VORBLATT

Problem:

Das Ständige Sekretariat des Übereinkommens zum Schutz der Alpen wurde von der Konferenz der Vertragsstaaten (Alpenkonferenz) am 31. Oktober 2000 errichtet, als Sitz wurde mit Beschluss der VII. Alpenkonferenz vom 19. November 2002 Innsbruck festgelegt. Zur Erfüllung seiner Aufgaben bedarf das Ständige Sekretariat der Einräumung international üblicher Vorrechte und Befreiungen.

Problemlösung:

Abschluss eines Amtssitzabkommens, in welchem dem Ständigen Sekretariat der gleiche Status wie vergleichbaren internationalen Organisationen mit Sitz in Österreich (vgl. unter anderem das Joint Vienna Institute, BGBl. III Nr. 187/1997, das Internationale Zentrum für Migrationspolitikenentwicklung - ICMPD, BGBl. III, Nr. 145/2000 und die Internationale Kommission  zum Schutz der Donau, BGBl. III Nr. 227/2001) eingeräumt wird.

Alternative:

Keine.

Finanzielle Auswirkungen:

Die finanziellen Auswirkungen des Abkommens halten sich in sehr engen Grenzen. Es kommt nicht zu einem Entfall von Einnahmen, sondern nur zum Verzicht auf Steuern und Zölle, die ohne die durch das Abkommen ermöglichte Ansiedlung des Ständigen Sekretariats in Österreich gar nicht anfallen würden. Außerdem dürften die vorgesehenen Steuer- und Zollbefreiungen durch die Ausgaben des Ständigen Sekretariats und seiner Angestellten kompensiert werden.

Die Büroräumlichkeiten werden dem Ständigen Sekretariat von der Stadtgemeinde Innsbruck unentgeltlich zur Verfügung gestellt, das Ständige Sekretariat trägt die anfallenden Betriebskosten.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Das Abkommen leistet einen weiteren Beitrag zur Stärkung der Rolle Österreichs als Amtssitz internationaler Organisationen.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Das Abkommen entspricht den Vorgaben des Rechts der Europäischen Union (insb. Art. 133 Zollbefreiungsverordnung und Art. 14 und 15 der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 letzter Satz B-VG.


ERLÄUTERUNGEN

Allgemeiner Teil

Das vorliegende Abkommen hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es enthält keine verfassungsändernden und verfassungsergänzenden Bestimmungen und hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendbarkeit im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Da durch dieses Abkommen Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Länder geregelt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Österreich ist Vertragspartei des Übereinkommens zum Schutz der Alpen (Alpenkonvention), BGBl. Nr. 477/1995 idF BGBl. III Nr. 18/1999, zuletzt geändert durch BGBl. III Nr. 33/1999, und hat am 14. August 2002 die Protokolle „Naturschutz und Landschaftspflege“ (BGBl. III Nr. 236/2002), „Raumplanung und nachhaltige Entwicklung“ (BGBl. III Nr. 232/2002), „Berglandwirtschaft“ (BGBl. III Nr. 231/2002), „Bergwald“ (BGBl. III Nr. 233/2002), „Tourismus“ (BGBl. III Nr. 230/2002), „Bodenschutz“ (BGBl. III Nr. 235/2002), „Energie“ (BGBl. III Nr. 237/2002) und „Verkehr“ (BGBl. III Nr. 234/2002), sowie das „Protokoll über die Beilegung von Streitigkeiten“ (BGBl. III Nr. 238/2002) zur Alpenkonvention ratifiziert. Diese Protokolle sind am 18. Dezember 2002 in Kraft getreten.

Art. 9 der Alpenkonvention sieht vor, dass die Konferenz der Vertragsparteien (die Alpenkonferenz) die Errichtung eines Ständigen Sekretariats mit Einstimmigkeit beschließen kann, was durch Beschluss 7A der Alpenkonferenz vom 31. Oktober 2000 erfolgt ist.

