1592 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (1557 der Beilagen): Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zur außerordentlichen Wiederauffüllung der Internationalen Entwicklungsorganisation und des Afrikanischen Entwicklungsfonds (Multilaterale Entschuldungsinitiative – MDRI)

Im Juli 2005 wurde am G8 Gipfel von Gleneagles eine multilaterale Entschuldungsinitiative (Multilateral Debt Relief Initiative – MDRI) vorgeschlagen, die einen sofortigen Schuldenerlass für hoch verschuldete, sehr arme Entwicklungsländer (Highly Indebted Poor Countries - HIPC) gegenüber der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA), dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und dem AfrikanischenEntwicklungsfonds (AfEF) vorsieht. Im Dezember 2005 konnten die Verhandlungen der Gebergemeinschaft zur Umsetzung der MDRI im wesentlichen abgeschlossen werden.

Ziel der MDRI ist eine dauerhafte Lösung des Verschuldungsproblems der HIPC Entwicklungsländer zu erzielen, um somit einen Beitrag zur Erreichung der von den Vereinten Nationen beschlossenen Millenniumsentwicklungsziele in den betroffenen Ländern zu setzen. Insgesamt kann die MDRI daher als Erweiterung und Vertiefung zur bestehenden HIPC Initiative gesehen werden, an der sich Österreich schon bisher aktiv beteiligt hat (BGBl. I Nr. 92/2001 vom 3. August 2001; BGBl. I Nr. 110/2005 vom 14. Oktober 2005).

Die MDRI besteht einerseits aus dem sofortigen, vollständigen und unwiderruflichen Schuldenerlassdurch IDA und AfEF gegenüber den Ländern, die die HIPC Initiative abgeschlossen haben und andererseits aus einer Kompensation dieser beiden Entwicklungsfonds durch zusätzliche ("Dollar for Dollar") Zahlungen der Geberländer über den gesamten Zeitraum der abgeschriebenen Kapital- und Zinsendienste.

Der Gesamtzeitraum der MDRI erstreckt sich über 40 (IDA) bzw. 50 Jahre (AfEF).

Die Gesamtkosten der Initiative bei einer Beteiligung von 42 HIPC Ländern belaufen sich auf 24.796.000.000 Sonderziehungsrechte (SZR) für die IDA und 5.840.000.000 SZR für den AfEF, die im Rahmen der gegenständlichen außerordentlichen Wiederauffüllungen und zukünftiger regulärer Wiederauffüllungen der IDA und des AfEF von den Gebern getragen werden müssen. Die Kosten der MDRI für den IWF werden weitgehend von der Organisation selbst getragen.

Für die Teilnahme an der MDRI wird der Abschluss der HIPC Initiative (Erreichen des "Completion Points") vorausgesetzt. Sobald dieser Punkt von den HIPC Ländern erreicht wird, erfolgt ein multilateraler Schuldenerlass gemäß MDRI. Um sich für die MDRI zu qualifizieren, müssen zusätzlich die Berichtserfordernisse der Weltbankgruppe über die Auslandsverschuldung erfüllt sein und es dürfen keine Rückstände gegenüber den beteiligten multilateralen Institutionen bestehen.

Die Voraussetzungen für eine sofortige Teilnahme an der MDRI erfüllen mit April 2006 17 Länder. Mit einer maximalen Beteiligung von 42 Ländern muss im Laufe der nächsten Jahre gerechnet werden.

Die MDRI soll innerhalb der IDA mit 1. Juli 2006 und innerhalb des AfEF (rückwirkend) mit 1. Jänner 2006 in Kraft treten. Zeichnungsurkunden sollen bis 31. Mai 2006 (IDA) und 30. Juni 2006 (AfEF) hinterlegt werden. Werden die in der IDA und dem AfEF vorgesehenen Effektivitätsschwellen (Geberzeichnungen bei IDA: 546.000.000 SZR und beim AfEF: 84.820.000 SZR) bis zu den genannten Daten durch die Gebergemeinschaft nicht erreicht, kommt es zu einer Verschiebung des Beginnes der MDRI.

