4390/J XXII. GP

Eingelangt am 21.06.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

DRINGLICHE ANFRAGE

gem. § 93 Abs. 2 GOG-NR

der Abgeordneten Scheibner
Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Haftungsübernahme zur Zukunftssicherung der BAWAG P.S.K.

Nachdem sich die vollständige SPÖGB Spitze am 1. Mai 2006 auf dem Wiener
Rathausplatz anlässlich des 1. Mai bejubeln ließ, musste die ÖGB und BAWAG-
Führung am Nachmittag desselben Tages an die Bundesregierung mit der Bitte um
Erstellung eines Rettungspaketes für die BAWAG herantreten. Dem ÖGB musste
bereits länger bewusst gewesen sein, dass trotz der Verschmelzung der BAWAG mit
der P.S.K. im Jahr 2005 und der damit verbundenen kreativen Buchführung die
Erstellung der Bilanz für 2005 und in der Folge die Rettung der BAWAG ohne Hilfe
von dritter Seite nicht mehr möglich war, und dass sich die BAWAG und der ÖGB in
einer sehr dramatischen Situation befinden. Daraufhin hat der Nationalrat am 8. Mai
2006 einstimmig die Haftungsübernahme zur Zukunftssicherung der BAWAG P.S.K.
nach Vorlage durch die Österreichische Bundesregierung in Rekordzeit beschlossen.

Die Eckpunkte dieses Bundesgesetzes betreffend Haftungsübernahme zur
Zukunftssicherung der BAWAG P.S.K. Bank waren unter anderem die Ermächtigung
für den Bundesminister für Finanzen, namens des Bundes die Haftung für Not
leidende und uneinbringliche Kredite bis zu einem Höchstbetrag von 900 Mio. € zu
übernehmen sowie die Übernahme einer Haftung der (direkten und indirekten)
Eigentümer des Kreditinstitutes gegenüber dem Kreditinstitut, wobei Zweigvereine
eines Eigentümers diesem zuzurechnen sind. Durch eine Haftungsbeschränkung
wurde eine Insolvenz des ÖGB ausgeschlossen. Weiters verpflichtete sich der ÖGB
zur Offenlegung seines Vermögens gegenüber der OeNB.

 


Während die Regierungsparteien zu diesem Zeitpunkt noch von einer
Schadenssumme in der Höhe von ca. 1,4 Mrd. € ausgegangen sind, haben die
Entwicklungen der letzten Wochen gezeigt, dass dieser Betrag möglicherweise nur
die „Spitze eines Eisberges" ist. Mittlerweile berichten die Medien bereits von einem
Schaden von mehr als 3,0 Mrd. € und dass versucht wurde, durch die Gründung von
über 60 Stiftungen, Gesellschaften und anderen „geeigneten Konstruktionen" die
entstandenen Verluste zu verschleiern. Dass diese Stiftungen oder Gesellschaften
auch dem „Verstecken" von Aktivvermögen gedient haben könnten, beweist die
Tatsache, wonach der ÖGB in Stiftungen in Liechtenstein mehr als 440 Mio. €
gehortet haben soll. Allerdings haben die untersuchenden Behörden, wie z.B. die
FMA, die Wirtschaftspolizei und die Staatsanwaltschaft ihre Arbeiten noch nicht
abgeschlossen.

Vor diesem Hintergrund lassen die Aussagen der ÖGB Spitze von letzter Woche,
wonach eine zumindest teilweise Inanspruchnahme der Bundeshaftung für
wahrscheinlich gehalten wird, die Alarmglocken läuten. Dies auch deshalb, da der
ÖGB selbst auf einem Schuldenberg von 2 Mrd. € sitzt.

Aufgrund der bisherigen Vorgangsweise des Triangels ÖGB, SPÖ und BAWAG,
einerseits die Öffentlichkeit nur in homöopathischen Dosen über die ihnen bekannten
Vorgänge im BAWAG-ÖGB und SPÖ Skandal zu informieren und andererseits nicht
selbst mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln für eine lückenlose Aufklärung
dieses Skandals zu sorgen, ist nun zu befürchten, dass eine zumindest teilweise
„Schadensüberwälzung" auf den Steuerzahler versucht wird. Es muss aber auf alle
Fälle verhindert werden, dass der Steuerzahler aufgrund der übernommenen
Bundeshaftung zur Kasse gebeten wird, ohne dass zuerst das Vermögen des
BAWAG P.S.K. - Eigentümers ÖGB dafür verwendet wird.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen
folgende

Dringliche Anfrage

1. Welches Ergebnis hat der Prüfauftrag vom März dieses Jahres an die FMA
gebracht und sind weitere Schritte aus Ihrer Sicht geplant?


