Vorblatt

Problem:

Der internationale Luftbeförderungsvertrag und insbesondere die Haftung des Luftfrachtführers ist im Warschauer Abkommen von 1929 geregelt, das durch eine Reihe von Protokollen geändert und ergänzt worden ist. Wegen der verschiedenen Mitgliedstände der verschiedenen internationalen Instrumente ist dieses System unübersichtlich geworden. Darüber hinaus ist die Regelung der Haftung für Personenschäden nicht mehr zeitgemäß.

Wichtige Teile des Abkommens (Haftung des Luftfrachtführers für Personenschäden und Regelung des Gerichtsstandes) fallen in die Zuständigkeit der EG. Im Hinblick auf die gemischte Zuständigkeit ist beabsichtigt, dass die EG das Übereinkommen zugleich mit den noch fehlenden Ratifikationen bzw. Beitritten von EU-Mitgliedstaaten ratifiziert.

Ziel:

Mit dem Beitritt übernimmt Österreich für den internationalen Lufttransport ein Vertrags- und insbesondere Haftungsregime, das dem Reisenden eine angemessene haftungsrechtliche Position verleiht und dessen internationale einheitliche Geltung absehbar ist.

Inhalt:

Das Übereinkommen, das alle Instrumente des Warschauer Systems zusammenfasst, regelt die Hauptaspekte des Vertrages zur internationalen Beförderung von Reisenden und deren Reisegepäck sowie von Frachtgut, die Beförderungsdokumente, vor allem die Haftung des Luftfrachtführers (für Tod und Körperverletzung unabhängig von einem Verschulden bis 100 000 Sonderziehungsrechte; soweit der Schaden höher ist, kann der Luftfrachtführer beweisen, dass ihn oder seine Leute kein Verschulden trifft), die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen durch den Reisenden oder den Absender der Fracht gegen den Luftfrachtführer (Gerichtsstandsregelung) und die von einem anderen als dem vertraglichen Luftfrachtführer ausgeführte Luftbeförderung.

Zwischen den Vertragsstaaten verdrängt das Übereinkommen (automatisch) die Regeln des Warschauer Systems.

Zu dem Übereinkommen soll seitens der Republik Österreich eine Erklärung gemäß Art. 57 des Übereinkommens abgegeben werden, derzufolge staatliche und militärische Flüge vom Anwendungsbereich ausgenommen sind.

Alternativen:

Ein Nichtbeitritt würde wegen der EG-Kompetenz erhebliche gemeinschaftsrechtliche Probleme mit sich bringen.

Finanzielle Auswirkungen:

Das Vorhaben wird keine Belastungen des Budgets nach sich ziehen.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Es sind keine nachteiligen Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich zu erwarten.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die EG hat Teilkompetenzen im Regelungsbereich und hat das Übereinkommen bereits unterzeichnet. Die noch fehlenden Ratifikations- bzw. Beitrittsurkunden der Mitgliedstaaten sollen zugleich mit jener der EG hinterlegt werden.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Sonderkundmachung der arabischen, chinesischen, französischen, russischen und spanischen Sprachfassungen des Übereinkommens gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG durch Auflage zur Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

1. Das Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr vom 28. Mai 1999 hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Das Übereinkommen enthält keine verfassungsändernden bzw. verfassungsergänzenden Bestimmungen. Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz ist nicht erforderlich, weil keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.

2. Am 28. Mai 1999 ist die von der internationalen Zivilluftfahrtsorganisation (ICAO) in Montreal einberufene diplomatische Konferenz mit der Unterzeichnung eines Übereinkommens zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr durch 55 Staaten zu Ende gegangen (mittlerweile zählt das Übereinkommen 71 Signatarstaaten). Mit diesem Übereinkommen hat die internationale Gemeinschaft einen wichtigen Schritt zur Schaffung moderner einheitlicher zivilrechtlicher Regelungen für die Zivilluftfahrt gesetzt und die Bemühungen um eine Konsolidierung und Modernisierung des so genannten Warschauer Systems zu einem Abschluss gebracht.

3. Das Übereinkommen, das 57 Artikel umfasst, gliedert sich in sieben Kapitel (allgemeine Bestimmungen; Urkunden und Pflichten der Parteien betreffend die Beförderung von Reisenden, Reisegepäck und Gütern; Haftung des Luftfrachtführers und Umfang des Schadenersatzes; gemischte Beförderung; Luftbeförderung durch einen anderen als den vertraglichen Luftfrachtführer; sonstige Bestimmungen; Schlussbestimmungen). Es ist in arabischer, chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Sprache geschlossen, wobei alle diese Sprachfassungen gleichermaßen verbindlich sind. Die Übersetzung in die deutsche Sprache wurde auf einer Übersetzungskonferenz von Vertretern der Bundesrepublik Deutschland, der Schweiz und Österreichs erarbeitet. Sie wird, sobald diese Staaten Vertragsstaaten geworden sind, in jedem von ihnen als amtliche Übersetzung kundgemacht werden; dabei werden allerdings für jeden der deutschsprachigen Staaten einige wenige abweichende Ausdrücke verwendet werden, die dem Sprachgebrauch und der Rechtssprache des betreffenden Staates entsprechen. Die Übersetzung ist vom Sprachendienst der EU übernommen worden.

4. Das Übereinkommen soll im Wesentlichen zwei Ziele verwirklichen:

a)     das Warschauer Übereinkommen von 1929 mit seinen zahlreichen Änderungs- und Zusatzprotokollen ist zu einem unübersichtlichen System geworden; indem ein einheitliches Rechtsinstrument an seine Stelle tritt, wird die Rechtssicherheit erhöht und der internationale Rechtsverkehr erleichtert;

b)     inhaltlich wird eine Rechtslage geschaffen, die den geänderten Gegebenheiten und Bedürfnissen entspricht (Haftungshöchstgrenzen für Personenschäden, elektronische Luftfrachtbriefe).

5. Das Übereinkommen, das auf die Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck sowie von Frachtgut zwischen zwei Vertragsstaaten anzuwenden ist, regelt im Wesentlichen:

      die praktisch wichtigsten Aspekte des Luftbeförderungsvertrages;

      Inhalt und Art der Beförderungsurkunden (Beförderungsschein, Luftfrachtbrief, Empfangsbestätigung);

      die Haftung des Luftfrachtführers gegenüber dem Vertragspartner und die Grenzen dieser Haftung;

      die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen durch Passagiere oder Absender der Fracht gegen den Luftfrachtführer;

      die von einem anderem als dem vertraglichen Luftfrachtführer ausgeführte Luftbeförderung.

Das Übereinkommen ersetzt das Warschauer System, indem es die Regelungen aus den folgenden internationalen Instrumenten – zum Teil inhaltlich geändert – zusammenführt:

      Abkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (Warschauer Abkommen), unterzeichnet in Warschau am 12. Oktober 1929 (BGBl. Nr. 286/1929, WA);

      Protokoll zur Änderung des Warschauer Abkommens, beschlossen in Den Haag am 28. September 1955 (BGBl. Nr. 161/1971);

       Zusatzabkommen zum Warschauer Abkommen, unterzeichnet in Guadalajara am 18. September 1961 (Zusatzabkommen von Guadalajara);

      Protokoll zur Änderung des Warschauer Abkommens, unterzeichnet in Guatemala am 8. März 1971 (Protokoll von Guatemala);

       Zusatzprotokolle Nr. 1 bis 3 und Protokoll von Montreal Nr. 4 zur Änderung des Warschauer Abkommens in der Fassung des Haager Protokolls und des Protokolls von Guatemala, unterzeichnet in Montreal am 25. September 1975 (Protokolle von Montreal).

