Minderheitsbericht

der Abgeordneten Mag.a Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen

gemäß § 42 Abs. 4 GOG

zum Bericht 1022 der Beilagen  über den Antrag 641/A der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt, Ridi Steibl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine einmalige Zuwendung für Frauen als Anerkennung für ihre besonderen Leistungen beim Wiederaufbau der Republik Österreich geschaffen wird

 

Die SPÖ-Parlamentsfraktion unterstützt prinzipiell das Vorhaben, die besonderen Leistungen, die Frauen im Zuge des Wiederaufbaus von Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg erbracht haben, durch eine einmalige Zuwendung anzuerkennen.

Allerdings wird das Bundesgesetz in der vorliegenden Form diesem Anliegen in vielfacher Weise nicht gerecht. Daher hat die sozialdemokratische Parlamentsfraktion einen Abänderungsantrag eingebracht und folgende Formulierungen vorgeschlagen:

 

1. Der Titel lautet:

„Bundesgesetz, mit dem eine einmalige Zuwendung als Anerkennung aller Frauen geschaffen wird, die besondere Leistungen beim Wiederaufbau der Republik Österreich erbracht haben“

2. § 1 lautet:

§ 1. (1) Als Anerkennung für ihre besonderen Leistungen beim Wiederaufbau der Republik Österreich kann Frauen, die vor dem 1. Jänner 1931 geboren sind und zwischen 1945 und 1950 in Österreich gelebt haben, eine einmalige Zuwendung gewährt werden.

(2) Von der Zuwendung ausgeschlossen sind Frauen, die gemäß § 4 Verbotsgesetz, StGBl. Nr. 13/1945 (in der jeweiligen Fassung), als Nationalsozialistinnen registriert worden sind.“

3. § 3 entfällt; §§ 4 bis 7 werden entsprechend umgereiht.

 

Dieser Abänderungsantrag wurde wie folgt begründet:

Zunächst muss daran erinnert werden, dass vielfach Wiederaufbauarbeiten als Maßnahme der Sühne zwangsweise von Frauen und Männern verrichtet werden mussten, die als NationalsozialistInnen registriert wurden, weil sie insofern eine Mitverantwortung für die Verbrechen des Nationalsozialismus und des von ihm entfesselten Zweiten Weltkrieges trugen. Es gebietet der Respekt vor den Opfern des Nationalsozialismus, ihrer auch insofern zu gedenken, dass diese Anerkennung jenen Frauen nicht zugute kommt, die gemäß § 4 Verbotsgesetz als Nationalsozialistinnen registriert wurden. 1947 waren 471.689 Personen als Nationalsozialisten im Sinne des § 4 Verbotsgesetz registriert, von denen 124.648 Frauen waren (vgl. Stiefel, Entnazifizierung in Österreich, 218). Diesem Werk ist auch zu entnehmen, dass es in Österreich keinesfalls so etwas wie eine „Naziverfolgung“ gegeben hat, vielmehr mussten die Alliierten Österreich dazu drängen, überhaupt etwas gegen Personen zu unternehmen, die in nationalsozialistischen Organisationen mitwirkten und so die Gräuel des Naziregimes letztlich ermöglichten.

Weiters schränkt das Bundesgesetz diese Anerkennung auf Frauen ein, die vor 1951 ein Kind geboren oder erzogen haben. Tatsächlich haben aber alle Frauen, unabhängig davon, ob sie auch ein Kind geboren oder erzogen haben, einen überproportionalen Anteil der Lasten des Wiederaufbaues zu tragen gehabt. Dies gilt auch für Frauen, die aus welchen Gründen auch immer keine Kinder gehabt haben. Wie HistorikerInnen nachgewiesen haben, wurden gerade in der Nachkriegszeit alleinstehende Frauen vielfach noch stärker diskriminiert als verheiratete und hatten noch weniger Anteil an den Früchten des Wiederaufbaues.

Wenn es um die Anerkennung der spezifischen Leistungen der Frauen am Wiederaufbau geht, ist es auch nicht gerechtfertigt, auf die heutigen Einkommensverhältnisse der Frauen abzustellen, haben doch diese Leistungen alle Frauen erbracht, nicht nur jene die heute ein Einkommen geringer als der Richtsatz für die Ausgleichszulage beziehen. Der vorliegende Abänderungsantrag bezieht daher alle Frauen ein, die vor dem 1. Jänner 1931 geboren sind.