Mit Beschluss VII/2 der Alpenkonferenz vom 19. November 2002 wurde die Einrichtung des Sitzes des Ständigen Sekretariats in Innsbruck mit einer Außenstelle in Bozen festgelegt. Gleichzeitig wurde der Generalsekretär beauftragt, im Namen des Ständigen Sekretariats ein Amtssitzabkommen mit dem Sitzstaat des Ständigen Sekretariats zu verhandeln und nach Genehmigung durch die Alpenkonferenz abzuschließen. Dem Ständigen Sekretariat der Alpenkonvention kommt daher eine beschränkte völkerrechtliche Rechtspersönlichkeit zu.

Inhaltlich orientiert sich das Amtssitzabkommen an bereits mit vergleichbaren internationalen Organisationen mit Sitz in Österreich abgeschlossenen Abkommen (etwa mit dem Joint Vienna Institute, BGBl. III Nr. 187/1997, dem Internationalen Zentrum für Migrationspolitikentwicklung, ICMPD, BGBl. III Nr. 145/2000, und der  Internationalen Kommission  zum Schutz der Donau, BGBl. III Nr. 227/2001). Dem Ständigen Sekretariat werden insbesondere die Rechtspersönlichkeit nach österreichischem Recht, die Unverletzlichkeit des Amtssitzes, Befreiung von der Gerichtsbarkeit, Unverletzlichkeit der Archive und die Befreiung von Steuern und Zöllen in dem im Abkommen vorgesehen Umfang gewährt. Weiters werden die Privilegien und Immunitäten der Angestellten des Ständigen Sekretariats, des Generalsekretärs, der amtlichen Besucher und der Sachverständigen geregelt.

Besonderer Teil

Zur Präambel:

Die Präambel stellt fest, dass das Ständige Sekretariat des Übereinkommens zum Schutz der Alpen (Alpenkonvention) von der Konferenz der Vertragsstaaten (Alpenkonferenz) mit Sitz in Innsbruck errichtet, der Generalsekretär des Ständigen Sekretariats von dieser mit der Verhandlung eines Amtssitzabkommens beauftragt wurde und die Republik Österreich dem Sekretariat die zur Wahrnehmung seiner Aufgaben notwendigen Privilegien und Immunitäten einzuräumen bestrebt ist.

Zu Artikel 1:

Da es sich als zweckmäßig erweist, mehrfach wiederkehrende Begriffe in umfangreichen Verträgen zu definieren, um Fehlinterpretationen vorzubeugen, wurde auch in dieses Abkommen ein eigener Artikel aufgenommen, der Begriffsbestimmungen enthält.

Zu Artikel 2:

Diese Bestimmung anerkennt ausdrücklich die Rechtspersönlichkeit des Ständigen Sekretariats sowie auch die Fähigkeit zur Vornahme bestimmter Rechtsgeschäfte und -handlungen. Die Fähigkeit, Verträge zu schließen, bezieht sich auf den privatrechtlichen Bereich und ermöglicht es dem Ständigen Sekretariat, etwa Dienst- oder Bestandverträge abzuschließen. Im Lichte der implied powers-Lehre ist Art. 2 keine abschließende Regelung.

Zu Artikel 3:

In Abs. 1 wird festgelegt, dass sich der Amtssitz des Ständigen Sekretariats in Innsbruck befindet. Eine allfällige Verlegung des Amtssitzes bedürfte daher einer Änderung des Abkommens.

Für den Zweck von Sitzungen kann die kurzfristige Einbeziehung von Gebäuden außerhalb des Amtssitzes - jedoch nur im Einvernehmen mit der Regierung - in den Amtssitzbereich erfolgen. Eine vergleichbare Bestimmung findet sich in Artikel II Abschnitt 2 lit. c (im Folgenden Art. II/2c) des Abkommens zwischen der Republik Österreich und den Vereinten Nationen über den Amtssitz der Vereinten Nationen in Wien, BGBl. III Nr. 99/1998 (im Folgenden UNOV – Abkommen).

