Vorblatt

Problem und Ziel

Das Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr  (COTIF) vom 9.5.1980, das Österreich im Jahre 1983 ratifiziert hat, ist ein Staatsvertrag mit unmittelbarer Anwendbarkeit im innerstaatlichen Bereich und enthält das internationale Eisenbahnbeförderungsrecht.

Das COTIF wurde im Rahmen einer umfassenden und tief greifenden Revision überarbeitet und neu gefasst, um es den neuen Rahmenbedingungen, insbesondere aus dem Wettbewerbs­prinzip der EU auch für den Eisenbahnverkehr, anzupassen.

Mit der Neufassung dieses Übereinkommens im Protokoll 1999  wurden auch über das Eisenbahntransportrecht hinausreichende Bereiche erfasst,  insbesondere die staatlichen Rechtsgrundlagen für Eisenbahnfahrzeuge im internationalen Einsatz, sodass die Basis für eine Effizienzsteigerung der internationalen Zusammenarbeit im Eisenbahnsektor in dieser Hinsicht geschaffen wird.

Problemlösung:

Ratifikation des Protokolls vom 3. 6. 1999 betreffend die Änderung des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. 5. 1980.

Alternativen:

Keine.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Genehmigung von Art. 35 § 3 und 4 des Übereinkommens als verfassungsändernd

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Der Beitritt Österreichs zum durch das Protokoll 1999 neugefassten COTIF ist erforderlich, um der Gemeinschaft den in Artikel 38 des Protokolls 1999 vorgesehenen Beitritt zum COTIF zu ermöglichen.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Finanzielle Auswirkungen:

Auf Grund des COTIF sind die Ausgaben der Organisation durch anteilige Beiträge der Mitgliedstaaten zu decken. Die Beiträge sind bei dieser relativ kleinen fachspezifischen Organisation mit sparsamer Gebarung für Österreich in den vergangenen Jahren mit ca. 0,6 Mio ATS d.s. ca. 43.600 € pro Jahr begrenzt geblieben. In der Neufassung des Übereinkommens sind zwar einzelne neue Aufgaben und Englisch als weitere Arbeitssprache vorgesehen, und somit Gesamtausgabensteigerungen in einer Größenordnung von bis zu 10 % zu erwarten, die aber auf den österreichischen Mitgliedsbeitrag deshalb nicht durchschlagen werden, weil bei der gleichzeitigen Neuberechnung des Prozentschlüssels der einzelnen Mitgliedsbeiträge pro Staat eine in etwa gleich große Senkung des österreichischen Mitgliedsbeitrages erfolgt, sodass der österreichische Mitgliedsbeitrag auch nach dem in ca. drei Jahren zu erwartenden Inkrafttreten des neugefassten COTIF stabil bleiben wird.


Erläuterungen

I. Allgemeiner Teil

Das Protokoll vom 3.6.1999 betreffend die Änderung des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9.5.1980 (Protokoll 1999) einschließlich der als Anlage beigefügten geänderten Fassung des COTIF 1980 samt den Anhängen A bis G ist ein gesetzändernder und gesetzesergänzender Staatsvertrag und bedarf daher gemäß  Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es hat nicht politischen Charakter und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten des selbstständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass Art. 35 §§ 3 und 4 des geänderten Übereinkommens ein Verfahren zur Änderung der Anhänge des Übereinkommens durch den Revisionsausschuss, den Fachausschuss RID und den   Fachausschuss für technische Fragen vorsieht, wobei die Anwendung dieser Änderungen durch rechtzeitigen Widerspruch innerhalb von vier Monaten ausgesetzt werden kann. Da die Anhänge integrierende Bestandteile des Überein­kommens sind, bedürfte jede Änderung der Anhänge – als Änderung des Übereinkommens – grundsätzlich der Befassung des Nationalrates gemäß Art. 50 B-VG. Eine Befassung des Nationalrates mit den unter Art. 35 §§ 3 und 4 des Übereinkommens fallenden Änderungen erscheint jedoch insofern problematisch, als die – kurze – Widerspruchs­frist von vier Monaten in der Regel einen zu kurzen Zeitraum darstellen wird, um das Verfahren nach Art. 50 B-VG durchzuführen. Da das vom Übereinkommen vorgesehene Verfahren somit für eine Genehmigung von Änderungen durch den Nationalrat praktisch keinen Raum lässt, müsste aus österreichischer Sicht in allen Fällen Widerspruch erhoben werden, um eine Befassung des Nationalrates gemäß Art. 50 B-VG zu ermöglichen. Dies hätte aber unter Umständen die Blockierung des Änderungsvorschlages auf internationaler Ebene zur Folge. Um ein solches Ergebnis zu vermeiden, wie auch aus Gründen der Vereinfachung des Verfahrens, erscheint die Erhebung von Art. 35 §§ 3 und 4 in den Verfassungsrang als die zweckmäßigste Lösung. Auf diese Weise könnte verhindert werden, dass Österreich durch die völkerrechtlich bedenkliche automatische Erhebung von Widersprüchen auch solche Änderungen behindert oder zu Fall bringt, die von Österreich akzeptiert werden könnten. Art. 35 §§ 3 und 4 des Übereinkommens sind daher als verfassungsändernd bzw. verfassungsergänzend zu genehmigen und bedürfen somit einer Behandlung gemäß Art. 50 Abs. 3 B-VG.

Die authentischen Sprachen des Protokolls 1999 samt Übereinkommen und Anhängen sind französisch, englisch und deutsch.

Das Protokoll 1999 samt Übereinkommen und Anhängen werden in allen drei authentischen Sprachen im Bundesgesetzblatt kundgemacht, die Erklärung der Republik Österreich in deutscher Sprache.

Das Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr vom 9.5.1980 (COTIF), das Österreich im Jahre 1983 ratifiziert hat und das mit Wirkung vom 1.5.1985 international in Kraft getreten ist, musste auf Grund eines erheblichen Anpassungs- und Neuregelungsbedarfes einer grundlegenden, mehrere Jahre in Anspruch nehmenden Revision unterzogen werden.

Maßgebend dabei war die in den letzten Jahren zu verzeichnende Entwicklung zu einer verstärkten Liberalisierung im Eisenbahnverkehr, wie sie in Richtlinien der Europäischen Gemeinschaften und in der Umsetzung im Eisenbahngesetz 1957 ihren rechtlichen Niederschlag gefunden hat.

Unter Wahrung der Rechtskontinuität des COTIF 1980 gemäß Art. 20 des Übereinkommens und unter Wahrung der Rechtskontinuität der Zwischenstaatlichen Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr (OTIF) beschloss die Generalversammlung bei ihrer 5. Tagung in Vilnius am 3.6.1999 nicht nur das Protokoll 1999 zur Änderung des COTIF vom 9.5.1980, sondern nahm die Gesamtheit des Übereinkommens in seiner neuen Fassung samt allen Anhängen an.

Dieses Protokoll wurde auch von Österreich unterzeichnet.

Folgende inhaltliche Schwerpunkte der COTIF-Revision sind hervorzuheben:

Im Grundübereinkommen wurde das Ziel der OTIF dahingehend wesentlich ausgeweitet, dass sie zum einen künftig zur Interoperabilität und technischen Harmonisierung im Eisenbahnbereich durch Verbindlicherklärung technischer Normen und Annahme einheitlicher technischer Vorschriften und zum anderen zum Abbau von Hindernissen beim Grenzübertritt beitragen soll. In Erfüllung dieses Auftrages wurden zwei neue Organe eingerichtet: der Fachausschuss für technische Fragen und der Ausschuss für Erleichterungen im Eisenbahnverkehr. Das neue Finanzierungssystem berücksichtigt sowohl die Länge der gesamten Eisenbahninfrastruktur der einzelnen Mitgliedstaaten als auch ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit entsprechend dem Beitragsschlüssel der Vereinten Nationen. Auch steht regionalen Organisationen mit wirtschaftlicher Integration mit eigener Gesetzgebungsbefugnis für ihre Mitglieder der Beitritt zum Übereinkommen offen (z.B. Europäische Gemeinschaften).

Nachstehend genannte Rechtsvorschriften sind mit ihren Anlagen Bestandteil des Übereinkommens:

-       die „Einheitlichen Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Personen (CIV)“, Anhang A zum Übereinkommen,

-       die „Einheitlichen Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Gütern (CIM)“, Anhang B zum Übereinkommen,

-       die „Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (RID)“, Anhang C zum Übereinkommen,

-       die „Einheitlichen Rechtsvorschriften für Verträge über die Verwendung von Wagen im internationalen Eisenbahnverkehr (CUV)“, Anhang D zum Übereinkommen,

-       die „Einheitlichen Rechtsvorschriften für den Vertrag über die Nutzung der Infrastruktur im internationalen Eisenbahnverkehr (CUI)“, Anhang E zum Übereinkommen,

-       die „Einheitlichen Rechtsvorschriften für die Verbindlicherklärung technischer Normen und für die Annahme einheitlicher technischer Vorschriften für Eisenbahnmaterial, das zur Verwendung im internationalen Verkehr bestimmt ist (APTU)“, Anhang F zum Übereinkommen,

-       die „Einheitlichen Rechtsvorschriften für die technische Zulassung von Eisenbahnmaterial, das im internationalen Verkehr verwendet wird (ATMF)“, Anhang G zum Übereinkommen.

Hinsichtlich des internationalen Personenbeförderungsrechtes (CIV) sowie des internationalen Güterbeförderungsrechtes (CIM) wurden einige grundsätzliche Änderungen beschlossen:

Es entfällt das bisher im Übereinkommen verankerte System der Eintragung von Linien in Listen als Grundlage für die Anwendung der CIV oder CIM. Auch wird von der zurzeit noch bestehenden Beförderungs- und Tarifpflicht im internationalen Personen- und Wagenladungsverkehr abgesehen. Neu geregelt wurde auch die Haftung des Beförderers gegenüber dem Kunden auch für Schäden, die ihre Ursache im Verantwortungsbereich des Betreibers der Infrastruktur haben.

Die „Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter“ (RID) wird zu einem eigenständigen Anhang des COTIF und es entfällt die Abhängigkeit der Anwendung des RID vom gleichzeitigen Bestand eines CIM- Beförderungsvertrages.

Da die Entwicklung des Eisenbahnsektors eine klare Unterscheidung zwischen technischer Zulassung und dem Vertrag über die Verwendung von Wagen erfordert, wurden entsprechende Regelungen in zwei neuen Anhängen getroffen: „ Einheitliche Rechtsvorschriften für Verträge über die Verwendung von Wagen im internationalen Eisenbahnverkehr (CUV)“ und „Einheitliche Rechtsvorschriften für die technische Zulassung von Eisenbahnmaterial, das im internationalen Verkehr verwendet wird (ATMF)“.

Der neue Anhang E zum Übereinkommen („Einheitliche Rechtsvorschriften für den Vertrag über die Nutzung der Infrastruktur im internationalen Eisenbahnverkehr (CUI)“) hat die ausschließlich vertragliche Beziehung zwischen Infrastrukturbetreiber und Beförderer zum Inhalt und enthält Haftungsbestimmungen.

Um die Interoperabilität der für den internationalen Eisenbahnverkehr erforderlichen technischen Systeme und Komponenten sicherzustellen sowie die freizügige Verwendung von Eisenbahnmaterial im internationalen Verkehr zu erleichtern wurde in den „Einheitlichen Rechtsvorschriften für die Verbindlicherklärung technischer Normen und für die Annahme einheitlicher Vorschriften für Eisenbahnmaterial, das zur Verwendung im internationalen Verkehr bestimmt ist (APTU)“ das Verfahren festgelegt, nach dem die vorgenannten technischen Normen und Vorschriften für verbindlich erklärt oder angenommen werden. Mit dem Inkrafttreten dieser Vorschriften verliert das „Internationale Übereinkommen über die Technische Einheit im Eisenbahnwesen“ für die Mitgliedstaaten des COTIF seine Rechtsverbindlichkeit.

Der wesentliche Inhalt der „Einheitlichen Rechtsvorschriften für die technische Zulassung von Eisenbahnmaterial, das im internationalen Verkehr verwendet wird (ATMF)“ besteht in einer einheitlichen Regelung des Verfahrens, nach welchem die technische Zulassung von Eisenbahnfahrzeugen und sonstigem Eisenbahnmaterial, das zur Verwendung im internationalen Verkehr bestimmt ist, von den Behörden der Mitgliedstaaten durchgeführt wird, mit dem Ziel, dass auf Grund der Vereinheitlichung des Verfahrens die in einem Mitgliedstaat erteilte technische Zulassung ohne Durchführung erneuter Verfahren in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt wird.

Hiermit liegt ein internationales, EU-konformes Eisenbahnbeförderungsrecht vor, das auf die österreichischen innerstaatlichen Regelungen betreffend die Beförderung von Personen, Reisegepäck und Gütern mit der Eisenbahn (Eisenbahnbeförderungsgesetz 1988) keine unmittelbaren Auswirkungen hat, aber wohl Anlass sein wird, auch in diesen nur innerösterreichisch anzuwendenden Regelungen einiges zeitgemäß anzupassen; das wird mit Blickrichtung auf das nach den erforderlichen Ratifikationen in den nächsten Jahren zu erwartende Inkrafttreten des neugefassten COTIF vorzubereiten sein.

Das vorliegende Übereinkommen, das von Österreich im Rahmen der 5. Tagung der Generalversammlung am 3.6.1999 unterzeichnet wurde, bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunde ist bei der OTIF als vorläufiger Depositar zu hinterlegen.


II.  Besonderer Teil

Protokoll vom 3. 6. 1999 betreffend die Änderung des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. 5. 1980 (Protokoll 1999)

Zu Artikel 1

Neufassung des Übereinkommens

Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurde ein vollständiger Text der neuen Fassung des COTIF und seiner Anhänge und nicht nur der Wortlaut der einzelnen Änderungen in die Anlage zum Protokoll aufgenommen. Artikel 1 stellt klar, dass die einzelnen Änderungen des COTIF 1980 und seiner Anhänge in einer vollständigen Neufassung niedergelegt sind. Entgegen der ursprünglichen Konzeption des Zentralamtes wurde kein das COTIF 1980 ablösendes neues Abkommen geschaffen, sondern die Änderungen erfolgen unter Wahrung der Rechtskontinuität des COTIF und der OTIF gemäß Artikel 20 COTIF 1980.

Zu Artikel 2

Vorläufiger Depositar

§ 1 enthält eine Übergangsregelung im Vorgriff auf die in Artikel 36 des Entwurfes COTIF vorgesehene endgültige Lösung. Zentralamt, Revisionsausschuss und die 5. Generalversammlung sahen keine Veranlassung, die Regierung eines Mitgliedstaates der OTIF weiterhin die Funktionen des Depositars wahrnehmen zu lassen.  Hinsichtlich der vorgezogenen Anwendung der neuen Depositarregelung siehe Artikel 4 § 2.

§ 2 dient der Verdeutlichung der Aufgaben des vorläufigen Depositars, der bestehenden OTIF, handelnd durch den Generaldirektor des Zentralamtes.

Zu Artikel 3

Unterzeichnung. Ratifizierung. Annahme. Genehmigung. Beitritt

§ 1 regelt die Frist, innerhalb derer das Protokoll 1999 durch die Mitgliedstaaten unterzeichnet werden kann, sowie die Stelle, an der das Protokoll zur Unterzeichnung aufliegt.

§ 2 enthält den Hinweis auf die Ratifizierungsbedürftigkeit sowie die Verpflichtung, die entsprechenden Urkunden so bald wie möglich beim vorläufigen Depositar zu hinterlegen.

§ 3 verdeutlicht, dass bis zum Inkrafttreten des Protokolls Mitgliedstaaten, die dieses Protokoll nicht innerhalb der in § 1 vorgesehenen Frist unterzeichnet haben, aber auch Staaten, deren Beitrittsantrag zum COTIF 1980 gemäß dessen Artikel 23 § 2 rechtsverbindlich angenommen worden ist, durch Hinterlegung einer Beitrittsurkunde beim vorläufigen Depositar diesem Protokoll beitreten können.

Da sich ein allfälliger Beitritt von weiteren Staaten zum COTIF in der Zeit bis zum Inkrafttreten des Änderungsprotokolls nur auf das geltende COTIF beziehen kann, stellt § 4 klar, dass ein solcher Beitritt, der noch nach den Regelungen des Artikels 23 COTIF 1980 behandelt wird, sich sowohl auf das COTIF 1980 als auch auf die Neufassung des COTIF bezieht, die es durch das Protokoll 1999 erhalten hat.

Zu Artikel 4

Inkrafttreten

§ 1 regelt unter Verweisung auf Artikel 20 § 2 COTIF 1980 das Inkrafttreten. Voraussetzung für ein Inkrafttreten ist, dass das Protokoll von mehr als Zweidrittel der Mitgliedstaaten ratifiziert, angenommen oder genehmigt ist. Um in der Vergangenheit aufgetretene Schwierigkeiten bei der Ermittlung des erforderlichen Quorums zu vermeiden, wird in Satz 2 klargestellt, was unter „Mitgliedstaaten“ im Sinne des Artikels 20 § 2 COTIF 1980 zu verstehen ist.

§ 2 hebt hervor, dass die hinsichtlich des vorläufigen Depositars in Artikel 3 getroffene Regelung bereits mit der Auflegung des Änderungsprotokolls zur Unterzeichnung Anwendung findet.  Nach den allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts gelten Vertragsbestimmungen über die Festlegung des authentischen Wortlautes, den Zeitpunkt des Inkrafttretens, die Aufgaben des Depositars usw. von dem Zeitpunkt an, in dem der Wortlaut eines Übereinkommens angenommen wird.

Zu Artikel 5

Erklärungen und Vorbehalte

Erklärungen und Vorbehalte, wie sie nach Artikel 42 § 1 COTIF zulässig sind, könnten eigentlich erst ab Inkrafttreten des Protokolls 1999 abgegeben bzw. eingelegt werden, da auch diese Vorschrift erst ab diesem Zeitpunkt in Kraft ist. Es besteht jedoch ein praktisches Bedürfnis, solche Erklärungen und Vorbehalte bereits bei der Unterzeichnung des Protokolls 1999, im Zuge eines Beitritts oder zu einem anderen Zeitpunkt vor Inkrafttreten des Protokolls 1999 abzugeben bzw. einzulegen.

Da Vorbehalte auf Grund des COTIF 1980 sich nur auf diese Fassung des COTIF beziehen können, stellt Artikel 5 klar, dass Erklärungen und Vorbehalte, die sich auf Regelungen der Neufassung des COTIF beziehen, bereits vor Inkrafttreten des Protokolls 1999 abgegeben bzw. eingelegt werden können. Wirksam werden sie allerdings erst im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Protokolls 1999.

Zu Artikel  6

Übergangsregelungen

Da das Ende der Amtszeit des Verwaltungsausschusses, das Ende der Fünfjahresperiode für den Höchstbetrag der Ausgaben der Organisation sowie das Ende der Amtszeit des Generaldirektors des Zentralamtes nicht mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Änderungsprotokolls 1999 übereinstimmen werden, ist hierzu eine Übergangsregelung notwendig (§ 1).

Die technischen Anlagen zu den  APTU  werden erst im Zeitraum bis zum Inkrafttreten des Änderungsprotokolls ausgearbeitet. Deshalb ist in § 2 eine Regelung vorgesehen, die den Generalsekretär der OTIF verpflichtet, den Fachausschuss für technische Fragen innerhalb einer kurzen Frist nach Inkrafttreten des Protokolls 1999 einzuberufen. Der Ausschuss soll bei dieser ersten Tagung die Anlagen zu den  APTU förmlich beschließen. Das Inkrafttreten dieses Beschlusses richtet sich nach Artikel 35 COTIF in der Fassung des Protokolls 1999.

§ 3 enthält eine Regelung, die den nahtlosen Übergang von der Amtszeit des Verwaltungsausschusses, der noch auf der Grundlage des COTIF 1980 bestellt wurde, zu der des Verwaltungsausschusses, den die gemäß § 1 einzuberufende Generalversammlung auf der Grundlage des COTIF in der Neufassung des Protokolls 1999 bestellt, gewährleistet.

§ 4 regelt den Ablauf der Amtszeit des im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Protokolls 1999 im Amt befindlichen Generaldirektors.

§ 5 soll sicherstellen, dass ein nahtloser Übergang vom COTIF 1980 zur Neufassung des COTIF hinsichtlich der Rechnungsprüfung und Genehmigung der Jahresrechnung, der Festsetzung der endgültigen Beiträge der Mitgliedstaaten, der Bezahlung der Beiträge und hinsichtlich des Höchstbetrages für die Ausgaben der Organisation im Fünfjahreszeitraum möglich ist.

§ 6 stellt klar, auf welcher Grundlage die Beiträge der Mitgliedstaaten im Jahr des Inkrafttretens des Protokolls 1999 berechnet werden.

Die 5. Generalversammlung beschloss Übergangsbestimmungen für Mitgliedstaaten, deren auf der Grundlage des neuen Finanzierungssystems berechneten Beiträge gegenüber den gemäß Artikel 11 COTIF 1980 berechneten Beiträgen wesentlich höher sein werden. Vorgesehen ist, den Betrag, der nach dem alten System geschuldet wird, in drei Schritten anzupassen, bis der Betrag nach Artikel 26 COTIF in der Fassung des Protokolls 1999 erreicht wird. Zu leisten ist in jedem Fall aber der Mindestbeitrag von 0,25 % gemäß Artikel 26 § 3. Erforderlich ist ferner, dass der betreffende Mitgliedstaat einen entsprechenden Antrag stellt, über den die Generalversammlung entscheidet.

§ 8 enthält eine Klarstellung hinsichtlich des anwendbaren Rechtes für Beförderungsverträge, die vor Inkrafttreten des Protokolls 1999 auf der Grundlage der  CIV oder der  CIM 1980 geschlossen wurden.

Die ausdrückliche Regelung, welches Recht für Beförderungsverträge gilt, die vor Inkrafttreten des Protokolls 1999 geschlossen wurden, wirft die Frage auf, welches Recht auf Verträge über die Verwendung von Wagen und auf Verträge über die Nutzung der Infrastruktur anwendbar ist, die vor Inkrafttreten des Protokolls 1999 geschlossen wurden.  Die Frage stellt sich in unterschiedlicher Weise für Beförderungsverträge auf Grund der  CIV und der  CIM und für Verträge auf Grund der  CUV oder  CUI. Während für Beförderungsverträge bereits international zwingendes Einheitsrecht besteht, das in einzelnen Punkten modifiziert wird, gibt es ein derartiges internationales Einheitsrecht für Verträge über die Verwendung von Wagen oder Verträge über die Nutzung der Infrastruktur derzeit nicht. Auf solche Verträge sollten daher die zwingenden Bestimmungen der  CUV und der  CUI mit Inkrafttreten des Protokolls 1999 Anwendung finden. 

Auf Verträge über die Verwendung von Wagen und über die Nutzung der Infrastruktur auch nach Inkrafttreten der neuen Fassung des COTIF findet das im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende Recht weiterhin Anwendung.  Damit sich die Vertragsparteien den zwingenden Bestimmungen der  CUV und der  CUI, insbesondere den Haftungsbestimmungen bei Personenschäden, auf Dauer nicht entziehen könnten, wurde als Kompromiss eine Übergangsfrist von einem Jahr vorgesehen, nach deren Ablauf die zwingenden Bestimmungen des neuen Rechts auch auf bereits bestehende Verträge dieser Art anzuwenden sind.

Zu Artikel 7

Wortlaut des Protokolls

Diese Bestimmung entspricht Artikel 45 § 1 der Neufassung des COTIF und sieht auch für das Protokoll 1999 eine Abfassung in den drei genannten Sprachen vor. Allerdings genießt im Falle von Abweichungen weiterhin der französische Text den Vorrang. Hinsichtlich weiterer amtlicher Übersetzungen in andere Sprachen ist auch für das Änderungsprotokoll 1999 eine dem Artikel 45 § 2 der Neufassung des COTIF entsprechende Regelung vorgesehen.

Schlussformel

Das Protokoll 1999 und seine Anlage wurden in deutscher, englischer und französischer Sprache am Ende der 5. Generalversammlung zur Unterzeichnung durch die Vertreter der Mitgliedstaaten aufgelegt und am 3. Juni 1999 bereits durch 22 Mitgliedstaaten unterzeichnet.

Das Protokoll 1999 liegt gemäß seinem Artikel 3 noch bis 31. Dezember 1999 zur Unterzeichnung in Bern beim vorläufigen Depositar, der OTIF, auf. Nach Ablauf der Unterzeichnungsfrist können Mitgliedstaaten der OTIF dem Protokoll noch beitreten (Art. 3 § 3).


Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr
(COTIF)
vom 9. 5. 1980
in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 3. 6. 1999

Titel I

Allgemeine Bestimmungen

Zwischenstaatliche Organisation

Artikel 1 §§ 1 bis 6 entspricht Artikel 1 §§ 1 bis 3 COTIF 1980. Zusammen mit Artikel 1 des Protokolls 1999 stellt er die rechtliche und organisatorische Kontinuität der OTIF als eigenständige zwischenstaatliche Organisation sicher.

§ 2 Satz 2 soll hinsichtlich des Sitzes der Organisation eine größere Flexibilität ermöglichen, falls es sich aus wirtschaftlichen, politischen oder anderen Gründen als zweckmäßig erweist, den Sitz an einen anderen Ort zu verlegen. Gemäß Artikel 14 § 6 wäre für einen Beschluss der Generalversammlung, den Sitz der OTIF zu verlegen, allerdings eine Mehrheit von zwei Dritteln erforderlich.

Hinsichtlich des § 4 ist hervorzuheben, dass Vertreter der Mitgliedstaaten die Vorrechte und Immunitäten nur bei Wahrnehmung ihrer Aufgaben genießen, das heißt, wenn sie an einer Tagung eines der Organe der Organisation als offiziell benannte Delegierte teilnehmen. Sie genießen diese Vorrechte und Immunitäten in allen Mitgliedstaaten und nicht nur im Sitzstaat der Organisation.

Ob und inwieweit das in § 5 erwähnte Sitzabkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der OTIF vom 10. Februar 1988  einer Revision bedarf, wäre zu einem späteren Zeitpunkt zu prüfen.

Im Hinblick auf die allgemeine überragende Bedeutung, die dem Englischen auf internationaler Ebene und zunehmend auch im Eisenbahnverkehr (für Staaten, Unternehmen und Nutzer) zukommt, wurde Englisch als dritte Arbeitssprache der Organisation eingeführt (§ 6). Eine solche Entscheidung war überfällig, und ist eine Voraussetzung dafür, dass die OTIF sich zu einer weltweit tätigen zwischenstaatlichen Organisation entwickeln kann. 

Wegen ihrer besonderen, historisch gewachsenen Bedeutung im Eisenbahnwesen wurden Deutsch und Französisch als Arbeitssprachen beibehalten. Die eventuelle Einführung weiterer Arbeitssprachen (außer Deutsch, Englisch und Französisch) bleibt der Entscheidung durch die Generalversammlung überlassen, insbesondere im Hinblick auf den Beitritt weiterer Staaten und die Bedeutung des internationalen Eisenbahnverkehrs auf ihrem Gebiet. 

Zu Artikel 2

Ziel der Organisation

Artikel 2 entspricht grundsätzlich dem Artikel 2 COTIF 1980, jedoch ist das Ziel der Organisation künftig umfassender Art. Die OTIF soll sich in Zukunft mit allen Aspekten des internationalen Eisenbahnverkehres befassen können, um ihn zu fördern, zu verbessern und zu erleichtern. Dies gilt nicht für Angelegenheiten, die im Verantwortungsbereich der Eisenbahnunternehmen (Transportunternehmen und Infrastrukturbetreiber) liegen wie z.B. Marketing, Tarife, Fahrpläne, Betriebsabwicklung usw., wohl aber für Angelegenheiten, die Sache der Staaten sind, bisher aber faktisch von den Eisenbahnen wahrgenommen wurden (s. Ziff. 8). Hierfür war die Aufgabenabgrenzung Staat - Unternehmen an der Politik und Gesetzgebung der Europäischen Gemeinschaften (EG), insbesondere der Richtlinie 91/440/EWG, maßgebend.

Einer der Schwerpunkte der Tätigkeit der OTIF wird die Weiterentwicklung des internationalen Eisenbahntransportrechtes bleiben (§ 1 Buchst. a, Ziff. 1).  

Die Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung von Privatwagen (RIP), Anlage II zu den Einheitlichen Rechtsvorschriften CIM 1980, wird ersetzt durch einheitliche Rechtsvorschriften, die die verschiedenen Vertragstypen hinsichtlich der Verwendung von Wagen als Beförderungsmittel im internationalen Eisenbahnverkehr in allgemeiner Form regeln. Dabei wird nicht mehr zwischen so genannten bahneigenen Wagen und Privatwagen unterschieden werden; die neuen Einheitlichen Rechtsvorschriften CUV ( CUV - Anhang D zum Übereinkommen) werden teilweise auch Vorschriften des Übereinkommens über die gegenseitige Benutzung der Güterwagen im internationalen Verkehr (RIV) ersetzen (§ 1 Buchst. a) Ziff. 2.

Die in § 1 Buchst. a) Ziff. 3 umschriebene Aufgabe ist Folge der in einigen Mitgliedstaaten vollzogenen oder angestrebten rechtlichen und organisatorischen Trennung von Beförderung und Infrastrukturbetrieb. Es erweist sich als zweckmäßig, die Rechtsbeziehungen vertraglicher Art zwischen Eisenbahntransportunternehmen und Infrastrukturbetreibern international einheitlich zu regeln, insbesondere die Fragen der Haftung. Die Regelung in den Einheitlichen Rechtsvorschriften CUI ( CUI - Anhang E zum Übereinkommen) erfasst nicht die Problematik, nach welchen unternehmerischen oder öffentlich-rechtlichen Kriterien Infrastrukturkapazitäten den Eisenbahnbeförderern zur Verfügung gestellt werden.

§ 1 Buchst. a) Ziff. 4 umschreibt die Weiterentwicklung des Gefahrgutrechts (RID), jedoch als öffentlich-rechtliche Ordnung, die künftig unabhängig von den privatrechtlichen Regelungen des Transportrechtes, das heißt von den  CIM (Anhang B zum Übereinkommen) gilt.

Ein weiterer Schwerpunkt der Tätigkeit der OTIF soll in Zukunft  die aktive Mitwirkung bei der Beseitigung von Hindernissen beim Grenzübertritt im internationalen Verkehr sein (§ 1 Buchst. b).

Die Worte „unter Berücksichtigung besonderer öffentlicher Belange“ in § 1 Buchst. b) wurden deshalb eingefügt, da die Beschleunigung des Grenzübertrittes nicht ein absolutes Ziel sein könne, sondern andere wichtige Aspekte wie z.B. die Bekämpfung der illegalen Einwanderung oder des Rauschgiftschmuggels, die „besondere öffentliche Belange“ darstellen, mit  berücksichtigt werden müssten. 

Zahlreiche Probleme des internationalen Eisenbahnverkehrs haben ihre Ursachen in technischen Unterschieden der Eisenbahnen (unterschiedliche Spurweiten, Strom-, Signal- und Bremssysteme usw.). Den Bemühungen um eine technische Harmonisierung im Sinne eines Höchstmaßes an Kompatibilität oder Interoperabilität kommt daher immer größere Bedeutung zu, um die Wettbewerbsfähigkeit des Verkehrsträgers Schiene im internationalen Verkehr zu sichern und zu steigern (§ 1 Buchst. c). Die Erfolg versprechenden Ansätze des auf staatlicher Ebene abgeschlossenen internationalen Abkommens über die technische Einheit im Eisenbahnwesen (TE) von 1882/1938 werden wiederaufgegriffen. Da technische Normen und Vorschriften den Wettbewerb unter den Eisenbahnverkehrsunternehmen, den Zugang zum internationalen Markt und zu fremder Infrastruktur wesentlich beeinflussen können, kann die Verbindlicherklärung technischer Normen und Vorschriften für Eisenbahnmaterial (Bau- und Betriebsvorschriften) auf Dauer nicht den Eisenbahnunternehmen überlassen bleiben, wie dies derzeit de facto in den meisten Mitgliedstaaten noch der Fall ist. Die Staaten sollten auch im Eisenbahnverkehr ihre Verantwortung hierfür wieder wahrnehmen.

Die technische Zulassung von Eisenbahnmaterial zur Verwendung im internationalen Verkehr kann ebenso wie technische Normen und Vorschriften selbst den Wettbewerb im Eisenbahnverkehr beeinflussen. Das Verfahren wird künftig in einheitlicher Weise auf der Grundlage international verbindlicher technischer Normen und einheitlicher technischer Vorschriften, insbesondere für Bau und Betrieb, erfolgen (§ 1 Buchst. d). Mit einer Konzentration und Internationalisierung der technischen Eisenbahnaufsicht, zu der das Verfahren der technischen Zulassung zählt, ließen sich erhebliche Rationalisierungseffekte in den staatlichen Verwaltungen und damit Kosteneinsparungen erzielen.

Auf die Einhaltung der international vereinbarten und in Kraft gesetzten Rechtsordnungen kann wirksam nur eine zentrale Instanz hinwirken; dies wird die diese Rechtsordnungen vorbereitende OTIF sein (§ 1 Buchst. e). Dies bedeutet nicht, dass die OTIF ein internationales Aufsichtsorgan oder eine internationale Überwachungsbehörde mit Weisungsrecht ist.

Es ist ein an sich selbstverständliches Ziel, die einmal aufgestellten Rechtsvorschriften, Regeln und Verfahren auch innerhalb der Organisation entsprechend den rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Entwicklungen weiterzuentwickeln (§ 1 Buchst. f).

§ 2 hält die Möglichkeit offen, im Rahmen der OTIF weitere internationale Rechtsvorschriften oder Übereinkommen auszuarbeiten. Damit wird vermieden, das Übereinkommen ändern zu müssen, wenn es sich als zweckmäßig herausstellt, weitere den internationalen Eisenbahnverkehr tangierende Rechtsgebiete international einheitlich zu regeln.

§ 2 Buchst. a) ermöglicht es, weitere einheitliche Rechtsordnungen in Form von Anhängen zu schaffen. Solche Anhänge würden sinnvollerweise integrierender Bestandteil des Übereinkommens (Art. 6 § 1 Buchst. h).

Es geht nicht nur darum, erforderlichenfalls dem Übereinkommen neue Anhänge beizufügen, sondern die Organisation soll auch eine Arbeitsplattform für die Ausarbeitung neuer, eigenständiger Übereinkommen bilden, die mit dem COTIF in sachlichem Zusammenhang stehen.

Zu Artikel 3

Internationale Zusammenarbeit

Die OTIF soll mittel- bis langfristig gesehen die einzige zwischenstaatliche Organisation bilden, in der die Mitgliedstaaten  die Fragen und Probleme lösen, die sich im internationalen Eisenbahnverkehr auf der Ebene der Staaten stellen. Derzeit gibt es im geographischen Gebiet der Mitgliedstaaten der OTIF eine Vielzahl von zwischenstaatlichen und nicht staatlichen internationalen Organisationen, deren Kompetenzen und Tätigkeiten sich teilweise überschneiden. Um die Effizienz der internationalen Zusammenarbeit zu steigern, verpflichten sich die Mitgliedstaaten daher, ihre internationale Zusammenarbeit grundsätzlich bei der OTIF zu konzentrieren. Voraussetzung ist, dass ein Zusammenhang mit den Zielsetzungen gemäß Artikel 2 besteht.  Aus § 1 ergibt sich weder eine Verpflichtung noch eine Zuständigkeit, Fragen der kommerziellen Zusammenarbeit der Eisenbahnen im Rahmen der OTIF zu behandeln.

Die bestehenden internationalen Übereinkommen sowohl der Staaten als auch der Eisenbahnen, die den internationalen Eisenbahnverkehr und die Zusammenarbeit in diesem Bereich betreffen, sollen gesichtet und an die neue Situation und die Ziele der OTIF angepasst werden (u.a. Konzentration der Zusammenarbeit in der OTIF, Berücksichtigung der Trennung von staatlichen Aufgaben und von Aufgaben der Eisenbahnunternehmen selbst).

Die Aufgaben und Zuständigkeiten der EG bleiben unberührt (§ 2). Die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten der OTIF, die sich aus ihrer Mitgliedschaft in den EG oder als Vertragsstaaten des Abkommens über den EWR ergeben, haben jedenfalls den Vorrang vor den Verpflichtungen des § 1.

Der Artikel über die internationale Zusammenarbeit wurde aus dem Entwurf des Änderungsprotokolls in das Übereinkommen übertragen, damit auch die Staaten verpflichtet werden, die nach Inkrafttreten des Änderungsprotokolls Mitgliedstaaten der OTIF werden.

Zu Artikel 4

Übernahme und Übertragung von Aufgaben

§ 1 ist im Zusammenhang mit dem grundsätzlichen Ziel des Protokolls 1999 und des revidierten COTIF (Art. 2 und 3) zu sehen, die internationale Zusammenarbeit der Staaten im Eisenbahnwesen effektiver zu gestalten und zu konzentrieren. Die Übernahme und die Übertragung von Aufgaben auf die OTIF steht unter dem Vorbehalt eines Beschlusses der Generalversammlung, also der Mitgliedstaaten, wobei gemäß Artikel 14 § 6 eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich ist.

Hinsichtlich der Übernahme von Aufgaben (und eventuell der damit zusammenhängenden Mittel und Verbindlichkeiten) geht es nur um die Übernahme von Aufgaben, die mit den Zielen der OTIF gemäß Artikel 2 in Einklang stehen und auf Abkommen oder Absprachen beruhen, also Aufgaben, die bisher anderen zwischenstaatlichen Organisationen anvertraut waren.

Es wurde  nicht nur die Auflösung der Organisation und die Übertragung ihrer verbliebenen Aufgaben auf andere zwischenstaatliche Organisationen geregelt (Art. 43), sondern auch die Möglichkeit einer Übertragung einzelner Aufgaben auf andere Organisationen geschaffen, um die Flexibilität der Aufgabenwahrnehmung im internationalen Eisenbahnbereich zu ermöglichen, ohne dazu die OTIF insgesamt auflösen zu müssen (§ 2).

§ 3 soll es ermöglichen, von einzelnen Mitgliedstaaten administrative Aufgaben im Bereich des Eisenbahnverkehrs zu übernehmen. Insbesondere bei der technischen Eisenbahnaufsicht könnte dies für einige Mitgliedstaaten von Interesse sein, wenn im Zuge einer Umwandlung der betreffenden Staatseisenbahnen in privatrechtlich organisierte Unternehmen die Schaffung einer neuen staatlichen Eisenbahnaufsichtsbehörde erforderlich würde, um die staatlichen Aufgaben wahrzunehmen, die bisher den in die staatliche Verwaltung eingegliederten Staatseisenbahnen überlassen waren.

§ 3 bietet auch einen Ansatz für die Bildung einer internationalisierten Eisenbahnverwaltung in bestimmten, hierfür geeigneten Bereichen wie z.B. der Führung eines Registers über fremdfinanziertes Eisenbahnmaterial oder der technischen Eisenbahnaufsicht. Dabei würde es nicht um die Schaffung einer supranationalen Organisation wie den EG gehen, sondern um eine widerrufliche Übertragung der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben einzelner Mitgliedstaaten durch die OTIF. Die entstehenden Verwaltungsausgaben wären von den jeweiligen Mitgliedstaaten zu tragen.

Zu Artikel 5

Besondere Verpflichtungen der Mitgliedstaaten

Die §§ 1 und 2 enthalten besondere völkerrechtliche Verpflichtungen der Mitgliedstaaten, nämlich alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um den internationalen Eisenbahnverkehr zu erleichtern und zu beschleunigen. Der Einleitungssatz in § 1 umschreibt diese Verpflichtung in allgemeiner Form. Die Buchstaben a) bis c) konkretisieren diese allgemeine Verpflichtung in bestimmten Bereichen. § 2 enthält die Verpflichtung zur aktiven Mitwirkung an der Vereinheitlichung und Standardisierung in allen Bereichen, die für den internationalen Eisenbahnverkehr relevant sind.

Die Verpflichtung, bestimmte technische Normen und einheitliche technische Vorschriften bei der Zulassung von Eisenbahnfahrzeugen und sonstigem Eisenbahnmaterial zu Grunde zu legen, ergibt sich  für die Vertragsstaaten der Anhänge F und G zum Übereinkommen unmittelbar aus diesen Anhängen.

Bei § 3  handelt es sich nicht um eine Bestimmung zwingenden Charakters. Sie soll die Bemühungen um erleichterten Zugang zur Infrastruktur unterstützen.

Zu Artikel 6

Einheitliche Rechtsvorschriften

Artikel 6 folgt dem Muster des Artikels 3 COTIF 1980. Er enthält eine Aufzählung der einheitlichen Rechtsordnungen, die künftig für den internationalen Eisenbahnverkehr verbindlich sein sollen (§ 1), sofern keine Vorbehalte gegen einzelne Rechtsordnungen in ihrer Gesamtheit (s. Art. 42 § 1 Satz 1) eingelegt worden sind. Der Inhalt der einzelnen Rechtsordnungen ergibt sich aus der Bezeichnung des jeweiligen Anhangs.

Die §§ 2 und 3 des Artikels 3 COTIF 1980 können in dieser Form nicht beibehalten werden, da das bisherige System der eingetragenen Linien und der an eine Eintragung anknüpfenden Verpflichtungen der Staaten und Unternehmen nicht fortgeführt wird.

§ 2 stellt wie bisher Artikel 3 § 4 COTIF 1980 klar, dass die Anhänge integrierender Bestandteil des Übereinkommens sind.

Zu Artikel 7

Begriffsbestimmung „Übereinkommen“

Artikel 7 entspricht Artikel 4 COTIF 1980.

Titel II

Gemeinsame Bestimmungen

Zu Artikel 8

Landesrecht

Die Bestimmung stellt klar, dass die einheitliche Auslegung und Anwendung des Übereinkommens, also auch der ihnen als Anhänge beigefügten einheitlichen Rechtsvorschriften, den Vorrang vor nationalen Rechtskonzeptionen hat.

Der Begriff „Landesrecht“ schließt Gesetze, Verordnungen, ministerielle Erlasse, gegebenenfalls aber auch Tarife mit ein.