6. Das Übereinkommen übernimmt zu einem Großteil die Bestimmungen des Warschauer Abkommens in der Fassung des Haager Protokolls wörtlich, für die Beförderungsurkunden und die Beförderung von Fracht die des Vierten Montrealer Protokolls und für die Regelungen über die von einem anderen als dem vertraglichen Luftfrachtführer ausgeführte Luftbeförderung die Bestimmungen des Zusatzabkommens von Guadalajara. Abgesehen von einer Modernisierung der Sprache würden sich für Österreich, das das Warschauer Abkommen, das Haager Protokoll sowie das Zusatzabkommen von Guadalajara (BGBl. Nr. 46/1966), nicht aber das Protokoll von Guatemala und die Montrealer Protokolle ratifiziert hat, im Wesentlichen folgende Unterschiede der Rechtslage ergeben:

      Neuregelung der Beförderungsdokumente (Zulässigkeit elektronischer Dokumente) (Art. 3 bis 11);

      Haftung für Verspätungsschäden (Beschränkung auf 4 150 Sonderziehungsrechte) (Art. 19);

      die Haftungsgrenzen werden nicht mehr in Goldfranken, sondern in Sonderziehungsrechten ausgedrückt (was von der Rechtsprechung vorweggenommen worden ist);

      die Haftungsgrenzen für Tod oder Körperverletzung werden erheblich angehoben (unbeschränkt, bis 100 000 Sonderziehungsrechte kein Einwand möglich) (Art. 21);

      für die Geltendmachung des Schadenersatzes für Tod oder Körperverletzung des Reisenden wird ein weiterer Klägergerichtsstand eingeführt (Art. 33 Abs. 2);

      der Luftfrachtführer hat bei Tod oder Körperverletzung eines Reisenden eine Schadenersatz­vorauszahlung zu leisten, allerdings nur, wenn er dazu nach nationalem Recht verpflichtet ist (Art. 28);

      die Vertragsstaaten haben für eine angemessene Versicherungsdeckung ihrer Luftfrachtführer zu sorgen (Art. 50).

Der Text des Übereinkommens wurde sprachlich etwas überarbeitet, was sich auch in der gemeinsam mit Deutschland und der Schweiz angefertigten deutschen Übersetzung niederschlägt. Solche Anpassungen an den modernen Sprachgebrauch sollten keine Auswirkung auf den Inhalt haben, so dass in vielen Fällen auch bei geringfügig abweichendem Wortlaut zur Auslegung des Übereinkommens Rechtsprechung und Kommentare zum Warschauer Abkommen weiter herangezogen werden können.

7. Die Europäische Gemeinschaft hat am 9. Oktober 1997 die Verordnung (EG) Nr. 2027/97 über die Haftung von Luftfahrtunternehmen bei Unfällen, ABl. Nr. L 285 vom 17. Oktober 1997 S 1, die die Haftung des EU-Luftfrachtführers für Tod und Personenschäden von Reisenden regelt, und die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. Nr. L 12 vom 16. Jänner 2001 S 1, die auch den Gerichtsstand für Schadenersatzklagen festlegt, erlassen. Wegen der Zuständigkeit der EG in diesen auch vom Übereinkommen geregelten Bereichen wurde in das Übereinkommen eine Entkoppelungsklausel aufgenommen, die regionalen Organisationen in ihrem Innenverhältnis die Schaffung abweichender Bestimmungen erlaubt. Zudem wird solchen Organisationen eine Ratifikation des Übereinkommens ermöglicht (Art. 53 Abs. 2). Tatsächlich hat die EG am 9. Dezember 1999 das Übereinkommen bereits unterzeichnet und beabsichtigt, das Übereinkommen zugleich mit den noch fehlenden Ratifikationen bzw. Beitritten von Mitgliedstaaten zu ratifizieren.

Für das In-Kraft-Treten des Übereinkommens sind gemäß Art. 53 dreißig Ratifikationen oder Beitritte durch Staaten erforderlich. Bisher haben 21 Staaten das Übereinkommen ratifiziert bzw. sind diesem beigetreten.

8. Zu dem Übereinkommen soll nach Art. 57 eine Erklärung der Republik Österreich abgegeben werden, derzufolge das Übereinkommen nicht für Beförderungen durch den Vertragsstaat zu nichtgewerblichen Zwecken im Hinblick auf seine Aufgaben und Pflichten als souveräner Staat und für Beförderungen von Personen, Gütern und Reisegepäck für seine militärischen Dienststellen mit in diesem Vertragsstaat eingetragenen oder sonstigen vertraglich genutzten Luftfahrzeugen gilt.

Besonderer Teil

Zu Kapitel I (Allgemeine Bestimmungen):

Art. 1 umschreibt den Anwendungsbereich des Übereinkommens. Abs. 1 legt den sachlichen Anwendungsbereich fest, Abs. 2 durch die Definition „internationale Beförderung“ den örtlichen. Abs. 3 ist eine Sonderregel für die Beförderung durch aufeinanderfolgende Luftfrachtführer. Nach Abs. 4 schließlich ist das Übereinkommen auch in den Fällen des Kapitels V anzuwenden – vorbehaltlich dessen Bestimmungen. Dieses Kapitel regelt die Luftbeförderung, die von einem anderen als dem vertraglichen Luftfrachtführer ausgeführt wird.

Abs. 1 entspricht – abgesehen vom Ersatz des alten Ausdrucks „Hoher Vertragsschließender Teil“ durch „Vertragsstaat“ wörtlich dem Art. 1 Abs. 1 WA, Abs. 2 und 3 den entsprechenden Bestimmungen in der Fassung des Haager Protokolls (Art. I lit. a und b). Bisherige Judikatur zum WA wie etwa die Entscheidung des OGH zur Frage der „Unterbrechung“ im Sinne des Abs. 2 kann daher aufrechterhalten werden.

Art. 2 Abs. 1, der unter den Voraussetzungen des Art. 1 ausdrücklich auch staatliche Beförderungen in den Anwendungsbereich aufnimmt, entspricht dem Art. 2 Abs. 1 WA. Gemäß Art. 57 kann die Anwendung des Übereinkommens für staatliche Beförderungen jederzeit durch eine an den Depositar gerichtete Erklärung ausgeschlossen werden.

Die Sonderregeln für die Beförderung von Postsendungen (weitgehende Ausnahme vom Anwendungs­bereich) stimmen mit Art. 2 Abs. 2 und 3 WA in der Fassung des von Österreich nicht ratifizierten 4. Montrealer Protokolls überein. Während Art. 2 WA Beförderungen postalischer Sendungen aus dem Anwendungsbereich des Abkommens ausdrücklich ausnimmt, sieht Abs. 2 eine Haftung des Luftfrachtführers für Postsendungen vor, diese jedoch nur gegenüber der zuständigen Postverwaltung.

Zu Kapitel II (Urkunden und Pflichten der Parteien betreffend die Beförderung von Reisenden, Reisegepäck und Gütern):

Kapitel II enthält in den Art. 3 bis 11 Bestimmungen über die Beförderungsdokumente: Beförderungsschein (Art. 3), Luftfrachtbrief und Empfangsbestätigung (Art. 4 und 5). Es handelt sich dabei um Dokumente, die vom Luftfrachtführer im Zusammenhang mit der Beförderung von Personen, aufgegebenem Reisegepäck oder Gütern auf dem Luftweg auszustellen sind (Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 und 2).

Während nach dem Warschauer Abkommen in der Fassung des Haager Protokolls die Haftungsbeschränkungen nicht gelten, wenn solche Dokumente nicht ausgestellt wurden, hängt von der Ausstellung dieser Dokumente nun weder der Bestand noch die Wirksamkeit des Beförderungsvertrages ab. Auch wenn solche Dokumente nicht ausgestellt werden, ist das Übereinkommen einschließlich der Bestimmungen über die Haftungsbeschränkung auf Luftbeförderungsverträge in seinem Geltungsbereich anzuwenden (Art. 3 Abs. 5 und für die Güterbeförderung Art. 9). Das Übereinkommen nimmt den Beförderungsdokumenten die rechtliche Bedeutung, um den Abschluss von Luftbeförderungsverträgen zu vereinfachen und mögliche Konfliktpunkte zwischen den Vertragsparteien zu entschärfen.

Die Regelungen über den Beförderungsschein in Art. 3 Abs. 1, 2 und 5 entsprechen weitgehend den Regeln des von Österreich nicht ratifizierten Protokolls von Guatemala (Art. II Abs. 1 bis 3), Abs. 4 jener des Haager Zusatzprotokolls (Art. III lit. b).