Zu Artikel 4:

Um dem Ständigen Sekretariat eine ungehinderte Tätigkeit zu ermöglichen, soll sein Amtssitz, ähnlich wie Gebäude diplomatischer Vertretungen, unverletzlich sein. Die Unverletzlichkeit wirkt sich insbesondere dahingehend aus, dass gemäß Abs. 1 österreichische Organe den Amtssitzbereich nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Generalsekretärs betreten und dort Amtshandlungen vornehmen dürfen. Bei Feuer oder einer anderen Katastrophe, wenn sofortige Schutzmaßnahmen notwendig sind, kann die Zustimmung des Generalsekretärs vermutet werden. Abs. 2 ist Art. III/17b des UNOV - Abkommens nachgebildet und soll verhindern, dass der Amtssitz als Zufluchtsort vor gesetzlich gedeckten Vollzugshandlungen einschließlich Verhaftung und Auslieferung dient. Abgesehen von den in der Alpenkonvention oder im Abkommen ausdrücklich vorgesehenen Sonderbestimmungen gelten gemäß Abs. 3 im Amtssitzbereich die österreichischen Rechtsvorschriften.

Zu Artikel 5:

In dieser Regelung wird die grundsätzliche Immunität des Ständigen Sekretariats in bezug auf die österreichische Gerichtsbarkeit festgelegt, wie sie diplomatischen Vertretern bzw. Staaten gemäß Art. IX Abs. 2 EGJN, RGBl. 110/1895, zukommt. Unter Immunität von der Gerichtsbarkeit ist im immunitätsrechtlichen Zusammenhang auch die Tätigkeit von Verwaltungsbehörden zu verstehen. Lit. a - d normieren gewisse Ausnahmen, die erheblich weiter gehen, als dies zum Beispiel in Art. III/ 15c des UNOV - Abkommens der Fall ist. Hier wäre insbesondere der Bereich der Verkehrsunfälle in lit. b und der arbeitsrechtlichen Streitigkeiten in lit. d hervorzuheben. Sollte einer der erwähnten Ausnahmefälle zutreffen, bleiben trotzdem die Absätze 2 und 3 in Geltung, die unter anderem gerichtliche Vollzugsmaßnahmen, Beschlagnahmungen oder Enteignungen untersagen.

Ähnlich lautende Bestimmungen über die Immunität von der Gerichtsbarkeit finden sich in allen mit vergleichbaren internationalen Organisationen abgeschlossenen Amtssitzabkommen; vgl. unter anderem Art. 5 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und  dem Joint Vienna Institute über den Amtssitz des Joint Vienna Institute, BGBl. III Nr. 187/1997, im Folgenden „JVI -  ASA“, Art. 5 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Internationalen Zentrum für Migrationspolitikenentwicklung  (ICMPD) über den Amtssitz des Internationalen Zentrums für Migrationspolitikenentwicklung, BGBl. III Nr. 145/2000, im Folgenden „ICMPD - ASA“ und Art. 6 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der  Internationalen Kommission  zum Schutz der Donau über den Amtssitz der Internationalen Kommission zum Schutz der Donau, BGBl. III Nr. 227/2001, im Folgenden „Donauschutzkommission - ASA“. Artikel 5 geht insofern über die Bestimmungen des JVI - ASA, des ICMPD - ASA und des Donauschutzkommission - ASA hinaus als entsprechend Art. 7 Anhang 1 des Beschlusses der VII. Alpenkonferenz ausdrücklich auch eine Ausnahme von der Befreiung von der Gerichtsbarkeit für alle arbeitsrechtlichen Streitigkeiten zwischen dem Ständigen Sekretariat und seinen Angestellten normiert wurde (Abs. 1 lit. d).

Zu Artikel 6:

Diese Bestimmung legt - wie auch die Amtssitzabkommen mit vergleichbaren internationalen Organisationen - die Unverletzlichkeit sämtlicher Dokumente und Datenträger des Ständigen Sekretariats fest.