Als Landesrecht wird das Recht des Prozessstaates (lex fori) bezeichnet. Artikel 8 verweist aber nicht unmittelbar auf das materielle Recht des Prozessstaates, sondern schließt die dort geltenden Kollisionsnormen ein (Gesamtverweisung).

Das für die Mitgliedstaaten der EG geltende Gemeinschaftsrecht ist Bestandteil des jeweiligen Landesrechtes und daher durch Artikel 8 mit erfasst.

Zu Artikel 9

Rechnungseinheit

Diese Bestimmung wurde mit geringfügigen redaktionellen Änderungen unverändert aus Artikel 6 CIV 1980 und Artikel 7 CIM 1980 übernommen. § 5 betreffend die Pflicht der Eisenbahn zur Bekanntmachung der Kurse wurde nicht übernommen. Es wurde ein neuer § 6 über die Umrechnung der Rechnungseinheit in die Landeswährung eingefügt.

Es sprechen gute Gründe dafür, dieselbe Rechnungseinheit wie in vergleichbaren Übereinkommen  vorzusehen.

Zu Artikel 10

Zusatzbestimmungen

Auch  zwischen zwei oder mehreren Beförderern vereinbarte Zusatzbestimmungen sind möglich. Wesentlich ist, dass diese Zusatzbestimmungen von den  CIV und  CIM nicht abweichen dürfen. Es kann sich daher nur um Ausführungsvorschriften handeln, die möglichst in allen Mitgliedstaaten und für alle Beförderer einheitlich sein sollten, da andernfalls die mit den  CIV und  CIM geschaffene Rechtseinheit in Frage gestellt werden könnte.

Zu Artikel 11

Prozesskaution

Diese Bestimmung entspricht Artikel 18 § 4 COTIF 1980, wurde jedoch auch auf Rechtsstreitigkeiten aus den  CUV und den  CUI ausgedehnt.

Zu Artikel 12

Vollstreckung von Urteilen. Arrest und Pfändung

Die §§ 1 und 2 entsprechen Artikel 18 § 1 COTIF 1980. § 1 verbietet eine Nachprüfung der Urteile dem Grunde nach, nicht jedoch die Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen im Rahmen der für die Vollstreckung erforderlichen Förmlichkeiten. § 2 nimmt nur vorläufig vollstreckbare Urteile sowie Urteile betreffend Prozessstrafen von den Erleichterungen des § 1 aus.

§ 3 übernimmt Artikel 18 § 2 COTIF 1980 und bezieht sich auf Forderungen aus internationalen Beförderungsverträgen. Diese Bestimmung hält den Schutz solcher Forderungen vor Arrest und Pfändung trotz der durch Wegfall der Beförderungspflicht geänderten Lage aufrecht.

§ 4 dehnt die bisher auf Forderungen aus internationalen Beförderungsverträgen beschränkte Regelung auch auf Forderungen aus Verwendungsverträgen gemäß  CUV und aus Infrastrukturnutzungsverträgen gemäß  CUI aus.

Titel III

Aufbau und Tätigkeit

Zu Artikel 13

Organe

Artikel 13 § 1 entspricht Artikel 5 COTIF 1980. Entsprechend der erweiterten Aufgabenstellung der OTIF ist die Zahl der Organe um den Ausschuss für Erleichterungen im Eisenbahnverkehr (§ 1 Buchst. e) und den Fachausschuss für technische Fragen (§ 1 Buchst. f) vermehrt worden; deren Zuständigkeiten ergeben sich aus Artikel 19 und 20.

Entsprechend der völkerrechtlichen Übung  ist künftig ein „Generalsekretär“ als ausführendes Organ der OTIF vorgesehen (Buchst. g). Seine Funktionen stimmen in weiten Teilen mit denen des bisherigen Zentralamtes überein.

Das Zentralamt, das gegenwärtig noch die Sekretariatsgeschäfte der OTIF unter Leitung eines Generaldirektors führt, wird als eigenständiges Organ der OTIF neben dem Exe­kutivorgan „Generalsekretär“ nicht beibehalten.

Um zu vermeiden, dass das Übereinkommen geändert werden muss, falls es sich als zweckmäßig erweist, weitere Ausschüsse als Organe der OTIF einzurichten, weist § 2 der Generalversammlung eine entsprechende Kompetenz für die Einrichtung nichtständiger Ausschüsse zu. 

Anders als bei den Ausschüssen, bei denen Mitgliedstaaten, die einen Vorbehalt eingelegt oder eine Erklärung gemäß Artikel 42 § 1 Satz 1 abgegeben haben, nicht Mitglieder des Ausschusses sind, bleiben solche Staaten Mitglieder der Generalversammlung, (in den genannten Fällen) jedoch ohne Stimmrecht (Art. 14 § 5). Solche Mitgliedstaaten werden bei der Ermittlung des Quorums nicht berücksichtigt (§ 3). Im Falle der Ausschüsse sind sie schon deshalb nicht zu berücksichtigen, weil sie nicht Mitglied des jeweiligen Ausschusses sind.

§ 4 trägt dem Grundsatz einer angemessenen geographischen Verteilung der wichtigsten Funktionen innerhalb der Organisation Rechnung.

Zu Artikel 14

Generalversammlung

Artikel 14 folgt dem Muster des Artikels 6 COTIF 1980. Der Katalog der Zuständigkeiten der Generalversammlung wurde um neu in das COTIF eingefügte Sachverhalte, bei denen Entscheidungsbedarf entstehen kann, erweitert (§ 1 Buchst. f) bis k) und n) bis p).

Ein Drei-Jahres-Rhythmus (§ 3) ist auch die Konsequenz aus der in Artikel 15 § 2 vorgesehenen, auf drei Jahre reduzierten Amtszeit des Verwaltungsausschusses, dessen Zusammensetzung die Generalversammlung bestimmt (§ 1 Buchst. b). Neu vorgesehen ist die Möglichkeit, die Generalversammlung auf Antrag des Verwaltungsausschusses einzuberufen.

Hinsichtlich des notwendigen Quorums für eine Beschlussfähigkeit der Generalversammlung (§ 4) blieb der Revisionsausschuss im Hinblick auf die Bedeutung der von der Generalversammlung zu treffenden Entscheidungen bei der bisherigen Regelung: Erforderlich ist die Anwesenheit der Mehrheit der Mitgliedstaaten (Art. 6 § 4 COTIF 1980).

Mitgliedstaaten, die erklärt haben, bestimmte Anhänge zum Übereinkommen in ihrer Gesamtheit nicht anzuwenden (Art. 42 § 1 Satz 1), bleiben Mitglieder der Generalversammlung, selbst wenn diese Beschlüsse über Änderungen von Anhängen zum Übereinkommen fasst, an denen solche Mitgliedstaaten nicht beteiligt sind. Sie werden bei der Ermittlung des Quorums (§ 4) in diesen Fällen nicht berücksichtigt (Art. 13 § 3) und haben folglich auch kein Stimmrecht.

Die Regelung der Vertretung durch einen anderen Mitgliedstaat ist nicht unproblematisch. In der Geschäftsordnung der Generalversammlung wird deutlich, welche hohen Anforderungen an die Verhandlungsvollmacht der jeweiligen Delegationen gestellt werden. Es wurde zwar an der Möglichkeit der Vertretung durch andere Staaten festgehalten, doch kann künftig ein Staat nicht mehr als einen anderen Staat vertreten, so wie dies schon für den Verwaltungsausschuss vorgesehen ist (Art. 15 § 6 Satz 2).

Die Fälle, in denen hinsichtlich der Beschlussfassung durch die Generalversammlung eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich ist, sind um weitere wichtige Sachverhalte erweitert worden (§ 6 Buchst. f), g), h), und p).

Zu Artikel 15

Verwaltungsausschuss

Artikel 15 entspricht Artikel 7 COTIF 1980. Mit Rücksicht auf die möglicherweise zunehmende Zahl von Mitgliedstaaten (z.B. aus dem Kreis der Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion) wird die Zahl der Mitglieder im Verwaltungsausschuss nicht fixiert, sondern verändert sich in Abhängigkeit von der Gesamtzahl der Mitgliedstaaten (§ 1). Bei gegenwärtig 39 Mitgliedstaaten wären demnach 13 Mitglieder in den Ausschuss zu berufen (gegenwärtig 12 Mitglieder).

Das Kriterium einer angemessenen geographischen Verteilung bei der Bezeichnung der Mitglieder für jede Amtszeit wurde beibehalten, ebenso der Grundsatz, dass ein Mitglied des Ausschusses nicht mehr als zwei volle aufeinander folgende Amtszeiten dem Ausschuss angehören darf (§ 4). Eine Ausnahme davon bildet der Fall des § 3.

Wenn ein Sitz im Ausschuss frei wird, bezeichnet nicht mehr der Verwaltungsausschuss selbst einen anderen Mitgliedstaat als Mitglied für den Rest der Amtszeit. Stattdessen bezeichnet künftig die Generalversammlung die Ersatzmitglieder des Ausschusses ebenso wie dessen Mitglieder, und zwar für jedes Mitglied ein bestimmtes Ersatzmitglied. Werden Ersatzmitglieder tatsächlich während einer Amtszeit als solche tätig, so sind sie von der Generalversammlung auf jeden Fall für die folgende Amtszeit als Mitglieder des Verwaltungsausschusses zu berufen. Diese Bestimmung (§ 2) verleiht der Funktion der Ersatzmitglieder größere Bedeutung und könnte das Interesse der Mitgliedstaaten steigern, als Ersatzmitglieder bezeichnet zu werden. Auch § 3 soll die Stellung der Ersatzmitglieder stärken und sicherstellen, dass die Beschlussfähigkeit im Verwaltungsausschuss stets gewährleistet ist.

Der Katalog der Zuständigkeiten des Verwaltungsausschusses (§ 5) wurde ebenfalls angepasst und um neue Sachverhalte erweitert, deren Behandlung dem Verwaltungsausschuss übertragen ist (Buchst. e), g), k), q) und r).

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde die Bestimmung, wann der Verwaltungsausschuss beschlussfähig ist (Quorum) und mit welcher Mehrheit er seine Beschlüsse fasst (§§ 6 und 7), aus seiner bisherigen Geschäftsordnung in das Übereinkommen selbst übernommen. Die in § 7 vorgesehene einfache Mehrheit gewährleistet, dass in allen Fällen rechtsgültige Beschlüsse möglich sind.

§ 8 übernimmt Artikel 7 § 3 Abs. 1 und 3 COTIF 1980.

Auf die bisher zwingende Vorschrift, dass der Verwaltungsausschuss jährlich zwei Tagungen abhält, wurde verzichtet. Zwingend vorgeschrieben ist lediglich die Einberufung mindestens einmal im Jahr. Neu geschaffen wurde die Bestimmung, wonach der Vorsitzende den Verwaltungsausschuss nicht nur auf Antrag von vieren seiner Mitglieder, sondern auch auf Antrag des Generalsekretärs einberuft (§ 9 Buchst. a).

Es wird klargestellt, dass der Vorsitzende nur wie bisher dringliche Fragen, die zwischen den Tagungen auftreten, behandeln kann (§ 9 Buchst. c).

Zu Artikel 16

Übrige Ausschüsse

Artikel 16 entspricht Artikel 8 COTIF 1980. Hierin sind die Bestimmungen zusammengefasst, die für alle in Artikel 13 § 1 Buchst. c) bis f) vorgesehenen Ausschüsse gemeinsam gelten.

§ 4 des Artikels 8 COTIF 1980 betreffend das Quorum wurde jeweils in die Artikel 17 bis 20 betreffend die einzelnen Ausschüsse übernommen.

Anders als bei der Generalversammlung  sind Mitgliedstaaten, die gemäß Artikel 42 § 1 Satz 1 des Übereinkommens erklärt haben, bestimmte Anhänge in ihrer Gesamtheit nicht anzuwenden, nicht Mitglieder des Revisionsausschusses, des Fachausschusses RID oder des Fachausschusses für technische Fragen, wenn diese Ausschüsse sich mit Änderungen der betreffenden Anhänge befassen.  Solche Staaten können jedoch gemäß § 5 Buchst. b) als Beobachter ohne Stimmrecht zur Teilnahme an den Beratungen eingeladen werden.

Die für die Generalversammlung und den Verwaltungsausschuss geltende Regel, dass sich ein Mitgliedstaat von einem anderen vertreten lassen kann, ein Staat jedoch nicht mehr als einen anderen Staat vertreten kann, wurde  für Artikel 16 nicht übernommen.

Um ein effizientes Handeln zu gewährleisten, versteht es sich von selbst, dass der Generalsekretär die betroffenen Stellen zu den Tagungen des Fachausschusses für technische Fragen einlädt. Dies war bereits die Praxis der vergangenen Jahre (s. die Teilnahme der internationalen Berufsorganisationen und -verbände an den Arbeiten des Revisionsausschusses und des Fachausschusses RID). Im übrigen können die Details der Teilnahme dritter Stellen in der Geschäftsordnung des Ausschusses geregelt werden.

Der vom Revisionsausschuss zu § 6 beschlossene Wortlaut war an der in den vergangenen Jahren im Revisionsausschuss geübten Praxis ausgerichtet. Er könnte in der Weise interpretiert werden, dass es unerlässlich ist, zu Beginn einer jeden Tagung eine Wahl des Vorsitzenden und seiner Vertreter vorzunehmen. Es ist daher die Möglichkeit vorgesehen, den Vorsitz in einem der Ausschüsse einem Mitgliedstaat oder einem bestimmten Delegierten anzuvertrauen, sei es für einen bei der Wahl zu bestimmenden Zeitraum (für mehrere Jahre oder Tagungen), sei es für einen unbestimmten Zeitraum. Dies hat vor allem Bedeutung für den Fachausschuss für technische Fragen, um eine effektive und kontinuierliche Arbeit dieses Ausschusses zu gewährleisten. Der geänderte Text berücksichtigt die im Fachausschuss für das RID und die in anderen internationalen Organisationen geübte Praxis.

Zu Artikel 17

Revisionsausschuss

Mit Artikel 17 wird dem Revisionsausschuss - wie den anderen Ausschüssen auch - ein eigener Artikel gewidmet, der im wesentlichen dem Artikel 8 §§ 2 und 4 COTIF 1980 entspricht. Seine Entscheidungskompetenz wird auf die neuen  CUV,  CUI,  APTU (ohne Anlagen) und  ATMF mit Ausnahme der in Artikel 33 § 4 Buchst. d) bis g) genannten Bestimmungen, ausgeweitet.

Zu Artikel 18

Fachausschuss RID

Auch für den Fachausschuss für die Beförderung gefährlicher Güter ist ein eigener Artikel vorgesehen, der im Wesentlichen Artikel 8 §§ 2 und 4 COTIF 1980 entspricht. Ungeachtet der Tatsache, dass die Anlage zum RID künftig wichtige Bestimmungen von erheblicher Tragweite enthält (z.B. behördliche Gefahrgutkontrollen, Amtshilfe bei der Durchführung des RID, Sicherheitsberater, Beförderungsbeschränkungen auf Strecken mit besonderen örtlichen Risiken, Berichte über Unfälle oder Zwischenfälle), entschied sich der Revisionsausschuss für eine Allzuständigkeit des Fachausschusses RID im Falle von Änderungen des Anhangs C.  Die 5. Generalversammlung folgte dieser Entscheidung.

Zu Artikel 19

Ausschuss für Erleichterungen im Eisenbahnverkehr

Die Einrichtung eines Ausschusses für Erleichterungen im Eisenbahnverkehr, insbesondere beim Grenzübergang, hat zum Ziel, für die Beseitigung von Hindernissen beim Grenzübergang im internationalen Eisenbahnverkehr eine solidere institutionelle Grundlage im Rahmen der grundlegenden Revision des COTIF zu schaffen“.

Trotz der im Rahmen des Projektes Facilrail (1991-1994) gegebenen Anstöße bleibt ein breites Spektrum für kontinuierliche Arbeit auf diesem für die Wettbewerbsfähigkeit des Verkehrsträgers Schiene wichtigen Gebiet.

Konzeption, Zielsetzung, Aufgaben und Kompetenzen dieses neuen Organs der OTIF (§ 1) sind  auf die Beseitigung der Hindernisse gerichtet, die ihre Ursache im staatlichen Verantwortungsbereich haben. 

Artikel 18 schließt nicht aus, dass sich der Ausschuss auch mit Zollfragen befasst.

Das Quorum für die Beschlussfähigkeit des Ausschusses (§ 2) wurde nicht allzu hoch angesetzt, um die Handlungsfähigkeit des Ausschusses zu sichern. Dies ist auch vertretbar, da mit den Beschlüssen dieses Ausschusses im Gegensatz zu denen anderer Fachausschüsse keine unmittelbaren rechtlichen Auswirkungen verbunden sind.

Zu Artikel 20

Fachausschuss für technische Fragen

Die Einrichtung eines Fachausschusses für technische Fragen und die ihm zugewiesenen Kompetenzen (§ 1) sind eine wichtige Weichenstellung für die Zukunft der OTIF. Auf  keinem Gebiet besteht ein so hoher Harmonisierungsbedarf wie auf dem technischen. Harmonisierung ist auch hier - wegen der nicht finanzierbaren Kosten beispielsweise für eine einheitliche Spurweite oder eine einheitliche Stromversorgung der Eisenbahnnetze in allen Mitgliedstaaten der OTIF - im Sinne der Herstellung eines Höchstmaßes an Kompatibilität und Interoperabilität zu verstehen.

Der Fachausschuss für technische Fragen kann auch einheitliche technische Vorschriften nur annehmen oder ablehnen, sie aber keinesfalls anlässlich ihrer Annahme ändern. Damit wird die Rolle des Fachausschusses für technische Fragen auf die Analyse des Inhaltes der vorgeschlagenen Norm/Vorschrift beschränkt.

So wie sie vom Revisionsausschuss (15. und 18. Tagung) beschlossen worden ist, lag der Bestimmung folgende Überlegung zu Grunde: Die technischen Normen im Sinne der Begriffsbestimmung des Artikels 2 Buchst. b) der  APTU stellen das Ergebnis eines spezifischen und sehr eingehenden Normierungsverfahrens im Rahmen z.B. des Europäischen Komitees für technische Normung (CEN), des Europäischen Komitees für elektrotechnische Normung (CENELEC) oder des Europäischen Instituts für Telekommunikationsnormen (ETSI) dar. Vertreter der Mitgliedstaaten können sich an diesen Verfahren beteiligen. Dem Fachausschuss für technische Fragen sollte daher nicht die Befugnis eingeräumt werden, eine technische Norm, die aus diesem Verfahren hervorgegangen ist, anlässlich ihrer Verbindlicherklärung wieder in Frage zu stellen. Anders verhält es sich bei einheitlichen Vorschriften, die ohne Beteiligung der Mitgliedstaaten durch die Verbände der Eisenbahnunternehmen und der Eisenbahnindustrie erarbeitet werden. Der legislative Souverän, das heißt die Mitgliedstaaten, sollten die Möglichkeit haben, eine von den genannten Verbänden erarbeitete Vorschrift, deren Annahme als einheitliche technische Vorschrift beantragt ist, abzuändern.

Der Ausschuss hat jedoch die Möglichkeit, erforderlichenfalls eine begründete negative Meinung dem Antragsteller gegenüber zu äußern, damit dieser entsprechend der ihm eigenen Funktionsweise allenfalls eine Änderung seines Antrages ausarbeiten kann.

Das Quorum für den Fachausschuss für technische Fragen ist mit der „Hälfte der Mitgliedstaaten im Sinne des Artikels 16 § 1“ höher als das für den Fachausschuss für das RID und den Fachausschuss für Erleichterungen im Eisenbahnverkehr, jedoch geringfügig niedriger als das für die Generalversammlung und den Revisionsausschuss („einfache“ Mehrheit).

Die Mitgliedstaaten haben kein Stimmrecht bei der Beschlussfassung über Bestimmungen, die für sie nicht gelten, weil sie Widerspruch gemäß Artikel 35 § 4 COTIF erhoben oder eine Erklärung gemäß Artikel 9 § 1 APTU abgegeben haben.

Zu Artikel 21

Generalsekretär

§ 2 übernimmt die im Protokoll 1990 vorgesehene Ergänzung des Artikels 7 § 2 Buchst. d) COTIF 1980 betreffend die Begrenzung der Dauer der Amtszeit des Generaldirektors des Zentralamtes, allerdings verkürzt auf einen Zeitraum von drei Jahren. Dies korrespondiert mit der dreijährigen Amtsperiode des Verwaltungsausschusses. Die Amtszeit des Generalsekretärs darf insgesamt neun Jahre nicht überschreiten.  Dienstposten und -stufen werden im Personalstatut der Organisation geregelt.

Die Aufgaben des Generalsekretärs (§ 3) entsprechen weitgehend den bisherigen Kompetenzen des Zentralamtes. Neu sind die Funktionen des Depositars der Organisation (Buchst. a) und das in § 4 vorgesehene Initiativrecht für Änderungen und Ergänzungen des Übereinkommens (Buchst. d)  sowie das Antragsrecht bezüglich der Einberufung des Verwaltungsausschusses.

Zu Artikel 22

Personal der Organisation

Das  Zentralamt  wird nicht als selbstständiges Organ der OTIF neben dem  Generalsekretär beibehalten.  Daher wird die Stellung des Personals der Organisation in einem gesonderten Artikel allgemein geregelt.

Zu Artikel 23

Zeitschrift

Die Pflicht zur Herausgabe der Zeitschrift trifft die Organisation, ohne dass festgelegt wird, welches Organ hierzu berufen ist; dies erscheint auch sinnvoll, da weder der Verwaltungsausschuss noch der Generalsekretär als in Betracht kommende Organe „Herausgeber“ der Zeitschrift sind. Es handelt sich wie bisher um eine amtliche Zeitschrift, die jedoch auch weitere für die Anwendung des Übereinkommens notwendige oder zweckdienliche Mitteilungen enthält. Im Übereinkommen wird keine besondere Periodizität für die Zeitschrift festgelegt, sodass sie gegebenenfalls je nach Notwendigkeit auch in unregelmäßigen Zeitabständen erscheinen könnte. Dadurch soll die erforderliche Flexibilität für die Zukunft gewährleistet werden.

Gemäß Artikel 21 § 3 Buchst. m) hat der Generalsekretär verschiedene Mitteilungen gegebenenfalls den Mitgliedstaaten, den internationalen Organisationen und Verbänden sowie Unternehmen zur Kenntnis zu bringen. Während beim herkömmlichen System der eingetragenen Linien das Zentralamt über Namen und Anschrift aller am internationalen Eisenbahnverkehr beteiligten Eisenbahnunternehmen verfügt, wird dies in Zukunft nicht mehr der Fall sein. § 2 schafft daher die Möglichkeit, individuelle Mitteilungen, zu denen der Generalsekretär verpflichtet ist, durch eine Veröffentlichung in der Zeitschrift zu ersetzen.

Zu Artikel 24

Listen der Linien

Das bisherige System der eingetragenen Linien zur Bestimmung des Anwendungsbereiches der  CIV und der  CIM wird nicht weitergeführt. Diese Einheitlichen Rechtsvorschriften finden zwingend Anwendung auf jeden Vertrag über die Beförderung von Personen und Gütern auf der Schiene, wenn Abgangs- und Bestimmungsort in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten liegen. Die Beförderungspflicht ist weggefallen. Das verwaltungs- und kostenaufwändige System der „Listen der Linien“ wird damit für Eisenbahnstrecken grundsätzlich entbehrlich.  Dies ist auch eine Konsequenz aus der zunehmenden Zahl von Unternehmen, bei denen Eisenbahntransport und Infrastrukturbetrieb voneinander getrennt sind.

Für die Anwendung der  CIV und  CIM auf ergänzende Beförderungen mit anderen Beförderungsmitteln im Binnenverkehr der Mitgliedstaaten (mit Ausnahme der Küstenschifffahrt) bedarf es ebenfalls keiner Eintragung der entsprechenden Strecken in Listen, da sich die Anwendung der  CIV oder  CIM aus dem Beförderungsvertrag selbst ergibt. Eine Kollision mit dem internationalen Beförderungsrecht anderer Verkehrsträger, z.B. mit dem Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR), ist nicht gegeben, solange die ergänzende Beförderung selbst nicht grenzüberschreitend ist.

Anders verhält es sich bei ergänzenden Beförderungen zur See oder auf Binnengewässern, wenn dieser Teil der Beförderung selbst grenzüberschreitend ist. Deshalb wird in diesen Fällen die Anwendung der  CIV und  CIM weiterhin von der Eintragung solcher Linien in entsprechende Listen abhängig gemacht.  Dem trägt Artikel 24 §§ 1, 3 und 5 Rechnung. Insofern entspricht diese Regelung Artikel 10 COTIF 1980. Die Beibehaltung des Systems eingetragener Linien für ergänzende, grenzüberschreitende Beförderungen zur See oder auf Binnengewässern ist möglich, weil im Gegensatz zu den  CIM z. B. das internationale Seebeförderungsrecht keinen zwingenden Anwendungsbereich vorsieht.

Es besteht nunmehr die Möglichkeit, einen Vorbehalt zum Anwendungsbereich der  CIV und der  CIM einzulegen. Der Vorbehalt besteht darin, dass die Eisenbahnstrecken, auf denen internationale Beförderungen den  CIV und  CIM unterstellt sind, in Listen eingetragen werden („Positivliste“). Diese Möglichkeit besteht jedoch nur für bestimmte künftige Mitgliedstaaten.

Titel IV

Finanzen

Zu Artikel 25

Arbeitsprogramm. Voranschlag. Rechnungsabschluss. Geschäftsbericht

Die Einfügung eines eigenen Artikels erweist sich zur redaktionellen Vereinfachung als zweckmäßig, nachdem der Revisionsausschuss den Übergang zu einem Zwei-Jahresrhythmus beschlossen hatte, was das Arbeitsprogramm, den Voranschlag, den Rechnungsabschluss und den Geschäftsbericht betrifft.

Ungeachtet dessen, dass grundsätzlich vorgesehen ist, den Geschäftsbericht alle zwei Jahre herauszugeben, steht nichts im Wege, dass die Organisation auch jährlich einen Geschäftsbericht veröffentlicht, sofern dies durch den Umfang der Tätigkeit oder der Ergebnisse gerechtfertigt ist. 

Zu Artikel 26

Finanzierung der Ausgaben

Dieser Artikel ersetzt Artikel 11 COTIF 1980. Die geltende Beitragsregelung, die ausschließlich auf die Länge der eingetragenen Linien abstellt, trägt den sehr unterschiedlichen wirtschaftlichen und verkehrlichen Verhältnissen in den einzelnen Mitgliedstaaten sowie der unterschiedlichen Bedeutung des internationalen Eisenbahnverkehrs für sie nicht hinreichend Rechnung. Deshalb war das Zentralamt in der Vergangenheit wiederholt gebeten worden, Alternativen zu untersuchen. Dies ist geschehen, jedoch erwies sich nie eine der zahlreichen untersuchten Varianten als konsensfähig. Da das System der eingetragenen Linien in Zukunft wegfallen wird, muss ein neues System geschaffen werden.

§ 2 trägt der besonderen Situation der Staaten Rechnung, die aus praktischen, wirtschaftlichen und finanziellen Gründen nicht in der Lage sind, das COTIF und seine Anhänge, insbesondere die  CIM, auf ihrer gesamten Eisenbahninfrastruktur anzuwenden. Die Möglichkeit, entsprechende Vorbehalte zu den  CIV und  CIM anzubringen, ist auf Staaten beschränkt, die dem COTIF in der Fassung des Protokolls 1999 nach dessen Inkrafttreten beitreten und in denen das Abkommen über den internationalen Eisenbahn-Güterverkehr (SMGS) angewendet wird.  Für diese Staaten wird nicht die Länge der gesamten Eisenbahninfrastruktur in Betracht gezogen, sondern nur die Länge der Eisenbahninfrastruktur, auf der Beförderungen nach den  CIV und  CIM stattfinden, ergänzt um die Länge der eingetragenen Linien zur See und auf Binnengewässern. Auch die wirtschaftliche Leistungskraft (Schlüssel der UN) wird nur nach Maßgabe des Verhältnisses der Länge der Strecken, auf denen CIV- und CIM-Verkehr stattfindet, zur gesamten Länge der Eisenbahninfrastruktur, ergänzt um die Länge der eingetragenen Linien zur See und auf Binnengewässern, berücksichtigt.

Die Möglichkeit, gemäß Artikel 42 § 1 Satz 1 zu erklären, einzelne Anhänge des Übereinkommens in ihrer Gesamtheit nicht anzuwenden, wird dazu führen, dass die Tätigkeiten und damit die Ausgaben der OTIF nicht mehr alle Mitgliedstaaten in gleicher Weise betreffen und für sie von Nutzen sind. Deshalb sieht § 4 vor, dass der Teil der Ausgaben, die sich aus Tätigkeiten ergeben, die nur im Interesse eines Teils der Mitgliedstaaten durchgeführt werden, auch nur von diesen Mitgliedstaaten getragen wird, allerdings nach dem gleichen Schlüssel, wie er in § 1 vorgesehen ist. Die Entscheidung hinsichtlich der Zuordnung der Ausgaben obliegt dem Verwaltungsausschuss.

Um die Liquidität der OTIF zu sichern, sind die Beiträge für die laufende zweijährige Haushaltsperiode in Form einer Vorauszahlung künftig bereits bis zum 31. Oktober eines jeden der beiden Jahre, also in zwei Raten, zu entrichten (§ 5). Berechnungsgrundlage für die Vorauszahlung sind die in der vorangegangenen Zwei-Jahresperiode endgültig geschuldeten Beiträge. Der neue § 5 entspricht im wesentlichen, abgesehen vom Zwei-Jahresrhythmus, dem Artikel 12 der geltenden Finanz- und Buchführungsordnung.

§ 6 entspricht weitgehend Artikel 11 § 2 Abs. 1 COTIF 1980.

§ 7 folgt Artikel 11 § 2 Abs. 2 COTIF 1980 mit den Änderungen, dass geschuldete Beiträge künftig bereits ab dem 1. Januar des Folgejahres zu verzinsen sind, und dass das Stimmrecht eines säumigen Staates bereits nach Ablauf eines Jahres, in dem sich der betreffende Staat in Verzug befindet, ausgesetzt wird.

Die §§ 8, 10 und 11 entsprechen im wesentlichen, mit redaktionellen Anpassungen, dem Artikel 11 §§ 3, 5 und 6 COTIF 1980. § 9 wurde gegenüber Artikel 11 § 4 COTIF 1980 wesentlich vereinfacht.

Zu Artikel 27

Rechnungsprüfung

Das Zusatzmandat für die Rechnungsprüfung  wurde vollständig und inhaltlich unverändert in das Übereinkommen selbst integriert. Der Generalversammlung wird allerdings das Recht eingeräumt, einen anderen Mitgliedstaat als den Sitzstaat mit der Rechnungsprüfung zu betrauen (§ 1).

Titel V

Schiedsgerichtsbarkeit

Der Titel V (Art. 28 bis 32) über die Schiedsgerichtsbarkeit entspricht weitestgehend dem Titel III (Art. 12 bis 16) COTIF 1980. Artikel 28 § 2 (bisher Art. 12 § 2) wurde vereinfacht und auf Streitigkeiten über Anwendung und Auslegung anderer im Rahmen der OTIF ausgearbeiteter Übereinkommen (s. Art. 2 § 2) ausgedehnt.

Titel VI

Änderung des Übereinkommens

Titel VI (Art. 33 bis 35) entspricht - allerdings mit wesentlichen Änderungen - dem Titel V (Art. 19 bis 21) COTIF 1980.

Zu Artikel 33

Zuständigkeiten

Die Generalversammlung bleibt wie bisher für Änderungen des Übereinkommens selbst und seiner Anhänge zuständig, soweit Änderungen nicht ausdrücklich bestimmten Ausschüssen zugewiesen sind (§ 2). Darüber hinaus kann sie die Entscheidung über alle Änderungen, bei denen ein Sachzusammenhang mit Bestimmungen der Anhänge besteht, wie bisher an sich ziehen (§ 3).

Neu geschaffen wurde die Möglichkeit, dass ein Drittel der im Revisionsausschuss, im Fachausschuss RID oder im Fachausschuss für technische Fragen vertretenen Staaten verlangen kann, dass Änderungsanträge betreffend die Anhänge der Generalversammlung zur Entscheidung vorgelegt werden. 

Vom vereinfachten Verfahren der Änderung durch den Revisionsausschuss wurden die Bestimmungen über die Grundlagen der Haftung, über die Beweislast, über den Anwendungsbereich, über die Schadenersatzleistungen, über die Verjährung und das Erlöschen von Ansprüchen sowie über Gerichtsstandbestimmungen ausgenommen. 

Hingegen wird der Revisionsausschuss zur Entscheidung über Änderungen einzelner Bestimmungen des Übereinkommens selbst, nämlich des Artikels 9 (Rechnungseinheit) und des Artikels 27 (Rechnungsprüfung), mit Ausnahme des § 1 (Übertragung der Rechnungsprüfung vom Sitzstaat auf einen anderen Staat), zuständig sein. Dies entspricht der geltenden Rechtslage.

Für die  APTU und die  ATMF (Anhänge F und G zum Übereinkommen) gelten dieselben Grundsätze  wie bei den Bestimmungen der CIV, der CIM, der CUV und der CUI.  Zur Änderung der Anlagen der  APTU wird hingegen der Fachausschuss für technische Fragen zuständig sein (§ 6).

Der  Fachausschuss RID hingegen ist nicht nur zur Entscheidung über die Anlage zum Anhang C, sondern auch zur Entscheidung über Anträge zur Änderung des Anhanges C selbst zuständig.

Zu Artikel 34

Beschlüsse der Generalversammlung

Artikel 34 stellt eine teilweise Abkehr vom bisher praktizierten  System des Artikels 20 §§ 1 und 2 COTIF 1980 dar.

Die von der Generalversammlung beschlossenen Änderungen des Übereinkommens selbst treten zwölf Monate nach der Genehmigung durch zwei Drittel der Mitgliedstaaten für alle Mitgliedstaaten in Kraft  mit Ausnahme derjenigen, die erklären, dass sie ihnen nicht zustimmen (§ 2). Bei von der Generalversammlung beschlossenen Änderungen der Anhänge genügt die Genehmigung durch die Hälfte der Mitgliedstaaten. Die Frist von 12 Monaten ist die gleiche (§ 3). 

Neu ist die Möglichkeit, dass die Generalversammlung bei der Beschlussfassung über eine Änderung feststellen kann, dass diese Änderung von solcher Tragweite ist, dass Staaten, die solche Änderungen nicht annehmen können, aus der Organisation ausscheiden müssen (§ 6). Die bisher in Artikel 20 § 3 COTIF 1980 vorgesehene Rechtsfolge der Aussetzung der Anwendung von Einheitlichen Rechtsvorschriften wurde beibehalten, soweit Beschlüsse der Generalversammlung Anhänge zum Übereinkommen betreffen (§ 7). Beide Rechtsfolgen dienen der Aufrechterhaltung der Rechtseinheit im internationalen Eisenbahnverkehr. Dies stellt zwar keine Ideallösung dar, jedoch wird eine Rechtsunsicherheit, wie sie im internationalen Luftverkehr auf Grund der unterschiedlichen in Kraft befindlichen Fassungen des Warschauer Abkommens herrscht, vermieden.

Zu Artikel 35

Beschlüsse der Ausschüsse

Mit Artikel 35 wurde Artikel 21 COTIF 1980 weiterentwickelt. Die Frist von zwölf Monaten für das Inkrafttreten von Beschlüssen des Revisionsausschusses wurde beibehalten, die Frist für das Inkrafttreten von Beschlüssen des Fachausschusses RID hingegen auf sechs Monate verkürzt und damit an die Fristen des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) angeglichen.

Die in Abs. 2 vorgesehene Ermächtigung des Revisionsausschusses zur Änderung des Übereinkommens ermöglicht es diesem, Änderungen auch gegen die Stimme Österreichs vorzunehmen (etwa dann, wenn Österreich der Änderung  widerspricht, die Zahl der Widersprüche aber unter einem Viertel der Mitgliedstaaten bleibt); sie stellt somit die Übertragung einzelner Hoheitsrechte an eine zwischenstaatliche Einrichtung gemäß Art. 9 Abs. 2 B-VG dar.  

Neu im Vergleich zu Artikel 21 COTIF 1980 ist die Aussetzung der Anwendung von Änderungen von Anhängen, technischen Normen oder einheitlichen technischen Vorschriften durch rechtzeitigen Widerspruch innerhalb von vier Monaten (§ 4 ).

Da die Frist von vier Monaten für die Erhebung eines Widerspruches gegen eine Änderung von Anhängen durch den Revisionsausschuss, den Fachausschuss RID und den Fachausschuss für technische Fragen für eine Befassung des Nationalrates zu kurz bemessen ist, sind Art. 35 § 3 und 4 als verfassungsändernd und daher gemäß Art. 50 Abs. 3 B-VG zu genehmigen, da Österreich andernfalls stets Widerspruch erheben müsste (vgl. dazu auch den Allgemeinen Teil der Erläuterungen).

Neu geschaffen wurde auch § 6, der verhindern soll, dass z. B. Staaten, die erklärt haben, einen Anhang in seiner Gesamtheit nicht anzuwenden, oder Staaten, die auf Grund von Zahlungsverzug über kein Stimmrecht verfügen (Art. 26 § 7), oder Staaten, deren Mitgliedschaft gemäß Artikel 40 § 4 ruht, das Inkrafttreten von Beschlüssen der Ausschüsse beeinflussen können.

Titel VII

Schlussbestimmungen

Zu Artikel 36

Depositar

Artikel 36 entspricht in etwa Artikel 26 COTIF 1980. Jedoch sollen künftig die Aufgaben des Depositars von der Organisation selbst, das heißt ihrem Exekutivorgan, dem Generalsekretär, ausgeübt werden. Dies ist auch bei anderen internationalen Organisationen üblich.

An Stelle einer detaillierten Aufzählung der Aufgaben des Depositars, wie sie Artikel 26 COTIF 1980 vorsieht, wird generell auf Teil VII des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge verwiesen (§ 1).

Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass selbst bei einer relativ unpolitischen Organisation wie der OTIF im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Depositar schwierige Rechtsfragen auftreten können. § 2 sieht daher Möglichkeiten vor, allfällige Streitigkeiten zwischen einem Mitgliedstaat und dem Depositar beizulegen.

Zu Artikel 37

Beitritt zum Übereinkommen

Artikel 37 entspricht weitgehend Artikel 23 COTIF 1980, jedoch wird nicht zwischen Beitritten nach Unterzeichnung, aber vor Inkraftsetzung des „neuen“, das heißt durch das Protokoll 1999 geänderten Übereinkommens, und Beitritten nach seiner Inkraftsetzung differenziert. Beitritte vor Inkrafttreten des Protokolls 1999 und des geänderten Übereinkommens beziehen sich auf das COTIF 1980 und richten sich nach seinem Artikel 23.

Grundsätzlich soll der Beitritt zum COTIF und damit zur Organisation allen Staaten  offen stehen, auf deren Gebiet eine Eisenbahninfrastruktur betrieben wird (§ 1). Maßgeblich ist nicht, ob der betreffende Staat über eine „eigene“ Eisenbahn verfügt. Entscheidend für die Möglichkeit zum Beitritt soll auch nicht  das Bestehen einer direkten Eisenbahnverbindung mit den heutigen Mitgliedstaaten sein.

Die OTIF könnte sich damit zu einer weltweit tätigen zwischenstaatlichen Organisation auf dem Eisenbahnsektor entwickeln, vergleichbar der ICAO und der IMO. Dies könnte von noch größerem Interesse und Bedeutung sein, wenn sich die OTIF über das reine Transportrecht hinaus verstärkt auch anderen Rechtsgebieten, die den internationalen Eisenbahnverkehr betreffen, widmet. Schließlich spricht der zunehmende internationale intermodale Transport dafür, insbesondere bei der Beförderung gefährlicher Güter, ein weltweit geltendes Einheitsrecht für den grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr zu schaffen. Die OTIF bietet sich hierfür als die geeignete Organisation an. Auch der Internationale Eisenbahnverband (UIC) ist ein weltweit organisierter Verband der Eisenbahnen (Unternehmen).

Die §§ 2 bis 5 entsprechen den §§ 2 und 3 des Artikels 23 COTIF 1980, wobei die Voraussetzungen für das Wirksamwerden eines Beitritts vereinfacht werden (§ 3). Auf die derzeitige Doppelspurigkeit „Beitrittsantrag“ und „Hinterlegung einer Beitrittsurkunde nach Ablauf der Einspruchsfrist“ (Art. 23 § 2 Abs. 4 COTIF 1980) wird verzichtet.

Zu Artikel 38

Beitritt regionaler Organisationen für wirtschaftliche Integration

Einige Mitgliedstaaten der OTIF haben auf bestimmten Sachgebieten Hoheitsrechte (Rechtsetzung und Ausführung) auf die EG übertragen, die eine regionale Wirtschaftsgemeinschaft im Sinne des § 1 darstellt. Deshalb erscheint es angezeigt, die Möglichkeit zu eröffnen, dass eine solche supranationale Organisation Mitglied der OTIF wird. Der Inhalt des Artikel 38 orientiert sich an Artikel 22 Abs. 3 des Entwurfes des ECE-Übereinkommens für ein internationales Zolltransitregime für mit der Eisenbahn beförderte Güter.  Artikel 38 sieht demzufolge die Möglichkeit eines Voll-Beitritts statt lediglich einer Assoziierung vor.  Die künftigen Aktivitäten der OTIF auf dem Gebiet der  APTU könnten einen Beitritt der EG angezeigt erscheinen lassen.

Die Bedingungen für einen Beitritt sind zwischen der regionalen Organisation und der OTIF zu vereinbaren. Zuständiges Organ der OTIF für die Billigung der Vereinbarung ist die Generalversammlung (Art. 14 § 2 Buchst. n).

Die §§ 2 und 3 regeln den Umfang der Rechtsausübung durch die regionale Organisation an Stelle der einzelnen Mitgliedstaaten beziehungsweise durch die Mitgliedstaaten selbst. § 4 regelt die Beendigung der Mitgliedschaft. Beigetretene regionale Organisationen sind den Mitgliedstaaten gleichgestellt.