Aus den gleichen Gründen entfällt auch das Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft, weil auch jene Frauen Leistungen beim Wiederaufbau erbracht haben, die zwischen 1945 und 1959 in Österreich gelebt haben, auch wenn sie nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besessen haben oder besitzen.

Schließlich sieht § 4 dieses Bundesgesetzes vor, dass diese Anerkennung aus Mitteln bezahlt werden soll, die an sich für PensionistInnen und behinderte Personen vorgesehen sind. Angesichts der Tatsache, dass diese Bundesregierung die Mindestpensionen nicht erhöht, sodass auch der Richtsatz für die Ausgleichszulage nunmehr unter der Armutsgrenze liegt, die nach dem Sozialbericht zurzeit für alleinstehende Personen bei 785 Euro, für Zweipersonenhaushalte bei 1.178 Euro beträgt, ist es geradezu zynisch, nun dieses Geld der PensionistInnen dazu zu verwenden, um eine Anerkennung der Leistungen gerade der Pensionistinnen auszubezahlen. Nach dem vorliegenden Abänderungsantrag ist daher diese Anerkennung aus den allgemeinen Budgetmitteln zu bedecken.

 

Dieser Abänderungsantrag wurde seitens der Regierungsparteien abgelehnt. Der daraufhin seitens der Regierungsfraktionen eingebrachte Abänderungsantrag, wonach  Personen von der vorgesehenen Zuwendung auzunehmen sind „deren Verhalten in Wort oder Tat mit den Gedanken und Zielen eines freien, demokratischen Österreich unvereinbar war“, benennt nicht die Gruppe jener, die zur Errichtung und Aufrechterhaltung der nationalsozialistischen Herrschaft beigetragen haben.  Dies stellt gerade im Gedenkjahr 2005 aus Sicht der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion eine unverzichtbare Geste des Respekts gegenüber den Opfern der nationalsozialistischen Herrschaft dar.

 

 

Die SPÖ-Fraktion hat deshalb einen zweiten Abänderungsantrag eingebracht, der eine Präzisierung der von der Zuwendung auszunehmenden Personen vorsieht und folgende Formulierung vorgeschlagen:

 

Dem Text des § 1 wird die Absatzbezeichnung „(1)“ vorangestellt; folgender Abs. 2 wird angefügt:

„(2) Von der Zuwendung ausgeschlossen sind Frauen, die gemäß § 4 Verbotsgesetz, StGBl. Nr. 13/1945 (in der jeweiligen Fassung), als Nationalsozialistinnen registriert worden sind.“

 

Dieser Antrag wurde wie folgt begründet:

Gerade wenn des Endes des Zweiten Weltkrieges und der Schrecknisse der Naziherrschaft gedacht wird, muss auch an die Mitverantwortung erinnert werden, die viele ÖsterreicherInnen an den Geschehnissen der Nazizeit trugen. In diesem Zusammenhang muss auch erwähnt werden, dass vielfach Wiederaufbauarbeiten als Maßnahme der Sühne zwangsweise von Frauen und Männern verrichtet werden mussten, die als NationalsozialistInnen registriert worden waren.

Es gebietet der Respekt vor den Opfern des Nationalsozialismus, ihrer auch insofern zu gedenken, dass diese Anerkennung jenen Frauen nicht zugute kommt, die gemäß § 4 Verbotsgesetz als Nationalsozialistinnen registriert wurden. 1947 waren 471.689 Personen als Nationalsozialisten im Sinne des § 4 Verbotsgesetz registriert, von denen 124.648 Frauen waren (vgl. Stiefel, Entnazifizierung in Österreich, 218). Diesem Werk ist auch zu entnehmen, dass es in Österreich keinesfalls so etwas wie eine „Naziverfolgung“ gegeben hat, vielmehr mussten die Alliierten Österreich dazu drängen, überhaupt etwas gegen Personen zu unternehmen, die in nationalsozialistischen Organisationen mitwirkten und so die Gräuel des Naziregiments letztlich ermöglichten.