Zu Artikel 7:

Hinsichtlich des Amtssitzbereichs ist Österreich verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Tätigkeit des Ständigen Sekretariats nicht durch einzelne Personen oder Personengruppen, die sich außerhalb des Amtssitzbereiches aufhalten, gestört wird. Dies beinhaltet, dass es den Sicherheitsbehörden obliegt, außerhalb und an der Grenze des Amtssitzbereichs jene Befugnisse wahrzunehmen, die zu diesem Zweck im Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. 566/1991 idgF, vorgesehen sind.

Zu Artikel 8:

Für die amtliche Tätigkeit des Ständigen Sekretariats im Amtssitzbereich ist es unerlässlich, dass dieses mit den notwendigen öffentlichen Einrichtungen ausgestattet ist und diese auch entsprechend unterhalten bzw. dass die notwendigen Dienstleistungen erbracht werden. Die Republik Österreich hat sich daher in diesem Artikel verpflichtet, im Wirkungsbereich der österreichischen Behörden, die Beistellung dieser Einrichtungen zu angemessenen Bedingungen zu gewährleisten. Per analogiam hat dies zu bedeuten, dass diese Leistungen zu den günstigsten, der österreichischen staatlichen Verwaltung gewährten Bedingungen zu erbringen sind (Abs. 1). Abs. 2 ist Art. V/20c des UNOV - Abkommens nachgebildet.

Zu Artikel 9:

Auf dem Gebiet des  Nachrichtenverkehrs hat sich der Grundsatz herausgebildet, internationale Organisationen in gleicher Weise zu behandeln wie diplomatische Vertretungsbehörden, für welche in diesem Zusammenhang Art. 27 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen (WDK), BGBl. Nr. 66/1966, gilt. Demgemäss sind amtliche Mitteilungen, die das Ständige Sekretariat auf welchem Wege und in welcher Form auch immer empfängt oder versendet, von jeder Zensur ausgenommen. Auch hier verpflichtet sich die Republik Österreich, dem Ständigen Sekretariat hinsichtlich des Nachrichtenverkehrs die günstigsten Bedingungen einzuräumen, die andere internationale Organisationen genießen.

Zu Artikel 10:

Zur Sicherung der Unabhängigkeit des Sekretariats genießt dieses die in Artikel 10 genannten Befreiungen. Diese entsprechen jenen im JVI- ASA (Art. 10), im ICMPD - ASA (Art. 10) und im Donauschutzkommission - ASA ( Art. 11).

Der Begriff „Eigentum“ in Abs. 1 umfasst auch Sachen und Rechte, die nur in der Innehabung oder im Besitz des Ständigen Sekretariats stehen und ist daher umfassender als der österreichische Eigentumsbegriff, wie er beispielsweise in §§ 353 ff. ABGB definiert wird.

Da im Hinblick auf das in Österreich geltende Umsatzsteuerrecht (Umsatzsteuer-Vergütungsgesetz, BGBl. Nr. 257/1976 idF BGBl. I Nr. 59/2001) ein Abzug der Umsatzsteuer an der Quelle, das heißt bei der Entrichtung des Kaufpreises noch nicht durchführbar ist, wird dem Ständigen Sekretariat die Umsatzsteuer in Form von Pauschalbeträgen rückvergütet (Abs. 2). Das Verfahren der Vergütung richtet sich dabei nach den im oben genannten Bundesgesetz festgelegten Grundsätzen.

Zusätzlich sind alle Rechtsgeschäfte, an denen das Ständige Sekretariat beteiligt ist, und alle Urkunden hierüber von jeglichen Abgaben befreit (Abs. 3).

Abs. 4 behandelt die Ein- und Ausgangsabgabenbefreiung von Gütern, einschließlich Kraftfahrzeugen, für amtliche Zwecke. Die Zur-Verfügung-Stellung der Kennzeichen durch Österreich erfolgt analog zu der Vorgangsweise bei anderen in Wien ansässigen zwischenstaatlichen Organisationen.

Waren, die gemäß Abs. 4 eingeführt wurden, dürfen für einen Zeitraum von zwei Jahren nicht abgabenfrei an Dritte in der Republik Österreich weitergegeben oder übertragen werden (Abs. 5).