Die Kommission hat am 23.1.2002 eine Empfehlung für einen Ratsbeschluss vorgelegt, der sie zur Aushandlung der Bedingungen für den Beitritt der Gemeinschaft zum COTIF ermächtigen würde.

Zu Artikel 39

Assoziierte Mitglieder

Das geltende COTIF sieht nur eine Form der Mitgliedschaft von Staaten vor, und zwar die mit vollen Rechten und Pflichten. Zu den „Pflichten“ zählt die Anwendung der Anhänge im internationalen Eisenbahnverkehr zwischen den Mitgliedstaaten (COTIF 1980: CIV und CIM; COTIF in der Fassung des Protokolls 1999: mindestens einen der Anhänge, vgl. Art. 42 § 1). Es ist jedoch vorstellbar, dass Staaten an der Arbeit der OTIF interessiert sind und sich daran beteiligen möchten, ohne zunächst jedoch durch einen Beitritt gemäß Artikel 37 alle Rechte und Pflichten übernehmen zu wollen. Deshalb ist es sinnvoll, eine abgestufte Mitgliedschaft in Form einer Assoziierung vorzusehen. Eine solche Mitgliedschaft in Form einer Assoziierung könnte einen späteren Voll-Beitritt des betreffenden Staates erleichtern.

§ 2 regelt die Beitragspflicht und beschränkt für assoziierte Mitglieder gewisse Teilnahmerechte.

Zu Artikel 40

Ruhen der Mitgliedschaft

Mit diesen Bestimmungen wird die Lücke zwischen aktiver Mitgliedschaft mit vollen Rechten und Pflichten einerseits und der Kündigung des Übereinkommens andererseits geschlossen.

Artikel 41

Kündigung des Übereinkommens

Artikel 41 entspricht Artikel 25 COTIF 1980. Wegen der Möglichkeit, dass ein Staat erklärt, einzelne Anhänge in ihrer Gesamtheit nicht anzuwenden (Art. 42 § 1 Satz 1) wurde davon abgesehen, auch die Möglichkeit zur Kündigung eines oder mehrerer Anhänge vorzusehen. 

Artikel 42

Erklärungen und Vorbehalte zum Übereinkommen

§ 1 lässt Vorbehalte und Erklärungen in zweierlei Form zu: Vorbehalte und Erklärungen, einzelne Anhänge in ihrer Gesamtheit nicht anzuwenden, sowie Vorbehalte und Erklärungen, einzelne Bestimmungen des Übereinkommens selbst oder seiner Anhänge nicht anzuwenden. Vorbehalte und Erklärungen der zweiten Art sind jedoch nur zulässig, wenn dies ausdrücklich vorgesehen ist. Insofern entspricht § 1 dem Artikel 27 COTIF 1980. Die Differenzierung zwischen Vorbehalten und Erklärungen ist orientiert an dem Zeitpunkt, an dem sie eingelegt oder abgegeben werden können: Vorbehalte nur zu bestimmten Zeitpunkten, Erklärungen jederzeit.

Die Möglichkeit von Vorbehalten und Erklärungen gemäß § 1 Satz 2, einzelne Bestimmungen nicht anzuwenden, ist vorgesehen in

-       Artikel 28 § 3 COTIF hinsichtlich der Schiedsgerichtsbarkeit,

-       Artikel 1 § 6 CIV für Staaten,  die CIV nur auf Beförderungen auf einem Teil der in ihrem Gebiet gelegenen Eisenbahninfrastruktur anzuwenden,

-       Artikel 1 § 6 CIM für Staaten,  die  CIM nur auf Beförderungen auf einem Teil der in ihrem Gebiet gelegenen Eisenbahninfrastruktur anzuwenden,

-       Artikel 2 CIV hinsichtlich der Nichtanwendung sämtlicher Bestimmungen der  CIV über die Haftung des Beförderers bei Tötung und Verletzung von Reisenden, die Angehörige des Staates sind, der die Erklärung abgegeben hat, oder die in diesem Staat ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

-       Artikel 2 CUI hinsichtlich der Nichtanwendung sämtlicher Bestimmungen über die Haftung bei Personenschäden, wenn sich das schädigende Ereignis auf dem Gebiet des Staates ereignet hat, der die Erklärung abgibt, und das Opfer Angehöriger dieses Staates ist oder in diesem Staat seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat,

-       Artikel 9 APTU hinsichtlich der Anwendung von technischen Normen, die für verbindlich erklärt worden sind, und von einheitlichen technischen Vorschriften, die angenommen worden sind.

Zu Artikel 43

Auflösung der Organisation

Hinsichtlich der Frage der Auflösung wurde eine klare Regelung, insbesondere für die allfällige Vermögensaufteilung vorgesehen, angesichts der sehr unterschiedlichen Belastung der Mitgliedstaaten mit Beiträgen zur Finanzierung der Organisation.

Zuständig für einen Beschluss über die Auflösung der Organisation wäre die Generalversammlung, die einen solchen Beschluss gemäß Artikel 14 § 6 mit einer Mehrheit von zwei Dritteln fassen könnte. Einer allfälligen Übertragung ihrer verbliebenen Aufgaben an eine andere internationale Organisation müssten Verhandlungen mit dieser bzw. mit den betreffenden Mitgliedstaaten vorausgehen. Einzelheiten betreffend die Auflösung und eine allfällige Übertragung von verbliebenen Aufgaben, der Zeitpunkt des Wirksamwerdens usw. sollten durch die Generalversammlung erst bei der Beschlussfassung über eine Auflösung festgelegt werden. 

Zu Artikel 44

Übergangsregelung

Artikel 44 sieht vor, dass auf bestehende Verträge gemäß den  CIV,  CIM,  CUV und  CUI im Fall der Aussetzung der Anwendung dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften (Art. 34 § 7 und Art. 35 § 4), im Fall der Kündigung des Übereinkommens (Art. 41) und bei Erklärungen, die betreffenden Anhänge zum Übereinkommen in ihrer Gesamtheit nicht anzuwenden (Art. 42 § 1 Satz 1), das zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltende Recht weiter anwendbar sein soll.

Zu Artikel 45

Wortlaut des Übereinkommens

Die vorgeschlagene Ausweitung der Aufgaben und Tätigkeiten der OTIF, die zunehmende Bedeutung des Englischen auch im internationalen Eisenbahnverkehr sowie die Perspektive einer weltweiten Ausrichtung der OTIF ließen es zweckmäßig erscheinen, Englisch nicht nur als dritte Arbeitssprache der OTIF vorzusehen, sondern auch den Wortlaut des Übereinkommens zusätzlich in englischer Sprache abzufassen.

§ 2 sieht vor, dass ein und derselbe Text des Übereinkommens zur Verfügung steht, sofern eine Sprache Amtssprache im Gebiet mindestens zweier Mitgliedstaaten der Organisation ist. Den Großteil der mit der Übersetzung verbundenen Kosten  hätten die betroffenen Staaten zu tragen. 

Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten
der Zwischenstaatlichen Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr (OTIF)

Zu Artikel 1

Immunität von der Gerichtsbarkeit, Vollstreckung und Beschlagnahme

Das wichtigste Vorrecht einer zwischenstaatlichen Organisation ist die Immunität von der Gerichtsbarkeit und der sonstigen Zwangsgewalt der Mitgliedstaaten.  Es werden nicht nur die von einem Dritten angestrengten Zivilverfahren wegen Schadenersatzes auf Grund eines Unfalles, der durch ein der Organisation gehörendes oder für sie betriebenes Fahrzeug verursacht wurde, ausgenommen, sondern die von einem Dritten angestrengten Zivilverfahren insgesamt. Nachteile für die Organisation sind dadurch nicht zu befürchten.

Zu Artikel 2

Schutz vor Enteignung

Diese bisher in Artikel 1 § 2 Abs. 2 des Protokolls enthaltene Bestimmung lässt zwar eine Enteignung aus Gründen öffentlichen Interesses zu, verpflichtet jedoch den betreffenden Mitgliedstaat, in einem solchen Fall alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um zu verhindern, dass die Enteignung die Ausübung der Tätigkeit der Organisation beeinträchtigt.

Zu Artikel 3

Befreiung von der Besteuerung

Dieser Artikel gewährt der Organisation die üblichen Befreiungen von Steuern und entspricht dem bisherigen Artikel 1 § 3, Abs. 1 und 2 sowie § 4.

Zu Artikel 4

Befreiung von Abgaben und Zöllen

Dieser Artikel gewährt die international üblichen Befreiungen von allen Ein- und Ausfuhrabgaben und entspricht dem bisherigen Artikel 1 § 3 Abs. 3.

Zu Artikel 5

Amtliche Tätigkeiten

Diese Bestimmung unterstreicht den funktionalen Charakter der Vorrechte und Immunitäten. Die redaktionelle Ergänzung dient der Klarstellung.

Zu Artikel 6

Geldverkehr

Aus redaktionellen Gründen werden der Geldverkehr und der Nachrichtenverkehr in gesonderten Artikeln angeführt, während bisher beide Bestimmungen in Artikel 2 enthalten waren.

Zu Artikel 7

Nachrichtenverkehr

Diese Bestimmung gewährleistet die so genannte Meistbegünstigung hinsichtlich des freien Nachrichtenverkehrs. Siehe im übrigen die Bemerkung zu Artikel 6.

Zu Artikel 8

Vorrechte und Immunitäten der Staatenvertreter

Dieser Artikel (bisher Art. 3) enthält die international üblichen Immunitäten. Jedoch sind eine Festnahme und Untersuchungshaft sowie die Beschlagnahme des persönlichen Gepäcks möglich, wenn die betreffenden Personen auf frischer Tat ertappt werden.

Zu Artikel 9

Vorrechte und Immunitäten der Mitglieder des Personals der Organisation

Die in diesem Artikel (bisher Art. 4) aufgeführten Vorrechte und Immunitäten werden den Mitgliedern des Personals der Organisation von allen Mitgliedstaaten und nicht nur vom Sitzstaat gewährt.

Zu Artikel 10

Vorrechte und Immunitäten der Sachverständigen

Diese Bestimmung (bisher Art. 5) ist dadurch eingeschränkt, dass gemäß Artikel 13 ein Mitgliedstaat nicht verpflichtet ist, seinen eigenen Staatsangehörigen die in Buchstaben a) und b) aufgeführten Immunitäten zu gewähren, wenn diese Personen als Sachverständige der Organisation tätig werden.

Zu Artikel 11

Zweck der gewährten Vorrechte und Immunitäten

Entsprechend ihrem funktionalen Charakter werden die Vorrechte und Immunitäten nur gewährt, um unter allen Umständen die ungehinderte Ausübung der Tätigkeit der Organisation und die vollständige Unabhängigkeit der Personen, denen sie gewährt werden, sicherzustellen (bisher Art. 6). Gleichzeitig wird geregelt, welches das für eine allfällige Aufhebung der Immunität zuständige Organ ist.

Zu Artikel 12

Verhinderung von Missbrauch

Dieser Artikel (bisher Art. 7) verpflichtet ferner die Organisation zur Zusammenarbeit mit den Behörden der Mitgliedstaaten, um Missbräuche zu verhindern.

Zu Artikel 13

Behandlung eigener Staatsangehöriger

Die Mitgliedstaaten sind in jedem Falle verpflichtet, auch ihren eigenen Staatsangehörigen und den genannten Personen folgende Vorrechte und Immunitäten zu gewähren:

-       den Vertretern der Mitgliedstaaten die Unverletzlichkeit aller ihrer amtlichen Schriftstücke und Urkunden;

-       den Mitgliedern des Personals der Organisation die berufliche Immunität und die Unverletzlichkeit ihrer amtlichen Schriftstücke und Urkunden sowie die Steuerbefreiungen gemäß Artikel 9 Buchst. d);

-       den von der Organisation berufenen Sachverständigen die berufliche Immunität und die Unverletzlichkeit ihrer amtlichen Schriftstücke und Urkunden.

Zu Artikel 14

Ergänzungsabkommen

Es können auch mit anderen Mitgliedstaaten Ergänzungsabkommen geschlossen werden, z.B. aus Anlass von Konferenzen.

Einheitliche Rechtsvorschriften für den Vertrag
über die internationale Eisenbahnbeförderung von Personen (ER CIV)
(Anhang A zum Übereinkommen)

Überschrift

In der Bezeichnung der  CIV wurde auf die Erwähnung von „Gepäck“ verzichtet. Titel III der Rechtsvorschriften behandelt verschiedene zusätzliche Beförderungsleistungen, die aus Anlass der Beförderung eines Reisenden erbracht werden (Beförderung von Handgepäck, Tieren, Reisegepäck und Kraftfahrzeugen). Hauptleistung des Beförderungsvertrages ist die Beförderung des Reisenden selbst. Die erwähnten anderen Beförderungen sind Nebenleistungen auf der Grundlage des Personenbeförderungsvertrages. Welche Leistungen dieser Vertrag umfasst, geht aus der in Artikel 6 neu aufgenommenen Bestimmung hervor (Art. 6 § 1).

Titel I

Allgemeine Bestimmungen

Zu Artikel 1

Anwendungsbereich

Die  CIV sollen - ebenso wie für die  CIM vorgesehen - auf durchgehende internationale Eisenbahnbeförderungsverträge anzuwenden sein, und zwar in der Regel unabhängig von einem System eingetragener Linien. Dabei gelten folgende Grundsätze:

-       Sowohl der Abgangsort für die Beförderung des Reisenden als auch der Bestimmungsort muss in einem jeweils anderen Mitgliedstaat liegen. Auf Beförderungen, deren Abgangs- und Bestimmungsort im Gebiet desselben Staates liegen und die das Gebiet eines anderen Staates nur im Durchgang berühren (Art. 2 § 1 CIV 1980), sind die  CIV nicht ohne weiteres anzuwenden.

-       Die Einbeziehung von Beförderungen mit Fahrzeugen auf der Straße, die zusätzlich zur Beförderung auf der Schiene ausgeführt werden, in den Anwendungsbereich der  CIV (Art. 1 § 2) setzt voraus, dass

         -      die Eisenbahnbeförderung grenzüberschreitend ist und

         -      die ergänzende Beförderung auf der Straße ausschließlich eine Binnenbeförderung ist.

-       Auch für die Einbeziehung von Beförderungen, die zusätzlich zur Beförderung auf der Schiene auf Binnengewässern ausgeführt werden, ist es notwendig, dass

         -      die Eisenbahnbeförderung grenzüberschreitend ist und

         -      die Beförderung mit Binnenschiffen im Binnenverkehr erfolgt, sofern es sich nicht um eine Beförderung auf einer eingetragenen Binnenschifffahrts-Linie handelt.

-       Bei Beförderungen, die zusätzlich zur Beförderung auf der Schiene auch zur See oder auf Binnengewässern auf eingetragenen Linien durchgeführt werden (Art. 1 § 3), kann

         -      die Eisenbahnbeförderung eine Binnenbeförderung sein und die ergänzende Schiffsbeförderung zur See oder auf Binnengewässern grenzüberschreitend oder

         -      die Eisenbahnbeförderung grenzüberschreitend und die ergänzende Schiffsbeförderung entweder grenzüberschreitend oder eine Beförderung im Binnenverkehr zur See (z.B. Küstenschifffahrt) sein.

-       In allen vorgenannten Fällen ergänzender Beförderungen soll die Anwendung der  CIV zwingend vorgesehen werden, wenn die Beförderungen mit verschiedenen Verkehrsmitteln Gegenstand eines einzigen Vertrages sind. Dann kann es nicht der Parteienvereinbarung überlassen bleiben, welches Recht gelten soll, da es sich in allen Fällen um grenzüberschreitende Beförderungen handelt, deren Hauptgegenstand eine Beförderung auf der Schiene ist.

Der Gegenstand des Vertrages ist in der Regel eine entgeltliche Beförderung von Personen auf der Schiene; gleichwohl sollen die  CIV unter denselben Bedingungen auch auf unentgeltliche vertragliche Beförderungen anwendbar sein. Auf Grund anderer Rechtstitel durchgeführte unentgeltliche Beförderungen, die nicht Gegenstand eines Beförderungsvertrages sind, fallen allerdings nicht in den Anwendungsbereich der  CIV. 

Eine internationale Beförderung auf Grund eines einzigen Vertrages gemäß den  CIV kann auch in mehreren Beförderungsausweisen dokumentiert sein (Art. 6 § 2); Einzelne dieser Beförderungsausweise können auch eine Beförderungsleistung betreffen, die ausschließlich im Gebiet ein und desselben Mitgliedstaates zu erbringen ist.

Was die Begleiter von CIM-Sendungen betrifft, die in der Regel nicht auf Grund eines Vertrages über die entgeltliche Beförderung von Personen reisen, sondern deren Beförderung eine Nebenleistung im Rahmen eines CIM-Vertrages darstellt, wurde die in den  CIV 1980 enthaltene Regelung beibehalten; damit richtet sich die Haftung des Beförderers bei Tötung und Verletzung dieser Personen weiterhin nach den  CIV (Art. 1 § 4).

Eine Ausnahme vom Anwendungsbereich bilden - wie bisher (vgl. Art. 2 § 2  CIV 1980) und wie bei der Güterbeförderung (vgl. Art. 1 § 5 CIM) - solche Beförderungen zwischen Bahnhöfen auf dem Gebiet von zwei Nachbarstaaten, die von einem, allenfalls von mehreren ein und demselben dieser Staaten zugehörenden Infrastrukturbetreibern betrieben werden (Art. 1 § 5).

Aus dem Anwendungsbereich der  CIV ausgeschlossen ist nach wie vor die Beförderung von Schwarzfahrern; ihre Rechtsstellung gegenüber dem Beförderer richtet sich nach Landesrecht.

Gemäß Artikel 1 § 2 CIV 1980 bestimmen die Tarife die Verbindungen, für die internationale Beförderungsausweise ausgegeben werden. Es wurde auch für die Personenbeförderung (einschließlich der Gepäckbeförderung) auf den so genannten Tarifzwang verzichtet. Im Falle einer Trennung der Beförderungsleistungen vom Betrieb der Eisenbahninfrastruktur und der Verwirklichung des Rechtes auf Nutzung fremder Eisenbahninfrastruktur wird künftig ein einziger Beförderer - und nicht nur eine Beförderungsgemeinschaft aufeinander­folgender Beförderer - internationale Beförderungen auf der Grundlage der  CIV durchführen können. Wenn sich an der Ausführung des Beförderungsvertrages mehrere aufeinander folgende Beförderer beteiligen, wird es zweckmäßig sein, künftig die Kontinuität der Beförderung und vergleichbare Beförderungsbedingungen (z.B. auch hinsichtlich der Mitnahme von Tieren oder Beförderung von Kraftfahrzeugen) durch vorherige Vereinbarungen und Absprachen der beteiligten Beförderer sicherzustellen. Dies könnte z.B. durch einheitliche Allgemeine Beförderungsbedingungen (internationale Tarife) der Beförderer geschehen.

Die Eisenbahnstrecken eines Mitgliedstaates, der einen Vorbehalt gemäß Artikel 1 § 6 eingelegt hat, werden entsprechend Artikel 24 § 2 COTIF in die Liste der Eisenbahnstrecken CIV eingetragen.

Zu Artikel 2

Erklärung zur Haftung bei Tötung und Verletzung von Reisenden

Im Gegensatz zu Artikel 3 CIV 1980 darf es keine Einschränkung hinsichtlich des Zeitpunktes, in dem ein solcher Vorbehalt eingelegt werden darf, mehr geben. Es erfolgte eine Anpassung des Wortlautes („Erklärung“ statt „Vorbehalt“) der Bestimmung an den Wortlaut des Art. 42 COTIF, denn Erklärungen eines Staates, bestimmte Vorschriften nicht anzuwenden, die jederzeit abgegeben werden können und nicht nur ausschließlich bei der Unterzeichnung des Übereinkommens oder bei der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde, sind gemäß der Definition im Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge keine „Vorbehalte“.

Zu Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Die Begriffsbestimmungen haben  Folgewirkung für die  CIV.

Die Buchstaben a) bis c), in denen die Begriffe „Beförderer“, „ausführender Beförderer“ sowie „Allgemeine Beförderungsbedingungen“ definiert werden, sind wortgleich mit Artikel 3 Buchst. a) bis c) CIM. Infolge der Aufnahme dieser Begriffsbestimmungen sowie des zusätzlich in den  CIV definierten Begriffs „Fahrzeug“ konnte der Wortlaut einiger Bestimmungen vereinfacht werden.

Durch Einfügung der Worte „die Durchführung der Beförderung auf der Schiene“ wird vermieden, dass diese Begriffsbestimmung dazu führt, dass Straßenverkehrsunternehmen, die nicht als aufeinander folgende Beförderer tätig werden, als ausführende Beförderer im Sinne des Artikels 38 anzusehen sind, die selbstständig haften und gegen die gemäß Artikel 55 § 6 geklagt werden kann. Solche Straßenverkehrsunternehmen sind vielmehr Hilfspersonen im Sinne des Artikels 50.

Zu Artikel 4

Abweichungen

§ 1 ermöglicht Abweichungen für Pendelverkehre zwischen Grenzbahnhöfen einschließlich des Verkehrs durch den Ärmelkanaltunnel; sie können in Abkommen der Mitgliedstaaten vereinbart werden. 

So genannte Korridorverkehre eines Eisenbahnverkehrsunternehmens, z.B. Salzburg - Innsbruck über deutsches Staatsgebiet, fallen nicht in den Anwendungsbereich der  CIV. Die Formulierung in Artikel 1 § 1  macht eine Ausnahmeregelung entbehrlich.

Wie in den allgemeinen Bemerkungen ausgeführt, wurde auch für internationale Personenbeförderungen wie bei internationalen Güterbeförderungen auf die Beförderungspflicht verzichtet. Für den internationalen Personenverkehr wird aber im Hinblick auf unterschiedliche verkehrspolitische Auffassungen die Möglichkeit ausdrücklich vorgesehen, dass zwei oder mehrere Staaten für ihren bilateralen Verkehr eine Beförderungspflicht vorsehen können, sofern andere völkerrechtliche Normen dem nicht entgegenstehen. Diese Bestimmung hat zwar keinen konstitutiven Charakter, sie dient jedoch der Klarstellung, dass es den  CIV nicht widerspricht, wenn eine Beförderungspflicht zwischenstaatlich vereinbart und den im Staatsgebiet der betreffenden Staaten operierenden Eisenbahnbeförderern auferlegt wird.

Die in § 4 vorgesehene Mitteilungspflicht der Mitgliedstaaten gegenüber dem Sekretariat der Organisation wurde um eine entsprechende Pflicht der Organisation bzw. des Generalsekretärs ergänzt: Die anderen Mitgliedstaaten und die interessierten Unternehmen sind über Abkommen, in denen Abweichungen von den  CIV vereinbart wurden, zu unterrichten.

Zu Artikel 5

Zwingendes Recht

Die  CIV enthalten grundsätzlich, wie die  CIM, nach wie vor zwingendes Recht, soweit nicht aus der Formulierung einer Bestimmung selbst ersichtlich ist, dass es sich um dispositives Recht handelt. Der Revisionsausschuss hielt es gleichwohl für zweckmäßig, eine Bestimmung, in der dies ausdrücklich statuiert wird, aufzunehmen.  Im Interesse der Kunden kann der Beförderer seine Haftung und seine Verpflichtungen erweitern. Unter Erweiterung der Haftung ist nicht nur eine allfällige Erweiterung der Höhe nach zu verstehen; sie kann sich gegebenenfalls auch auf weitere Tatbestände, auf einen Verzicht auf Haftungsbefreiungsgründe oder auf andere als in den  CIV vorgesehene Entschädigungen beziehen.

Titel II

Abschluss und Ausführung des Beförderungsvertrages

Zu Artikel 6

Beförderungsvertrag

Der Beförderungsvertrag gemäß den  CIV ist entsprechend dem Beförderungsvertrag gemäß den  CIM gestaltet. Die Bestimmung, in der die Hauptpflichten des Beförderers bei der Personenbeförderung festgelegt sind, wurde als neuer § 1 auch in Artikel 6 CIV eingefügt. Neben der Beförderung des Reisenden selbst ist hier ausdrücklich nur die vertragliche Pflicht zur Beförderung von Reisegepäck und von Fahrzeugen erwähnt, da diese Nebenleistungen im Rahmen des Beförderungsvertrages besonders vereinbart werden; es versteht sich von selbst, dass die Pflicht des Beförderers, Handgepäck und vom Reisenden mitgenommene Tiere zu befördern, ebenfalls Gegenstand des Beförderungsvertrages ist.

Der Vertrag über die Beförderung von Personen ist - wie künftig auch der Güterbeförderungsvertrag - als Konsensualvertrag gestaltet, wobei ein oder mehrere Beförderungsausweise den Abschluss und den Inhalt dieses Vertrages - bis zum Beweis des Gegenteils - beweisen. Somit ist die rechtliche Natur dieses Vertrages mit der Natur der Beförderungsverträge, wie sie sich aus anderen internationalen Übereinkommen betreffend die Beförderung von Personen mit anderen Beförderungsmitteln ergibt, vergleichbar. Für das Zustandekommen des Beförderungsvertrags ist einzig der übereinstimmende Wille der Parteien, einen Vertrag über eine internationale Personenbeförderung zu schließen, notwendig. Das Fehlen eines gültigen Beförderungsausweises kann jedoch Rechtsfolgen gemäß Artikel 9 nach sich ziehen. Deshalb ist in § 2 der Vorbehalt „unbeschadet des Artikels 9“ notwendig.

Zu Artikel 7

Beförderungsausweis

Die Regelung über Form und Inhalt der Beförderungsausweise ist flexibel gestaltet, sodass sie auf die verschiedensten Arten von Beförderungsausweisen (z.B. Zeitkarten, Beförderungsausweise Eurodomino, InterRail u.s.w.) anwendbar ist. Sie schreibt jedoch die im Hinblick auf die Beweisfunktion des Beförderungsausweises  notwendigen Angaben, darunter jedenfalls die Angabe des Beförderers oder der Beförderer, als Mindestinhalt vor. Der übrige Inhalt sowie die Form, die Sprache und die Schriftzeichen können künftig in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen geregelt werden.

Aus praktischen Gründen besteht weiterhin für den Reisenden die Pflicht zu prüfen, ob der Beförderungsausweis seinen Angaben gemäß ausgestellt ist (vgl. Art. 11 § 6 CIV 1980). Die Rechtsfolgen einer Nichtbeachtung dieser Bestimmung hängen vom Einzelfall ab und richten sich nach Landesrecht.

Ebenso wie der Frachtbrief gemäß den  CIM kann auch der Beförderungsausweis in elektronischen Datenaufzeichnungen bestehen.

Zu Artikel 8

Zahlung und Erstattung des Beförderungspreises

§ 1 enthält als subsidiäre, daher dispositive Regelung den Grundsatz, dass der Beförderungspreis im Voraus zu zahlen ist; sein Wortlaut wurde parallel zum neuen Artikel 11 CIM gestaltet.

Es wurde klargestellt, dass solche Regelungen betreffend die Erstattung in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen enthalten sein sollen.

Zu Artikel 9

Berechtigung zur Fahrt. Ausschluss von der Beförderung

§ 1  verweist allerdings hinsichtlich einer Regelung für den Fall, dass ein Reisender bei der Prüfung der Fahrausweise keinen gültigen Fahrausweis vorzeigt, auf Allgemeine Beförderungsbedingungen. Somit werden die erforderliche Flexibilität und Vertragsgestaltungsfreiheit gewährleistet. Dem Bedürfnis einer größeren Flexibilität stand bei den Diskus­sionen im Revisionsausschuss das von einigen Mitgliedstaaten betonte Interesse entgegen klarzustellen, dass der Zuschlag nur auf gesetzlicher Grundlage erhoben und unter bestimmten Bedingungen zurückerstattet werden kann. Das Gleiche gilt für den Ausschluss von der Beförderung. Eine gesetzliche Ermächtigung, dies in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen zu regeln, hielt der Revisionsausschuss insoweit für ausreichend.

Im Vergleich dieser Bestimmung mit Artikel 12 CIV 1980 scheint die Stellung der Reisenden gestärkt zu sein. Diese Bestimmung stellt zwar klar, dass in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Fall der Verletzung einer wesentlichen Pflicht des Reisenden, nämlich Zahlung des Beförderungspreises, Sanktionen vorgesehen werden können und dass der Beförderer seinen Anspruch auf Zahlung des vom Reisenden geschuldeten Beförderungspreises einschließlich des Zuschlags gegebenenfalls auch gerichtlich geltend machen kann. Dennoch bleibt dem Reisenden grundsätzlich die Möglichkeit, das Bestehen eines Beförderungsvertrages nachträglich zu beweisen und eine Rückerstattung des allenfalls doppelt bezahlten Beförderungspreises und des Zuschlags zu erlangen, allerdings nur, wenn dies in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen vorgesehen ist. Durch eine restriktive Regelung in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen kann eine Gefahr eines Missbrauchs seitens der Reisenden vermieden werden.

Fehlen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen Regelungen im Sinne der Buchstaben a) bis c), gilt insoweit Landesrecht.

In der Regelung des § 1 kommt die rechtliche Bedeutung des Beförderungsausweises als eines der möglichen Beweismittel (s. Art. 6) deutlich zum Ausdruck. Die in § 1 vorgesehenen Rechtsfolgen erfordern, dass in Artikel 6 § 2 eine Einschränkung hinsichtlich der Aussage vorgenommen wird, wonach das Fehlen oder die Mangelhaftigkeit des Beförderungsausweises weder den Bestand noch die Gültigkeit des Beförderungsvertrages berührt.

Abgesehen von dem in § 1 erwähnten Fall, dass der Reisende die sofortige Zahlung des Beförderungspreises oder des Zuschlags verweigert (Buchstabe b), werden die Gründe für den Ausschluss eines Reisenden von der Beförderung in § 2 im Gegensatz zur bisherigen Regelung in Artikel 10 CIV 1980 allgemeiner formuliert (Gefahr für die Sicherheit, unzumutbare Belästigung der Mitreisenden).

Nicht aufgenommen wurden Bestimmungen über die Beförderung von unterwegs erkrankten Personen sowie Personen, die an ansteckenden Krankheiten leiden. Diesbezüglich gilt Landesrecht.

Zu Artikel 10

Erfüllung verwaltungsbehördlicher Vorschriften

Dieser Artikel übernimmt die Regelungen des Artikels 24 CIV 1980 hinsichtlich der Person des Reisenden, während die Verpflichtungen des Reisenden in Bezug auf die aus Anlass seiner Beförderung beförderten Gegenstände und Tiere künftig in Artikel 14 geregelt sind. Die Haftung des Reisenden im Falle einer Verletzung der in Artikel 10 statuierten Pflicht richtet sich nach Artikel 53.

Zu Artikel 11

Ausfall und Verspätung eines Zuges. Anschlussversäumnis

Eine dem Artikel 16 § 1 CIV 1980 entsprechende Bestimmung wurde nicht angenommen. Die Pflicht zur Weiterbeförderung ergibt sich schon aus den allgemeinen Grundsätzen des Vertragsrechtes (Erfüllungspflicht); schließlich liegt die Weiterbeförderung des Reisenden im kommerziellen Interesse der Beförderer.

Auf eine Bestimmung, die die Pflicht des Beförderers festlegt, gegebenenfalls auf dem Beförderungsausweis das Versäumnis des Anschlusses oder den Zugausfall zu bescheinigen, konnte hingegen nicht verzichtet werden. Denn ohne eine solche Bescheinigung wäre die Geltendmachung eventueller Ansprüche des Reisenden gegenüber dem Beförderer wesentlich erschwert, wenn nicht sogar unmöglich. Hinsichtlich der Haftung des Beförderers bei Ausfall und Verspätung von Zügen sowie bei Anschlussversäumnis siehe Artikel 32.

Titel III

Beförderung von Handgepäck, Tieren, Reisegepäck und Fahrzeugen

Die bisherigen Kapitel II „Beförderung von Reisegepäck“ und III „Gemeinsame Bestimmungen für die Beförderung von Personen und Reisegepäck“ der  CIV 1980 wurden umgestaltet zu einem neuen Titel III „Beförderung von Handgepäck, Tieren, Reisegepäck und Fahrzeugen“.  Der Titel III enthält insgesamt vier Kapitel: „Gemeinsame Bestimmungen“, „Handgepäck und Tiere“, „Reisegepäck“ und „Fahrzeuge“. Es bestehen zwar nur wenige Besonderheiten, die die Beförderung von Fahrzeugen betreffen und die einer von den Vorschriften betreffend die Beförderung von Reisegepäck abweichenden Regelung bedürfen. Im übrigen sind die Bestimmungen über Reisegepäck auch auf Fahrzeuge anwendbar (s. Art. 25 und 47).  Die Unterscheidung dieser beiden Nebenleistungen kann die Rechtsanwendung in der Praxis erleichtern.

Kapitel I

Gemeinsame Bestimmungen

Zu Artikel 12

Zugelassene Gegenstände und Tiere

§ 1 übernimmt nur teilweise die in Artikel 15 § 1 CIV 1980 enthaltene Regelung. Es ist künftig den Allgemeinen Beförderungsbedingungen überlassen festzulegen, wo das Handgepäck unterzubringen ist. § 1 erlaubt ferner, dass, abweichend vom Begriff des Handgepäcks gemäß dem allgemeinen Sprachgebrauch, zusätzlich auch sperrige Gegenstände, z.B. Fahrräder oder Surfbretter, gemäß besonderen Bestimmungen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen zur Beförderung als Handgepäck zugelassen werden können. Im Gegensatz zu Artikel 15 § 1 CIV 1980 präzisiert diese Bestimmung nicht, dass das Handgepäck unentgeltlich befördert wird. Somit bleibt es dem Beförderer unbenommen, ein Entgelt z.B. für in Personenwagen mitgenommene Fahrräder zu erheben.

§ 3 ermöglicht die Beförderung von Fahrzeugen in Verbindung mit der Beförderung von Reisenden gemäß den  CIV. Als Fahrzeuge werden Kraftfahrzeuge und Anhänger angesehen, wobei Anhänger auch unabhängig von einer Beförderung des Zugfahrzeugs befördert werden können (s. Art. 3 Buchst. d).

Angesichts des Wegfalls der Beförderungspflicht im internationalen Eisenbahnverkehr wurde auf die Festlegung von Beförderungsverboten verzichtet. Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen des Beförderers regeln künftig die Voraussetzungen für die Beförderung und können daher auch einzelne Gepäckstücke von der Beförderung ausschließen. Selbstverständlich sind die öffentlich-rechtlichen Bestimmungen, die eine Beförderung verbieten oder nur unter bestimmten Bedingungen zulassen, sowohl vom Reisenden als auch vom Beförderer zu beachten. Dies wird durch Artikel 13 verdeutlicht. Wegen der praktischen Bedeutung wird aber hinsichtlich gefährlicher Güter in § 4 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beförderung nur gemäß der Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (RID) erfolgen darf. Im neuen Anhang C (s. Art. 5 RID) ist eine entsprechende Regelung vorgesehen, die in der Anlage zum RID weiter auszufüllen sein wird.

Zu Artikel 13

Nachprüfung

Die im wesentlichen aus Artikel 22 § 2 CIV 1980 übernommene  Bestimmung des § 1 gilt für alle aus Anlass einer Personenbeförderung beförderten Gegenstände und Tiere, also nicht nur für Reisegepäck, sondern auch für Handgepäck sowie für Fahrzeuge einschließlich ihrer Ladung.  Derzufolge berechtigt eine begründete Vermutung einer Nichtbeachtung der Beförderungsbedingungen den Beförderer zu einer Nachprüfung. Die Haftung des Reisenden ist in Artikel 53 geregelt.

§ 2 ermächtigt, verpflichtet den Beförderer aber nicht wie nach der bisherigen Fassung, die Zahlung der Kosten der Nachprüfung zu verlangen.

Zu Artikel 14

Erfüllung verwaltungsbehördlicher Vorschriften

Diese Bestimmung entspricht Artikel 24 CIV 1980. Die entsprechende Pflicht betreffend den Reisenden selbst ist nunmehr aus systematischen Gründen in Artikel 10 vorgesehen. Die Haftung des Reisenden für eine Verletzung dieser Pflicht ist ebenfalls in Artikel 53 geregelt.

Kapitel II

Handgepäck und Tiere

Zu Artikel 15

Beaufsichtigung

Aus systematischen Gründen wurde die Pflicht zur Beaufsichtigung (Art. 15 § 5 CIV 1980) an dieser Stelle eingeordnet. Die Haftung des Reisenden (vgl. Art. 15 § 6 CIV 1980) richtet sich ebenfalls nach Artikel 53.

Kapitel III

Reisegepäck

Zu Artikel 16

Gepäckaufgabe

Mit § 1 soll zum Ausdruck gebracht werden, dass die Beförderung von Reisegepäck Gegenstand einer Nebenpflicht aus dem Personenbeförderungsvertrag und nicht Gegenstand eines selbstständigen Vertrages ist.

Da  Artikel 22 (§§ 1 und 4) besondere Rechtsfolgen vorsieht, wenn der Inhaber des Gepäckscheines nicht Partei des Beförderungsvertrages ist oder der Gepäckschein nicht zurückgegeben wird, ist in § 2 ein entsprechender Vorbehalt hinsichtlich der sich aus Artikel 22 für Bestand und Gültigkeit der Vereinbarungen über die Beförderung von Reisegepäck ergebenden Folgen notwendig.

Die Regelung über die Beweiswirkung des Gepäckscheines (§§ 3 und 4) trägt dem Wortlaut des Artikels 6 § 3 CIV sowie des Artikels 12 CIM Rechnung.

Zu Artikel 17

Gepäckschein

Diese Bestimmung, deren § 2 - im Gegensatz zu Artikel 20 § 4 CIV 1980 - nur den Mindestinhalt des Gepäckscheines vorschreibt, ist wie Artikel 7 gestaltet.

Die Angabe der an der Beförderung beteiligten Beförderer (§ 2 Buchst. a) ist im Zusammenhang mit der Passivlegitimation nach Artikel 56, insbesondere im Falle aufeinander folgender Beförderer, von Bedeutung.

§ 2 Buchst. b) entspricht Artikel 7 § 1 Buchst. p) CIM.  Damit soll der Reisende darauf hingewiesen werden, dass die Beförderung stets den  CIV unterstellt ist.

Die in § 2 Buchst. c) vorgesehenen Angaben sollen es ermöglichen, dass der Gepäckschein als Beweis über den Teil des Beförderungsvertrages dient, der die Beförderung von Reisegepäck betrifft.

Zu Artikel 18

Abfertigung und Beförderung

Der aus Artikel 19 CIV 1980 zum Teil übernommene Wortlaut wurde wesentlich vereinfacht. Als eine Nebenleistung im Rahmen des Personenbeförderungsvertrages ist die Reisegepäckbeförderung grundsätzlich an das Vorhandensein eines gültigen Beförderungsausweises gebunden. Der Beförderer kann allerdings Reisegepäck auch unabhängig von einem Vertrag über die Personenbeförderung annehmen; auch diese Beförderung richtet sich nach den  CIV, obwohl es sich eigentlich eher um eine Sonderform der Expressgutbeförderung handelt. § 3 trägt der Tatsache Rechnung, dass Reisegepäck in zunehmendem Maße nicht mehr mit demselben Zug wie der Reisende befördert wird.

Zu Artikel 19

Zahlung der Gepäckfracht

Nach dem Muster des neuen Artikels 10 § 1 CIM wird lediglich eine subsidiäre Regelung über den Zeitpunkt der Zahlung vorgesehen.

Zu Artikel 20

Kennzeichnung des Reisegepäcks

Diese Bestimmung übernimmt in gekürzter Fassung die Regelung aus Artikel 21 § 2 CIV 1980. Da keine Beförderungspflicht mehr besteht, wurde der Wortlaut dieser Bestimmung entsprechend geändert: Die Regelung über die Verweigerung der Annahme von Gepäckstücken wegen mangelhaften Zustandes, mangelhafter Beschaffenheit, Verpackung (vgl. Art. 21 § 1 CIV 1980) sowie wegen Fehlens der vorgeschriebenen Kennzeichnung entfällt. Die Rechtsvermutung, wonach das Reisegepäck bei der Übernahme äußerlich in gutem Zustand war, findet sich in Artikel 16 § 4.

Zu Artikel 21

Verfügungsrecht über das Reisegepäck

In entsprechend geänderter und den übrigen Bestimmungen der  CIV angepasster Form wird im wesentlichen die Regelung des Artikels 23 § 5 CIV 1980 als selbstständiger Artikel übernommen. Da die am ehesten in Frage kommende Verfügung darin bestehen wird, dass der Reisende die Rückgabe des Gepäcks am Aufgabeort verlangt, wurde dieser Artikel - im Gegensatz zu den nach der Regelung der Ablieferung des Gutes eingeordneten Artikel 18 und 19 CIM - systematisch vor der Regelung der Auslieferung am Bestimmungsort eingeordnet.

Zu Artikel 22

Auslieferung

Dieser Artikel entspricht Artikel 23 CIV 1980, jedoch wurde dessen § 5 geändert und zum neuen Artikel 21. Die Frist für die Auslieferung soll zwischen den Vertragsparteien vereinbart werden können; dies kann auch in der Form erfolgen, dass der Reisende die Allgemeinen Beförderungsbedingungen zustimmend zur Kenntnis nimmt.

Kapitel IV

Fahrzeuge

Zu Artikel 23

Beförderungsbedingungen

In Ergänzung der allgemeinen Bestimmung in Artikel 12, wonach auch Fahrzeuge aus Anlass einer Personenbeförderung zur Beförderung gemäß den  CIV zugelassen werden können, bestimmt Artikel 23 näher, welche spezifischen Bedingungen für diese Beförderungen in den besonderen Bestimmungen der Allgemeinen Beförderungsbedingungen festgelegt werden können.

Zu Artikel 24

Beförderungsschein

Die Bestimmung betreffend den Beförderungsschein für die Beförderung von Fahrzeugen ist wie Artikel 7 und 17, die die vergleichbaren Beförde­rungsdokumente regeln, gestaltet; dabei wird der Praxis insoweit Rechnung getragen, als der Beförderungsschein einen Teil des Beförderungsausweises bilden kann.

