1254 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten

über die Regierungsvorlage (1189 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG), das Tilgungsgesetz 1972 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden (Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005)

Zur Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes:

Das Regierungsprogramm für die XXII. Gesetzgebungsperiode sieht die Einschränkung der Möglichkeit einer vorzeitigen Einbürgerung vor Ablauf von zehn Jahren vor (Reduktion der vorzeitigen Verleihung aus besonderen Gründen). Weiters ist „keine Ausweitung von Doppelstaatsbürgerschaften“ und die „Erleichterung der Beibehaltung und Wiedererlangung der Österreichischen Staatsbürgerschaft“ Teil des Regierungsprogramms. Der vorliegende Entwurf soll diese Vorgaben umsetzen.

Darüber hinaus gilt es, das Staatsbürgerschaftsgesetz an das durch das mit 1. Jänner 2006 in Kraft tretende Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) anzupassen. Nur so kann gewährleistet werden, dass es zu keinen Wertungswidersprüchen kommt.

Der Entwurf sieht weiters vor, dass – außer in den Fällen des § 12 Z 1 lit. a und jenen des § 14 – vom Erfordernis des Bestehens eines Hauptwohnsitzes zu Gunsten des Bestehens eines rechtmäßigen Aufenthalts- oder Niederlassungsrechtes abgegangen und die Fristen des zur Erlangung der Staatsbürgerschaft notwendigen rechtsmäßigen Aufenthalts vereinheitlicht werden.

Es wird auch dem Umstand Rechnung getragen, dass das derzeitige Staatsbürgerschaftsrecht eine Vielzahl unterschiedlicher und unübersichtlicher Regelungen zu Fristen kennt. In Zukunft soll mit nur vier Fristen das Auslangen gefunden werden: Besteht lediglich ein Hauptwohnsitz, ist nach 30 Jahren die Staatsbürgerschaft zu verleihen. Bei Vorliegen von nachhaltiger persönlicher und beruflicher Integration muss sich der Staatsbürgerschaftswerber 15 Jahre rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben. War der Staatsbürgerschaftswerber während zehn Jahren rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts mindestens fünf Jahre nach den Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes niedergelassen, ist die Verleihung der Staatsbürgerschaft – bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen – bereits nach zehn Jahren möglich. Völkerrechtlich besonders zu privilegierende Gruppen, wie zum Beispiel Asylberechtigte, EWR-Bürger oder Ehegatten von Österreichern können – einen rechtmäßigen Aufenthalt vorausgesetzt – bereits nach sechs Jahren eingebürgert werden.

Zur Erlangung der Staatsbürgerschaft sollen nach dem Entwurf das Niveau der erforderlichen Sprachkenntnisse und das Erfordernis von Grundkenntnissen über die demokratische Ordnung sowie die Geschichte Österreichs und des jeweiligen Bundeslandes festgelegt werden. Die erforderlichen Sprachkenntnisse können vor allem durch die Erfüllung der Integrationsvereinbarung auf Grund des NAG – auch ohne hierzu verpflichtet zu sein – nachgewiesen werden. Letzteres steht allen EWR- und Schweizer Bürgern sowie deren Angehörigen offen.

Wie dies bereits im NAG vorgesehen wurde, soll auch hier klargestellt werden, dass Staatsbürgerschaftswerbern, die extremistischen oder terroristischen Gruppen nahe stehen, die besonderen Benefizien der österreichischen Rechtsordnung nicht zukommen können. Ein weiteres Ziel ist die erleichterte Wiedereinbürgerung von ehemaligen Staatsbürgern, die die Staatsbürgerschaft anders als durch Entziehung verloren haben; die bisherige einjährige Wartefrist soll entfallen.

Zur Änderung des Tilgungsgesetzes:

Die Verleihung der Staatsbürgerschaft ist ganz wesentlich vom bisherigen Vorleben des Betroffenen in Österreich abhängig. Es scheint daher unumgänglich, den Staatsbürgerschaftsbehörden einen direkten Zugriff auf das Strafregister zu gewähren.

Zur Änderung des Gebührengesetzes:

Das Gebührengesetz in der geltenden Fassung zeichnet sich durch eine in der Praxis wenig taugliche Differenziertheit aus. Der Entwurf schlägt daher eine übersichtliche Gestaltung der Gebühren, die für die Erteilung der Staatsbürgerschaft zu entrichten sind, vor. Die letzte Wertanpassung der Gebühren fand mit 1. Dezember 1997 statt.