Abs. 6 normiert im Rahmen der allgemeinen Steuerfreiheit des Ständigen Sekretariats aus Klarstellungsgründen die Befreiung von der Leistung des Dienstgeberbeitrags zum Ausgleichfonds für Familienbeihilfen oder an eine Einrichtung mit gleichartigen Funktionen.

Zu Artikel 11:

Die in diesem Artikel vorgesehenen Erleichterungen entsprechen im wesentlichen den einschlägigen Bestimmungen, wie sie üblicherweise in Amtssitzabkommen zwischen internationalen Organisationen und ihrem jeweiligen Gastland aufgenommen werden (vgl. Art. 11 des JVI - ASA,  Art. 11 des ICMPD - ASA und Art. 12 des Donauschutzkommission - ASA).

Zu Artikel 12:

Das Ständige Sekretariat und seine Angestellten (Art. 1 lit. e) werden - wie dies auch die entsprechenden Regelungen in anderen Amtssitzabkommen vorsehen - nach Abs. 1 von allen Pflichtbeiträgen an die Sozialversicherungseinrichtungen der Republik Österreich befreit. Abs. 2 räumt den Mitarbeitern (Art. 1 lit. d) des Ständigen Sekretariats das Recht ein, freiwillig jedem einzelnen Zweig der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung mit der Wirkung einer Pflichtversicherung beizutreten. Für dieses Wahlrecht ist in Abs. 3 eine dreimonatige Frist ab In-Kraft-Treten dieser Bestimmung oder ab Beginn des Beschäftigungsverhältnisses vorgesehen. Die Abs. 2 bis 7 sind wegen der in Abs. 3 enthaltenen dreimonatigen Antragsfrist von der  in Art. 23 Abs. 1 vorgesehenen Rückwirkung ausgenommen.

Zu Artikel 13:

Die seitens der Republik Österreich eingegangene Verpflichtung zur Erleichterung der Einreise und des Aufenthalts für die in Abs. 1 lit. a - d erschöpfend aufgezählten Personen und Personengruppen befreit nicht von der Sichtvermerkspflicht, soweit eine solche noch besteht. Allenfalls erforderliche Sichtvermerke sind gebührenfrei auszustellen (Abs. 2).

Gemäß Abs. 3 ist Österreich nicht befugt, ein Einreiseverbot oder eine Ausweisung über eine gemäß Abs. 1 privilegierte Person zu verhängen, falls deren amtliche Tätigkeit beim Ständigen Sekretariat Grund für eine derartige Maßnahme sein sollte.

Um zu verhindern, dass die Begünstigungen dieses Artikels von nichtberechtigten Personen in Anspruch genommen werden, gibt Abs. 4 den zuständigen österreichischen Behörden die Möglichkeit, einen ausreichenden Nachweis über das Zutreffen der in Abs. 1 geforderten Qualifikationen zu verlangen.

Zu Artikel 14:

Die Angestellten des Ständigen Sekretariats genießen funktionelle Immunität, d. h. Immunität hinsichtlich von Handlungen in Ausübung dienstlicher Obliegenheiten sowie die in diesem Artikel genannten Privilegien. Zweck dieser Vorrechte und Befreiungen ist es, den Angestellten die Ausübung ihrer Tätigkeit in voller Unabhängigkeit zu ermöglichen (Art. 20).

Die eingeräumten Privilegien und Immunitäten entsprechen im wesentlichen denen der Angestellten vergleichbarer internationaler Organisationen mit Sitz in Österreich. In diesem Sinne wären folgende Bestimmungen hervorzuheben:

Das Wort „amtlichen“ in Abs. 1 lit. b bezieht sich auch auf die Wendung „Daten und sonstigen Materialien.

Die Steuerbefreiungen in lit. e - f  weisen die Angestellten des Ständigen Sekretariats als beschränkt Steuerpflichtige aus, die allenfalls nur aus inländischen Steuerquellen steuerpflichtig werden.