Zu Artikel 25

Anwendbares Recht

Die Regelung des Artikels 41 § 6 CIV 1980 in der Fassung des Protokolls 1990 wurde in redaktionell geänderter Form beibehalten.

Titel IV

Haftung des Beförderers

Kapitel I

Haftung bei Tötung und Verletzung von Reisenden

Es bleibt das System der Haftung im wesentlichen unverändert; es musste nur insoweit angepasst werden, als es für seine Anwendung unter den Bedingungen der Trennung der Beförderungsleistung vom Betrieb der Eisenbahninfrastruktur notwendig war. Das Verbot von Haftungsbeschränkungen findet sich in allgemeiner Form in Artikel 5.

Angesichts des Wertverlustes des Sonderziehungsrechtes wurde grundsätzlich eine Erhöhung aller Wertgrenzen (nicht nur bei Tötung und Verletzung von Reisenden) beschlossen. Dies gilt insbesondere für die Mindestentschädigung im Falle von Tötung und Verletzung des Reisenden, die dann zum Tragen kommt, wenn das grundsätzlich anwendbare Landesrecht einen niedrigeren Betrag vorsieht. Eine weiter gehende Rechtsvereinheitlichung erwies sich als gegenwärtig nicht konsensfähig.

Es erfolgten keine grundsätzlichen Änderungen beim bisherige Haftungssystem.

Zu Artikel 26

Haftungsgrund

Gegenüber den  CIV 1980 unverändert bleibt die Konzeption, wonach ein Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb eine Voraussetzung für die Haftung ist. Hinsichtlich  des Rollmaterials ist es unbestritten, dass es dem Eisenbahnbetrieb zuzuordnen ist, und dass sich der Beförderer nicht auf Mängel der für die Beförderung verwendeten Fahrzeuge berufen darf, um sich von seiner Haftung zu befreien. Hinsichtlich der Eisenbahninfrastruktur findet sich folgende Bestimmung in Artikel 51: Danach ist der Betreiber einer Eisenbahninfrastruktur als Erfüllungsgehilfe des Eisenbahnbeförderers anzusehen.  Der Begriff „Eisenbahnbetrieb“ umfasst somit nicht nur den Betrieb des Beförderers, sondern - über diese juristische Fiktion - auch den Betrieb der Infrastruktur.

Der Begriff „Beeinträchtigung der geistigen Gesundheit“ umfasst auch z. B. einen Schock. Um dies deutlicher zum Ausdruck zu bringen, wurde im französischen Text der Ausdruck „intégrité mentale“ durch den Ausdruck „intégrité psychique“ ersetzt.

Die Haftungsbefreiungsgründe (§ 2) wurden gegenüber dem Entwurf des Zentralamtes, der sich weitgehend an die CIV 1980 anlehnte, in zweierlei Hinsicht zu Gunsten des Reisenden angepasst: Zum einen stellt ein ungewöhnliches Verhalten des Reisenden keinen absoluten Haftungsbefreiungsgrund mehr dar (vgl. Art. 26 § 2 Buchst. b) CIV 1980) und zum anderen kann sich der Beförderer nicht auf ein Verhalten eines anderen Unternehmens, das dieselbe Eisenbahninfrastruktur benutzt, berufen, um sich von seiner Haftung zu befreien. Der Verzicht auf den Haftungsbefreiungsgrund „ein Verhalten des Reisenden, das nicht dem gewöhnlichen Verhalten von Reisenden entspricht“, wurde mit der Rücksichtnahme auf behinderte Reisende begründet. Dem Interesse von Unfallopfern trägt auch die bei der Endredaktion gewählte allgemeine Formulierung Rechnung: „ein anderes Unternehmen, das dieselbe Eisenbahninfrastruktur benutzt“. Das muss nicht ausschließlich ein Eisenbahnbeförderungsunternehmen sein. Der haftende Beförderer kann sich jedoch - ähnlich wie bei seiner Haftung für die durch die Infrastruktur verursachten Schäden - schadlos halten, indem er sein Rückgriffsrecht gegen dieses andere Unternehmen geltend macht. Die Bestimmung, wonach ein Unternehmen, das dieselbe Eisenbahninfrastruktur benutzt, nicht als Dritter gilt, wurde nur in die  CIV aufgenommen;  eine solche Regelung im Bereich der Güterbeförderung gibt es nicht.

Die CIV regeln nur die vertraglichen Beziehungen zwischen dem Beförderer und dem Reisenden. Die Verweisung auf das Landesrecht in Artikel 8 COTIF ist eine Gesamtverweisung, die auch Kollisionsnormen dieses Rechtes einschließt. Es sind also nicht zwangsläufig die Sachnormen des Landesrechtes des anderen Beförderers anzuwenden.

§ 5 präzisiert, welcher der eventuell mehreren Beförderer für den Schaden haftet. Unabhängig von der Frage der Haftung des ausführenden Beförderers hinsichtlich des Reisegepäcks (Art. 39) ist auch eine Haftung des ausführenden Beförderers im Falle von Tötung und Verletzung von Reisenden vorgesehen. Im Hinblick auf die neue Regelung für den Anwendungsbereich der  CIV (Verzicht auf das bisherige Liniensystem) konnte bei der Haftung für Tötung und Verletzung von Reisenden nicht mehr auf die „die Linie betreibende Eisenbahn“ abgestellt werden. Neben dem vertraglichen Beförderer (d.h. Beförderer, der auf Grund des Vertrages die Beförderungsleistung, bei der sich der Unfall ereignet hat, zu erbringen hatte) wird also auch der ausführende Beförderer (d.h. Beförderer, der die Beförderungsleistung, bei der sich der Unfall ereignet hat, tatsächlich erbracht hat) einbezogen. Beide haften solidarisch.

Bei der solidarischen Haftung im Falle eines Gemeinschaftsbetriebes erlischt - ungeachtet der solidarischen Haftung des vertraglichen und des ausführenden Beförderers bei Tötung und Verletzung von Reisenden - auch in Zukunft gemäß Artikel 56 § 7 das Wahlrecht bei der Klageerhebung, sobald die Klage gegen einen der Beförderer des Gemeinschaftsbetriebes eingereicht ist.

Zu Artikel 27

Schadenersatz bei Tötung

Dieser Artikel entspricht inhaltlich dem Artikel 27 CIV 1980. Während Artikel 26 die Haftung dem Grunde nach regelt, das heißt die Frage, ob die Eisenbahn haftet, regeln die Artikel 27 bis 29 die Frage, für welche Tatbestände Ersatz zu leisten ist.

§ 2 gewährt einen Schadenersatzanspruch, nicht einen Unterhaltsanspruch. Dies ist von Bedeutung bei der Bestimmung des anwendbaren Landesrechts.

Zu Artikel 28

Schadenersatz bei Verletzung

Dieser Artikel entspricht inhaltlich Artikel 28 CIV 1980. Im französischen Text wurde der Begriff „mental“ durch „psychique“ ersetzt, um deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass auch psychische Traumen - einen entsprechenden Kausalzusammenhang vorausgesetzt - zu Schadenersatzansprüchen führen können. 

Zu Artikel 29

Ersatz anderer Personenschäden

Dieser Artikel entspricht inhaltlich Artikel 29 CIV 1980, in redaktionell vereinfachter Form. Während die Artikel 27 und 28 im wesentlichen materielle Schäden betreffen, geht es in Artikel 29 vor allem um immaterielle Schäden, insbesondere um Schmerzensgeldansprüche (pretium doloris). Wie Artikel 29 CIV 1980, der den umfassenden Ausdruck „andere Personenschäden“ verwendet, aber zusätzlich diese Schäden beispielhaft erwähnt, verwendet auch der neue Text die Terminologie „andere Personenschäden“.

Zu Artikel 30

Form und Höhe des Schadenersatzes bei Tötung und Verletzung

Dieser Artikel entspricht inhaltlich Artikel 30 CIV 1980. Der Titel spricht zu Recht nicht mehr von „Beschränkung“, sondern von „Höhe“ des Schadenersatzes. Der in § 2 festgelegte Betrag enthält keine Beschränkung der Entschädigung, sondern setzt einen Mindestbetrag für den Fall fest, dass das anwendbare Landesrecht eine Beschränkung des Schadenersatzes der Höhe nach vorsieht und der entsprechende Betrag niedriger ist als 175 000 Rechnungseinheiten.

Zu Artikel 31

Andere Beförderungsmittel

Der Konzeption der einheitlichen Haftung nach Eisenbahnbeförderungsrecht bei Beförderungen, die auf Grund eines einzigen Beförderungsvertrages Beförderungen mit anderen Transportmitteln miteinbeziehen, wurde nicht vollständig gefolgt. Nur im Falle von Ersatzbeförderungen mit anderen Beförderungsmitteln (bei vorübergehender Unterbrechung des Eisenbahnbetriebs) wurde die strengere Haftung nach Eisenbahnrecht auch für den Beförderungsteil des anderen Transportmittels normiert (§ 3).  Aus Sicht des Reisenden kann dies als ein Fortschritt gegenüber den  CIV 1980 angesehen werden.

Hingegen soll in den Fällen, in denen hingegen schon bei Abschluss des Beförderungsvertrags die Beförderung mit einem anderen Beförderungsmittel vereinbart wurde, das Recht des jeweiligen anderen Verkehrsträgers nach wie vor maßgebend sein (§ 1). Dies ist innerhalb der  CIV ein Systembruch, wenn für ergänzende Beförderungen mit anderen Verkehrsmitteln, die Gegenstand eines einzigen Vertrages sind, zwar alle anderen Bestimmungen der  CIV gelten sollen, aber für die Haftung nicht die  CIV, sondern andere Rechtsordnungen maßgebend sein sollen. Ein vergleichbarer Systembruch ist in den  CIM nicht enthalten.

Was auf Fährschiffen beförderte Eisenbahnwagen betrifft (§ 2), wurde ebenfalls die Regelung der  CIV 1980 übernommen (vgl. Art. 33 CIV 1980).

Kapitel II

Haftung bei Nichteinhaltung des Fahrplans

Zu Artikel 32

Haftung bei Ausfall, Verspätung und Anschlussversäumnis

Mit Artikel 32 wird der Versuch unternommen, so genannte Verspätungsschäden zum Gegenstand von Ersatzansprüchen zu machen.  Bei Artikel 32 handelt es sich vorerst lediglich um den Einstieg in eine gesetzlich vorgeschriebene Haftung: Es ist eine objektive Haftung des Beförderers mit im Einzelnen aufgezählten Haftungsbefreiungsgründen vorgesehen; demgegenüber sind die Ersatzansprüche auf angemessene Kosten der Übernachtung des Reisenden und der Benachrichtigung der den Reisenden erwartenden Personen beschränkt. Nicht ausdrücklich vorgesehen ist dagegen etwas an sich selbstverständliches, nämlich ein Anspruch auf Erstattung einer Reservierungsgebühr, wenn der reservierte Platz wegen Verspätung usw. nicht in Anspruch genommen werden kann. Die Haftungsbefreiungsgründe (§ 2) wurden entsprechend Artikel 26 formuliert. Der Beförderer kann sich auch hier nicht von seiner Haftung dadurch befreien, indem er sich auf ein Verhalten eines anderen dieselbe Eisenbahninfrastruktur benutzenden Unternehmens beruft. Das Rückgriffsrecht gegen ein solches Unternehmen bleibt ihm jedoch unbenommen.

Aus der Sicht der Kundschaft muss die gefundene Minimallösung nach wie vor unbefriedigend erscheinen. Verspätungen im Reiseverkehr stellen eine typische Schlechterfüllung des Beförderungsvertrages dar. In zahlreichen Rechtsordnungen berechtigt eine Schlechterfüllung zur Minderung der Gegenleistung, das hieße hier des Beförderungsentgeltes.

Der Vorbehalt betreffend Artikel 44 dient der Klarstellung, dass die Sonderbestimmungen dieses Artikels für die Beförderung von Fahrzeugen ebenfalls zwingend sind. Für den Ersatz allfälliger anderer Schäden gilt Landesrecht.

Kapitel III

Haftung für Handgepäck, Tiere, Reisegepäck und Fahrzeuge

Abschnitt 1

Handgepäck und Tiere

Zu Artikel 33

Haftung

Aus systematischen Gründen wurden die Bestimmungen über die Haftung des Beförderers für Schäden an Sachen, die der Reisende an sich trägt, am Handgepäck und an Tieren im Abschnitt 1 zusammengefasst. Treten solche Schäden im Zusammenhang mit einer Tötung oder Verletzung des Reisenden auf, gilt weiterhin die objektive Haftung des Beförderers, wie sie in Artikel 26 § 1 Abs. 2 CIV 1980 vorgesehen ist, mit den möglichen Haftungsbefreiungsgründen. Die Bestimmung wurde in Artikel 33 integriert, wobei im Übrigen Artikel 26 analog anzuwenden ist (§ 1).

Für Schäden an Sachen, die der Reisende an sich trägt, an mitgenommenem Handgepäck und an Tieren, die nicht im Zusammenhang mit der Tötung und Verletzung des Reisenden entstehen, gilt weiterhin die Verschuldenshaftung. In den neuen § 2 wurde die Regelung der Verschuldenshaftung aus Artikel 47 §§ 2 und 3 CIV 1980 übernommen.

Zu Artikel 34

Beschränkung des Schadenersatzes bei Verlust oder Beschädigung von Sachen

Infolge der neuen systematischen Ordnung (Zusammenfassung der Bestimmungen betreffend die Haftung des Beförderers für Schäden an Sachen, die der Reisende an sich trägt, und für Handgepäck und Tiere,) wurde diese aus Artikel 31 CIV 1980 übernommene und entsprechend angepasste Bestimmung auch in diesen Abschnitt aufgenommen.

Der Haftungshöchstbetrag wurde verdoppelt; damit wird nicht nur der Realwertverlust der Rechnungseinheit ausgeglichen, sondern eine geringfügige reale Erhöhung des Höchstbetrages erreicht.

Zu Artikel 35

Ausschluss der Haftung

Es wird die entsprechende, an sich selbstverständliche Regelung aus Artikel 24 CIV 1980 übernommen.

Abschnitt 2

Reisegepäck

Zu Artikel 36

Haftungsgrund

Zu Artikel 37

Beweislast

Der in Artikel 36 festgelegte Haftungsgrund bei der Beförderung von Reisegepäck entspricht weitgehend dem Haftungsgrund bei der Beförderung von Gütern (Art. 23 CIM): § 1 legt den Grundsatz der objektiven Haftung für die aufgezählten Tatbestände fest; sie umfassen die Haftung für Schäden, die durch den Betrieb der Eisenbahn (d.h. Beförderungs- und Infrastruktur“betrieb“) verursacht sind. Die §§ 2 und 3 sind in Verbindung mit der Beweislastregelung in Artikel 37 zu lesen. Während bei den in § 2 aufgezählten Befreiungsgründen der Beförderer den kausalen Zusammenhang des geltend gemachten Grundes mit dem Eintritt des Schadens beweisen muss, um sich zu befreien, genügt bei den in § 3 aufgezählten Gründen die Darlegung der Möglichkeit eines solchen Zusammenhangs (privilegierte Haftungsbefreiungsgründe).

Zu Artikel 38

Aufeinander folgende Beförderer

Die Regelung entspricht der des Artikels 26 CIM.

Zu Artikel 39

Ausführender Beförderer

Es wurde der Wortlaut des  Artikels 27 CIM übernommen. Der Begriff „ausführender Beförderer“ ist in Artikel 3 Buchst. b) definiert.

Zu Artikel 40

Vermutung für den Verlust

Dieser Artikel übernimmt die Regelung des Artikels 37 CIV 1980.

Zu Artikel 41

Entschädigung bei Verlust

Die Regelung entspricht Artikel 38 CIV 1980.

Der Höchstbetrag bei Verlust, wenn die Höhe des Schadens nachgewiesen ist (Art. 41 § 1 Buchst. a), wurde mit 80 Rechnungseinheiten je Kilogramm oder 1200 Rechnungseinheiten je Gepäckstück festgelegt, sodass eine gewisse reale Erhöhung der Höchstgrenze erreicht wird.

Der Höchstbetrag bei Verlust, wenn die Höhe des Schadens nicht nachgewiesen ist (Art. 41 § 1 Buchst. b), wurde verdoppelt.  Der Höchstbetrag von 20 Rechnungseinheiten (statt 10 Rechnungseinheiten) je Kilogramm oder 300 Rechnungseinheiten (statt 150 Rechnungseinheiten) je Gepäckstück bedeutet ebenfalls eine reale Erhöhung des Höchstbetrages, allerdings in geringerem Ausmaß als im Falle nachgewiesener Schäden.

Zu Artikel 42

Entschädigung bei Beschädigung

Dieser Artikel entspricht Artikel 39 CIV 1980.

Zu Artikel 43

Entschädigung bei verspäteter Auslieferung

Dieser Artikel entspricht, mit Ausnahme der Haftungshöchstbeträge, inhaltlich Artikel 40 CIV 1980.

Die Haftungshöchstbeträge wurden verdoppelt. Damit wird eine reale Erhöhung im selben Ausmaß erreicht wie im Falle von Verlust, wenn ein Schaden nicht nachgewiesen ist. 

Abschnitt 3

Fahrzeuge

Zu Artikel 44

Entschädigung bei Verspätung

Zu Artikel 45

Entschädigung bei Verlust

Zu Artikel 46

Haftung hinsichtlich anderer Gegenstände

Zu Artikel 47

Anwendbares Recht

Die Bestimmungen betreffend die Entschädigung bei verspäteter Ablieferung und bei Verlust eines Fahrzeuges sowie die Haftung hinsichtlich der im Fahrzeug untergebrachten Gegenstände wurden aus Artikel 41 §§ 1 bis 4 CIV 1980 übernommen, angepasst und in getrennte Artikel gegliedert. Für die Haftung bei Beschädigung eines Fahrzeugs gelten gemäß Artikel 47 die Bestimmungen über die Haftung bei Beschädigung des Reisegepäcks (Art. 42).

Nach wie vor (vgl. Art. 41 § 4 CIV 1980) haftet der Beförderer hinsichtlich der im Fahrzeug untergebrachten Gegenstände nur bei Verschulden; neu werden die Gegenstände, die sich in Behältnissen (z.B. Gepäckbehältern oder Skiboxen) befinden, die fest am Fahrzeug angebracht sind, den im Fahrzeug untergebrachten Gegenständen gleichgestellt (§ 1). Für Gegenstände, die außerhalb eines aus Anlass einer Personenbeförderung beförderten Fahrzeuges, jedoch nicht geschützt durch solche Behältnisse, untergebracht sind, und für die erwähnten Behältnisse selbst haftet der Beförderer nur bei qualifiziertem Verschulden im Sinne des Artikels 46 § 2.

Durch die 1990 beschlossene Erhöhung des Höchstbetrages der Entschädigung bei Verlust ist zwar der Realwertverlust in der Zeit von 1980 bis heute insgesamt ausgeglichen, de facto tritt aber eine Verschlechterung ein: Der reale Wert des Höchstbetrages im Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen  CIV wird geringer sein als der reale Wert im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Protokolls 1990. Der Beförderer kann allerdings freiwillig seine Haftung erhöhen (Art. 5).

Kapitel IV

Gemeinsame Bestimmungen

Zu Artikel 48

Verlust des Rechtes auf Haftungsbeschränkung

Die Regelung des Artikels 42 CIV 1980 in der Fassung des Protokolls 1990 wurde übernommen.

Zu Artikel 49

Umrechnung und Verzinsung

Diese Bestimmung wurde inhaltlich unverändert aus Artikel 43 CIV 1980 in der Fassung des Protokolls 1990 übernommen. Der Betrag der Bagatellgrenze in § 4 wurde erneut verdoppelt und damit zum Nachteil des Kunden verändert.

Zu Artikel 50

Haftung bei nuklearem Ereignis

Die Regelung des Artikels 44 CIV 1980 wurde unverändert übernommen.

Zu Artikel 51

Personen, für die der Beförderer haftet

Diese Bestimmung stellt klar, dass der Betreiber der Eisenbahninfrastruktur als Erfüllungsgehilfe des Beförderers und daher als Person, für deren Handlungen und Verrichtungen der Beförderer haftet, angesehen wird. Zur Begründung siehe die Bemerkungen zu Artikel 40 CIM.

Zu Artikel 52

Sonstige Ansprüche

Diese Bestimmung wurde unverändert aus Artikel 46 CIV 1980 übernommen. Sie entspricht dem Artikel 41 CIM.

Titel V

Haftung des Reisenden

Zu Artikel 53

Besondere Haftungsgründe

Im Gegensatz zu den entsprechenden Bestimmungen der  CIV 1980 (Art. 22 § 1 und Art. 15 § 6) wird für die zwei besonderen in den  CIV geregelten Fälle der Haftung des Reisenden derselbe Haftungsgrund festgelegt, nämlich Haftung für vermutetes Verschulden mit der Möglichkeit, sich von dieser Haftung zu befreien. Die bisherige Differenzierung zwischen einer streng objektiven Haftung im Falle der Nichtbeachtung gewisser Bestimmungen der  CIV (Art. 22 § 1 CIV 1980) und einer Verschuldenshaftung mit umgekehrter Beweislast für Schäden, die durch mitgenommene Gegenstände und Tiere verursacht werden (Art. 15 § 6 CIV 1980), wurde nicht mehr für angebracht gehalten; dies umso mehr, als in einigen Mitgliedstaaten die Haftung nach Artikel 22 § 1 CIV 1980 als eine objektive Haftung ohne Befreiungsmöglichkeit ausgelegt wird.

Artikel 53 sanktioniert die Verletzung bestimmter Pflichten der Reisenden, darunter auch der Pflichten, die sich aus den besonderen Bestimmungen der Allgemeinen Beförderungsbedingungen für die Beförderung von Fahrzeugen ergeben.  Die Aufzählung ist nicht als erschöpfend anzusehen. Dies soll durch die Überschrift „Besondere Haftungsgründe“ zum Ausdruck gebracht werden. Die Haftung des Reisenden bei Verletzung anderer Pflichten würde sich nach Landesrecht richten.

Um dem Reisenden nicht schon bei der geringfügigsten Unregelmäßigkeit eine strenge Haftung aufzuerlegen, wurde die Befreiungsmöglichkeit  erweitert, indem ein allgemein formulierter Haftungsbefreiungsgrund aufgenommen wurde, der als Maßstab „die von einem gewissenhaften Reisenden geforderte Sorgfalt“ setzt.

Titel VI

Geltendmachung von Ansprüchen

Zu Artikel 54

Feststellung eines teilweisen Verlustes oder einer Beschädigung

Der Wortlaut des Artikels 54 CIV entspricht dem Wortlaut des Artikels 42 CIM.

Zu Artikel 55

Reklamationen

Der aus Artikel 49 CIV 1980 weitgehend übernommene Wortlaut wurde zum einen vereinfacht und zum anderen an den Fall angepasst, dass ein einziger Beförderer eine internationale Beförderungsleistung erbringt.

Im Falle einer Beförderung durch aufeinander folgende Beförderer können Reklamationen betreffend die Haftung bei Tötung und Verletzung von Reisenden auch bei dem Beförderer eingereicht werden, der im Staat des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltes des Reisenden seine Hauptniederlassung oder die Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle hat, durch die der Beförderungsvertrag geschlossen worden ist. Der Wortlaut dieser Bestimmung bringt klar zum Ausdruck, dass die Handlung der Geschäftsstelle eine Handlung des Beförderers selbst sein muss: Es darf sich nicht nur um eine Vermittlung beim Abschluss des Beförderungsvertrages handeln. Zum Begriff „Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle“ siehe  Bemerkungen zu Artikel 46 CIM.

Im übrigen wurde das bisherige Reklamationsverfahren und die bisherigen Rechtsfolgen der Reklamation (für die Verzinsung s. Art. 49 und für die Hemmung der Verjährung s. Art. 60 § 4) beibehalten.

Zu Artikel 56

Beförderer, gegen die Ansprüche gerichtlich geltend gemacht werden können

Diese Bestimmung entspricht im Wesentlichen Artikel 51 CIV 1980. Ähnlich wie Artikel 45 § 6 CIM ist in Artikel 56 § 6 auch der ausführende Beförderer ausdrücklich erwähnt. Da der Mindestinhalt des Gepäckscheines (Art. 17) bzw. des Beförderungsscheines (Art. 24) die Angabe der Beförderer einschließt, können die gemäß §§ 2 und 3 passivlegitimierten Beförderer identifiziert werden. Es versteht sich von selbst, dass ein Beförderer nur mit seiner Zustimmung in den Gepäckschein bzw. in den Beförderungsschein eingetragen werden darf.  Dass dies in der Praxis sichergestellt ist, haben die Eisenbahnbeförderer untereinander zu vereinbaren. Wegen der Parallelität mit den Regelungen betreffend den Güterverkehr wurde Artikel 56 § 3 jedoch analog zu Artikel 45 § 2 CIM formuliert.

Zu Artikel 57

Gerichtsstand

Die Regelung des Gerichtsstandes wurde entsprechend Artikel 46 CIM gestaltet, jedoch mit dem Unterschied, dass auf die  CIV gegründete Ansprüche nur vor den Gerichten der Mitgliedstaaten geltend gemacht werden können. Diese Einschränkung wurde bei den  CIV - im Gegensatz zu den  CIM - wegen des bei Personenschäden in großem Umfang anwendbaren Landesrechtes (lex fori) für notwendig gehalten.  Die neue Überschrift dieses Artikels stellt eine redaktionelle Verbesserung dar (vgl. Art. 52 CIV 1980).

Zu Artikel 58

Erlöschen der Ansprüche bei Tötung und Verletzung

Dieser Artikel entspricht Artikel 53 CIV 1980, wobei die Frist in § 1, innerhalb welcher der Unfall des Reisenden dem Beförderer angezeigt werden muss, von sechs auf zwölf Monate verlängert wurde.

Zu Artikel 59

Erlöschen der Ansprüche bei Beförderung von Reisegepäck

Diese Bestimmung entspricht im Wesentlichen Artikel 54 CIV 1980. Gemäß § 2 Buchst. d) wird jedoch nur noch der Nachweis des - einfachen - Verschuldens des Beförderers verlangt, während nach den  CIV 1980 der Berechtigte den Vorsatz oder die grobe Fahrlässigkeit der Eisenbahn nachzuweisen hat. Auch die parallele Bestimmung der  CIM, Artikel 47 § 2 Buchst. d), verlangt den Nachweis qualifizierten Verschuldens. Damit geht der Schutz der Reisenden weiter als der Schutz der Kunden bei Güterbeförderungen.

Zu Artikel 60

Verjährung

Diese Bestimmung entspricht Artikel 55 CIV 1980; § 3 wurde jedoch nach dem Muster des Artikels 48 § 2 CIM vereinfacht.

Titel VII

Beziehungen der Beförderer untereinander

Zu Artikel 61

Aufteilung des Beförderungspreises

Diese Bestimmung entspricht inhaltlich Artikel 56 CIV 1980, wurde jedoch redaktionell angepasst; nach dem Vorbild des Artikels 49 CIM wurde ein neuer § 2 angefügt, aus dem hervorgeht, dass den Beförderungsdokumenten im Verhältnis der aufeineinanderfolgenden Beweiswirkung zukommt.

Zu Artikel 62

Rückgriffsrecht

Diese Bestimmung entspricht inhaltlich Artikel 57 CIV 1980.

Zu Artikel 63

Rückgriffsverfahren

Artikel 63 entspricht im Wesentlichen Artikel 59 CIV 1980. Er umfasst allerdings darüber hinaus auch eine Zuständigkeitsregelung (vgl. Art. 60 CIV 1980) und ist somit ähnlich wie Artikel 51 CIM gestaltet, das heißt weiter als bisher gefasst: Nicht nur das Gericht des Sitzes des Eisenbahnbeförderers, gegen den Rückgriff genommen wird, ist für Rückgriffsklagen zuständig, sondern je nach Wahl des Klägers das Gericht des Staates, in dem einer der beteiligten Beförderer seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seine Hauptniederlassung oder die Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle hat, durch die der Beförderungsvertrag geschlossen worden ist. Da nicht beabsichtigt war, eine Anpassung der Einheitlichen Rechtsvorschriften an die parallelen Bestimmungen anderer internationaler Übereinkommen  um den Preis einer Verschlechterung der Lage der Berechtigten vorzunehmen, wurde § 6  wieder angefügt (vgl. Art. 64 § 5 CIV 1980). Diese Bestimmung verhindert, dass Rückgriffsverfahren das vom Berechtigten angestrengte Entschädigungsverfahren verzögern.

Zu Artikel 64

Vereinbarungen über den Rückgriff

Artikel 64 entspricht im Wesentlichen Artikel 61 CIV 1980; Abweichungen von Verfahrensregeln öffentlich-rechtlicher Natur (Art. 63) sind jedoch nicht zulässig.

Einheitliche Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale
Eisenbahnbeförderung von Gütern (CIM)
(Anhang B zum Übereinkommen)

Titel I

Allgemeine Bestimmungen

Zu Artikel 1

Anwendungsbereich

Die  CIM regeln wie bisher den internationalen Eisenbahngüterbeförderungsvertrag. Andere Typen von Verträgen im Zusammenhang mit der Beförderung von Gütern wie z.B. der Speditionsvertrag, der Chartervertrag, die Miete von Beförderungsmitteln u.s.w. werden in den  CIM nicht geregelt. Entscheidend für die Anwendung der  CIM ist, welchen Vertrag die Parteien im konkreten Einzelfall schließen wollten. Der Frachtbrief dient dabei als Beweismittel.

Die künftigen  CIM werden gemäß § 1 nur für Verträge über die entgeltliche Beförderung gelten, wie dies auch Artikel 1 Abs. 1 CMR vorsieht. Auf unentgeltliche Hilfsgütersendungen sind die  CIM daher nicht zwingend anwendbar (vgl. auch Art. 6 § 1, der den Beförderer nur verpflichtet, das Gut gegen Entgelt zu befördern), ihre Anwendung kann aber (vertraglich) vereinbart werden.

§ 1 sieht vor, dass die  CIM zwingend für jeden Vertrag über die entgeltliche Beförderung von Gütern auf der Schiene gelten, wenn der Ort der Übernahme des Gutes zur Beförderung und der für die Ablieferung vorgesehene Ort in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten liegen. Wenn hingegen der Ort der Übernahme des Gutes zur Beförderung und der für die Ablieferung vorgesehene Ort in zwei verschiedenen Staaten liegen, von denen nur einer Mitgliedstaat ist, können die Parteien des Vertrages vereinbaren, dass der Vertrag den  CIM unterliegt (§ 2). Diese Lösung wird es erlauben, dass auch im Verkehr von und nach SMGS-Staaten Verträge über eine durchgehende Beförderung auf der Grundlage der  CIM geschlossen werden.

Eine solche Vereinbarung kann durch Verwendung des CIM-Frachtbriefes erfolgen. Die Benutzung des CIM-Frachtbriefes ist eine hinreichende, aber nicht eine notwendige Bedingung.

Im wesentlichen anerkennen alle Rechtsordnungen den Grundsatz, dass die Parteien das Recht wählen können, das auf einen internationalen zivilrechtlichen oder handelsrechtlichen Vertrag anzuwenden ist. Dabei kann allerdings die materielle Wahlfreiheit dadurch eingeschränkt sein, dass zwingende Bestimmungen des materiellen Rechtes eines Staates  nicht durch eine abweichende Parteienvereinbarung ersetzt werden können. Ob und wieweit dies der Fall ist, ist nach der lex fori zu beurteilen. Daraus könnte sich in einzelnen Fällen bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus den  CIM in Nichtmitgliedstaaten eine Rechtsunsicherheit ergeben, insbesondere hinsichtlich der Verjährung.

Damit eine Rechtswahl durch die Parteien des Vertrages vom Landesrecht anerkannt wird, ist eine entsprechende Auslandsberührung des Vertrages erforderlich. Diese ist bei Verträgen über die internationale Beförderung von Gütern, die den  CIM unterliegen sollen, zweifellos gegeben.

Die Möglichkeit der vertraglichen Wahl des Rechtsregimes der  CIM kann daher vorgesehen werden, ohne dass dadurch ein Konflikt mit bestehenden völkerrechtlichen Grundsätzen oder Übereinkommen entsteht. Eine vergleichbare Regelung des Anwendungsbereiches findet sich in Artikel 2 § 1 Buchst. e) der Hamburger Regeln über die internationale Beförderung von Gütern im Seeverkehr.

Ein Widerspruch zum SMGS liegt nicht vor, da der Anwendungsbereich des SMGS gemäß seinem Artikel 1 auf direkte Beförderungen durch die Eisenbahnen der SMGS-Staaten beschränkt ist, also Eisenbahnbeförderungen von Gütern, die auch durch Eisenbahnen von Nicht-SMGS-Staaten durchgeführt werden, nicht erfasst. Die vom Revisionsausschuss beschlossene und von der 5. Generalversammlung angenommene Formulierung des § 2 zwingt die Parteien des Beförderungvertrages nicht, die  CIM anzuwenden. Sie können stattdessen auch - wie es bisher im Ost-West-Verkehr nötig ist - mehrere Beförderungsverträge abschließen.

Ob die Eisenbahnen des SMGS-Bereiches als aufeinander folgende Beförderer nach Artikel 26 oder als ausführende Beförderer nach Artikel 27 tätig werden, hängt davon ab, wie die beteiligten  Eisenbahnbeförderer ihr Verhältnis untereinander vertraglich gestalten.

Die CIM sollen  auf durchgehende internationale Eisenbahngüterbeförderungsverträge grundsätzlich unabhängig von einem System eingetragener Linien anwendbar sein. Eine Ausnahme ist lediglich für Beförderungen, die Beförderungen zur See oder grenzüberschreitende Beförderungen auf Binnengewässern einschließen, vorgesehen (§ 4).

Der von Artikel 1 künftig erfasste Beförderungsvertrag ist von dem durch das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) geregelten Vertrag, der "die entgeltliche Beförderung von Gütern auf der Straße mittels Fahrzeugen" zum Gegenstand hat, verschieden. Voraussetzung ist selbstverständlich, dass die Beförderung auf der Schiene und die ergänzende Straßenbeförderung Gegenstand eines einzigen Vertrages über die durchgehende Beförderung sind.

Die Formulierung "in Ergänzung" soll zum Ausdruck bringen, dass Hauptgegenstand des Vertrages die grenzüberschreitende Eisenbahnbeförderung ist. Das bedeutet, dass grundsätzlich bei den in § 3 geregelten ergänzenden Beförderungen die Schienenbeförderung grenzüberschreitend sein muss, andernfalls die  CIM keine Anwendung finden. Im Einzelnen:

Bei Beförderungen mit Fahrzeugen auf der Straße, die zusätzlich zur Beförderung auf der Schiene ausgeführt werden, ist es notwendig, dass

-       die Eisenbahnbeförderung grenzüberschreitend ist und

-       die ergänzende Straßenbeförderung ausschließlich eine Binnenbeförderung ist.

Bei Beförderungen, die zusätzlich zur Beförderung auf der Schiene auf Binnengewässern ausgeführt werden, ist es notwendig, dass

-       die Eisenbahnbeförderung grenzüberschreitend ist und

-       die Beförderung mit Binnenschiffen im Binnenverkehr erfolgt, sofern es sich nicht um eine Beförderung auf einer eingetragenen Binnenschifffahrts-Linie handelt (s. § 4).

Bei Beförderungen, die zusätzlich zur Beförderung auf der Schiene auch zur See oder auf Binnengewässern auf eingetragenen Linien durchgeführt werden (§ 4), kann

-       die Eisenbahnbeförderung eine Binnenbeförderung sein und die ergänzende Schiffsbeförderung zur See oder auf Binnengewässern grenzüberschreitend oder

-       die Eisenbahnbeförderung grenzüberschreitend und die ergänzende Schiffsbeförderung entweder grenzüberschreitend oder eine Beförderung im Binnenverkehr zur See (z.B. Küstenschifffahrt) sein.

Im Verhältnis zu § 3 ist die Regelung in § 4 lex specialis. Im Interesse der Rechtsklarheit ist bei grenzüberschreitenden Beförderungen auf Binnengewässern eine Eintragung von Linien gefordert, um so - wie nach den  CIM 1980 im Verhältnis zum Seerecht - Konflikte mit einem künftigen Übereinkommen über internationale Binnenschifffahrtsbeförderungen auszuschließen. Wegen der grundsätzlich verschiedenen Konzeption des Seebeförderungsrechtes wird ebenfalls im Interesse der Rechtsklarheit wie bisher die Eintragung von Linien selbst bei ergänzenden Binnenbeförderungen zur See verlangt.

Voraussetzung ist in allen Fällen, dass die gesamte Beförderung, also die Beförderung auf der Schiene und die ergänzende Beförderung mit anderen Beförderungsmitteln, Gegenstand eines einzigen Vertrages ist.

In den Fällen ergänzender Beförderungen mit anderen Beförderungsmitteln soll die Anwendung der  CIM zwingend vorgesehen werden und nicht der Parteienvereinbarung überlassen bleiben, da es sich in allen Fällen um grenzüberschreitende Beförderungen handelt, deren Hauptbestandteil eine Beförderung auf der Schiene ist.

Soweit Eisenbahnverkehrsunternehmen Anfangs- und Endtransporte auf der Straße nicht selbst durchführen, sondern hierfür Straßenverkehrsunternehmen in Anspruch nehmen, sind diese nicht ausführende Beförderer im Sinne des Artikels 27, sondern Hilfspersonen gemäß Artikel 40. Dies wird durch die Worte „auf der Schiene“ in Artikel 3 Buchst. b) klargestellt. 

Gemäß Artikel 1 § 1 CIM 1980 ist die Verwendung eines CIM-Frachtbriefes noch konstituierendes Element für die Anwendbarkeit der  CIM. Dies soll in Zukunft nicht mehr der Fall sein, da auch der internationale Eisenbahnbeförderungsvertrag  ein Konsensualvertrag sein soll.

§ 5 regelt den Fall von Beförderungen, die nicht als internationale Beförderungen anzusehen sind, weil der auf dem Gebiet des Nachbarstaates gelegene Bahnhof nicht vom Nachbarstaat oder von einem diesem Staat angehörigen Unternehmen betrieben wird, sondern von staatlichen oder nichtstaatlichen Stellen, die demselben Staat angehören wie das Beförderungsunternehmen.  Solche Beförderungen sollen weiterhin dem Landesrecht und nicht den  CIM unterliegen.

Es wurde die Möglichkeit vorgesehen, einen Vorbehalt zum Anwendungsbereich der  CIM anzubringen.  Diesen Vorbehalt betreffend den Anwendungsbereich sollen allerdings nur Staaten erheben können, die „einem anderen vergleichbaren internationalen Übereinkommen über die durchgehende Eisenbahnbeförderung“ angehören. Das SMGS vom 1. November 1951 stellt ein solches vergleichbares Übereinkommen dar.

Bei der redaktionellen Überarbeitung wurden nur die Worte „bei der Hinterlegung der Beitrittsurkunde“ beibehalten, da für die in Betracht kommenden Staaten lediglich ein Beitritt zum COTIF möglich ist. Gemäß Artikel 5 des Änderungsprotokolls 1999 kann ein solcher Vorbehalt auch von einem Staat, der dem COTIF bereits vor Inkrafttreten der geänderten Fassung angehört, jederzeit auf Grund des Änderungsprotokolls vor seinem Inkrafttreten angebracht werden. Gemäß Artikel 42 § 2 COTIF wird ein derartiger Vorbehalt mit Inkrafttreten des Änderungsprotokolls wirksam.

Der Teil der Eisenbahninfrastruktur, auf dem internationale Beförderungen den  CIM unterstellt sind, muss genau bezeichnet sein und an die Eisenbahninfrastruktur eines Mitgliedstaates anschließen. Auch sind die  CIM nicht auf internationale Beförderungen anzuwenden, die außerhalb der bezeichneten Eisenbahninfrastruktur beginnen oder enden, ausgenommen Transitverkehre, die den  CIM unterliegen.

Der Vorbehalt entfällt, wenn seine Voraussetzung nicht mehr gegeben ist, das heißt das Übereinkommen, das die Sonderregelung rechtfertigt, für den betreffenden Staat außer Kraft tritt.

zu Artikel 2

Öffentlich-rechtliche Vorschriften

Die Pflicht zur Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften versteht sich von selbst. Die Bestimmung hat nur deklaratorischen Charakter und wurde in Hinblick auf die Tatsache eingefügt, dass sich das Zollrecht der EG auf einige Bestimmungen der  CIM abstützt. Auch Artikel 4 des neuen Anhanges C (RID) enthält in Anlehnung an Artikel 5 des Europä­ischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) eine vergleichbare Bestimmung.

Die 5. Generalversammlung ergänzte diese Bestimmung durch einen ausdrücklichen Hinweis auf die Vorschriften des Tierschutzrechtes.

Zu Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Die Definition des Begriffes „Beförderer“  stellt klar, dass mit Beförderer stets der vertragliche Beförderer, einschließlich der aufeinander folgenden Beförderer, gemeint ist und nicht der ausführende Beförderer, der mit dem Absender keinen Beförderungsvertrag geschlossen hat (Buchst. a).

Es wurde die Begriffsbestimmung des „ausführenden Beförderers“ durch Einfügung der Wörter „die Durchführung der Beförderung auf der Schiene“ ergänzt. Damit wird vermieden, dass diese Begriffsbestimmung dazu führt, Straßenverkehrsunternehmen, die Anfangs- oder Endtransporte in Ergänzung einer Schienenbeförderung durchführen, als ausführende Beförderer im Sinne des Artikels 27 anzusehen, die selbstständig haften und gemäß Artikel 45 § 6 verklagt werden können. Solche Straßenverkehrsunternehmen sind vielmehr Hilfspersonen im Sinne des Artikels 40.

Der Ausdruck „in jedem Staat zu Recht bestehenden“ in Buchstabe b) schließt das Erfordernis einer gehörigen Kundmachung ein, sofern eine solche Kundmachung nach Landesrecht gefordert wird. Dies ist allerdings nicht in allen Mitgliedstaaten der Fall.