Allfällige landesgesetzliche Gebühren und Abgaben bleiben unberührt.

 

Inhaltlich werden folgende Punkte geregelt:

-        Einschränkung der Möglichkeit einer vorzeitigen Einbürgerung vor Ablauf von zehn Jahren;

-       keine Ausweitung von Doppelstaatsbürgerschaften;

-        Erleichterung der Beibehaltung und Wiedererlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft;

-        Grundsätzliches Abgehen von der Voraussetzung des Bestehens eines Hauptwohnsitzes zu Gunsten des Bestehens eines Aufenthalts- oder Niederlassungsrechtes;

-        Vereinheitlichung der Fristen des zur Erlangung der Staatsbürgerschaft notwendigen rechtsmäßigen Aufenthalts;

-       Erhöhung des zur Einbürgerung notwendigen Deutschniveaus und Schaffung der Notwendigkeit von Grundkenntnissen der demokratischen Ordnung sowie der Geschichte Österreichs und des jeweiligen Bundeslandes;

-       Klarstellung, dass Staatsbürgerschaftswerbern, die extremistischen oder terroristischen Gruppen nahe stehen, die Staatsbürgerschaft nicht verliehen werden darf;

-       erleichterte Wiedereinbürgerung von ehemaligen Staatsbürgern, die die Staatsbürgerschaft anders als durch Entziehung verloren haben;

-       Normierung der Stellung des Bundesministers für Inneres als Amtspartei in Wiederaufnahmeverfahren nach § 69 AVG;

-       Schaffung einer vollen Zugriffsmöglichkeit auf das Strafregister für die Pass-, Staatsbürgerschafts- und Fremdenpolizeibehörden sowie die zur Vollziehung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz berufenen Behörden und

-        Vereinheitlichung der Gebühren.

 

Finanzielle Auswirkungen:

Da die Vollziehung der Staatsbürgerschaftsangelegenheiten in den alleinigen Vollzugsbereich der Länder fällt, werden für den Bund im Verleihungsverfahren keine zusätzlichen Kosten eintreten. Lediglich durch die Schaffung der Stellung als Amtspartei in Verfahren nach § 69 AVG können in diesen Verfahren zusätzliche Verwaltungsaufwendungen in einer zu vernachlässigenden Höhe eintreten.

Durch die mit der nunmehrigen Novelle angestrebte Straffung der Verfahren kann bei den Vollzugskosten der Länder zumindest von einer Kostenneutralität ausgegangen werden. Mehrkosten werden durch die von den jeweiligen Ländern aufgrund des § 10a durchzuführenden Prüfungen eintreten, die jedoch derzeit seriöser Weise nicht berechnet werden können.

Hinsichtlich der Neugestaltung der Gebühren ist ein direkter Vergleich zwischen den Gebühren, die nach derzeitiger Rechtslage angefallen sind, mit jenen Gebühren, die entsprechend der Rechtslage nach dem Entwurf vorgesehen sind, nicht möglich, da die Anknüpfung der gebührenrechtlichen Regelung eine andere ist und die Erteilungsvoraussetzungen von einander abweichen.

Nach den Erteilungszahlen des letzten Jahres ist unter Zugrundelegung der neuen Bestimmungen mit etwa folgendem Gebührenaufkommen zu rechnen:

ca 15 000 Fälle mit 900 Euro                                Summe: 13,5 Mio Euro

ca. 27 000 Fälle mit 700 Euro                          Summe: 18,9 Mio Euro

ca. 40 Fälle mit 200 Euro                                                Summe: 8000 Euro

 

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seinen Sitzungen am 30. November und 2. Dezember 2005 in Verhandlung genommen.

 

Im Zuge der Beratungen fand im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Günter Kößl am 30. November 2005 ein öffentliches Hearing statt, bei dem folgende Experten gehört wurden:

Univ.-Doz Dr. Rainer Bauböck, Institut für europäische Integrationsforschung Wien

Dr. Anna Hofstätter, Land Salzburg – Präsidialabteilung

Mag. Renate Pommerening-Schober, Magistrat Wien und

Univ.-Prof. Dr. Rudolf Thienel, Universität Wien.