Unter den Begriff „weitere Haushaltsangehörige“ in lit. g fallen jene privaten Hausangestellten, für die ein Lichtbildausweis gemäß der Verordnung des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten über die Ausstellung von Lichtbildausweisen an Angehörige jener Personengruppen, die in Österreich Privilegien und Immunitäten genießen, BGBl. Nr. 378/1979, ausgestellt werden kann.

Lit. h räumt den Angestellten nicht nur das Recht ein, ausländische Wertpapiere, Guthaben in fremder Währung und andere bewegliche und unbewegliche Sachen  zu besitzen, sondern diese auch zu erwerben; der Erwerb von Liegenschaften ist jedoch durch die Bestimmung eingeschränkt, dass hiebei dieselben Bedingungen (zum Beispiel Grundverkehrsvorschriften, steuerrechtliche Vorschriften) gelten wie für österreichische Staatsbürger.

Der Begriff „wirtschaftliche“ Einfuhrverbote und -beschränkungen in lit. i bringt zum Ausdruck, dass unter der Befreiung von Einfuhrverboten und -beschränkungen in keinem Fall eine Befreiung von Beschränkungen oder Verbote in bezug auf die Verwendung der gemäß lit. i (ii) eingeführten Fahrzeuge im österreichischen Straßenverkehr, wie sie beispielsweise im Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967 idgF eingeschlossen ist, enthalten sind.

Der Zugang zum Arbeitsmarkt für Familienangehörige wird in lit. k in Verbindung mit dem Anhang geregelt. Solange auf Grund der österreichischen Bestimmungen sowie der Arbeitsmarktlage keine generelle Befreiung von Ehegatten und abhängigen Kindern bis 21 Jahre, die im selben Haushalt leben, vom Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung vorgesehen werden kann, verlangt dieser Abschnitt einen bevorzugten Zugang dieses Personenkreises zum österreichischen Arbeitsmarkt. Um diesen bevorzugten Zugang sicherzustellen, wird den nach Abs. 1 des Anhangs Begünstigten (Ehegatten und Kinder bis zu einem Alter von 21 Jahren, wenn sie vor Erreichen dieses Alters aus Gründen der Familienzusammenführung nach Österreich kamen) vom Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten eine Bescheinigung ausgestellt, bei deren Vorlage einem zukünftigen Arbeitgeber in der Regel sofort eine Beschäftigungsbewilligung gemäß §§ 4 ff. des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF, erteilt wird. Für diese Personengruppen kann eine Beschäftigungs­bewilligung auch nach Überschreitung der gesetzlichen Bundeshöchstzahl (§ 12a AuslBG) im Rahmen der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung erteilt werden, wobei allerdings eine Prüfung der Arbeitsmarktlage erforderlich ist. Soll eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt werden, finden diese Vorschriften keine Anwendung und es sind die einschlägigen gewerberechtlichen Vorschriften (insbesondere die Gewerbeordnung, BGBl. Nr. 194/1994 idgF) zu beachten.

Zu Artikel 15:

Um der gesteigerten Verantwortlichkeit der höheren und höchstrangigen Angestellten internationaler Einrichtungen gebührend Rechnung zu tragen, werden diesen üblicherweise diplomatische Privilegien und Immunitäten eingeräumt. Diesen Status genießen auch der Generalsekretär sowie höherrangige Mitarbeiter in seiner Vertretung. Auf den in diesem Artikel angesprochenen Personenkreis ist dabei die WDK in ihrer Gesamtheit anzuwenden, d.h. die privilegierten Personen haben auch die Pflichten, die ihnen aus der WDK erwachsen (insbesondere in Art. 41 und 42 WDK), zu beachten. Dies bedeutet unter anderem, dass die in dieser Bestimmung genannten Personen keine gewerbliche Tätigkeit in Österreich ausüben dürfen, die auf persönlichen Gewinn gerichtet ist (Art. 42 WDK).