Mit dem Wortlaut „geworden sind“ wird klargestellt,  dass die Bedingungen erfüllt sein müssen, die notwendig sind, damit die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Vertrag einbezogen werden.

Die Begriffsbestimmung „intermodale Transporteinheit“  erleichtert insbesondere die Abfassung von Artikel 7 § 1 Buchst. l), Artikel 23 § 3 Buchst. a), Artikel 30 § 3 und Artikel 32 § 3.

Zu Artikel 4

Abweichungen

§ 1 erlaubt den Mitgliedstaaten, besondere Abkommen für den Verkehr zwischen Grenzbahnhöfen zu schließen.

Mangels Eintragung in die Liste der Linien finden derzeit die  CIM 1980 auf Beförderungen mit den so genannten Pendelzügen (Shuttle) im Ärmelkanaltunnel keine Anwendung. In Hinkunft wird es keiner Eintragung von Linien mehr bedürfen. Die  CIM wären daher auf die Beförderung mit diesen Pendelzügen, bei denen der Abgangs- und der Bestimmungsort in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten liegt, zwingend anzuwenden. Die Mitgliedstaaten werden ermächtigt, für solche Beförderungen Abweichungen zu vereinbaren. Dem soll die Formulierung in § 1 Rechnung tragen.

Sendungen, deren Versand- und Bestimmungsbahnhof im Gebiet desselben Mitgliedstaates liegen und die das Gebiet eines anderen Staates nur im Durchgang berühren,  fallen gemäß Artikel 1 § 1 nicht in den Anwendungsbereich der  CIM. Es wurde in § 2 die Möglichkeit abweichender Vereinbarungen für den Transit durch Nichtmitgliedstaaten geschaffen.

 

Zu Artikel 5

Zwingendes Recht

Der grundsätzlich zwingende Rechtscharakter der  CIM 1980 war stets unbestritten, obwohl sie keine dem Artikel 41 CMR entsprechende Bestimmung enthalten. Nunmehr wurde aus Gründen der Rechtsklarheit, eine solche Bestimmung aufgenommen.

Der letzte Satz erlaubt, dass der Beförderer seine Haftung oder seine Verpflichtungen zu Gunsten der Kunden erweitert. Die Möglichkeit zur Erweiterung der Haftung ist dabei nicht auf die summenmäßigen Höchstbeträge beschränkt.

Titel II

Abschluss und Ausführung des Beförderungsvertrages

Zu Artikel 6

Beförderungsvertrag

In § 1 werden die  Hauptpflichten des Beförderers festgelegt. Dies bedeutet vor dem Hintergrund der Haftungsbestimmungen in Artikel 23 § 1, Artikel 26 und Artikel 27 § 1 eine begrüßenswerte Klarstellung.

Der Zeitpunkt des Überganges der Gefahr betreffend das Gut im Verhältnis Beförderer/Absender oder Empfänger ist durch die Bestimmung über den Zeitraum, innerhalb dessen der Beförderer haftet, in Artikel 23 geregelt (von der Übernahme des Gutes zur Beförderung bis zur Ablieferung). Dieser Zeitpunkt kann vom kaufrechtlichen Zeitpunkt des Überganges der Gefahr abweichen.

Aus § 1 ergibt sich, dass der internationale Eisenbahngüterbeförderungsvertrag künftig ein Konsensual­vertrag ist. Die neue Bestimmung stellt einerseits eine Anpassung an die CMR, andererseits auch eine Anpassung an die Praxis des internationalen Eisenbahngüterverkehrs dar. Nur noch in Ausnahmefällen erfolgen die Annahme des Frachtbriefes und die Annahme des Gutes gleichzeitig. Die neue Regelung berücksichtigt auch die künftige Entwicklung: Die Verwendung elektronischer Frachtdokumente setzt einen Konsensualvertrag voraus.

Auf eine Formulierung, dass der Beförderungsvertrag durch Willenseinigung zwischen Absender und Beförderer zu Stande kommt, wird verzichtet. Einerseits wird eine möglichst enge Anlehnung an Artikel 4 CMR gesucht. Diese Bestimmung hat sich seit Jahrzehnten bewährt. Es bestehen weder in der Rechtsprechung noch in der Lehre die geringsten Zweifel am Rechtscharakter des CMR-Beförderungsvertrages als Konsensualvertrag. Andererseits soll in den  CIM, so wie in der CMR, keine Aussage zu einer Rechtsfrage getroffen werden, die nach den allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts zu lösen ist (insbesondere Zustandekommen der Willenseinigung, Vertragspartner usw.). Für diese gleichwohl wichtige Frage gilt folglich nach wie vor Landesrecht.

Wegen des Charakters des Eisenbahnbeförderungsvertrages als Konsensualvertrag berührt das Fehlen, die Mangelhaftigkeit oder der Verlust des Frachtbriefes weder den Bestand noch die Gültigkeit des Vertrages (§ 2).

Der Frachtbrief ist nach dem Beispiel der CMR nur Beweisdokument. Er bildet den widerlegbaren Beweis für den Abschluss und den Inhalt des Frachtvertrages sowie für die Übernahme des Gutes durch den Beförderer (s. Art. 12). In einzelnen Fällen (Art. 19,  34, 35 und 45 § 2 ) können besondere zusätzliche Eintragungen im Frachtbrief Voraussetzung für die Geltendmachung von Rechtsansprüchen sein und damit konstitutive Wirkung entfalten.

§ 7 enthält eine von der Europäischen Kommission gewünschte Bestimmung, die nicht unmittelbar das Beförderungsrecht betrifft, sondern eine Vorschrift des Zollrechtes darstellt. Sie soll - auch im Interesse der Eisenbahnen - gewährleisten, dass das gemeinschaftliche/gemeinsame vereinfachte Zolltransitverfahren der EG/EFTA weiterhin Anwendung finden kann.

Es wird die Verwendung eines einheitlichen Frachtbriefmusters vorgeschrieben. 

Die Festlegung „einheitlicher Muster der Frachtbriefe“ wird den internationalen Verbänden der Beförderer  überlassen (§ 8).  Diese haben das Einvernehmen mit den Verbänden der Kundschaft und den für Zollfragen zuständigen Stellen, einschließlich der für Zollfragen zuständigen Stellen der EG, herzustellen. „Einvernehmen“ bedeutet in diesem Zusammenhang kein formelles Zustimmungs- oder Genehmigungsverfahren. Den Zollbehörden steht es aber jederzeit frei, unerwünschte Frachtbriefmuster nicht als Zolldokumente anzuerkennen. Die Berücksichtigung der Kundenwünsche liegt im unmittelbaren Interesse der Eisenbahnverkehrsunternehmen.

Während gemäß Artikel 12 § 1 CIM 1980 der Absender einen ordnungsgemäß ausgefüllten Frachtbrief vorzulegen hat, regelt Artikel 6 § 2 diese Frage nicht, sondern überlässt sie nach dem Beispiel der CMR einer Regelung durch Parteienvereinbarung.

Soweit einer bestimmten Ausfertigung des Frachtbriefes, insbesondere dem Frachtbriefdoppel, besondere rechtliche Wirkungen zugeordnet werden - dies ist insbesondere hinsichtlich des Verfügungsrechtes über das Gut und der Voraussetzungen für die Geltendmachung von Ansprüchen der Fall - wird einheitlich die Terminologie „Frachtbrief“ (d.h. Original des Frachtbriefes) und „Frachtbriefdoppel“ (für das Exemplar, das der Absender behält) verwendet. Lediglich in Artikel 11 § 2 wird neben dem Frachtbrief und dem Frachtbriefdoppel das Blatt des Frachtbriefes genannt, welches das Gut begleitet. Während also hinsichtlich der Funktionen der verschiedenen Originalausfertigungen des Frachtbriefes zwischen internationalen Eisenbahn- und internationalen Straßenbeförderungen kein Unterschied besteht, berücksichtigt die für die  CIM gewählte Terminologie weiterhin die traditionellen Bezeichnungen.

§ 3 wurde stärker an Artikel 5 Abs. 1 CMR angelehnt, geht jedoch hinsichtlich des Ersatzes der Unterschrift etwas weiter und enthält keinen Vorbehalt betreffend die Zulässigkeit von Unterschriften in gedruckter Form oder durch Stempel nach Landesrecht.

§ 4 wurde einfacher und damit klarer gefasst als Artikel 11 § 5 Abs. 2 CIM 1980. Eine inhaltliche Änderung ist dadurch nicht erfolgt.

Die Regelung des Artikels 12 § 1 Abs. 2 CIM 1980, wonach für jede Sendung ein Frachtbrief zu verwenden ist, jedoch ein Frachtbrief nur die Ladung eines einzigen Wagens zum Gegenstand haben darf, wurde grundsätzlich übernommen. Abweichungen sind in Zukunft zwischen dem Absender und dem Beförderer zu vereinbaren. Der Ausdruck „Sendung“ hat dieselbe Bedeutung wie in den  CIM 1980.  Eine „Sendung“ bildet beförderungsrechtlich  - und in der Regel auch beförderungstechnisch - eine Einheit.

Da die internationalen Verbände der Beförderer auch künftig die einheitlichen Muster der Frachtbriefe festzulegen haben, sind sie auch berufen, die Sprachen zu bestimmen, in denen die Frachtbriefe auszustellen sind.

§ 9 ersetzt den bisherigen Artikel 8 § 4 Buchst. g) CIM 1980.  Der Grundsatz der gleichen Rechtswirkung gilt für sämtliche Funktionen, jedoch wird das Problem der Beweiskraft als Beispiel besonders hervorgehoben, da in diesem Bereich in verschiedenen Landesrechten die größten Schwierigkeiten bestehen.

Zu Artikel 7

Inhalt des Frachtbriefes

§ 1 enthält für die Parteien des Beförderungsvertrages zwingende Bestimmungen. Die Nichteinhaltung dieser Bestimmungen führt allerdings nicht in allen Fällen automatisch zur Nichtigkeit des Vertrages, sondern allenfalls zu den Rechtsfolgen nach Artikel 8.

Gemäß § 1 Buchst. a) sind Ort und Datum der Ausstellung des Frachtbriefes und gemäß § 1 Buchst. f) die Stelle der Ablieferung im Frachtbrief anzugeben, während bisher der Versandbahnhof (Art. 11 § 1 CIM 1980) und der Bestimmungsbahnhof (Art. 13 § 1 Buchst. a) CIM 1980) in den Frachtbrief einzutragen waren. Die neue Formulierung  erlaubt bei Auf- und Ablieferungen auf Anschlussgleisen und auch bei ergänzenden Beförderungen, z.B. auf der Straße, eine genauere Angabe als bisher. Damit kann in Artikel 17 (Ablieferung) auf eine Regelung entsprechend Artikel 28 § 3 CIM 1980 verzichtet werden. 

Die Bestimmung des § 1 Buchst. p) soll zunächst den Empfänger darauf hinweisen, dass die Beförderung den  CIM unterliegt. Hauptzweck dieser Bestimmung ist außerdem, die Anwendung der privatrechtlichen Bestimmungen der  CIM von Gerichten der Staaten zu erreichen, die nicht Mitgliedstaaten der OTIF sind. Dies soll dadurch geschehen, dass durch eine entsprechende Angabe im Frachtbrief den  CIM der Charakter von Parteienvereinbarungen verliehen wird. Angesichts der Umschreibung des Geltungsbereiches in Artikel 1 § 2 und der Gerichtsstandsregelung in Artikel 46 kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass Gerichte in Nichtmitgliedstaaten von den Streitparteien angerufen werden. Diese Gerichte müssen in Hinblick auf § 1 Buchst. p) die  CIM dann anwenden, wenn die Regeln ihres internationalen Privatrechts auf das materielle Recht eines Mitgliedstaates der Organisation verweisen, sofern nicht der ordre public oder zwingende Bestimmungen ihres Landesrechtes dies verbieten.

Die Angabe des zur Ablieferung des Gutes verpflichteten Beförderers (§ 2 Buchst. a) ist notwendig, da gemäß Artikel 45 § 2 Ansprüche gegen diesen Beförderer selbst dann geltend gemacht werden können, wenn er weder das Gut noch den Frachtbrief erhalten hat.

Wegen der Bedeutung der Verschlüsse für die Sicherheit des Verkehrs im Ärmelkanaltunnel wurde § 2 um einen neuen Buchstaben h) ergänzt, der Artikel 20 § 5 Abs. 2 CIM 1980 übernimmt.

§ 3 gewährt den Parteien des Beförderungsvertrages mehr Freiheit als Artikel 13 § 3 CIM 1980.

Zu Artikel 8

Haftung für die Angaben im Frachtbrief

Die Pflicht zur Ausstellung des Frachtbriefes trifft nicht mehr automatisch den Absender. Die widerlegbare Vermutung in § 2 führt dazu, dass im Zweifel der Absender für fehlerhafte Eintragungen haftet.

Ein allfälliges Mitverschulden des Beförderers ist nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu beurteilen.

Zu Artikel 9

Gefährliche Güter

Dieser Artikel legt die frachtrechtlichen Folgen fest, wenn der Absender die gemäß RID vorgeschriebenen Angaben unterlassen hat.

Zu Artikel 10

Zahlung der Kosten

Wenn eine Beförderungspflicht nicht mehr vorgesehen wird, ist es folgerichtig, auch die Regelung der Zahlung der Kosten der Vereinbarung zwischen dem Absender und Beförderer zu überlassen. Eine Verpflichtung der Eisenbahn, auf Grund gesetzlich vorgeschriebener Frankierungsmöglichkeiten die Frachtzahlung zu stunden und eine Überweisung auf den Empfänger anzunehmen, der möglicherweise nicht dieselben Zahlungsgarantien bietet wie der Absender, ist nur in Verbindung mit der Beförderungspflicht sinnvoll. Artikel 10 tritt an die Stelle von Artikel 15 CIM 1980. Die Zahlungspflicht des Absenders wird subsidiär geregelt.

Die Vereinbarungen über die Frachtzahlung oder die Frankierung können sowohl allgemein in Tarifen oder Allgemeinen Beförderungsbedingungen als auch im Einzelfall getroffen werden.  Dabei können nicht nur sämtliche bisher möglichen Frankierungsarten, sondern auch darüber hinausgehende Formen entsprechend den Notwendigkeiten des internationalen Handelsverkehrs (z.B. Incoterms) berücksichtigt werden.

Die Vertragsfreiheit ermöglicht es den Beförderern, hinsichtlich der Zahlungspflicht für die Frachtkosten hinreichend Vorsorge zu treffen, sodass eine unerwünschte Anhäufung von Schulden rechtzeitig vermieden wird.

§ 2 entspricht Artikel 15 § 4 Satz 2 CIM 1980.

Zu Artikel 11

Nachprüfung

Wie bisher ist der Eisenbahnbeförderer grundsätzlich berechtigt, jederzeit nachzuprüfen, ob die Sendung mit den Angaben des Absenders im Frachtbrief übereinstimmt. Die Nachprüfung kann sich auch auf die Einhaltung der Beförderungsbedingungen beziehen.

Die Formulierung „zwei bahnfremde Zeugen“ (Art. 21 § 2 CIM 1980) wurde ersetzt durch „zwei unabhängige Zeugen“. Diese Zeugen sind nur beizuziehen, wenn die Gesetze und Vorschriften des Staates, in dem die Nachprüfung stattfindet, nicht etwas anderes bestimmen. Bei den Beratungen wurde klargestellt, dass die Beiziehung von Zeugen dem Beförderer die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten, insbesondere der Pflichten in Bezug auf die Sicherheit des Betriebes, nicht erschweren darf.  Die Pflicht, Zeugen beizuziehen, wird auf die Nachprüfung des Inhalts beschränkt.

§ 3 regelt die Voraussetzungen, unter denen den Beförderer eine Prüfungspflicht trifft. Dabei ist zu unterscheiden, ob die Verladung dem Beförderer oder dem Absender obliegt. Gemäß Artikel 14 vereinbaren der Absender und der Beförderer, wen die Pflicht zum Verladen trifft. Fehlt eine solche Vereinbarung, trifft die Pflicht zum Verladen bei Stückgut den Beförderer, während bei Wagenladungen die Pflicht zum Verladen den Absender trifft. Bei Eisenbahnbeförderungen überwiegt daher, im Gegensatz zur Straßenbeförderung, das Verladen des Gutes durch den Absender.  Bei Verladung durch den Beförderer obliegt diesem, wie sich aus der Beweiskraftregelung gemäß Artikel 12 § 2 ergibt, bei Übernahme des Gutes zur Beförderung die Prüfung

a)     des äußeren Zustandes des Gutes und der Verpackung,

b)     der Anzahl der Frachtstücke, ihrer Zeichen und Nummern sowie

c)     der Bruttomasse oder der anders angegebenen Menge.

Gemäß Artikel 22 § 1 CIM 1980 bestimmt das Landesrecht, unter welchen Bedingungen die Eisenbahn die Masse des Gutes oder die Stückzahl festzustellen hat.

Eine Pflicht zur Nachprüfung des Inhaltes wird nicht vorgesehen. Die Verhältnisse des Eisenbahnbetriebes unterscheiden sich diesbezüglich von den Straßenbeförderungen.

Wie sich aus der Beweiskraftregelung des Artikels 12 § 3 ergibt, obliegt bei Verladung des Gutes durch den Absender dem Beförderer nur die Nachprüfung des äußeren Zustandes des Gutes und seiner Verpackung. Artikel 12 § 3 räumt dem Absender, der das Gut verlädt, jedoch das Recht ein, vom Beförderer zu verlangen, dass dieser auch die Angaben im Frachtbrief betreffend

a)     die Anzahl der Frachtstücke, ihre Zeichen und Nummern,

b)     die Bruttomasse oder die anders angegebenen Menge

überprüft, sofern dem Beförderer angemessene Mittel hierfür zur Verfügung stehen. Ein Recht des Absenders, die Prüfung auch des Inhaltes zu verlangen, ist in den  CIM nicht vorgesehen. 

Zu Artikel 12

Beweiskraft des Frachtbriefes

Unabhängig davon, ob der Beförderer oder der Absender die Verladung vorzunehmen hat, begründet der Frachtbrief die widerlegbare Vermutung hinsichtlich

a)     des Abschlusses und des Inhaltes des Beförderungsvertrages,

b)     der Übernahme des Gutes durch den Beförderer und

c)     des guten äußeren Zustandes des Gutes und seiner Verpackung.

Hinsichtlich der Anzahl der Frachtstücke, ihrer Zeichen und Nummern sowie der Bruttomasse oder der anders angegebenen Menge wird hinsichtlich der Beweiskraft des Frachtbriefes unterschieden: Hat der Beförderer die Verladung vorgenommen, dient der Frachtbrief auch als Beweis für die Richtigkeit der Angaben im Frachtbrief betreffend

a)     die Anzahl der Frachtstücke, ihre Zeichen und Nummern,

b)     die Bruttomasse oder die anders angegebene Menge.

Hat hingegen der Absender die Verladung vorgenommen, was im Wagenladungsverkehr die Regel ist, so bilden die Angaben im Frachtbrief betreffend

a)     die Anzahl der Frachtstücke, ihre Zeichen und Nummern,

b)     die Bruttomasse oder die anders angegebene Menge

nur dann einen widerlegbaren Beweis für die Richtigkeit, wenn sie der Beförderer nachgeprüft hat und das Ergebnis im Frachtbrief vermerkt hat.

Da auch beschädigte Güter, z.B. Kraftfahrzeuge, Gegenstand der Beförderung sein können, wurde statt der Formulierung „äußerlich in gutem Zustand“ noch die Wendung eingefügt „Zustand des Gutes und seiner Verpackung gemäß den Angaben im Frachtbrief“.

Sofern der Frachtbrief einen mit Gründen versehenen Vorbehalt aufweist, ist die Beweislage offen. Grundsätzlich sind Vorbehalte so zu konkretisieren, dass für Außenstehende im Einzelfall die Umstände erkennbar sind, die zum Vorbehalt geführt haben. Der Wortlaut des § 4 stellt klar, dass auch der Vorbehalt ausreichend ist, dass dem Beförderer keine angemessenen Mittel zur Prüfung der Richtigkeit der Angaben zur Verfügung standen.

Zu Artikel 13

Verladen und Entladen des Gutes

Der Absender und der Beförderer haben zu vereinbaren, wem das Verladen des Gutes obliegt.

Grundsätzlich wird auch die Pflicht zum Entladen der Regelung durch Parteienvereinbarung überlassen. Subsidiär trifft die Pflicht zum Entladen den Empfänger.

Die Formulierung „nach der Ablieferung“ stellt klar, dass das Entladen der Wagenladungen durch den Empfänger erst zu einer Pflicht wird, nachdem der Empfänger dem Beförderungsvertrag durch Einlösung des Frachtbriefes beigetreten ist.

Es ist unbestritten, dass sowohl öffentlich-rechtliche Vorschriften als auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, denen die andere Vertragspartei zugestimmt hat, zu beachten sind. Dazu gehören auch die Verladevorschriften des Übereinkommens über die gegenseitige Benutzung der Güterwagen im internationalen Verkehr (RIV).

Zu Artikel 14

Verpackung

Die Formulierung „alle“ Schäden ist weit genug gefasst, sodass es dem Beförderer erlaubt ist, Schäden geltend zu machen, die Dritte erleiden.

Der in Artikel 19 § 4 CIM 1980 vorgesehene Fall der fehlenden Verpackung wird ausdrücklich erwähnt.

Zu Artikel 15

Erfüllung verwaltungsbehördlicher Vorschriften

Die Regelung ist wie bisher (vgl. Art. 25 und 26 CIM 1980) detaillierter als für den Straßengütertransport.

Gemäß Artikel 25 § 3 Abs.2 CIM 1980 haftet die Eisenbahn für die Folgen des Verlustes oder der unrichtigen Verwendung der dem Frachtbrief beigegebenen Urkunden nur bei Verschulden. Dessen ungeachtet ist ihre Haftung auf den bei Verlust des Gutes zu leistenden Schadenersatz beschränkt.

Die Haftung des Beförderers wird nunmehr verschärft, indem er sich künftig nur dann von seiner Haftung befreien kann, wenn der Schaden auf Umständen beruht, die der Beförderer nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte.

Zu Artikel 16

Lieferfristen

Die Lieferfrist soll künftig grundsätzlich zwischen Absender und Beförderer vereinbart werden können. Mangels einer Vereinbarung gelten subsidiär Höchstlieferfristen. Wie bisher sind dabei Zuschlagsfristen von bestimmter Dauer möglich, obwohl die gemäß § 1 vereinbarte Lieferfrist die subsidiär geltenden Höchstlieferfristen übersteigen darf. Bei den Beratungen des Revisions­ausschusses wurde darauf hingewiesen, dass „außergewöhnliche Verhältnisse“ nicht verwechselt werden dürfen mit „Umständen, welche die Eisenbahn nicht vermeiden und deren Folgen sie nicht abwenden konnte“, sondern Ereignisse bezeichnen, die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht vorgesehen sind.

§ 3 Satz 2 gewährleistet, dass der Beförderer Zuschlagsfristen nicht einseitig nach Abschluss des Frachtvertrages und Vereinbarung der Lieferfrist festlegen kann.

Artikel 33 § 6 ermöglicht abweichende Entschädigungsregelungen, wenn die Lieferfrist gemäß Artikel 17 § 1 vereinbart wurde. Obwohl in der neuen Bestimmung betreffend den zwingenden Rechtscharakter der  CIM (Art. 5) die Möglichkeit vorgesehen ist, dass der Beförderer seine Haftung und seine Verpflichtungen erweitern kann, ist eine solche Bestimmung zweckmäßig. Sie erspart nicht nur eine Prüfung, wieweit eine solche abweichende Entschädigungsregelung tatsächlich eine Haftungserweiterung darstellt, sie ermöglicht auch Haftungseinschränkungen. Solche Haftungseinschränkungen können im Interesse beider Parteien des Beförderungsvertrages liegen, wenn z.B. die Einschränkung mit Modalitäten gekoppelt ist, die eine raschere Schadensabwicklung erlauben, wie dies bei einer Vertragsstrafe ohne Nachweis eines Schadens der Fall ist.

Zu Artikel 17

Ablieferung

Nach § 1 muss der Beförderer das Gut nur gegen Zahlung aller sich aus dem Beförderungsvertrag ergebender Forderungen abliefern. Bisher kann die Eisenbahn nur die Zahlung der auf den Empfänger überwiesenen Forderungen verlangen und hat daher das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Absenders zu tragen, wenn dieser die übrigen Kosten nicht im Voraus bezahlt hat.

In der Praxis des Eisenbahnverkehrs sind nicht alle Forderungen gegenüber dem Empfänger im Frachtbrief eingetragen. Bei unrichtigen Eintragungen im Frachtbrief müsste es ferner möglich bleiben, durch andere Beweismittel eine Forderung in einer von der Eintragung im Frachtbrief abweichenden Höhe gegenüber dem Empfänger geltend zu machen.

Gemäß Artikel 7 § 1 Buchst. e) und f)  ist im Frachtbrief die Stelle der Übernahme des Gutes und die Stelle der Ablieferung anzugeben und nicht mehr wie nach Artikel 11 und 13 CIM 1980 die Bezeichnung des Versandbahnhofes und des Bestimmungsbahnhofes. Es wird also nicht mehr wie nach Artikel 28 § 1 CIM 1980 zwischen dem Bestimmungsbahnhof und dem Ort der Zustellung unterschieden. Es kommt darauf an, bis zu welcher Ablieferungsstelle der Beförderer vertraglich die Beförderung und damit die Haftung für das Gut übernommen hat. Der Frachtbrief dient als Beweis für die entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen. Der Revisionsausschuss verzichtete daher darauf, eine dem Artikel 28 § 3 letzter Satz CIM 1980 entsprechende Vermutung aufzunehmen.

§ 6 entspricht Artikel 17 § 3 CIM 1980. Es handelt sich um die Haftung für eine Nebenpflicht und nicht um die typische Frachtführerhaftung.

Zu Artikel 18

Verfügungsrecht über das Gut

Wie nach Artikel 30 und 31 CIM 1980 soll dem Absender oder dem Empfänger das Recht zur einseitigen Änderung des Beförderungsvertrages in gewissen Fällen zustehen. Durch Vereinbarung im Einzelfall oder auf Grund von Allgemeinen Beförderungsbedingungen können dem Absender oder dem Empfänger weiter gehende Rechte zur einseitigen Änderung des Beförderungsvertrages eingeräumt werden.

Ähnlich wie nach Artikel 31 § 1 CIM 1980 steht dem Empfänger das Recht zu, bereits vor Ausstellung des Frachtbriefes den Beförderungsvertrag zu ändern, sofern der Absender nicht einen gegenteiligen Vermerk anbringt. Es kann damit zu einem „Wettlauf“ zwischen Absender (§ 1) und Empfänger (§ 3) kommen, bei dem der Absender in der stärkeren Position ist, solange er über das Frachtbriefdoppel verfügt. Die Änderungen müssen nämlich darin eingetragen und das Doppel dem Beförderer vorgelegt werden (Art. 19 § 1).

Zu Artikel 19

Ausübung des Verfügungsrechtes

Die Pflicht zur Vorlage des Frachtbriefdoppels wird ausdrücklich geregelt.

Die Verpflichtung, die Kosten und allfällige Schäden zu ersetzen, wird ausdrücklich geregelt.

Entsprechend dem Wortlaut des § 3 muss  die Ausführung der nachträglichen Änderungen nicht nur möglich, sondern auch zumutbar sein. Sie muss ferner zulässig sein, das heißt, sie darf nicht zwingenden Rechtsvorschriften, insbesondere Zollvorschriften, zuwiderlaufen.

§ 4 fasst Artikel 30 § 1 letzter Absatz und Artikel 31 § 1 vorletzter Absatz CIM 1980 zusammen.

§ 5 sieht eine Verständigungspflicht vor.

Zu den §§ 6 und 7 vergleiche Artikel 30 § 3 und Artikel 32 § 3 CIM 1980.

Obwohl es sich in § 6 um die Haftung für ein Verschulden und in den Fällen des § 7 um eine schwere Pflichtverletzung des Beförderers handelt, wurde „angesichts des hohen Risikos bei der Ausführung nachträglicher Verfügungen“ dieselbe Haftungsbeschränkung wie bei Verlust des Gutes bei Eisenbahnbeförderungen für gerechtfertigt gehalten.

In § 7 wurde der deutsche Wortlaut an den französischen angeglichen, indem die Wörter „der Absender“ gestrichen und der Bedingungssatz passiv formuliert wurde. Es kommt für die Haftung des Beförderers nur darauf an, ob der Empfänger über das Frachtbriefdoppel verfügt, nicht aber, ob es ihm vom Absender selbst übergeben wurde.

Der Wortlaut („keinen höheren Schadenersatz“ statt „in keinem Fall einen höheren Schadenersatz“) trägt Artikel 36 Rechnung, der eine Durchbrechung der Haftungshöchstgrenzen bei qualifiziertem Verschulden vorsieht.

Zu Artikel 20

Beförderungshindernisse

Diese  Bestimmung wurde gegenüber Artikel 33 CIM 1980 vereinfacht.

Der Eisenbahnbeförderer entscheidet selbst, ob er eine Weisung für notwendig erachtet oder ohne eine solche das Gut weiterleitet.

Zu Artikel 21

Ablieferungshindernisse

Dieser Artikel entspricht im Wesentlichen Artikel 34 CIM 1980. Die Regelung des Artikels 34 § 5 CIM 1980 wurde in den neuen Artikel 22 aufgenommen.

Zu Artikel 22

Folgen der Beförderungs- und Ablieferungshindernisse

Der Verkaufserlös ist dem Verfügungsberechtigten zur Verfügung zu stellen. Es handelt sich um eine Bringschuld und nicht wie bisher nach Artikel 33 § 6 Abs. 2 und Artikel 34 § 5 Abs. 2 CIM 1980 um eine Holschuld.

Nach § 6 ist es dem Beförderer erlaubt, bei Fehlen von Anweisungen das Gut an den Absender auf dessen Kosten zurückzusenden oder es gegebenenfalls sogar zu vernichten. Diese Bestimmung soll vor allem die Rücksendung von Abfällen und anderen unverkäuflichen Gütern ermöglichen.

Der Beförderer darf das Gut nur vernichten, wenn dies durch die besonderen Umstände gerechtfertigt ist. Gemäß § 2 ist der Beförderer zur Aufbewahrung des Gutes verpflichtet. Wenn das Gut nicht aufbewahrt werden kann, darf es verkauft werden (§ 3). Erst wenn  auch dies nicht möglich sein sollte, darf es auf Kosten des Absenders vernichtet werden.  Allfällige Entsorgungskosten wären gegebenenfalls gemäß § 1 Buchst. c) zu erstatten.

Titel III

Haftung

Zu Artikel 23

Haftungsgrund

Bisher konnte jede Eisenbahn, die das Gut zur Beförderung übernahm, dieses bei internationalen Beförderungen immer nur auf dem Teil der Strecke befördern, der zu ihrem Netz gehörte.

In Zukunft sind drei Haupttypen der Eisenbahngüterbeförderung vorstellbar:

a)     Der Beförderer, der den Vertrag mit dem Absender schließt, führt ihn allein vom Abgangsort bis zum Bestimmungsort durch. Erforderlichenfalls benützt er dabei eine fremde Eisenbahninfrastruktur.

b)     Der Beförderer, der den Vertrag mit dem Absender schließt, führt die Beförderung nicht selbst auf der gesamten Strecke aus. Er bedient sich für die Beförderung auf einem Teil der Strecke, so wie im bisherigen System, aufeinander folgender Beförderer. Artikel 26  bringt klar zum Ausdruck, dass sowohl der Beförderer, der den Vertrag schließt, als auch der nach­folgende Beförderer für die Ausführung auf der ganzen Strecke solidarisch haften. Der Wegfall der Beförderungspflicht zwingt allerdings den Beförderer, der den Vertrag schließt, durch entsprechende, in der Regel vorherige Vereinbarungen mit den nachfolgenden Beförderern sicherzustellen, dass sie in den Beförderungsvertrag eintreten. Dies kann sowohl in Form allgemeiner Vereinbarungen mit anderen Beförderern als auch im jeweiligen Einzelfall geschehen. Die bisherige gesetzliche Verpflichtung zur Übernahme des Gutes durch einen (in die Liste der Linien eingetragenen) nachfolgenden Beförderer muss durch vertragliche Vereinbarungen ersetzt werden.

c)     Der Beförderer, der den Vertrag mit dem Absender schließt, bedient sich eines oder  mehrerer "ausführender Frachtführer" ("Unterfrachtführer"). Der oder die „ausführenden Frachtführer“ haben weder mit dem Absender noch mit dem Empfänger eine vertragliche Bindung (s. Art. 3 Buchst. b). Der vertragliche Beförderer haftet dem Absender und dem Empfänger gegenüber auf Grund des Artikels 23, gegebenenfalls in Verbindung mit Artikel 40, vorbehaltlich seines Rückgriffes gegen den „Unterfrachtführer“, für die gesamte Beförderungsstrecke. Daneben besteht aber auch ein Anspruch des Berechtigten aus dem Frachtvertrag gegen den „ausführenden Beförderer“ gemäß Artikel 27.

Die Grundsätze der CIM 1980 hinsichtlich des Haftungszeitraumes und des Haftungsgrundes werden beibehalten. Statt des Ausdruckes „Annahme des Gutes zur Beförderung“ (Art. 36 CIM 1980) wird der Ausdruck „Übernahme des Gutes“ verwendet. Dies entspricht dem Charakter des Beförderungsvertrages als Konsensualvertrag  (s. auch den Wortlaut in Art. 1 § 1, Art. 6 § 4, Art. 7 § 1 Buchst. e), Art. 9, Art. 12 § 1, Art. 14, Art. 26, Art. 30 § 1, Art. 45 § 4 und Art. 46 § 1 Buchst. b).

Der Beförderer kann sich nicht auf Mängel des Schienenweges oder der Sicherheitseinrichtungen berufen, um sich von seiner Haftung zu befreien. Dies gilt selbst dann, wenn der Beförderer diese Einrichtungen nicht selbst betreibt. Der Beförderer haftet nach dem reinen Kausalprinzip.

Da zwischen einem Dritten, der die Infrastruktur betreibt, und den Vertragspartnern des Beförderers (Absender oder Empfänger) keine vertraglichen Beziehungen bestehen, könnten diese im Falle eines Schadens unter Umständen einen deliktischen oder quasi-deliktischen Anspruch gegen den Betreiber der Infrastruktur geltend machen. Ein solcher Anspruch würde sich nach dem jeweiligen anwendbaren Landesrecht richten und könnte zu einem höheren Schadenersatz als demjenigen nach den  CIM führen.

Um diese unerwünschten Rechtsfolgen auszuschließen, wird der Betreiber der Infrastruktur gemäß Artikel 40 ex lege als „andere Person, deren der Beförderer sich bei der Ausführung der Beförderung bedient“ im Sinne des Artikels 40  qualifiziert. In diesem Falle kommt nämlich Artikel 41  zur Anwendung, der gewährleistet, dass alle Ansprüche gegen diese „andere Person“ nur unter den in den  CIM vorgesehenen Voraussetzungen und Beschränkungen geltend gemacht werden können.

Im Interesse einer möglichst verständlichen Regelung wird in Artikel 23 § 1 klargestellt, dass der Beförderer für den Schaden haftet „unabhängig davon, welche Eisenbahninfrastruktur benutzt wird“.

Artikel 17 Abs. 5 CMR regelt die anteilsmäßige Haftung des Frachtführers, wenn Schäden teils durch Umstände, die der Beförderer zu vertreten hat, und teils durch Umstände, für die der Beförderer nicht haftet, entstanden sind. Der Grundsatz der anteilsmäßigen Haftung in solchen Fällen wird imText dadurch zum Ausdruck gebracht, dass in den §§ 2 und 3 jeweils das Wort „wenn“ durch „soweit“ ersetzt wurde.

Entsprechend Artikel 24 § 3 Buchst. a) werden  hinsichtlich der Haftung Beförderungen in offenen Wagen mit Decken der Beförderung in offenen Wagen ohne Decken gleichgestellt.

Der privilegierte Haftungsbefreiungsgrund des Artikels 36 § 3 Buchst. d) CIM 1980 (mangelhafte Verladung) wurde nicht aufgenommen.

zu Artikel 24

Haftung bei Beförderung von Eisenbahnfahrzeugen als Gut

Die geltenden und die neuen  CIM schließen  nicht aus, dass auf eigenen Rädern rollende Fahrzeuge als solche leer oder beladen Gegenstand des Beförderungsvertrages bilden (vgl. auch Art. 5 § 1 Buchst. b) CIM 1980). Da die neuen  CIM keine Beförderungspflicht mehr vorsehen, wird es den Eisenbahnverkehrsunternehmen überlassen sein, ob sie solche Verträge abschließen wollen oder nicht. Bei der Überstellung fabrikneuer Personen- oder Güterwagen handelt es sich jedenfalls nicht um einen Verwendungsvertrag im Sinne der  CUV, da in diesem Fall die Wagen nicht Beförderungsmittel, sondern Gegenstand der Beförderung sind. Das Gleiche gilt für alle Beförderungen im Fall der Überstellung leerer Wagen unabhängig davon, ob diese im Rahmen eines vorangegangenen Vertrages über eine Beförderung von Gütern mit diesem Wagen oder ohne einen solchen erfolgt.

Die Haftung nach den  CIM ist strenger als nach den  CUV: Gemäß Artikel 23 CIM handelt es sich - wie nach Artikel 36 CIM 1980 - um eine strenge Kausalhaftung mit Haftungsbefreiungsgründen, nach Artikel 4  CUV hingegen um eine Verschuldenshaftung mit umgekehrter Beweislast.

Weitere Sonderbestimmungen betreffen die Haftung bei Beförderung von Eisenbahnfahrzeugen, die auf eigenen Rädern rollen und als Beförderungsgut aufgegeben worden sind, sowie die Entschädigung bei Verlust oder Beschädigung eines als Beförderungsgut aufgegebenen Eisenbahnfahrzeugs, einer intermodalen Transporteinheit oder ihrer Bestandteile (Artikel 30 § 3 und Artikel 32 § 3 CIM).

Diese Regelung wurde ergänzt durch eine Bestimmung über die Haftung bei Lieferfristüberschreitung.

Zu Artikel 25

Beweislast

Die §§ 1 bis 3 entsprechen dem Artikel 37 CIM 1980.

Zu Artikel 26

Aufeinander folgende Beförderer

Es wird weiterhin ein System vorgesehen, das auf Grund eines einzigen Beförderungsvertrages Beförderungen erlaubt, die durch mehrere aufeinander folgende vertragliche Beförderer durchgeführt werden, die eine Beförderungs- und Haftungsgemeinschaft bilden.

Durch die Zusammenfassung der bisherigen zwei Paragraphen und die vom Revisionsausschuss beschlossenen Änderungen wird besser zum Ausdruck gebracht, dass die Übernahme des Gutes mit dem Frachtbrief Voraussetzung für den Eintritt eines nachfolgenden Beförderers in die Haftungsgemeinschaft der Beförderer ist. Der ausführende Beförderer hingegen hat keine vertraglichen  Beziehungen mit dem Absender oder dem Empfänger. 

Artikel 26 setzt die Übernahme des Gutes und des Frachtbriefes voraus und gibt dem Beitritt des aufeinander folgenden Beförderers damit den Charakter eines Realvertrages. Diese Abweichung vom Modell des Konsensualvertrages nach Artikel 6 lässt sich mit Haftungserwägungen begründen: Wenn der nachfolgende Beförderer das Gut nicht in seine Obhut nimmt, weil es bereits auf einer vorangehenden Teilstrecke verloren gegangen ist, gibt es keinen Grund, warum er gesamtschuldnerisch für den Verlust haften sollte. Die Situation ist anders nach den  CIM 1980, wo mit Rücksicht auf das System der eingetragenen Linien und die Beförderungspflicht von vornherein feststeht, wer letzter Frachtführer sein wird. Entsprechend dem Grundsatz des Konsensualvertrages schafft aber Artikel 45 § 2 CIM einen Ausgleich, indem er bestimmt, dass Ansprüche auch gegen den zur Ablieferung verpflichteten („letzten“) aufeinander folgenden Beförderer gerichtlich geltend gemacht werden können, wenn er mit seiner Zustimmung im Frachtbrief eingetragen ist. Der „letzte Frachtführer“ nach Artikel  36  CMR hingegen ist nach Rechtsprechung (Urteil der Cour de Cassation Frankreichs vom 3.5.1994, veröffentlicht in Europäisches Transportrecht 1995, S 685) und herrschender Lehre derjenige, der durch Annahme von Gut und Frachtbrief dem Vertrag tatsächlich beigetreten ist.

Zu Artikel 27

Ausführender Beförderer

Der „ausführende Beförderer“ haftet anders als die aufeinander folgenden Beförderer lediglich für die von ihm tatsächlich durchgeführte Beförderung (Teilstrecke).

Zu Artikel 29

Vermutung für den Verlust des Gutes

Im wesentlichen wurde Artikel 39 CIM 1980 übernommen. Der Verweis in § 4 wurde präzisiert.

In Analogie zu Artikel 17 § 2  ist das wieder aufgefundene Gut dem Berechtigten gegen Bezahlung der sich aus dem Beförderungsvertrag ergebenden Forderungen (und gegen Rückzahlung der erhaltenen Entschädigung) abzuliefern.

Zu Artikel 30

Entschädigung bei Verlust

Diese Bestimmung entspricht Artikel 40 CIM 1980.

Nach § 3 sind hinsichtlich der Entschädigung bei Verlust in diesen Sonderfällen dieselben Grundsätze anzuwenden wie nach Artikel 4  CUV.  Da bei Verlust eines Fahrzeugs der Tag oder der Ort des Verlustes nicht immer feststeht, ist in einem solchen Fall  der gemeine Wert am Tag und am Ort der Übernahme zur Beförderung maßgebend.

Der Wortlaut des § 4 wurde geändert, um den Zusammenhang mit der Beförderung als Voraussetzung für die Verpflichtung zur Erstattung deutlicher zu machen. Was die Erstattung von Zöllen und Verbrauchsabgaben betrifft, sind Verbrauchsabgaben, die aus Anlass des Verlustes der Ware (z.B. im Fall von Diebstahl) geschuldet werden, ebenfalls zu erstatten, allerdings unter der Voraussetzung, dass sie „bereits entrichtet worden sind“. Es hätte sich somit um einen Fall des Ersatzes indirekter Schäden gehandelt.