Finanzielle Auswirkungen:

Österreich hat sich bei den Verhandlungen über die MDRI grundsätzlich bereit erklärt, einen Beitrag in Höhe von 0,78% (österreichischer Anteil an der 13. Wiederauffüllung der IDA) an der angestrebten außerordentlichen Wiederauffüllung der IDA von 193.400.000 SZR (2007-2044) und einen Beitrag in Höhe von 1,65% (österreichischer Anteil an der 10. Wiederauffüllung des AfEF) an der angestrebten außerordentlichen Wiederauffüllung des AfEF von 96.292.000 SZR (2006-2054) zu leisten. Österreich hat diese Beiträge – vorbehaltlich der parlamentarischen Genehmigung – jedoch nur für die ersten zehn Jahre bis 2016, das sind 41.100.000 SZR für IDA und 15.523.750 SZR für AfEF, zugesagt. Für zukünftige reguläre Wiederauffüllungen der IDA und des AfEF wurde nur eine Absichtserklärung, sich auch in diesem Rahmen für die Jahre bis 2054 an der MDRI beteiligen zu wollen, abgegeben. Die österreichischen Kostenanteile für die restlichen Perioden belaufen sich bei IDA auf 152.300.000 SZR (2017-2044) und beim AfEF auf 80.768.250 SZR (2016-2054). Bei einer Beteiligung Österreichs an der MDRI über die gesamte Laufzeit würden daher Gesamtkosten in Höhe von 193.400.000 SZR (2007-2044) für die IDA und von 96.292.000 SZR (2006-2054) für den AfEF anfallen. In Summe würde folglich die österreichischen Kompensationszahlungen für den gesamten Zeitraum der MDRI 289.692.000 SZR betragen (siehe Tabelle 1).

Tabelle 1: Voraussichtliche österreichische MDRI-Kosten (in SZR)

 

MDRI Zeitraum

IDA

AfEF

Gesamt

für die ersten zehn Jahre

  41.100.000

15.523.750

  56.623.750

restliche Periode (bis 2054)

152.300.000

80.768.250

233.068.250

Summe (bis 2054)

193.400.000

96.292.000

289.692.000

 

Die österreichischen Beiträge zur MDRI für die ersten zehn Jahre im Rahmen der außerordentlichen Wiederauffüllungen bei IDA und AfEF in der Gesamthöhe von 56.623.750 SZR sollen in jährlichen Raten in bar aufgebracht werden. Diese Beiträge sind auf die österreichische ODA-Quote anrechenbar. Die budgetären Auswirkungen in den Jahren 2006-2016 sind aus dem folgenden Zahlungsplan ersichtlich, wobei sich Änderungen einerseits durch Verschiebung der jährlichen Zahlungen und andererseits durchzukünftige Wechselkursanpassungen bei den in Euro ausgewiesenen Gesamtbeträgen ergeben können. Tabelle 2: Zahlungsplan (in Mio. SZR und EUR; Summen enthalten Rundungsdifferenzen)

 

Jahr

IDA

AfEF

Gesamt

SZR

SZR

SZR

EUR

2006

0,0

0,6

0,6

0,7

2007

1,8

0,8

2,6

3,2

2008

2,4

0,9

3,4

4,0

2009

2,7

1,1

3,8

4,5

2010

3,2

1,5

4,7

5,6

2011

4,0

1,7

5,7

6,8

2012

4,7

1,9

6,6

7,9

2013

5,1

2,2

7,3

8,8

2014

5,4

2,4

7,8

9,3

2015

5,7

2,4

8,1

9,7

2016

6,0

0,0

6,0

7,1

Summe

        41,1

         15,5

      56,6

     67,6

 

Für die in Euro ausgewiesenen Gesamtbeträge wurden folgende Umrechnungskurse herangezogen: IDA: 1 SZR = 1,19052 EUR, durchschnittlicher Kurs vom 1. April bis 30. September 2005; AfEF: 1 SZR = 1,206 EUR, durchschnittlicher Kurs vom 1. April bis 30. September 2004.

Kompetenzgrundlage:

Bei den gegenüber der IDA und dem AfEF abzugebenden Verpflichtungserklärungen zur Beteiligung Österreichs an den außerordentlichen Wiederauffüllungen der Mittel handelt es sich um völkerrechtliche Rechtsgeschäfte, die im Hinblick auf die in § 1 und § 2 enthaltenen gesetzlichen Anordnungen als solches nicht unter Art. 50 B-VG fallen. Im Sinne der Entschließung des Bundespräsidenten, BGBl.Nr. 49/1921, werden diese Erklärungen vom Bundesminister für Finanzen als ressortmäßig zuständigem Bundesminister abzugeben sein.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Der Gesetzesbeschluss hat Verfügungen über Bundesvermögen gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG zum Gegenstand, bei denen auf Grund dieser Verfassungsbestimmung die Mitwirkung des Bundesrates ausgeschlossen ist. Daher kann der Bundesrat gegen diesen Gesetzesbeschluss des Nationalrates keinen Einspruch erheben. Die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Finanzen zur Vollziehung ist auf Grund von Abschnitt D Ziffer 11 der Anlage 2 zum Bundesministeriengesetz 1986 gegeben.

 

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 5. Juli 2006 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordnete Marianne Hagenhofer sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1557 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2006 07 05

                                   Franz Glaser                                                        Dkfm. Dr. Günter Stummvoll

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann