ich darauf
hin, dass das teuerste Angebot 54.685.015 € gekostet hätte. Die Preis-
differenz zwischen dem Billigstbieter und dem Bestbieter betrug rund
3,2 Mio. €. Gemäß § 99 Abs. l Bundesvergabegesetz ist der Zuschlag dem
technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot und nicht dem Billigst-
bieter zu erteilen, wenn dies in den Ausschreibungsunterlagen den Bietern
bekannt gegeben wurde; dies war bei gegenständlicher Ausschreibung der
Fall.

Gemäß den in den Ausschreibungsunterlagen bekannt gegebenen
Beurteilungskriterien wurde ein detailliertes Beurteilungsschema vor
Angebotseröffnung entwickelt, das in fünf Hauptkategorien
(inhaltliche Qualität der Angebote, Maastrichtkonformität der Ver-
wertungslösung, Zusammensetzung und Qualität des Projektteams,
Qualität des Projektmanagements, Kosten der Beratungsleistung)
ausdifferenziert wurde und insgesamt 100 Punkte, das sind 100 %,
umfasst. Maastrichtkonformität musste später wegen Nichtaner-
kennung durch EUROSTAT entfallen. Jedes Kriterium wurde in
nachvollziehbare Subkriterien mit entsprechender Punktefestlegung
gegliedert, die mit einem Gewichtungsfaktor multipliziert zu einer
objektiv nachvollziehbaren Gesamtpunktebewertung führte. Die 100
zu vergebenden Punkte wurden bis auf 0,05 Punkte auf die zu
bewertenden Angaben heruntergebrochen. Mit diesem Beurteilungs-
schema wurden die Angebote, schließlich unter Berücksichtigung
der Verhandlungsergebnisse beurteilt und schließlich die Zu-
schlagsentscheidung getroffen.

1. Gereihter:    Lehmann      Alternativangebot l         83,26 Punkte

Alternativangebot 2    82,14 Punkte

Hauptangebot    81,64 Punkte

2. Gereihter:         79,05 Punkte


Zu den Details der Angebotsauswertung verweise ich auf die ausführlichen
Darstellungen der externen Sachverständigen, von Herrn Staatssekretär
Dr. Finz und mir im parlamentarischen Unterausschuss des Rechnungshof-
ausschusses bzw. im Rechnungshofausschuss.

Zu 3.:

Ausgeschrieben wurde die Vergabe der Ausarbeitung eines Verwertungs-
konzeptes für die fünf Bundeswohnbaugesellschaften und dessen Um-
setzung. Ausgehend von dieser Vorgabe konnten zu dem bloßen Ver-
äußerungsgeschäft auch andere Verwertungsvarianten angeboten werden. In
der Bewertung der eingelangten Angebote hat sodann das Anbot
"kombinierter Verkauf von Lehmann Brothers, beinhaltend die Beratungs-
leistung zum Verkauf der Geschäftsanteile verbunden mit dem optionalen
Verbriefungsgeschäft die höchste Bewertung erhalten. Mit Beauftragungs-
vertrag vom 21. September 2002 wurde dieses Alternativangebot von
Lehmann Brothers angenommen, um ein bestmögliches Veräußerungs-
ergebnis durch die eingeräumte Wahlmöglichkeit noch während des
Prozessverlaufes zu erzielen.

Zu 4.:

In welche Aktenkopien der Rechnungshof bereits tatsächlich Einsicht
genommen hat, ist mir nicht bekannt. Mir ist nur jene Stellungnahme des
Rechnungshofes bekannt, die er in seinem Prüfungsbericht abgegeben hat,
der auch dem Parlament vorliegt.

Im Wesentlichen wäre danach eine Veräußerung dann wirtschaftlich, wenn
die sich aus der geringeren Staatsschuld ergebende Zinsersparnis höher
wäre als der Einnahmenausfall des Staates aus den abgeführten Gewinnen
seiner Wohnbaugesellschaften. Eine abschließende Beurteilung könne der


Rechnungshof nicht abgeben, da das Verfahren bei Abschluss der Prüfung
noch im Gange war.

Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Zu 5.:

Die rechtlichen Grundlagen für den Veräußerungsprozess sind die europa-
rechtlichen Vorgaben für Privatisierungen sowie das gemeinschaftsrechtlich
normierte Diskriminierungsverbot. Dabei soll jeder Interessent die Möglich-
keit haben, sich an dem Bieterverfahren, das hinreichend publiziert,
allgemein und bedingungsfrei sein muss, zu beteiligen. Aus all den
Interessenten wird nach transparenten und einheitlich angewandten
Kriterien in mehreren Schritten der Bestbieter ausgewählt.

Zu 6.:

Bei einem Vergabeverfahren handelt es sich um Beschaffungsvorgänge
(= Einkauf von Waren oder Dienstleistungen) durch die öffentliche Hand. Mit
der hier vorliegenden Privatisierung ist keine Beschaffung verbunden. Das
Vergaberecht findet daher nicht unmittelbar Anwendung. Vielmehr sind die
europarechtlichen Vorgaben für Privatisierungen einzuhalten; das heißt, be-
stimmte Prinzipien aus dem Vergaberecht, wie Gleichbehandlung bzw.
Nichtdiskriminierung und Transparenz finden sich in den europarechtlichen
Vorgaben wieder und kommen daher zur Anwendung.

Zu 7.:

Die Entscheidung über die Verwertungsvariante wird nach Vorliegen der
indikativen Angebote durch das Bundesministerium für Finanzen erfolgen.
Gemäß dem Privatisierungsgesetz ist das zur Ausführung gelangende
Privatisierungskonzept sodann der Bundesregierung zur Genehmigung
vorzulegen. Über die erfolgte Verwertung ist dem Hauptausschuss des
Nationalrates zu berichten.


Zu 8. und 9.:

Wie bereits unter Punkt 2. erwähnt, wurde die Ausarbeitung eines
Verwertungskonzeptes ausgeschrieben. Das Verbriefungsgeschäft war eine
mögliche Verwertungsvariante und war somit von der Ausschreibung
umfasst. Aufgrund der Tatsache, dass das Verbriefungsgeschäft auch von
anderen Ausschreibungsteilnehmern angeboten wurde, stand auch diese
Variante im Wettbewerb.

Zu 10.:

Die Verbriefungstransaktion könnte dann zum Zug kommen, wenn die Kauf-
anbote der Investoren für die Geschäftsanteile nicht jenen Betrag nennens-
wert überschreiten, der im Rahmen einer Sekuritisation erzielt werden kann.

Zu 11.:

Verbriefungstransaktionen werden von international tätigen Investment-
banken abgewickelt und laufen nach einem festgelegten Schema ab. Die zur
Zeichnung aufgelegte Anleihe wird an den internationalen Kapitalmärkten
plaziert. Damit ist die größtmögliche Transparenz und Effizienz gewähr-
leistet.

Zu 12.:

Die im § 2 des Bundesgesetzes betreffend Verwertung der
Bundeswohnbaugesellschaften, BGBl. I Nr. 46/2003, normierte Steuer-
befreiung zielt nicht vornehmlich auf die Befreiung von der
Grunderwerbsteuer ab. Unter Bedachtnahme auf den Umstand, dass nicht
einzelne Liegenschaften, sondern Geschäftsanteile veräußert werden, würde


ein grunderwerbsteuerpflichtiger Tatbestand nur in bestimmten Umständen
verwirklicht. Es wird weitestgehend getrachtet werden, die Transaktionen
derart abzuwickeln, dass sich die Frage der Grunderwerbsteuerpflicht gar
nicht stellt.