Es ist zwischen Zöllen und Verbrauchsabgaben zu unterscheiden. Die an einer Beförderung teilnehmenden Eisenbahnunternehmen werden im Zollverfahren von den Zollbehörden als „Hauptverpflichtete“ qualifiziert und haften daher gemeinsam und solidarisch mit dem Absender oder Empfänger gegenüber den Zollbehörden. Bei Unregelmäßigkeiten oder Verstößen sind sie Schuldner für die Zahlung der Zollgebühren. Sie sind daher verpflichtet, diese Gebühren gleich wie den Beförderungspreis zurückzuerstatten. Die Verbrauchsabgaben hingegen betreffen Güter, die z.B. in den EG einem besonderen Fiskalregime unterliegen. Diese Güter können nur durch „anerkannte Lagerhalter“ erzeugt, verarbeitet, innegehabt und aufgegeben werden. Diese Lagerhalter sind verpflichtet, eine „Zwangsgarantie“ zu leisten, um den Verkehr dieser Güter zwischen solchen Lagern zu erlauben. Hinsichtlich der Verbrauchsabgaben hat der Eisenbahnbeförderer keine Stellung als „Hauptverpflichteter“ gegenüber den Abgabebehörden. Durch den  Wortlaut soll eine Pflicht zur Erstattung solcher Verbrauchsabgaben, die als Ersatz eines indirekten Schadens angesehen wurde, ausgeschlossen werden.

Zu Artikel 31

Haftung bei Schwund

Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine lex specialis zu Artikel 23, die ihre Berechtigung in der Natur des beförderten Gutes sowie in der Dauer gewisser Beförderungen findet.

Zu Artikel 32

Entschädigung bei Beschädigung

Diese Bestimmung entspricht Artikel 42 CIM 1980. Die Sonderregelung des § 3 bei Beschädigung eines auf eigenen Rädern rollenden und als Beförderungsgut aufgegebenen Eisenbahnfahrzeuges wurde  eingefügt. Statt der Wertminderung sind die Instandsetzungskosten - ohne weiteren Schadenersatz, insbesondere des Nutzungsausfalles - zu ersetzen. Diese Bestimmung umfasst auch intermodale Transporteinheiten und ihre Bestandteile.

Zu Artikel 33

Entschädigung bei Überschreitung der Lieferfrist

Diese Bestimmung entspricht Artikel 43 CIM 1980 in der Fassung des Protokolls 1990.

Es wurde an der gegenüber Artikel 23 Abs.5 CMR wesentlich höheren Entschädigungsgrenze festgehalten.

§ 6 wurde redaktionell verbessert. Unter der Voraussetzung, dass die in Artikel 16 vorgesehenen Lieferfristen überschritten sind, kann der Berechtigte zwischen der vereinbarten Entschädigung und derjenigen gemäß §§ 1 bis 5 wählen.

Artikel 33 gilt auch für die Entschädigung bei Überschreitung der Lieferfrist für Eisenbahnfahrzeuge, die auf eigenen Rädern rollen und als Gut aufgegeben worden sind.

Zu Artikel 34

Entschädigung bei Wertangabe

Die Bestimmungen betreffend die Wertangaben enthalten keinen Hinweis auf die Zahlung eines zu vereinbarenden Zuschlags zur Fracht.  Die Parteien des Beförderungsvertrages können aber vereinbaren, ob ein Zuschlag zu zahlen ist oder nicht.

Ersetzt wird - anders als bei der Angabe des Interesses an der Lieferung - immer nur der tatsächlich entstandene, vom Berechtigten nachgewiesene Schaden gemäß dem Wert der verlorenen oder beschädigten Güter am Ort und zur Zeit der Übernahme.

Zu Artikel 35

Entschädigung bei Angabe des Interesses an der Lieferung

Die Bestimmungen des Artikels 16 § 1 und des Artikels 46 CIM 1980 wurden in einem Artikel zusammengefasst.

Die Parteien des Beförderungsvertrages können vereinbaren, ob ein Zuschlag zu zahlen ist oder nicht.

Zu Artikel 36

Verlust des Rechtes auf Haftungsbeschränkung

Diese Bestimmung entspricht Artikel 44 CIM 1980 in der Fassung des Protokolls 1990.

Zu Artikel 37

Umrechnung und Verzinsung

Die Bestimmungen des Artikels 47 CIM 1980 wurden mit Ausnahme des § 3 betreffend die Bagatellgrenze übernommen.

Zu Artikel 38

Haftung im Eisenbahn-Seeverkehr

Die Liste der zusätzlichen Haftungsbefreiungsgründe umfasst in Hinkunft neben dem Befreiungsgrund „Verladung des Gutes auf Deck“ nur mehr die Befreiungsgründe „Feuer“ und „Rettung oder versuchte Rettung von Leben oder Eigentum zur See“ sowie „Gefahren oder Unfälle der See“.

Zu Artikel 39

Haftung bei nuklearem Ereignis

Artikel 49 CIM 1980 wurde unverändert übernommen.

Zu Artikel 40

Personen, für die der Beförderer haftet

Der Infrastrukturbetreiber wird durch eine gesetzliche Definition oder Fiktion zum Erfüllungsgehilfen des Beförderers gemacht. Damit soll verhindert werden, dass der Kunde Ansprüche gegen den Infrastrukturbetreiber gemäß Landesrecht (d.h. ohne die in den  CIM vorgesehenen Beschränkungen) erfolgreich geltend machen kann. Andernfalls könnte der Umfang der Haftung des Beförderers einerseits und der Haftung des Infrastrukturbetreibers andererseits unterschiedlich sein.

Da der französische Begriff „agents“ nicht alle Kategorien von Personen abdeckt, für die der Beförderer haften soll, wurde der französische Wortlaut an den deutschen angeglichen („agents ou des autres personnes“); die Überschrift des Artikels wurde in den beiden Sprachen angepasst („Personen, für die der Beförderer haftet“).

Die den Eisenbahnbeförderer begünstigende Bestimmung des Artikels 50 § 2 CIM 1980 ist weggefallen.

Artikel 40 präzisiert, dass die Bediensteten und anderen Personen „in Ausübung ihrer Verrichtungen“ handeln müssen.

Zu Artikel 41

Sonstige Ansprüche

Artikel 51 CIM 1980 wurde übernommen.

Artikel 41 bezweckt, das gesetzlich geregelte Haftungssystem für die vertraglichen Ansprüche durch die Einschränkung außervertraglicher Ansprüche auch Dritter umfassend vor einer Aushöhlung in den Fällen zu schützen, in denen andernfalls eine Vertragspartei auf außervertraglicher Grundlage unbegrenzt in Anspruch genommen werden könnte. Der typische Fall ist der des Eigentümers des Gutes, der nicht selbst Absender ist, sondern Dritter im Verhältnis zum Beförderungsvertrag. Ihm kann Artikel 41 entgegengehalten werden, da sonst der Eigentümer des Gutes stets einen Mittelsmann als formellen Absender einschalten könnte, um sich außervertragliche Ansprüche in voller Höhe gegen den Beförderer zu erhalten.

Titel IV

Geltendmachung von Ansprüchen

Zu Artikel 42

Tatbestandsaufnahme

Der Betreiber der Infrastruktur gilt als Person, deren sich der Beförderer zur Ausführung der Beförderung bedient. Die Regelung des Verhältnisses zwischen dem Beförderer und seinen Erfüllungsgehilfen ist nicht Gegenstand der CIM.

Zu Artikel 43

Reklamationen

Dieser Artikel wurde mit entsprechenden redaktionellen Anpassungen aus Artikel 53 CIM 1980 übernommen.

Zu Artikel 44

Zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen berechtigte Personen

Abgesehen von redaktionellen Änderungen wurde dieser Artikel aus Artikel 54 CIM 1980 übernommen.

Artikel 44 dient der Rechtsklarheit und garantiert, dass die Klagebefugnis mit dem Verfügungsrecht über das Gut zusammenfällt. Die Klagebefugnis des Absenders oder des Empfängers ist ausschließlich und alternativ, das heißt, sie steht nur dem einen oder dem anderen zu. Die Rechtsnachfolge oder der Übergang von Forderungen richtet sich nach Landesrecht. 

Zu Artikel 45

Beförderer, gegen die Ansprüche gerichtlich geltend gemacht werden können

Da unter „letzter Beförderer“ der Beförderer verstanden werden kann, der als Letzter durch Annahme von Frachtbrief und Gut in den Beförderungsvertrag eingetreten ist (s. Art. 26), und nicht etwa der Beförderer, der nach der Planung des vertragschließenden Beförderers das Gut dem Empfänger hätte abliefern sollen, ist es für die Passivlegitimation notwendig, dass dieser Beförderer im Frachtbrief eingetragen ist.

Anders als nach Artikel 45 CIM kann der Geschädigte nach Artikel 36 CMR gegen mehrere Beförderer klagen. Die Straßenfrachtführer bilden keine notwendige Streitgenossenschaft. Klageabweisende Urteile wirken daher nicht zu Gunsten der übrigen Frachtführer.

Im Interesse der terminologischen Klarheit - unter Beförderer ist stets nur der vertragliche Beförderer zu  verstehen (Art. 3 Buchst. a) - wurde zusätzlich zu Artikel 27 § 2 eine parallele Bestimmung in Artikel 45 § 6 aufgenommen. 

Zu Artikel 46

Gerichtsstand

Aus Artikel 46 § 1 ergibt sich nunmehr klar, dass die  CIM Vorrang gegenüber den Bestimmungen des Europäischen Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) haben. Artikel 46 enthält auch keinen Vorbehalt mehr zu Gunsten von Gerichtsstandsregelungen in zweiseitigen Staatsverträgen oder in Konzessionen.

Die für „Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle“ („succursale ou agence“) verwendeten Begriffe stimmen überein mit den in Artikel 5 Ziff. 5 EuGVÜ benutzten Anknüpfungsmerkmalen. Zur Auslegung kann daher die Rechtsprechung des EuGH als ratio legis herangezogen werden. Es handelt sich um einen „Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit, der auf Dauer als Außenstelle eines Stammhauses hervortritt, eine Geschäftsführung hat und sachlich so ausgestattet ist, dass er in der Weise Geschäfte mit Dritten betreiben kann, dass diese, obgleich sie wissen, dass möglicherweise ein Rechtsverhältnis mit dem im Ausland ansässigen Stammhaus begründet wird, sich nicht unmittelbar an dieses zu wenden brauchen, sondern die Geschäfte an dem Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit abschließen können, der dessen Außenstelle ist“ (EuGH, Urteil vom 22.11.1978 in der Rechtssache 33/78).

§ 2  regelt die Einrede der Rechtsanhängigkeit (Litispendenz) und der Rechtskraft (res iudicata).

Zu Artikel 47

Erlöschen der Ansprüche

Artikel 57 CIM 1980 wurde übernommen.

Die Bestimmungen des § 2 haben den Schutz der Kunden zum Ziel.

Zu Artikel 48

Verjährung

Artikel 58 CIM 1980 wurde in den Grundzügen übernommen, jedoch wurde die kasuistische Regelung hinsichtlich des Beginns der Verjährung in § 2 etwas vereinfacht.

Titel V

Beziehungen der Beförderer untereinander

Zu Artikel 49

Abrechnung

§ 1 übernimmt Artikel 59 § 1 CIM 1980, § 2 den Artikel 35 Abs.2 CMR (Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr) und regelt die Beweiskraft des Frachtbriefes im Verhältnis der aufeinander folgenden Beförderer.

Zu Artikel 50

Rückgriffsrecht

Die Regelung entspricht Artikel 60 CIM 1980.

Zu Artikel 51

Rückgriffsverfahren

Die §§ 1 bis 3 entsprechen den §§ 1 bis 3 des Artikels 62 CIM 1980.

§ 5 entspricht Artikel 63 § 2 CIM 1980.

Um eine Verzögerung des Entschädigungs­verfahrens zu vermeiden und damit verbunden eine Verschlechterung der Lage der Berechtigten, die ihre Ansprüche gegen einen Beförderer geltend machen, hintanzuhalten, wurde in § 6 eine dem Artikel 62 § 5 CIM 1980 entsprechende Regelung aufgenommen.

Zu Artikel 52

Vereinbarungen über den Rückgriff

Diese Lösung entspricht grundsätzlich Artikel 64 CIM 1980 (vgl. auch Art. 40 CMR).

Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung
gefährlicher Güter (RID)
(Anhang D zum Übereinkommen)

Zu Artikel 1

Anwendungsbereich

Das Element „internationale“ wurde nicht definiert. Erforderlich ist jedenfalls, dass die Beförderung über das Gebiet mindestens zweier Mitgliedstaaten führen soll. Im übrigen ist die Anwendbarkeit des RID nicht davon abhängig, ob die Beförderung den  CIM unterliegt.

Zusätzlich zum eigentlichen Beförderungsvorgang schließt der Anwendungsbereich auch alle mit der Beförderung verbundenen und daher in der Anlage geregelten Tätigkeiten ein, insbesondere das Ein- und Ausladen der gefährlichen Güter. Der Begriff der „Beförderung“ wird im Teil 1 der Anlage, Allgemeine Vorschriften, materiell und unabhängig vom Beförderungsvertrag definiert, und zwar als Ortsveränderung der gefährlichen Güter einschließlich der transportbedingten Aufenthalte und einschließlich des verkehrsbedingten Verweilens der gefährlichen Güter in den Wagen, Tanks und Containern vor, während und nach der Ortsveränderung. Der Begriff der „Beförderung“ schließt auch das zeitweilige Abstellen gefährlicher Güter für den Wechsel der Beförderungsart oder des Beförderungsmittels (Umschlag) ein.

§ 1 Buchst. b) regelt vor allem das Problem der ergänzenden Beförderungen auf Seestrecken. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Beförderung von Eisenbahnkesselwagen auf kurzen Seestrecken im Verkehr mit dem Vereinigten Königreich und Irland sowie auf Fährschiffen in der Ostsee. In jedem Falle haben bei ergänzenden Beförderungen auf der Straße oder auf Binnengewässern, auch wenn ein einziger Beförderungsvertrag vorliegt, ADR und die Verordnung über die Beförderung gefährlicher Güter auf dem Rhein (ADNR) (künftig auch Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung von gefährlichen Gütern auf Binnenwasserstraßen - ADN) Vorrang vor dem RID bezüglich des anderen Verkehrsmittels.

Hinsichtlich der Seebeförderungen von Eisenbahnwagen   bedarf es einer rechtlichen Regelung, für die sich die Anlage zum Anhang C anbietet.  Sonderbestimmungen des RID dürfen daher nicht mit den seerechtlichen Bestimmungen des des Internationalen Übereinkommens von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS) im Widerspruch stehen, könnten sie aber ergänzen. Die Regelung  enthält daher - gerade im Hinblick auf das künftige Seerecht - einen Vorbehalt betreffend die für Beförderungen mit einem anderen Verkehrsträger geltenden internationalen Vorschriften.

§ 2 enthält  das Verbot, gefährliche Güter, deren Beförderung durch das RID ausgeschlossen ist, international mit der Eisenbahn zu befördern. Diese Feststellung dient der Rechtsklarheit.

Zu Artikel 2

Freistellungen

Diese Bestimmung stellt  klar, dass die technische Anlage Freistellungsfälle festlegen kann. Solche Vorschriften finden sich bereits im RID (Rn. 17).  Gemäß dieser Randnummer des RID sind folgende Beförderungen von der Anwendung des RID ausgenommen:

a)       Beförderungen gefährlicher Güter, die von Privatpersonen durchgeführt werden, sofern diese Güter einzelhandelsgerecht abgepackt sind und für den persönlichen oder häuslichen Gebrauch oder für Freizeit und Sport bestimmt sind;

b)       Beförderungen von im RID nicht näher bezeichneten Maschinen oder Geräten, die in ihrem inneren Aufbau oder in ihren Funktionselementen gefährliche Güter enthalten;

c)       Beförderungen, die von Unternehmen in Verbindung mit ihrer Haupttätigkeit durch­geführt werden wie Lieferungen für Baustellen im Hoch- und Tiefbau oder für Messungs‑, Reparatur‑ und Wartungsarbeiten, in beschränkten Mengen;

d)       Beförderungen, die von Einsatzkräften (z.B. Polizei und Feuerwehr) oder unter deren Überwachung durchgeführt werden;

e)       Notfallbeförderungen zur Rettung menschlichen Lebens oder zum Schutz der Umwelt, vorausgesetzt, es werden alle Maßnahmen zur völlig sicheren Durchführung dieser Beförderungen getroffen.

Es im Text des Anhanges C auf eine limitative Aufzählung der Typen von Beförderungen, die freigestellt werden können, verzichtet und stattdessen der Grundsatz festgeschrieben, dass Freistellungen nur zulässig sind, wenn die Sicherheit der Beförderung gewährleistet ist.

Die Verweisung auf die Anlage hinsichtlich des Umfanges oder der Fälle von Freistellungen ist nicht unproblematisch. Die Änderung, z.B. Erweiterung der dort vorgesehenen Fälle, liegt in der Zuständigkeit des Fachausschusses RID. Derselbe Ausschuss ist aber nach Artikel 33 § 5 COTIF auch zuständig  für Änderungen eben dieses Artikels 2 RID. Die Beschränkung des Mandates des Fachausschusses RID zur Änderung der Anlage zum RID ist mit dieser Regelung nur bedingt erreicht. 

Zu Artikel 3

Einschränkungen

Das RID legt fest, dass das Recht jedes Mitgliedstaates gewahrt bleibt, internationale Eisenbahnbeförderungen gefährlicher Güter zu regeln oder zu verbieten, wenn dies aus anderen Gründen als denen der Beförderungssicherheit, soweit sie nicht schon durch die Bestimmungen der Anlage gewährleistet werden soll, geschieht.

Zu Artikel 4

Andere Vorschriften

Wegen des Wegfalls der rechtlichen Verknüpfung von RID und  CIM wird ausdrücklich festgelegt,  dass außer dem RID jeweils auch die allgemein geltenden Vorschriften über Eisenbahnbeförderungen anzuwenden sind.

Zu Artikel 5

Zugelassene Zugart. Beförderung als Handgepäck, Reisegepäck oder in Kraftfahrzeugen

Diese Beförderungsart, für die es im RID besondere Vorschriften gibt und geben wird, wird im „juristischen“ Teil des künftigen RID erwähnt. Es handelt sich um Beförderungen, bei denen ausnahmsweise gefährliche Güter in kleineren Mengen in Personenzügen statt in Güterzügen befördert werden dürfen.

In Hinkunft soll die Regelung betreffend die Beförderung gefährlicher Güter als Hand- und Reisegepäck inhaltlich an die für die Luftfahrt geltende Gefahrgutregelung angeglichen werden.

Die Beförderung gefährlicher Güter als Handgepäck, Reisegepäck oder in Kraftfahrzeugen in Autoreisezügen gemäß Artikel 12 CIV  stellt eine  Ausnahme vom Gebot dar, gefährliche Güter nur in Güterzügen zu befördern.

Artikel 12 § 4 in Verbindung mit Artikel 14 CIV  verpflichtet den Reisenden, die entsprechenden Bestimmungen des RID einzuhalten. Er haftet dem Beförderer für jeden Schaden, der sich aus der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung ergibt. Das Problem, wie diese Gefahrgutvorschriften den Reisenden am besten bekannt gemacht werden können, z.B. in Form von Anschlägen in den Bahnhöfen oder Merkblättern, ist von der Frage der Rechtsgrundlage selbst zu unterscheiden. Einer entsprechenden leicht verständlichen und allgemein zugänglichen Darstellung wird dabei besondere Bedeutung zukommen.

Artikel 5 enthält den allgemeinen Grundsatz, dass solche Beförderungen nur unter den besonderen Bedingungen des RID zulässig sind. Die Einzelheiten hinsichtlich der Menge, der Verpackungen, der Aufschriften usw. sowie Sondervorschriften für gefährliche Güter, die im Zusammenhang mit einer medizinischen Behandlung verwendet werden (beispielsweise Gasflaschen) sind in der Anlage zum RID zu regeln.

Zu Artikel 6

Anlage

Diese Bestimmung dient der Rechtsklarheit und ermöglicht redaktionelle Vereinfachungen.

Einheitliche Rechtsvorschriften für Verträge über die Verwendung von Wagen
im internationalen Eisenbahnverkehr (CUV)
(Anhang D zum Übereinkommen)

Zu Artikel 1

Anwendungsbereich

Diese Bestimmung fasst den Anwendungsbereich so weit, dass alle Verträge, die eine Verwendung von Eisenbahnwagen als Beförderungsmittel zum Gegenstand haben, erfasst werden.

Der Verzicht auf eine Typisierung entsprechend den herkömmlichen Vertragstypen führt zu Unschärfen. So wird der herkömmliche „Einstellungsvertrag“ nicht mehr als gesonderter Vertrag abgegrenzt, insbesondere das Element der Nutzung als Beförderungsmittel  gemäß den Verfügungen des Einstellers und die Beförderung des leeren oder beladenen Wagens gemäß den Verfügungen des Einstellers wird als konstitutives Element nicht aufgeführt. Die diesbezüglichen Rechte und Pflichten sind vielmehr im „Verwendungsvertrag“ zwischen den Parteien zu vereinbaren.

Charakteristisch für den Verwendungsvertrag und bedeutsam für seine Abgrenzung vom Beförderungsvertrag ist die Zweckbestimmung des Wagens, das heißt seine Verwendung als Beförderungsmittel und nicht sein Charakter als zu beförderndes Gut.

Angesichts des sehr weit gefassten Wortlautes des Artikels 1 können aber auch Verträge zum Beispiel über die Miete oder das Leasing eines Wagens unter den Anwendungsbereich der  CUV fallen, es sei denn, dass die Parteien bei Abschluss eines Miet- oder Leasingvertrages durch die Bedingungen dieses Vertrages klar zum Ausdruck bringen, dass sie einen solchen Vertrag und nicht einen Verwendungsvertrag im Sinne der  CUV schließen wollen.

Artikel 1 stellt ferner klar, dass Verwendungsverträge nicht nur zwischen zwei, sondern auch zwischen mehreren Parteien geschlossen werden können, wie dies bei den so genannten Pool-Verträgen der Fall ist.

Artikel 1 erfasst nicht Verwendungsverträge, die ausschließlich die Verwendung als Beförderungsmittel für Binnenbeförderungen zum Gegenstand haben. Es steht den Mitgliedstaaten jedoch frei, bei ihren landesrechtlichen Regelungen sich an den  CUV zu orientieren oder diese in das Landesrecht zu übernehmen.

Zu Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Hinblick auf die Trennung von Betrieb der Infrastruktur und Beförderungstätigkeit wird der Begriff des „Eisenbahnverkehrsunternehmens“ definiert. Die Berechtigung zur Beförderung von Gütern und/oder  Personen und die Verfügung über Traktionsmittel sind wesentliche Merkmale, die ein Eisenbahnverkehrsunternehmen auszeichnen und vom Infrastrukturbetreiber, aber auch von Wagenvermietgesellschaften  unterscheiden.

Der Begriff „véhicule“ (Fahrzeug) im französischen Text als Oberbegriff von Güter-, Personen- und Gepäckwagen ist weiter als der deutsche Oberbegriff „Wagen“ und erfasst auch Fahrzeuge mit eigenem Antrieb. Durch die vorgesehene Definition werden daher Fahrzeuge mit eigenem Antrieb ausdrücklich aus dem sonst allgemeinen Begriff  „véhicule“ ausgeschlossen.

Der Begriff „Halter“ lehnt sich an das im Straßenverkehr bekannte und vertraute Rechtsinstitut an. Der Halter ist nicht notwendigerweise der Eigentümer im zivilrechtlichen Sinn. Die Begriffsbestimmung entspricht der nach Artikel 2 Buchst. e) ATMF.

Eine Begriffsbestimmung des „Verwendungsvertrages“ erfolgt bereits in Artikel 1.

Zu Artikel 3

Zeichen und Anschriften an Wagen

Es ist zu unterscheiden zwischen Anschriften, die zwingend durch öffentlich-rechtliche Vorschriften, z.B. durch die Vorschriften über die technische Zulassung, verlangt werden, und solchen Anschriften, die zwischen den Parteien des Verwendungsvertrages vereinbart werden. Im Rahmen der  CUV ist es wichtig festzulegen, wem die Pflicht obliegt sicherzustellen, dass die erforderlichen Anschriften tatsächlich angebracht sind. Es ist überdies zweckmäßig klarzustellen, dass die Parteien des Verwendungsvertrages zusätzliche Anschriften vereinbaren können, wobei sie allfällige öffentlich-rechtliche Beschränkungen zu beachten haben. Zu den öffentlich-rechtlich vorgeschriebenen Anschriften und Zeichen siehe Artikel 14 ATMF.

Die Bezeichnung des Halters ist am Wagen anzuschreiben. Der Halter nutzt den Wagen längerfristig als Beförderungsmittel, während seine Vertragspartner laufend wechseln können.

Artikel 3 erlaubt es, an der bisherigen Bezeichnung als P-Wagen festzuhalten, sofern die Parteien des Verwendungsvertrages, das heißt des herkömmlichen Einstellungsvertrages, dies wünschen.

Die Anschriften, die gemäß der Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (RID) vorgeschrieben sind, werden in Artikel 3 nicht erwähnt, da sie ihre Grundlage nicht im Verwendungsvertrag haben, sondern durch die Vorschriften des RID zwingend vorgeschrieben sind.

Die Anschrift des Heimatbahnhofes ist nicht zwingend, da es vorstellbar ist, dass in Zukunft ein solcher nicht unbedingt vereinbart sein muss, insbesondere bei so genannten ad-hoc-Wagen, die nicht in den Wagenpark eines Eisenbahnverkehrsunternehmens eingegliedert sind.

§ 2 stellt klar, dass Zeichen zur elektronischen Identifikation als Ergänzung verwendet werden können, um die automatische Fahrzeugidentifikation zu erleichtern.

Zu Artikel 4

Haftung bei Verlust oder Beschädigung eines Wagens

Die Haftungsregelung ist als Haftung für vermutetes Verschulden mit der Möglichkeit eines Gegenbeweises ausgestaltet und orientiert sich an der geltenden  Haftungsregelung bei Verlust oder Beschädigung von zur Beförderung aufgegebenen P-Wagen. 

Die Entschädigung ist auf den gemeinen Wert des Fahrzeugs oder seiner Bestandteile am Ort und im Zeitpunkt des Verlustes beschränkt. Da es aber nicht in allen Fällen möglich ist, Tag oder Ort des Verlustes festzustellen, sind in solchen Fällen Tag und Ort der Übernahme maßgebend.

§ 5 sieht die Möglichkeit vor, dass die Parteien des Vertrages vertraglich eine abweichende Haftungsregelung treffen können. Dies würde es den Eisenbahnverkehrsunternehmen erlauben, an ihren bisherigen vertraglichen Regelungen festzuhalten. So könnte z.B. bei schweren Beschädigungen eine vom Verschulden unabhängige Haftung mit der obligatorischen Abtretung der Schadenersatzansprüche gegenüber Drittpersonen vereinbart werden.

Schon aus dem Anwendungsbereich gemäß Artikel 1 ergibt sich, dass es sich um eine vertragliche Haftung handelt und daher das Eisenbahnverkehrsunternehmen nur gegenüber seinem Vertragspartner, nicht aber gegenüber Dritten auf Grund des Nutzungsvertrages haftet. Dies im Text noch ausdrücklich zu sagen, ist nicht nur überflüssig, sondern mit Rücksicht auf den Wortlaut der CIM nicht angezeigt. Es wurde daher eine Formulierung gewählt, die die redaktionelle Parallelität zu Artikel 36 CIM 1980 und Artikel 23 der neuen CIM wahrt.

Während bei Verlust des Wagens oder seiner Bestandteile die Entschädigung auf den gemeinen Wert beschränkt ist, ist die Entschädigung bei Beschädigung des Wagens oder seiner Bestandteile auf die Instandsetzungskosten beschränkt (§§ 3 und 4). So genannte Vermögensschäden, insbesondere entgangener Gewinn (lucrum cessans), werden nicht ersetzt. Die Parteien des Vertrages können jedoch gemäß § 5 auch insoweit abweichende Vereinbarungen treffen. Dies ermöglicht es, die bisherige Praxis einer Entschädigung auch für den Nutzungsausfall weiterzuführen.

Zu Artikel 5

Verlust des Rechtes auf Haftungsbeschränkung

Da Artikel 4 §§ 3 und 4 eine Haftungsbeschränkung gesetzlich, wenngleich nur als dispositives Recht, vorsieht, wurde analog zu Artikel 44 CIM 1980 und Artikel 36 CIM vorgesehen, dass diese Haftungsbeschränkung bei qualifiziertem Verschulden durchbrochen wird. 

Diese Bestimmung ist zwingend, sodass abweichende Vereinbarungen der Parteien des Vertrages nicht möglich sind. Auch wenn anzunehmen ist, dass in der Praxis solche Fälle kaum vorkommen werden, ist dieser Schutz des Vertragspartners bei qualifiziertem Verschulden rechtspolitisch angezeigt.

Zu Artikel 6

Vermutung für den Verlust eines Wagens

Derzeit ist die Dauer der Frist, nach deren Ablauf ein Wagen als verloren betrachtet wird, sehr unterschiedlich geregelt.  Die Bestimmung über die künftig einheitliche Frist von drei Monaten (§ 1) ist dispositiver Natur, sodass weiterhin für die so genannten bahneigenen Wagen an der bisherigen Regelung festgehalten werden könnte (§ 4). Eine kurze Frist für alle Wagen als subsidiäre gesetzliche Regelung ist aber wirtschaftlich heute durchaus zweckmäßig und gerechtfertigt.

Die Regelung betreffend das Wiederauffinden eines als verloren betrachteten Wagens wurde für den Fall ergänzt, dass die Rückstellung des Wagens nicht verlangt wird oder der Wagen später als ein Jahr nach Zahlung der Entschädigung wiederaufgefunden wird.  Diese Bestimmung des § 3 hat dispositiven Charakter (§ 4).

Berechtigter im Sinne dieses Artikels ist, wer einen Wagen auf Grund eines Vertrages nach Artikel 1 zur Verwendung als Beförderungsmittel zur Verfügung gestellt hat.

Zu Artikel 7

Haftung für Schäden, die durch einen Wagen verursacht werden

Ursprünglich war vorgesehen, dass der  „Halter“ des Wagens für den durch den Wagen verursachten Schaden haften solle, sofern er nicht beweist, dass der Schaden nicht durch sein Verschulden verursacht worden ist. Unter „Halter“ verstand - und versteht - man dabei denjenigen, der (als Eigentümer oder sonst Verfügungsberechtigter) den Wagen dauerhaft als Beförderungsmittel wirtschaftlich nutzt. Der Halter ist als solcher am Wagen anzuschreiben (Art. 3 § 1 Buchst. a)).

Sieht der Vertrag über die Verwendung von Wagen vor, dass das Eisenbahnverkehrsunternehmen den Wagen anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Verwendung als Beförderungsmittel zur Verfügung stellen darf, und wird davon Gebrauch gemacht, so ist das Eisenbahnverkehrsunternehmen, das den Wagen tatsächlich verwendet, nicht unbedingt auch Vertragspartner des Halters, das heißt Vertragspartei des ersten Verwendungsvertrages. Eine unmittelbare Haftung des Halters gegenüber einem solchen, den Wagen im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses tatsächlich verwendenden Eisenbahnverkehrsunternehmen wäre nicht mehr eine Haftung auf rein vertraglicher Grundlage, vielmehr müsste sich eine solche Haftung unmittelbar auf eine gesetzliche Regelung in den  CUV stützen. Andernfalls wäre es eine deliktische oder quasideliktische Haftung nach Landesrecht.

In der Folge hat man sich dafür entschieden, eine Haftung lediglich auf vertraglicher Grundlage vorzusehen. Durch eine Vereinbarung über die Subrogation können die Parteien des Verwendungsvertrages erreichen, dass der Halter an die Stelle des Eisenbahnverkehrsunternehmens tritt, das den Wagen von ihm zur Verwendung übernommen hat und diesen dann einem anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Verwendung überlassen hat. Damit kann erreicht werden, dass letzteres Eisenbahnverkehrsunternehmen als Vertragspartner des Halters anzusehen ist (s. auch die Bemerkungen zu Art. 9).

Schon aus dem Anwendungsbereich gemäß Artikel 1 ergibt sich, dass es sich um eine vertragliche Haftung handelt. Die Haftung gegenüber Dritten, die in keiner den Vertrag betreffenden wirtschaftlichen Beziehung zu den Parteien des Verwendungsvertrages stehen, richtet sich nach Landesrecht.

Da das Ausmaß der Schäden, die durch einen Wagen verursacht werden können, wesentlich größer ist als dasjenige bei Verlust oder Beschädigung des Wagens oder seiner Bestandteile, kann diese Bestimmung nicht einfach parallel zu Artikel 4 gestaltet werden. Es ist insbesondere nicht vertretbar, den Schadenersatz auf den bloßen Ersatz der Sachschäden zu beschränken. Im Gegensatz zur Situation bei Verlust und Beschädigung des Wagens oder seiner Bestandteile sind auch Personenschäden denkbar. Während im Falle des Artikels 4 die so genannten (reinen) Vermögensschäden im Wesentlichen auf einen Nutzungsausfall beschränkt sind, können die durch den Wagen verursachten Vermögensschäden wesentlich höher sein, insbesondere bei Schäden an der Infrastruktur und bei Dritten, für die das verwendende Eisenbahnverkehrsunternehmen diesen gegenüber haftet (z.B. Umweltschäden).

Gemäß Artikel 12 § 6 RIP (Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung von Privatwagen) richten sich die Ansprüche der Eisenbahn gegen den Einsteller wegen Schäden, die während der Beförderung durch den Wagen verursacht worden sind, nach dem Einstellungsvertrag. Nach Ziffer 22 UIC-Merkblatt 433 haftet der Einsteller unterschiedlich, je nachdem, ob der Schaden durch einen sicherheitsrelevanten Teil des Fahrgestells („Untergestell“) verursacht wurde oder nicht: Der Einsteller haftet für Schäden, die durch einen sicherheitsrelevanten Teil des Fahrgestells verursacht wurden, nur, wenn das Eisenbahnunternehmen beweist, dass es den Schaden nicht verschuldet hat. In allen anderen Fällen muss der Einsteller beweisen, dass der Schaden auf einem Verschulden der Eisenbahn beruht, um sich von seiner Haftung zu befreien. Die Bestimmung sieht nunmehr eine Verschuldenshaftung vor, jedoch ohne Haftungsbeschränkung.

Gemäß § 2 ist auch die Regelung in § 1 dispositiver Natur. Bei Einstellungsverträgen könnte damit die bisherige Praxis gemäß Merkblatt UIC 433 und dem so genannten Garantieübereinkommen fortgesetzt werden, sofern die Parteien des Verwendungsvertrages dies vereinbaren. Auch die in Ziffer 68 RIV (Übereinkommen über die gegenseitige Benutzung von Güterwagen im internationalen Verkehr) und Ziffer 21 RIC (Übereinkommen über die gegenseitige Benutzung der Personen. und Gepäckwagen im internationalen Verkehr) vorgesehene Regelung, wonach die Eisenbahnverkehrsunternehmen die ihnen durch die Wagen anderer Eisenbahnverkehrsunternehmen verursachten Schäden selbst tragen, könnte auf Grund einer Vereinbarung nach § 2 beibehalten werden. Eine solche Regelung ist sinnvoll, wenn die Parteien des Vertrages davon ausgehen können, dass das Ausmaß der von ihnen erlittenen Schäden und das Ausmaß der durch ihre Wagen verursachten Schäden im Gesamtergebnis ungefähr ausgeglichen sind. Die Parteien des Verwendungsvertrages würden sich damit die schwierige und aufwändige Ermittlung von Schadensursachen und Beweissicherungsverfahren, die den Bahnbetrieb erheblich stören können, sowie kostenintensive Streitigkeiten ersparen.

Zu Artikel 8

Subrogation

„Subrogation“ bedeutet, dass in einer Rechtsbeziehung eine Person an die Stelle einer anderen Person tritt, um der ersteren zu erlauben, die Rechte, die der zweiten Person zustehen, ganz oder teilweise auszuüben.

Voraussetzung für Subrogation ist die Zustimmung des Halters.

Bei Verträgen, die es erlauben, dass das Eisenbahnverkehrsunternehmen den Wagen anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Verwendung als Beförderungsmittel zur Verfügung stellen darf, ist dieses zweite oder jedes weitere, darauf folgende Eisenbahnverkehrsunternehmen nicht Vertragspartner des Halters. Die Subrogation ermöglicht es einerseits, dass bei Schäden am Wagen der Vertragspartner des Halters rechtlich die Stelle des Eisenbahnverkehrsunternehmens einnimmt, an das der Wagen weitergegeben wurde (Buchst. a). Andererseits ermöglicht die Subrogation es auch, dass bei Schäden, die durch den Wagen verursacht wurden, der Halter im Verhältnis zu den weiteren Eisenbahnverkehrsunternehmen, die den Wagen verwendet haben, an die Stelle des Eisenbahnverkehrsunternehmens tritt, dem er den Wagen selbst vertraglich überlassen hat, und der Halter damit unmittelbar dem verwendenden Eisenbahnunternehmen gegenüber vertraglich haftet (Buchst. b).

Obwohl die Subrogation einer Vereinbarung durch die Parteien des Verwendungsvertrages bedarf, sehen die  CUV deren Möglichkeit ausdrücklich vor, um zu gewährleisten, dass in allen Mitgliedstaaten diese Vereinbarungen anerkannt werden und nicht unter Berufung auf allfällige landesrechtliche Bestimmungen die Zulässigkeit solcher Vereinbarungen bestritten oder eingeschränkt wird.

Die Subrogation (Buchst. a), bei der das Eisenbahnverkehrsunternehmen, das Vertragspartner des Halters ist, vereinbart, dass es diesem gegenüber an die Stelle des Eisenbahnverkehrsunternehmen tritt, das den Wagen tatsächlich verwendet, erlaubt es, durch vertragliche Vereinbarung die „Kanalisierung“ der Haftung bei Verlust oder Beschädigung des Wagens auf das einstellende Eisenbahnverkehrsunternehmen zu erreichen. Die zweite Möglichkeit einer Subrogation (Buchst. b), die vorsieht, dass der Halter gegenüber dem verwendenden Eisenbahnverkehrsunternehmen, das nicht sein unmittelbarer Vertragspartner ist, an die Stelle des Eisenbahnverkehrsunternehmens tritt, das den Wagen anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Verfügung gestellt hat, eröffnet die Möglichkeit, einer unmittelbaren vertraglichen Haftung des Halters gegenüber dem verwendenden Eisenbahnverkehrsunternehmen. Nach dem zweiten Halbsatz in Buchstabe b) ist jedoch das Klagerecht durch das Eisenbahnverkehrsunternehmen auszuüben, das Vertragspartner des Halters ist. Damit wird eine „Kanalisierung“ der Ansprüche erreicht.

Machen die Parteien eines Verwendungsvertrages, der es erlaubt, den Wagen anderen Eisenbahnunternehmen zur Verfügung zu stellen, von der Möglichkeit, eine Subrogation zu vereinbaren, nicht Gebrauch, so können allfällige deliktische Schadenersatzansprüche des Halters wegen Beschädigung oder Verlust des Wagens gegen das verwendende Eisenbahnverkehrsunternehmen nur unter den in den  CUV und im Verwendungsvertrag vorgesehenen Voraussetzungen und Beschränkungen geltend gemacht werden (Art. 10).

Die Parteien des Verwendungsvertrages können selbstverständlich auch vereinbaren, dass der Wagen zwar anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Verwendung als Beförderungsmittel zur Verfügung gestellt werden darf, dass aber in diesem Fall eine Subrogation nicht vereinbart werden darf.

Die Subrogation ist nicht die einzige zulässige Vereinbarung, sondern im Verwendungsvertrag können auch noch andere Abreden getroffen werden.

Zu Artikel 9

Haftung für Bedienstete und andere Personen

§ 1 entspricht dem Artikel 40 CIM, dem Artikel 51 CIV und dem Artikel 18 CUI.

Nach dieser Bestimmung wird der Betreiber der Infrastruktur ex lege als Person, deren sich der Verwender des Wagens bedient, qualifiziert. Die Parteien des Vertrages können etwas anderes vereinbaren  (§ 2).

§ 3 dient der Klarstellung, dass nicht nur die Parteien des Verwendungsvertrages für ihre Bediensteten und für andere Personen haften, sondern auch die jeweils durch Subrogation an ihre Stelle getretenen Eisenbahnverkehrsunternehmen oder Halter. § 3 ist hinsichtlich des § 1 nicht unbedingt nötig, da Artikel 8 ja gerade bewirken soll, dass Ansprüche nur von/gegen die Parteien des ersten Verwendungsvertrages geltend gemacht werden können; er schließt aber eine andere Interpretation aus, beseitigt jeden Zweifel und dient damit der Rechtsklarheit.

Zu Artikel 10

Sonstige Ansprüche

Die Formulierung „in allen Fällen, auf die diese Einheitlichen Rechtsvorschriften Anwendung finden“ soll auch Dritte erfassen, die am Verwendungsvertrag nicht beteiligt sind, soweit sie mit einer der Parteien des Verwendungsvertrages in einer wirtschaftlichen Beziehung stehen, die ihrerseits in einem bestimmten inneren Zusammenhang mit dem Verwendungsvertrag steht. Dies können z.B. die Parteien nachfolgender Verwendungsverträge oder auch der zivilrechtliche Eigentümer des Wagens sein.

Die Bestimmung, die dem Artikel 41 CIM, dem Artikel 52 CIV und dem Artikel 19 CUI entspricht,  soll sicherstellen, dass die in den Einheitlichen Rechtsvorschriften und im Verwendungsvertrag vorgesehenen Voraussetzungen und Beschränkungen nicht dadurch umgangen werden, dass sonstige Ansprüche, insbesondere deliktische Ansprüche, sowohl der Parteien des Verwendungsvertrages als auch Dritter, die mit ihnen in wirtschaftlicher Verbindung stehen, geltend gemacht werden.

