3880/AB XXII. GP

Eingelangt am 07.04.2006
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BM für Wirtschaft und Arbeit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Präsident des Nationalrates

Univ. Prof. Dr. Andreas KHOL

 

Parlament

1017 Wien

 

 

                                Wien, am  6. April  2006

 

                                Geschäftszahl:

                        BMWA-10.101/0020-IK/1a/2006

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 3922/J betreffend Stromversorgung, welche die Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen am 13. Februar 2006 an mich richteten, stelle ich fest:

 

Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:

 

Im vollliberalisierten Elektrizitätsmarkt sind Entscheidungen über Planung, Investi-tionen aber auch Stilllegung von Kraftwerken Angelegenheit der Vorstände bzw. Geschäftsführer der diese Kraftwerke betreibenden Unternehmen. Diese sind gemäß den einschlägigen Bestimmungen des Aktien- bzw. GmbH-Gesetzes den jeweiligen Aufsichtsgremien verantwortlich. In meiner Funktion als Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit habe ich weder Befugnis noch Handhabe, in die unternehmerischen Entscheidungen der angesprochenen Unternehmen einzugreifen.

 

Ich darf darauf hinweisen, dass gemäß § 20 Abs. 1 Energielenkungsgesetz 1982 idF BGBl. I Nr. 149/2001 die Energie-Control GmbH jährlich jeweils eine mittelfristige und langfristige Prognose über die Versorgungssicherheit zu veröffentlichen hat. Die aktuelle Versorgungssicherheitsprognose 2005, die aktualisierte Kraftwerksdaten mit Stand Jänner 2006 enthält, kann über die Homepage der Energie-Control GmbH (www.e-control.at) abgerufen werden.

 

 

Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:

 

Aufgrund einer aktuellen Erhebung der Union for the Coordination of Transmission of Electricity (UCTE System Adequacy Forecast 2006-2015), die auf der Homepage der UCTE unter (www.ucte.org) abrufbar ist, zählt Österreich zu jenen EU-Mitgliedsländern, das - abgesehen von Transportengpässen - jedenfalls über ausreichende Leistungsreserven bis zum Jahr 2015 verfügt.

 

Gemäß den der Energie-Control GmbH vorliegenden Daten hat sich die Gesamtengpassleistung des österreichischen Kraftwerksparks in den Jahren 1995 bis 2004 von 17.440 auf 18.697 MW (+ 7,2 %) erhöht. Demgegenüber betrug die Jahreshöchstlast im öffentlichen Netz im vergangenen Jahr 8.919,5 MW (21.12.2005).

 

 

Antwort zu den Punkten 3 und 4 der Anfrage:

 

Im Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz idF BGBl. I Nr. 44/2005 ist festgelegt, dass die Betreiber der Hoch- und Höchstspannungsnetze einen sicheren und zuverlässigen Netzbetrieb zu gewährleisten haben. Sowohl im Rahmen der Netz- als auch in der Betriebsplanung und -führung sind die Grundsätze der technischen und organisatorischen Regeln für Betreiber und Benutzer von Netzen einzuhalten.

 

Derzeit treten vor allem im Übertragungsnetz der Verbund-Austrian Power Grid (APG) Engpässe in den 220-kV-Nord-Süd-Übertragungsleitungen auf. Die von der APG geplanten Projekte zur Lösung dieser Situation sind der

·        Bau der 380-kV-Steiermarkleitung „Kainachtal - Südburgenland“ mit der Errichtung einer zusätzlichen 380/110 kV-Abstützung des Netzes der STEWEAG-STEG im UW Oststeiermark und der

·        Bau der 380 kV-Salzburgleitung „Tauern - St. Peter“

 

Die Energie-Control GmbH führt gemäß Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit, mit der statistische Erhebungen für den Bereich der Elektrizitätswirtschaft angeordnet werden, BGBl. II Nr. 486/2001, seit dem Jahr 2002 in Zusammenarbeit mit den Netzbetreibern und dem Verband der Elektrizitätsunternehmen Österreichs entsprechende Datenerhebungen durch, welche auch jährlich veröffentlicht werden.

 

Die letztverfügbare Ausfalls- und Störungsstatistik 2004 wies dabei für die österreichischen Verteilernetze eine durchschnittliche ungeplante Unterbrechungsdauer für Endkunden von 30,33 min/a aus - fast die Hälfte davon aufgrund von höherer Gewalt (wie z.B. Gewitter, Stürme und Schnee).

 

Bezieht man den Wert der Nichtverfügbarkeit (51,02 min/a geplant und ungeplant) auf die Verfügbarkeit der Stromversorgung im Jahr (Jahresstundenanzahl), so ergab sich eine Verfügbarkeit der Stromversorgung in Österreich für das Jahr 2004 von 99,99 %. Wie der Vergleich mit anderen europäischen Ländern bestätigt, zählt     Österreich damit - wie schon in den Jahren zuvor - zu den Ländern mit den geringsten Stromversorgungsunterbrechungen.

 

Damit ergibt sich, dass primär nicht Kraftwerkskapazitäten, sondern die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit der Übertragungsnetze essentiell für die Vermeidung von Großstörungen ist.

 

 

 

Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:

 

Mit den Richtlinie 96/92/EG und 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt, umgesetzt im Elektrizitätswirtschaft- und -organisationsgesetz, wurde ein liberalisierter Markt für elektrische Energie geschaffen. Der Bereich des Netzes ist weiterhin ein Monopol, welches durch einen regulierten Netzzugang Dritter einer strengen Kontrolle unterliegt. Der Wettbewerbsbereich Erzeugung, Handel und Versorgung unterliegt den in einem Markt üblichen Regeln.

 

Jeder staatliche Eingriff, und auf einen solchen zielt die Frage nach Geldern, welche die Bundesregierung zu investieren gedenkt, ab, käme zwangsläufig in den Konflikt mit den Bestimmungen der Art. 86 und 87 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV). Abgesehen von dieser Problematik ist es nicht Aufgabe der Bundesregierung, im Bereich der Energiewirtschaft unternehmerisch tätig zu werden. Vielmehr Aufgabe der Bundesregierung und des Gesetzgebers ist es, die Rahmenbedingungen für einen funktionierenden Markt im Energiebereich zu schaffen. Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass Stromausfälle nicht nur einen Schaden für die Wirtschaft und die Haushalte darstellen: Auch für die Elektrizitätsunternehmen stellt jede nicht verkaufte kWh elektrischer Energie in Summe einen beträchtlichen Einnahmenausfall dar.

 

 

Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:

 

Die Bundesregierung als 51 % Aktionär der börsennotierten Verbundgesellschaft hat nicht die Absicht und auch gemäß AktG nicht das Recht, in einzelne Geschäftsführungsentscheidungen des Verbund-Vorstandes einzugreifen. Soweit es aktienrechtlich möglich ist, wird aber eine Geschäftspolitik, die verstärkt auf Neuinvestitionen und einen weiteren Ausbau der Erzeugungs- und Übertragungskapazitäten ausgerichtet ist, unterstützt. Beispielsweise ist geplant, mehr als die Hälfte des Bilanzgewinnes 2005 der Verbundgesellschaft nicht als Dividende auszuschütten, sondern für Investitionszwecke in der Gesellschaft zu belassen.