3980/J XXII. GP

Eingelangt am 20.02.2006
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Wirtschaft & Arbeit

 

betreffend aufgelassenes Gipsbergwerk in Maria Enzersdorf/NÖ

 

 

 

 

 

In Maria Enzersdorf, Ortsteil Marienhöhe, kam es an mehreren Stellen zu Erdeinbrüchen in Gärten. In einigen Häusern entstanden Risse, bei einem Haus brach der Wohnzimmerboden ein. Nachdem Gerüchte jahrelang ignoriert wurden, dass sich im Untergrund ein altes Gipsbergwerk befinden sollte, hat die Gemeinde 2005 auf eigene Kosten Probebohrungen durchführen lassen. Dabei wurden Stollen des Bergwerks gefunden mit Einstieg auf Gießhübler Gebiet. Trotz intensiver Nachforschungen konnten keine Unterlagen oder Pläne gefunden werden, die auf ein Bergwerk in Maria Enzersdorf hinweisen. Aus Unterlagen vom angrenzenden Gießhübl geht aber hervor, dass ein Bergwerk von 1875 bis 1913 in dieser Gemeinde existierte. Für dieses Bergwerk gibt es angeblich weder einen Rechtsnachfolger noch irgendwelche Unterlagen.

 

Die 73 Bohrungen in Maria Enzersdorf konnten ein ausgedehntes Stollennetz nachweisen. Der Endbericht des Wirtschaftsministeriums, Bergbaubehörde, spricht von "dringendem Handlungsbedarf", aber nicht von "Gefahr in Verzug" obwohl auch vorhandene Gasleitungen akut bedroht sind. Eine Sanierung ist daher dringend notwendig. Dies bedeutet, dass die Hohlräume mit einer dünnflüssigen aushärtenden Masse gefüllt werden müssen. Vorsichtige Schätzungen sprechen von einem finanziellen Aufwand von rund 2,5 Millionen Euro. Nicht klar ist, wie viel Füllmasse bei der Sanierung nach Gießhübl fließen würde, da dort zwar der Einstieg nachgewiesen werden konnte, aber dort keine weiteren Bohrungen durchgeführt wurden. Eine genaue Kostenschätzung ist daher nicht möglich.

 

Die Bergbaubehörde und Bezirkshauptmannschaft waren während der Bohrungen begleitend miteingebunden.

 

Die Bergbaubehörde erklärte sich in einem Gespräch mit Bgm. Beck Ende Oktober 2005 (Thema Finanzierung der Sanierung) für "nicht zuständig".

 

Damit lehnt das zuständige Bundesministerium seine Zuständigkeit ab und vertritt den zynischen Standpunkt, dass die heutigen GrundeigentümerInnen für die Sicherung zu sorgen hätten. Das Mineralrohstoffgesetz sieht aber eine Verpflichtung der zuständigen Bundesbehörde sowohl für die Gefahrenerforschung und -abschätzung als auch – bei Gefahr in Verzug - für eine Ersatzvornahme der unaufschiebbaren (Sanierungs)Maßnahmen vor.

 

Da eine Verfüllung die Gemeinde finanziell völlig überfordern würde, sie außerdem rechtlich auch dazu nicht befugt ist – es sei denn, sie übernimmt für alle Zeiten die Verantwortung – und eine klare Zuständigkeit des Ministeriums besteht, hat der Gemeinderat beschlossen, die Bohrlöcher zu schließen, um das Eindringen von Oberflächenwasser zu verhindern, das zu weiteren Einbrüchen führen könnte.

 

Das Ministerium als oberste Bergbaubehörde ist für drohende Bergschäden schlussendlich verantwortlich und sowohl für die Gefahrenabschätzung als auch für die Sanierung zuständig. Durch die Verzögerung entstehen Mehrkosten von ca. 800.000 Euro, da zum Verfüllen der Stollen später viele der Bohrlöcher wieder geöffnet werden müssen.

 

Das Land Niederösterreich ist zwar bereit zu einer Zwischenfinanzierung, will aber vom Bund eine Zusage für die Kostenübernahme. Die es bis jetzt nicht gibt.

 

Derzeit schieben sich Bund und Land gegenseitig – auf dem Rücken der AnrainerInnen - die Schuld zu.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1.             Welche Informationen liegen in Ihrem Ressort über das aufgelassene Gipsbergwerk in Maria Enzersdorf vor?

2.             Waren Sie oder Ihr Ministerbüro bereits mit dieser Angelegenheit befasst?

3.             Welche Maßnahmen wurden bereits veranlasst?

4.             Ist es zutreffend, dass Sie jede Zuständigkeit für die Gefahrenerkundung und Sanierung ablehnen?

5.             Die Übergangsbestimmung § 213 in Verbindung mit § 179 Mineralrohstoffgesetz sieht beim Auftreten von Bergschäden bei Bergwerken, die vor 1975 betrieben wurden, entgegen der Behördenauffassung eine klare Verantwortlichkeit vor. Laut §§ 170 und 171 Mineralrohstoffgesetz ist das Ministerium für untertägige Abbauten und Abbauten bergfreier mineralischer Rohstoffe zuständig. Warum wird diese Verantwortlichkeit weder für die Gefahrenerkundung noch für die Sanierung wahrgenommen?

6.             Wie wird die behauptete Unzuständigkeit begründet?

7.             Welche Schäden drohen durch das aufgelassene Bergwerk? Welche für Leib und Leben? Welche für Sachen und wie viele Häuser sind potentiell gefährdet?

8.             Ist es zutreffend, dass Gas-, Strom- und Wasserleitungen gefährdet sind?

9.             Wieso verneint die Behörde das Vorliegen von „Gefahr in Verzug“? Welche Rechtsfolgen knüpfen sich an das Vorliegen von „Gefahr in Verzug“ und welche an „dringenden Handlungsbedarf“?

10.        Wer haftet für auftretende Schäden?

11.        Wer hat das Gipsbergwerk betrieben? Wann wurde dessen Betrieb aufgenommen und wann eingestellt? Wer ist Rechtsnachfolger des seinerzeitigen Betreibers?

12.        War die zuständige (Berg)Behörde in die seinerzeitige Umwidmung des gegenständlichen Areals in Bauland eingebunden? Wenn nein, warum nicht?

13.        Welche Budgetmittel sind für die Sanierung von Bergwerken vorgesehen?

14.        Welche Verhandlungen wurden mit dem Land Niederösterreich geführt und mit welchem Ergebnis?

15.        Welche Verhandlungen wurden mit der Gemeinde Maria Enzersdorf geführt und mit welchem Ergebnis?

16.        Welche Unterlagen und Pläne liegen aktuell über das aufgelassene Bergwerk vor? Warum sind die ursprünglichen Pläne unauffindbar? Welche Maßnahmen wurden ergriffen, diese wiederzubeschaffen?