Artikel 10 gilt nur für Ansprüche auf Schadenersatz wegen Verlust oder Beschädigung des Wagens oder seiner Bestandteile, weil die  CUV nur für diesen Fall Haftungsbeschränkungen vorsehen. Bei Schäden, die durch den Wagen verursacht werden, gilt hingegen gemäß Artikel 7 eine Verschuldenshaftung ohne Haftungsbeschränkung, sodass eine gleichartige Bestimmung für diesen Fall nicht notwendig ist. Haben die Parteien des Verwendungsvertrages jedoch von der Möglichkeit des Artikels 7 § 2 Gebrauch gemacht, eine abweichende Haftungsregelung zu vereinbaren, und dabei Haftungsbeschränkungen vorgesehen, so können diese vertraglichen Haftungsbeschränkungen nur zwischen den Parteien wirksam werden, nicht jedoch gegenüber Dritten. Soweit es sich um mehrere aufeinan­derfolgende Verwendungsverträge handelt, müsste vertraglich sichergestellt werden, dass auch die Parteien des jeweils folgenden Vertrages als Dritte im Verhältnis zum ersten Verwendungsvertrag gegen den Halter des Wagens keine über die vereinbarten Ansprüche hinausgehenden Ansprüche geltend machen können.

§ 2 dient nach dem Muster des Artikels 9 § 3 der Klarstellung.

Zu Artikel 11

Gerichtsstand

§ 1 sieht die Möglichkeit vor, dass die Parteien des Verwendungsvertrages den Gerichtsstand vereinbaren. Dabei können die Parteien auch ein Gericht in einem Nichtmitgliedstaat wählen, sofern die Gerichte des Nichtmitgliedstaates eine solche Gerichtsstandvereinbarung anerkennen. Nur subsidiär sind die Gerichte des  Mitgliedstaates  zuständig, in dem der Schaden entstanden ist (§ ­ 2).

Zu Artikel 12

Verjährung

Eine Verkürzung der Verjährungsfrist auf zwei Jahre, das heißt auf die längste in den CIM vorgesehene Verjährungsfrist ist nicht erfolgt, da die  Lage bei Ansprüchen aus dem Verwendungsvertrag mit derjenigen bei Ansprüchen aus dem Beförderungsvertrag nicht vergleichbar ist.

In § 2 Buchstabe a) wurde eine Klarstellung eingefügt, ab wann die Frist läuft, wenn nicht feststeht, an welchem Tag der Wagen verloren gegangen ist, sondern der Verlust vermutet wird.

Einheitliche Rechtsvorschriften für den Vertrag über die Nutzung der
Infrastruktur im internationalen Eisenbahnverkehr (CUI)
(Anlage E zum Übereinkommen)

Titel I

Allgemeines

Zu Artikel 1

Anwendungsbereich

§ 1 verzichtet darauf, den Anwendungsbereich auf entgeltliche Verträge zu beschränken. Verträge über die Nutzung einer Eisenbahninfrastruktur müssen nicht in allen Fällen entgeltliche Verträge sein. Es ist grundsätzlich denkbar, dass eine Eisenbahninfrastruktur, deren Betreiber z.B. eine staatliche Stelle ist, auch ohne unmittelbare wirtschaftliche Gegenleistung verschiedenen Beförderern zur Verfügung steht.

Die  CUI gelten nur, soweit der Nutzungsvertrag die Durchführung internationaler  Eisenbahnbeförderungen im Sinne der  CIM und der  CIV bezweckt. Es steht den Mitgliedstaaten jedoch frei, auch für den Binnenverkehr grundsätzlich dasselbe Rechtsregime vorzusehen.

Der letzte Satz in § 1 dient der Klarstellung, dass auch eine von Staaten oder staatlichen Einrichtungen betriebene Eisenbahninfrastruktur, die auf Grund eines Vertrages genutzt wird, unter die  CUI fällt. Handelt es sich um eine „staatliche“ Infrastruktur, muss der Nutzungsvertrag nicht unbedingt zivilrechtlichen Charakter haben; auch öffentlich-rechtliche Verträge sind denkbar, die dann jedoch insbesondere hinsichtlich der Haftung ebenfalls den  CUI unterliegen.

§ 2 hebt hervor, dass nur die Beziehungen der Parteien des Nutzungsvertrages untereinander geregelt werden sollen. Es soll durch „Gleichschaltung“ konkurrierender Ansprüche gegen die Hilfspersonen der Parteien des Nutzungsvertrages jede Möglichkeit zur Umgehung der  CUI vermieden werden. Als eines der wichtigsten Beispiele für die Rechtsbeziehungen, die weiterhin dem Landesrecht unterstehen, stellt § 2 Buchst. a) klar, dass die Haftung der Dienst- oder Auftraggeber der Hilfspersonen diesen gegenüber nicht durch die  CUI geregelt werden.

Zu Artikel 2

Erklärung zur Haftung bei Personenschäden

Wie auch Artikel 2 CIV sieht Artikel 2 die Möglichkeit vor, dass ein Staat erklärt, die Bestimmungen über die Haftung bei Tötung und Verletzung nicht anzuwenden, wenn das schädigende Ereignis auf seinem Gebiet eingetreten ist und das Opfer Angehöriger dieses Staates ist oder in diesem Staat seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Erklärung kann - in Übereinstimmung mit Artikel 42 § 1 Satz 2 COTIF - jederzeit abgegeben werden. Artikel 42 § 1 Satz 1 COTIF sieht vor, dass auch die Erklärung, einen bestimmten Anhang zum Übereinkommen in seiner Gesamtheit nicht anzuwenden, jederzeit abgegeben werden kann.

Zu Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Die Begriffsbestimmungen dienen der Präzisierung des materiellen Anwendungsbereiches sowie der redaktionellen Vereinfachung des Textes.

Eine allgemeinere Definition des Begriffes „Eisenbahninfrastruktur“ ist zweckmäßiger, da sie es ermöglicht, gegebenenfalls eintretenden Entwicklungen Rechnung zu tragen.

Der Begriff „Hilfspersonen“ erfasst die natürlichen oder juristischen Personen, auf die zur Erbringung der Leistung zurückgegriffen wird, unabhängig davon, ob sie wirtschaftlich vom Infrastrukturbetreiber oder Beförderer abhängig sind oder nicht.

Als „Dritte“ im Sinne der  CUI (Buchst. e) sind als wesentliches Beispiel die Vertragsparteien des Beförderers, also Absender und Empfänger zu nennen.  Die Ansprüche der Parteien des Beförderungsvertrages gegen den Betreiber der Infrastruktur unterliegen allerdings gemäß den  CIM und den  CIV entsprechenden Einschränkungen, da der Betreiber der Infrastruktur künftig ex lege als Hilfsperson des Beförderers qualifiziert wird (Art. 40 CIM und Art. 51 CIV).

Die Wörter „in dem der Beförderer den Sitz seiner Haupttätigkeit hat“ in Buchstabe f) entsprechen der Terminologie der Richtlinie 91/440/EWG.

Die Begriffsbestimmung in Buchstabe g) („Sicherheitszertifikat“) stellt klar, dass es nicht nur um die Sicherheit der Fahrzeuge geht, sondern dass sich diese Bescheinigung auch auf die interne Organisation  des Unternehmens und das einzusetzende Personal bezieht. 

Zu Artikel 4

Zwingendes Recht

Grundsätzlich haben die  CUI zwingenden Rechtscharakter und gehen damit landesrechtlichen Bestimmungen vor. Die Formulierung lehnt sich an den Wortlaut des Artikels 5 CIM an.

Hinsichtlich der wirtschaftlichen Bedingungen und der Geltungsdauer des Nutzungsvertrages herrscht Vertragsfreiheit.

Der letzte Satz, der wörtlich aus Artikel 5 CIM übernommen wurde, ermöglicht es den Parteien des Vertrages, ihre Haftung zu erweitern. Die Möglichkeit einer Einschränkung der Haftung ist nur hinsichtlich der Höhe der Haftung für Sachschäden vorgesehen. Eine Einschränkung der Haftung bei Personenschäden wäre rechtspolitisch nicht vertretbar.

Titel II

Nutzungsvertrag

Zu Artikel 5

Inhalt und Form

§ 1 hält im Interesse der Rechtsklarheit den Grundsatz fest, dass ein Nutzungsvertrag zu schließen ist, der gemäß § 2 die administrativen, technischen und finanziellen Bedingungen der Nutzung regelt. Hinsichtlich des Inhaltes, insbesondere des Nutzungsumfanges und der jeweiligen Leistungen, sind die Parteien grundsätzlich frei. Das Ergebnis der Vereinbarung muss jedoch im Vertrag festgehalten werden.

§ 2 Buchst. g) spricht bewusst von „finanziellen Bedingungen“, da es grundsätzlich denkbar ist, dass keine unmittelbare Nutzungsgebühr erhoben wird, sondern der Betreiber die Eisenbahninfrastruktur unentgeltlich zur Verfügung stellt oder andere Abgeltungen als ein „Entgelt“ im privatwirtschaftlichen Sinne vorgesehen werden.

Die Formvorschrift, dass der Nutzungsvertrag schriftlich oder in einer funktionell gleichwertigen Form festzuhalten ist, ist angesichts der Wichtigkeit dieses Vertragsverhältnisses und eventueller Streitfälle gerechtfertigt. Die Missachtung der Formvorschrift des § 3 hat jedoch keinen Einfluss auf die Gültigkeit des Vertrages.

Zu Artikel 6

Besondere Pflichten des Beförderers und des Betreibers

Die  CUI verzichten darauf, die allgemeine Verpflichtung des Betreibers der Infrastruktur festzuhalten, dem Beförderer die Nutzung der Infrastruktur gemäß dem Vertrag einzuräumen, weil dies selbstverständlich und daher entbehrlich ist.

Gegen § 1 in der vom Revisionsausschuss beschlossenen Fassung wurde eingewandt, dass eine Betriebsgenehmigung nur erteilt werden dürfe, wenn die Gewähr bestehe, dass der Betrieb insgesamt sicher geführt wird (interne Organisation, Fahrzeuge, Personal). § 1 stelle eine Überreglementierung dar und erwecke den Eindruck, dass ein Staat gegen seinen Willen gezwungen werden könne, in seiner Rechtsordnung ein spezifisches Sicherheitszertifikat vorzusehen. Was allenfalls verlangt werden könne, ist der Nachweis von Kenntnissen betreffend die sichere Nutzung fremder Infrastruktur. Die Bestimmung sieht jedoch vor, dass der Beförderer gegebenenfalls zusätzlich zur Betriebsgenehmigung auch ein Sicherheitszertifikat vorlegen muss.  Eine Betriebsgenehmigung wird unabhängig von der zu nutzenden Infrastruktur erteilt.

Der Grundsatz (§ 1 Satz 1), dass der Beförderer berechtigt sein muss, die Tätigkeit als Eisenbahnbeförderer auszuüben, stellt eine Verpflichtung dar, die im Allgemeinen dem öffentlichen Recht zugerechnet wird und die an anderer Stelle geregelt ist oder zu regeln wäre. Diese Bestimmungen haben in den  CUI eher deklaratorischen Charakter und sollen dem Beförderer seine diesbezüglichen Pflichten nochmals verdeutlichen. § 1 Satz 3 hingegen räumt dem Betreiber ein vertragliches Recht gegenüber dem Beförderer ein, bestimmte Nachweise zu verlangen.

Die Betriebsgenehmigung ist nicht das einzige Mittel zum Nachweis der Befähigung zur Ausübung der Beförderungstätigkeit; die Befähigung zur Ausübung dieser Tätigkeit kann auch auf jede andere Weise nachgewiesen werden.

Der Beförderer muss dem Betreiber der Infrastruktur im Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung oder im Laufe der Vertragsdurchführung jedes Ereignis mitteilen, das die Gültigkeit seiner Betriebsgenehmigung, seines Sicherheitszertifikats oder der anderen Nachweise beeinflussen kann (§ 2).

Wegen des möglichen Ausmaßes, das sowohl Personenschäden durch Tötung oder Verletzung als auch Sachschäden durch Zerstörung oder Beschädigung im Rahmen der Nutzung der Eisenbahninfrastruktur erreichen können, wird dem Betreiber das Recht eingeräumt (§ 3), den Nachweis ausreichender finanzieller Deckung für solche Fälle zu verlangen, obwohl in der Regel schon für den Erwerb einer Konzession als Eisenbahnverkehrsunternehmen ausreichende finanzielle Sicherheiten erforderlich sind. Es hängt vom Betreiber ab, ob er einen solchen Nachweis verlangt. Auch der Abschluss einer Haftpflichtversicherung ist nicht zwingend vorgesehen. Als „gleichwertige Vorkehrung“ kommt auch die von einigen Eisenbahnen praktizierte Selbstversicherung in Betracht.

Dem Betreiber wird lediglich hinsichtlich der Mitteilungspflicht (§ 4)  die gleiche Pflicht auferlegt wie dem Beförderer.

Zu Artikel 7

Dauer des Vertrages

§ 1 ist im Zusammenhang mit den in §§ 2 bis 4 vorgesehenen Regelungen über die fristlose Kündigung zu lesen.

Artikel 7 unterscheidet zwischen einer fristlosen Kündigung des Vertrages durch eine der Parteien gemäß §§ 2 und 3 und der Möglichkeit für beide Parteien, den Vertrag fristlos gemäß § 4 zu kündigen; in letzterem Fall können sie die Modalitäten der Ausübung dieses Rechtes vereinbaren. Diese Unterscheidung ist darauf zurückzuführen, dass ursprünglich eine automatische Beendigung des Nutzungsvertrages vorgesehen werden sollte, wenn der Beförderer nicht mehr über eine gültige Betriebsgenehmigung oder ein gültiges Sicherheitszertifikat verfügt oder wenn der Betreiber sein Recht zum Betrieb der Infrastruktur verliert. 

§ 5 regelt die haftungsrechtlichen Folgen der Kündigung des Nutzungsvertrages.

§ 6 erlaubt es den Parteien des Vertrages, besondere Bedingungen für die Kündigung bei Zahlungsverzug und bei Verletzung von Mitteilungspflichten durch den Beförderer zu vereinbaren. Überdies können der Beförderer und der Betreiber auch die haftungsrechtlichen Folgen der Kündigung einvernehmlich anders regeln, als § 5 es vorsieht.

Titel III

Haftung

Zu Artikel 8

Haftung des Betreibers

§ 1 legt den Grundsatz der objektiven (strikten) Haftung des Betreibers der Infrastruktur fest. Der Geschädigte (Beförderer oder seine Hilfsperson) hat die Schadensursache (Mängel beim Betrieb der oder an der Infrastruktur) und die Schadenshöhe zu beweisen; er hat ferner zu beweisen, dass der Schaden während der Dauer der Nutzung der Infrastruktur verursacht wurde. Damit wird der Grundsatz der objektiven Haftung  zum Ausdruck gebracht.

§ 1 Buchst. b) stellt klar, dass die Haftung für Sachschäden die Haftung für so genannte (reine) Vermögensschäden nicht umfasst. Ausgenommen sind gemäß § 1 Buchst. c) Vermögensschäden, die sich daraus ergeben, dass der Beförderer Entschädigungen gemäß den  CIV oder  CIM zu leisten hat. Schäden an Beförderungsmitteln sind Sachschäden, die der Beförderer unmittelbar erleidet, selbst wenn diese Beförderungsmittel nicht sein zivilrechtliches Eigentum sind, sondern er darüber auf Grund eines Vertrages gemäß den  CUV verfügt.

Bei Tötung und Verletzung von Personen gilt jedoch für den Ersatz von Schäden, die über die in Artikel 11 und 12 geregelten Schäden hinausgehen, insbesondere für Schmerzensgeldansprüche, gemäß Artikel 13 Landesrecht.

Ob und inwieweit der Betreiber für Schäden haftet, die durch Verspätung und Betriebsstörungen entstehen, unterliegt der Vereinbarung der Parteien des Vertrages (§ 4).

Von der vorstehend beschriebenen objektiven Haftung kann sich der Betreiber der Infrastruktur auf Grund der abschließend aufgezählten Haftungsbefreiungsgründe des § 2 freizeichnen. Die Haftungsbefreiungsgründe sind unterschiedlich, je nachdem ob es sich um Personenschäden (Tötung, Verletzung oder sonstige Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Gesundheit) oder um Sachschäden (Zerstörung oder Beschädigung beweglicher oder unbeweglicher Sachen) handelt. Bei Personenschäden sind die Haftungsbefreiungsgründe analog zu denen der  CIV gestaltet, bei Sachschäden analog zu den Haftungsbefreiungsgründen der  CIM, jedoch ohne privilegierte Befreiungsgründe vorzusehen.

Die Wörter „nach der Lage des Falles gebotenen Sorgfalt“ waren bei Schaffung des Zusatzübereinkommens von 1966 zur CIV in die Definition des „unabwendbaren Ereignisses“ eingefügt worden, um den Charakter der Haftung als „Gefährdungshaftung“ zu betonen. Diese Wörter sollten verhindern, dass die Haftung der Eisenbahn bei Tötung und Verletzung von Reisenden zu einer bloßen Verschuldenshaftung mit umgekehrter Beweislast umgedeutet würde. Die im Rahmen der ersten Lesung beschlossene Streichung dieser Worte wurde bei der zweiten Lesung wieder rückgängig gemacht.

Die ursprünglich im Entwurf enthaltene Formulierung „ganz oder teilweise, und zwar in dem Maß, in dem“ wurde redaktionell vom Revisionsausschuss vereinfacht und durch das Wort „soweit“ ersetzt. Die parallele Textstelle in Artikel 26 § 2 Buchst. b) CIV wurde bei der zweiten Lesung an diese Neufassung angepasst.

§ 3 ist im Zusammenhang mit § 2 Buchst. a) Ziffer 2 zu sehen. Während bei einem Verschulden des Geschädigten gemäß dieser Bestimmung der Betreiber anteilsmäßig („soweit“) haftet, haftet er bei bloßer Mitverursachung durch das Verhalten eines Dritten für das Ganze. Er kann sich also nur entweder ganz oder gar nicht von seiner Haftung befreien. Aus sprachlichen und systematischen Gründen wurde diese Regelung in einen eigenen Paragraphen aufgenommen.

Zu Artikel 9

Haftung des Beförderers

Auf Grund dieser Bestimmung hat der Geschädigte (Betreiber oder seine Hilfsperson) einen unmittelbaren Anspruch gemäß den  CUI auf Entschädigung gegenüber dem Beförderer, selbst wenn der Schaden durch beförderte Personen oder durch das beförderte Gut verursacht worden ist. Allfällige deliktische oder quasi-deliktische Ansprüche gegen beförderte Personen oder gegen die für das beförderte Gut haftbaren Kunden des Beförderers fallen nicht in den Anwendungsbereich der  CUI. Die Haftungsbefreiungsgründe sind analog zu den Haftungsbefreiungsgründen in Artikel 8 gestaltet, das heißt bei Personenschäden analog zu denen der  CIV   und bei Sachschäden analog zu denen der  CIM, jedoch ohne privilegierte Haftungsbefreiungsgründe.

Die Rückgriffsansprüche des Beförderers gegen Dritte werden in den  CUI nicht geregelt, sondern richten sich entweder nach den  CIM, den  CIV oder dem maßgebenden Landesrecht. Auch direkte Ansprüche des Beförderers oder seiner Hilfspersonen gegen Dritte (z.B. Absender oder Reisende) werden nicht in den  CUI geregelt, sondern unterliegen ebenfalls den  CIM, den  CIV oder weiteren landesrechtlichen Vorschriften.

Zu Artikel 10

Zusammenwirken von Ursachen

Dieser Artikel regelt die Haftung bei Zusammenwirken von Ursachen, die von mehreren Beteiligten zu vertreten sind. § 1 regelt den Fall, dass Ursachen, die vom Betreiber zu vertreten sind, und Ursachen, die von einem Beförderer zu vertreten sind, bei der Entstehung eines Schadens zusammengewirkt haben. § 2 regelt den Fall, dass Ursachen, die vom Betreiber zu vertreten sind, und Ursachen, die von mehreren Beförderern zu vertreten sind, zusammengewirkt haben. § 3 regelt den Fall, dass lediglich Ursachen, die von mehreren Beförderern zu vertreten sind, zusammengewirkt haben. In allen drei Fällen gilt der Grundsatz, dass bei bekannter Ursache nur anteilsmäßig zu haften ist. Bei unbekannter Ursache in den Fällen des § 1 und § 2 hat die geschädigte Partei des Vertrages (Betreiber, Beförderer) ihren eigenen Schaden zu tragen, während im Fall des § 3 die beteiligten Beförderer den Schaden, den der Betreiber erlitten hat, zu gleichen Teilen übernehmen müssen.

Mit § 2 wird auch ein anderer Beförderer, der dieselbe Infrastruktur benutzt, in die Regelung einbezogen, wenn von mehreren Beförderern gesetzte Ursachen für die Entstehung eines Schadens zusammengewirkt haben. Dies ist nach Ansicht des Zentralamtes, der der Revisionsausschuss gefolgt ist, deshalb berechtigt, weil davon auszugehen ist, dass auch der andere Beförderer, der dieselbe Infrastruktur benutzt, mit dem Betreiber der Infrastruktur in einem Vertragsverhältnis steht und dieses Vertragsverhältnis ebenfalls den  CUI unterliegt, da Beförderer im Sinne dieses Artikels nur Beförderer gemäß Artikel 3 Buchst. c) sind. Hinsichtlich des Haftungsgrundes und der Haftungshöchstbeträge gelten daher für beide in einen Schaden verwickelte Beförderer die Grundsätze der  CUI.

Sind Eisenbahnverkehrsunternehmen beteiligt, die nicht Beförderer gemäß Artikel 3 Buchst. c) sind, gilt im Verhältnis zu ihnen Landesrecht.

§ 3 bezieht sich auf Fälle, in denen der Betreiber keine der Schadensursachen zu vertreten hat.

Parteien des Vertrages sind nur der oder die beteiligten Beförderer und der Betreiber der Infrastruktur, nicht jedoch deren Hilfspersonen. Die Ansprüche der Hilfspersonen gegen ihren Dienst- oder Auftraggeber richten sich nach Landesrecht.

Zu Artikel 11

Schadenersatz bei Tötung

Hinsichtlich der Tatbestände, für die Ersatz zu leisten ist, ist diese Bestimmung parallel zur Regelung in den  CIV bei Tötung und Verletzung von Reisenden gestaltet. Sowohl bei Personenschäden, die vom Beförderer, als auch bei Personenschäden, die vom Betreiber der Infrastruktur verursacht wurden, gilt dieselbe Regelung.

Zu Artikel 12

Schadenersatz bei Verletzung

Siehe die Bemerkungen zu Artikel 11.

Zu Artikel 13

Ersatz anderer Personenschäden

Anders als bei Sachschäden wird bei Personenschäden ein Ersatz mittelbarer Schäden, insbesondere Schmerzensgeld, nicht ausgeschlossen, sondern richtet sich nach Landesrecht. Zwar bestimmt das Landesrecht, ob und wieweit ein Ersatz für andere Arten von Schäden als die in den Artikeln 11 und 12 vorgesehenen Schäden verlangt werden kann, jedoch sind solche Ansprüche dem Grunde nach immer nur unter den Haftungsvoraussetzungen des Artikels 8 oder des Artikels 9 gegeben. Kann sich der Betreiber oder der Beförderer von seiner Haftung dem Grunde nach befreien, so kann auch nach Landesrecht kein Ersatzanspruch für andere Schäden zuerkannt werden.

Zu Artikel 14

Form und Höhe des Schadenersatzes bei Tötung und Verletzung

Auch diese Bestimmung wurde parallel zur Regelung der Haftung des Beförderers bei Tötung und Verletzung von Reisenden gemäß den  CIV gestaltet.

Bei dem in § 2 genannten Betrag handelt sich nicht um eine Höchstgrenze wie bei den anderen Haftungsbegrenzungen, sondern um eine Mindestgrenze: Sieht das Landesrecht keine betragsmäßige Beschränkung des Schadenersatzes vor, oder übersteigt die landesrechtlich vorgesehene Höchstgrenze den in den  CUI vorgesehenen Betrag, so kommt diese Bestimmung überhaupt nicht zur Anwendung. Sieht hingegen das Landesrecht eine Höchstgrenze vor, die niedriger ist als die angegebene Zahl von Rechnungseinheiten für den Kapitalbetrag, so wird dieser Betrag durch die  CUI entsprechend erhöht. Mit 175 000 Rechnungseinheiten (s. Art. 9 COTIF) wurde derselbe Betrag vorgesehen wie in Artikel 30 § 2 CIV.

Zu Artikel 15

Verlust des Rechtes auf Haftungsbeschränkung

Nach dieser Bestimmung muss es  bei Vorsatz oder qualifiziertem Verschulden möglich sein, über eventuelle im Landesrecht vorgesehene Höchstbeträge hinaus zu gehen.

Zu Artikel 16

Umrechnung und Verzinsung

Diese Bestimmung wurde parallel zu Artikel 37 CIM gestaltet und entspricht Artikel 47 §§ 1 und 2 CIM 1980 in der Fassung des Protokolls 1990.

Zu Artikel 17

Haftung bei nuklearem Ereignis

Die Formulierung entspricht Artikel 49 CIM 1980.

Zu Artikel 19

Sonstige Ansprüche

Diese Regelung entspricht Artikel 51 CIM 1980 und wurde in Artikel 41 CIM übernommen. Auf die Bemerkungen zu diesem Artikel wird verwiesen.

Allfällige direkte Ansprüche gegen andere Verursacher als den Betreiber der Infrastruktur oder den Beförderer und deren Hilfspersonen, beispielsweise gegen den Absender, der durch mangelhafte Verladung einen Schaden an der Infrastruktur verursacht hat, fallen nicht unter die  CUI. Sie unterliegen daher auch nicht den Einschränkungen des Artikels 19. Für solche Ansprüche gilt Landesrecht.

Zu Artikel 20

Prozessvereinbarungen

Um langwierige und kostspielige Ermittlungen von Schadensursachen, die den Betrieb  stören würden, sowie um Streitigkeiten zu vermeiden, wird den Parteien die Möglichkeit eingeräumt, Vereinbarungen z.B. über pauschale Schadenersatzleistungen, pauschale Aufteilung des Schadens oder über den gegenseitigen Verzicht auf Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen zu treffen. Diese Vereinbarungen betreffen nur die Parteien des Vertrages und können nicht zu Lasten anderer Personen (z.B. der Hilfspersonen) gehen.

Titel IV

Ansprüche der Hilfspersonen

Zu Artikel 21

Ansprüche gegen Betreiber oder Beförderer

Die Hilfspersonen des Betreibers stehen in keinem Vertragsverhältnis zum Beförderer, die Hilfspersonen des Beförderers in keinem Vertragsverhältnis zum Betreiber. Dessen ungeachtet regeln die  CUI auch die Ansprüche dieser Personen gegen die jeweils andere Partei des Nutzungsvertrages. Ziel ist auch hier, dass die Hilfspersonen der einen Vertragspartei ihre Ansprüche auf Schadenersatz gegen die jeweils andere Vertragspartei des Nutzungsvertrages nur unter den in den  CUI vorgesehenen Voraussetzungen und Beschränkungen geltend machen können. Die Ansprüche der Hilfspersonen gegen ihre Dienst- oder Auftraggeber werden hingegen in den  CUI nicht geregelt.

Artikel 21 regelt nur die Ansprüche der Hilfspersonen der einen Vertragspartei gegen die jeweils andere Partei des Nutzungsvertrages, nicht jedoch ihre Ansprüche gegenüber Dritten im Sinne der Definition in Artikel 3 Buchst. e).

Titel V

Geltendmachung von Ansprüchen

Zu Artikel 22

Schlichtungsverfahren

Angesichts der Besonderheiten des Nutzungsvertrages könnte es sich als zweckmäßig erweisen, besondere Einrichtungen zur Streitschlichtung zu schaffen. Soweit die Parteien des Nutzungsvertrages schiedsgerichtliche Verfahren auf Grund dieser Bestimmung vorsehen, müssen sie dies im Rahmen des jeweils geltenden Landesrechtes tun, sofern sie nicht die Anrufung des in Titel V COTIF vorgesehenen Schiedsgerichts vereinbaren.

International einheitlich geregelt ist jedoch die Wirkung eines zwischen den  Parteien des Nutzungsvertrages zur Streitschlichtung vereinbarten Verfahrens hinsichtlich der Verjährung (Art. 25 § 5).

Zu Artikel 23

Rückgriff

Diese Bestimmung ist Artikel 62 CIM 1980 (Art. 51 § 1 CIM) nachgebildet und soll divergierende Ansprüche vermeiden.

Zu Artikel 24

Gerichtsstand

Die  CUI sehen die Möglichkeit einer Gerichtsstandvereinbarung durch die Parteien des Vertrages vor. Nur subsidiär sind die Gerichte des Mitgliedstaates zuständig, in dem der Betreiber seinen Hauptsitz hat.

Die Gerichte des Mitgliedstaates, in dem der Betreiber seinen Hauptsitz hat, sind unabhängig davon zuständig, ob der Betreiber Beklagter oder Kläger ist. Begründet wurde diese eher unübliche Regelung der Zuständigkeit mit der Zweckmäßigkeit, allfällige Untersuchungen, deren Ergebnis gleichzeitig für verschiedene parallel laufende Verfahren dienen könnte, auf den Unfallort zu konzentrieren. Auch die technischen Eigenheiten der Eisenbahninfrastruktur wurden als Argument angeführt.

Zu Artikel 25

Verjährung

Die bei der Frachtführerhaftung herkömmliche Verjährungsfrist (1 Jahr) erscheint zu kurz, da sehr komplexe Streitfälle denkbar sind.

Die Sonderregelung des § 3 bei Tötung von Personen, die eine absolute Verjährungsfrist von fünf Jahren vorsieht, ist aus den  CIV übernommen.

§ 4 räumt für Rückgriffsklagen eine zusätzliche Frist ein. Dies ermöglicht es, den Ausgang des ursprünglichen Verfahrens abzuwarten. 

§ 6 lehnt sich an Artikel 60 § 6 CIV und in Artikel 48 § 5 CIM an.

Einheitliche Rechtsvorschriften für die Verbindlicherklärung technischer Normen und für die Annahme einheitlicher technischer Vorschriften für Eisenbahnmaterial, das zur Verwendung im internationalen Verkehr bestimmt ist (APTU)
(Anhang F zum Übereinkommen)

Allgemeines

Zu unterscheiden ist zwischen der Ausarbeitung einheitlicher technischer Vorschriften und technischer Normen einerseits und der Verbindlicherklärung andererseits. Die Ausarbeitung technischer Normen (Normierung) soll und kann nicht Aufgabe der OTIF sein. Vielmehr soll die Ausarbeitung technischer Normen weiterhin - jedoch nicht unbedingt ausschließlich - in den bestehenden, nichtstaatlichen Normungsinstitutionen wie dem Europäischen Komitee für technische Normung (CEN), dem Europäischen Komitee für elektrotechnische Normung (CENELEC), dem Europäischen Institut für Telekommunikationsnormen (ETSI) usw. unter Beteiligung der Eisenbahnverkehrs­unternehmen, der Infrastrukturbetreiber und der Hersteller von Eisenbahnmaterial erfolgen, um deren Fachkompetenz zu nutzen.

Auch die Ausarbeitung einheitlicher technischer Vorschriften, die nicht den Charakter technischer Normen haben, für Bau und Betrieb von Eisenbahnmaterial soll weiterhin - aber auch hier nicht unbedingt ausschließlich - Angelegenheit der Verbände der Eisenbahnverkehrsunternehmen, der Infrastrukturbetreiber und der Hersteller von Eisenbahnmaterial (z.B. Internationaler Eisenbahnverband - UIC -, Organisation für die Zusammenarbeit der Eisenbahnen - OSShD - und Verband der europäischen Eisenbahnindustrien - UNIFE -) bleiben.

Die  APTU stellen - abgesehen von ihren Anlagen - eine Verfahrensregelung dar. Ihr wesentlicher Inhalt besteht darin zu regeln, wie die von den genannten Institutionen ausgearbeiteten technischen Normen und einheitlichen technischen Vorschriften für rechtsverbindlich zu erklären bzw. anzunehmen und in die Anlagen zu den  APTU aufzunehmen sind. Die in die Anlagen aufgenommenen technischen Normen und einheitlichen technischen Vorschriften bilden die materiellen Grundlagen für Bau und Betrieb/Verwendung von Eisenbahnmaterial und das Zulassungsverfahren nach den  ATMF (Anhang G zum Übereinkommen).

Erst die  APTU schaffen die nötigen Voraussetzungen für eine einheitliche Regelung des Verfahrens, nach welchem die technische Zulassung von Fahrzeugen und sonstigem Eisenbahnmaterial, das zur Verwendung im internationalen Verkehr bestimmt ist, von den Behörden der Mitgliedstaaten durchgeführt wird, und zwar mit der Folge, dass die in einem Mitgliedstaat erteilte technische Zulassung, ohne Durchführung erneuter Verfahren in den anderen Mitgliedstaaten der OTIF, von diesen Staaten anerkannt wird. Nur wenn es gelingt, einheitliche technische Normen und Vorschriften für Bau und Betrieb/Verwendung von Eisenbahnmaterial zu schaffen, die in allen Mitgliedstaaten der OTIF rechtsverbindlich sind, gibt es eine gemeinsame Grundlage für das Verfahren der technischen Zulassung von Eisenbahnmaterial.

Die Verbindlicherklärung technischer Normen sowie die Annahme einheitlicher technischer Vorschriften als verbindliche Rechtsgrundlage für das Zulassungsverfahren muss daher auf staatlicher Ebene erfolgen, wobei sich die OTIF als geeignete Organisation anbietet.

Das im Rahmen der OTIF entwickelte System zur Harmonisierung und Weiterentwicklung technischer Normen und einheitlicher technischer Vorschriften auf dem Gebiet des internationalen Eisenbahn­verkehrs beschränkt sich im wesentlichen auf eine Verbindlicherklärung. Es orientiert sich bewusst nicht an den in der Richtlinie 96/48/EG vorgesehenen Methoden und Verfahren. Das OTIF-System der  APTU verzichtet auf die Schaffung neuer Organe und Gremien für die Entwicklung und Ausarbeitung technischer Normen und einheitlicher technischer Vorschriften, sondern überlässt diese Aufgabe - insofern besteht eine Parallele zur genannten Richtlinie - weiterhin den nationalen und internationalen Normungsinstituten (z. B.: CEN, CENELEC, ETSI) sowie der daran interessierten - herstellenden und verwendenden - Industrie und ihren Verbänden (z.B. UIC, OSShD und UNIFE).

Die im Rahmen der OTIF entwickelte Konzeption der  APTU und der  ATMF hat nicht nur eine verkehrspolitische, sondern auch eine verkehrssicherheits-, industrie- und wettbewerbspolitische Dimension. Sie liegt auf der Linie der bisher von den EG auf den Gebieten des Verkehrs, der Industrie und des Wettbewerbs verfolgten Politik: Binnenmarkt, Freizügigkeit des Verkehrs, Rechtsangleichung, technische Harmonisierung und Wettbewerbsneutralität.

Das Verfahren für die Verbindlicherklärung technischer Normen und die Annahme einheitlicher technischer Vorschriften ist so flexibel wie möglich gestaltet worden, in Anlehnung an das Änderungsverfahren für das RID.

Entscheidungsträger ist der im Grundübereinkommen vorgesehene Fachausschuss für technische Fragen (s. Art. 20 COTIF), in dem alle Mitgliedstaaten - und eventuell beigetretene regionale Organisationen für wirtschaftliche Integration (z.B. die EG) mit Sitz und Stimme vertreten sind.

Die Einrichtung des Fachausschusses und die wichtigsten verfahrensrechtlichen Fragen, einschließlich der Vorschriften über die Inkraftsetzung der Beschlüsse, sind im Übereinkommen selbst geregelt (s. Art. 20, 33 und 35 COTIF).

Zu Artikel 1

Anwendungsbereich

Der Entwurf regelt das Verfahren für

-       die „Verbindlicherklärung“ technischer Normen und

-       dieAnnahmeeinheitlicher technischer Vorschriften

Artikel 4 stellt klar, dass die Ausarbeitung technischer Normen und einheitlicher technischer Vorschriften durch die APTU nicht geregelt wird.

Der Anwendungsbereich wurde möglichst weit gefasst, um technische Normen und einheitliche technische Vorschriften nicht nur für Eisenbahnfahrzeuge, deren Ausrüstungsgegenstände und Teile, sondern auch für die Infrastruktur, die Sicherungs- und Betriebsleitsysteme und Eisenbahnmaterial ganz allgemein einzubeziehen, soweit diese zur Verwendung im internationalen Verkehr bestimmt sind (s. die Aufzählung der technischen Anlagen in Art. 8).

Zu Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Ein Teil dieser Begriffsbestimmungen findet sich schon in anderen Anhängen, z.B. den  CUI und den  CUV („Eisenbahninfrastruktur“, „Eisenbahnverkehrsunternehmen“, „Betreiber“ der Eisenbahninfrastruktur), andere Begriffe sind nur im Zusammenhang mit den  APTU von Bedeutung („Eisenbahnmaterial“, „Triebfahrzeug“, „technische Norm“ usw.). Alle Begriffsbestimmungen werden in den jeweiligen Anhängen und nicht im Grundübereinkommen selbst definiert, da sie nicht notwendigerweise einheitlich sind, sondern für die Zwecke des jeweiligen Anhangs durchaus unterschiedlich gefasst sein können.

„Technische Vorschriften“ wäre an sich der allgemeinste und übergreifende Begriff, der auch „techni­sche Normen“ im engeren Sinn mit einschließt. Der Begriff „technische Normen“ wird allerdings im Sprachgebrauch keineswegs einheitlich verstanden oder verwendet. Die  APTU versuchen daher, zu einer Abgrenzung dieser Begriffe zu gelangen und bezeichnen als „technische Vorschriften“ nur Vorschriften, die nicht „technische Normen“ im engeren Sinn der Definition des Buchstaben k) sind. Die im Rahmen der EG ausgearbeiteten technischen Spezifikationen sind einer „technischen Norm“ gleichzusetzen. Dies soll Unklarheiten hinsichtlich technischer Regeln, die von europäischen Institutionen angenommen oder für rechtsverbindlich erklärt wurden, vermeiden. Da „technische Spezifikationen“ der EG nicht in allen Fällen Ergebnis einer Normung im Sinne des Buchstaben k) sind, hätte es näher gelegen, diese technischen Spezifikationen den „einheitlichen technischen Vorschriften“ gleichzusetzen.

Der Begriff „Vertragsstaat“ wird in diesem Anhang verwendet, da Mitgliedstaaten der OTIF, die eine Erklärung gemäß Artikel 42 § 1 Satz 1 COTIF abgeben, nicht Vertragsparteien der  APTU sind.

Zu Artikel 3

Zweck

Diese Bestimmung soll dem Fachausschuss für technische Fragen bei seiner Arbeit als Orientierung dienen. § 1 enthält die allgemeinen Ziele der Verbindlicherklärung technischer Normen und der Annahme einheitlicher technischer Vorschriften.

Es wurde klargestellt, dass lediglich technische Normen oder einheitliche technische Vorschriften verbindlich erklärt werden sollen, die auf internationaler Ebene ausgearbeitet wurden (§ 2).

Ferner ist nach Möglichkeit die Interoperabilität der für den internationalen Verkehr erforderlichen technischen Systeme und Komponenten sicherzustellen (§ 3 Buchst. a). Nach § 3 Buchst. b) sind die technischen Normen und die einheitlichen technischen Vorschriften nach Möglichkeit wirkungsorientiert.  Die für verbindlich erklärten Normen und angenommenen einheitlichen technischen Vorschriften sollten grundsätzlich deshalb wirkungsorientiert sein , weil sonst die technische Weiterentwicklung behindert werden könnte. Dieses Problem kann allerdings nicht allgemein gelöst werden, sondern es ist bei jeder einzelnen Norm und jeder einzelnen technischen Vorschrift inhaltlich zu prüfen, ob sie diesem Kriterium gerecht wird, und zwar bereits im Stadium der Ausarbeitung.

Der „Zweck-Artikel“ hat jedoch keine Rechtswirkungen hinsichtlich ordnungsgemäß gefasster Beschlüsse des Fachausschusses für technische Fragen; das heißt, gültig zustande gekommene Beschlüsse können nicht unter Berufung auf Artikel 3 inhaltlich angefochten werden.

Zu Artikel 4

Ausarbeitung technischer Normen und Vorschriften

Schon aus Artikel 1 geht hervor, dass die  APTU nicht die Ausarbeitung technischer Normen oder Vorschriften regeln, sondern nur das Verfahren, nach dem technische Normen für verbindlich erklärt und einheitliche technische Vorschriften angenommen werden. Die Ausarbeitung bleibt weiterhin und vornehmlich den nationalen oder internationalen Normungsinstituten (z.B. CEN, CENELEC, ETSI usw.) und den sonstigen hierfür zuständigen Institutionen, insbesondere UIC, OSShD und UNIFE, überlassen (§ 1).

Eine Regelung betreffend die Berechtigung, Anträge zu stellen (s. Art. 5 und 6) ist ausreichend, um sicherzustellen, dass die Arbeiten der betreffenden Institute und Institutionen zur Verbindlicherklärung entsprechender technischer Normen oder zur Annahme einheitlicher technischer Vorschriften führen können.

§ 2 soll verdeutlichen, dass der klassische Normierungsprozess hinsichtlich industrieller Produkte und Verfahren unberührt bleibt.

Bei Art. 4 handelt es sich um eine deklaratorische Bestimmung. Ihre Bedeutung besteht darin, dass sie die Arbeitsteilung zwischen Ausarbeitung und Verbindlicherklärung oder Annahme deutlich zum Ausdruck bringt.

Zu Artikel 5

Verbindlicherklärung technischer Normen

Diese Bestimmung ist neben dem Artikel 6 das eigentliche Kernstück der  APTU.