 

Weiters beteiligten sich an der Debatte die Abgeordneter Mag. Terezija Stoisits, Dr. Helene Partik-Pablé, Günter Kößl, Mag. Johann Maier, Mag. Walter Posch, Matthias Ellmauer sowie die Bundesministerin für Inneres Liese Prokop und der Ausschussobmann Abgeordneter Rudolf Parnigoni.

 

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Matthias Ellmauer und Dr. Helene Partik-Pablé einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Z 1 (§§ 5 und 10 StbG):

Im Hinblick auf die Umstellung des Gesamtsystems – mit Ausnahme der Fälle des § 12 Z 1 lit. a und des § 14 Abs. 1 Z 2 ‑ vom Hauptwohnsitz auf den rechtmäßigen ununterbrochenen Aufenthalt, verbleibt für § 5 kaum noch ein praktischer Anwendungsbereich. Einer Anregung des Univ. Prof. Dr. Rudolf Thienel im Expertenhearing folgend soll § 5 daher entfallen.

Zu Z 2 und 5

Die Doppelstaatsbürgerschaft soll für Menschen, die vom NS-Regime verfolgt wurden, und deren Ehegatten kein Hindernis sein.

Zu Z 3 (§ 10a Abs. 3)

Die Änderung berücksichtigt, dass Schüler nach einem Übertritt aus der Primarschule keine den Voraussetzungen der Z 2 entsprechenden Jahreszeugnisse oder Schulnachrichten vorweisen können.

Zu Z 4 und 8 (§§ 10a Abs. 4 und 64a StbG):

Der Verweis in § 10a Abs. 4 Z 2 auf § 81 Abs. 5 NAG bezieht pauschal alle dort genannten Fälle mit ein. Sachgerecht im Lichte des Gesamtvorhabens ist jedoch nur darauf abzustellen, dass Staatsbürgerschaftswerber, die nach dem FrG die Integrationsvereinbarung nach Erreichen des Kurszieles abgeschlossen und damit den Deutschkenntnisnachweis tatsächlich erbracht haben, so gestellt werden, als hätten sie die Integrationsvereinbarung nach dem NAG abgeschlossen. Wer jedoch von der Erfüllung der Integrationsvereinbarung nach dem FrG ausgenommen war und dem zu Folge bislang keinen Nachweis seiner Sprachkenntnisse erbrachte, muss zur Erlangung der Staatsbürgerschaft – wie auch von der Erfüllung der Integrationsvereinbarung nach dem NAG ausgenommene Fremde – die entsprechenden Deutschkenntnisse nachweisen.

Zu Z 6 (§ 15 StbG)

Es wird dem Umstand Rechnung getragen, dass in zwei Bereichen noch auf den Hauptwohnsitz abgestellt wird und auch dafür Regelungen im Hinblick auf den Lauf der Wohnsitzfristen zu berücksichtigen sind.

Zu Z 7 (§ 20 Abs. 1a und 3a)

Die Schaffung einer Zusicherungsmöglichkeit für den Fall des Nachbringens der Nachweise gemäß § 10a Abs. 1 erscheint – wie im Expertenhearing überzeugend dargelegt – nicht zweckmäßig zu sein. In jenen Fällen, in denen eine Zusicherung auch im Hinblick auf das Ausscheiden aus dem bisherigen Staatenverbund erteilt wurde, wäre Staatenlosigkeit die Folge, würde der Antragsteller zwar aus dem bisherigen Staatenverbund ausscheiden, die Nachweise nach § 10a aber nicht beibringen können.

Darüber hinaus scheinen die Regelungen des AVG eine ausreichende Handhabe zu bieten, wenn der Antragsteller nicht sofort die Nachweise gemäß § 10a erbringen kann. Nicht zuletzt vermeidet der Entfall dieser Regelung Verwaltungsaufwand, der durch die Beibehaltung hervorgerufen worden wäre.

Zu Z 10 (Gebührengesetz):

Durch diese Änderung soll die Erstreckung der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft auf Kinder begünstigt werden.“

 

 

Ein von der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits eingebrachter Abänderungsantrag fand nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Matthias Ellmauer und Dr. Helene Partik-Pablé mit Stimmenmehrheit angenommen.

 

 

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Matthias Ellmauer gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2005 12 02

                Matthias Ellmauer    Anton Gaál

       Berichterstatter Obmannstellvertreter