2.             Halten   Sie  aufgrund  der   Ihnen  vorliegenden  Zwischenergebnisse  eine
zumindest teilweise Inanspruchnahme des Steuerzahlers für wahrscheinlich
und wenn ja, in welcher Höhe?

3.             Ist es richtig, dass seitens des ÖGB und der BAWAG mehr als 60 Stiftungen,
sonstige Sonderkonstruktionen, Firmen, Beteiligungen etc. mit dem Zweck der
Verschleierung   entstandener   Verluste   und/oder   zum   Verstecken   von
Aktivvermögen gegründet worden sind?

4.             Welche nachteiligen Folgen für die P.S.K. hatte u.a. im Hinblick auf die
Haftung des Bundes für Altkredite der P.S.K. in Höhe von 5,5 Mrd. € die
Tatsache, dass nach Aussagen des früheren Betriebsratschefs der P.S.K.
Harwanegg die BAWAG unter der Führung von GD Elsner nach dem Kauf der
P.S.K diese „wie einen Christbaum ausgeräumt" habe?

5.             Wie beurteilen Sie die It. Profil vom 19.06.2006 auf der außerordentlichen
BAWAG  Hauptversammlung  im  Sommer 2005  getätigten Aussagen von
BAWAG und ÖGB Funktionären, wonach die Zusammenlegung der beiden
Institute BAWAG und P.S.K. nur zum Zwecke der Optimierung der Eigenmittel
erfolge?

6.             Hat es im  Laufe der bisherigen  Ermittlungen  Hinweise auf persönliche
Bereicherungen und/oder Zuwendungen an politische Parteien oder Dritte zu
Lasten der BAWAG oder des ÖGB gegeben?

7.             Welche Funktion übte der ehemalige Bundeskanzler und SPÖ Vorsitzende
Mag. Viktor Klima in der Alpha Capital AG aus, und ist es richtig, dass diese
der BAWAG zuzurechnen ist?

8.             Hätte die ehemalige SPÖ Sozialministerin Eleonore Hostasch als Mitglied des
Vorstandes der Österreichischen Gewerkschaftliche Solidarität Privatstiftung,
der Kontrollkommission und des Präsidiums des ÖGB von all den Skandalen
wissen müssen?

 


9.             In welcher Beziehung zur BAWAG oder zum ÖGB standen die (ehemaligen)
SPÖ-Mitglieder Helmut Elsner, Johann Zwettler, Fritz Verzetnitsch, Günter
Weninger, Herbert Tumpel, Rudolf Kaske und Eduard Aschenbrenner?

10.     Ist   es   richtig,   dass   die   Österreichische   Gewerkschaftliche   Solidarität
Privatstiftung eine Haftung für die BAWAG übernommen hat, und welches
Vermögen wurde dazu verwendet?

11.     Wurde    Ihnen    vom    ÖGB    im    Zuge    der    Verhandlungen    betreffend
Haftungsübernahme ein nachvollziehbarer Vermögensstatus übergeben?

12. Warum wurde die 900 Mio. € Haftung des Bundes notwendig, welcher
Schaden wurde damit abgewendet und unter welchen Voraussetzungen
kommt die Haftung des Bundes zum Tragen?

13.    Wie wird sichergestellt, dass die Haftung des Bundes erst dann zum Tragen
kommt,    nachdem    alle   Vermögenswerte    des    ÖGB    inklusive    seiner
Teilgewerkschaften, Stiftungen etc. (mit Ausnahme jener, die zur Abwendung
eines   Konkurses   notwendig  sind)  für  die   BAWAG   -  Verlustabdeckung
herangezogen worden sind, unter welchen Bedingungen und für welchen
Zeitraum kann der Bund nach Inanspruchnahme der Bundeshaftung auf einen
„Vermögenszuwachs" im ÖGB zurückgreifen?

14.    Sind Ihnen die Eckpunkte der Vereinbarung hinsichtlich der 450 Mio. €
Eigenkapitalstärkung   zwischen   der   BAWAG   und   dem   „Banken-   und
Versicherungskonsortium" bekannt?

In formeller Hinsicht wird gem. § 93 Abs. 2 GOG verlangt, diese Dringliche Anfrage zum
frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstunterzeichner Gelegenheit zur
mündlichen Begründung zu geben.