In den Begriffsbestimmungen in Artikel 2 Buchst. k) und l) sowie gemäß Artikel 5 und 6 wird zwischen technischen Normen und einheitlichen technischen Vorschriften differenziert. 

§ 1 Buchst. d) bezieht sich insbesondere auf die UIC, schließt aber andere Eisenbahn-Organisationen wie die OSShD und andere Verbände wie die UNIFE nicht aus.

Es bleibt dem Landesrecht jedes Vertragsstaates der  APTU überlassen, in welcher Weise er die völkerrechtlichen Verpflichtungen umsetzt, die sich aus der Verbindlicherklärung einer technischen Norm ergeben.

Gemäß Artikel 20 § 3 COTIF kann der Fachausschuss für technische Fragen technische Normen nur unverändert für verbindlich erklären oder ihre Verbindlicherklärung ablehnen, sie jedoch nicht aus Anlass der Verbindlicherklärung ändern. Der Grund liegt darin, dass technische Normen zu ihrer Annahme als technische Normen bereits ein gewisses Verfahren zu durchlaufen haben (s. die Definition in Art. 2 Buchst. k)).

§ 2 verweist der Klarheit halber hinsichtlich des Entscheidungsverfahrens im Fachausschuss und hinsichtlich des Inkrafttretens seiner Beschlüsse auf die einschlägigen Artikel des COTIF.

Zu Artikel 6

Annahme einheitlicher technischer Vorschriften

Auch hier bleibt es dem Landesrecht jedes Vertragsstaates der  APTU überlassen, in welcher Weise er die völkerrechtlichen Verpflichtungen umsetzt, die sich aus der Annahme einheitlicher technischer Vorschriften ergeben.

Technische Normen und einheitliche technische Vorschriften werden nicht unterschiedlich  behandelt, das heißt, der Fachausschuss für technische Fragen kann keine Änderungen beschließen, bevor er eine einheitliche technische Vorschrift annimmt.  

Zu Artikel 7

Form der Anträge

Es handelt sich um eine Ordnungsvorschrift zur Erleichterung der Beurteilung der Anträge durch den Fachausschuss für technische Fragen. Die Beachtung dieser Vorschrift liegt im Interesse der Antragsteller.

Zu Artikel 8

Technische Anlagen

§ 1 umschreibt näher die Bereiche, in denen technische Normen und einheitliche technische Vorschriften aufgestellt werden sollen. Diese Bestimmung schafft damit einen Rahmen für die Zuständigkeit des Fachausschussses für technische Fragen, für die verschiedensten Bereiche technische Normen für verbindlich zu erklären und einheitliche technische Vorschriften anzunehmen und damit zur Grundlage der technischen Zulassung von Eisenbahnmaterial (s. ATMF) zu machen.

Als weitere Anlage wurde jene betreffend technische Normen und einheitliche technische Vorschriften für Systeme der Informationstechnologie aufgenommen.

Obwohl die in § 1 Buchst. a) bis g) vorgesehenen Anlagen im wesentlichen alle erforderlichen Bereiche abdecken, soll Buchst. h) die erforderliche Flexibilität gewährleisten und es erlauben, in der Zukunft erforderlichenfalls eine weitere Anlage im vereinfachten Verfahren (Art. 35 COTIF) einzufügen.

Die Arbeiten an den vorgesehenen technischen Anlagen werden erst nach Unterzeichnung des Protokolles geleistet werden können, obwohl die Anlagen gemäß § 2 Satz 1 integrierender Bestandteil des Anhangs F und damit des COTIF selbst sind. Für die Texte dieser Anlagen wurde eine ähnliche rechtstechnische Lösung gewählt wie bei der Revision der Übereinkommen CIV und CIM im Jahre 1980 für die Anlage I des Anhangs B zum COTIF 1980 (RID) (s. Art. 20 COTIF). 

Zu Artikel 9

Erklärungen

Es handelt sich dabei nicht um eine Erklärung im Sinne des Artikels 42 § 1 Satz 1 COTIF zu den APTU als Anhang insgesamt, sondern um Vorbehalte im Sinne des Artikels 42 § 1 Satz 2 COTIF zu einzelnen Anlagen dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften oder zu einzelnen Bestimmungen dieser Anlagen, das heißt zu einzelnen für verbindlich erklärten technischen Normen oder zu einzelnen angenommenen einheitlichen technischen Vorschriften.

Obwohl den in Artikel 3 genannten Zwecken zuwiderlaufend, ist die Möglichkeit derartiger Erklärungen im Hinblick auf die bestehenden Unterschiede in der technischen Ausrüstung in den Mitgliedstaaten der OTIF aus praktischen Gründen von Interesse. Aber auch eine Harmonisierung, die sich nicht in allen Vertragsstaaten auf sämtliche Bereiche erstreckt, kann zu einer Verbesserung der gegenwärtigen Situation im Bereich der Interoperabilität führen.

Erklärungen gemäß Artikel 9 können jederzeit zurückgezogen werden.

Zu Artikel 10

Außerkrafttreten der technischen Einheit

Bei der TE handelt es sich um ein völkerrechtliches Abkommen, das für die Vertragsstaaten noch immer rechtlich bindend ist. Wenngleich seine Bedeutung nicht mehr die gleiche ist wie im Zeitpunkt seiner Verabschiedung und der späteren Änderungen/Ergänzungen - die letzte Fassung datiert von 1938 -, ist dieses Übereinkommen völkerrechtlich nie aufgehoben oder außer Kraft gesetzt worden. Sein Inhalt ist teilweise in andere Vereinbarungen, vornehmlich RIC und RIV, aufgenommen worden, die als Vereinbarungen zwischen den Eisenbahnverwaltungen/ -unternehmen jedoch nicht die gleiche Rechtsqualität haben und nicht die Vertragsstaaten der TE, sondern lediglich die beteiligten Eisenbahnen binden.

Von den 39 Mitgliedstaaten der OTIF sind demnach 22 Staaten auch Vertragsstaaten der Fassung 1938 der TE. Lediglich die Bundesrepublik Jugoslawien als einer der Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien ist nur Vertragsstaat der Fassung 1938 der TE, aber nicht Mitgliedstaat der OTIF.

Im Rahmen der erweiterten Zielsetzung der OTIF (s. Art. 2 § 1 Buchst. c) und d) COTIF) ist vorgesehen, sämtliche technischen Normen und einheitlichen technischen Vorschriften, die für den internationalen Eisenbahnverkehr von Bedeutung sind, in den Anlagen der  APTU zusammenzufassen (und auf dieser Grundlage weiterzuentwickeln).

In diesen technischen Anlagen zu den APTU sollen die Vorschriften der TE aufgehen, sodass mit Inkrafttreten des neuen COTIF, seiner Anhänge und ihrer Anlagen die TE zwischen ihren Vertragsstaaten und den Vertragsstaaten der  APTU aufgehoben werden kann.

Da nicht gewährleistet ist, dass alle Vertragsstaaten der TE auch Vertragsstaaten der  APTU sein werden, also keine Erklärung gemäß Artikel 42 § 1 Satz 1 COTIF abgeben, wird ein zeitgleiches Außerkrafttreten der TE für alle Vertragsstaaten der TE mit der Inkraftsetzung der Anlagen zu den  APTU (Beschluss des Fachausschusses für technische Fragen gemäß Art. 8 § 3 APTU) nicht möglich sein, zumal ungewiss ist, ob die Bundesrepublik Jugoslawien als Vertragsstaat der TE in diesem Zeitpunkt wieder Mitglied der OTIF und auch Vertragsstaat der  APTU sein wird.

Das Übereinkommen über die TE enthält selbst keine institutionellen Bestimmungen z.B. hinsichtlich von Änderungen oder des Inkraft- bzw. des Außerkrafttretens. Nach dem Wiener Übereinkommen von 1969 über das Recht der Verträge kann die Außerkraftsetzung der TE bzw. eine Vorrangregelung in ein anderes, neu abzuschließendes Übereinkommen aufgenommen werden. Um ein solches neu abzuschließendes Übereinkommen handelt es sich beim Protokoll 1999 mit seiner Anlage, dem neugefassten COTIF und seinen Anhängen. Ein besonderer völkerrechtlicher Akt außerhalb oder zusätzlich zum Protokoll 1999 und den  APTU ist daher nicht erforderlich.

Artikel 10 sieht vor, dass mit Inkrafttreten der vom Fachausschuss für technische Fragen gemäß Artikel 8 § 3 beschlossenen Anlagen in allen Vertragsstaaten der TE die Vorschriften der TE außer Kraft treten.

Zu Artikel 11

Vorrang der Anlagen

§ 1 regelt den Fall, dass nicht alle Vertragsstaaten der TE Vertragsstaaten der  APTU werden. Mit Inkrafttreten der vom Fachausschuss für technische Fragen gemäß Artikel 8 § 3 beschlossenen Anlagen haben die Bestimmungen dieser Anlagen im Verhältnis zwischen den Vertragsstaaten der  APTU Vorrang gegenüber den Bestimmungen der TE.

Es sollen nach Möglichkeit nicht nur die TE, sondern auch die entsprechenden Bestimmungen des RIV und des RIC und die für die Eisenbahnen verbindlichen technischen Merkblätter der UIC nach einer entsprechenden Bereinigung in die Anlagen der  APTU gemäß Artikel 8 übernommen werden. Wegen des unterschiedlichen Geltungsgrundes - die TE ist ein völkerrechtlicher Vertrag, RIV und RIC sind Vereinbarungen zwischen den Eisenbahnen - kann jedoch eine teilweise Aufhebung von RIV und RIC nicht unmittelbar in den  APTU geregelt werden, sodass sich § 2 darauf beschränkt, den Vorrang der technischen Anlagen der  APTU gegenüber RIV und RIC festzulegen.

Einheitliche Rechtsvorschriften für die technische Zulassung von Eisenbahnmaterial, das im internationalen Verkehr verwendet wird (ATMF)

Allgemeines

Die derzeit bestehende Rechtssituation im Eisenbahnwesen kann zumindest für eine große Zahl der Mitgliedstaaten der OTIF auf Dauer nicht beibehalten werden. Dies gilt schon heute für die 15 Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften (EG) sowie für die Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) Liechtenstein und Norwegen und wird mittelfristig für die Staaten gelten, die einen Antrag auf Beitritt zu den EG bereits gestellt haben (Türkei, Ungarn, Polen, Rumänien, Slowakische Republik, Estland, Lettland, Litauen, Bulgarien, Tschechische Republik, Slowenien), ab dem Zeitpunkt ihres Beitritts.

Das Recht der EG schreibt für die EG- und EWR-Mitglieder auf der Grundlage der Richtlinie 91/440/EWG die Unabhängigkeit der Geschäftsführung der Eisenbahnunternehmen und damit eine organisatorische und rechtliche Trennung zwischen Staat und Unternehmen vor. Die Richtlinie lässt ferner eine rechtliche und organisatorische Trennung zwischen Eisenbahntransport und Infrastrukturbetrieb zu, ohne die Rechtsform (privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich) vorzugeben. Die Unabhängigkeit der Geschäftsführung der Eisenbahnunternehmen vom Staat ist in der Mehrzahl der Mitgliedstaaten der EG bereits vollzogen, darüber hinaus auch in einigen der beitrittswilligen Staaten.

Zu diesen grundlegenden Änderungen kommt die Öffnung der Eisenbahnnetze in den Staaten der EG und des EWR für andere Eisenbahnverkehrsunternehmen hinzu (Art. 10 der Richtlinie 91/440/EWG sowie Vorschlag der Europäischen Kommission vom 19. Juli 1995 zur Änderung dieser Richtlinie). Dieser Änderungsvorschlag sieht eine vollständige Öffnung der Eisenbahnnetze zur Nutzung durch andere Eisenbahnverkehrsunternehmen vor.  Auch die Idee von so genannten Freight-Freeways macht die grundlegenden Veränderungen deutlich.

Mit dieser für zahlreiche Mitgliedstaaten der OTIF schon heute bzw. künftig (nach Beitritt zu den EG) geltenden Rechtslage kollidiert das weithin noch praktizierte System der Zulassung und technischen Überwachung von Eisenbahnfahrzeugen durch die Eisenbahnen/die Eisenbahnverkehrsunternehmen selbst. Die Möglichkeit und das Recht zur Nutzung der öffentlichen Eisenbahninfrastruktur (Privatgleisanschlüsse zählen nicht dazu) durch alle Eisenbahnverkehrsunternehmen, die in den Staaten der EG und des EWR ihren Sitz haben, oder durch Privatwagenbesitzer sowie eine freizügige Verwendung von Eisenbahnfahrzeugen im internationalen Verkehr müssen zu einer anderen Beurteilung des Systems der Eigenzulassung und der Eigenüberwachung sowie der Zulassung und Überwachung von Fahrzeugen anderer Unternehmen durch die (Staats-) Eisenbahnen führen. Aus grundsätzlichen rechtlichen, insbesondere wettbewerbsrechtlichen Gründen erscheint es ordnungspolitisch nicht länger vertretbar, dass ein im Wettbewerb zu anderen Eisenbahnunternehmen stehendes Eisenbahnunternehmen, sei es mit oder ohne eigene Infrastruktur, darüber befindet, ob und nach welchen Kriterien die Fahrzeuge eines anderen eventuell konkurrierenden Unternehmens (Eisenbahnunternehmen oder auch Privatwagenbesitzer) technisch zum Verkehr zugelassen werden. Eine solche Entscheidung könnte sich stets auch nur auf die Zulassung zum Verkehr auf der eigenen Infrastruktur dieses Unternehmens beziehen.

Es erscheint daher angezeigt, die Grundzüge eines neuen Systems der technischen Zulassung von Eisenbahnfahrzeugen zum internationalen Verkehr sowie die der Zulassung zugrundezulegenden technischen Vorschriften für Bau und Betrieb international einheitlich und verbindlich zu regeln. Den technischen Merkblättern der UIC, die zwar für die Mitglieder dieses Verbandes verbindlich sind, kommt nicht die gleiche Rechtsqualität zu wie staatlich gesetzten Rechtsnormen. Die Einheitlichen Rechtsvorschriften ATMF (ATMF) sind die sachlich vernünftige und politisch konsequente Antwort auf die innerhalb der EG, des EWR und teilweise auch in anderen Staaten eingetretene Rechtsentwicklung. Da der internationale Eisenbahnverkehr nicht nur die Staaten der EG und des EWR berührt, sondern innerhalb der OTIF weitere 22 Staaten, sollte er nicht nur hinsichtlich des Beförderungsrechtes ( CIV/CIM) gleichen Regeln folgen. Es war daher nur folgerichtig, den Gesamtkomplex „Technik“, soweit er für den internationalen Eisenbahnverkehr von Bedeutung ist, im Rahmen der OTIF/des COTIF zu regeln.

Die  ATMF (Anhang G zum Übereinkommen) enthalten die Grundsätze, Ziele und Verfahren der technischen Zulassung von Eisenbahnfahrzeugen. Grundlage der technischen Zulassung werden die in den Anlagen der  APTU (Anhang F zum Übereinkommen) enthaltenen einheitlichen technischen Vorschriften für Bau und Betrieb von Fahrzeugen und Infrastruktur sein. Ihre Beachtung ist notwendig, um internationalen Eisenbahnverkehr unter weitgehender Vermeidung von Traktionswechsel, Umspurung, Umachsung, Umladung oder Umsteigen an den Grenzen der Netze zu ermöglichen und wettbewerbsfähig zu gestalten.

Die vorgesehenen Anlagen der  APTU könnten die Vorstufe einer international einheitlichen Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung darstellen, deren oberstes Ziel es sein sollte, zumindest dort ein hohes Maß an Interoperabilität - über den geographischen Raum der EG und des EWR hinaus - zu ermöglichen, wo eine Vereinheitlichung der technischen Vorschriften über Bau und Betrieb aus finanziellen Gründen nicht vertretbar ist (z.B. wegen unterschiedlicher Spurweiten, Lichtraumprofile, Stromversorgungs- und Zugsi­cherungssysteme).

Die Konzeption der  ATMF sowie der  APTU und ihrer Anlagen ist ausbaufähig auch im Hinblick auf künftige Aufgaben der OTIF.  In diesem Zusammenhang sei auch auf die Artikel 3 und 4 des Übereinkommens hingewiesen.

Es macht es jedoch unmöglich, einheitliche für alle Mitgliedstaaten der OTIF verbindliche technische Vorschriften, die der technischen Zulassung von Eisenbahnfahrzeugen und sonstigem Material zugrundezulegen sind, aufzustellen. Deshalb bleibt möglicherweise der Anwendungsbereich der neuen Anhänge F und G zunächst weitgehend auf die Mitgliedstaaten der OTIF begrenzt, deren Eisenbahnnetze Normalspur haben.

Ähnliches wird hinsichtlich eventueller einheitlicher technischer Vorschriften für das Lichtraumprofil, die Stromversorgung und die Zugsicherungssysteme gelten müssen.

Der wesentliche Inhalt der  ATMF besteht in einer einheitlichen Regelung des Verfahrens, nach welchem die technische Zulassung von Eisenbahnmaterial, das zur Verwendung im internationalen Verkehr bestimmt ist, von den Behörden der Mitgliedstaaten durchgeführt wird. Dieses einheitliche Verfahren hat zur Folge, dass die in einem Mitgliedstaat erteilte technische Zulassung, ohne Durchführung erneuter Verfahren in den anderen Mitgliedstaaten der OTIF, in diesen Staaten anerkannt wird. Eine „Konkurrenzsituation“ zu den EG kann es insoweit nicht geben, da der Erlass von Verfahrensvorschriften und die Durchführung verwaltungsbehördlicher Verfahren auf der Grundlage dieser Vorschriften bisher unstreitig Sache der Mitgliedstaaten der EG sind.

Zu Artikel 1

Anwendungsbereich

Dieser Artikel enthält eine Umschreibung des Anwendungsbereiches der  ATMF und stellt klar, dass es sich um eine Verfahrensregelung handelt.

Zu Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Dieser Artikel enthält die für die  ATMF notwendigen Begriffsbestimmungen. Ein Teil dieser Begriffsbestimmungen findet sich auch in anderen Anhängen, z.B. den  CUI und den  CUV („Eisenbahnverkehrsunternehmen“, „Infrastrukturbetreiber“, “Halter“), andere Begriffe sind nur im Zusammenhang mit der  ATMF von Bedeutung („Bauartzulassung“, „Betriebserlaubnis“ usw.).

Die Differenzierung zwischen „Mitgliedstaat“ und „Vertragsstaat„ (Buchst. a) ist notwendig, weil unter anderem die unterschiedliche Spurweite der Netze in den Mitgliedstaaten eine Anwendung des neuen Anhangs F und seiner technischen Anlagen sowie des neuen Anhangs G durch alle Mitgliedstaaten der OTIF nicht möglich sein wird. Der Ausdruck „Vertragsstaat“ wird nur dort verwendet, wo aus sachlichen Gründen eine Unterscheidung vom „Mitgliedstaat“ der OTIF notwendig ist.

Die Definition in Buchstabe b) stellt lediglich auf die Tatsache des Verkehrens auf der Infrastruktur im Gebiet mindestens zweier Vertragsstaaten ab, unabhängig vom Zweck des Verkehrens. Es fallen demnach auch internationale Verkehre, die nicht den  CIV/CIM oder den  CUI unterliegen, unter den Anwendungsbereich der  ATMF.

Die Definition in Buchstabe d) ist detaillierter als die nach Artikel 3 Buchst. b) CUI und mit dem Recht der EG vereinbar.

Die Definition des Halters in Buchstabe e) entspricht der in Artikel 2 Buchst. c) CUV.

Die Definitionen in den Buchstaben f) bis h) erläutern die neu eingeführten Begriffe, wobei der Begriff „technische Zulassung“ als ein Oberbegriff betreffend das Verfahren zu verstehen ist, das zur Erteilung einer Bauartzulassung oder einer Betriebserlaubnis führt, also auch das Ergebnis des Verfahrens meint.

Die Definition in Buchstabe i) entspricht Artikel 2 Buchst. f) APTU und die Definition in Buchstabe j) orientiert sich an Artikel 2 Buchst. e) APTU.

Zu Artikel 3

Zulassung zum internationalen Verkehr

Das Erfordernis einer technischen Zulassung von Fahrzeugen zum Verkehr rechtfertigt sich aus dem Gebot der Sicherheit auch im internationalen Verkehr (§ 1). Zweck der technischen Zulassung im Verfahren nach den  ATMF (§ 2) ist die Erleichterung des freien Verkehrens von Eisenbahnfahrzeugen und die freizügige Verwendung von sonstigem Eisenbahnmaterial im internationalen Verkehr. Daneben soll auch den Belangen der Umwelt und der öffentlichen Gesundheit Rechnung getragen werden (s. Art. 3 APTU). Für andere Erwägungen und Überlegungen ist im Verfahren der technischen Zulassung von Eisenbahnfahrzeugen und sonstigem Eisenbahnmaterial nach den ATMF kein Raum.

§ 3 stellt klar, dass das Verfahren der technischen Zulassung sinngemäß auch für sonstiges Eisenbahnmaterial sowie für Bauteile von Eisenbahnfahrzeugen und sonstigem Eisenbahnmaterial gilt, wobei hier in erster Linie das Verfahren der Bauartzulassung (Art. 4 § 1 Buchst. b) Ziff. 1 und 2) zur Anwendung kommt. Der im Text verwendete Begriff „Eisenbahnfahrzeug“ schließt einzelne Bauteile stets mit ein.

Die Möglichkeit, auch einzelne Bauteile technisch zuzulassen, ist zweckmäßig, da dies die spätere Zulassung z.B. eines Fahrzeugs als Ganzes vereinfacht. Bei der technischen Zulassung des Fahrzeugs, dessen Bauteile bereits zugelassen wurden, muss allerdings zusätzlich das Zusammenspiel der einzelnen Teile geprüft werden. Es ist selbstverständlich, dass die Zulassung eines Fahrzeugs in seiner Gesamtheit durch die Zulassung einzelner Bauteile, aus denen es besteht, nicht ersetzt werden kann.

Zu Artikel 4

Verfahren

Neben der Zulassung durch Einzelprüfung sieht § 1 Buchst. b) ein Verfahren der technischen Zulassung in zwei Verfahrensabschnitten vor. Dies entspricht weitgehend auch den Verfahren der technischen Zulassung von Straßenfahrzeugen und Luftfahrzeugen. Während die Bauartzulassung eine intensive Prüfung (Vermessung, Testfahrten usw.) des Baumusters/des Prototyps erfordert, kann die Betriebserlaubnis in einem vereinfachten Verfahren erteilt werden, wenn die betreffenden Fahrzeuge in jeder Hinsicht einem bereits zugelassenen Baumuster oder Prototyp entsprechen. Die Bauartzulassung des Prototyps eines Fahrzeugs schließt die Erteilung der Betriebserlaubnis für diesen Prototyp mit ein.

§ 1 umschreibt den Verfahrensablauf in allgemeiner Form. Es wurde in § 2 klargestellt, dass die einzelnen Verfahrensbestimmungen des Artikels 10 gleichwohl gelten. 

Zu Artikel 5

Zuständige Behörde

§ 1 stellt klar, dass die technische Zulassung von Eisenbahnfahrzeugen - wie die technische Zulassung anderer Beförderungsmittel auch - eine Angelegenheit einer Behörde sein muss. Die Tätigkeit der Eisenbahnunternehmen (Beförderung von Gütern und Personen bzw. der Betrieb einer Infrastruktur) ist unternehmerischer Natur. Ein Eisenbahnverkehrsunternehmen mit oder ohne eigene Infrastruktur kann durchaus im Wettbewerb zu anderen in gleicher Weise agierenden Eisenbahnunternehmen stehen, die gegebenenfalls die Infrastruktur des konkurrierenden Eisenbahnverkehrsunternehmens benutzen. Aus Wettbewerbsgründen sind daher beide Tätigkeiten (technische Zulassung und Beförderung /­­ Infrastrukturbetrieb) voneinander zu trennen.

Die Zuständigkeit zur Erteilung von Bauartzulassungen und Betriebserlaubnissen kann auf als geeignet anerkannte Einrichtungen, darunter auch private Unternehmen übertragen werden (Rechtsinstitut des „beliehenen Unternehmens“). Im Falle einer solchen Übertragung muss aber die Verantwortung und Überwachung dieser Einrichtungen letztlich beim Staat liegen; nur dann können keine Bedenken aus wettbewerbsrechtlicher Sicht aufkommen.

Eine „exklusive“ Übertragung auf ein einzelnes Eisenbahnverkehrsunternehmen und/oder den Betreiber einer Infrastruktur, bei dem die Gefahr von Interessenkonflikten besteht, ist unzulässig, da dies mit den Grundsätzen des Wettbewerbsrechtes und der Unabhängigkeit in Widerspruch stünde.

Zu Artikel 6

Anerkennung der technischen Zulassung

Dieser Artikel enthält den wichtigen Grundsatz, dass eine von einer zuständigen Behörde eines Vertragsstaates der  ATMF in Einklang mit den technischen Vorschriften der Anlagen der  APTU vorgenommene technische Zulassung in den Formen der Bauartzulassung eines Fahrzeugmusters oder der Betriebserlaubnis für einzelne Fahrzeuge in den übrigen Vertragsstaaten der  ATMF von Behörden, dort tätigen Eisenbahnverkehrsunternehmen und Infrastrukturbetreibern anerkannt wird. Dies gilt selbstverständlich auch für die entsprechenden Zertifikate. Ein erneutes Verfahren der technischen Zulassung in einem der betroffenen anderen Vertragsstaaten der  ATMF findet für den Fall der Verwendung dieses technisch für den internationalen Verkehr zugelassenen Fahrzeugs in ihrem Gebiet nicht mehr statt. Es würde einen Verstoß gegen diese internationale Rechtsordnung darstellen.

Zu Artikel 7

Bauvorschriften für Fahrzeuge

§ 1 nennt das der technischen Zulassung von Fahrzeugen zugrundezulegende materielle Recht: die in den Anlagen der  APTU enthaltenen technischen Vorschriften für den Bau von Eisenbahnfahrzeugen (Buchst. a) und die Bau- und Ausrüstungsvorschriften in der „technischen“ Anlage des RID (Buchst. b). Mit der Einbeziehung des Inhaltes einzelner technischer Merkblätter der UIC in eine der Anlagen der  APTU würden die Regeln der UIC in diesen Merkblättern auf eine staatliche und damit verbindliche Ebene gehoben.

Das Erfordernis der technischen Kompatibilität mit der zu benutzenden Infrastruktur und den Betriebsleitsystemen wird nicht ausdrücklich in dieser Bestimmung erwähnt; dies ist selbstverständlich.

Die technische Zulassung ist eine notwendige, aber nicht ausreichende Bedingung für das freie Verkehren von Rollmaterial. Das betreffende Eisenbahnverkehrsunternehmen muss darüber hinaus über ein Zugangsrecht (s. Richtlinie 91/440/EWG), eine Betriebsgenehmigung sowie über ein Sicherheitszertifikat verfügen und Verschiedene weitere Bedingungen erfüllen. Diese weiteren, zusätzlich zur technischen Zulassung zu erfüllenden Erfordernisse für einen grenzüberschreitenden Einsatz von Eisenbahnfahrzeugen können in anderen Vorschriften geregelt oder zu regeln sein.

Da die technischen Vorschriften der Anlagen der  APTU angesichts der fortschreitenden technischen Entwicklung nicht umfassend und vollständig sein können, sieht § 2 vor, dass bei Lücken der Anlagen hilfsweise oder ergänzend auf die allgemein anerkannten Regeln der Technik zurückgegriffen werden kann und muss. Gegebenenfalls könnten die in den technischen Merkblättern der UIC enthaltenen, noch nicht für rechtsverbindlich erklärten technischen Vorschriften allgemein anerkannte Regeln der Technik darstellen. Die Beweiswirkung einer nicht verbindlichen technischen Norm besteht in der widerlegbaren Vermutung, dass es sich um eine anerkannte Regel der Technik handelt.

Während § 2 sich auf Fälle bezieht, in denen eine Regelungslücke besteht, ermöglicht § 3 die technische Innovation und Weiterentwicklung. Eine vorläufige Anerkennung einer technischen Regel könnte zunächst auf nationaler Ebene erfolgen, bevor sie international eingeführt würde. Jedoch lässt § 3 ein Abweichen von den allgemein anerkannten Regeln der Technik nur zu, wenn mindestens die gleiche Sicherheit wie bei Beachtung dieser Regeln gewährleistet ist. Auch darf die Interoperabilität durch eine solche Abweichung nicht beeinträchtigt oder der Marktzugang erschwert werden.

Aus Gründen der Zweckmäßigkeit wird in § 4 dem Fachausschuss für technische Fragen die Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der anerkannten Regeln der Technik eingeräumt.  § 4 gewährleistet eine gleichmäßige Anwendung der §§ 2 und 3 in allen Vertragsstaaten; die Kontrolle durch den Fachausschuss soll Sicherheitsrisiken vorbeugen, aber auch Missbräuche verhindern.

Zu Artikel 8

Bauvorschriften für sonstiges Material

Artikel 8 regelt zusammen mit den Anlagen der  APTU- so wie Artikel 7 für Eisenbahnfahrzeuge - das der technischen Zulassung für sonstiges Eisenbahnmaterial zugrundezulegende materielle Recht: die in den Anlagen der  APTU enthaltenen Bauvorschriften.

Da Eisenbahninfrastrukturen bis auf weiteres dem Territorialitätsprinzip verhaftet bleiben - es gibt bisher keine exterritorialen, der Staatshoheit entzogenen Eisenbahnstrecken - kann das Verfahren der Bauabnahme und der Betriebszulassung von Eisenbahninfrastruktur weiterhin dem nationalen Recht überlassen bleiben. Dies muss jedoch nicht für Bauteile und Ausrüstungsgegenstände gelten, die zwar in einem Vertragsstaat hergestellt und technisch zugelassen werden, jedoch nicht in diesem Vertragsstaat, sondern nur in anderen Vertragsstaaten verwendet werden, z.B. Schienen, Stromversorgungseinrichtungen. Insofern kommt den  APTU und den  ATMF auch eine industrie- und handelspolitische Bedeutung zu.

§ 3 stellt klar, dass die Verpflichtungen, die sich für die Vertragsstaaten des Europäischen Über­ein­kommens vom 31. Mai 1985 über die Hauptlinien des internationalen Eisenbahnverkehrs (AGC) und des Europäischen Übereinkommens vom 1. Februar 1991 über wichtige Linien des internationalen Kombinierten Verkehrs und damit zu­sammen­hängende Ein­richtungen (AGTC) hin­sichtlich des Aus­baus und des Neubaus von AGC-Strecken bzw. von AGTC-Einrichtungen ergeben, unberührt bleiben. AGC- und AGTC-Normen und -Parameter müssen allerdings in Einklang mit den technischen Normen und Parametern der Anlagen der  APTU stehen.

Zu Artikel 9

Betriebsvorschriften

Dieser Artikel bildet die Klammer zwischen den technischen Vorschriften für Bau und Betrieb von Eisenbahnfahrzeugen sowie für Bau und Betrieb einer Eisenbahninfrastruktur.

Die Verpflichtung für alle Eisenbahnverkehrsunternehmen, die technischen Vorschriften der Anlagen zu den  APTU zu beachten, soweit es sich dabei um Vorschriften betreffend den betrieblichen Einsatz von Fahrzeugen im internationalen Eisenbahnverkehr handelt, wurde  als zweckmäßig angesehen.  Die Betriebsvorschriften sind nicht Grundlage und Gegenstand der technischen Zulassung von Fahrzeugen, obschon sie in engem Zusammenhang mit der Sicherheit des internationalen Eisenbahnverkehrs stehen.

§ 2 enthält die wichtige Verpflichtung für die Infrastrukturbetreiber in den Vertragsstaaten, wegen der Einheit des Systems „Schiene“ auch die technischen Vorschriften der Anlagen der  APTU zu beachten, soweit sie Bau und Betrieb der Infrastruktur betreffen.

Zu Artikel 10

Technische Zulassung

Dieser Artikel enthält die eigentlichen Verwaltungsverfahrensvorschriften.

§ 1 stellt klar, dass es sich bei der technischen Zulassung in den Formen der Bauartzulassung und der Betriebserlaubnis um eine Zulassung „ad rem“ handelt.

§ 2 nennt die Personen bzw. Institutionen, die die technische Zulassung in den Formen der Bauartzulassung und der Betriebserlaubnis beantragen können. Halter ist gemäß Artikel 2 Buchst. e) derjenige, der als Eigentümer oder sonst Verfügungsberechtigter ein Eisenbahnfahrzeug dauerhaft als Beförderungsmittel wirtschaftlich nutzt, also das Fahrzeug „betreibt“. Es handelt sich dabei nicht unbedingt um dessen Eigentümer. Auf Grund der Entwicklungen im Eisenbahnbereich ist es wichtig, auch dem Halter das Recht einzuräumen, die technische Zulassung eines Fahrzeugs zu beantragen, zumal in Zukunft ein Halter nicht mehr verpflichtet sein wird, ein Fahrzeug bei einer Eisenbahn einzustellen.

§ 3 schreibt vor, welche Urkunden im vereinfachten Verfahren zur Erteilung einer Betriebserlaubnis vorgelegt werden müssen, und welcher Nachweis geführt werden muss, um von der Möglichkeit des vereinfachten Verfahrens Gebrauch machen zu können.

§ 4 bestimmt, dass im Verfahren der technischen Zulassung, das heißt bei der Erteilung einer Bauartzulassung bzw. einer Betriebserlaubnis nicht danach differenziert werden darf, wer die Zulassung beantragt hat.

Die technische Zulassung ist grundsätzlich unbefristet zu erteilen (§ 5). Wenn ein Fahrzeug eine Gefahr für die Sicherheit bedeutet, besteht die Möglichkeit und die Pflicht, dieses Fahrzeug unverzüglich aus dem Verkehr zu ziehen, ohne die Genehmigung der Stelle abwarten zu müssen, die das Fahrzeug eingestellt oder technisch zugelassen hat. Wegen des Systems der vorgeschriebenen, regelmäßigen Überprüfungen ist jedoch auch eine unbefristet erteilte Betriebserlaubnis im Ergebnis eine befristete.

§ 5 zeigt ferner die Möglichkeit auf, die technische Zulassung differenziert und eingeschränkt, z.B. beschränkt auf bestimmte Kategorien von Strecken oder beschränkt auf den Verkehr unter bestimmten Bedingungen, zu erteilen.

Die §§ 6 und 7 nennen abschließend die Gründe, die es der zuständigen Behörde (§ 8) erlauben, eine Bauartzulassung oder eine Betriebserlaubnis zu entziehen. Der Begriff „öffentliche Gesundheit“ in § 6 wurde in Entsprechung zu Artikel 3 Buchst. c) APTU hinzugefügt.

Die §§ 9 und 10 unterscheiden zwischen dem Ruhen und dem Erlöschen der Betriebserlaubnis. Nur bei der Ausmusterung eines Fahrzeugs soll die Betriebserlaubnis erlöschen, in allen übrigen Fällen hingegen ruhen. Es wird neben den in § 9 Buchst. a) bis c) geregelten Fällen des „automatischen“ Ruhens der Betriebserlaubnis auch die Möglichkeit vorgesehen, dass die zuständige Behörde das Ruhen anordnet (Buchst. d), zumal umstritten war, ob das Ruhen „automatisch“, das heißt ohne einen behördlichen Akt, eintreten könne.

§ 11 verweist hinsichtlich der sonstigen Verfahrensbestimmungen auf das Landesrecht, und zwar des Staates, in dem der Antrag auf technische Zulassung gestellt worden ist.

Zu Artikel 11

Zertifikate

§§ 1 bis 3 schreiben eine Beurkundung der technischen Zulassung sowie den Inhalt der Urkunden über eine Bauartzulassung bzw. über eine Betriebserlaubnis vor.

Unter dem Begriff „Hersteller“ ist auch eine Vereinigung von Herstellern zu verstehen; es ist dem Antragsteller überlassen, die Bauartzulassung entweder nur für sich oder allenfalls für weitere Hersteller zu beantragen.

§ 4 bestimmt, in welchen Sprachen die Zertifikate zu drucken sind.

Zu Artikel 12

Einheitliche Muster

§ 1 sieht vor, dass die Organisation einheitliche Muster für die Zertifikate über Bauartzulassungen und Betriebserlaubnisse vorschreibt. Zuständig für die Ausarbeitung und Beschlussfassung ist der Fachausschuss für technische Fragen, wie er als Organ der Organisation in Artikel 20 COTIF vorgesehen ist.

§ 2 regelt das Verfahren für die Festlegung der einheitlichen Muster, insbesondere das Inkrafttreten und die Möglichkeit eines Widerspruchs.

Zu Artikel 13

Datenbank

Dieser Artikel sieht ein bei der OTIF zu führendes zentrales Register vor, in dem auf Grund der Angaben der zuständigen Behörden alle wesentlichen Daten aufgenommen werden, die zum internationalen Eisenbahnverkehr zugelassene Fahrzeuge betreffen (§ 1).  Die Speicherung der Daten eines zugelassenen Fahrzeugs ersetzt nicht das Zertifikat über die technische Zulassung, sondern stellt lediglich einen widerlegbaren Beweis dar (§ 3).

Bestimmte Angaben sind gemäß § 2 der Organisation in jedem Falle mitzuteilen. Im übrigen legt der Fachausschuss für technische Fragen fest, welche Angaben erforderlich sind. Nur diese Angaben werden in der Datenbank gespeichert.

Diese Datenbank soll Behörden der Vertragsstaaten, Eisenbahnverkehrsunternehmen und Infrastrukturbetreibern sowie Herstellern und Haltern von Eisenbahnfahrzeugen in Bezug auf ihre Fahrzeuge zur Verfügung stehen (§ 4). Sie soll die Überwachung erleichtern, ob Fahrzeuge, die im internationalen Eisenbahnverkehr verwendet werden, tatsächlich auch für diesen Verwendungszweck zugelassen sind oder eventuell hätten stillgelegt oder ausgemustert werden müssen.

Aus Gründen des Datenschutzes und des Wettbewerbsrechtes sollen nicht alle gespeicherten Daten uneingeschränkt zugänglich sein. Der Fachausschuss für technische Fragen legt fest, zu welchen Angaben und unter welchen Bedingungen die Berechtigten Zugriff haben, und zwar  in einer Anlage, die integrierender Bestandteil der  ATMF wird (§ 5).

Zu Artikel 14

Anschriften und Zeichen

Artikel 14 schreibt in Ergänzung zu dem in Artikel 11 §§ 2 und 3 geregelten Inhalt der  Zertifikate die Zeichen und Anschriften an Fahrzeugen vor, aus denen auf den ersten Blick ersehen werden kann, ob und unter welchen Bedingungen das betreffende Fahrzeug zum internationalen Eisenbahnverkehr zugelassen ist.

Die Regelung beschränkt sich auf den Grundsatz, dass die Anschriften und Zeichen anzubringen sind, wie sie die Anlagen der  APTU vorsehen.

Die Fahrzeuge sind mit einem besonderen Zeichen zu versehen, welches die Zulassung des Fahrzeugs nach den  ATMF und den APTU dokumentiert. Das vorgesehene Zeichen  soll zu einem späteren Zeitpunkt vom Fachausschuss für technische Fragen bestimmt werden, der auch die Übergangsfristen festlegt, innerhalb derer Fahrzeuge noch mit abweichenden Anschriften und Zeichen international verkehren dürfen.

Zu Artikel 15

Instandhaltung

Dieser Artikel enthält nur den Grundsatz, dass Eisenbahnfahrzeuge und sonstiges Eisenbahnmaterial so in Stand gehalten werden müssen, dass ihr Zustand die Betriebssicherheit und die Umweltverträglichkeit ihres Einsatzes oder ihrer Verwendung im internationalen Verkehr sowie die öffentliche Gesundheit in keiner Weise gefährdet. Die  APTU und das RID bestimmen, welche Untersuchungen und Instandhaltungsarbeiten vor­geschrieben sind, deren Intervalle usw.

Zu Artikel 16

Unfälle und schwere Beschädigungen

Die Hauptpflicht, unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und die Ursachen des Unfalls oder der schweren Beschädigung festzustellen, trifft zunächst den Betreiber der Infrastruktur (§ 1).

§ 3 regelt die Informationspflichten gegenüber der zuständigen Behörde sowie ihre Befugnis, eine Vorführung des beschädigten Fahrzeugs zu verlangen.

§ 4 dient der Verhütung künftiger Unfälle und soll eine entsprechende Anpassung und Weiterentwicklung der internationalen Vorschriften sicherstellen.

Zu Artikel 17

Stilllegung und Zurückweisung von Fahrzeugen

Dieser Artikel  wurde allgemein und positiv  formuliert.

Zu Artikel 18

Nichtbeachtung von Vorschriften

Hinsichtlich der Rechtsfolgen, die sich aus der Nichtbeachtung der  ATMF und der  APTU ergeben, wird unterschieden

-       zwischen den strafrechtlichen und den zivilrechtlichen Folgen hinsichtlich der Infrastruktur (§ 2) und

-       allen übrigen - vor allem auch verwaltungsrechtlichen - Folgen (§ 1).

Es handelt sich um eine so genannte Gesamtverweisung, das heißt, es wird nicht unmittelbar auf die Sachnormen des betreffenden Vertragsstaates, sondern zunächst auf dessen Kollisionsnormen verwiesen. Von diesen hängt es ab, welche Sachnormen schließlich angewendet werden.

Zu Artikel 19

Meinungsverschiedenheiten

Artikel 19 weist dem Fachausschuss für technische Fragen eine Schlichtungsaufgabe zu, falls zwischen zwei oder mehreren Vertragsstaaten der  ATMF Meinungsverschiedenheiten in Zusammenhang mit der technischen Zulassung von Eisenbahnfahrzeugen bestehen. Außerdem soll auch das Schiedsgericht, wie es in Titel V COTIF vorgesehen ist, mit solchen Meinungsverschiedenheiten befasst werden können.


Mit Rücksicht auf eine sparsame und zweckmäßige Verwaltung wurde gemäß § 23 Abs. 2 GOG‑NR von der Vervielfältigung und Verteilung der Vorlage Abstand genommen.

Die gesamte Regierungsvorlage liegt in der Parlamentsdirektion zur Einsicht auf.