Art. 3 Abs. 2 und Art. 4 Abs. 2 eröffnen die Möglichkeit, die Beförderungsdokumente, die nach dem Warschauer Abkommen in Papierform auszustellen sind, durch andere Aufzeichnungen, also auch elek­tronische, zu ersetzen. Macht der Luftfrachtführer von dieser – von der Zustimmung des Reisenden unabhängigen – Möglichkeit Gebrauch, so hat er ihm eine schriftliche Erklärung (in Papierform) über die in der anderen Aufzeichnung enthaltenen Angaben anzubieten. Bei der Güterbeförderung kann der Absender vom Luftfrachtführer die Ausstellung einer Empfangsbestätigung (Art. 4 Abs. 2) verlangen, mit deren Hilfe er auf die festgehaltenen Daten zurückgreifen kann.

Die weite Formulierung „jede andere Aufzeichnung“ (in Art. 3 Abs. 2 und Art. 4 Abs. 2) wurde wegen möglicher weiterer technischer Entwicklungen der Datenspeicherung gewählt. Die Zulässigkeit „elektronischer“ Beförderungsdokumente ist für die Luftfrachtführer wichtig. Eine solche Dokumentation kann zu einer Beschleunigung und Vereinfachung des Transportablaufs beitragen.

Neu ist die in Art. 3 Abs. 3 vorgesehene Verpflichtung des Luftfrachtführers, dem Reisenden für jedes aufgegebene Gepäckstück einen Beleg zur Gepäcksidentifizierung auszuhändigen. Damit wird eine bereits bewährte Praxis verpflichtend.

Abgesehen von der Zulässigkeit anderer Aufzeichnungsarten hat das Übereinkommen in Art. 4 die Bestimmungen über den Luftfrachtbrief des 4. Montrealer Protokolls (Art. III, der Art. 5 Z 1 und 2 WA entsprechend abändert) übernommen.

Die folgenden Bestimmungen über die Güterbeförderung mit Ausnahme des Art. 6 (die Art. 5 und 7 bis 16) entsprechen mit geringfügigen rein sprachlichen Abweichungen – manchmal allein in der deutschen Übersetzung – den Art. 8, 6, 7 und 9 bis 16 WA in der Fassung des 4. Montrealer Protokolls (Art. III).

Die Liste der Angaben, die Luftfrachtbrief und Empfangsbestätigung nach Art. 5 enthalten müssen, unterscheidet sich von der für Österreich geltenden Fassung des Art. 8 nur dadurch, dass anstelle des Hinweises, dass das Warschauer Abkommen die Haftung beschränkt, die Angabe des Gewichts der Sendung tritt. Diese Angabe kann im Einzelfall von Bedeutung sein, weil sich nach Art. 22 Abs. 3 die Haftungshöchstbeträge nach dem Gewicht richten können.

Nach Art. 6 kann vom Absender die Aushändigung einer Urkunde mit Angaben zur Art der Güter verlangt werden, soweit dies zur Einhaltung von Verwaltungsvorschriften erforderlich ist. Diese Bestimmung begründet ausdrücklich keine Verbindlichkeit, Verpflichtung oder Haftung des Luftfrachtführers. Selbst, wenn er auf Grund der Urkunde hätte erkennen müssen oder sogar erkannt hat, dass wegen der Eigenart der Güter besondere Vorkehrungen erforderlich sind, wird ihm nicht vorgeworfen werden können, dass er den Inhalt der Urkunde ignoriert oder nicht entsprechende Vorsorge getroffen hat.

Die Regelung beruht auf dem Entwurf der Studiengruppe und hat sonst kein Vorbild. Mochte eine solche Regelung bei einem etwas anderen Konzept des Entwurfs noch Berechtigung haben, so hat sie neben Art. 16 nur geringen normativen Gehalt. Art. 16 verpflichtet nicht zur Urkundenausstellung, sondern bloß zur Auskunftserteilung. Obgleich Art. 6 anders als Art. 16 bei Verletzung der Vertragspflicht dem Absender nicht ausdrücklich den Ersatz des Schadens auferlegt, wird ein kausaler Schaden wie bei jeder Verletzung einer Vertragspflicht zu ersetzen sein. Die Regelung ist Teil des Gesamtkompromisses.

Anders als die in Österreich in Kraft stehende entsprechende Regelung des Warschauer Abkommens in der Fassung des Haager Protokolls verlangt Art. 8 – zur Vereinfachung – nicht mehr, dass ein Exemplar des Luftfrachtbriefs die Güter begleiten muss und der Luftfrachtführer den Luftfrachtbrief vor Verladung der Güter zu unterzeichnen hat; darüber hinaus genügt eine gedruckte Unterschrift des Luftfrachtführers.

Während sich der Luftfrachtführer nach Art. 9 WA in der Fassung des Haager Protokolls auf die Haftungsbeschränkungen des Abkommens nicht berufen konnte, wenn kein Luftfrachtbrief ausgestellt wurde, oder der Hinweis auf Haftungsbeschränkungen des Warschauer Abkommens fehlte, lässt Art. 9 des  Übereinkommens auch bei Nichtbeachtung der Art. 4 bis 8 (über den Luftfrachtbrief) Bestand und Wirksamkeit des Beförderungsvertrages sowie die Haftungsbeschränkungen unberührt.

Schon das 4. Montrealer Protokoll folgt der Auffassung, dass die sonst im internationalen Gütertransportrecht nicht vorkommende Verknüpfung zwischen der Ausstellung und Beschaffenheit von Beförderungsdokumenten (Luftfrachtbrief und Empfangsschein) zu Ergebnissen führt, die im Handelsverkehr nicht gerechtfertigt sind: warum soll etwa das – für den Schaden nicht kausale – Fehlen des Hinweises auf die Haftungsbeschränkungen des Übereinkommens zur unbeschränkten Haftung führen?

Welche Folgen die Nichtbeachtung der Bestimmungen über den Luftfrachtbrief nach sich zieht, regelt das Übereinkommen nicht. Da der Absender einen Anspruch auf einen Luftfrachtbrief oder eine Empfangsbestätigung hat, wird er diesen auch durchsetzen können. Einen Ersatz für den durch Nichtausstellung der verlangten Urkunde entstandenen Schaden schließt Art. 29 aber aus, selbst wenn es sich nicht um einen Schaden durch Beschädigung der Güter handelt.

Art. 10 regelt die Haftung des Absenders (Abs. 1 und 2) sowie des Luftfrachtführers (Abs. 3) für die Richtigkeit der Angaben im Luftfrachtbrief bzw. in der Empfangsbestätigung und in den anderen Aufzeichnungen im Sinne des Art. 4 Abs. 2. Der Absender haftet nach Abs. 1 letzter Satz auch dann, wenn die für den Absender handelnde Person zugleich der Beauftragte des Luftfrachtführers ist und nach Abs. 2 dem Luftfrachtführer auch für Schäden eines Dritten, dem der Luftfrachtführer, haftet.

Art. 11 behandelt die Beweiskraft von Luftfrachtbrief und Empfangsbestätigung; sie begründen die widerlegbare Vermutung für den Abschluss des Vertrages, die Annahme der Güter und die Beförderungsbedingungen. Die Richtigkeit einer Reihe weiterer Angaben wird vermutet, manche güterbezogene Angaben haben eine solche Vermutung nur für sich, wenn sie vom Luftfrachtführer in Gegenwart des Absenders geprüft worden sind.

Die Regelung bezieht sich nicht auf den Beförderungsschein nach Art. 3.

Art. 12 regelt das Weisungs- und Verfügungsrecht des Absenders. Es steht unter der Bedingung, dass der Absender alle Verpflichtungen aus dem Frachtvertrag erfüllt und darf nur ausgeübt werden, soweit dadurch weder Luftfrachtführer noch die anderen Absender geschädigt werden.