Zu Artikel 16:

Zusätzlich zu den Privilegien betreffend Ein- und Ausreise in Art. 13 genießen die amtlichen Besucher (Art. 1 lit. g) für die Dauer ihres dienstlichen Aufenthalts jene Befreiungen und Vorrechte, die für diesen Personenkreis bei anderen vergleichbaren internationalen Organisationen üblich sind (siehe zum Beispiel Art. 16 des JVI - ASA, Art. 16 ICMPD - ASA). Es handelt sich dabei um eine funktionelle Immunität.

Zu Artikel 17:

Diese Bestimmung enthält bezüglich des Umfangs an Privilegien und Immunitäten der Sachverständigen einen Verweis auf Art. 16. Da die Anwesenheit von Sachverständigen beim Ständigen Sekretariat auch für längere Zeiträume erforderlich sein kann, sind sie und ihre im gemeinsamen Haushalt lebenden Familienangehörigen darüber hinaus von Einwanderungsbeschränkungen und von der Ausländerregistrierung befreit.

Zu Artikel 18:

Die in diesem Artikel festgeschriebene Zur-Verfügung-Stellung von Lichtbildausweisen erfolgt in Angleichung an die entsprechende Vorgangsweise gegenüber ausländischen Vertretungsbehörden. Die Ausstellung erfolgt gemäß den österreichischen Rechtsvorschriften, hier insbesondere der Verordnung des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten über die Ausstellung von Lichtbildausweisen an Angehörige jener Personengruppen, die in Österreich Privilegien und Immunitäten genießen, BGBl. Nr. 378/1979.

Zu Artikel 19:

Dem verminderten Schutzbedürfnis entsprechend gelten für Angestellte, amtliche Besucher und Sachverständige mit österreichischer Staatsbürgerschaft oder  ständigem Wohnsitz in Österreich, nur die in diesem Artikel genannten Privilegien und Immunitäten.

Zu Artikel 20:

Abs. 1 legt ausdrücklich fest, dass die den dort genannten Personen eingeräumten Vorrechte und Befreiungen nur dazu dienen, dem Ständigen Sekretariat die ungestörte Ausübung seiner amtlichen Tätigkeiten zu ermöglichen. Der Generalsekretär hat gemäß Abs. 2 die Pflicht, auf die Immunität zu verzichten, wenn dies zur Verfolgung der Gerechtigkeit erforderlich ist und der Immunitätsverzicht die Interessen des Ständigen Sekretariats nicht beeinträchtigt.

Zu Artikel 21:

Meinungsverschiedenheiten zwischen der Republik Österreich und dem Ständigen Sekretariat, die über die Auslegung oder Anwendung des Abkommens oder Fragen im Zusammenhang mit dem Amtssitzbereich oder dem Verhältnis zwischen der Republik Österreich und dem Ständigen Sekretariat auftreten sollten und nicht auf anderem Wege beigelegt werden können, sind dem in diesem Artikel vorgesehenen Schiedsgericht zu unterbreiten.

Zu Artikel 22:

Gemäß diesem Artikel gilt für das Ständige Sekretariat das Meistbegünstigungsprinzip, wonach das Ständige Sekretariat und seine Angestellten sowie andere im Amtssitzabkommen begünstigte Personengruppen mittels eines Zusatzabkommens in den Genuss aller jener Privilegien und Immunitäten kommen sollen, die Österreich in Amtssitzabkommen vergleichbaren zwischenstaatlichen Organisationen in Zukunft einräumen sollte. Diese Regelung entspricht dem bisher von Österreich gehandhabten Grundsatz, in Österreich ansässige internationale Organisationen weitgehend gleich zu behandeln, unbeschadet etwaiger aus sachlichen Gründen gebotener Differenzierung.

Zu Artikel 23:

Artikel 23 enthält die üblichen Schlussklauseln (In-Kraft-Treten - Abs. 1; Beendigung – Abs. 2; Kündigung - Abs. 3). Abs. 1 bestimmt ein rückwirkendes In-Kraft-Treten der dort genannten Bestimmungen. Dies ist erforderlich, da das Ständige Sekretariat seine Tätigkeit bereits Anfang 2003 aufgenommen hat.