Art. 13 bestimmt die Rechte des Empfängers aus dem Frachtvertrag nach Ankunft der Güter am Bestimmungsort gegenüber dem Luftfrachtführer und verpflichtet den Luftfrachtführer, dem Empfänger das Eintreffen der Güter anzuzeigen.

Art. 14 legt fest, dass Absender und Empfänger, auch wenn sie als indirekte Stellvertreter („für fremde Rechnung“) auftreten, die ihnen nach Art. 12 und 13 zustehenden Rechte auch im eigenen Namen geltend machen können.

Art. 15 stellt klar, dass die Vorschriften der Art. 12, 13 und 14 nur die Beziehungen zwischen dem Absender und dem Empfänger einerseits und dem Luftfrachtführer andererseits, nicht aber die Beziehungen der beiden erstgenannten untereinander und zu Dritten regeln. Abweichende Vereinbarungen sind grundsätzlich zulässig, doch müssen sie auf dem Luftfrachtbrief oder der Empfangsbestätigung vermerkt werden.

Nach Art. 16 hat der Absender dem Luftfrachtführer alle zur Erfüllung von Verwaltungsvorschriften erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die zu diesem Zweck notwendigen Begleitpapiere zu übergeben. Der Absender haftet für Schäden aus der Verletzung dieser Verpflichtung. Der Luftfrachtführer muss diese Auskünfte nicht überprüfen.

Im Unterschied zu Art. 6 verlangt diese Bestimmung vom Absender nur eine Auskunftserteilung – wohl auch über die Art der Güter – , nicht aber die Ausstellung einer Urkunde darüber.

Zu Kapitel III (Haftung des Luftfrachtführers und Umfang des Schadenersatzes):

Dieses Kapitel, das Kernstück des Übereinkommens, regelt die Haftung des Luftfrachtführers, also des Vertragspartners des Reisenden oder des Absenders und in Art. 30 die Haftung der Leute des Luftfrachtführers.

Für die Haftung anderer Personen ist das nach den Regeln des internationalen Privatrechts maßgebende nationale Recht maßgebend, soweit sie nicht in anderen Kapiteln des Übereinkommens geregelt ist, wie etwa die Haftung für Angaben in Beförderungsurkunden (Art. 10) oder die Haftung des ausführenden Luftfrachtführers (Kapitel V).

Die Haftung des Luftfrachtführers, bislang eine Verschuldenshaftung mit umgekehrter Beweislast, ist nun unterschiedlich je nach Schadensart ausgestaltet. Für Personenschäden haftet der Luftfrachtführer bis 100 000 Sonderziehungsrechte verschuldensunabhängig, darüber hinaus für vermutetes Verschulden. Während er für Schäden an aufgegebenem Reisegepäck oder an Frachtgut ohne Verschulden haftet, setzt die Haftung für Schäden an nicht aufgegebenem Reisegepäck ein Verschulden voraus (Art. 17 Abs. 2 letzter Satz). Die Haftungsgrenzen für aufgegebenes Reisegepäck und für Verspätungsschäden können überschritten werden, wenn nachgewiesen wird, dass der Schaden vom Luftfrachtführer oder seinen Leuten vorsätzlich oder leichtfertig verursacht worden ist (Art. 22 Abs. 5).

Art. 17 Abs. 1, der – mit nicht unwesentlichen Abweichungen – Art. 17 WA in der Fassung des von Österreich nicht ratifizierten Protokolls von Guatemala entspricht, bildet die Grundlage der Haftung für die Tötung oder körperliche Verletzung eines Reisenden.

Wie nach Art. 17 WA in der für Österreich geltenden Fassung, muss der Schaden durch einen Unfall entstanden sein, der sich an Bord des Luftfahrzeuges oder beim Ein- und Aussteigen ereignet hat. Ein sonstiges schadensauslösendes „Ereignis“ – wie von manchen gefordert worden war – genügt nicht.

Der Geschädigte muss ein Reisender sein. Dieser Begriff ist zwar nicht definiert, doch kann davon ausgegangen werden, dass er die Bediensteten des Luftfrachtführers oder „Schwarzfahrer“ nicht umfasst.

Die Forderung, die Haftung ausdrücklich auch für rein psychische Schäden vorzusehen, konnte sich auf der Konferenz nicht durchsetzen. Der Begriff der „sonstigen gesundheitlichen Schädigung“, den das Warschauer Abkommen der Körperverletzung gegenüberstellt, wurde aus dem Tatbestand gestrichen.

Welche Arten von Schäden im Einzelnen zu ersetzen sind, besonders, ob immaterieller Schadenersatz zu leisten ist, regelt das Übereinkommen ebensowenig, wie es das Warschauer Abkommen getan hat. Für diese Fragen wird – unter Bedachtnahme auf Art. 29 zweiter Satz (kein Strafschadenersatz) – auf nationales Recht zurückzugreifen sein.

Art. 17 Abs. 2 bis 4 gehen auf Art. 18 WA und Art. 17 Abs. 2 WA in der Fassung des Protokolls von Guatemala (Art IV ) zurück. Sie regeln die Haftung für Schäden an aufgegebenem und nicht aufgegebenem Reisegepäck. Abgesehen von einer geringfügig anderen sprachlichen Fassung unterscheidet sich die Regelung von der des Art. 18 WA in zwei Punkten: der Luftfrachtführers haftet nicht, soweit der Schaden auf die Eigenart des Gepäcks oder einen ihm innewohnenden Mangel zurückzuführen ist. Für Verlust von nicht aufgegebenem Reisegepäck (Handgepäck) oder dessen Beschädigung haftet der Luftfrachtführer nur bei seinem Verschulden oder dem seiner Leute.

Abs. 3 erlaubt dem Reisenden seine Rechte aus dem Beförderungsvertrag, also Ersatzansprüche für den Verlust von aufgegebenem Reisegepäck, erst geltend zu machen, wenn der Luftfrachtführer den Verlust anerkannt hat oder 21 Tage seit dem vereinbarten Einlangen vergangen sind. Da das Übereinkommen die rechtlichen Folgen eines Auftauchens des Reisegepäcks nach zulässiger Geltendmachung des Ersatzanspruchs nicht regelt, wird diese Frage nach dem jeweils maßgebenden nationalen Recht zu beurteilen sein.

Art. 18 Abs. 1 bis 4 entsprechen dem Art. 18 WA in der Fassung des 4. Montrealer Protokolls (Art. IV ).

Abs. 1 normiert eine strikte Haftung des Luftfrachtführers für Schäden bei Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von Gütern während des Zeitraums der Luftbeförderung (ab Übernahme des Gutes bis zur Ablieferung).

Anders als nach Art. 20 WA in der in Österreich geltenden Fassung kann sich der Luftfrachtführer nicht durch den Beweis fehlenden eigenen Verschuldens oder des seiner Leute von der Haftung befreien. Dafür listet Art. 18 Abs. 2 vier Haftungsbefreiungsgründe (lit. a bis d) auf, deren Vorliegen vom Frachtführer zu beweisen ist (Eigenart der Güter, mangelhafte Verpackung, Kriegshandlung, hoheitliches Handeln in Verbindung mit der Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr der Güter).

Nach Abs. 3 erstreckt sich die Haftung des Luftfrachtführers für Güter anders als nach Art. 17 Abs. 2 auf den Zeitraum, während dessen sich die Güter in seiner Obhut befinden.

Abs. 4 erster Satz und zweiter Satz (Vermutung, dass der Schaden durch ein während der Luftbeförderung eingetretenes Ereignis verursacht worden ist) entsprechen Art. 18 Abs. 3 WA in der in Österreich geltenden Fassung. Der dritte Satz ist neu. Wenn der Luftfrachtführer ohne Zustimmung des Absenders die von den Parteien vereinbarte Luftbeförderung ganz oder teilweise durch eine andere Art der Beförderung ersetzt, gilt danach diese Ersatzbeförderung als „innerhalb des Zeitraums der Luftbeförderung ausgeführt“. In diesem Fall gelten für die „Ersatzbeförderung“ die Haftungsregeln dieses Übereinkommens.

Art. 19 regelt die Haftung für Verspätungsschäden und entspricht damit Art. 19 des WA in der in Österreich geltenden Fassung (Verschuldenshaftung mit umgekehrter Beweislast des Luftfrachtführers für Schäden, die durch die Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisenden, Gepäck oder Gütern entstehen). Nach Satz 2, der auf das 4. Montrealer Protokoll und das Protokoll von Guatemala zurückgeht, kann sich der Luftfrachtführer durch den Beweis, dass er und seine Leute alle erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung des Schadens getroffen haben oder sie diese Maßnahmen nicht treffen konnten, von der Haftung befreien.

Art. 20 regelt wie Art. 21 WA in der in Österreich geltenden Fassung die Berücksichtigung des Mitverschuldens des Geschädigten. Allerdings wird nicht mehr auf nationales Recht verwiesen, sondern die Frage wie nach dem 4. Montrealer Protokoll und dem Protokoll von Guatemala abschließend geregelt. Der Luftfrachtführer ist ganz oder teilweise von der Haftung befreit, soweit der Schaden durch eine unrechtmäßige Handlung oder Unterlassung der schadenersatzberechtigten Person oder ihres Rechtsvorgängers (Satz 1) oder des Reisenden selbst (Satz 2) verursacht wurde oder sie dazu beigetragen hat.

Die Bestimmung gilt nach ihrem letzten Satz ausdrücklich auch für die Haftungsregelung des Art. 21 Abs. 1, also auch für Schäden nach Art. 17 Abs. 1 (Tod und Körperverletzung von Reisenden, Beschädigung von Reisegepäck), auch wenn der Schaden 100 000 Sonderziehungsrechte pro Reisenden nicht übersteigt.

Art. 21 ist eine der Kernbestimmungen des Übereinkommens und gehörte zu den Hauptverhandlungsgegenständen der Konferenz. Mit ihr wurde eine wesentliche Anhebung der Haftungsgrenzen angestrebt, wie sie schon durch das IATA-Übereinkommen und die Haftungsverordnung der EG vorweggenommen worden war, und zugleich eine Regelung, mit der die meisten Schadensfälle ohne Prozess bereinigt werden können. Sie regelt die Haftungshöchstbeträge bei Tod oder Körperverletzung von Reisenden in zwei Stufen. Für Schäden, die 100 000 Sonderziehungsrechte je Reisenden nicht übersteigen, kann die Haftung des Luftfrachtführers weder beschränkt noch ausgeschlossen werden. Damit haftet der Luftfrachtführer selbst bei fehlendem Verschulden; er kann bis zu dieser Grenze nur das Mitverschulden des Reisenden (Art. 20), nicht aber etwa höhere Gewalt einwenden.

Soweit die Schäden nach Art. 17 Abs. 1 den Betrag von 100 000 Sonderziehungsrechten je Reisenden übersteigen, ist der Luftfrachtführer von der Haftung befreit, wenn er beweist, dass weder ihn noch seine Leute ein Verschulden an der Herbeiführung des Schadens trifft (der Schaden nicht auf eine unrechtmäßige Handlung oder Unterlassung des Luftfrachtführers oder seiner Leute, sei sie auch nur fahrlässig begangen, zurückzuführen ist), oder dass dieser Schaden ausschließlich auf das Verschulden eines Dritten (außerhalb des Beförderungsvertrages stehenden Person) zurückzuführen ist (Abs. 2 lit. a und b).

Bis zur Schadenshöhe von 100 000 Sonderziehungsrechten ist die Haftung als Erfolgshaftung ausgestaltet; darüber hinaus haftet der Luftfrachtführer für eigenes Verschulden oder ein solches seiner Leute, wobei der Luftfrachtführer beweisen muss, dass ein solches nicht gegeben war.

Wenn der Luftfrachtführer nach Abs. 2 lit. b nachweist, dass der Schaden ausschließlich auf das schuldhafte Verhalten eines Dritten zurückzuführen ist, weist er wie nach lit. a das Fehlen eines ihm zurechenbaren Verschuldens nach. Wenn den Schaden ausschließlich ein Dritter verschuldet hat, kann er nicht vom Luftfrachtführer oder seinen Leuten verursacht (verschuldet) worden sein. Den Nachweis des ausschließlichen Verschuldens eines Dritten wird er erbringen, wenn es nach der Fallgestaltung schwieriger ist, von möglicherweise mehreren ihm zurechenbaren Handlungen oder Unterlassungen das Fehlen des Verschuldens zu beweisen. Das Verhalten dieses Dritten muss aber ausschließlich kausal für das Schadensereignis gewesen sein, bloß schuldhafte Mitverursachung reicht nicht aus, kann aber nach Art. 37 des Übereinkommens zu einem Rückgriffsanspruch des Luftfrachtführers gegen den Dritten führen.

Art. 22 bestimmt die Haftungshöchstbeträge für Verspätungsschäden bei der Personenbeförderung (Abs. 1), für Zerstörung, Verlust, Beschädigung von Reisegepäck (Abs. 2) und von Gütern (Abs. 3 und 4). Abs. 5 setzt die Höchstbeträge der Abs. 1 und 2 bei Nachweis eines dem Frachtführer zurechenbaren Verschuldens außer Kraft. Abs. 6 ist eine Regel über Rechtsverfolgungskosten und Zinsen. Vorbild für Art. 22 sind die entsprechenden Regelungen des 3. und 4. Montrealer Protokolls und des Haager Zusatzprotokolls. Von den einschlägigen Bestimmungen der in Österreich geltenden Fassung des Warschauer Abkommens, nämlich der Art. 22 Abs. 2 lit. a (entspricht Abs. 2 und 3), Art. 22 Abs. 2 lit. b (entspricht Abs. 4), Art. 25 (entspricht Abs. 5) und Art. 22 Abs. 4 (entspricht Abs. 6) unterscheidet sich die Regelung vor allem durch die Haftungshöchstbeträge, die in Sonderziehungsrechten ausgedrückt und – außer die für die Haftung für Güter – angehoben worden sind.

Abs. 1 beschränkt die Haftung des Luftfrachtführers für Verspätungsschäden bei Beförderung von Personen auf 4 150 Sonderziehungsrechten je Reisenden.

Abs. 2 beschränkt die Haftung für Schadensfälle am Reisegepäck mit 1 000 Sonderziehungsrechte. Wie nach Art. 22 Abs. 2 lit. a WA in der in Österreich geltenden Fassung kann bei Erklärung eines höheren Interesses (an der Ablieferung am Bestimmungsort) und nach Entrichtung des verlangten Zuschlags der Betrag überschritten werden.

Abs. 3 legt die Haftungsgrenzen für Schadensereignisse bei der Beförderung von Gütern pro Kilogramm mit 17 Sonderziehungsrechten fest. Wie nach Abs. 2 können auch nach Abs. 3 höhere Haftungsgrenzen vereinbart werden (durch Angabe eines höheren Interesses und Bezahlung des verlangten Zuschlags).

Abs. 4 übernimmt für Teilschäden – allerdings nicht für Reisegepäck, sondern nur für Güter – die Regelung des Art. 22 Abs. 2 lit. b WA in der in Österreich geltenden Fassung.

Nach Abs. 5 können wie nach Art. 25 WA in der in Österreich geltenden Fassung die Haftungshöchstbeträge überschritten werden, wenn nachgewiesen wird, dass der Schaden durch eine Handlung oder Unterlassung des Luftfrachtführers oder seiner Leute verursacht worden ist, die entweder in der Absicht, Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen wurde, dass wahrscheinlich ein Schaden eintreten werde. (Unbeschränkte Haftung bei Nachweis von Schädigungsabsicht oder groben Verschuldens).

Da Abs. 5 in den umschriebenen Fällen die Anwendung nur der Abs. 1 und 2 ausschließt, nicht aber auch Abs. 3 (Haftungshöchstbeträge für Schäden an Gütern), gelten hier die Haftungshöchstbeträge (17 Sonderziehungsrechte je Kilogramm) auch bei nachgewiesenem absichtlichem oder sonst grob schuldhaftem Verhalten. Diese nach österreichischem Verständnis ungewöhnliche Regelung, die durch das 4. Montrealer Protokoll bereits zur Rechtswirklichkeit in zahlreichen Staaten geworden ist, ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass das Luftfrachtgeschäft regelmäßig ein Handelsgeschäft mit vertretbaren Sachen und der Absender ein dem Luftfrachtführer ebenbürtiger Vertragspartner ist, der bei höherem Interesse einen höheren Haftungshöchstbetrag, aber auch eine strengere Haftung (durch Einwendungsverzicht nach Art. 27) vereinbaren oder selbst eine angemessene Versicherung aufnehmen kann. Zudem würde der Verschuldensbeweis nur in Ausnahmefällen und dann regelmäßig nur mit unwirtschaftlichem Aufwand gelingen.

Abs. 6, der Art. 22 Abs. 4 WA in der in Österreich geltenden Fassung übernimmt, regelt die Ersatzfähigkeit von Rechtsverfolgungskosten. Die Regelung wird auf den Ersatz von Zinsen ausgeweitet.

Art. 23 entspricht Art. 22 Abs. 4 und 6 WA in der Fassung des 3. bzw. 4. Montrealer Protokolls (Art. II bzw. VII) und regelt die Umrechnung der im Übereinkommen verwendeten Rechnungseinheiten der Sonderziehungsrechte (SZR) in die jeweilige Landeswährung. Damit wird in Österreich die infolge des Wegfalls der Goldbindung der (maßgeblichen) Währungen entstandene Lücke des Warschauer Abkommens im Sinne der Rechtsprechung geschlossen, die die Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds als „universelle“ Nachfolgeeinheiten des Goldfrankens ansah (zB OGH vom 18. 11. 1999, 2 Ob 292/99w).

Mit Art. 24 wird ein Verfahren zur periodischen Überprüfung und Anpassung der Haftungshöchstbeträge eingeführt. Längstens alle fünf Jahre sind die Haftungshöchstbeträge zu überprüfen. Ergibt die Überprüfung, dass der Inflationsfaktor zehn Prozent übersteigt, so wird das Anpassungsverfahren eingeleitet. Zunächst notifiziert der Depositar den Mitgliedstaaten die angepassten Haftungshöchstbeträge. Sechs Monate nach dieser Benachrichtigung wird die Erhöhung automatisch wirksam, es sei denn, die Mehrheit der Mitgliedstaaten spricht sich dagegen aus. Ist dies der Fall, so ist eine Konferenz der Mitgliedstaaten notwendig.

Die Regelung bezweckt, dass auf möglichst einfache Weise die Haftungshöchstbeträge jeweils der wirtschaftlichen Realität angepasst werden können, ohne dass es zusätzlicher internationaler Instrumente bedarf, die von den Vertragsstaaten eigens ratifiziert werden müssten und so die rechtliche Situation wieder unübersichtlich machen würde.

Während nach Art. 24 WA in der in Österreich geltenden Fassung zumindest zweifelhaft ist, dass höhere Haftungsbeträge vereinbart werden können – tatsächlich haben zahlreiche Luftfrachtführer auf Grund des IATA-Intercarrier Agreements bereits höhere Ersatzleistungen erbracht –, gestattet nun Art. 25 ausdrücklich abweichende Vereinbarungen des Luftfrachtführers, in denen er sich höheren als den im Übereinkommen vorgesehenen Haftungshöchstbeträgen unterwirft oder auf Haftungshöchstbeträge überhaupt verzichtet.

Art. 26 entspricht dem Art. 23 Abs. 1 WA in der in Österreich geltenden Fassung. Bestimmungen des Beförderungsvertrages, die die Haftung ausschließen oder die Haftungshöchstbeträge herabsetzen, sind nichtig, ohne dass der Vertrag deswegen insgesamt nichtig wäre.

Art. 27 geht auf Art. 33 WA zurück. Klargestellt wird, dass der Luftfrachtführer nach der Bestimmung auch auf Einwendungen verzichten kann. Wie schon bisher unterwirft ihn das Übereinkommen keinem Kontrahierungszwang, und erlaubt ihm die freie Gestaltung der Vertragsbedingungen, soweit sie nicht in Widerspruch mit dem Übereinkommen stehen.

Art. 28 regelt die Vorauszahlungen auf einen möglichen Ersatzanspruch. Diese Regelung, die ihr Vorbild in der EU-Haftungsverordnung (Verordnung (EG) Nr. 2027/97) findet, hat bei den Verhandlungen eine große Rolle gespielt. Während der ursprüngliche Entwurf des Übereinkommens dem Luftfrachtführer die bloße Möglichkeit zur Schadensvorauszahlung einräumte, sieht Art. 28 nunmehr wie die EG-Verordnung zwingend Vorauszahlungen des Luftfrachtführers vor, wenn er dazu nach nationalem Recht verpflichtet ist. Mit dieser Bestimmung sollen unmittelbare finanzielle Notlagen des Reisenden oder seiner Hinterbliebenen abgewendet werden.

Die Konferenz hat in der zweiten Resolution der Schlussakte die Luftfrachtführer aufgefordert, solche Vorauszahlungen ohne Verzögerung und nach dem sofortigen Bedarf den Familien von Opfern oder Überlebenden zu erbringen. Weiters werden die Vertragsstaaten ermuntert, nach ihrem Recht geeignete Maßnahmen zu setzten, um solche Vorauszahlungen der Frachtführer zu fördern. Durch die EG-Haftungsverordnung sind die österreichischen Luftfrachtführer zu solchen Vorauszahlungen verpflichtet.

Art. 29 geht auf Art. 24 WA zurück, der sowohl durch das 4. Montrealer Protokoll (Art. VIII) und fast gleichlautend durch das Protokoll von Guatemala (Art. IX) geändert wurde. Schadenersatzansprüche aus der Beförderung von Reisenden, Reisegepäck und Gütern können unabhängig vom Rechtsgrund nur unter den Voraussetzungen und mit den Beschränkungen des Übereinkommens geltend gemacht werden. Ein in manchen Rechtsordnungen bekannter „Strafschadenersatz“ oder sonstiger nicht kompensatorischer Schadenersatz kann ausdrücklich nicht verlangt werden.

Der Grundsatz der Regelung war niemals umstritten. Das Haftungsregime soll dem Geschädigten nicht einen Mindestersatz garantieren, sondern einen angemessen, international einheitlichen Ersatzanspruch, der im Interesse des Luftfrachtführers an der Kalkulierbarkeit des Risikos nicht überschritten werden kann.

Der ausdrückliche Ausschluss nichtkompensatorischen Schadenersatzes (auf der Grundlage nationalen Rechts) war wegen der Ausweitung der Gerichtszuständigkeiten (Art. 33) für die Luftfrachtführer von besonderer Bedeutung und wurde zu einem wichtigen Punkt des Kompromisspakets.

Art. 30 regelt die Haftung der Leute des Luftfrachtführers. Er übernimmt bis auf zwei Ausnahmen die Regelung des Art. 25 A WA in der Fassung des Haager Protokolls und des 4. Montrealer Protokolls. Die Leute des Luftfrachtführers können sich auf die Haftungsvoraussetzungen und -Beschränkungen des Übereinkommens berufen. Wird allerdings nachgewiesen, dass die schädigende Handlung oder Unterlassung „in der Absicht, Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, begangen wurde, dass wahrscheinlich ein Schaden eintreten wird“, sind die Abs. 1 und 2 nicht anzuwenden. In einem solchen Fall können sich die in Anspruch genommen Leute des Luftfrachtführers nicht auf die Haftungsvoraussetzungen oder -beschränkungen des Übereinkommens berufen, insbesondere gelten die Haftungshöchstbeträge nicht. Dies gilt konsequenterweise (siehe oben zu Art. 22 Abs. 5) nicht für die Beförderung von Gütern.

Unter welchen Voraussetzungen und allenfalls in welchen Grenzen die Leute haften, ist mangels Regelung im Übereinkommen nach dem jeweils maßgebenden nationalen Recht zu beurteilen (siehe oben zu Kapitel III).

Art. 31 Abs. 1 entspricht abgesehen von der zusätzlichen Erwähnung der anderen (elektronischen) Aufzeichnungen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 und des Art. 4 Abs. 2 dem Art 26 Abs. 1 WA. Die vorbehaltslose Annahme von Reisegepäck oder von Gütern durch den Empfänger begründet die widerlegbare Vermutung, dass sie unbeschädigt und den Dokumenten und Aufzeichnungen entsprechend abgeliefert worden sind.

Abs. 2 bis 4 (Fristen für die Schadensanzeige, Schriftlichkeit der Anzeige, Unzulässigkeit der Klage bei Fristversäumung außer bei Arglist des Luftfrachtführers) stimmen ebenfalls mit der in Österreich bereits geltenden Rechtslage (Art. 26 Abs. 2 bis 4 WA) überein. Nur der Vermerk der Beanstandung auf dem Frachtbrief wird nicht mehr als besondere Art der Schriftlichkeit ausdrücklich angeführt.

Mit Art. 32 wurde Art. 27 WA übernommen, lediglich in der deutschen Übersetzung ist nun anstatt „Schuldner“ genauer von der „zum Schadenersatz verpflichtete(n) Person“ die Rede. Ersatzansprüche können nach deren Tod gegen ihre Rechtsnachfolger gerichtet werden.

Wie bereits Art. 28 Abs. 1 WA legt Art. 33 Abs. 1 für Schadenersatzansprüche aus dem Übereinkommen vier Gerichtsstände fest (Wohnsitz, Hauptniederlassung des Luftfrachtführers, dessen Geschäftstelle des Vertragsabschlusses oder Bestimmungsort) unter denen der Kläger wählen kann.

In den Verhandlungen war die Einführung eines zusätzlichen, des „fünften Gerichtsstandes“ für Ansprüche aus Tod oder Körperverletzungen, den das Warschauer Abkommen auch in der Fassung der Protokolle nicht kennt, umstritten. Die Kompromisslösung des Abs. 2 schränkt diesen Gerichtsstand gegenüber dem Vorschlag der Proponenten ein. Danach kann der Ersatz des Schadens, der durch Tod oder Körperverletzung eines Reisenden entstanden ist, vor dem Gericht des Vertragsstaates eingeklagt werden, in dem der Reisende im Zeitpunkt des Unfalls seinen ständigen Hauptwohnsitz (principal and permanent residence) hatte und in den oder aus dem der Luftfrachtführer Reisende im Luftverkehr gewerbsmäßig befördert, und zwar entweder mit seinen eigenen Luftfahrzeugen oder auf Grund einer geschäftlichen Vereinbarung mit Luftfahrzeugen eines anderen Luftfrachtführers, und in dem der Luftfrachtführer sein Gewerbe von Geschäftsräumen aus betreibt, deren Mieter oder Eigentümer der Luftfrachtführer selbst oder ein anderer Luftfrachtführer ist, mit dem er eine geschäftliche Vereinbarung geschlossen hat.

Ein Aktivgerichtsstand für Verbraucher ist weder nach nationalem, europäischem, noch nach international vereinheitlichtem Recht eine Neuheit. Besonders die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) kennt einen sehr ähnlichen Gerichtsstand. (Nach Art. 15 EuGVVO muss der andere Vertragspartner im Wohnsitzstaat des Verbrauchers eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausüben oder auf diesen Staat ausrichten und der Vertrag muss in den Bereich dieser Tätigkeit fallen.) Trotz aller Ähnlichkeiten mit Art. 15 EuGVVO, der grundsätzlich nur für Klagen gegen Personen mit Wohnsitz in EU-Mitgliedstaaten zur Verfügung steht, ist das Übereinkommen bei Gewährung eines Klägergerichtsstands großzügiger, selbst wenn man den Reisenden – in vielen Fällen zu Recht – mit dem Verbraucher gleichsetzt, weil Art. 15 EuGVVO nach seinem Abs. 3 nicht für Beförderungsverträge gilt, die nicht Pauschalreiseverträge sind.

Der Aktivgerichtsstand des Art. 33 Abs. 2 des Übereinkommens setzt voraus, dass der Luftfrachtführer eine geschäftliche Nahebeziehung zu dem Wohnsitzstaat des Reisenden hat. Eine solche Nahebeziehung wird durch zwei Umstände hergestellt: erstens muss der Luftfrachtführer gewerbsmäßig Reisende in den oder aus dem Wohnsitzstaat des Verbrauchers befördern (ausdrücklich genügt die Beförderung im Rahmen einer „geschäftlichen Vereinbarung“ mit einem anderen Luftfrachtführer im Sinne des Abs. 3, nicht aber die bloß gelegentliche Beförderung von Reisenden oder die Beförderung von Gütern); zweitens muss der Luftfrachtführer sein Gewerbe (auch) von Geschäftsräumen im Wohnsitzstaat aus betreiben, wobei es genügt, wenn es die des Luftfrachtführers sind, mit dem eine geschäftliche Vereinbarung besteht.

Dieser Gerichtsstand wird praktische Bedeutung wohl besonders in Fällen erlangen, in denen der Beförderungsvertrag mit neuen Kommunikationstechniken geschlossen wird. Das aber setzt ein entsprechendes Tätigwerden des Luftfrachtführers wie ein Anbot auf einer homepage voraus. Dies würde aber auch den zum internationalen Standard gewordenen Verbrauchergerichtsstand begründen.

Abs. 3 definiert „geschäftliche Vereinbarung“. Dies ist ein Vertrag zur Erbringung gemeinsamer Beförderungsdienstleistungen für Reisende im Luftverkehr – es ist vor allem an das so genannte „code sharing“ gedacht –; ein Handelsvertretervertrag (agency agreement) fällt ausdrücklich nicht darunter. Ebenso stellt ein Vertrag über bloß gemeinsames Marketing keine solche geschäftliche Vereinbarung dar.

Die Definition „ständiger Wohnsitz“ hat kein international zivilrechtliches Vorbild. Der Begriff ist „autonom“ aus dem Übereinkommen und nach seinem Zweck auszulegen. Die Definition sollte nach dem Verhandlungsverlauf vor allem dazu dienen, den fünften Gerichtsstand einzuschränken. In diesem Sinne ist auch der weitere Satz zu verstehen, wonach die Staatsangehörigkeit des Reisenden für die Bestimmung des ständigen Wohnsitzes keine Rolle spielt. Die Staatsangehörigkeit kann auch in Verbindung mit einem bloß gelegentlichen Aufenthalt im Heimatstaat keinen Wohnsitz begründen.

Abs. 4 spricht einen international selbstverständlichen Grundsatz aus: für das Verfahren ist die lex fori maßgebend.

Art. 34 räumt wie Art. 32 letzter Satz WA den Parteien des Güterbeförderungsvertrages die Möglichkeit ein, eine Schiedsvereinbarung zu treffen. Neu ist die ausdrückliche Regelung, dass die Schiedsvereinbarung der Schriftform bedarf und das Schiedsgericht das Übereinkommen anzuwenden hat. Abweichende Bestimmungen der Schiedsvereinbarung sind nichtig.

Die Bestimmung nimmt den Parteien auch eines Personenbeförderungsvertrags nicht die Möglichkeit, nach Schadenseintritt eine Schiedsvereinbarung zu treffen.

Art. 35 übernimmt Art. 29 WA (die deutsche Übersetzung wurde etwas moderner gefasst). Schadenersatzklagen (nach dem Übereinkommen) müssen innerhalb von zwei Jahren erhoben werden. Diese Frist ist eine Ausschlussfrist; sie ist also von Amts wegen zu berücksichtigen und kann nicht unterbrochen oder gehemmt werden. Die Frist ist nach dem Recht des angerufenen Gerichts zu berechnen; wann die Frist zu laufen beginnt, ist in Abs. 1 festgelegt.

Art. 36 deckt sich von einigen sprachlichen Adaptierungen abgesehen (wie cargo statt goods) mit Art. 30 WA. Die Bestimmung regelt den Fall, dass die Beförderung nicht durch einen Luftfrachtführer, sondern in mehreren Abschnitten hintereinander von mehreren Luftfrachtführern ausgeführt wird. Auch wenn es sich dabei um eine „einheitliche Beförderung“ im Sinne des Art. 1 Abs. 3 handelt, also von den Parteien als einheitliche Leistung vereinbart ist, haftet jeder der Luftfrachtführer bei Personen- oder Verspätungsschäden nur für den von ihm ausgeführten Abschnitt der Beförderung, außer der erste Luftfrachtführer hat ausdrücklich die Haftung für die gesamte Strecke (Reise) übernommen (Abs. 2). Für Schäden an Reisegepäck oder Gütern haften alle Luftfrachtführer als Gesamtschuldner (Abs. 3).

Art. 37 stellt wie Art. 30 A WA in der Fassung des 4. Montrealer Protokolls ausdrücklich klar, dass das Übereinkommen den Rückgriff des Schadenersatzpflichtigen gegen andere Personen nicht regelt. Der Rückgriff ist daher nicht ausgeschlossen; er richtet sich nach dem Recht, das nach den Regeln des internationalen Privatrechts darauf anzuwenden ist.

Zu Kapitel IV (Gemischte Beförderung):

Art. 38 regelt wie die Art. 31 Abs. 1 und 2 WA die Beförderung durch mehrere Verkehrsträger.

Das Übereinkommen gilt auch bei gemischter Beförderung, also bei der zusammenhängenden Beförderung mit verschiedenen Transportmitteln, nur für den Teil, der mit einem Luftfahrzeug ausgeführt wird. Art. 18 Abs. 4, der die Luftbeförderung von anderen Transportarten abgrenzt und die nicht vereinbarte Ersatzbeförderung mit anderen Transportmitteln dem Übereinkommen unterstellt, bleibt vorbehalten.

Zu Kapitel V (Luftbeförderung durch einen anderen als den vertraglichen Luftfrachtführer):

Die Art. 39 bis 48 inkorporieren die Regelungen des Zusatzabkommens von Guadalajara, das in Österreich in Kraft steht (BGBl. Nr. 46/1966). Sie behandeln die Luftbeförderung durch einen anderen als den vertraglichen Luftfrachtführer.

Art. 39 erklärt wie Art. I lit. b und c des Zusatzabkommens von Guadalajara, wann ein Luftfrachtführer als „vertraglicher“ und wann als „ausführender“ anzusehen ist und stellt die Vermutung auf, dass der vertragliche Luftfrachtführer berechtigt ist, sich zur Erfüllung des Vertrages eines „ausführenden“ Luftfrachtführers zu bedienen.

Art. 40 unterstellt auch den ausführenden Luftfrachtführer für die von ihm ausgeführte Beförderung dem Übereinkommen und entspricht damit Art. II des Zusatzabkommens.

Art. 41 regelt, unter welchen Voraussetzungen Handlungen und Unterlassungen des „ausführenden“ Luftfrachtführers dem „vertraglichen“ Luftfrachtführer zugerechnet werden und umgekehrt. Inhaltlich entsprechen diese Bestimmungen den Art. III Abs. 1 und 2 des Zusatzabkommens von Guadalajara.

Art. 42 und 43 über den Adressaten von Beanstandungen und Weisungen bzw. die Leutehaftung haben – abgesehen von einer moderneren Textierung –, ihre Entsprechung in den Art. IV bzw. V des Zusatzabkommens von Guadalajara.

Mit den Art. 44 bis 48 werden die Art. VI bis VIII, IX Abs. 1 und X des Zusatzprotokolls über die Anwendung der Haftungsgrenzen auch für den ausführenden Luftfrachtführer, die solidarische Haftung der beiden Luftfrachtführer, die Streitverkündung, den Gerichtsstand, die Unwirksamkeit bestimmter vertraglicher Bestimmungen und das Innenverhältnis der Luftfrachtführer (der Regress ist nicht geregelt) in das Übereinkommen aufgenommen.

Art. 46 führt einen weiteren Gerichtsstand ein: eine Klage gegen den ausführenden, aber auch gegen den vertraglichen Luftfrachtführer kann außer bei den in Art. 33 bezeichneten Gerichten auch bei dem Gericht der Niederlassung des ausführenden Luftfrachtführers eingebracht werden.

Zu Kapitel VI (sonstige Bestimmungen):

Wie Art. 32 WA erklärt Art. 49 Rechtswahlklauseln oder Gerichtsstandsvereinbarungen, mit denen die Parteien von den Regelungen des Übereinkommens abweichen, für nichtig.

Gemäß Art. 50 haben die Vertragsstaaten ihre Luftfrachtführer (das sind die in ihrem Gebiet zugelassenen Luftfrachtführer) zu verpflichten, sich zur Deckung ihrer Haftung nach dem Übereinkommen angemessen zu versichern. Diese Bestimmung ist durch § 164 Luftfahrtgesetz, BGBl. Nr. 253/1957 in der Fassung BGBl. I Nr. 102/1997, und die Verordnung (EWG) 2407/92 über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen umgesetzt.

Art. 51 entspricht Art. 34 WA in der Fassung des Haager Zusatzprotokolls 1955 und Art. XIII des 4. Montrealer Protokolls und erklärt die Art. 3 bis 5 und 7 bis 8 über Beförderungsunterlagen für „Beförderungen unter außergewöhnlichen Umständen“ für unanwendbar.

Art. 52 definiert wie Art. 35 WA den Begriff „Tage“, damit die Fristen des Übereinkommens in allen Vertragsstaaten übereinstimmend bemessen werden.

Zu Kapitel VII (Schlussbestimmungen):

Art. 53 regelt Ratifikation und In-Kraft-Treten des Übereinkommens. Außer allen Staaten können das Übereinkommen auch Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration wie besonders die Europäische Gemeinschaft unterzeichnen und ratifizieren. Für das In-Kraft-Treten bedarf es der Ratifikation, der Annahme, Genehmigung oder des Beitritts von 30 Staaten (Ratifikationen von Organisationen werden dafür nicht gezählt). Da das Übereinkommen nicht auf die Luftbeförderungsleistung abstellt, kann es auch in Kraft treten, wenn es von Staaten mit besonders hoher Beförderungsleistung (wie die USA) nicht ratifiziert wird.

Art. 54: Das Übereinkommen kann mit einer Frist von 180 Tagen gekündigt werden.

Art. 55 regelt das Verhältnis zu anderen Übereinkünften des Warschauer Systems. Im Verhältnis zu Vertragsstaaten dieses Übereinkommens tritt es an die Stelle des Warschauer Abkommens und der Zusatzübereinkommen und Protokolle.

Nach Art. 57 dürfen zu diesem Übereinkommen keine Vorbehalte angebracht werden. Gleichzeitig erlaubt diese Bestimmung, durch eine an den Depositar gerichtete Notifikation zu erklären, dass das Übereinkommen nicht gilt für:

       Beförderungen, die unmittelbar von dem Vertragsstaat zu nichtgewerblichen Zwecken im Hinblick auf seine Aufgaben und Pflichten als souveräner Staat ausgeführt und betrieben werden, und

       Beförderungen von Personen, Gütern und Reisegepäck für seine militärischen Dienststellen mit in diesem Vertragsstaat eingetragenen oder sonstigen vertraglich genutzten (Miete, Leasing usw.) Luftfahrzeugen.


Die Bundesregierung hat beschlossen, dem Nationalrat vorzuschlagen, anlässlich der Genehmigung des Übereinkommens gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG zu beschließen, dass die arabische, chinesische, französische, russische und spanische Sprachfassung dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Daran anknüpfend wurde mit Rücksicht auf eine sparsame und zweckmäßige Verwaltung gemäß § 23 Abs. 2 GOG-NR von der Vervielfältigung und Verteilung dieser Sprachfassungen Abstand genommen.

Die gesamte Regierungsvorlage liegt in der Parlamentsdirektion zur Einsicht auf.